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BAG, Urteil vom 16.01.2018, 7 AZR 622/15
Schlagworte: | Erwerbsminderungsrente, Behinderung, Schwerbehinderter Mensch, Gleichstellung | |
Gericht: | Bundesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 7 AZR 622/15 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 16.01.2018 | |
Leitsätze: | Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung aufgrund des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung erfordert bei einem schwerbehinderten oder ihm gleichgestellten Menschen nach § 92 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung die vorherige Zustimmung des Integrationsamts, wenn bei Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG die Anerkennung der Schwerbehinderung oder die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen erfolgt ist oder die entsprechende Antragstellung mindestens drei Wochen zurückliegt. |
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Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Fulda, Urteil vom 29.11.2013, 1 Ca 195/13 Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 17.07.2015, 3 Sa 1544/13 |
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BUNDESARBEITSGERICHT
7 AZR 622/15
3 Sa 1544/13
Hessisches
Landesarbeitsgericht
Im Namen des Volkes!
Verkündet am
16. Januar 2018
URTEIL
Schiege, Urkundsbeamter
der Geschäftsstelle
In Sachen
Klägerin, Berufungsbeklagte und Revisionsklägerin,
pp.
Beklagte, Berufungsklägerin und Revisionsbeklagte,
hat der Siebte Senat des Bundesarbeitsgerichts aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 16. Januar 2018 durch die Vorsitzende Richterin am Bundesarbeitsgericht Gräfl, den Richter am Bundesarbeitsgericht Prof. Dr. Kiel, die Richterin am Bundesarbeitsgericht Dr. Rennpferdt sowie die ehrenamtlichen Richter Kley und Busch für Recht erkannt:
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Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des Hessischen Landesarbeitsgerichts vom 17. Juli 2015 - 3 Sa 1544/13 - aufgehoben.
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Fulda vom 29. November 2013 - 1 Ca 195/13 - wird zurückgewiesen.
Die Beklagte hat die Kosten der Berufung und der Revision zu tragen.
Von Rechts wegen!
Tatbestand
Die Parteien streiten darüber, ob ihr Arbeitsverhältnis aufgrund Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit der Klägerin geendet hat.
Die Klägerin war seit dem 1. Dezember 1996 bei der Beklagten, die zu gleich Rentenversicherungsträgerin, Krankenversicherung und sozialmedizinischer Dienst ist, in einer von dieser betriebenen Rehaklinik als Masseurin/Bademeisterin tätig. Nach § 2 des Arbeitsvertrags vom 29. November 1996 bestimmt sich das Arbeitsverhältnis nach dem Knappschafts-Angestelltentarifvertrag (KnAT) vom 12. Juni 1961 und den diesen ergänzenden, ändernden oder ersetzenden Tarifverträgen. Der diesen Tarifvertrag ersetzende Tarifvertrag der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See (TV DRV KBS) vom 23. August 2006 regelt in § 33 die „Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung“. Diese Bestimmung lautet auszugsweise:
„(2) Das Arbeitsverhältnis endet ferner mit Ablauf des Monats, in dem der Bescheid eines Rentenversicherungsträgers (Rentenbescheid) zugestellt wird, wonach die/der Beschäftigte voll oder teilweise erwerbsgemindert ist. Die/Der Beschäftigte hat den Arbeitgeber von der Zustellung des Rentenbescheides unverzüglich zu unterrichten. Beginnt die Rente erst nach der Zustellung des Rentenbescheids, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des dem
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Rentenbeginn vorangehenden Tages. Liegt im Zeitpunkt der Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine nach § 92 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamtes noch nicht vor, endet das Arbeitsverhältnis mit Ablauf des Tages der Zustellung des Zustimmungsbescheids des Integrationsamtes. ...
