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ARBEITSRECHT AKTUELL // 12/100

Mit­wir­kung des Ar­beit­ge­bers bei der Über­tra­gung ei­ner Di­rekt­ver­si­che­rung

Ver­pflich­tung zur Ab­ga­be "er­for­der­li­cher Er­klä­run­gen" zwecks Über­tra­gung ei­ner Di­rekt­ver­si­che­rung kann voll­streckt wer­den: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ham­burg, Be­schluss vom 28.02.2012, 1 Ta 2/12
Auktionshammer bzw. Gerichtshammer auf Geldscheinen

07.03.2012. In vie­len Auf­he­bungs­ver­trä­gen und ge­richt­li­chen Ver­glei­chen, die ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge ein­ver­nehm­lich be­en­den, ist die Ver­pflich­tung des Ar­beit­ge­bers ent­hal­ten, an der Über­tra­gung ei­ner Di­rekt­ver­si­che­rung auf den Ar­beit­neh­mer mit­zu­wir­ken. Üb­lich ist die For­mu­lie­rung, dass der Ar­beit­neh­mer bzw. der Klä­ger be­rech­tigt sein soll, die für ihn bei der Ver­si­che­rung X ab­ge­schlos­se­ne Di­rekt­ver­si­che­rung mit der Ver­si­che­rungs­num­mer xyz mit der Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­ver­hält­nis­ses zu über­neh­men. Au­ßer­dem ver­pflich­tet sich der Ar­beit­ge­ber da­zu, "al­le hier­für er­for­der­li­chen Er­klä­run­gen ab­zu­ge­ben".

Frag­lich ist, was der Ar­beit­neh­mer mit ei­ner sol­chen Ver­ein­ba­rung in der Hand hat, wenn der Ar­beit­ge­ber spä­ter un­tä­tig ist, so dass die ver­ein­bar­te Über­tra­gung der Di­rekt­ver­si­che­rung ver­zö­gert wird. Oh­ne Mit­wir­kung des Ar­beit­ge­bers läuft hier nichts, da al­lein Ar­beit­ge­ber Ver­trags­par­tei des Ver­si­che­rungs­ver­trags ist, d.h. der Ar­beit­neh­mer ist bis zu ei­ner Über­tra­gung des Ver­si­che­rungs­ver­trags le­dig­lich die "be­güns­tig­te Per­son".

In ei­ner ak­tu­el­len Ent­schei­dung hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ham­burg ent­schie­den, dass ei­ne sol­che Ver­pflich­tung, wenn sie in ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich ent­hal­ten ist, durch Ver­hän­gung ei­nes Zwangs­gel­des ge­mäß § 888 Zi­vil­pro­zess­ord­nung (ZPO) ge­gen den Ar­beit­ge­ber voll­streckt wer­den kann (LAG Ham­burg, Be­schluss vom 28.02.2012, 1 Ta 2/12). Die Kern­aus­sa­gen die­ser Ent­schei­dung ("Leit­sät­ze") lau­ten:

"1. Ei­ne ver­trag­li­che Re­ge­lung, mit der sich ei­ne Schuld­ne­rin ver­pflich­tet, al­le Er­klä­run­gen ab­zu­ge­ben, die er­for­der­lich sind, um die Über­nah­me ei­ner Di­rekt­ver­si­che­rung durch Gläu­bi­ger zu er­mög­li­chen, ist hin­rei­chend be­stimmt und da­mit voll­streck­bar.

2. Ei­ne sol­che Ver­pflich­tung ist nach § 888 ZPO zu voll­stre­cken.

3. Für die Be­stimmt­heit ei­nes auf die Voll­stre­ckung ei­ner sol­chen Ver­pflich­tung nach § 888 ZPO ge­rich­te­ten An­trags ist es nicht er­for­der­lich, dass die "er­for­der­li­chen" Er­klä­run­gen der Schuld­ne­rin kon­kre­ti­siert wer­den."

Der Be­schluss des LAG Ham­burg be­traf ei­nen ge­richt­li­chen Ver­gleich, der ei­ne Kün­di­gungs­schutz­kla­ge be­en­de­te. In ihm hat­te sich der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet, die zur Ver­si­che­rungs­über­tra­gung "er­for­der­li­chen Er­klä­run­gen" ab­zu­ge­ben, was er aber nicht tat - je­den­falls nicht auf ers­tes An­for­dern, wie dies im Ver­gleich ver­ein­bart wor­den war. Mit dem Be­schluss des LAG Ham­burg konn­te der Ar­beit­neh­mer als Gläu­bi­ger der Zwangs­voll­stre­ckung sei­nen Ti­tel bzw. den ar­beits­ge­richt­li­chen Ver­gleich ge­gen den Ar­beit­ge­ber durch­set­zen.

Die Ent­schei­dung des LAG Ham­burg stärkt die Rechts­po­si­ti­on des Ar­beit­neh­mers, der sich auf Ver­ein­ba­run­gen die­ser Art ein­lässt. Ei­ne ge­naue­re Kon­kre­ti­sie­rung der Über­tra­gungs­hand­lun­gen, die der Ar­beit­ge­ber zum Zwe­cke der Ver­si­che­rungs­über­tra­gung vor­neh­men muss, ist in al­ler Re­gel nur schwer mög­lich, da die Par­tei­en des Auf­he­bungs­ver­trags bzw. des ge­richt­li­chen Ver­gleichs die­se ver­si­che­rungs­ver­trag­li­chen Er­klä­run­gen und Mit­wir­kungs­hand­lun­gen nicht ge­nau ken­nen und da­her nicht im ein­zel­nen an­ge­ben kön­nen.

Kon­se­quen­ter­wei­se hat das LAG Ham­burg da­her wei­ter­ge­hend klar­ge­stellt, dass der Ar­beit­neh­mer die kon­kre­ten Er­klä­run­gen, die der Ar­beit­ge­ber ab­ge­ben soll, auch im Voll­stre­ckungs­ver­fah­ren nicht kon­kret be­nen­nen muss.

Fa­zit: Die Ent­schei­dung des LAG Ham­burg ist über­zeu­gend und lässt sich auf ähn­li­che Ver­ein­ba­run­gen über­tra­gen, de­nen zu­fol­ge der Ar­beit­ge­ber ei­nen Mo­bil­funk­ver­trag (samt Te­le­fon­num­mer), ei­nen Dienst­wa­gen-Lea­sing­ver­trag oder ei­nen Scha­dens­frei­heits­ra­batt, den der Ar­beit­neh­mer im Rah­men der Dienst­wa­gen­nut­zung er­wor­ben hat, auf den Ar­beit­neh­mer über­tra­gen soll. Al­le die­se Über­tra­gungs­ver­pflich­tun­gen kön­nen von den Par­tei­en ei­nes Auf­he­bungs­ver­trags oder ei­nes ver­fah­rens­be­en­den­den ge­richt­li­chen Ver­gleichs nicht kon­kret be­nannt wer­den, und das ist meist auch gar nicht ge­wünscht, weil ei­ne sol­ches Klein-Klein ei­ner ra­schen güt­li­chen Ei­ni­gung im We­ge ste­hen wür­de. 

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Letzte Überarbeitung: 13. Mai 2018

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