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ArbG Ber­lin, Be­schluss vom 03.03.2011, 24 BV 15046/10

   
Schlagworte: Betriebsratsschulung, Betriebsratsmitglied
   
Gericht: Arbeitsgericht Berlin
Aktenzeichen: 24 BV 15046/10
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 03.03.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen:
   

Ar­beits­ge­richt Ber­lin
Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)
24 BV 15046/10

Verkündet

am 03.03.2011
als Ur­kunds­be­am­ter/in
der Geschäfts­stel­le

Be­schluss

 

In Sa­chen

- An­trag­stel­ler/in und

Be­tei­lig­te/r zu 1) -

 

- Be­tei­lig­te zu 2) -

hat das Ar­beits­ge­richt Ber­lin, 24. Kam­mer, auf die Anhörung vom 03.03.2011 durch die Rich­te­rin am Ar­beits­ge­richt RUM, als Vor­sit­zen­de
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Frau Bi. und Herr
be­schlos­sen:

Es wird fest­ge­stellt, dass die Schu­lungs­teil­nah­me der Be­tries­rats­mit­glie­der Klee und TIMM an den Se­mi­na­ren La­bour Law — Com­pact Cour­se Part 1 und Part 2, Schu­lungs­an­bie­ter: IFB, so­wie Works Con­sti­tu­ti­on Act — Com­pact Cour­se Part 1 und Part 2, Schu­lungs­an­bie­ter: IFB, ab­ge­hal­ten in eng­li­scher Spra­che, er­for­der­lich ist.

 

Gründe

I.

Die Be­tei­lig­ten strei­ten über die Er­for­der­lich­keit ei­ner Teil­nah­me zwei­er Be­triebs­rats­mit­glie­der an Grund­la­gen­schu­lun­gen in eng­li­scher Spra­che.

Die Be­tei­lig­te zu 2) (im Fol­gen­den: Ar­beit­ge­be­rin) un­terhält un­ter an­de­rem ei­nen Be­trieb, der aus­sch­ließlich mit der Be­wa­chung U.S. ame­ri­ka­ni­scher Lie­gen­schaf­ten be­fasst ist. Der dort ge­bil­de­te Be­triebs­rat ist der Be­tei­lig­te zu 1) (im Fol­gen­den: Be­triebs­rat).

Der Be­triebs­rat be­steht aus fünf Mit­glie­dern. Im Wahl­jahr 2010 wur­den die Her­ren K und T bei­de U.S. ame­ri­ka­ni­sche Staatsbürger, neu in den Be­triebs­rat gewählt.

Herr K wur­de am 1982 ge­bo­ren. Er ist mit ei­ner deut­schen Frau ver­hei­ra­tet und hat drei Kin­der. In der Fa­mi­lie wird auch eng­lisch kom­mu­ni­ziert.

Herr K verfügt über ei­nen High School Ab­schluss. Deutsch­kennt­nis­se hat­te er während der Schul­zeit nicht er­wor­ben. Bis Mit­te des Jah­res 2005 war er bei dem United Sta­tes Ma­ri­ne Corps beschäftigt ge­we­sen. An­fang des Jah­res 2007 hat­te er ein Ar­beits­verhält­nis mit der F S S GmbH be­gründet, die zum da­ma­li­gen Zeit­punkt Auf­trag­neh­me­rin im Hin­blick auf die Be­wa­chung U.S. ame­ri­ka­ni­scher Lie­gen­schaf­ten war. Die Ar­beit­ge­be­rin hat­te die­sen Auf­trag nebst Per­so­nal über­nom­men.

Im ers­ten Halb­jahr 2006 hat­te Herr K Sprach- und In­te­gra­ti­ons­schu­le bei der Aus­sied­ler-In­te­gra­ti­ons­hil­fe e.V. be­sucht.

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Auf die in Ab­lich­tung zu den Ak­ten ge­reich­te Be­schei­ni­gung über den er­folg­rei­chen Ab­schluss des In­te­gra­ti­ons­kur­ses (BI. 48 d. A.) so­wie auf den Le­bens­lauf des Herrn K (Bl. 49 d. A.) wird Be­zug ge­nom­men.

Herr T wur­de am 1958 ge­bo­ren.

