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Interessenausgleich - Checkliste
Wenn Betriebsänderungen anstehen wie z.B. eine Betriebsschließung oder die Verkleinerung der Belegschaft, müssen Unternehmen und Betriebsrat möglichst rasch und unter hohem Erwartungsdruck eine Lösung finden.
Auch wenn die Vorstellungen am Anfang weit auseinander liegen, sollte man doch das gemeinsame Ziel im Auge behalten, sich auf einen Interessenausgleich und einen Sozialplan zu einigen, um dadurch die Folgen der Betriebsänderung für die Belegschaft auszugleichen oder jedenfalls zu mildern.
Im Folgenden finden Sie eine Checkliste von zehn Punkten für Arbeitgeber und Betriebsräte, die Sie als Orientierungshilfe bei Verhandlungen über einen Interessenausgleich zu Hilfe nehmen können.
von Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Fachanwalt für Arbeitsrecht, Berlin
- 1. Betriebsänderung und Interessenausgleich
- 2. Pflicht zur Verhandlung über einen Interessenausgleich, Nachteilsausgleich
- 3. Interessenausgleichsverhandlungen und Konsultationsverfahren
- 4. Interessenausgleich mit Namensliste
- 5. Verhandlungsziele und zeitliche Planung von Unternehmen und Betriebsrat
- 6. Unterrichtung des Betriebsrats über die geplante Betriebsänderung
- 7. Recht des Betriebsrats auf einen Berater, Rahmenvereinbarung / Eckpunktevereinbarung
- 8. Anrufung der Einigungsstelle, Vermittlung der Arbeitsagentur
- 9. Einigungsstellenbesetzungsverfahren, Verhandlung vor der Einigungsstelle
- 10. Inhalt des Interessenausgleichs, Formalitäten, rechtliche Überprüfung
- Wo finden Sie mehr zum Thema Interessenausgleich?
- Was können wir für Sie tun?
1. Betriebsänderung und Interessenausgleich
Unternehmen müssen bei anstehenden Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) den Betriebsrat rechtzeitig und umfassend über ihre Planungen informieren und sie mit ihm beraten. Das beinhaltet Pflicht, mit dem Betriebsrat über einen Interessenausgleich zu verhandeln.
Die erste Frage, die sich beim Thema Interessenausgleich stellt, lautet daher: Betreffen die Planungen des Unternehmens eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG?
Als Betriebsänderungen gelten gemäß § 111 Satz 3 BetrVG:
- Einschränkung und Stilllegung des Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
- Verlegung des Betriebs oder von wesentlichen Betriebsteilen
- Zusammenschluss mit anderen Betrieben oder die Spaltung von Betrieben
- Grundlegende Änderungen der Betriebsorganisation, des Betriebszwecks oder der Betriebsanlagen
- Einführung grundlegend neuer Arbeitsmethoden und Fertigungsverfahren
Notwendige Voraussetzung für eine Betriebsänderung ist eine Unternehmensgröße von mehr als zwanzig wahlberechtigten, d.h. mindestens 18-jährigen Arbeitnehmern (§ 111 Satz 1 BetrVG).
Auch ein reiner Personalabbau kann eine Betriebsänderung sein, wenn er die Größenordnung einer Massenentlassung im Sinne von § 17 Abs.1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) erreicht, mindestens aber fünf Prozent der Belegschaft erfasst.
Ein Interessenausgleich ist eine Vereinbarung zwischen Betriebsrat und Arbeitgeber über alle Fragen, die mit einer vom Arbeitgeber geplanten Betriebsänderung zusammenhängen. In einem Interessenausgleich kann geregelt werden,
- ob überhaupt eine Betriebsänderung durchgeführt werden soll,
- welchen Umfang sie ggf. hat, und
- in welchem Zeitraum sie umgesetzt werden soll.
Einen Interessenausgleich können weder der Arbeitgeber noch der Betriebsrat erzwingen. Hier liegt der wesentliche Unterschied zwischen Interessenausgleich und Sozialplan. Der Sozialplan setzt die Durchführung der Betriebsänderung voraus und regelt ihre Folgen, d.h. den Ausgleich oder die Milderung der wirtschaftlichen Nachteile, die den Arbeitnehmern infolge der Betriebsänderung entstehen (§ 112 Abs.1 Satz 2 BetrVG). Werden sich Unternehmen und Betriebsrat über einen Sozialplan nicht einig, entscheidet die Einigungsstelle (§ 112 Abs.4 BetrVG).
Obwohl ein Interessenausgleich nicht erzwingbar ist, sind Unternehmen verpflichtet, vor einer geplanten Betriebsänderung mit dem Betriebsrat in Beratungen über einen Interessenausgleich einzutreten, d.h. über einen Interessenausgleich zu verhandeln. Es besteht eine Verhandlungspflicht, aber keine Abschlusspflicht.
2. Pflicht zur Verhandlung über einen Interessenausgleich, Nachteilsausgleich
Arbeitgebern ist dringend zu raten, die Pflicht zu Verhandlungen über einen Interessenausgleich ernst zu nehmen, denn andernfalls können betroffene Arbeitnehmer einen Nachteilsausgleich gemäß § 113 Abs.3 BetrVG verlangen. Diese Regelung besagt:
- Wenn ein Unternehmen eine Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Satz BetrVG durchführt, ohne über sie zuvor einen Interessenausgleich mit dem Betriebsrat versucht zu haben, und
- wenn infolge der Betriebsänderung Arbeitnehmer entlassen werden oder andere wirtschaftlichen Nachteile erleiden,
- dann können die entlassenen Arbeitnehmer eine Abfindung verlangen, und bei anderen wirtschaftlichen Nachteilen einen Ausgleich dieser Nachteile.
