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BAG beschränkt Verfall von Urlaub
20.02.2019. Im November letzten Jahres entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) in zwei vom Bundesarbeitsgericht (BAG) vorgelegten Fällen, dass der europarechtlich vorgeschriebene Mindesturlaub von vier Wochen am Jahresende nicht allein deshalb verfallen darf, weil der Arbeitnehmer keinen Urlaub beantragt hat (EuGH, Urteil vom 06.11.2018, C-684/16 - Shimizu und EuGH, Urteil vom 06.11.2018, C-619/16 - Kreuziger, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 18/270 Urlaubsübertragung ins neue Jahr ist künftig die Regel).
Gestern hat das BAG die EuGH-Vorgaben eins zu eins umgesetzt und damit seine bisherige Rechtsprechung zur Urlaubsübertragung auf das Folgejahr grundlegend geändert: BAG, Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15 (Shimizu).
Hintergrund der beiden EuGH-Urteile vom November 2018 und des gestrigen BAG-Urteils ist Art.7 Abs.1 der Arbeitszeit-Richtlinie (Richtlinie 2003/88/EG). Danach müssen die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union (EU) sicherstellen, dass jeder Arbeitnehmer einen bezahlten Urlaub von mindestens vier Wochen pro Jahr "erhält".
Sieht das Arbeitsrecht eines Mitgliedsstaats (so wie in Deutschland) den Urlaubsverfall am Jahresende vor (und damit auch den Verlust des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses), muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor in die Lage versetzt haben, seinen Urlaub rechtzeitig zu nehmen, und er muss ihn über die drohende Rechtsfolge (Verlust nicht genommener Urlaubstage) rechtzeitig aufklären, so der EuGH.
Aufgrund dieser Vorgabe der Luxemburger Richter stand seit November 2018 fest, dass § 7 Abs.3 Sätze 1 bis 3 Bundesurlaubsgesetz (BUrlG) künftig anders als bisher interpretiert bzw. angewendet werden müssen. Hier heißt es :
"Der Urlaub muss im laufenden Kalenderjahr gewährt und genommen werden. Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe dies rechtfertigen. Im Fall der Übertragung muss der Urlaub in den ersten drei Monaten des folgenden Kalenderjahrs gewährt und genommen werden."
Aus dieser Regelung leitete das BAG bisher ab, dass nicht beantragter und (daher) nicht genommener Urlaub automatisch verfällt, d.h. ersatzlos untergeht, wenn das Urlaubsjahr (= Kalenderjahr) herum ist.
Diese für den Arbeitnehmer nachteilige Rechtsfolge des "Vergessens" von Urlaubsansprüchen tritt künftig, so das BAG in seiner Pressemeldung, entsprechend den EuGH-Vorgaben nur noch dann ein,
"wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor konkret aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und ihn klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt."
Gleichzeitig stellt das BAG klar, dass das Europarecht bzw. die o.g. beiden EuGH-Urteile nicht zu der Schlussfolgerung zwingen, dass Arbeitgeber gegen Ende des Kalenderjahres Urlaubsmuffel von sich aus "in den Urlaub schicken" müssen. Vielmehr bleibt es auf der Grundlage von § 7 Abs.1 Satz 1 BUrlG dabei,
- dass es im Prinzip Sache des Arbeitnehmers ist (und bleibt), seine Urlaubswünsche zu äußern und daher konkrete Urlaubstage zu beantragen, und
- dass der Arbeitgeber die zeitliche Lage des Urlaubs (formaljuristisch einseitig) "festlegt", allerdings unter "Berücksichtigung" der Urlaubswünsche des Arbeitnehmers.
Geändert hat sich die Rechtslage aber in der Hinsicht, dass der Arbeitgeber "die Initiativlast für die Verwirklichung des Urlaubsanspruchs" trägt, so das BAG. Diese Obliegenheit bzw. Initiativlast beinhaltet die konkrete Aufforderung zum Urlaub und den klaren und rechtzeitigen Hinweis auf den andernfalls eintretenden Urlaubsverfall.