In der Zeit von 1979 bis 1983 hat­te er für das in Ber­lin sta­tio­nier­te U.S. ame­ri­ka­ni­sche Mi­litär ge­ar­bei­tet. In der Fol­ge­zeit war er so­wohl in Deutsch­land als auch in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten beschäftigt ge­we­sen. Zu un­ter­schied­li­chen Zei­ten war er so­wohl in Ber­lin als auch in den Ver­ei­nig­ten Staa­ten ar­beits­su­chend ge­we­sen. Ab 2004 war er für die P S S GmbH tätig ge­we­sen, später für die Be­klag­te.

We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf den in Ab­lich­tung zu den Ak­ten ge­reich­ten Le­bens­lauf des Herrn T (BI 35 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Ein Sprach­kurs wur­de von Herrn T zu kei­nem Zeit­punkt be­sucht.

Im Rah­men ih­rer be­ruf­li­chen Tätig­keit spre­chen Herr K und Herr T eng­lisch. Der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de trägt ih­nen ju­ris­ti­sche Sach­ver­hal­te mit ar­beits­recht­li­chen Bezügen in eng­li­scher Spra­che vor.

Herr K und Herr T hat­ten die für die Ausübung ih­rer Tätig­keit er­for­der­li­chen Sach­kun­de­prüfun­gen be­stan­den. Dort wur­den auch Rechts­kennt­nis­se ab­ge­fragt. Auf den In­halt der in Ab­lich­tung zu den Ak­ten ge­reich­ten Be­schei­ni­gun­gen der Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T. über das Ab­le­gen von Sach­kun­de­prüfun­gen (BI. 51 ff. d. A.) wird Be­zug ge­nom­men.

Der Do­zent des der Prüfung vom 4. und 5.9.2004 vor­an­ge­gan­ge­nen Lehr­gangs hat­te den Un­ter­richt bi­lin­gu­al in deut­scher und eng­li­scher Spra­che ab­ge­hal­ten.

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Im jähr­li­chen Wie­der­ho­lungs­trai­ning wird der Be­reich der Rechts­kun­de zum Teil in eng­li­scher Spra­che un­ter­rich­tet. Vie­le der Schu­lungs­vi­de­os wer­den in eng­li­scher Spra­che ge­zeigt. Beim Quar­tals­schießen wer­den die Kom­man­dos und Si­cher­heits­be­leh­run­gen in Deutsch und Eng­lisch ge­ge­ben.

Der Be­triebs­rat hol­te für die Her­ren K und T ein An­ge­bot des Se­mi­nar­ver­an­stal­ters ifb über die Durchführung von ins­ge­samt vier Grund­la­g­en­se­mi­na­ren im Ar­beits­recht so­wie im Be­triebs­ver­fas­sungs­recht in eng­li­scher Spra­che ein. Das An­ge­bot be­inhal­tet die Durchführung der Schu­lun­gen als In­hou­se-Se­mi­na­re über je drei Ta­ge. Die Se­mi­nar­kos­ten für zwei Per­so­nen be­tra­gen 1.600,00 € pro Tag. We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten wird auf die zu den Ak­ten ge­reich­ten Se­mi­nar­un­ter­la­gen (BI. 3 bis 8 d. A. und BI. 10 bis 15 d. A.) so­wie auf das Schrei­ben des ifb vom 2.6.2010 (BI. 9 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Der Be­triebs­rat fass­te ei­nen Be­schluss, wo­nach die Her­ren K und T an den an­ge­bo­te­nen Se­mi­na­ren des ifb teil­neh­men sol­len. Ei­ne kon­kre­te zeit­li­che La­ge der Se­mi­na­re wur­de in dem Be­schluss nicht fest­ge­setzt. Der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de wand­te sich un­ter Vor­la­ge der Se­mi­nar­un­ter­la­gen an den Pro­jekt­ma­na­ger des Be­triebs. Die Ar­beit­ge­be­rin lehn­te die er­be­te­ne Kos­tenüber­nah­me ab. Da­bei sprach sie sich nicht grundsätz­lich ge­gen die Teil­nah­me der Her­ren KI. und TIMM an Grund­la­g­en­se­mi­na­ren aus, son­dern le­dig­lich ge­gen die Über­nah­me der Kos­ten für eng­lisch­spra­chi­ge Se­mi­na­re.