(3) Im Falle teilweiser Erwerbsminderung endet bzw. ruht das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte nach seinem vom Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen, und der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt.“
Die Klägerin war seit dem 8. Juli 2011 arbeitsunfähig erkrankt. Am 6. Februar 2012 stellte sie einen Antrag auf Leistungen zur Rehabilitation und nahm in der Folgezeit an einer Rehabilitationsmaßnahme teil. Aus den abschließenden ärztlichen Feststellungen des Rentenversicherungsträgers ergibt sich, dass die Klägerin über sechs Stunden täglich körperlich leichte Tätigkeiten in wechselnder Arbeitshaltung in Tagschicht, Früh- oder Spätschicht, hingegen keine körperlich schweren und durchgehend mittelschweren Tätigkeiten mehr verrichten kann. Eine Tätigkeit als „Masseurin/Bademeisterin“ kann sie danach nur unter drei Stunden pro Tag ausüben.
Auf Antrag der Klägerin vom 6. Februar 2012 bewilligte ihr die Beklagte mit Bescheid vom 18. September 2012 ab dem 1. Februar 2012 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Ausübung einer knappschaftlich versicherten Beschäftigung, längstens bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze am 31. Mai 2018.
Mit Bescheid der Bundesagentur für Arbeit vom 5. Dezember 2012 wurde die Klägerin auf ihren Antrag mit Wirkung ab Antragstellung am 19. Oktober 2012 einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt. Von der Antragstellung wurde die Beklagte am 26. Oktober 2012 unterrichtet. Am 21. Januar 2013 fand ein Gespräch unter Beteiligung der Klägerin, des Betriebsarztes, des Verwaltungsleiters und der Personalleiterin der Beklagten so-
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wie jeweils eines Mitarbeiters des Integrationsfachdienstes, der Schwerbehindertenvertretung und des Personalrats statt, in dem erfolglos eventuelle Möglichkeiten einer Weiterbeschäftigung der Klägerin erörtert wurden.
Mit Bescheid vom 6. März 2013 bewilligte die Beklagte der Klägerin „anstelle“ ihrer bisherigen Rente ab dem 1. Februar 2012 bis zum 28. Februar 2013 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nach Aufgabe der knappschaftlich versicherten Beschäftigung und kündigte an, dass die Rente wegen des anzurechnenden Arbeitslosengelds für die Zeit ab 1. März 2013 nur noch in Höhe der Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau in Höhe von 2/3 geleistet werde; hierüber ergehe in Kürze ein weiterer Bescheid. Mit Bescheid vom 13. März 2013 wurde der Klägerin ab dem 1. Februar 2012, längstens bis zum 31. Mai 2018 (Monat des Erreichens der Regelaltersgrenze) Rente für Bergleute wegen verminderter Berufsfähigkeit im Bergbau bewilligt.
Die Beklagte teilte der Klägerin mit Schreiben vom 5. April 2013 mit, dass das Arbeitsverhältnis aufgrund der Rentenbewilligung zwei Wochen nach Zugang dieses Schreibens, spätestens mit Ablauf des 22. April 2013, enden werde. Das Schreiben ging der Klägerin am 8. April 2013 zu.
Mit der am 29. April 2013 beim Arbeitsgericht eingegangenen und der Beklagten am 10. Mai 2013 zugestellten Klage hat die Klägerin ua. die Auffassung vertreten, das Arbeitsverhältnis habe nicht nach § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geendet, weil die Beklagte die dafür nach § 92 Satz 1 SGB IX in der bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (im Folgenden SGB IX) notwendige Zustimmung des Integrationsamts nicht eingeholt habe, obwohl sie Kenntnis von ihrer Behinderung und dem Gleichstellungsantrag gehabt habe.
Die Klägerin hat zuletzt beantragt
festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien nicht mit Ablauf des 22. April 2013 beendet ist.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, das Arbeitsverhältnis habe nach § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geendet. Die fehlende Zustimmung des Integrationsamts stehe dem nicht entgegen, da
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die Klägerin im Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheids vom 18. September 2012 noch keinen Gleichstellungsantrag gestellt gehabt habe. Daher habe nicht die Pflicht bestanden, zu der Beendigung des Arbeitsverhältnisses die Zustimmung des Integrationsamts nach § 92 SGB IX einzuholen.
Das Arbeitsgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Landesarbeitsgericht das Urteil des Arbeitsgerichts abgeändert und die Klage abgewiesen. Mit ihrer Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung der erstinstanzlichen Entscheidung. Die Beklagte beantragt die Zurückweisung der Revision.