Arbeitgeber sind daher im eigenen Interesse gehalten, mit dem Betriebsrat ernsthaft über einen Interessenausgleich zu verhandeln, auch wenn dieser letztlich nicht erzwungen werden kann.
Während laufender Interessenausgleichsverhandlungen stellt sich daher für Arbeitgeber und Betriebsräte die Frage: Ist der Betriebsrat bereit, einen Interessenausgleich zu vereinbaren, oder hat der Arbeitgeber seine Verhandlungspflicht (demnächst) ausreichend erfüllt?
Die Pflicht zur ernsthaften Verhandlung über einen Interessenausgleich ist nach der Rechtsprechung erfüllt,
- wenn das Unternehmen mit dem Betriebsrat über einen möglichen Interessenausgleich zumindest einmal in einer dazu gebildeten Einigungsstelle verhandelt hat, wenn auch ggf. ohne Erfolg (ein formeller Beschluss der Einigungsstelle, dass ein Interessenausgleich nicht erzielt werden kann, ist nach Ansicht vieler Arbeitsrechtler nicht unbedingt erforderlich, aber aus Arbeitgebersicht jedenfalls wünschenswert), ODER
- wenn das Unternehmen mit dem Betriebsrat einen Interessenausgleich vereinbart hat.
3. Interessenausgleichsverhandlungen und Konsultationsverfahren
Betriebsänderungen im Sinne von § 111 BetrVG sind oft mit einer Massenentlassung im Sinne von § 17 Abs.1 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) verbunden. Eine Massenentlassung liegt vor, wenn
- in Betrieben mit 21 bis 59 Arbeitnehmern mehr als 5 Arbeitnehmer,
- in Betrieben mit 60 bis 499 Arbeitnehmern 10 Prozent der Arbeitnehmer oder 26 Arbeitnehmer,
- in Betrieben mit mindestens 500 Arbeitnehmern mindestens 30 Arbeitnehmer
innerhalb von 30 Kalendertagen entlassen werden.
Wenn eine geplante Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG zugleich eine Massenentlassung im Sinne von § 17 Abs.1 KSchG ist, muss der Arbeitgeber zwei verschiedene rechtliche Pflichten erfüllen:
Erstens: Er muss den Betriebsrat über die geplante Betriebsänderung / Entlassungswelle gemäß § 111 BetrVG umfassend unterrichten, sich mit ihm darüber beraten und einen Interessenausgleich versuchen (Interessenausgleichsverhandlungen).
Zweitens: Er muss dem Betriebsrat rechtzeitig die zweckdienlichen Auskünfte über die geplante Massenentlassung erteilen, ihn schriftlich über die in § 17 Abs.2 Satz 1 KSchG genannten Umstände unterrichten und mit ihm die Möglichkeiten beraten, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern (Konsultationsverfahren).
Dabei beinhaltet die Pflicht zur schriftlichen Unterrichtung bei Massenentlassungen gemäß § 17 Abs.2 Satz 1 KSchG im Wesentlichen die folgenden Informationen:
- Die Gründe für die geplanten Entlassungen
- Die Zahl und die Berufsgruppen der zu entlassenden Arbeitnehmer
- Die Zahl und die Berufsgruppen der in der Regel beschäftigten Arbeitnehmer
- Der Zeitraum, in dem die Entlassungen vorgenommen werden sollen
- Die vorgesehenen Kriterien für die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer (hier können Arbeitgeber allgemein auf die gesetzlich festgeschriebenen Sozialauswahlkriterien verweisen, d.h. auf die Dauer der Betriebszugehörigkeit, das Lebensalter, die Unterhaltspflichten und die Schwerbehinderung der für Entlassungen in Betracht kommenden Arbeitnehmer, § 1 Abs.3 Satz 1 KSchG)
- Die für die Berechnung etwaiger Abfindungen vorgesehenen Kriterien (hier können Arbeitgeber darauf verweisen, dass sich die Kriterien für die Berechnung der Abfindungen aus einem noch mit dem Betriebsrat zu vereinbarenden Sozialplan ergeben werden)
Nach der Unterrichtung und Beratung mit dem Betriebsrat gemäß § 17 Abs.2 KSchG (Konsultationsverfahren) folgt als zweiter Schritt die Massenentlassungsanzeige gegenüber der örtlich zuständigen Arbeitsagentur gemäß § 17 Abs.1 KSchG (Anzeigeverfahren).
Dabei müssen Arbeitgeber ab Beginn der schriftlichen und vollständigen Information des Betriebsrats über die o.g. Punkte mindestens zwei Wochen mit dem Betriebsrat verhandeln, bevor sie frühestens eine Massenentlassungsanzeige erstatten können. Außerdem muss der Massenentlassungsanzeige im Normalfall eine Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen beigefügt werden (§ 17 Abs.3 Satz 2 KSchG). Ist der Betriebsrat zu einer solchen Stellungnahme nicht bereit, können Arbeitgeber bei der Massenentlassungsanzeige glaubhaft machen (z.B. durch Übersendung der schriftlichen Informationen, die der Betriebsrat bereits erhalten hat), dass sie den Betriebsrat mindestens zwei Wochen vor Erstattung der Anzeige schriftlich und vollständig unterrichtet haben, wobei sie gleichzeitig den Stand der Beratungen mit dem Betriebsrat darlegen müssen (§ 17 Abs.3 Satz 3 KSchG).
ACHTUNG: Macht der Arbeitgeber beim Konsultationsverfahren und/oder beim Anzeigeverfahren einen Fehler, d.h. hält er sich nicht ohne Abstriche an § 17 KSchG und die dazu ergangene Rechtsprechung, sind die später ausgesprochenen betriebsbedingten Kündigungen unwirksam.
