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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 30.04.2010, 9 Sa 776/09

   
Schlagworte: AGB, Allgemeine Geschäftsbedingungen, Kündigung: Probezeit, Probezeit, Kündigungsfrist
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 9 Sa 776/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 30.04.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Ludwigshafen, Urteil vom 29.11.2009, 1 Ca 915/09
   

Ak­ten­zei­chen:
9 Sa 776/09
1 Ca 915/09
ArbG Lud­wigs­ha­fen
Ur­teil vom 30.04.2010

 

Te­nor:

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beit­ge­richts Lud­wigs­ha­fen am Rhein vom 29.10.2009, Az.: 1 Ca 915/09 wird zurück­ge­wie­sen.

 

2. Auf die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten wird das ge­nann­te Ur­teil teil­wei­se hin­sicht­lich Ziff. 1 sei­nes Te­nors ab­geändert und die Kla­ge auch ab­ge­wie­sen, so­weit der Kläger die Er­tei­lung ei­ner Lohn­ab­rech­nung für Fe­bru­ar 2009 be­an­tragt hat.

 

3. Die Kos­ten des Rechts­streits trägt der Kläger.

 

4. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Der Kläger war auf der Grund­la­ge des Ar­beits­ver­trags vom 18.06.2008 bei der Be­klag­ten als Au­to­ma­ti­sie­rungs­tech­ni­ker zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ar­beits­ent­gelt von 3.000,-- € beschäftigt. Der Ar­beits­ver­trag enthält u. a. fol­gen­de Be­stim­mun­gen:

 

"Ar­beits­auf­nah­me 01.08.2008

Der Ar­beits­ver­trag ist be­fris­tet bis zum 01.08.2009 und kann zwei­mal verlängert wer­den.

 

Pro­be­zeit/Kündi­gungs­fris­ten

Die ers­ten 6 Mo­na­te des An­stel­lungs­verhält­nis­ses gel­ten als Pro­be­zeit. Während der Pro­be­zeit können bei­de Par­tei­en den An­stel­lungs­ver­trag frist­los oh­ne An­ga­ben von Gründen kündi­gen. Nach Ab­lauf der Pro­be­zeit ist ei­ne Kündi­gung un­ter Ein­hal­tung ei­ner Frist von 8 Wo­chen zum Quar­tals­en­de zulässig. Verlängert sich die Kündi­gungs­frist für die Fir­ma aus ge­setz­li­chen Gründen, gilt die­se Verlänge­rung auch für den Ar­beit­neh­mer.

 

Kündi­gung 8 Wo­chen zum Quar­tals­en­de"

 

Der Kläger nahm die Ar­beits­leis­tung am 01.08.2008 auf. Mit Schrei­ben vom 19.01.2009 kündig­te die Be­klag­te das Ar­beits­verhält­nis "in­ner­halb der Pro­be­zeit ver­trags­gemäß zum 30. Ja­nu­ar 2009…".

 

Die Be­klag­te zahl­te an den Kläger für den Mo­nat Fe­bru­ar 2009 ei­ne an­tei­li­ge Vergütung in Höhe von 200,-- € brut­to und er­teil­te hierüber ei­ne Ab­rech­nung der Brut­to-/Net­to­bezüge mit Da­tum vom 23.03.2009 (Bl. 19 d. A.). Fer­ner er­teil­te sie dem Kläger un­ter dem Da­tum 20.03.2009 ein Ar­beits­zeug­nis (Bl. 18 d. A.), in wel­chem es heißt, dass der Kläger bei der Be­klag­ten bis zum 31.01.2009 beschäftigt ge­we­sen sei.

 

Der Kläger, der die Auf­fas­sung ver­tritt, das Ar­beits­verhält­nis ha­be erst am 31.03.2009 ge­en­det, hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

 

1. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger für den Mo­nat Fe­bru­ar 2009 2.800,-- EUR brut­to zzgl. 5 Pro­zent­punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit 01. März 2009 zu zah­len.

2. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger für den Mo­nat März 2009 3.000,00 EUR brut­to zzgl. 5 Pro­zent­punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit 01. April 2009 zu zah­len.

3. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, den Kläger für die Mo­na­te Fe­bru­ar und März 2009 ord­nungs­gemäße Lohn­ab­rech­nun­gen zu er­tei­len.

4. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, dass dem Kläger ge­genüber auf den 20. März 2009 da­tier­te Ar­beits­zeug­nis in Ab­satz 1 in­so­weit zu kor­ri­gie­ren, dass der Kläger "bis zum 31. März 2009 (und nicht bis zum 31. Ja­nu­ar 2009) bei uns beschäftigt war".

5. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, das dem Kläger ge­genüber auf den 31. Ja­nu­ar da­tier­te Ar­beits­zeug­nis in fol­gen­den Punk­ten zu ändern bzw. zu be­rich­ti­gen:

a) Das Zeug­nis ist auf dem of­fi­zi­el­len Brief­bo­gen der Be­klag­ten zu da­tie­ren auf den 31. März 2009 (Be­en­di­gungs­zeit­punkt),

b) das Zeug­nis ist in Ab­satz 1 wie folgt zu kor­ri­gie­ren: "Herr A., ge­bo­ren am 20. Ju­li 1976, wur­de am 01. Au­gust 2008 als Au­to­ma­ti­sie­rungs­tech­ni­ker ein­ge­stellt und war bis zum 31. März 2009 bei uns beschäftigt".

Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts so­wie des strei­ti­gen Vor­brin­gens der Par­tei­en in ers­ter In­stanz wird gem. § 69 Abs. 2 ArbGG Be­zug ge­nom­men auf den Tat­be­stand des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Lud­wigs­ha­fen am Rhein vom 29.10.2009, Az.: 1 Ca 915/09 (Bl. 62 ff. d. A.).

 

Durch das ge­nann­te Ur­teil hat das Ar­beits­ge­richt un­ter Ab­wei­sung der Kla­ge im Übri­gen die Be­klag­te ver­ur­teilt, dem Kläger ei­ne Lohn­ab­rech­nung für Fe­bru­ar 2009 zu er­tei­len und zur Be­gründung im We­sent­li­chen aus­geführt:

 

Die Be­klag­te ha­be noch in­ner­halb der ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit gekündigt. Ei­ne Aus­le­gung des Ar­beits­ver­trags er­ge­be, dass das Ar­beits­verhält­nis ab dem 1. Au­gust 2008 und nicht be­reits mit Da­tum des Ver­trags­schlus­ses ha­be be­gin­nen sol­len. Die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Pro­be­zeit sei da­her erst am 31. Ja­nu­ar.2009 be­en­det ge­we­sen. Die Un­wirk­sam­keit der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung hin­sicht­lich der während der Pro­be­zeit gel­ten­den Kündi­gungs­frist führe nicht zum vollständi­gen Weg­fall der Pro­be­zeit­re­ge­lung ins­ge­samt. An die Stel­le der un­wirk­sa­men Kündi­gungs­frist tre­te im We­ge ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung die ge­setz­li­che Frist des § 622 Abs. 3 BGB, so dass das Ar­beits­verhält­nis auf­grund der Kündi­gung der Be­klag­ten mit Ab­lauf des 2. Fe­bru­ar 2009 sein En­de ge­fun­den ha­be. Bis zu die­sem Zeit­punkt ha­be die Be­klag­te sämt­li­che Lohn­ansprüche erfüllt. Auch das Be­en­di­gungs­da­tum im Zeug­nis sei dem­gemäß zu­tref­fend an­ge­ge­ben. Al­ler­dings müsse die Be­klag­te dem Kläger für Fe­bru­ar 2009 noch ei­ne Lohn­ab­rech­nung er­tei­len.

 

Das ge­nann­te Ur­teil ist bei­den Par­tei­en am 14.12.2009 zu­ge­stellt wor­den. Der Kläger hat hier­ge­gen mit Schrift­satz vom 29. De­zem­ber 2009, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt am glei­chen Tag ein­ge­gan­gen, Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit Schrift­satz vom 04.02.2010, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen am 05.02.2010 be­gründet. Die Be­klag­te ih­rer­seits hat mit dem am glei­chen Tag ein­ge­gan­gen Schrift­satz vom 08.03.2010 An­schluss­be­ru­fung ein­ge­legt. Der Kläger ver­folgt mit sei­ner Be­ru­fung sei­ne erst­in­stanz­li­chen Anträge, so­weit die­se der Ab­wei­sung un­ter­la­gen, wei­ter. Die Be­klag­te er­strebt mit ih­rer An­schluss­be­ru­fung die Ab­wei­sung der Kla­ge hin­sicht­lich der Ver­ur­tei­lung zur Er­tei­lung ei­ner Lohn­ab­rech­nung für den Mo­nat Fe­bru­ar 2009.