Der Be­triebs­rat ist der An­sicht, es sei er­for­der­lich, dass die Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T Grund­la­g­en­se­mi­na­ren in ih­rer Mut­ter­spra­che teil­neh­men. Die bei­den verfügten nicht über Kennt­nis­se der deut­schen Spra­che in ei­nem Um­fang, der es ih­nen ermögli­che, ein aus­rei­chen­des Verständ­nis der Be­griff­lich­kei­ten des Ar­beits- und des Be­triebs­ver­fas­sungs­rechts in fach­li­cher Hin­sicht zu ent­wi­ckeln. Darüber hin­aus wer­de ih­nen bei ei­ner Wis­sens­ver­mitt­lung in Eng­lisch die Erläute­rung recht­li­cher As­pek­te ge­genüber Beschäftig­ten, von de­nen sie zu­dem in ih­rer Mut­ter­spra­che an­ge­spro­chen würden, eher möglich sein.

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Der Be­triebs­rat be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass die Schu­lungs­teil­nah­me der Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T an den Se­mi­na­ren La­bour Law-Com­pact Cour­se Part 1 und Part 2, Schu­lungs­an­bie­ter: ifb, so­wie Works Con­si­tu­ti­on Act —Com­pact Cour­se Part 1 und Part 2, Schu­lungs­an­bie­ter: ifb, ab­ge­hal­ten in eng­li­scher Spra­che, er­for­der­lich ist.

Die Ar­beit­ge­be­rin be­an­tragt,

den An­trag zurück­zu­wei­sen.

Sie meint, die Her­ren K und T verfügten über aus­rei­chen­de Deutsch­kennt­nis­se, um pro­blem­los ei­nem Be­triebs­rats­se­mi­nar in deut­scher Spra­che fol­gen zu können.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf die zwi­schen den Be­tei­lig­ten ge­wech­sel­ten Schriftsätze, die bei­gefügten Un­ter­la­gen so­wie das Vor­brin­gen der Be­tei­lig­ten im Anhörungs­ter­min am 3.3.2011 Be­zug ge­nom­men.

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II.

Die zulässi­gen Anträge sind be­gründet.

1.

Für den An­trag be­steht das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se.

a.

§ 256 Abs. 1 ZPO fin­det auch in Be­schluss­ver­fah­ren ent­spre­chen­de An­wen­dung (BAG, Be­schluss vom 03.05.2006 — 1 ABR 63/04 — NZA 2007, 285 m.w.N.). Da­nach kann die ge­richt­li­che Fest­stel­lung des Be­ste­hens oder Nicht­be­ste­hens ei­nes Rechts­verhält­nis­ses be­an­tragt wer­den, wenn der An­trag­stel­ler an der als­bal­di­gen Fest­stel­lung ein recht­li­ches In­ter­es­se hat. Ge­gen­stand ei­nes Fest­stel­lungs­an­trags können aber nur Rechts­verhält­nis­se sein. Ein Rechts­verhält­nis ist je­des durch die Herr­schaft ei­ner Rechts­norm über ei­nen kon­kre­ten Sach­ver­halt ent­stan­de­ne recht­li­che Verhält­nis ei­ner Per­son zu ei­ner an­de­ren Per­son oder zu ei­ner Sa­che (BAG, Ur­teil vom 10.05.1989 - 4 AZR 80/89 — BA­GE 62, 44). Ein Fest­stel­lungs­an­trag muss sich nicht not­wen­dig auf das Rechts­verhält­nis ins­ge­samt er­stre­cken. Er kann sich auf Teil­rechts­verhält­nis­se, ins­be­son­de­re auf ein­zel­ne Be­zie­hun­gen oder Fol­gen aus ei­nem Rechts­verhält­nis, auf be­stimm­te Ansprüche oder Ver­pflich­tun­gen oder auf den Um­fang ei­ner Leis­tungs­pflicht be­schränken. Bloße Ele­men­te oder Vor­fra­gen ei­nes Rechts­verhält­nis­ses können je­doch nicht zum Ge­gen­stand ei­nes Fest­stel­lungs­an­trags ge­macht wer­den (BAG, Ur­teil vom 25.10.2001 — 6 AZR 718/00 — BA­GE 99, 250). ins­be­son­de­re der auf die Klärung ei­ner bloßen Rechts­fra­ge oder den Be­stand­teil ei­ner sol­chen Rechts­fra­ge ge­rich­te­te Fest­stel­lungs­an­trag ist un­zulässig. Ei­ne Ent­schei­dung darüber läuft auf die Er­stel­lung ei­nes Rechts­gut­ach­tens hin­aus, zu der die Ge­rich­te nicht be­ru­fen sind (BAG, Be­schluss vom 03.05.2006 — 1 ABR 63/04 — NZA 2007, 285).