Es ist daher beim Thema Betriebsänderung und Interessenausgleich von großer Bedeutung, die Frage juristisch verbindlich zu beantworten, ob die geplante Betriebsänderung gleichzeitig auch eine Massenentlassung im Sinne von § 17 Abs.1 KSchG beinhaltet.
Auf den ersten Blick erscheinen die Informationsverhandlungspflichten des Arbeitgebers gemäß § 111 BetrVG und die Pflicht zu Interessenausgleichsverhandlungen weitgehend identisch zu sein mit dem Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs.2 KSchG. Allerdings sind diese beiden gesetzlich geregelten Abläufe rechtlich unabhängig voneinander, d.h. Arbeitgeber müssen beide Rechtspflichten jeweils in vollem Umfang erfüllen.
TIPP: Arbeitgebern ist zu raten, die Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 111 BetrVG bzw. die Interessenausgleichsverhandlungen einerseits und das Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs.2 KSchG andererseits zu jedem Zeitpunkt der Verhandlungen mit dem Betriebsrat gedanklich strikt voneinander zu trennen. Die beiden Verfahren können zwar gleichzeitig durchgeführt werden, doch muss dabei für Arbeitgeber und Betriebsrat immer klar sein, welche Information des Arbeitgebers und welche Besprechung mit dem Betriebsrat zu welchem dieser beiden Verfahren gehören.
4. Interessenausgleich mit Namensliste
Das Kündigungsschutzrecht bietet bei Betriebsänderungen im Sinne von § 111 BetrVG die Möglichkeit, dass Arbeitgeber und Betriebsrat die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, namentlich bezeichnen. Die von den Betriebspartnern genannten Arbeitnehmer haben dann einen geringeren Kündigungsschutz, wenn sie gegen eine vom Arbeitgeber erklärte betriebsbedingte Kündigung Kündigungsschutzklage erheben. Die Gegenleistung des Arbeitgebers für ein solches Zugeständnis des Betriebsrats ist normalerweise eine deutliche Erhöhung der Sozialplanabfindungen.
Die Rechtsgrundlage für dieses Vorgehen findet sich in § 1 Abs.5 Satz 1 und 2 KSchG. Hier heißt es:
„Sind bei einer Kündigung auf Grund einer Betriebsänderung nach § 111 des Betriebsverfassungsgesetzes die Arbeitnehmer, denen gekündigt werden soll, in einem Interessenausgleich zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat namentlich bezeichnet, so wird vermutet, dass die Kündigung durch dringende betriebliche Erfordernisse im Sinne des Absatzes 2 bedingt ist. Die soziale Auswahl der Arbeitnehmer kann nur auf grobe Fehlerhaftigkeit überprüft werden.“
Arbeitgeber haben an einem solchen Interessenausgleich mit Namensliste in der Regel dann ein Interesse, wenn nur ein Teil der Belegschaft entlassen werden soll. Denn dann ist die Auswahl der zu entlassenden Arbeitnehmer kündigungsschutzrechtlich immer angreifbar, wenn es keinen Interessenausgleich mit Namensliste gibt.
Soll dagegen der gesamte Betrieb geschlossen werden, sind Arbeitgeber auf einen Interessenausgleich mit Namensliste nicht angewiesen. Denn infolge der Betriebsschließung ist die Kündigung sämtlicher Arbeitnehmer juristisch problemlos darstellbar.
Bei größeren Kündigungswellen fragt sich daher immer, ob ein Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 1 Abs.5 KSchG vereinbart werden soll.
Dabei handelt es sich um eine freiwillige Regelung, d.h. sie kann im Unterschied zu einem Sozialplan nicht über einen Spruch der Einigungsstelle erzwungen werden.
ACHTUNG: Ein Interessenausgleich mit Namensliste setzt immer voraus, dass eine Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG objektiv vorliegt und mit dem Interessenausgleich geregelt werden soll. Bevor Arbeitgeber und Betriebsrat über eine solche Regelung verhandeln, muss juristisch verbindlich geklärt sein, dass die geplanten Entlassungen mit einer Betriebsänderung im Sinne von § 111 BetrVG verbunden sind.
Wichtig ist auch, dass die Namensliste unmittelbar im Interessenausgleich enthalten ist, oder ihm zumindest als eine eindeutig zuzuordnende und von beiden Betriebsparteien unterschriebene Anlage fest beigefügt ist.
5. Verhandlungsziele und zeitliche Planung von Unternehmen und Betriebsrat
Geht es bei Verhandlungen über einen Interessenausgleich um eine größere Anzahl von Entlassungen, z.B. weil der Betrieb verkleinert oder ganz geschlossen werden soll, haben Arbeitgeber und Betriebsrat in folgenden Fragen meistens gegensätzliche Interessen:
Zeitpunkt der Kündigungen: Der Zeitpunkt der Entlassungen sollte aus Arbeitgebersicht infolge der Verhandlungen mit dem Betriebsrat nicht immer weiter hinausgeschoben werden, denn sonst laufen vermeidbare Lohnkosten Monat für Monat weiter auf. Der Betriebsrat dagegen hat hier keine Eile. Je später die Kündigungen erklärt werden, desto länger sind Löhne und Gehälter der betroffenen Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gesichert.
