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ARBEITSRECHT AKTUELL // 18/069

LAG Frank­furt ent­schei­det zum Ar­beit­neh­mer­be­griff

Fuß­ball­schieds­rich­ter, die für den DFB pfei­fen, sind kei­ne Ar­beit­neh­mer: Hes­si­sches Lan­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 15.03.2018, 9 Sa 1399/16
Fußball Schiedsrichter DFB, keine Arbeitehmer

16.03..2018. Wer als Schieds­rich­ter des Deut­schen Fuß­ball­bun­des (DFB) Spie­le der ers­ten oder zwei­ten Bun­des­li­ga pfeift, ge­hört zur Fuß­ball­pro­mi­nenz und be­kommt für sei­ne Tä­tig­keit nicht we­nig Geld.

Al­ler­dings stellt der DFB sei­ne Schieds­rich­ter nicht im Rah­men fes­ter Ar­beits­ver­trä­ge an, son­dern setzt sie als Selbst­stän­di­ge ein, und zwar im­mer nur be­fris­tet für ein Jahr.

Wie das Frank­fur­ter Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) vor ei­ni­gen Ta­gen ent­schie­den hat, ist die­se Ver­trags­pra­xis recht­lich in Ord­nung: Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 15.03.2018, 9 Sa 1399/16 (Pres­se­mel­dung des Ge­richts).

Sind Fußball­schieds­rich­ter des DFB Ar­beit­neh­mer oder Selbstständi­ge?

Ar­beits­verträge sind ei­ne spe­zi­el­le Sor­te von Dienst­verträgen, die sich durch die so­zia­le bzw. persönli­che Abhängig­keit des Dienst­ver­pflich­te­ten von an­de­ren, frei­en Dienst­verträgen un­ter­schei­den.

Während ein Arzt oder An­walt z.B. auf der Grund­la­ge ei­nes frei­en Dienst­ver­tra­ges für sei­ne Pa­ti­en­ten bzw. Man­dan­ten tätig ist und da­bei selbst ent­schei­det, wann er wel­che Ar­bei­ten ver­rich­tet und wie er das macht, sind Ar­beit­neh­mer bei der Leis­tung ih­rer Diens­te von den Wei­sun­gen ih­res Ar­beit­ge­bers abhängig und in sei­nen Be­trieb ein­ge­glie­dert. Die Wei­sun­gen können sich auf den In­halt der Tätig­keit be­zie­hen und/oder auf die La­ge der Ar­beits­zeit.

DFB-Schieds­rich­ter, die im Pro­fi­fußball der ers­ten und zwei­ten Bun­des­li­ga ein­ge­setzt wer­den, er­hal­ten für ih­re Tätig­keit ein beträcht­li­ches Ho­no­rar, so dass hier je­den­falls ein ent­gelt­li­cher Dienst­ver­trag vor­liegt bzw. von ei­nem Eh­ren­amt nicht die Re­de sein kann: Die FI­FA-Schieds­rich­ter und die Schieds­rich­ter, die länger als fünf Jah­re Bun­des­li­ga­spie­le ge­lei­tet ha­ben, er­hal­ten ab der Sai­son 2017/18 ein Grund­ho­no­rar von 69.000 EUR pro Jahr, die fünf FI­FA-Schieds­rich­ter der sog. „First-Class“ so­gar 79.000 EUR jähr­lich. Hin­zu kom­men Ein­satz­ho­no­ra­re für je­des ge­pfif­fe­ne Bun­des­li­ga­spiel von 5.000 EUR; für die Schieds­rich­te­ras­sis­ten­ten gibt es 2.500 EUR pro Spiel. Die Be­zah­lung der DFB-Schieds­rich­ter, die in der Bun­des­li­ga gut im Geschäft sind, beläuft sich dem­zu­fol­ge auf deut­lich mehr als 100.000 EUR im Jahr.

An­ge­sichts der wirt­schaft­li­chen Be­deu­tung die­ser Ho­no­rar­verträge stellt sich die Fra­ge, ob hier mögli­cher­wei­se auch Ar­beits­verträge vor­lie­gen, d.h. ob die DFB-Schieds­rich­ter mögli­cher­wei­se An­ge­stell­te des DFB sind. Im­mer­hin müssen sie nach den vom DFB vor­ge­ge­be­nen Rah­men­verträgen je­der­zeit er­reich­bar sein und vier Wo­chen im Vor­aus mit­tei­len, an wel­chen Ta­gen sie für ei­nen Ein­satz nicht zur Verfügung ste­hen. Die­ser straf­fen Ter­min­pla­nung durch den DFB könn­te ein Wei­sungs­recht zu­grun­de lie­gen, was wie­der­um für ein Ar­beits­verhält­nis spre­chen könn­te.