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b.

Zwar be­ste­hen Be­den­ken, ob sich der Fest­stel­lungs­an­trag auf ein (Teil-) Rechts­verhält­nis bzw. ein Rechts­verhält­nis im Sin­ne des § 256 Abs. 1 ZPO be­zieht. Die Fra­ge der "Er­for­der­lich­keit" der Teil­nah­me an den vom ifb an­ge­bo­te­nen Se­mi­na­ren be­trifft wohl nur ein Ele­ment ei­nes Rechts­verhält­nis­ses.

Den­noch kann der Be­triebs­rat nach Auf­fas­sung der Kam­mer im vor­lie­gen­den Fall nicht dar­auf ver­wie­sen wer­den, er könne (erst) dann, wenn er über die ganz kon­kre­te Schu­lungs­teil­nah­me ei­nen ord­nungs­gemäßen Be­schluss ge­fasst ha­be, ei­ne Leis­tungs­kla­ge mit dem Ziel er­he­ben, den Ar­beit­ge­ber ge­richt­lich zur Frei­stel­lung von den Kos­ten zu ver­pflich­ten.

Vor­lie­gend geht es nämlich nicht le­dig­lich um ei­ne abs­trak­te Rechts­fra­ge, et­wa ob der Be­triebs­rat ge­ne­rell die Teil­nah­me an Schu­lun­gen in eng­li­scher Spra­che ver­lan­gen kann. Ge­genständ­lich ist viel­mehr die Teil­nah­me der Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T an in­halt­lich ganz be­stimm­ten Schu­lun­gen ei­nes be­stimm­ten Se­mi­nar­an­bie­ters. Hierüber hat der Be­triebs­rat ei­nen ent­spre­chen­den Be­schluss ge­fasst. Ort, In­halt und Kos­ten der Se­mi­na­re ste­hen weit­ge­hend fest. Es han­delt sich um In­hou­se-Se­mi­na­re, de­ren Preis 1.600,00 € für zwei Teil­neh­mer beträgt. Hin­zu­kom­men le­dig­lich noch be­son­de­re Aus­ga­ben und Auf­wen­dun­gen des Re­fe­ren­ten.

Al­lein die zeit­li­che La­ge der Schu­lun­gen ist noch of­fen. Hierüber fin­det je­doch not­falls ein be­son­de­res Ver­fah­ren statt (§ 37 Abs. 6 Satz 3 bis 6 Be­trVG); die Fra­ge der Er­for­der­lich­keit wird vom kon­kre­ten Zeit­punkt der Maßnah­me nicht berührt.

Hin­sicht­lich der im An­trag be­zeich­ne­ten Schu­lungs­ver­an­stal­tun­gen ver­tre­ten die Be­triebs­par­tei­en le­dig­lich darüber un­ter­schied­li­che Auf­fas­sun­gen, ob die Durchführung der Se­mi­na­re in eng­li­scher Spra­che er­for­der­lich ist. Eng­lisch­spra­chi­ge Grund­la­g­en­se­mi­na­re wer­den nur ver­ein­zelt an­ge­bo­ten; die

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Teil­nah­me hier­an ver­ur­sacht höhe­re Kos­ten als die Teil­nah­me an deutsch­spra­chi­gen Grund­la­g­en­se­mi­na­ren.