Abfindungshöhe: Während der Gespräche über einen möglichen Interessenausgleich wird normalerweise bereits über einen Sozialplan verhandelt, den der Betriebsrat notfalls, wenn mit dem Arbeitgeber keine Einigung erzielt werden kann, über einen Spruch der Einigungsstelle rechtlich erzwingen kann (§ 112 Abs.4 BetrVG). Während Arbeitgeber Abfindungszahlungen in Grenzen halten möchten, wollen Betriebsrat möglichst attraktive Abfindungen.
Interessenausgleich mit Namensliste: Ist eine Verkleinerung des Betriebs geplant und soll daher nur ein Teil der Belegschaft entlassen werden, brauchen Arbeitgeber einen Interessenausgleich mit Namensliste gemäß § 1 Abs.5 KSchG, um die Kündigungen juristisch abzusichern, s. oben unter Punkt 4.). Ein Interessenausgleich mit Namensliste ersetzt außerdem die bei Massenentlassungsanzeigen im Regelfall notwendige Stellungnahme des Betriebsrats zu den Entlassungen (§§ 1 Abs.5 Satz 4, 17 Abs.3 Satz 2 KSchG). Der Betriebsrat dagegen kann auch gut ohne Interessenausgleich mit Namensliste leben. Er wird sich darauf nur einlassen, wenn der Arbeitgeber Gegenleistungen anbietet, z.B. höhere Abfindungen.
Frei verhandelter Sozialplan: Die Chancen für den Betriebsrat, attraktive Abfindungen auszuhandeln, sind bei einer Einigung mit dem Arbeitgeber ohne Anrufung der Einigungsstelle oft besser als wenn in der Einigungsstelle über einen Sozialplan verhandelt wird. Häufig lassen sich durch einen Spruch der Einigungsstelle „nur“ Abfindungen im Bereich von 0,5 bis 1,0 Gehältern pro Beschäftigungsjahr durchsetzen, während solche Abfindungen bei einem frei ausgehandelten Sozialplan auch deutlich überschritten werden können. Wenn die Vorstellungen über Sozialplanabfindungen weit auseinander liegen, können Arbeitgeber eher als Betriebsräte mit einem Sozialplan leben, den die Einigungsstelle beschließt.
Anrufung der Einigungsstelle: Arbeitgeber müssen darauf achten, dass die Verhandlungen mit dem Betriebsrat zügig vorangehen. Dagegen sollten Betriebsräte zunächst einmal deutlich machen, dass eine rasche Einigung keine Selbstverständlichkeit ist und daher ihren Preis hat. Üblicherweise stellen Betriebsräte, nachdem sie die ersten Informationen über die geplanten Maßnahmen gemäß § 111 BetrVG und gemäß § 17 Abs.2 KSchG erhalten haben, dem Arbeitgeber viele weitergehende Fragen, die der Arbeitgeber zügig, aber auch detailliert beantworten sollte. Wenn sich diese ersten freien Verhandlungen länger als drei bis vier Wochen hinziehen, stellt sich für den Arbeitgeber bzw. für sein Verhandlungsteam die Frage, ob man nicht die Verhandlungen für gescheitert erklären und die Einigungsstelle anrufen sollte. Denn wenn dort zumindest einmal über einen Interessenausgleich verhandelt wurde, kann die Betriebsänderung ohne die Gefahr von Nachteilsausgleichsansprüchen umgesetzt werden, s. oben unter Punkt 2.).
Zeitpunkt der Einigung: Auch Betriebsräte können nicht jede Zeitverzögerung auf der Habenseite verbuchen, denn dadurch kann die Gelegenheit verspielt werden, sich mit dem Arbeitgeber auf einen frei ausgehandelten Sozialplan mit attraktiven Abfindungen zu einigen. Möglicherweise macht der Arbeitgeber vor dem Hintergrund wirtschaftlicher bzw. finanzieller Schwierigkeiten auch deutlich, dass durch weiter auflaufende Lohnkosten infolge einer Verzögerung der Entlassungen das Budget für Sozialplanabfindungen kleiner wird. Wenn in einer solchen Verhandlungssituation die Sozialplanangebote nach und nach besser werden, kommt auch für den Betriebsrat irgendwann der „richtige“ Zeitpunkt, einem Interessenausgleich und Sozialplan zuzustimmen.
6. Unterrichtung des Betriebsrats über die geplante Betriebsänderung
Unternehmen müssen den Betriebsrat über geplante Betriebsänderungen gemäß § 111 Satz 1 BetrVG „rechtzeitig und umfassend“ unterrichten. Diese Pflicht sollten Unternehmen ernst nehmen, schon allein um das Verhandlungsklima nicht unnötig zu belasten. Konkret bedeutet dies:
Inhalt der Unterrichtung: Arbeitgeber müssen dem Betriebsrat nicht nur die bestehenden Planungen als solche mitteilen, z.B. geplante Einschränkungen des Betriebs und damit verbundene Entlassungen, sondern auch die unternehmerischen Gründe für diese Planungen, einschließlich der Erwartungen für die Zukunft. Daher sind dem Betriebsrat betriebswirtschaftliche Informationen und Kennzahlen zuzuarbeiten, d.h. Bilanzen, Zahlen zur Auftragslage und zu Umsätzen sowie Informationen zur Liquiditätslage und -planung.
Diese Informationen muss der Betriebsrat sogar dann erhalten, wenn dadurch Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse des Unternehmens gefährdet werden (könnten). Denn anders als die Informationspflicht gegenüber dem Wirtschaftsausschuss, die gemäß § 106 Abs.2 Satz 1 BetrVG unter dem Vorbehalt einer möglichen Geheimnisgefährdung steht, besteht die Pflicht zur umfassenden Information des Betriebsrats über eine Betriebsänderung ohne einen solchen Vorbehalt bzw. eine solche Einschränkung (§ 111 Satz 1 BetrVG).
