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Verwirkung des Rechts zum Widerspruch gegen die Folgen eines Betriebsübergangs
01.10.2008. Arbeitnehmer haben ein Recht, vor einem Betriebsübergang umfassend über die Hintergründe und die Folgen informiert zu werden.
Ist die Information unzureichend, können betroffene Arbeitnehmer auch noch nach Ablauf der gesetzlichen Einmonatsfrist dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf den Erwerber widersprechen, d.h. die Fristenregelung des § 613a Abs.6 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) gilt dann nicht.
Das theoretisch "ewig" bestehende Widerspruchsrecht kann aber nach Treu und Glauben verwirken, wenn der Arbeitnehmer ein Jahr nach dem Betriebsübergang mit dem Erwerber einen arbeitsgerichtlichen Abfindungsvergleich vereinbart, d.h. aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet, und ein weiteres Jahr nach dem Vergleich seinen Widerspruch erklärt: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.05.2008, 1 Sa 318/07.
- Wann verwirkt das Recht zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber?
- Der Streitfall: Arbeitnehmerin wird nicht korrekt über einen Betriebsübergang informiert, vereinbart ein Jahr später einen Abfindungsvergleich mit dem Erwerber und erklärt nach einem weiteren Jahr ihren Widerspruch
- LAG Schleswig-Holstein: Zwei Jahre nach dem Betriebsübergang und ein Jahr nach einem Abfindungsvergleich mit dem Erwerber ist das Widerspruchsrecht verwirkt
Wann verwirkt das Recht zum Widerspruch gegen den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf einen Betriebserwerber?
Bei Betriebsübergängen müssen der bisherige Arbeitgeber oder der neue Inhaber die betroffenen Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs.5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) noch vor dem Übergang ordnungsgemäß unterrichten.
Es müssen verständliche, arbeitsplatzbezogene Angaben gemacht werden über den Zeitpunkt des Übergangs, dessen Grund und Folgen sowie die Identität des Erwerbers. Dabei schweben Veräußerer und Erwerber stets in der Gefahr, dass ihre Informationen den von der Rechtsprechung gestellten Anforderungen nicht genügen.
Ein solcher Verstoß kann weitreichende Konsequenzen haben. Denn das Recht der Arbeitnehmer, dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zu widersprechen, ist nur bei ordnungsgemäßer Unterrichtung auf einen Monat nach Zugang der Unterrichtung befristet (§ 613a Abs.6 Satz1 BGB).
Ist die Unterrichtung nicht ordnungsgemäß, ist der Widerspruch im Prinzip zeitlich unbegrenzt möglich. Wird der Erwerber daher zum Beispiel ein oder zwei Jahre nach dem Betriebsübergang insolvent, kann es für die betroffenen Arbeitnehmer sinnvoll sein, dem Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse noch nachträglich zu widersprechen, und zwar mit der Begründung, die damals gegebenen Informationen seien unzureichend gewesen.
Problematisch ist ein solcher „später“ Widerspruch allerdings, wenn zwischenzeitlich das (vermeintliche) Arbeitsverhältnis zwischen Betriebserwerber und Arbeitnehmer beendet worden ist, etwa durch einen Beendigungsvergleich im Rahmen eines Kündigungsschutzprozesses.
Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat dazu in einigen Entscheidungen, die denselben Betriebsübergang betrafen, die Ansicht vertreten, dass in einem Beendigungsvergleich ein Verzicht auf das Widerrufsrecht gesehen werden könne, falls der Vergleich in Kenntnis des Rechts abgeschlossen wird. Dabei stützt sich das LAG Düsseldorf auf eine Analogie zu § 144 BGB. Nach dieser Vorschrift ist die Anfechtung eines anfechtbaren Rechtsgeschäfts ausgeschlossen, wenn dieses vom Anfechtungsberechtigten „bestätigt“ wird.
Ob diese Betrachtungsweise vom Bundesarbeitsgericht (BAG) bestätigt wird, ist derzeit noch offen, da einige dieser Entscheidungen des LAG Düsseldorf aus den Jahren 2006 und 2007 zur Zeit vor dem BAG anhängig sind (vgl. insb. LAG Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2007, 7 Sa 1074/07 und hierzu BAG, 8 AZR 108/08 sowie LAG Düsseldorf, Urteil vom 04.04.2007, 7 (11) Sa 783/06 und dazu BAG, 8 AZR 370/07).