Die Klärung der hier strei­ti­gen Fra­ge im vor­lie­gen­den Be­schluss­ver­fah­ren dient der Be­frie­dung des Streits zwi­schen den Be­triebs­par­tei­en. Der Streit tritt bei je­dem der vier im An­trag ge­nann­ten Se­mi­na­re auf. Es er­scheint pro­zessöko­no­misch durch­aus sinn­voll, die Fra­ge der Er­for­der­lich­keit al­ler vier Se­mi­na­re vor­ab in ei­nem Be­schluss­ver­fah­ren zu klären und über die je­wei­li­ge zeit­li­che La­ge der Se­mi­na­re später zu ent­schei­den. Ei­ne er­neu­te An­ru­fung der Ar­beits­ge­rich­te im Hin­blick auf die Fra­ge der Kos­tenüber­nah­me durch die Ar­beit­ge­be­rin gemäß § 40 Be­trVG kann hier­durch ver­mie­den wer­den (vgl. auch BAG, Be­schluss vom 10.6.1974 — 1 ABR 136/73 - AP Nr. 15 zu § 37 Be­trVG 1972).

c.

Der An­trag ist da­hin zu ver­ste­hen, dass der Be­triebs­rat nicht nur die Fra­ge der Er­for­der­lich­keit im en­ge­ren Sin­ne des Wort­lauts des § 37 Abs. 6 5. 1 Be­trVG geklärt wis­sen will, ob al­so im Rah­men des Se­mi­nars in­halt­lich „er­for­der­li­che" Kennt­nis­se ver­mit­telt wer­den. Denn ge­nau dies ist zwi­schen den Be­tei­lig­ten un­strei­tig.

Viel­mehr geht es um die Klärung sämt­li­cher Vor­aus­set­zun­gen, die ei­nen An­spruch des Be­triebs­rats auf Kos­tenüber­nah­me (§ 40 Be­trVG) be­gründen. Hier­zu zählen et­wa auch Dau­er und Ort der Teil­nah­me so­wie die Aus­wahl der Teil­neh­mer und eben auch die Fra­ge der Durchführung des Se­mi­nars in eng­li­scher Spra­che. Ob es sich hier­bei um Fra­gen der „Er­for­der­lich­keit" gemäß § 37 Abs. 6 S. 1 Be­trVG han­delt, in die Prüfung der ,,Er­for­der­lich­keit" so­mit. be­son­de­re As­pek­te der Verhält­nismäßig­keit ein­zu­be­zie­hen sind (LAG Düssel­dorf, Be­schluss vom 22.3.1989 - 4 TaBV 196/88 - LA­GE § 37 Be­trVG 1972 Nr. 28) oder ob sol­che Fra­gen un­ter dem Ge­sichts­punkt der „Verhält­nismäßig­keit der Kos­tenüber­nah­me" zu be­ur­tei­len sind (vgl. BAG,

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Be­schluss vom 31.10.1972 — 1 ABR 7/72 - AP Nr 2 zu § 40 Be­trVG 1972), kann da­hin ste­hen.

2.

Die Teil­nah­me der Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T an den streit­ge­genständ­li­chen Schu­lun­gen ist er­for­der­lich im en­ge­ren Sin­ne von § 37 Abs. 6 S. 1 Be­trVG und verhält­nismäßig.

Bei der Fra­ge der Be­ur­tei­lung der Er­for­der­lich­keit und Verhält­nismäßig­keit ei­ner Schu­lungs­teil­nah­me steht dem Be­triebs­rat ein ge­wis­ser Be­ur­tei­lungs­spiel­raum zu (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 9.10.2009 — 22 TaBV 1795/09; BAG, Be­schluss vom 15.1.1997 — 7 ABR 14/96 — NZA 1997, 781). Hier­bei muss sich der Be­triebs­rat auf den Stand­punkt ei­nes vernünf­ti­gen Drit­ten stel­len, der die In­ter­es­sen des Be­triebs ei­ner­seits, des Be­triebs­rats und der Ar­beit­neh­mer­schaft an­de­rer­seits ge­gen­ein­an­der abwägt (vgl. BAG Be­schluss v. 15.2.1.995 — 7 AZR 670/94 - EzA § 37 Be­trVG 1972 Nr. 125). Vom Ar­beits­ge­richt ist nur zu über­prüfen, ob der Be­triebs­rat die Gren­zen sei­nes Be­ur­tei­lungs­spiel­raums über­schrit­ten hat, nicht aber, ob auch ei­ne an­de­re Ent­schei­dung möglich und für den Ar­beit­ge­ber ge­ge­be­nen­falls we­ni­ger be­las­tend wäre.

a.

