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BAG, Ur­teil vom 19.08.2008, 3 AZR 383/06

   
Schlagworte: Betriebliche Altersversorgung, Arbeitsvertragsrichtlinien, AVR, Betriebsrente
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 3 AZR 383/06
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 19.08.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Paderborn, Urteil vom 07.09.2005, 3 Ca 69/05, Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 18.01.2006, 3 Sa 2122/05
   

 

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

3 AZR 383/06
3 Sa 2122/05
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Hamm


Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

19. Au­gust 2008

UR­TEIL

Kauf­hold, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungskläger und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­ter, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,



Streit­verkünde­te:
 


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hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der Be­ra­tung vom 19. Au­gust 2008 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Rei­ne­cke, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Krem­hel­mer, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Schlewing so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Dr. Kai­ser und Loh­re für Recht er­kannt:


1. Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 18. Ja­nu­ar 2006 - 3 Sa 2122/05 - wird zurück­ge­wie­sen.

2. Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand


Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob der Be­klag­te dem Kläger wei­ter­hin die bis zum 31. De­zem­ber 2001 vor­ge­se­he­ne Ge­samt­ver­sor­gung schul­det.

Der am 19. Sep­tem­ber 1949 ge­bo­re­ne Kläger ist seit dem 1. Ja­nu­ar 1976 beim Be­klag­ten als So­zi­alpädago­ge beschäftigt. In § 2 des Dienst­ver­tra­ges vom 15. Ja­nu­ar 1976 ver­ein­bar­ten die Par­tei­en, dass die „Richt­li­ni­en für Ar­beits­verträge in den Ein­rich­tun­gen des Deut­schen Ca­ri­tas­ver­ban­des“ (AVR) in der je­wei­li­gen Fas­sung gel­ten und es bei Ände­run­gen der AVR ei­ner wei­te­ren Ver­ein­ba­rung nicht be­darf. An­la­ge 8 der AVR enthält die Ver­sor­gungs­ord­nun­gen A und B. Der Kläger fällt un­ter den An­wen­dungs­be­reich der Ver­sor­gungs­ord­nung A, de­ren § 1 wie folgt lau­tet:


„§ 1 Ge­samt­ver­sor­gung
(1) Mit­ar­bei­ter und die zu ih­rer Aus­bil­dung Beschäftig­ten ..., für die nach der Sat­zung der Kirch­li­chen Zu­satz­ver-


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sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands ... Ver­si­che­rungs­pflicht be­steht, sind durch ih­ren Dienst­ge­ber bei der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se zum Zwe­cke der Al­ters-, Be­rufs­unfähig­keits- und Er­werbs­unfähig­keits­ver­sor­gung so­wie der Ver­sor­gung ih­rer Hin­ter­blie­be­nen zu ver­si­chern.


(2) Der Ver­sor­gungs­an­spruch des Mit­ar­bei­ters und des zu sei­ner Aus­bil­dung Beschäftig­ten so­wie der Ver­sor­gungs­an­spruch ei­nes ih­rer Hin­ter­blie­be­nen rich­ten sich aus-schließlich nach der Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se und ih­rer Ausführungs­be­stim­mun­gen und können nur ge­genüber der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se gel­tend ge­macht wer­den.“


Am 1. Au­gust 1976 trat das Ge­setz „be­tref­fend die Er­rich­tung der ‚Kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands’ als rechtsfähi­ge An­stalt des öffent­li­chen Rechts“ vom 15. Ju­li 1976 (GVBl. NRW S. 264) in Kraft. Es lau­tet aus­zugs­wei­se:


㤠1


Die ‚Kirch­li­che Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands’ mit Sitz in Köln ist ... als kirch­li­che An­stalt ei­ne kirch­li­che Ein­rich­tung in der Rechts­form ei­ner rechtsfähi­gen An­stalt des öffent­li­chen Rechts.

...
§ 3

Der kirch­li­che Er­rich­tungs­akt be­darf der Ge­neh­mi­gung durch den Kul­tus­mi­nis­ter des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len. Die Ge­neh­mi­gung des Er­rich­tungs­ak­tes setzt vor­aus, daß die (Erz-) Bistümer in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land durch Ver­trag mit dem Ver­band der Diöze­sen Deutsch­lands zu­guns­ten der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se die Leis­tungs­kraft der Kas­se auf Dau­er gewähr­leis­ten.
Die Sat­zung und Sat­zungsände­run­gen bedürfen der Ge­neh­mi­gung durch den Kul­tus­mi­nis­ter des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len. Von der Ge­neh­mi­gungs­pflicht aus­ge­nom­men sind Sat­zungsände­run­gen, die le­dig­lich auf ei­ner Ände­rung der Ver­sor­gungs­ta­rif­verträge be­ru­hen.
...“


Am 30. Au­gust 1976 fass­te die Voll­ver­samm­lung des Ver­ban­des der

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Diöze­sen Deutsch­lands fol­gen­den Be­schluss:


㤠1

Der Ver­band der Diöze­sen Deutsch­lands - Körper­schaft des öffent­li­chen Rechts - er­rich­tet zum 30. Au­gust 1976 die

‚Kirch­li­che Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands’

als selbständi­ge kirch­li­che Ein­rich­tung mit Sitz in Köln. Sie ist ei­ne ‚An­stalt des öffent­li­chen Rechts’ nach dem Ge­setz des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len be­tref­fend die Er­rich­tung ei­ner Kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands als rechtsfähi­ge An­stalt des öffent­li­chen Rechts vom 15. Ju­li 1976 (GV.NW. S. 264).