Abgesehen davon kann das Widerspruchsrecht, obwohl es bei unzureichenden Information im Prinzip zeitlich unbegrenzt besteht, im Einzelfall verwirkt sein. Der aus § 242 BGB hergeleitete Grundsatz der Verwirkung schließt die „illoyal verspätete Geltendmachung von Rechten“ aus und dient damit dem Vertrauensschutz.
Die Verwirkung eines Rechts setzt voraus, dass der Rechtsinhaber sein Recht über eine „längere“ Zeit nicht geltend gemacht hat (Zeitmoment) und der Verpflichtete sich infolgedessen darauf einstellen durfte, nicht mehr in Anspruch genommen zu werden (Umstandsmoment).
Über einen derartigen Fall musste vor kurzem das LAG Schleswig-Holstein mit Urteil vom 08.05.2008 (1 Sa 318/07) entscheiden. Dabei ging es um die Frage, welche Auswirkungen ein Beendigungsvergleich zwischen Betriebserwerber und Arbeitnehmer auf dessen Widerspruchsrecht hat:
Der Streitfall: Arbeitnehmerin wird nicht korrekt über einen Betriebsübergang informiert, vereinbart ein Jahr später einen Abfindungsvergleich mit dem Erwerber und erklärt nach einem weiteren Jahr ihren Widerspruch
Die klagende Arbeitnehmerin war im Bereich Operating/Drucknachbearbeitung in einem Betrieb tätig, der einer AG gehörte. Im Mai 2005 teilte die AG der Arbeitnehmerin mit, dass ihr Arbeitsverhältnis seit April 2005 auf eine GmbH übergegangen sei. Abgesehen davon wurden im Wesentlichen nur gesetzliche Vorschriften wiedergegeben.
Im Rahmen einer Kündigungsschutzklage schlossen die Klägerin und die betriebserwerbende GmbH im Dezember 2005 einen Beendigungsvergleich zum Jahresende 2006. Zuvor hatten beide übereinstimmend zu Protokoll gegeben, dass das Arbeitsverhältnis der Klägerin im April 2005 von der AG auf die GmbH übergegangen sei.
Anfang 2006 erfuhr die beklagte AG aufgrund ähnlicher arbeitsrechtlicher Prozesse über einen Rechtsanwalt der GmbH von dem Vergleich.
Nochmals ein Jahr später, im Februar 2007, widersprach die Klägerin dem Betriebsübergang und forderte von der AG die Erklärung, dass nach wie vor ein ungekündigtes Arbeitsverhältnis zwischen ihnen bestehe. Diese Erklärung verweigerte die AG.
Das daraufhin angerufene Arbeitsgericht Elmshorn wies die auf Feststellung eines Arbeitsverhältnisses gerichtete Klage mit Urteil vom 23.05.2007 (4 Ca 355 e/07) ab. Es war der Auffassung, ein Widerspruch setze den Bestand eines Arbeitsverhältnisses voraus. Dies ergebe sich aus der Auslegung von § 613a Abs.6 BGB. Als der Widerspruch im Februar 2007 erklärt wurde, sei das Arbeitsverhältnis zu der GmbH aber schon durch den Vergleich beendet gewesen. Deshalb gehe der Widerspruch ins Leere.
LAG Schleswig-Holstein: Zwei Jahre nach dem Betriebsübergang und ein Jahr nach einem Abfindungsvergleich mit dem Erwerber ist das Widerspruchsrecht verwirkt
Das LAG Schleswig-Holstein wies die Berufung der Klägerin als unbegründet zurück. Es kritisierte jedoch in der Begründung die Entscheidung der Vorinstanz und stützte sein Urteil auf die Verwirkung des Widerspruchsrechtes. Zur Begründung heißt es:
Durch den Widerspruch wird ein Arbeitnehmer so gestellt, als habe der Betriebsübergang nicht stattgefunden, denn der berechtigte Widerspruch wirke auf den Zeitpunkt des Überganges zurück, so das LAG im Anschluss an die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG).