Der Streit­fall Dr. Mal­te Dittrich: DFB-Schieds­rich­ter erhält nach achtjähri­ger Tätig­keit kei­ne wei­te­re Ver­trags­verlänge­rung

Im Streit­fall ging es um den DFB-Schieds­rich­ter Dr. Mal­te Dittrich, der von 2006 bis 2015 auf der Grund­la­ge von neun Rah­men­verträgen, die je­weils auf ei­ne Spiel­sai­son (= ein Jahr) be­fris­tet wa­ren, in der ers­ten und zwei­ten Bun­des­li­ga tätig war. Gemäß dem Rah­men­ver­trag war er we­der da­zu ver­pflich­tet, Spie­le zu pfei­fen, noch hat er ei­nen An­spruch dar­auf, als Schieds­rich­ter her­an­ge­zo­gen zu wer­den.

Nach der Sai­son 2014/2015 er­hielt er kei­nen neu­en Rah­men­ver­trag. Sein letz­tes Spiel lei­te­te er En­de Mai 2015. Dar­auf­hin er­hob er vor dem Ar­beits­ge­richt Frank­furt am Main Ent­fris­tungs­kla­ge.

Sein Ar­gu­ment: Auf­grund der lan­gen Ver­trags­lauf­zeit von mitt­ler­wei­le neun Jah­ren konn­te der DFB den Rah­men­ver­trag nicht mehr oh­ne Vor­lie­gen ei­nes Sach­grun­des, d.h. al­lein auf der Grund­la­ge von § 14 Abs.2 Teil­zeit und Be­fris­tungs­ge­setz (Tz­B­fG) be­fris­ten, so dass es ei­nen Sach­grund im Sin­ne von § 14 Abs.1 Tz­B­fG für die zu­letzt ver­ein­bar­te Be­fris­tung (Sai­son 2014/15) ge­ben müss­te. Ein sol­cher Sach­grund lag hier aber nicht vor, so je­den­falls der Kläger.

Das Ar­beits­ge­richt Frank­furt wies die Kla­ge ab (Ur­teil vom 14.09.2016, 6 Ca 1686/16), da aus sei­ner Sicht kein Ar­beits­verhält­nis be­stand. Da­bei ver­wie­sen die Frank­fur­ter Rich­ter auf die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (BAG) zum recht­li­chen Sta­tus pro­gramm­ge­stal­ten­der Fern­seh­re­dak­teu­re.

Auch sie sind in die Ter­min­pla­nun­gen der Fern­seh­an­stal­ten ein­ge­bun­den, d.h. auch sie können zu­ge­sag­te Sen­dun­gen nicht ein­fach kurz­fris­tig ab­sa­gen. Da sie aber selbst ent­schei­den, an wel­chen Ta­gen sie Sen­dun­gen ge­stal­ten bzw. mo­de­rie­ren wol­len, liegt hier ein ter­min­li­ches Wei­sungs­recht der Fern­seh­an­stal­ten nicht vor. Und so lag es auch hier im Streit­fall bei der Ter­min­pla­nung des DFB, so das Ar­beits­ge­richt.

Die Vor­schrift des § 611a Abs.1 Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) spiel­te im Streit­fall kei­ne Rol­le, da sie erst ab dem 01.04.2017 gilt.

LAG Frank­furt: DFB-Schieds­rich­ter sind kei­ne Ar­beit­neh­mer

Das hes­si­sche LAG wies die Be­ru­fung des Schieds­rich­ters zurück. Zur Be­gründung heißt es in der der­zeit al­lein vor­lie­gen­den Pres­se­mel­dung des Ge­richts:

Die um­strit­te­ne Rah­men­ver­ein­ba­rung re­gelt nur, so das Frank­fur­ter LAG, die Be­din­gun­gen der Ein­zel­verträge, die im Lau­fe der Sai­son über die Lei­tung der ein­zel­nen Spie­le ab­ge­schlos­sen wer­den. Die Rah­men­ver­ein­ba­rung selbst sieht aber laut LAG kei­ne Ver­pflich­tung des Schieds­rich­ters vor, be­stimm­te Spie­le zu über­neh­men, und um­ge­kehrt auch kei­nen An­spruch des Schieds­rich­ters auf Zu­wei­sung be­stimm­ter Spie­le.

Vor die­sem Hin­ter­grund be­wer­tet das LAG den Schieds­rich­ter­ver­trag (Rah­men­ver­trag) nicht als Ar­beits­ver­trag. In­fol­ge­des­sen konn­te der kla­gen­de Schieds­rich­ter sich nicht auf die Be­fris­tungs­re­ge­lun­gen des § 14 Tz­B­fG be­ru­fen.

Fa­zit: Be­fris­te­te Ar­beits­verträge mit Pro­fi-Fußball­spie­lern sind rech­tens, da die Ver­ei­ne ei­nen sach­li­chen Grund für den Ab­schluss be­fris­te­ter Verträge ha­ben, so die ak­tu­el­le Recht­spre­chung des BAG (wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 18/016 BAG seg­net Be­fris­tung von Pro­fi­fußbal­ler-Verträgen ab).

Dem­ge­genüber sind die auf je­weils ei­ne Sai­son be­fris­te­ten Schieds­rich­ter­verträge aus ei­nem an­de­ren Grun­de zulässig. Nämlich des­halb, weil die DFB-Schieds­rich­ter (im Un­ter­schied zu den an­ge­stell­ten Pro­fi­ki­ckern) kei­ne Ar­beit­neh­mer des DFB sind.


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Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2020

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