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Kün­di­gung - LAG Ber­lin seg­net be­triebs­be­ding­te Kün­di­gung auch bei Ein­satz­mög­lich­keit im Aus­land ab

Ein­satz­mög­lich­kei­ten im Aus­land schlie­ßen ei­ne be­triebs­be­ding­te Kün­di­gung nicht aus: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 01.06.2011, 4 Sa 218/11
Globus mit Europa im Vordergrund, gekreuzte rote Klebestreifen auf einigen Ländern Zu ei­ner Wei­ter­be­schäf­ti­gung im Aus­land ist der Ar­beit­ge­ber nicht ver­pflich­tet

16.11.2011. Wenn Ar­beit­neh­mer Kün­di­gungs­schutz ge­nie­ßen, ist ei­ne or­dent­li­che bzw. frist­ge­mä­ße Kün­di­gung oh­ne sach­li­chen Grund nicht mög­lich. Ein sol­cher Sach­grund, der vor § 1 Kün­di­gungs­schutz­ge­setz (KSchG) Be­stand hat, ist z.B. ei­ne Um­struk­tu­rie­rung oder ei­ne Be­triebs­stil­le­gung. Ist des­halb die Fort­set­zung des Ar­beits­ver­hält­nis­ses nicht mög­lich, ist der Ar­beit­ge­ber zur be­triebs­be­ding­ten Kün­di­gung be­rech­tigt.

Al­ler­dings muss der der Ar­beit­neh­mer den (völ­li­gen) Weg­fall von Ein­satz­mög­lich­kei­ten vor Ge­richt be­le­gen, wenn der Ar­beit­neh­mer Kün­di­gungs­schutz­kla­ge er­hebt. Wen­det er z.B. vor Ge­richt ein, dass er in ei­nem an­de­ren Be­trieb des Ar­beit­ge­bers wei­ter­be­schäf­tigt wer­den könn­te, muss der Ar­beit­ge­ber die Mög­lich­keit ei­ner sol­chen Wei­ter­be­schäf­ti­gung an ei­nem an­de­ren Ort ent­kräf­ten.

Dies gilt aber nicht, wenn der Ar­beit­neh­mer im Aus­land wei­ter be­schäf­tigt wer­den könn­te. Denn zu ei­ner Wei­ter­be­schäf­ti­gung im Aus­land ist der Ar­beit­ge­ber nicht ver­pflich­tet, wenn er in Deutsch­land aus be­triebs­be­ding­ten Grün­den kün­digt - so je­den­falls das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg in ei­nem ak­tu­el­len Ur­teil (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom Ur­teil vom 01.06.2011, 4 Sa 218/11).

Be­triebs­be­ding­te Kündi­gung - auch bei Ein­satzmöglich­kei­ten im Aus­land?

Das KSchG schreibt vor, dass ei­ne be­triebs­be­ding­te Kündi­gung un­wirk­sam ist, wenn der gekündig­te Ar­beit­neh­mer "an ei­nem an­de­ren Ar­beits­platz in dem­sel­ben Be­trieb oder in ei­nem an­de­ren Be­trieb des Un­ter­neh­mens wei­ter­beschäftigt wer­den kann" (§ 1 Abs.2 Satz 2 Nr.1 b) KSchG). Nach dem Wort­laut des Ge­set­zes könn­te auch ei­ne Beschäfti­gungsmöglich­keit im Aus­land ei­ner Kündi­gung ent­ge­gen­ste­hen.

Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) ist al­ler­dings der Mei­nung, dass es auf ei­ne Beschäftsmöglich­keit in ausländi­schen Be­trie­ben nicht an­kommt. Denn deut­sche Ge­rich­te, so das Ar­gu­ment, können ausländi­schen Be­trie­ben nicht das deut­sche Ar­beits­recht auf­zwin­gen (BAG, Ur­teil vom 26.03.2009, 2 AZR 883/07).

Ge­gen das BAG spricht aber, dass mit dem KSchG gar kei­ne Beschäfti­gung im Aus­land er­zwun­gen wer­den soll, son­dern es nur um die Fra­ge geht, ob ei­ne in Deutsch­land aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung rech­tens ist. Außer­dem muss der Ar­beit­neh­mer sei­ne Be­haup­tung, er könne im Aus­land wei­ter ein­ge­setzt wer­den, erst ein­mal kon­kret be­le­gen.

LAG Ber­lin-Bran­den­burg: Das Kündi­gungs­schutz­ge­setz gilt nur für Be­trie­be in Deutsch­land

Das LAG Ber­lin-Bran­den­burg folg­te dem BAG und wies die Kla­ge ei­nes Air­lines-An­ge­stell­ten ab (LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 01.06.2011, 4 Sa 218/11). Sein Ar­beit­ge­ber, ei­ne un­ga­ri­sche Air­lines, hat­te al­len in Deutsch­land ein­ge­setz­ten Ar­beit­neh­mern gekündigt. Künf­tig soll­ten die in Deutsch­land an­fal­len­den Ar­bei­ten von Bu­da­pest aus er­le­digt wer­den und/oder un­ter Ein­satz von deut­schen Fremd­fir­men.

Der gekündig­te Ar­beit­neh­mer mein­te, die Air­lines könn­te ihn in Bu­da­pest wei­ter ein­set­zen. Die­sem Ar­gu­ment folg­te das LAG Ber­lin-Bran­den­burg nicht. Denn mit "Be­trieb" meint das KSchG, so das LAG, nur in Deutsch­land ge­le­ge­ne Be­trie­be.

Da­mit hat das LAG Ber­lin-Bran­den­burg eben­so ent­schie­den wie vor kur­zem das LAG Ham­burg in ei­nem Par­al­lel­fall, der die­sel­be un­ga­ri­sche Flug­ge­sell­schaft be­traf (LAG Ham­burg, Ur­teil vom 11.05.2011, 5 Sa 1/11 - wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 11/186 LAG Ham­burg - Kündi­gung bei Beschäfti­gungsmöglich­keit im Aus­land). An­de­rer Mei­nung war al­ler­dings vor ei­ni­gen Mo­na­ten ei­ne an­de­re Kam­mer des LAG Ham­burg, die ei­nem An­ge­stell­ten der un­ga­ri­schen Air­lines recht gab (LAG Ham­burg, Ur­teil vom 22.03.2011, 1 Sa 2/11).

Fa­zit: Das hier be­spro­che­ne Ur­teil des LAG Ber­lin-Bran­den­burg liegt der­zeit beim BAG (AZ: 2 AZR 551/11). Ob das BAG sei­ne bis­he­ri­ge Recht­spre­chung ändern wird, ist of­fen. Im­mer­hin hat das BAG vor kur­zem ge­ur­teilt, dass ei­ne Be­triebs­ver­la­ge­rung ins Aus­land ein Be­triebsüber­gang im Sin­ne von § 613a Bürger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) sein kann (BAG, Ur­teil vom 26.05.2011, 8 AZR 37/10).

Wenn aber ausländi­schen Be­triebs­er­wer­bern die Über­lei­tung der deut­schen Ar­beits­verhält­nis­se in­fol­ge ei­nes Be­triebsüber­gangs zu­ge­mu­tet wird, wie­so soll­te dann das KSchG vor der Lan­des­gren­ze halt ma­chen? Ar­beit­neh­mer, die be­triebs­be­dingt gekündigt wer­den, soll­ten bei Ein­satzmöglich­kei­ten im Aus­land ei­ne Kündi­gungs­schutz­kla­ge von ei­nem Rechts­an­walt prüfen las­sen.

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Letzte Überarbeitung: 28. März 2018

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