Es kommt daher nach Ansicht des LAG nicht darauf an, ob das Arbeitsverhältnis zwischen Betriebserwerber und Arbeitnehmer bei Ausübung des Widerspruchs noch bestanden hat. Ein Beendigungsvergleich zwischen Betriebserwerber und Arbeitnehmer wirkt nach allgemeinen Rechtsgrundsätzen grundsätzlich nur zwischen den Parteien des Vergleichs. Etwas anderes kommt nur in Betracht, wenn sich aus dem Vergleich ergibt, dass er auch zugunsten des bisherigen Betriebsinhabers wirken soll.
Bei Auslegung des Vergleichs vom Dezember 2005 und der diesem vorangestellten übereinstimmenden Erklärung „zu Protokoll“ kam das LAG jedoch zu dem Ergebnis, dass eine Rechtswirkung zugunsten des bisherigen Betriebsinhabers nicht gewollt sei. War das Widerspruchsrecht daher nicht durch den Vergleich vom Dezember 2005 ausgeschlossen, so bestand es fort, falls die gesetzliche Widerspruchsfrist nicht bereits seit langem abgelaufen war. Die Frist war allerdings nach Ansicht des LAG nie in Gang gesetzt worden, weil die Information nicht vor dem Betriebsübergang erfolgte und deutliche inhaltliche Mängel aufwies.
Nach Auffassung des LAG hatte die Klägerin ihr Recht, dem Übergang des Arbeitsverhältnisses zu widersprechen, jedoch verwirkt. Das dafür erforderliche "Zeitmoment" war offensichtlich gegeben, denn die Klägerin hatte in Kenntnis ihres Recht den Widerspruch erst zwei Jahre nach Betriebsübergang und mehr als ein Jahr nach Abschluss des Vergleiches erklärt.
Als "Umstandsmoment" bewertete das LAG den Vergleichsabschluss. Die Beklagte hatte von diesem Kenntnis und durfte nach dem Inhalt des Vergleichs darauf vertrauen, dass die Klägerin ihre Rechte, wenn überhaupt, alsbald nach Abschluss des Vergleichs geltend machen würde.
Da das LAG von der Verwirkung des Widerspruchsrechts ausging, konnte es offenlassen, ob die Klägerin durch ihr Verhalten nicht auch gemäß § 144 BGB analog auf die Geltendmachung des Widerspruchsrechts verzichtet hatte. Das LAG ließ die Revision gegen sein Urteil zu. Sie ist derzeit beim BAG unter dem Aktenzeichen 8 AZR 590/08 anhängig.
Fazit: Arbeitnehmer, die anlässlich einer Kündigung des Betriebserwerbers erwägen, durch Erklärung eines Widerspruchs das bereits seit längerem übergeleitete Arbeitsverhältnis mit dem Betriebsveräußerer wieder zu „aktivieren“, sollten dies am besten zusammen mit dem gegen die Kündigung des Betriebserwerbers gerichtete Kündigungsschutzklage tun. So begegnet man der Gefahr der Verwirkung des Widerspruchsrechts und sichert sich zugleich eine optimale Position für die Verhandlungen über eine Abfindung.
Nähere Informationen zu diesem Vorgang finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Urteil vom 08.05.2008, 1 Sa 318/07
- Landesarbeitsgericht Düsseldorf, Urteil vom 14.11.2007, 7 Sa 1074/07
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsübergang
- Arbeitsrecht aktuell: 16/378 Fehlerhafte Information zum Betriebsübergang und Widerspruchsrecht
- Arbeitsrecht aktuell: 16/213 Informationspflicht und Widerspruchsrecht beim Betriebsübergang
- Arbeitsrecht aktuell: 13/298 Betriebsübergang - Verwirkung des Rechts zum Widerspruch
- Arbeitsrecht aktuell: 11/018 Widerspruch nach Betriebsübergang - Verwirkung durch Abtretung von Lohn
- Arbeitsrecht aktuell: 10/172 Nichterhebung der Kündigungsschutzklage führt zur Verwirkung des Widerspruchsrechts
- Arbeitsrecht aktuell: 08/048 Betriebsübergang als Mittel zum Abbau von Arbeitnehmerrechten?
Letzte Überarbeitung: 7. Dezember 2020
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