§ 2

(1) Die Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se hat die Auf­ga­be, Ar­beit­neh­mern des kirch­li­chen und des kirch­lich-ca­ri­ta­ti­ven Diens­tes in den Diöze­sen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ein­sch­ließlich Land Ber­lin ei­ne zusätz­li­che Al­ters-, Be­rufs­unfähig­keits-, Er­werbs­unfähig­keits- und Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung nach den für An­ge­stell­te im öffent­li­chen Dienst gel­ten­den Grundsätzen durch Ver­si­che­rung zu gewähren.


(2) Das Vermögen der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se darf nur für ih­re sat­zungsmäßigen Zwe­cke ver­wandt wer­den.
...“


In der Sat­zung die­ser kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se (KZVK) heißt es ua.:

㤠5

Ver­wal­tungs­rat

(1) Der Ver­wal­tungs­rat der Kas­se be­steht aus ei­nem neu­tra­len Vor­sit­zen­den und vier­zehn wei­te­ren Mit­glie­dern. Für den Vor­sit­zen­den und je­des der vier­zehn wei­te­ren Mit­glie­der ist ein ei­ge­ner Ver­tre­ter zu be­stel­len. Die Mit­glie­der des Ver­wal­tungs­ra­tes und ih­re Ver­tre­ter wer­den von der Voll­ver­samm­lung des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands auf die Dau­er von fünf Jah­ren be­ru­fen, und zwar,

a) der Vor­sit­zen­de und des­sen Ver­tre­ter auf Vor­schlag des Ver­wal­tungs­ra­tes des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands,

b) drei wei­te­re Mit­glie­der und de­ren Ver­tre­ter auf Vor­schlag des Ver­wal­tungs­ra­tes des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands als Ver­tre­ter der Gewähr-träger und Be­tei­lig­ten aus dem ver­fasst-kirch­li­chen Be­reich,

c) vier wei­te­re Mit­glie­der und de­ren Ver­tre­ter auf Vor­schlag des Vor­stan­des des Deut­schen Ca­ri­tas­ver­ban­des e.V. als Ver­tre­ter der ver­band­li­chen Ca­ri­tas und der Be­tei­lig­ten aus dem Ca­ri­tas-Be­reich,

d) sie­ben wei­te­re Mit­glie­der und de­ren Ver­tre­ter auf Vor­schlag der Mit­ar­bei­ter­sei­te der Zen­tral-KO­DA als Ver­tre­ter der Ver­si­cher­ten. Die­se müssen Ver-si­cher­te der Kas­se sein.


...

§ 6

Auf­ga­ben des Ver­wal­tungs­ra­tes

(1) Der Ver­wal­tungs­rat über­wacht die Geschäftsführung des Vor­stan­des.


(2) Der Ver­wal­tungs­rat hat darüber

hin­aus ...

g) über Sat­zungsände­run­gen, ... so­wie über Durchführungs­vor­schrif­ten zur Sat­zung zu be­sch­ließen,
...


ZWEI­TER TEIL
Ver­si­che­rungs­verhält­nis­se
Ab­schnitt I
Be­tei­li­gung

§ 11

Vor­aus­set­zun­gen der Be­tei­li­gung

(1) Be­tei­lig­te der Kas­sen können sein ...


(2) Vor­aus­set­zung für den Er­werb der Be­tei­li­gung ist, dass der Ar­beit­ge­ber ein für die Mit­glie­der der in der Ver­ei­ni­gung der kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­verbände zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Ar­beit­ge­ber­verbände gel­ten­des Ver­sor­gungs­ta­rif­recht oder in Be­zug auf die Leis­tun­gen ein Ta­rif­recht we­sent­lich glei­chen In­halts ta­rif­ver­trag­lich


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oder all­ge­mein ein­zel­ver­trag­lich an­wen­det. ...“

Die KZVK setz­te in den Leis­tungs­be­stim­mun­gen ih­rer Sat­zung die ta­rif­ver­trag­li­chen Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen des öffent­li­chen Diens­tes um. Bis zur Sys­tem­um­stel­lung der Zu­satz­ver­sor­gung des öffent­li­ches Diens­tes gewähr­te die KZVK eben­so wie die Ver­sor­gungs­an­stalt des Bun­des und der Länder (VBL) ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung. Das Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem wur­de durch ein Punk­te­mo­dell er­setzt (Satz 2 der Präam­bel zum Ta­rif­ver­trag Al­ters­ver­sor­gung - ATV vom 1. März 2002). Die be­ste­hen­den Ver­sor­gungs­an­wart­schaf­ten wur­den durch Start­gut­schrif­ten in das neue Sys­tem überführt. Maßgeb­li­cher Stich­tag war der 31. De­zem­ber 2001.


Am 16. April 2002 be­schloss der Ver­wal­tungs­rat der KZVK, ih­re Sat­zung (KZV­KS) ent­spre­chend den Vor­schrif­ten des ATV zu ändern. Da­durch über­nahm die KZVK den Wech­sel des Ver­sor­gungs­sys­tems und setz­te ihn eben­so wie der öffent­li­che Dienst rück­wir­kend zum 1. Ja­nu­ar 2002 um.

Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A (An­la­ge 8 zur AVR) schrei­be die Gewährung ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung vor. Dies er­ge­be sich ins­be­son­de­re aus der Über­schrift die­ser Be­stim­mung. Die Ver­wei­sung auf die KZVK be­tref­fe nur Ein­zel­hei­ten des Ge­samt­ver­sor­gung, ermögli­che aber nicht ei­nen Sys­tem­wech­sel. Die AVR hätten geändert wer­den müssen. Die dafür er­for­der­li­che Zu­stim­mung der Ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on ha­be ge­fehlt. We­der ein sich auf den Sys­tem­wech­sel er­stre­cken­der Ände­rungs­vor­be­halt noch der Sys­tem­wech­sel selbst hiel­ten der ge­bo­te­nen In­halts­kon­trol­le nach §§ 305 ff., 317, 319 BGB stand. Die KZV­KS ent­hal­te all­ge­mei­ne Ver­si­che­rungs­be­din­gun­gen. Durch die vor­ge­se­he­nen Neu­re­ge­lun­gen würde die Ren­ten­an­wart­schaft des Klägers er­heb­lich ge­schmälert. Dies ver­s­toße so­wohl ge­gen den Ei­gen­tums­schutz des Art. 14 Abs. 1 GG als auch ge­gen die Grundsätze der Verhält­nismäßig­keit und des Ver­trau­ens­schut­zes. Im vor­lie­gen­den Fall gel­te un­ein­ge­schränkt das drei­stu­fi­ge Prüfungs­sche­ma. Es er­lau­be die vor­ge­se­he­nen Ver­schlech­te­run­gen nicht. So­weit die am 16. April 2002 be­schlos­se­nen Ein­schnit­te be­reits zum 1. Ja­nu­ar 2002 in Kraft ge­setzt wor­den sei­en, lie­ge ei­ne un­zulässi­ge ech­te Rück­wir­kung vor. Zu­min­dest ste­he dem

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Kläger der hilfs­wei­se gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch zu. Die un­zulässi­ge Ände­rung der KZV­KS müsse sich der Be­klag­te zu­rech­nen las­sen, weil er die KZVK zur Erfüllung sei­ner Ver­sor­gungs­pflich­ten ein­ge­schal­tet ha­be. Wenn er we­gen der Sat­zungsände­rung sei­nen Ver­sor­gungs­pflich­ten nicht mehr nach­kom­me, müsse er den dar­aus ent­ste­hen­den Scha­den er­set­zen.


Der Kläger hat be­an­tragt,


1. fest­zu­stel­len, dass sei­ne Ru­he­geld­ansprüche auf­grund § 2 des zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­nen Ar­beits­ver­trags vom 15. Ja­nu­ar 1976 iVm. § 1 der An­la­ge 8 zu den AVR im Sin­ne ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung fort­be­ste­hen und durch die Um­stel­lung der kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands (KZVK) mit Wir­kung ab dem 1. Ja­nu­ar 2002 von ei­ner um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gung auf ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Punk­te­sys­tem nicht berührt wer­den,
hilfs­wei­se


2. fest­zu­stel­len, dass der Be­klag­te ver­pflich­tet ist, dem Kläger sämt­li­che Schäden zu er­set­zen, die ihm durch die Um­stel­lung der KZVK mit Wir­kung ab dem 1. Ja­nu­ar 2002 von ei­ner um­la­ge­fi­nan­zier­ten Ge­samt­ver­sor­gung auf ein ka­pi­tal­ge­deck­tes Punk­te­sys­tem ent­ste­hen.


Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A (An­la­ge 8 der AVR) ent­hal­te ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sung. Sie ermögli­che es, die ta­rif­ver­trag­li­chen Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen auch in­so­weit zu über­neh­men, als sie ei­nen Sys­tem­wech­sel bei der Zu­satz­ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes vorsähen. Die Sys­tem­um­stel­lung, ge­gen die sich der Kläger wen­de, sei we­der for­mell noch in­halt­lich zu be­an­stan­den. Die Ar­beits­recht­li­che Kom­mis­si­on ha­be nicht be­tei­ligt wer­den müssen. Die Um­stel­lung der Ge­samt­ver­sor­gung auf das Punk­te­mo­dell ver­let­ze im kirch­li­chen Be­reich eben­so we­nig wie im öffent­li­chen Dienst Rech­te der ver­si­cher­ten Ar­beit­neh­mer.


Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung des Klägers zurück­ge­wie­sen. Mit sei­ner Re­vi­si­on ver­folgt er


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sein Kla­ge­be­geh­ren wei­ter.


Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on des Klägers ist un­be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen.

A. Mit dem Haupt­an­trag be­gehrt der Kläger die Fest­stel­lung, dass sich sei­ne ge­gen den Be­klag­ten ge­rich­te­ten Ver­sor­gungs­ansprüche nach den bis­he­ri­gen Ge­samt­ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen der KZV­KS rich­ten und dass sich der von der KZVK be­schlos­se­ne Sys­tem­wech­sel nicht auf das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ver­sor­gungs­verhält­nis aus­wirkt. Es soll geklärt wer­den, wel­ches Re­ge­lungs­werk an­zu­wen­den ist. Ein­zel­ne Be­rech­nungs­fra­gen sind nicht Ge­gen­stand des Haupt­an­trags. So­weit Be­rech­nungs­vor­schrif­ten des neu­en Ver­sor­gungs­sys­tems an­ge­spro­chen wer­den, ist dies Teil ei­ner Ge­samt­be­wer­tung al­ler Fak­to­ren des neu­en Sys­tems. Auch aus die­ser Ge­samt­be­wer­tung er­gibt sich nach An­sicht des Klägers die Un­wirk­sam­keit des ge­sam­ten neu­en Re­ge­lungs­werks.