Arbeitgebern ist zu raten, geheimhaltungsbedürftige Informationen und Zahlen dem Betriebsrat gegenüber ausdrücklich als Betriebs-und Geschäftsgeheimnis zu bezeichnen, so dass die Betriebsratsmitglieder zur Verschwiegenheit verpflichtet sind (§ 79 Abs.1 BetrVG).
Wenn Unternehmen eine größere Zahl von Entlassungen planen, gehören zur „umfassenden“ Unterrichtung des Betriebsrats im Sinne von § 111 Satz 1 BetrVG immer auch (mindestens) die Pflichtinformationen, die der Betriebsrat im Rahmen des Konsultationsverfahrens gemäß § 17 Abs.2 Satz 1 KSchG erhalten muss, s. oben Punkt 3.).
Form der Unterrichtung: Der Betriebsrat muss in der Regel auch Unterlagen erhalten, um die betriebswirtschaftlichen Gründe und Zusammenhänge nachvollziehen zu können, auf die sich der Arbeitgeber bei seinen Planungen stützt. Rechtsgrundlage ist § 80 Abs.2 Satz 2 BetrVG.
Betriebsräte sollten daher, wenn sie nur mit einigen wenigen schriftlichen Aufstellungen versorgt wurden, weitergehende Unterlagen vom Arbeitgeber unter Berufung auf § 80 Abs.2 Satz 2 BetrVG ausdrücklich verlangen.
Zeitpunkt der Unterrichtung: Um den Betriebsrat in die Lage zu versetzen, die Entscheidungen des Arbeitgebers zu beeinflussen, besteht die Pflicht zur Information und zur Beratung mit dem Betriebsrat bereits dann, wenn die Planungen noch nicht (offiziell) abgeschlossen sind.
Eine Unterrichtung wäre z.B. zu spät, wenn eine bestimmte Maßnahme, z.B. die Schließung einer Abteilung oder einer Filiale und die damit verbundene Zahl von Entlassungen, bereits von den maßgeblichen Unternehmensgremien beschlossen wurde, und wenn der Betriebsrat erst danach über diese Beschlüsse informiert werden würde.
Zulässig ist es aber, wenn der Arbeitgeber mit einer groben Planung, z.B. der (möglichen) Schließung einer Abteilung oder einer Filiale, an den Betriebsrat herantritt, ohne dass die Umsetzung der Planung bereits verbindlich beschlossen wäre und ohne dass bereits alle Einzelheiten (z.B. die Anzahl von Entlassungen) feststehen würden.
7. Recht des Betriebsrats auf einen Berater, Rahmenvereinbarung / Eckpunktevereinbarung
Gemäß § 111 Satz 2 BetrVG können Betriebsräte in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern zu ihrer Unterstützung einen Berater hinzuziehen.
Dieses Recht haben auch Betriebsräte in kleineren Unternehmen, denn § 111 Satz 2 BetrVG stellt ausdrücklich klar, dass § 80 Abs.3 BetrVG „unberührt bleibt“, d.h. ergänzend gilt. Und danach kann der Betriebsrat auch in kleineren Unternehmen Sachverständige hinzuziehen, allerdings nur dann, wenn das „zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich“ ist. Demgegenüber wird die Erforderlichkeit eines Beraters bei bevorstehenden Betriebsänderungen in Unternehmen mit mehr als 300 Arbeitnehmern vom Gesetz generell unterstellt.
Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) sind die Aufgaben eines „Beraters“ allerdings wortwörtlich zu verstehen, d.h. sie sind auf die reine (interne) Beratung des Betriebsrats beschränkt. Dagegen ist es nicht die Aufgabe eines Beraters im Sinne von § 111 Satz 2 BetrVG bzw. im Sinne von § 80 Abs.3 BetrVG (bei Unternehmen bis 300 Arbeitnehmern), den Betriebsrat in den Verhandlungen mit dem Arbeitgeber über einen Interessenausgleich und Sozialplan zu unterstützen und zu vertreten.
Auch eine solche verhandlungsbegleitende Unterstützung und Vertretung, in der Regel durch eine Anwaltskanzlei, kann der Betriebsrat verlangen, allerdings auf der Grundlage von § 40 Abs.1 BetrVG. Denn der finanzielle Aufwand für die Beauftragung eine Anwaltskanzlei mit der laufenden Beratung und Vertretung in Interessenausgleichs- und Sozialplanverhandlungen ist im Allgemeinen erforderlich im Sinne von § 40 Abs.1 BetrVG, d.h. diese Kosten entstehen „durch die Tätigkeit des Betriebsrats“.
Betriebsräten ist zu raten, in einem ersten Schritt einen ordnungsgemäßen Beschluss über die Beauftragung einer Anwaltskanzlei herbeizuführen. Dem Beschluss sollte ein konkretes Kostenangebot der Kanzlei zugrunde liegen, das einen angemessenen Stundensatz von z.B. 200,00 EUR bis 250,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer enthält. Nach Herbeiführung des Beschlusses kann der oder die Betriebsratsvorsitzende den Mandatsvertrag unterschreiben bzw. abschließen (zweiter Schritt). Auf der Grundlage einer solchen rechtsverbindlichen Beauftragung einer Kanzlei durch den Betriebsrat sollte der Arbeitgeber schließlich in einem dritten Schritt darum gebeten werden, die Kostenübernahme zuzusichern (Kostenübernahmeerklärung).
Damit die Betriebsratsmitglieder vor rechtlichen bzw. finanziellen Risiken geschützt sind, sollte mit der Kanzlei abgesprochen werden, dass erst dann kostenpflichtige Beratungsleistungen erbracht werden sollen, nachdem der Arbeitgeber die Kostenübernahme zugesichert hat. Für Kanzleien ist das ohnehin selbstverständlich, um ihre Bezahlung sicherzustellen.