Fazit: § 7 Abs.3 Satz 2 BUrlG ist abweichend vom Gesetzeswortlaut künftig so zu interpretieren:
"Eine Übertragung des Urlaubs auf das nächste Kalenderjahr ist nur statthaft, wenn dringende betriebliche oder in der Person des Arbeitnehmers liegende Gründe (wie z.B. eine länger andauernde Krankheit) dies rechtfertigen oder wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer zuvor nicht konkret dazu aufgefordert hat, den Urlaub zu nehmen, und/oder wenn er ihn nicht klar und rechtzeitig darauf hingewiesen hat, dass der Urlaub anderenfalls mit Ablauf des Urlaubsjahres oder Übertragungszeitraums erlischt."
Wie der Streitfall des klagenden Arbeitnehmers, des befristetet bei der Max-Planck-Gesellschaft angestellten Herrn Shimizu, ausgeht, ist derzeit noch nicht völlig klar. Herr Shimizu hatte Urlaubsabgeltung für offene 51 Urlaubstage in Höhe von 11.979,26 EUR eingeklagt, die ihm Ende 2013 bei Beendigung seines Arbeitsverhältnisses noch zustanden. Die Max-Planck-Gesellschaft hatte sich darauf berufen, dass sie Herrn Shimizu etwa zwei Monate vor seinem Ausscheiden (und damit reichlich spät) per E-Mail gebeten hatte, seinen noch offenen Urlaub zu nehmen (wobei aber wohl der Hinweis auf den drohenden Verfall des Urlaubs- bzw. Urlaubsabgeltungsanspruchs fehlte).
Da das BAG den Fall an das zuständige Landesarbeitsgericht (LAG) München zurückverwiesen hat, wird das LAG jetzt aufklären müssen, ob die Max-Planck-Gesellschaft die vom EuGH und vom BAG festgelegten Obliegenheiten erfüllt hat oder nicht. Sehr wahrscheinlich wird diese Klärung zugunsten von Herrn Shimizu ausgehen.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.02.2019, 9 AZR 541/15 (Shimizu)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.11.2018, C-684/16 (Shimizu)
- Europäischer Gerichtshof, Urteil vom 06.11.2018, C-619/16 (Kreuziger)
- Schlussanträge des Generalanwalts Yves Bot, vom 29.05.2018, Rs. C-684/16 (Max-Planck-Gesellschaft gg. T. Shimizu)
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 13.12.2016, 9 AZR 541/15 (A)
- Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 06.05.2015, 8 Sa 982/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitszeit und Arbeitszeitrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Befristung des Arbeitsvertrags (befristeter Arbeitsvertrag, Zeitvertrag)
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub und Krankheit
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Musterschreiben: Urlaub - Musterschreiben „Antrag auf Gewährung von Resturlaub“
- Musterschreiben: Urlaub - Musterschreiben „Antrag auf Gewährung von Ersatzurlaub“
- Arbeitsrecht aktuell: 21/004 Anstehende Entscheidungen des EuGH zum Arbeitsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 20/073 Freistellung unter Anrechnung von Urlaub
- Arbeitsrecht aktuell: 20/054 Hinweis auf drohenden Urlaubsverfall bei langer Krankheit
- Arbeitsrecht aktuell: 19/186 Anspruch auf halbe Urlaubstage?
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- Arbeitsrecht aktuell: 18/306 Tägliche Urlaubsvergütung gemäß BRTV Bau darf bei Kurzarbeit nicht gemindert werden
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- Arbeitsrecht aktuell: 14/212 Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist vererblich
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- Arbeitsrecht aktuell: 09/057 Auslegung des Bundesurlaubsgesetzes entsprechend dem Schultz-Hoff-Urteil des EuGH
- Arbeitsrecht aktuell: 09/023 Bei dauerhafter Krankheit kein Verfall von Resturlaubsansprüchen
Letzte Überarbeitung: 28. September 2021
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