 

Zur Be­gründung sei­ner Be­ru­fung macht der Kläger nach Maßga­be sei­nes Schrift­sat­zes vom 04.02.2010, auf den ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 94 ff. d. A.), im We­sent­li­chen gel­tend:

 

Es feh­le an ei­ner wirk­sa­men Pro­be­zeit­ver­ein­ba­rung. Die ver­trag­li­che Klau­sel "Pro­be­zeit/Kündi­gungs­fris­ten" ver­s­toße hin­sicht­lich der dort vor­ge­se­he­nen Kündi­gungs­frist während der Pro­be­zeit ge­gen § 622 Abs. 3 BGB. Dies ha­be die Un­wirk­sam­keit der ge­sam­ten Pro­be­zeit­re­ge­lung zur Fol­ge, da es an­dern­falls zu ei­ner nicht zulässi­gen gel­tungs­er­hal­te­nen Re­duk­ti­on käme. Ei­ne Tei­lung der Klau­sel in ei­nen zulässi­gen und ei­nen un­zulässi­gen Teil sei nicht möglich. Die Un­wirk­sam­keit der Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung ha­be da­mit auch die Un­wirk­sam­keit des ers­ten Sat­zes der frag­li­chen Klau­sel zur Fol­ge. Zu­dem ha­be es sich auch nicht um ei­ne Kündi­gung in­ner­halb der Pro­be­zeit ge­han­delt. Wenn der Ver­trag vor­se­he, dass die ers­ten 6 Mo­na­te des An­stel­lungs­verhält­nis­ses als Pro­be­zeit gel­ten, be­rech­ne sich die­se Frist vor­lie­gend aus­ge­hend vom Da­tum der Un­ter­zeich­nung des Ar­beits­ver­tra­ges und nicht aus­ge­hend von dem eben­falls ge­nann­ten Da­tum der Ar­beits­auf­nah­me. Es han­de­le sich in­so­weit zu­min­dest um ei­ne mehr­deu­ti­ge Be­stim­mung, so dass nach § 305 c Abs. 2 BGB die hier­aus fol­gen­den Zwei­fel zu Las­ten der Be­klag­ten gin­gen. Die ver­ein­bar­te Pro­be­zeit ha­be da­mit mit Ab­lauf des 18.12.2008 ge­en­det.

 

Die Kündi­gung vom 19.01.2009 ha­be das Ar­beits­verhält­nis da­mit erst zum 31.03.2009 be­en­den können, so dass noch Rest­vergütungs­ansprüche für die Mo­na­te Fe­bru­ar und März 2009 bestünden. Das Ar­beits­zeug­nis sei auf den 31.03.2009 zu da­tie­ren und die­ses Da­tum auch als Be­en­di­gungs­zeit­punkt in das Zeug­nis auf­zu­neh­men.

 

Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Lud­wigs­ha­fen vom 29.10.2009, dem Kläger zu­ge­stellt am 14.12.2009, un­ter dem dor­ti­gen Az.: 1 Ca 915/09, wie folgt ab­zuändern:

 

a) Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger für den Mo­nat Fe­bru­ar 2009 € 2.800,-- (brut­to) zzgl. 5 %punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit 01.03.2009 zu zah­len.

 

b) Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger für den Mo­nat März 2009 € 3.000,-- (brut­to) zuzüglich 5 %punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit 01.04.2009 zu zah­len.

 

c) Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, dem Kläger für die Mo­na­te Fe­bru­ar und März 2009 ord­nungs­gemäße Lohn­ab­rech­nun­gen zu er­tei­len.