Entscheidungsgründe
Die Revision der Klägerin ist begründet. Sie führt zur Aufhebung der angefochtenen Entscheidung und zur Wiederherstellung des der Klage stattgebenden Urteils des Arbeitsgerichts. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das Arbeitsverhältnis hat nicht nach § 33 Abs. 2 TV DRV KBS iVm. §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG am 22. April 2013 geendet, da die zur Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 92 Satz 1 SGB IX in der hier maßgeblichen, bis zum 31. Dezember 2017 geltenden Fassung (SGB IX) erforderliche Zustimmung des Integrationsamts nicht vorlag.
I. Die in § 33 Abs. 2 Satz 1 TV DRV KBS geregelte auflösende Bedingung gilt nicht nach §§ 21, 17 Satz 2 TzBfG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirksam und eingetreten. Die Klägerin hat rechtzeitig innerhalb der Dreiwochenfrist der §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG Bedingungskontrollklage erhoben.
1. Die dreiwöchige Klagefrist nach §§ 21, 17 Satz 1 TzBfG beginnt bei Bedingungskontrollklagen grundsätzlich mit dem Tag, an dem die auflösende Bedingung eingetreten ist. Da der auflösend bedingte Arbeitsvertrag nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen
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Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der Bedingung endet, wird in den Fällen, in denen die Bedingung bereits vor Ablauf der Zweiwochenfrist eingetreten ist, die Klagefrist gemäß §§ 21, 17 Satz 1 und Satz 3, § 15 Abs. 2 TzBfG erst mit dem Zugang der schriftlichen Erklärung des Arbeitgebers, das Arbeitsverhältnis sei aufgrund des Eintritts der Bedingung beendet, in Lauf gesetzt (BAG 15. Februar 2017 - 7 AZR 82/15 - Rn. 14; 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292).
2. Danach begann hier die Klagefrist mit Zugang der Beendigungsmitteilung der Beklagten vom 5. April 2013 bei der Klägerin am 8. April 2013 und endete am 29. April 2013 (§ 187 Abs. 1, § 188 Abs. 2 Alt. 1 BGB). Die Klägerin hat mit Schriftsatz vom 29. April 2013, der am selben Tag beim Arbeitsgericht eingegangen und der Beklagten am 10. Mai 2013 und damit „demnächst“ (§ 167 ZPO) zugestellt worden ist, die dreiwöchige Frist gewahrt.
II. Das Arbeitsverhältnis hat nicht nach § 33 Abs. 2 TV DRV KBS iVm. §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG am 22. April 2013 geendet. Zugunsten der Beklagten kann unterstellt werden, dass die Bestimmungen in § 33 Abs. 2, Abs. 3 TV DRV KBS aufgrund der Bezugnahme in § 2 des Arbeitsvertrags vom 29. November 1996 auf das Arbeitsverhältnis der Parteien Anwendung finden, dass die auflösende Bedingung aufgrund der Zustellung des Rentenbescheids vom 18. September 2012 und nicht erst aufgrund eines späteren Rentenbescheids eingetreten ist, dass die tarifliche Regelung über die auflösende Bedingung in § 33 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 TV DRV KBS wirksam ist (vgl. zu den inhaltsgleichen Bestimmungen des § 33 Abs. 2 Satz 1, Abs. 3 TV-L BAG 23. März 2016 - 7 AZR 827/13 - Rn. 19 ff., BAGE 155, 1) und dass für die Klägerin keine Möglichkeit zur Weiterbeschäftigung iSv. § 33 Abs. 3 TV DRV KBS bestand. Entgegen der Auffassung des Landesarbeitsgerichts konnte die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung über den Eintritt der auflösenden Bedingung durch die Beklagte vom 5. April 2013 eintreten, weil die für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses nach § 92 Satz 1 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamts nicht vorlag.