Arbeitgebern ist zu raten, einer kostenpflichtigen Beratung des Betriebsrats durch eine Anwaltskanzlei zuzustimmen, um die Verhandlungen nicht unnötig zu verzögern. Wichtig ist aus Arbeitgebersicht vor allem, dass sich die Stundensätze in angemessenen Grenzen halten, schon allein um zu verhindern, dass ein ungewollter wirtschaftlicher Anreiz für die beratende Anwaltskanzlei entsteht, die Verhandlungen aus finanziellem Eigennutz in die Länge zu ziehen.
TIPP: In diesem frühen Stadium der Verhandlungen kann es für beide Seiten sinnvoll sein, vorab eine Rahmenvereinbarung / Eckpunktevereinbarung über die bevorstehenden Verhandlungen abzuschließen.
Sie enthält die Verpflichtung des Arbeitgebers zur Übernahme der (Stundensatz-)Kosten des Betriebsratsanwalts, wobei die Kostenübernahmeverpflichtung zur Sicherheit auf eine bestimmte maximale Stundenzahl (vorläufig) gedeckelt sein kann.
Im Gegenzug zu einer für den Betriebsrat wichtigen Kostenübernahme sollte in die Eckpunktevereinbarung ein Zeitplan aufgenommen werden, dem zufolge Interessenausgleich und Sozialplan bis zu einem bestimmten Datum verbindlich abgeschlossen sein sollten. Für den Fall, dass der Zeitplan nicht eingehalten wird, sollte vereinbart werden, dass die weiteren Verhandlungen vor der Einigungsstelle geführt werden, wobei Anzahl der Beisitzer pro Bank (z.B. zwei oder drei) und die Person des Vorsitzenden Gegenstand der Vereinbarung sein sollten.
8. Anrufung der Einigungsstelle, Vermittlung der Arbeitsagentur
Gemäß § 112 Abs.2 BetrVG können Arbeitgeber und Betriebsrat, wenn sie sich über Interessenausgleich oder einen Sozialplan nicht einig werden können, den Vorstand der Bundesagentur für Arbeit um Vermittlung bitten. In der Regel delegiert der Vorstand der Bundesagentur die Vermittlungsaufgabe an einen Mitarbeiter der örtlichen Arbeitsagentur.
Die Einbeziehung des Vorstandes der Bundesagentur ist für beide Betriebsparteien freiwillig und kommt selten vor. Aus Arbeitgebersicht ist ein solcher Schritt nicht sinnvoll, denn er ist nicht notwendige Voraussetzung dafür, dass der Arbeitgeber einen Interessenausgleich im Sinne von § 113 Abs.3 BetrVG ernsthaft „versucht“ hat.
Im Normalfall wird die Einigungsstelle angerufen, wenn die freien Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan keinen Erfolg haben (§ 112 Abs.2 Satz 2 BetrVG).
Die Einigungsstelle ist eine innerbetriebliche Schlichtungsstelle, die je nach Bedarf gebildet wird. Sie besteht aus einer gleichen Anzahl von Beisitzern, die vom Arbeitgeber und Betriebsrat bestellt werden, und einem unparteiischen Vorsitzenden, meist einem Richter an einem Arbeits- oder Landesarbeitsgericht (LAG), auf den sich beide Seiten einigen müssen (§ 76 Abs.2 Satz 1 BetrVG).
Kommt eine Einigung über einen Sozialplan nicht zustande, entscheidet die Einigungsstelle durch Spruch über den Sozialplan (§ 112 Abs.4 BetrVG). Demgegenüber hat die Einigungsstelle nicht die rechtliche Möglichkeit, durch Spruch einen Interessenausgleich herbeizuführen. Ein Interessenausgleich ist immer eine freiwillige Vereinbarung.
Welche Überlegungen in der Einigungsstelle eine Rolle spielen, wenn es um die finanzielle Ausstattung des Sozialplans geht, können Sie unter Sozialplan - Checkliste nachlesen.
9. Einigungsstellenbesetzungsverfahren, Verhandlung vor der Einigungsstelle
Sind Arbeitgeber und Betriebsrat über die Notwendigkeit einer Einigungsstelle zur Aufstellung eines Sozialplans verschiedener Meinung (z.B. weil der Betriebsrat meint, die freien Verhandlungen über einen Sozialplan seien noch gar nicht ernsthaft begonnen worden, geschweige denn gescheitert), oder besteht Streit über die Person des Vorsitzenden oder die Anzahl der Beisitzer pro Bank, entscheidet das Arbeitsgericht in einem speziellen, sehr rasch durchgeführten Verfahren, dem Einigungsstellenbesetzungsverfahren. Es wird über höchstens zwei Instanzen geführt, d.h. beim LAG ist Endstation, § 76 Abs.2 Satz 2, 3 BetrVG, § 100 Arbeitsgerichtsgesetz (ArbGG).
Der Nachteil eines solchen Vorgehens ist eine Belastung des Verhandlungsklimas, die auch zu einer (noch weiteren) Verschlechterung des Betriebsklimas in der Belegschaft führen kann. Der Vorteil besteht darin, dass in der Regel innerhalb von zwei bis drei Monaten nach Einreichung der Antragsschrift beim Arbeitsgericht die Einigungsstelle errichtet ist, und dass in ihr über einen Interessenausgleich (und auch einen Sozialplan) verhandelt werden kann.