B. Der Haupt­an­trag ist zwar zulässig, aber un­be­gründet. Für die dem Kläger zu­ste­hen­de be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung gilt nicht mehr das bis­he­ri­ge Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem, son­dern statt des­sen das durch den ATV ein­geführ­te neue Punk­te­mo­dell. Dar­an ändert es nichts, wenn ein­zel­ne Be­stim­mun­gen des neu­en Re­ge­lungs­werks un­wirk­sam sind.

I. Wie die Vor­in­stan­zen rich­tig er­kannt ha­ben, genügt der Haupt­an­trag den an Fest­stel­lungs­anträge zu stel­len­den pro­zes­sua­len An­for­de­run­gen.

1. Der Haupt­an­trag be­zieht sich auf ein ge­genwärti­ges Rechts­verhält­nis iSd. § 256 Abs. 1 ZPO. Es wird nicht erst mit Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les be­gründet, son­dern be­reits mit dem Ent­ste­hen ei­ner Ver­sor­gungs­an­wart­schaft (vgl. ua. BAG 7. März 1995 - 3 AZR 282/94 - zu A III 1 der Gründe, BA­GE 79, 236). Auch die Fra­ge, nach wel­chem Re­ge­lungs­werk sich die ge­schul­de­te

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Ver­sor­gung rich­tet, ist ei­nem Fest­stel­lungs­an­trag zugäng­lich (vgl. ua. BAG 19. No­vem­ber 2002 - 3 AZR 167/02 - zu A I der Gründe, BA­GE 104, 1). Er muss sich nicht auf das Rechts­verhält­nis im Gan­zen be­zie­hen, son­dern kann sich auf ein­zel­ne dar­aus er­ge­ben­de Rech­te, Pflich­ten oder Fol­gen be­schränken (vgl. ua. BAG 9. No­vem­ber 1999 - 3 AZR 361/98 - zu A 3 der Gründe, AP Be­trAVG § 7 Nr. 96 = EzA Be­trAVG § 7 Nr. 62).

2. Da der Be­klag­te die gel­tend ge­mach­ten Ver­sor­gungs­rech­te be­strei­tet, ist das be­triebs­ren­ten­recht­li­che Rechts­verhält­nis durch ei­ne tatsächli­che Un­si­cher­heit gefähr­det. Der Kläger kann nicht dar­auf ver­wie­sen wer­den, erst nach Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les ei­nen zeit­rau­ben­den Pro­zess ge­gen sei­nen Ar­beit­ge­ber über In­halt und Um­fang sei­ner Ver­sor­gungs­rech­te zu führen. Für den Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten ist es wich­tig, dass Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die Aus­ge­stal­tung der Ver­sor­gungs­rech­te möglichst vor Ein­tritt des Ver­sor­gungs­fal­les be­rei­nigt wer­den (vgl. ua. BAG 19. No­vem­ber 2002 - 3 AZR 167/02 - zu A II 1 der Gründe, BA­GE 104, 1).

II. Der Haupt­an­trag ist je­doch un­be­gründet. Die Um­ge­stal­tung des kirch­li­chen Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tems in ein Punk­te­mo­dell durch Ände­rung der KZV­KS und die Über­nah­me der Re­ge­lun­gen des ATV sind - dem Grun­de nach - wirk­sam. Die­se Ände­rung der KZV­KS gilt auch für das ar­beits­ver­trag­li­che Ver­sor­gungs­verhält­nis. Im vor­lie­gen­den Rechts­streit ist nicht zu prüfen, ob ein­zel­ne Be­rech­nungs­vor­schrif­ten zu be­an­stan­den sind.


1. Bei der dem Kläger zu­ste­hen­den Zu­satz­ver­sor­gung ist zwi­schen dem ar­beits­ver­trag­li­chen Grund­verhält­nis (Ver­sor­gungs­verhält­nis) und dem ver­si­che­rungs­recht­li­chen Durchführungs­verhält­nis zu un­ter­schei­den. Nach § 13 Abs. 1 Satz 1 KZV­KS be­steht zwi­schen der KZVK und dem Ar­beit­ge­ber ein pri­vat­recht­li­ches Ver­si­che­rungs­verhält­nis. Des­sen In­halt wird nach § 13 Abs. 1 Satz 2 KZV­KS durch die je­weils gel­ten­den Vor­schrif­ten der Sat­zung be­stimmt. Ver­si­che­rungs­neh­mer, al­so Ver­trags­part­ner des Ver­si­che­rungs­verhält­nis­ses, ist nach § 16 Abs. 2 Satz 1 KZV­KS der Ar­beit­ge­ber und da­mit der Be­klag­te. Be­zugs­be­rech­tig­ter ist nach § 16 Abs. 2 Satz 3 KZV­KS der ver­si­cher­te Ar­beit­neh­mer und da­mit der Kläger. Die KZVK hat nach § 2 Abs. 1 Satz 1 KZV­KS die
 


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Auf­ga­be, Beschäftig­ten des kirch­li­chen und kirch­lich-ca­ri­ta­ti­ven Diens­tes in den Diöze­sen der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land ei­ne zusätz­li­che Al­ters­ver­sor­gung nach Maßga­be ih­rer Sat­zung „si­cher­zu­stel­len und zu gewähr­leis­ten“.