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1. Das Landesarbeitsgericht hat angenommen, die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 33 Abs. 2 TV DRV KBS habe nicht der Zustimmung des Integrationsamts bedurft. Die Klägerin habe den erweiterten Beendigungsschutz nach § 92 Satz 1 SGB IX nicht in Anspruch nehmen können, da sie im Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheids vom 18. September 2012 die Gleichstellung noch nicht beantragt gehabt habe. Aufgrund der Ausnahmeregelung in § 90 Abs. 2a SGB IX, die nach § 92 Satz 2 SGB IX ua. bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung entsprechend gelte, müsse bei Zustellung des Rentenbescheids entweder die Schwerbehinderung anerkannt oder die Gleichstellung erfolgt oder zumindest ein entsprechender Antrag nach § 69 Abs. 2 SGB IX gestellt worden sein. Die Gleichstellung wirke zwar gemäß § 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX auf den Tag der Antragstellung zurück, nicht jedoch darüber hinaus.
2. Diese Annahme hält der revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand.
Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung aufgrund des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung erfordert nach § 92 Satz 1 SGB IX die Zustimmung des Integrationsamts, wenn bei Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG die Anerkennung der Schwerbehinderung oder die Gleichstellung mit einem schwerbehinderten Menschen erfolgt ist oder die entsprechende Antragstellung mindestens drei Wochen zurückliegt.
a) Nach § 92 Satz 1 SGB IX erfordert die Beendigung des Arbeitsverhältnisses eines schwerbehinderten Menschen die vorherige Zustimmung des Integrationsamts, wenn sie im Falle des Eintritts einer teilweisen Erwerbsminderung, der Erwerbsminderung auf Zeit, der Berufsunfähigkeit oder der Erwerbsunfähigkeit auf Zeit ohne Kündigung erfolgt. Der erweiterte Beendigungsschutz gilt nicht nur für schwerbehinderte Menschen, sondern auch für Personen, die auf ihren Antrag hin durch Bescheid der Agentur für Arbeit einem schwerbehinderten Menschen gleichgestellt sind (§ 2 Abs. 3, § 68 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX). Die Gleichstellung ist ein konstitutiver Verwaltungsakt, der nach
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§ 68 Abs. 2 Satz 2 SGB IX rückwirkend zum Zeitpunkt der Antragstellung wirksam wird (BAG 1. März 2007 - 2 AZR 217/06 - Rn. 29 ff., BAGE 121, 335).
b) Gemäß § 92 Satz 2 SGB IX gelten die Vorschriften zum Kündigungsschutz (§ 85 bis § 91 SGB IX) im vierten Kapitel des zweiten Teils des SGB IX entsprechend für den erweiterten Beendigungsschutz schwerbehinderter Arbeitnehmer nach § 92 Satz 1 SGB IX. § 90 Abs. 2a SGB IX bestimmt, dass die Vorschriften dieses Kapitels keine Anwendung finden, wenn die Eigenschaft als schwerbehinderter Mensch zum Zeitpunkt der Kündigung nicht nachgewiesen ist oder das Versorgungsamt nach Ablauf der Frist des § 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX eine Feststellung wegen fehlender Mitwirkung nicht treffen konnte. Aus § 68 Abs. 1 und Abs. 3 SGB IX folgt, dass § 90 Abs. 2a SGB IX in beiden Alternativen auch für gleichgestellte behinderte Menschen iSd. § 2 Abs. 3 SGB IX gilt.