Spätestens nach der ersten, ggf. ergebnislosen Verhandlung über einen Interessenausgleich in der Einigungsstelle können Arbeitgeber mit der Umsetzung der geplanten Betriebsänderung beginnen, ohne Nachteilsausgleichsansprüche der betroffenen Arbeitnehmer gemäß § 113 Abs.3 BetrVG befürchten zu müssen.
10. Inhalt des Interessenausgleichs, Formalitäten, rechtliche Überprüfung
Der Interessenausgleich beschreibt die vom Arbeitgeber geplante Betriebsänderung, so wie sich Arbeitgeber und Betriebsrat darüber verständigt haben.
Betrifft der Interessenausgleich die Einschränkung des Betriebes und damit verbundene Kündigungen, sollte im Interessenausgleich (zumindest) festgehalten werden,
- dass z.B. eine bestimmte Betriebsabteilung und/oder eine bestimmte Filiale aus betriebsbedingten Gründen geschlossen werden soll,
- dass daher eine bestimmte Anzahl von Arbeitnehmern entlassen werden sollen,
- dass diese Maßnahmen innerhalb einer bestimmten Zeit durchgeführt werden sollen,
- und das zum Ausgleich bzw. zur Milderung der wirtschaftlichen Nachteile für die betroffenen Arbeitnehmer ein Sozialplan abgeschlossen wird (meist am selben Tag wie der Interessenausgleich).
Weitere Inhalte eines Interessenausgleichs könnten in dem oben genannten Beispiel je nach dem Ergebnis der Verhandlungen zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat sein,
- dass sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer auf eine namentliche Bezeichnung der Arbeitnehmer einigen, denen aufgrund der o.g. Betriebsänderung gekündigt werden soll (dann enthält der Interessenausgleich eine Namensliste gemäß § 1 Abs.5 KSchG),
- dass der Arbeitgeber befristet für eine bestimmte Zeit von z.B. zwei oder drei Jahren eine Standortsicherungsgarantie zugunsten der im Betrieb verbleibenden Arbeitnehmer abgibt, d.h. dass er innerhalb der o.g. Zeit auf den Ausspruch betriebsbedingter Kündigungen verzichtet.
Ein heikler Punkt aus Sicht des Betriebsrats ist die Frage, ob er den im Interessenausgleich geregelten Maßnahmen ausdrücklich zustimmen sollte. Denn es ist ja nicht der Wunsch des Betriebsrats, dass die Betriebsänderung durchgeführt wird. Verbreitet sind daher Kompromissformeln, die z.B. so lauten können:
„Der Betriebsrat sieht nach Abwägung sämtlicher Alternativen keine Möglichkeit, die o.g. Maßnahmen, insbesondere die o.g. Entlassungen, zu verhindern.“
Eine andere Formulierung könnte lauten:
„Der Betriebsrat ist mit den o.g. Maßnahmen und Entlassungen nicht einverstanden und lehnt sie daher ab. Dessen ungeachtet sieht er keine rechtlichen Möglichkeiten, sie zu verhindern.“
Eine weitere wichtige Regelung, die bei Massenentlassungen im Interessenausgleich enthalten sein sollte, ist die Stellungnahme des Betriebsrats zu der Massenentlassung, die der Arbeitgeber bei der Massenentlassungsanzeige der zuständigen Arbeitsagentur gemäß § 17 Abs.3 KSchG vorlegen muss. Mit seiner Stellungnahme erklärt der Betriebsrat zugleich, dass das Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs.2 KSchG durchgeführt bzw. abgeschlossen worden ist. Eine solche Regelung im Interessenausgleich kann wie folgt aussehen:
„Konsultationsverfahren gemäß § 17 Abs.2 KSchG, Stellungnahme des Betriebsrats gemäß § 17 Abs.3 Satz 2 KSchG
Der Betriebsrat bestätigt hiermit, vom Arbeitgeber sämtliche gemäß § 17 Abs.2 KSchG erforderlichen Auskünfte in schriftlicher Form erhalten zu haben. Der Betriebsrat bestätigt weiterhin, mit dem Arbeitgeber auf dieser Grundlage umfassend die Möglichkeiten beraten zu haben, Entlassungen zu vermeiden oder einzuschränken und ihre Folgen zu mildern. Im Ergebnis dieser Konsultationen sieht der Betriebsrat bedauerlicherweise keine Möglichkeit, die vom Arbeitgeber geplanten Entlassungen zu vermeiden. Damit ist das Beteiligungsverfahren gemäß § 17 Abs.2 KSchG abgeschlossen.”
Zuständig für die Verhandlungen und den Abschluss eines Interessenausgleichs ist im Allgemeinen der Betriebsrat des Betriebs, der von der Betriebsänderung betroffen ist.
Ein Betriebsausschuss, der die laufenden Geschäfte des Betriebsrats führt, kann nicht über einen Interessenausgleichentscheiden (§ 27 Abs.2 Satz 2 BetrVG). Das gilt auch für einen nach § 28 BetrVG gebildeten Ausschuss. Auch er hat nicht die Befugnis, mit dem Unternehmen einen Interessenausgleich zu vereinbaren (§ 28 Abs.2 Satz 3 BetrVG).
Hat der Betriebsrat in einer ordnungsgemäßen Sitzung dem Interessenausgleich durch Beschluss zugestimmt (§ 33 Abs.1, 2 BetrVG), muss der Interessenausgleich (ebenso wie der Sozialplan) schriftlich festgehalten und von beiden Seiten unterzeichnet werden (§ 112 Abs.1 Satz 1 BetrVG).