Das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de ar­beits­recht­li­che Ver­sor­gungs­verhält­nis, zu des­sen Ab­wick­lung die KZVK ein­ge­schal­tet wird, ist in der An­la­ge 8 der AVR (Ver­sor­gungs­ord­nung A) ge­re­gelt.


2. Die Ver­sor­gungs­ord­nung A legt den In­halt des Ver­sor­gungs­an­spruchs nicht selbst fest. Nach § 1 Abs. 2 der Ver­sor­gungs­ord­nung A rich­tet sich die­ser An­spruch „aus­sch­ließlich nach der Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se“. Da­bei han­delt es sich um ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sung auf die Leis­tungs­vor­schrif­ten der KZV­KS. Wie die Vor­in­stan­zen rich­tig er­kannt ha­ben, um­fasst die­se Ver­wei­sung auch die Um­ge­stal­tung des Ver­sor­gungs­sys­tems durch Über­nah­me der Ta­rif­vor­schrif­ten, die im öffent­li­chen Dienst das Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem in ein Punk­te­mo­dell überführt ha­ben.

a) § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A trägt zwar die Über­schrift „Ge­samt­ver­sor­gung“. Dies führt aber ent­ge­gen der An­sicht des Klägers nicht da­zu, dass § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A das Ge­samt­ver­sor­gungs­sys­tem ze­men­tiert und in­so­weit die Ver­wei­sung auf die KZV­KS und die Ände­rungs­be­fug­nis­se der KZVK ein­schränkt. Der Wort­laut, der Ge­samt­zu­sam­men­hang und der sich dar­aus er­ge­ben­de Re­ge­lungs­zweck spre­chen so­wohl ge­gen ei­ne en­ge Aus­le­gung als auch ge­gen ei­ne te­leo­lo­gi­sche Re­duk­ti­on.


aa) Im Text des § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A wird oh­ne Ein­schränkung auf die KZV­KS ver­wie­sen, und zwar oh­ne Fi­xie­rung auf die bei Er­lass der AVR gel­ten­de Fas­sung. Dem Wort­laut nach han­delt es sich um ei­ne um­fas­sen­de dy­na­mi­sche Ver­wei­sung. In den Be­stim­mun­gen des § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A ist nicht von ei­ner Ge­samt­ver­sor­gung die Re­de. Es wird nur all­ge­mein von ei­ner „Ver­sor­gung“ und ei­nem „Ver­sor­gungs­an­spruch“ ge­spro­chen. Die Über­schrift gibt le­dig­lich den bei Er­lass der AVR be­ste­hen­den Ver­sor­gungs­in­halt schlag­wort­ar­tig wie­der. Ei­ne Fest­schrei­bung des da­ma­li­gen Ver-
 


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sor­gungs­sys­tems fin­det in den Re­ge­lun­gen des § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A kei­nen Nie­der­schlag.

bb) Die AVR ha­ben es der KZVK über­las­sen, die Zu­satz­ver­sor­gung in­halt­lich aus­zu­ge­stal­ten. Die KZVK hat dafür zu sor­gen, dass die kirch­li­che Zu­satz­ver­sor­gung mit der des öffent­li­chen Diens­tes übe­rein­stimmt und de­ment-spre­chend die für den öffent­li­chen Dienst gel­ten­den ver­sor­gungs­recht­li­chen Ta­rif­be­stim­mun­gen über­nom­men wer­den. In der Be­gründung des Ge­setz­ent­wurfs zur Er­rich­tung der KZVK heißt es:


„Das Sys­tem der kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gung soll so aus­ge­stal­tet wer­den, daß das Vergütungs­sys­tem im kirch­li­chen Dienst auch auf die­sem Ge­biet voll dem Vergütungs­sys­tem im öffent­li­chen Dienst ent­spricht. Es soll gewähr­leis­tet wer­den, daß ein Wech­sel aus dem kirch­li­chen Dienst in den öffent­li­chen Dienst bzw. um-ge­kehrt oh­ne Nach­tei­le möglich ist.“


Die­ses Ziel kann nur er­reicht wer­den, wenn die kirch­li­che Zu­satz­ver­sor­gung auch bei ei­nem durch die wei­te­re Ent­wick­lung be­ding­ten Sys­tem­wech­sel mit der Zu­satz­ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes übe­rein­stimmt.


cc) Die An­knüpfung der kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gung an die des öffent­li­chen Diens­tes hat auch Ein­gang in das Er­rich­tungs­ge­setz ge­fun­den. Sat­zungsände­run­gen, die le­dig­lich auf ei­ner Ände­rung der Ver­sor­gungs­ta­rif­verträge be­ru­hen, bedürfen nach § 3 Abs. 2 des Er­rich­tungs­ge­set­zes nicht der Ge­neh­mi­gung des Kul­tus­mi­nis­ters des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len.