Das Eingreifen des Sonderkündigungsschutzes setzt damit grundsätzlich voraus, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung entweder die Schwerbehinderung bereits anerkannt (oder eine Gleichstellung erfolgt) ist oder die Stellung des Antrags auf Anerkennung der Schwerbehinderung (bzw. auf Gleichstellung) mindestens drei Wochen (§ 69 Abs. 1 Satz 2, § 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX) zurückliegt (vgl. BAG 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 18; 9. Juni 2011 - 2 AZR 703/09 - Rn. 18; 1. März 2007 - 2 AZR 217/06 - Rn. 38 ff., BAGE 121, 335). Dementsprechend ist der besondere Schutz schwerbehinderter oder diesen gleichgestellter Arbeitnehmer nach § 92 Satz 1 SGB IX vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses ohne Kündigung wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht gemäß § 90 Abs. 2a SGB IX ausgeschlossen, wenn bei Zugang der Unterrichtung nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG die Anerkennung als schwerbehinderter Mensch (§ 69 Abs. 1 Satz 2 SGB IX) oder die Gleichstellung (§ 68 Abs. 1 und Abs. 2 SGB IX) bereits erfolgt war oder der Arbeitnehmer den entsprechenden Antrag mindestens drei Wochen (§ 14 Abs. 2 Satz 2 SGB IX) zuvor gestellt hatte. Danach muss der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamts einholen, wenn der Arbeitnehmer zwar noch nicht im Zeitpunkt der Zustellung des Bescheids über die Bewilligung einer Rente
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wegen teilweiser Erwerbsminderung, wohl aber bei Zugang der Unterrichtung nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG als schwerbehinderter Mensch anerkannt oder diesem gleichgestellt war, oder die entsprechende Antragstellung mindestens drei Wochen zurücklag.
aa) Für dieses Verständnis spricht bereits der Wortlaut des § 92 SGB IX.
Danach erfordert die „Beendigung“ des Arbeitsverhältnisses in den in der Vorschrift genannten Fällen die Zustimmung des Integrationsamts. Die Beendigung des Arbeitsverhältnisses erfolgt bei der in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geregelten auflösenden Bedingung des Eintritts der teilweisen Erwerbsminderung entgegen dem Wortlaut der Tarifbestimmung nicht bereits mit der Zustellung des die Erwerbsminderung feststellenden Rentenbescheids, sondern nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens mit dem Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Zeitpunkt des Eintritts der auflösenden Bedingung.
bb) Diese Auslegung entspricht dem Zweck der §§ 85, 92 Satz 1 SGB IX.
Dieser besteht darin, im Vorfeld einer Vertragsbeendigung den gesetzlich besonders geschützten Interessen eines schwerbehinderten oder diesem gleichgestellten Arbeitnehmers Rechnung zu tragen und eine damit unvereinbare Vertragsbeendigung zu verhindern. Diesem Schutzzweck liefe es zuwider, wenn der Arbeitgeber die Zustimmung des Integrationsamts zu der Vertragsbeendigung nicht einholen müsste, obwohl er ab der Zustellung des Rentenbescheids die gesetzlichen Schutzinteressen des schwerbehinderten bzw. diesem gleichgestellten Arbeitnehmers wahrzunehmen hat.
(1) § 85 SGB IX unterwirft die Ausübung des Kündigungsrechts durch den Arbeitgeber einer vorherigen staatlichen Kontrolle, um bereits im Vorfeld der Kündigung die besonderen Schutzinteressen schwerbehinderter Arbeitnehmer oder ihnen Gleichgestellter zur Geltung zu bringen und eine mit den Schutzzwecken des Gesetzes unvereinbare Kündigung zu verhindern (BVerwG 10. September 1992 - 5 C 39.88 - BVerwGE 91, 7). Durch den besonderen gesetzlichen Bestandsschutz soll sichergestellt werden, dass das in §§ 80 ff. SGB IX zum Ausdruck kommende gesetzgeberische Anliegen, schwerbehinder-
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ten Arbeitnehmern zu einer ihren Fähigkeiten und Kenntnissen angemessenen Beschäftigung zu verhelfen, nicht wieder zunichte gemacht wird, indem sich Arbeitgeber ihrer Pflicht zur Eingliederung schwerbehinderter Menschen in den Arbeitsprozess im Einzelfall durch Kündigung entledigen. Dazu findet eine Vorprüfung der Kündigung in einem Verwaltungsverfahren statt, bei der die Verwaltungsbehörde ihrerseits an das materielle Kündigungsrecht gebunden ist (vgl. BAG 16. März 1994 - 8 AZR 688/92 - zu II 3 b aa der Gründe, BAGE 76, 142).