Es ist zwi­schen den Be­tei­lig­ten un­strei­tig, dass in den im An­trag be­zeich­ne­ten Se­mi­na­ren Kennt­nis­se ver­mit­telt wer­den, die für die Ar­beit des Be­triebs­rats er­for­der­lich sind.

Die Dau­er der Schu­lungs­maßnah­men (je­weils drei Ta­ge) ist zur Ver­mitt­lung des Schu­lungs­in­halts an­ge­mes­sen. Da in größeren Grup­pen re­gelmäßig für die Ver­mitt­lung des hier in Re­de ste­hen­den Stof­fes zu­min­dest fünf Ta­ge

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ver­an­schlagt wer­den (vgl. Hes­si­sches LAG, Be­schluss vom 13.11.2008 — 9 TaBV 26/08 m.w.N.) er­schei­nen hier drei Ta­ge nicht un­verhält­nismäßig.

Das gilt auch für die an­ge­ge­be­nen Kos­ten. Mit ei­nem In­hou­se-Se­mi­nar wird dem Ar­beit­ge­ber die Er­stat­tung sonst ent­ste­hen­der Rei­se­kos­ten er­spart. Zu­dem wer­den eng­lisch­spra­chi­ge Grund­la­g­en­se­mi­na­re als ex­ter­ne Re­gels­e­mi­na­re über­haupt nicht an­ge­bo­ten. Un­ter Berück­sich­ti­gung des Um­stan­des, dass nur we­ni­ge Ver­an­stal­ter eng­lisch­spra­chi­ge Grund­la­g­en­se­mi­na­re an­bie­ten, ist auch nicht ein­mal an­satz­wei­se er­sicht­lich, dass der Be­triebs­rat bei der Aus­wahl ei­nes ln­hou­se-Se­mi­na­res des An­bie­ters ifb Kos­ten­in­ter­es­sen der Ar­beit­ge­be­rin nicht aus­rei­chend berück­sich­tigt hat. In die­sem Zu­sam­men­hang wird schließlich dar­auf hin­ge­wie­sen, dass der Be­triebs­rat ein Recht zur Aus­wahl un­ter kon­kur­rie­ren­den An­bie­tern hat (BAG, Be­schluss vom 15.5.1986 — 6 ABR 74/83 — NZA 1987, 63).

b.

Ent­ge­gen der An­sicht der Ar­beit­ge­be­rin ist die Er­for­der­lich­keit und Verhält­nismäßig­keit der Schu­lungs­teil­nah­me auch nicht auf­grund des Um­stan­des, dass der Be­triebs­rat für die Be­triebs­rats­mit­glie­der KI» und AMI eng­lisch­spra­chi­ge Grund­la­g­en­se­mi­na­re aus­gewählt hat, zu ver­nei­nen.

Auf­grund der Kom­ple­xität des Ar­beits- und Be­triebs­ver­fas­sungs­rechts — auch in sei­nen Grundzügen — so­wie der dor­ti­gen um­fang­rei­chen und not­wen­di­gen Ver­wen­dung von Fach­be­grif­fen ist die hin­rei­chen­de Be­herr­schung der deut­schen Spra­che aus Sicht der Kam­mer un­erläss­lich, um ei­ne er­folg­rei­che Teil­nah­me an ent­spre­chen­den Grund­la­g­en­se­mi­na­ren zu gewähr­leis­ten. Da die Er­lan­gung ar­beits- und be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­cher Grund­kennt­nis­se Vor­aus­set­zung für ei­ne ver­ant­wor­tungs­vol­le Wahr­neh­mung der Auf­ga­ben ei­nes Be­triebs­rats­mit­glieds ist, sind an die Fra­ge, ob ausländi­sche Ar­beit­neh­mer die deut­sche Spra­che hin­rei­chend be­herr­schen, eher stren­ge Maßstäbe an­zu­le­gen.

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Nach Auf­fas­sung der Kam­mer hat der Be­triebs­rat in Be­zug auf die be­schlos­se­ne Teil­nah­me der Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T an eng­lisch­spra­chi­gen Se­mi­na­ren sei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum nicht über­schrit­ten.