Im Er­rich­tungs­be­schluss der KZVK wird es als de­ren Auf­ga­be be­zeich­net, „ei­ne zusätz­li­che Al­ters-, Be­rufs­unfähig­keits-, Er­werbs­unfähig­keits-und Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung nach den für An­ge­stell­te im öffent­li­chen Dienst gel­ten­den Grundsätzen durch Ver­si­che­rung zu gewähren“. Die Sat­zung der KZVK si­chert den Gleich­klang der kirch­li­chen Ver­sor­gung und der ta­rif­ver­trag­lich ge­re­gel­ten Ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes. Der Ar­beit­ge­ber kann nur dann als Be­tei­lig­ter (Ver­si­che­rungs­neh­mer) von der KZVK auf­ge­nom­men wer­den, wenn er „ein für die Mit­glie­der der in der Ver­ei­ni­gung der kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­verbände zu­sam­men­ge­schlos­se­nen Ar­beit­ge­ber­verbände gel­ten­des


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Ver­sor­gungs­ta­rif­recht oder in Be­zug auf die Leis­tun­gen ein Ta­rif­recht we­sent­lich glei­chen In­halts ta­rif­ver­trag­lich oder all­ge­mein ein­zel­ver­trag­lich an­wen­det“ (§ 11 Abs. 2 Satz 1 KZV­KS). Da­durch wird gewähr­leis­tet, dass nicht nur die Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen der Kir­che und die des öffent­li­chen Diens­tes übe­rein­stim­men, son­dern auch die ar­beits­ver­trag­li­che Ver­sor­gungs­zu­sa­ge und das bei der KZVK be­ste­hen­de Ver­si­che­rungs­verhält­nis.

dd) Wenn die ta­rif­ver­trag­li­che Sys­temände­rung der Zu­satz­ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes zwar in das vor­lie­gen­de Ver­si­che­rungs­verhält­nis durch Ände­rung der KZV­KS über­nom­men wer­den könn­te, aber die­se Ände­rung im ar­beits­recht­li­chen Ver­sor­gungs­verhält­nis be­deu­tungs­los wäre, käme es zu dem Kon­flikt, den § 1 Abs. 2 der Ver­sor­gungs­ord­nung A aus­drück­lich ver­hin­dern woll­te. Nach die­ser Re­ge­lung soll sich der Ver­sor­gungs­an­spruch des Mit­ar­bei­ters aus­sch­ließlich nach der Sat­zung der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se und ih­ren Ausführungs­be­stim­mun­gen rich­ten. Ein Aus­ein­an­der­klaf­fen von Ver­si­che­rungs- und Ver­sor­gungs­verhält­nis soll­te ge­ra­de ver­mie­den wer­den. Ei­ne sich aus der Über­schrift des § 1 der Ver­sor­gungs­ord­nung A er­ge­ben­de Ein­schränkung der dy­na­mi­schen Ver­wei­sung würde nur die Ver­sor­gungs­pflich­ten des Ar­beit­ge­bers fest­schrei­ben, beträfe aber nicht das durch die KZV­KS ge­re­gel­te Ver­sor­gungs­verhält­nis.


b) Ei­ne um­fas­sen­de Ver­wei­sung auf die Leis­tungs­vor­schrif­ten der KZV­KS ist zweck­ge­recht und ver­nachlässigt nicht die In­ter­es­sen der Ver­sor­gungs-be­rech­tig­ten.

aa) Die mit der Ver­ein­heit­li­chung der Zu­satz­ver­sor­gung an­ge­streb­te Förde­rung der Fle­xi­bi­lität hat nicht an Be­deu­tung ver­lo­ren, wie die be­triebs-ren­ten­recht­li­che Ent­wick­lung ins­be­son­de­re des § 4 Be­trAVG (Ver­bes­se­rung der Por­ta­bi­lität) zeigt. Die dy­na­mi­sche Ver­wei­sung führt da­zu, dass sich die kirch­li­che Ver­sor­gung an das Ta­rif­recht des öffent­li­chen Diens­tes an­lehnt. Bei den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en kann grundsätz­lich da­von aus­ge­gan­gen wer­den, dass sie die In­ter­es­sen der Ar­beit­neh­mer an­ge­mes­sen berück­sich­ti­gen.
 


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bb) Außer­dem sor­gen die Or­ga­ni­sa­ti­ons­vor­schrif­ten der KZV­KS dafür, dass die Ar­beit­neh­mer­inter­es­sen aus­rei­chend wahr­ge­nom­men wer­den können. Die Ver­si­che­rungs­leis­tun­gen sind in der KZV­KS und den Durchführungs­vor­schrif­ten ge­re­gelt. So­wohl die Ände­rung der Sat­zung als auch der Durchführungs­vor­schrif­ten be­darf nach § 6 Abs. 2 Buchst. g KZV­KS ei­nes Be­schlus­ses des Ver­wal­tungs­ra­tes. Er be­steht aus ei­nem neu­tra­len Vor­sit­zen­den und vier­zehn wei­te­ren Mit­glie­dern. Von den wei­te­ren Mit­glie­dern las­sen sich sie­ben der Ar­beit­ge­ber­sei­te und sie­ben der Ar­beit­neh­mer­sei­te zu­ord­nen. Nach § 5 Abs. 1 Buchst. d KZV­KS müssen die der Ar­beit­neh­mer­sei­te zu­zu­ord­nen­den sie­ben wei­te­ren Mit­glie­der bei der Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­se ver­si­chert sein. Sie wer­den von der Voll­ver­samm­lung des Ver­ban­des der Diöze­sen Deutsch­lands auf Vor­schlag der Mit­ar­bei­ter­sei­te der Zen­tral-KO­DA be­ru­fen.