(2) Diese Grundsätze gelten gemäß § 92 Satz 2 SGB IX für den Eintritt einer auflösenden Bedingung bei teilweiser Erwerbsminderung nach § 92 Satz 1 SGB IX entsprechend. Da das Arbeitsverhältnis im Falle einer auflösenden Bedingung nicht ohne weiteres bei Bedingungseintritt, sondern nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG frühestens zwei Wochen nach Zugang der schriftlichen Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung endet, kommt es für das Zustimmungserfordernis nach § 92 Satz 1 SGB IX nicht auf den Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheids über die teilweise Erwerbsminderung an, sondern auf den Zeitpunkt des Zugangs der Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG.
Zwar führt bei der in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS geregelten auflösenden Bedingung der Erwerbsminderung nicht die Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG zur Auflösung des Arbeitsverhältnisses. Beendigungstatbestand ist vielmehr die Zustellung des die Erwerbsminderung feststellenden Rentenbescheids. Gleichwohl kann das Arbeitsverhältnis aufgrund der gesetzlichen Anordnung entgegen dem Wortlaut der Tarifbestimmung frühestens zwei Wochen nach Zugang der Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber enden. Bis dahin besteht das Arbeitsverhältnis mit allen Rechten und Pflichten fort. Wird der Arbeitnehmer in dieser Zeit als schwerbehinderter Mensch anerkannt oder einem solchen gleichgestellt, sind grundsätzlich die Schutzbestimmungen des SGB IX zu beachten. Dies spricht dafür, dass für die Erforderlichkeit der Zustimmung des Integrationsamts nicht der Zeitpunkt der Zustellung des Rentenbescheids, son-
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dern des Zugangs der Unterrichtung durch den Arbeitgeber maßgeblich ist. Bei der Unterrichtung über den Eintritt der auflösenden Bedingung handelt es sich zwar - anders als bei einer Kündigung - nicht um eine rechtsgestaltende Willenserklärung, sondern um eine rechtsgeschäftsähnliche Handlung, weil deren Rechtsfolgen nicht wie bei Willenserklärungen kraft des ihnen innewohnenden Willensakts, sondern kraft Gesetzes eintreten (vgl. etwa BAG 29. Juni 2017 - 8 AZR 402/15 - Rn. 22, BAGE 159, 334). Für derartige rechtsgeschäftsähnliche Erklärungen gelten die Bestimmungen über Willenserklärungen entsprechend ihrer Eigenart (vgl. BAG 29. Juni 2017 - 8 AZR 402/15 - Rn. 21, aaO). Die von der Unterrichtung über den Eintritt der auflösenden Bedingung nach §§ 21, 15 Abs. 2 TzBfG iVm. § 33 Abs. 2 TV DRV KBS ausgehenden tatsächlichen Wirkungen für die Beendigung des Arbeitsverhältnisses sind denjenigen einer Kündigung ähnlich. Da es für das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamts zur Kündigung darauf ankommt, ob die Schwerbehinderung oder Gleichstellung bei Zugang der Kündigung anerkannt bzw. erfolgt oder zumindest länger als drei Wochen zuvor ein entsprechender Antrag gestellt war, erscheint es geboten, das Zustimmungserfordernis in den Fällen des § 92 SGB IX daran zu knüpfen, dass im Zeitpunkt des Zugangs der Unterrichtung des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber über den Eintritt der auflösenden Bedingung die Schwerbehinderung anerkannt, die Gleichstellung erfolgt oder mindestens drei Wochen zuvor ein entsprechender Antrag gestellt war.
cc) Diese Auslegung steht im Einklang mit der Rechtsprechung des Senats, dass auch für das Bestehen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten nach § 33 Abs. 3 TV DRV KBS auf die Umstände bei Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung und nicht auf die Umstände bei Zustellung des Rentenbescheids abzustellen ist (vgl. zu inhaltsgleichen Tarifbestimmungen: BAG 27. Juli 2016 - 7 AZR 276/14 - Rn. 34, BAGE 156, 8; 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 65 f., BAGE 148, 357; 10. Oktober 2012 - 7 AZR 602/11 - Rn. 14; 6. April 2011 - 7 AZR 704/09 - Rn. 22, BAGE 137, 292; 15. März 2006 - 7 AZR 332/05 - Rn. 36, BAGE 117, 255).