Die Mut­ter­spra­che bei­der Be­triebs­rats­mit­glie­der ist Eng­lisch. An ei­nem Sprach­kurs zur um­fas­sen­den Er­ler­nung der deut­schen Spra­che hat kei­ner von bei­den teil­ge­nom­men. Un­strei­tig spre­chen bei­de bei der Wahr­neh­mung ih­rer be­ruf­li­chen Tätig­keit Eng­lisch. Eben­so un­strei­tig ist zwi­schen den Be­tei­lig­ten, dass die von der Ar­beit­ge­be­rin vor­zu­neh­men­den Schu­lun­gen je­den­falls teil­wei­se auch in eng­li­scher Spra­che ab­ge­hal­ten wer­den. Sch­ließlich trägt der Be­triebs­rats­vor­sit­zen­de den Her­ren K und T. ju­ris­ti­sche Sach­ver­hal­te mit ar­beits­recht­li­chen Bezügen in eng­li­scher Spra­che vor.

Bei die­ser Sach­la­ge durf­te der Be­triebs­rat da­von aus­ge­hen, dass die Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T die deut­sche Spra­che ge­ra­de nicht hin­rei­chend be­herr­schen und die Teil­nah­me der Be­triebs­rats­mit­glie­der K und T an eng­lisch­spra­chi­gen Grund­la­g­en­se­mi­na­ren er­for­der­lich ist.

Hin­rei­chen­de An­halts­punk­te, die ge­gen die vom Be­triebs­rat ge­trof­fe­ne An­nah­me spre­chen, lie­gen je­den­falls nicht vor. Ins­be­son­de­re fol­gen die­se nicht aus den von der Ar­beit­ge­be­rin vor­ge­leg­ten Be­schei­ni­gun­gen (BI. 48 ff. d. A., BI. 51 bis 53 d. A.).

Die er­folg­rei­che Teil­nah­me an ei­ner im Rah­men ei­nes In­te­gra­ti­ons­kur­ses ab­ge­leg­ten Sprach­prüfung kann al­len­falls ei­ne Aus­sa­ge darüber tref­fen, ob der Teil­neh­mer in der La­ge ist, sich im All­tag verständ­lich zu ma­chen. Ei­ne hin­rei­chen­de Be­herr­schung der deut­schen Spra­che im o.g. Sin­ne kann sie kei­nes­falls be­le­gen.

Das gilt auch für die ab­ge­leg­ten Sach­kun­de­prüfun­gen (Be­schei­ni­gun­gen BI. 51 ff. d. A.). Der Sach­kun­de­prüfung nach § 34 a Ge­wO geht grundsätz­lich ein 40-stündi­ger Lehr­gang vor­aus. Un­strei­tig ist, dass die­ser vor­lie­gend teil­wei­se

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bi­lin­gu­al statt­fand. Die schrift­li­chen Prüfungs­ver­fah­ren sind für die Be­ur­tei­lung der Sprach­kennt­nis­se des Prüflings we­nig aus­sa­ge­kräftig. Im Rah­men der Sach­kun­de­prüfung nach § 34 a Ge­wO wird die schrift­li­che Prüfung nämlich im Mul­ti­ple Choice Ver­fah­ren durch­geführt. Die im Rah­men von § 7 WaffG zu ab­sol­vie­ren­de schrift­li­che Prüfung fin­det teils im Mul­ti­ple Choice Ver­fah­ren, teils in frei­er Be­ant­wor­tung von Fra­gen statt Für die­se Fra­gen exis­tiert ein of­fi­zi­el­ler Ver­wal­tungs­ka­ta­log des Bun­des­ver­wal­tungs­am­tes.

Zwar fin­det so­wohl bei der Sach­kun­de­prüfung nach § 34 a Ge­wO als auch bei der nach § 7 WaffG ne­ben der schrift­li­chen auch ei­ne münd­li­che Prüfung statt, die bei­de Be­triebs­rats­mit­glie­der be­stan­den ha­ben. Al­lei­ne hier­aus können je­doch kei­ne hin­rei­chen­den Schlüsse im Hin­blick auf den Grad der Be­herr­schung der deut­schen Spra­che ge­schlos­sen wer­den. Denn es ging le­dig­lich um die Wie­der­ga­be (teil­wei­se in eng­li­scher Spra­che) er­lern­ten Wis­sens in ab­ge­grenz­ten The­men­be­rei­chen.