 

d) Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, das dem Kläger ge­genüber auf den 31.01.2009 da­tier­te Ar­beits­zeug­nis in fol­gen­den Punk­ten zu ändern bzw. zu be­rich­ti­gen:

 

aa) Das Zeug­nis ist auf dem of­fi­zi­el­len Brief­bo­gen der Be­klag­ten zu da­tie­ren auf den 31.03.2009 (Be­en­di­gungs­zeit­punkt).

 

bb) Das Zeug­nis ist in Abs. 1 wie folgt zu kor­ri­gie­ren: "Herr A., geb. 20. Ju­li 1976, wur­de am 01.08.2008 als Au­to­ma­ti­sie­rungs­tech­ni­ker ein­ge­stellt und war bis zum 31.03.2009 bei uns beschäftigt."

 

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

 

Im We­ge der An­schluss­be­ru­fung be­an­tragt sie,

un­ter Abände­rung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen.

 

Der Kläger be­an­tragt,

die An­schluss­be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

 

Die Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil nach Maßga­be ih­res Schrift­sat­zes vom 08.03.2010, auf den ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 115 ff. d. A.), als zu­tref­fend. Der An­nah­me des Klägers, die Pro­be­zeit ha­be be­reits mit Un­ter­zeich­nung des schrift­li­chen Ar­beits­ver­tra­ges und nicht erst mit Ar­beits­auf­nah­me be­gon­nen, ver­ken­ne den Zweck ei­ner Pro­be­zeit. Zu ei­ner Er­pro­bung könne es nur kom­men, wenn der Ar­beit­neh­mer auch Ar­beits­leis­tung er­brin­ge. Die Ver­trags­klau­sel "Pro­be­zeit/Kündi­gungs­fris­ten" sei auch nicht ins­ge­samt un­wirk­sam. Die Klau­sel sei teil­bar. Die Un­wirk­sam­keit von Satz 2 führe da­her nicht zur Un­wirk­sam­keit auch von Satz 1.

 

Zur Be­gründung ih­rer An­schluss­be­ru­fung ver­weist die Be­klag­te dar­auf, dass sie für den Mo­nat Fe­bru­ar 2009 ei­ne Lohn­ab­rech­nung er­teilt ha­be.

 

Ent­schei­dungs­gründe:

I. Die Rechts­mit­tel sind zulässig. Die Be­ru­fung des Klägers ist an sich statt­haft. Sie wur­de auch form- und frist­ge­recht ein­ge­legt so­wie be­gründet. Die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten ist nach § 64 Abs. 6 ArbGG, § 524 Abs. 1 - 3 ZPO eben­falls zulässig. Sie wur­de frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet.

 

II. Die Be­ru­fung des Klägers hat kei­nen Er­folg. Auf die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten war das an­ge­foch­te­ne Ur­teil teil­wei­se ab­zuändern und die Kla­ge ins­ge­samt, d. h. auch hin­sicht­lich der Ver­ur­tei­lung zur Er­tei­lung ei­ner Lohn­ab­rech­nung für den Mo­nat Fe­bru­ar 2009, ab­zu­wei­sen.

 

1. Die Be­ru­fung des Klägers hat kei­nen Er­folg. Hin­sicht­lich der vom Kläger auch mit der Be­ru­fung wei­ter­ver­folg­ten Anträge hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Sämt­li­che Ansprüche des Klägers, d. h. Rest­vergütungs­ansprüche für die Mo­na­te Fe­bru­ar und März 2009 so­wie der hin­sicht­lich des Be­en­di­gungs­zeit­punk­tes des Ar­beits­verhält­nis­ses ver­folg­te Zeug­nis­be­rich­ti­gungs­an­spruch hängen in ih­rer Be­rech­ti­gung da­von ab, zu wel­chem Zeit­punkt das Ar­beits­verhält­nis auf­grund der Kündi­gung der Be­klag­ten vom 19.01.2009 sei­ne Be­en­di­gung ge­fun­den hat. Dies­bezüglich ist das Ar­beits­ge­richt zu Recht und mit zu­tref­fen­der Be­gründung da­von aus­ge­gan­gen, dass das Ar­beits­verhält­nis mit Ab­lauf des 2. Fe­bru­ar 2009 sei­ne Be­en­di­gung ge­fun­den hat. Bis zu die­sem Zeit­punkt hat die Be­klag­te die dem Kläger zu­ste­hen­den Vergütungs­ansprüche un­strei­tig erfüllt. Dem ge­nann­ten Be­en­di­gungs­zeit­punkt trägt auch das von der Be­klag­ten er­teil­te Zeug­nis Rech­nung.