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Nach § 33 Abs. 3 TV DRV KBS endet das Arbeitsverhältnis nicht, wenn der Beschäftigte seine Weiterbeschäftigung binnen zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids schriftlich beantragt hat und er nach seinem vom zuständigen Rentenversicherungsträger festgestellten Leistungsvermögen auf seinem bisherigen oder einem anderen geeigneten und freien Arbeitsplatz weiterbeschäftigt werden könnte, soweit dringende dienstliche bzw. betriebliche Gründe nicht entgegenstehen. Zwar verlangt § 33 Abs. 3 TV DRV KBS damit seinem Wortlaut nach, dass der Beschäftigte innerhalb von zwei Wochen nach Zugang des Rentenbescheids seine Weiterbeschäftigung schriftlich beantragt. Nach der gebotenen verfassungskonformen Auslegung des § 33 Abs. 3 TV DRV KBS kommt es aber nicht auf diesen Zeitpunkt, sondern darauf an, ob eine Weiterbeschäftigungsmöglichkeit für den Arbeitnehmer bei Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung vorhanden ist (vgl. BAG 30. August 2017 - 7 AZR 204/16 - Rn. 26). Nach der Rechtsprechung des Senats zu § 33 Abs. 3 TV DRV KBS vergleichbaren tariflichen Regelungen wären die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützten Interessen des Arbeitnehmers an einem effektiven Bestandsschutz nicht gewahrt, wenn die Beendigung des Arbeitsverhältnisses bereits infolge der Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung automatisch einträte, ohne dass der Arbeitnehmer effektiv die Möglichkeit hätte, eine seinen Fähigkeiten entsprechende Weiterbeschäftigung zu verlangen. Um das ihm nach § 33 Abs. 3 TV DRV KBS zustehende Recht effektiv wahrnehmen zu können, muss der Arbeitnehmer wissen, welche Rechtsfolgen von einem Rentenbescheid auf sein Arbeitsverhältnis ausgehen und welche Mitwirkung ihm im Hinblick auf eine Wahrnehmung seiner Bestandsschutzinteressen nach Bewilligung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung obliegt (vgl. BAG 23. Juli 2014 - 7 AZR 771/12 - Rn. 66, BAGE 148, 357). Für das Bestehen von Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten sind somit die Umstände bei Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung maßgeblich, wenn die Bedingung bereits zuvor eingetreten ist. Es ist daher folgerichtig, auch für das Erfordernis der Zustimmung des Integrationsamts nach § 92 SGB IX auf die Umstände bei Zugang der Mitteilung des Arbeitgebers über den Eintritt der auflösenden Bedingung abzustellen.
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c) Danach hätte die Beklagte vor ihrer Mitteilung vom 5. April 2013 über den Eintritt der in § 33 Abs. 2 TV DRV KBS bestimmten auflösenden Bedingung die Zustimmung des Integrationsamts nach § 92 Satz 1 SGB IX einholen müssen. Bei Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten vom 5. April 2013 über den Eintritt der auflösenden Bedingung bei der Klägerin am 8. April 2013 war die Gleichstellung bereits erfolgt und die Beklagte hatte seit dem 26. Oktober 2012 von dem Gleichstellungsantrag Kenntnis. Daher hatte die Klägerin den erweiterten Beendigungsschutz nach § 92 SGB IX auch nicht verwirkt (vgl. zur Verwirkung des Sonderkündigungsschutzes nach § 85 SGB IX BAG 22. September 2016 - 2 AZR 700/15 - Rn. 22 f.). Damit hat das Arbeitsverhältnis nicht aufgrund des bestandskräftigen Bescheids über die Bewilligung der Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung vom 18. September 2012 zwei Wochen nach dem am 8. April 2013 erfolgten Zugang des Unterrichtungsschreibens der Beklagten vom 5. April 2013 geendet, da die nach § 92 Satz 1 SGB IX erforderliche Zustimmung des Integrationsamts nicht vorlag.
III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Gräfl
M. Rennpferdt
Kiel
Kley
Busch
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