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LAG Thü­rin­gen, Ur­teil vom 27.05.2014, 7 Sa 398/12

   
Schlagworte: Betriebsübergang, Betriebsübergang: Unterrichtung, Betriebsübergang: Widerspruch
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Thüringen
Aktenzeichen: 7 Sa 398/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 27.05.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Gera, Urteil vom 27.09.2012, 4 Ca 245/12
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.11.2015, 8 AZR 773/14
   

Thürin­ger Lan­des­ar­beits­ge­richt

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt in Er­furt auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 27.05.2014

durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Brum­mer

als Vor­sit­zen­den

und die Eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Wal­ter und Rietz

als Bei­sit­zer

für Recht er­kannt:

 

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ge­ra vom 27.09.2012, 4 Ca 245/12, wird auf sei­ne Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

TAT­BESTAND

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob zwi­schen ih­nen ein Ar­beits­verhält­nis be­steht.

Seit 1991 ar­bei­te­te der Kläger bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin. Der Beschäfti­gungs­be­trieb, ein Call­cen­ter in G..., ging am 01.09.2007 von der Be­klag­ten auf die V...... ........ ........ GmbH (V..) über und am 01.12.2008 von der V.. auf die T.........................GmbH (T......). Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers wur­de vom Be­triebs­er­wer­ber je­weils fort­ge­setzt. Mit der T....... schloss der Kläger am 21.12.2009 ei­nen sog. Sa­nie­rungs­ar­beits­ver­trag, des­sen § 1 aus­zugs­wei­se lau­tet:

Der Ar­beits­ver­trag re­gelt ab­sch­ließend und vollständig die in­di­vi­du­al­recht­li­chen Rech­te und Pflich­ten zwi­schen den Par­tei­en mit Wir­kung ab dem 01.01.2010. Er löst die bis da­hin be­ste­hen­den in­di­vi­du­el­len Re­ge­lun­gen vollständig ab, ins­be­son­de­re gel­ten in dem Ar­beits­verhält­nis seit dem 01.01.2010 kei­ne ta­rif­ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen kol­lek­tiv­recht­lich oder in­di­vi­du­al­recht­lich.

Die Un­ter­rich­tung über den ers­ten Be­triebsüber­gang war feh­ler­haft, wie das BAG in ei­nem Par­al­lel­fall mit Ur­teil vom 26.05.2011, 8 AZR 18/10, klärte. Mit Schrei­ben vom 03.11.2011 wi­der­sprach der Kläger des­halb ge­genüber der Be­klag­ten nachträglich dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses auf die V...

We­gen Be­triebs­sch­ließung kündig­te die Tel­das be­triebs­be­dingt zum 30.06.2012. Der Kläger er­hob Kündi­gungs­schutz­kla­ge, die erst­in­stanz­lich kei­nen Er­folg hat­te. Im Be­ru­fungs­ver­fah­ren 2 Sa 417/12 stell­te das Thürin­ger LAG am 10.07.2013 nach § 278 Abs.6 ZPO aus­zugs­wei­se fol­gen­den Ver­gleich fest:

1. Die kla­gen­de Par­tei nimmt hier­mit ih­re Be­ru­fung zurück. Die Par­tei­en sind sich darüber ei­nig, dass das mit der Be­ru­fung an­ge­grif­fe­ne erst­in­stanz­li­che Ur­teil des Ar­beits­ge­rich­tes Ge­ra rechts­kräftig ist.

2. Die Be­klag­te zahlt an die kla­gen­de Par­tei ei­ne wei­te­re Ab­fin­dung in Höhe von 2.000,00 Eu­ro brut­to. Auf die­se wei­te­re Ab­fin­dung wird ei­ne Ab­fin­dung laut So­zi­al­plan we­gen der Be­triebs­still­le­gung zum 30.06.2012 nicht an­ge­rech­net.

.......

So­weit zweit­in­stanz­lich noch von In­ter­es­se hat der Kläger im Rechts­streit hier die Fest­stel­lung ver­langt, dass mit der Be­klag­ten über den 01.09.2007 hin­aus ein Ar­beits­verhält­nis be­steht.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge mit Ur­teil vom 27.09.2012 ab­ge­wie­sen. Auf den Tat­be­stand wird ergänzend Be­zug ge­nom­men. Zur Be­gründung ist aus­geführt, der Wi­der­spruch vom 03.11.2011 sei un­wirk­sam. Das Wi­der­spruchs­recht nach § 613 a Abs.6 BGB sei ver­wirkt.