c) Die um­fas­sen­de dy­na­mi­sche Ver­wei­sung des § 1 Abs. 2 der Ver­sor­gungs­ord­nung A auf die Vor­schrif­ten der KZV­KS verstößt we­der ge­gen § 307 Abs. 2 BGB noch ge­gen § 308 Nr. 4 BGB.

aa) Die dy­na­mi­sche Ver­wei­sung auf ein an­de­res Re­ge­lungs­werk ist kein Ände­rungs­vor­be­halt. Da sich der Ar­beit­ge­ber als Ver­wen­der der Klau­sel nicht das Recht vor­behält, die ver­spro­che­ne Leis­tung zu ändern oder von ihr ab­zu­wei­chen, ist der Tat­be­stand des § 308 Nr. 4 BGB nicht erfüllt. Ab­ge­se­hen da­von ist die wei­te­re An­pas­sung der Zu­satz­ver­sor­gung an die Ent­wick­lung der ta­rif­li­chen Zu­satz­ver­sor­gung des öffent­li­chen Diens­tes den Ver­sor­gungs-be­rech­tig­ten zu­mut­bar, so dass auch aus die­sem Grun­de die Ver­wei­sungs­klau­sel nicht an § 308 Nr. 4 BGB schei­tern würde.

bb) Eben­so we­nig wer­den die Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten durch die um­fas­sen­de Ver­wei­sung auf die KZV­KS un­an­ge­mes­sen iSd. § 307 Abs. 2 BGB be­nach­tei­ligt. Die vor­lie­gen­de dy­na­mi­sche Ver­wei­sung ist in­ter­es­sen- und sach­ge­recht. Die Be­lan­ge der Ar­beit­neh­mer sind aus­rei­chend ge­wahrt.

3. Die den Sys­tem­wech­sel re­geln­den Be­stim­mun­gen der KZV­KS gel­ten für das Ver­sor­gungs­verhält­nis auf­grund der in § 1 Abs. 2 der Ver­sor­gungs­ord­nung A ent­hal­te­nen um­fas­sen­den dy­na­mi­schen Ver­wei­sung. Ei­ner


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Ände­rung oder Ergänzung der AVR be­durf­te es nicht. Ei­ne Be­tei­li­gung der Ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on war nicht er­for­der­lich.

Art. 7 Abs. 1 Satz 2 der Grund­ord­nung des kirch­li­chen Diens­tes im Rah­men kirch­li­cher Ar­beits­verhält­nis­se (Grund­ord­nung) be­stimmt:

„Rechts­nor­men für den In­halt der Ar­beits­verhält­nis­se kom­men zu­stan­de durch Be­schlüsse von Kom­mis­sio­nen, die mit Ver­tre­tern der Dienst­ge­ber und Ver­tre­tern der Mit­ar­bei­ter pa­ritätisch be­setzt sind.“

§ 1 Abs. 3 der Ord­nung der Ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on des Deut­schen Ca­ri­tas­ver­ban­des e. V. (AKO) nennt als Auf­ga­be der Ar­beits­recht­li­chen Kom­mis­si­on „die Be­schluss­fas­sung von Rechts­nor­men über In­halt, Ab­schluss und Be­en­di­gung von Dienst­verhält­nis­sen mit kirch­lich-ca­ri­ta­ti­ven Recht­strägern ...“. Je­den­falls re­geln die Leis­tungs­vor­schrif­ten der KZV­KS nicht den In­halt des Ar­beits­verhält­nis­ses, son­dern das Ver­si­che­rungs­verhält­nis. Für das ar­beits­recht­li­che Ver­sor­gungs­verhält­nis gel­ten sie nur auf­grund des § 1 Abs. 2 der Ver­sor­gungs­ord­nung A (An­la­ge 8 der AVR). Nur die­se Be­stim­mung der AVR lässt sich als „Rechts­norm“ iSd. Art. 7 Abs. 1 Satz 2 Grund­ord­nung und § 1 Abs. 3 AKO an­se­hen, nicht aber die ver­si­che­rungs­recht­li­che KZV­KS.

4. Der Sys­tem­wech­sel hält bei der kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gung eben­so wie im öffent­li­chen Dienst ei­ner In­halts­kon­trol­le stand.

a) Die in der KZV­KS ent­hal­te­nen Leis­tungs­vor­schrif­ten be­stim­men den In­halt der ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­sor­gungs­pflich­ten. Die KZVK ist - im Ge­gen­satz zum Bo­chu­mer Ver­band und Es­se­ner Ver­band - nicht als ei­ne von den Ar­beit­ge­bern be­herrsch­te Ein­rich­tung an­zu­se­hen. Sie ist ei­ne recht­lich selbstständi­ge öffent­lich-recht­li­che Körper­schaft. Im maßgeb­li­chen Ent­schei­dungs­or­gan - dem Ver­wal­tungs­rat - stellt die Ar­beit­neh­mer­sei­te eben­so vie­le wei­te­re Mit­glie­der wie die Ar­beit­ge­ber­sei­te und verfügt da­mit über ei­nen aus­rei­chen­den Ein­fluss. Die KZVK ist dem­ent­spre­chend als Drit­ter iSd. §§ 317, 319 BGB an­zu­se­hen.
 