 

a) Die Par­tei­en ha­ben rechts­wirk­sam ei­ne Pro­be­zeit ver­ein­bart. Die Ver­ein­ba­rung der Pro­be­zeit er­gibt sich aus Satz 1 der ver­trag­li­chen Be­stim­mung "Pro­be­zeit/Kündi­gungs­fris­ten". Die Ver­ein­ba­rung ei­ner ge­gen § 622 Abs. 3 BGB ver­s­toßen­den, un­zulässig kur­zen Kündi­gungs­frist während der Pro­be­zeit in Satz 2 der ge­nann­ten ver­trag­li­chen Be­stim­mung führt auch un­ter Berück­sich­ti­gung des­sen, dass es sich bei der ver­trag­li­chen Klau­sel um ei­ne all­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gung i. S. d. § 305 Abs. 1 BGB han­delt, nicht zur Un­wirk­sam­keit auch von Satz 1 der ver­trag­li­chen Be­stim­mung. Die Un­wirk­sam­keit der ver­trag­li­chen Re­ge­lung über die Kündi­gungs­frist während der Pro­be­zeit lässt die Wirk­sam­keit der Pro­be­zeit­ver­ein­ba­rung an sich auch bei An­wen­dung des Grund­sat­zes des Ver­bots gel­tungs­er­hal­ten­der Re­duk­ti­on un­berührt. Ei­ne Un­wirk­sam­keit ei­nes Klau­sel­teils führt dann nicht zur Un­wirk­sam­keit des rest­li­chen Klau­sel­in­halts, wenn der un­zulässi­ge Teil sprach­lich ein­deu­tig ab­trenn­bar ist. In ei­nem sol­chen Fal­le wird nicht im We­ge der Aus­le­gung ei­ne zu weit­ge­hen­de Klau­sel so neu ge­fasst, dass sie für den Ver­wen­der möglichst güns­tig, aber recht­lich ge­ra­de noch zulässig ist. Dies setzt ei­ne sprach­lich und in­halt­lich teil­ba­re Klau­sel­fas­sung vor­aus, die oh­ne ih­re un­zulässi­gen Be­stand­tei­le mit ih­rem zulässi­gen In­halt auf­recht­er­hal­ten wer­den kann (BAG 11.04.2006 - 9 AZR 610/05 - EZA § 307 BGB 2002 Nr. 14). Die Teil­bar­keit der Klau­sel ist mit­tels ei­ner Strei­chung des un­wirk­sa­men Teils mit ei­nem "blau­en Stift" zu er­mit­teln (blue-pen­cil-Test; BAG 12.03.2008 - 10 AZR 152/07 - EZA § 307 BGB 2002 Nr. 33; BAG 21.04.2005 - 8 AZR 425/04 - EZA § 309 BGB 2002 Nr. 3). Ist die ver­blei­ben­de Re­ge­lung wei­ter­hin verständ­lich, bleibt sie be­ste­hen. Maßgeb­lich ist, ob sie meh­re­re sach­li­che Re­ge­lun­gen enthält (BAG 11. April 2006 - 9 AZR 610/05 - EZA § 307 BGB 2002 Nr. 14) und der un­zulässi­ge Teil sprach­lich ein­deu­tig ab­trenn­bar ist.