Der Kläger hat ge­gen das ihm am 10.10.2012 zu­ge­stell­te Ur­teil am 12.11.2012 (Mon­tag) Be­ru­fung ein­ge­legt und am 05.12.2012 be­gründet.

Die Be­ru­fung rügt, das Ar­beits­ge­richt ver­ken­ne die Vor­aus­set­zun­gen der Ver­wir­kung. Es feh­le das er­for­der­li­che Um­stands­mo­ment.

Die Be­ru­fung be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­rich­tes Ge­ra vom 27.09.2012, 4 Ca 245/12 teil­wei­se ab­zuändern und fest­zu­stel­len, dass zwi­schen den Par­tei­en über den 01.09.2007 hin­aus ein Ar­beits­verhält­nis be­steht.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­digt die an­ge­grif­fe­ne Ent­schei­dung und meint ergänzend, nach dem zwei­ten Über-gang ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses von der V.. auf die T..... ha­be der Kläger dem ers­ten Über­gang ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses von der Be­klag­ten auf die V.. nicht mehr wi­der­spre­chen können.

Ergänzend wird auf die in der zwei­ten In­stanz ge­wech­sel­ten Schriftsätze und auf das Pro­to­koll der Be­ru­fungs­ver­hand­lung Be­zug ge­nom­men.

ENT­SCHEI­DUN­GSGRÜNDE

Die Be­ru­fung des Klägers ist un­be­gründet. Seit dem 01.09.2007 be­steht zwi­schen den Par-tei­en kein Ar­beits­verhält­nis mehr.

Nach § 613 a Abs.1 S.1 BGB ist die Be­klag­te zum 31.08.2007 we­gen Be­triebsüber­g­an­ges auf die V.. aus der Ar­beit­ge­ber­stel­lung aus­ge­schie­den. Der mit Schrei­ben vom 03.11.2011 erklärte Wi­der­spruch des Klägers ver­hin­dert nicht rück­wir­kend den Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses auf die V... Der Wi­der­spruch geht ins Lee­re, weil das Ar­beits­verhält­nis schon am 01.12.2008 in­fol­ge des wei­te­ren Be­triebsüber­g­an­ges auf die T..... über­ge­gan­gen war. Der Kläger be­haup­tet nicht, auch in­so­weit (recht­zei­tig) wi­der­spro­chen zu ha­ben. Zweck des Wi­der­spru­ches ist, den Be­triebs­er­wer­ber als Ar­beit­ge­ber zu ver­hin­dern. Die­ser Zeck greift nicht, wenn der Be­triebs­er­wer­ber we­gen ei­nes wei­te­ren Be­triebsüber­g­an­ges nicht mehr Ar­beit­ge­ber ist. Dem­ent­spre­chend hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt mit Ur­teil vom 24.04.2014, 8 AZR 369/13, er­kannt, dass sich der Wi­der­spruch nach § 613 a Abs.6 BGB nur ge­gen den letz­ten Über­gang des Ar­beits­verhält­nis­ses in­fol­ge des letz­ten Be­triebsüber­g­an­ges rich­tet.

Im Übri­gen wäre ein Wi­der­spruchs­recht auch ver­wirkt. Das Zeit­mo­ment ist erfüllt. Zwi­schen Be­triebsüber­gang vom 01.09.2007 und Wi­der­spruch vom 03.11.2011 la­gen über 4 Jah­re. Das Um­stands­mo­ment liegt dar­in, dass der Kläger über den Be­stand ih­res Ar­beits­verhält­nis­ses dis­po­niert hat. Ers­tens wur­de das Ar­beits­verhält­nis durch Sa­nie­rungs­ar­beits­ver­trag mit der T..... auf ei­ne neue Grund­la­ge ge­stellt (ThürLAG v. 05.02.2013, 1 Sa 204/12; v. 16.05.2013, 3 Sa 278/12; v. 23.05.2013, 2 Sa 190/12; v. 05.09.2013, 6 Sa 280/12). Zwei­tens hat sich die Kläge­rin im Kündi­gungs­schutz­pro­zess ge­gen die T..... auf die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen (wei­te­re) Ab­fin­dung ge­ei­nigt (vgl. BAG v. 17.10.13, 8 AZR 974/12, ju­ris).

Die Kos­ten sei­ner er­folg­lo­sen Be­ru­fung hat der Kläger nach § 97 Abs.1 ZPO zu tra­gen.

Die Re­vi­si­on war we­gen grundsätz­li­cher Be­deu­tung zu­zu­las­sen, da die schrift­li­che Be­grün-dung der BAG-Ent­schei­dung vom 24.04.2014 im Zeit­punkt der Be­ru­fungs­ver­hand­lung noch nicht vor­lag.

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