Sch­ließlich kann die Ar­beit­ge­be­rin nicht dar­auf ver­wei­sen, wer nicht in sei­nem Hei­mat­land le­be, müsse sich in­te­grie­ren, wo­zu eben auch der Er­werb von Sprach­kennt­nis­sen des be­tref­fen­den Lan­des gehöre; ein Be­triebs­rats­mit­glied, das in ei­nem deut­schen Be­trieb Ar­beit­neh­mer ver­tre­te, müsse über aus­rei­chen­de Deutsch­kennt­nis­se verfügen. Dies sieht die Recht­spre­chung im Hin­blick auf die Wahr­neh­mung be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­cher Rech­te und Pflich­ten durch­aus an­ders. So wur­de be­reits ent­schie­den, dass der Ar­beit­ge­ber ver­pflich­tet sein kann, ei­nem — teils aus ausländi­schen Mit­glie­dern be­ste­hen­den - Be­triebs­rat ei­nen Dol­met­scher für Be­triebs­rats- und Aus­schuss­sit­zun­gen gemäß § 80 Abs. 3 Be­trVG zur Verfügung zu stel­len und der Be­triebs­rat ei­nen An­spruch auf Über­set­zung der Pro­to­kol­le von Be­triebs­rats- und Aus­schuss­sit­zun­gen in die eng­li­sche Spra­che ha­ben kann (ArbG Frank­furt, Be­schluss vom 5.3.1997 - 14 BV 170196 - AiB 1998, 524).

Geschäfts­zei­chen

24 BV 15046/10

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­sen Be­schluss kann von d. Be­tei­lig­ten zu 2) Be­schwer­de ein­ge­legt wer­den. Die Be­schwer­de­schrift muss von ei­nem Rechts­an­walt oder ei­nem Ver­tre­ter ei­ner Ge­werk­schaft bzw. ei­ner Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gung oder ei­nes Zu­sam­men­schlus­ses sol­cher Verbände un­ter­zeich­net sein.

Die Be­schwer­de­schrift muss in­ner­halb

ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

bei dem

Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg,
Mag­de­bur­ger Platz 1, 10785 Ber­lin ,

ein­ge­gan­gen sein.
Die Be­schwer­de­schrift muss die Be­zeich­nung des Be­schlus­ses, ge­gen den die Be­schwer­de ge­rich­tet ist, so­wie die Erklärung ent­hal­ten, dass Be­schwer­de ge­gen die­sen Be­schluss ein­ge­legt wer­de.

Die Be­schwer­de ist gleich­zei­tig oder in­ner­halb

ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten

schrift­lich zu be­gründen.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments im Sin­ne des § 46 c ArbGG genügt. Nähe­re In­for­ma­tio­nen da­zu fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te un­ter www.ber­lin.de/erv.

Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­setz­ten Be­schlus­ses, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Da­bei ist zu be­ach­ten, dass der Be­schluss mit der Ein­le­gung in den Brief­kas­ten oder ei­ner ähn­li­chen Vor­rich­tung für den Pos­t­emp­fang als zu­ge­stellt gilt.
Wird bei der Par­tei ei­ne schrift­li­che Mit­tei­lung ab­ge­ge­ben, dass der Be­schluss auf der Geschäfts­stel­le ei­nes Amts­ge­richts oder ei­ner von der Post be­stimm­ten Stel­le nie­der­ge­legt ist, gilt das Schriftstück mit der Ab­ga­be der schrift­li­chen Mit­tei­lung als zu­ge­stellt, al­so nicht erst mit der Ab­ho­lung der Sen­dung.
Das Zu­stel­lungs­da­tum ist auf dem Um­schlag der Sen­dung ver­merkt.

Für d. An­trag­stel­ler und Be­tei­lig­ten zu 1. ist kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Von der Be­gründungs­schrift wer­den zwei zusätz­li­che Ab­schrif­ten zur Un­ter­rich­tung der
eh­ren­amt­li­chen Rich­ter er­be­ten.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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030 / 26 39 620
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