 

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind vor­lie­gend erfüllt. Auch bei Strei­chung von Satz 2 der ver­trag­li­chen Re­ge­lung bleibt die in Satz 1 ge­trof­fe­ne Re­ge­lung wei­ter­hin verständ­lich. Die Ver­trags­klau­sel enthält in­so­weit meh­re­re sach­li­che Re­ge­lun­gen, nämlich zum ei­nen die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit an sich, die Ver­ein­ba­rung ei­ner Kündi­gungsmöglich­keit während der Pro­be­zeit trotz gleich­zei­tig ver­ein­bar­ter Be­fris­tung und die (un­zulässi­ge) Re­ge­lung von Kündi­gungs­fris­ten. Hier­bei han­delt es sich um un­ter­schied­li­che sach­li­che Re­ge­lun­gen mit un­ter­schied­li­chen ge­setz­li­chen An­knüpfungs­punk­ten. Während Satz 1 § 622 Abs. 3 BGB und § 15 Abs. 3 Tz­B­fG be­trifft, ist Satz 2 an § 622 Abs. 3 und 4 BGB zu mes­sen. So­wohl die Ver­ein­ba­rung ei­ner Pro­be­zeit als auch die Ver­ein­ba­rung ei­ner Kündi­gungsmöglich­keit trotz ver­ein­bar­ter Be­fris­tung blei­ben verständ­lich und voll­zieh­bar. Ins­be­son­de­re setzt die Maßgeb­lich­keit der Kündi­gungs­frist des § 622 Abs. 3 BGB nicht vor­aus, dass über­haupt ei­ne Ver­ein­ba­rung über die Kündi­gungs­frist während der ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit ge­trof­fen wird, son­dern nur, dass ver­trag­lich über­haupt ei­ne Pro­be­zeit ver­ein­bart wird. Auch aus der Über­schrift der Ver­trags­klau­sel "Pro­be­zeit/Kündi­gungs­fris­ten" wird be­reits deut­lich, das un­ter­schied­li­che Re­ge­lungs­ge­genstände er­fasst wer­den (vgl. zu ei­ner ver­gleich­ba­ren Ver­trags­klau­sel auch LAG Rhein­land-Pfalz 19.06.2009 - 9 Sa 181/09 -, Ju­ris).

 

b) Die Kündi­gung der Be­klag­ten er­folg­te auch in­ner­halb der ver­ein­bar­ten Pro­be­zeit. Die Pro­be­zeit be­gann mit dem Da­tum der Ar­beits­auf­nah­me am 01.08.2008. Im Ge­gen­satz zur Auf­fas­sung des Klägers han­delt es sich bei den ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen "Ar­beits­auf­nah­me" und "Pro­be­zeit/Kündi­gungs­fris­ten" (dort Satz 1) nicht um mehr­deu­ti­ge ver­trag­li­che Re­ge­lun­gen. An­halts­punk­te dafür, dass die 6-mo­na­ti­ge Pro­be­zeit be­reits mit Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges und nicht erst mit tatsäch­li­cher Ar­beits­auf­nah­me be­gin­nen soll­te, feh­len. Es ist üblich, dass Ar­beits­verträge be­reits vor dem Ar­beits­be­ginn ab­ge­schlos­sen wer­den. Für die­ses aus Sicht der Be­ru­fungs­kam­mer auch ein­deu­ti­ge Ver­trags­verständ­nis spricht ins­be­son­de­re der Zweck ei­ner Pro­be­zeit. Pro­be­zeit meint den ei­nem mit länge­rer Bin­dung be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis vor­ge­schal­te­ten Zeit­raum zum Zwe­cke der Er­pro­bung in dem Ar­beits­verhält­nis (KR-KSchG/Spil­ger, 9. Aufl., § 622 BGB, RZ 153). Ei­ne Er­pro­bung des Ar­beit­neh­mers ist aber nur möglich, so­fern die­ser die ver­trag­lich ge­schul­de­te Ar­beits­leis­tung er­bringt.

 

2. Die An­schluss­be­ru­fung der Be­klag­ten hat Er­folg. Die Be­klag­te hat in Form der "Ab­rech­nung der Brut­to-/Net­to­bezüge für Fe­bru­ar 2009" mit Da­tum vom 23.03.2009 (Bl. 19 d. A.) ei­ne ord­nungs­gemäße Lohn­ab­rech­nung für den Mo­nat Fe­bru­ar bis zum Zeit­punkt der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­teilt und da­mit den dies­bezügli­chen An­spruch des Klägers erfüllt.

 

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus §§ 91, 97 ZPO. Ein Re­vi­si­ons­zu­las­sungs­grund i. S. d. § 72 Abs. 2 ArbGG be­steht nicht.

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