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b) Nach § 319 Abs. 1 Satz 1 BGB wäre der Sys­tem­wech­sel nur dann un­ver­bind­lich, wenn er of­fen­bar nicht der Bil­lig­keit ent­spro­chen hätte. Of­fen­bar un­bil­lig iSd. Vor­schrift ist die Leis­tungs­be­stim­mung ei­nes Drit­ten, wenn sie in gro­ber Wei­se ge­gen Treu und Glau­ben verstößt und sich dies bei un­be­fan­ge­ner sach­kun­di­ger Prüfung so­fort auf­drängt (vgl. ua. BAG 19. Fe­bru­ar 2003 - 4 AZR 157/02 - zu I 2 c bb (1) der Gründe, ZTR 2003, 510; BGH 26. April 1991 - V ZR 61/90 - zu I 1 der Gründe, NJW 1991, 2761). Da­von kann nicht die Re­de sein, wenn ein wirk­sa­mes ta­rif­ver­trag­li­ches Re­ge­lungs­werk über­nom­men wird und auch die Über­nah­me selbst sach- und in­ter­es­sen­ge­recht ist.


Die­se Vor­aus­set­zun­gen tref­fen bei § 1 Abs. 2 der Ver­sor­gungs­ord­nung A (An­la­ge 8 der AVR) iVm. der geänder­ten KZV­KS zu. Der Ge­setz­ge­ber geht eben­falls da­von aus, dass zwi­schen öffent­li­chem Dienst und kirch­li­chem Dienst Ge­mein­sam­kei­ten be­ste­hen, die ei­ne Gleich­stel­lung recht­fer­ti­gen. Die be­triebs-ren­ten­recht­li­chen Son­der­re­ge­lun­gen für den öffent­li­chen Dienst gel­ten nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Be­trAVG nicht nur für Per­so­nen, „die bei der ... (VBL) oder ei­ner kom­mu­na­len ... Zu­satz­ver­sor­gungs­ein­rich­tung pflicht­ver­si­chert sind“, son­dern auch für Per­so­nen, die „bei ... ei­ner ... kirch­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­ein­rich­tung pflicht­ver­si­chert sind“. § 1 Abs. 2 der Ver­sor­gungs­ord­nung A (An­la­ge 8 der AVR) iVm. der KZV­KS trägt dem ge­setz­li­chen Leit­bild Rech­nung. Bei der KZVK ist ins­be­son­de­re durch ih­re Sat­zung, das Er­rich­tungs­ge­setz und den Er­rich­tungs­be­schluss si­cher­ge­stellt, dass die ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen vollständig und nicht ein­sei­tig zu Las­ten der Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten, son­dern an­ge­mes­sen um­ge­setzt wer­den. Dies führt da­zu, dass hier das drei­stu­fi­ge Prüfungs­sche­ma eben­so we­nig an­zu­wen­den ist wie bei Ta­rif­verträgen in de­rem un­mit­tel­ba­ren Gel­tungs­be­reich (zur Über­prüfung ta­rif­ver­trag­li­cher Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen vgl. ua. BAG 27. Fe­bru­ar 2007 - 3 AZR 734/05 - Rn. 39, BA­GE 121, 321).

c) We­der die Um­stel­lung der Ge­samt­ver­sor­gung auf das neue Punk­te­mo­dell durch den ATV noch die Um­set­zung des ta­rif­ver­trag­lich vor­ge­se­he­nen Sys­tem­wech­sels durch die Sat­zung der VBL und die Sat­zung der KZVK sind recht­lich zu be­an­stan­den. Die Wirk­sam­keit des Sys­tem­wech­sels als sol­chen

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ha­ben so­wohl das Bun­des­ar­beits­ge­richt im Ur­teil vom 27. März 2007 (- 3 AZR 299/06 - AP Be­trAVG § 1 Zu­satz­ver­sor­gungs­kas­sen Nr. 68) als auch der Bun­des­ge­richts­hof im Ur­teil vom 14. No­vem­ber 2007 (- IV ZR 74/06 - BGHZ 174, 127) be­jaht. An die­ser Recht­spre­chung hält der Se­nat fest.

C. Der Hilfs­an­trag ist eben­falls zulässig und un­be­gründet.

I. Während sich der Haupt­an­trag auf den Erfüllungs­an­spruch aus dem ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­sor­gungs­verhält­nis be­zieht, macht der Kläger mit dem Hilfs­an­trag Scha­dens­er­satz­ansprüche gel­tend. Erfüllungs­an­spruch und Scha­dens­er­satz­an­spruch stel­len un­ter­schied­li­che Streit­ge­genstände dar. Der Hilfs­an­trag ist nur für den Fall ge­stellt, dass der Haupt­an­trag ab­ge­wie­sen wird. Die­se in­ner­pro­zes­sua­le Be­din­gung ist zulässig (vgl. ua. BAG 12. Ju­ni 2007 - 3 AZR 14/06 - zu I der Gründe, AP Be­trAVG § 1a Nr. 1 = EzA Be­trAVG § 1a Nr. 2).

II. Dem Kläger steht der gel­tend ge­mach­te Scha­dens­er­satz­an­spruch nicht zu. Da der Sys­tem­wech­sel als sol­cher recht­lich nicht zu be­an­stan­den ist, sind in­so­weit kei­ne ar­beits­ver­trag­li­chen Pflich­ten ver­letzt.

Rei­ne­cke 

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Schlewing

Kai­ser 

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