Für den Betriebsrat unterschreibt der oder die Vorsitzende (§ 26 Abs.2 Satz 1 BetrVG), für den Unternehmer er selbst, ein Bevollmächtigter oder ein vertretungsberechtigtes Organ (z.B. GmbH-Geschäftsführer, AG-Vorstand). Mit der beiderseitigen Unterschrift ist der Interessenausgleich verbindlich.
Üblicherweise wird der Interessenausgleich am selben Tag wie der Sozialplan unterschrieben, so dass Arbeitgeber und Betriebsrat beide Aufgaben erledigt haben. Enthält der Interessenausgleich eine Namensliste gemäß § 1 Abs.5 KSchG, sollte diese Liste entweder im Interessenausgleich selbst als einer seiner Punkte enthalten sein, oder mit dem Interessenausgleich als Anlage fest verbunden sein, wobei die Anlage bzw. Namensliste ebenfalls von Betriebsrat und Arbeitgeber zu unterschreiben ist.
Bei Verhandlungen über einen Interessenausgleich (und Sozialplan) sollten sich beide Parteien laufend rechtlich beraten lassen. Eine arbeitsrechtliche Beratung ist vor allem für Betriebsräte ein Muss. Schließlich geht es beim Thema Betriebsänderung und Interessenausgleich um wirtschaftlich bedeutende Angelegenheiten. Dementsprechend hoch ist die Verantwortung des Betriebsrats für seine Kolleginnen und Kollegen.
Wo finden Sie mehr zum Thema Interessenausgleich?
Weitere Informationen zum Thema Interessenausgleich finden Sie hier:
- Handbuch Arbeitsrecht: Abfindung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsänderung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsstilllegung, Betriebsschließung
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsvereinbarung
- Handbuch Arbeitsrecht: Einigungsstelle
- Handbuch Arbeitsrecht: Insolvenz des Arbeitgebers
- Handbuch Arbeitsrecht: Interessenausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigung - Betriebsbedingte Kündigung
- Handbuch Arbeitsrecht: Kündigungsschutzklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Kurzarbeit, Kurzarbeitergeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Massenentlassung
- Handbuch Arbeitsrecht: Mitbestimmung in wirtschaftlichen Angelegenheiten
- Handbuch Arbeitsrecht: Nachteilsausgleich
- Handbuch Arbeitsrecht: Outplacement
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialauswahl
- Handbuch Arbeitsrecht: Sozialplan
- Übersicht Handbuch Arbeitsrecht
- Tipps und Tricks: Betriebsvereinbarung - Checkliste
- Tipps und Tricks: Sozialplan - Checkliste
- Mustervereinbarung: Interessenausgleich
- Mustervereinbarung: Sozialplan
Kommentare unseres Anwaltsteams zu aktuellen Gerichtsentscheidungen rund um das Thema Interessenausgleich finden Sie hier:
- Arbeitsrecht aktuell: 20/056 Einigungsstelle kann Rentennahe von Sozialplanleistungen ausschließen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/197 Interner Arbeitsmarkt statt Kündigungsschutz?
- Arbeitsrecht aktuell: 19/142 Unterzeichnung von Kündigungen bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/120 Kündigungsschutz Schwerbehinderter bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 19/043 Sozialplanabfindungen und Nachteilsausgleich können verrechnet werden
- Arbeitsrecht aktuell: 18/158 Kündigung während der Schwangerschaft bei Massenentlassung
- Arbeitsrecht aktuell: 17/290 Schwellenwerte bei Massenentlassungen und Zeitarbeit
- Arbeitsrecht aktuell: 17/128 Massenentlassungsanzeige und Leiharbeitnehmer
- Arbeitsrecht aktuell: 16/304 Dauer der Konsultation bei Massenentlassungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/180 Sozialplan und Stichtagsregelung
- Arbeitsrecht aktuell: 16/108 Aufstockungen zum Transferkurzarbeitergeld sind Nettoentgelt
- Arbeitsrecht aktuell: 16/088 Anfechtung eines Sozialplans der Einigungsstelle
- Arbeitsrecht aktuell: 15/355 Sozialplan und Klageverzicht
- Arbeitsrecht aktuell: 15/331 Abfindung gemäß § 1a KSchG und Sozialplan
- Arbeitsrecht aktuell: 15/327 Benachteiligung wegen Behinderung bei Sozialplanabfindung
Letzte Überarbeitung: 13. August 2020
Was können wir für Sie tun?
Wenn Sie als Arbeitgeber oder als Betriebsrat vor dem Problem stehen, über eine bevorstehende Betriebsänderungen Verhandlungen über einen Interessenausgleich und Sozialplan führen zu müssen, beraten wir Sie jederzeit gerne. Wir unterstützen Sie angefangen von der zeitlichen Planung der Verhandlungen über deren Durchführung bis hin zum rechtssicheren Abschluss eines Interessenausgleichs und Sozialplans sowie der Vorbereitung und Abgabe einer ggf. erforderlichen Massenentlassungsanzeige. Betriebsräte unterstützen wir auf der Grundlage einer vorherigen Beschlussfassung, die uns als Kanzlei beauftragt, und einer Kostenübernahmeerklärung des Arbeitgebers entsprechend diesem Betriebsratsbeschluss. Bitte sprechen Sie uns frühzeitig an, um eine korrekte Beschlussfassung sicherzustellen. |
Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:
Dr. Martin Hensche Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hensche@hensche.de | |
Christoph Hildebrandt Rechtsanwalt Fachanwalt für Arbeitsrecht Kontakt: 030 / 26 39 620 hildebrandt@hensche.de | |
Nina Wesemann Rechtsanwältin Fachanwältin für Arbeitsrecht Kontakt: 040 / 69 20 68 04 wesemann@hensche.de |
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