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LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 13.01.2011, 13 Sa 1424/10

   
Schlagworte: TVöD: Leistungsentgelt
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 13 Sa 1424/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.01.2011
   
Leitsätze: In der Protokollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD (VKA) ist bestimmt, dass bei Unterbleiben einer betrieblichen Regelung der für das Leistungsentgelt zur Verfügung stehende Betrag zum Teil in Form einer Pauschalzahlung an die Arbeitnehmer ausgezahlt wird, der Restbetrag des Gesamtvolumens hingegen das Leistungsentgelt des Folgejahres erhöht. Unterbleibt auch im Folgejahr (in den Folgejahren) eine betriebliche Regelung, erfolgt keine Auszahlung des übertragenen Restbetrages an die Arbeitnehmer (gegen ArbG Bremen-Bremerhaven 23.09.2010 - 5 Ca 5142/10 -).
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Wuppertal, Urteil vom 22.09.2010, 2 Ca 1911/10
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 16.05.2012, 10 AZR 202/11
   

13 Sa 1424/10

2 Ca 1911/10
Ar­beits­ge­richt Wup­per­tal  

Verkündet

am 13. Ja­nu­ar 2011

Wil­den
Re­gie­rungs­beschäftig­te als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT DÜSSEL­DORF

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

W. H., M. str. 28, X.,

- Kläger und Be­ru­fungskläger -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: As­ses­so­rin M. u. a., ver.di-Lan­des­be­zirk NRW,
Karl­str. 123 - 127, 40210 Düssel­dorf,

g e g e n

Ber­gi­sche Volks­hoch­schu­le, Zweck­ver­band der Städte So­lin­gen und Wup­per­tal für all­ge­mei­ne und be­ruf­li­che Wei­ter­bil­dung so­wie Fa­mi­li­en­bil­dung, ver­tre­ten durch den Ver­bands­vor­ste­her F. T., C. 66, T.,

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: As­ses­so­ren Dr. jur. C. M. u. a., Kom­mu­na­ler
Ar­beit­ge­ber­ver­band Nord­rhein-West­fa­len, Werth 79, 42275 Wup­per­tal,

hat die 13. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 13.01.2011
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Nübold als Vor­sit­zen­den so­wie die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Ku­lok und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Do­leys

für R e c h t er­kannt:

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Wup­per­tal vom 22.09.2010 – 2 Ca 1911/10 – wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird für den Kläger zu­ge­las­sen.

 

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T A T B E S T A N D :

Die Par­tei­en strei­ten über ei­nen Zah­lungs­an­spruch im Zu­sam­men­hang mit dem Leis­tungs­ent­gelt nach § 18 TVöD (VKA).

Der Kläger ist bei der Be­klag­ten als Di­plom­so­zi­al­ar­bei­ter beschäftigt. Er ist Mit­glied des bei ihr ge­bil­de­ten Per­so­nal­rats. In dem Per­so­nalüber­lei­tungs­ver­trag, wel­cher den Über­gang sei­nes ursprüng­lich mit der Stadt Wup­per­tal be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses auf die Be­klag­te re­gel­te, ver­pflich­te­te sich die Be­klag­te zur An­wen­dung des ge­sam­ten Ta­rif­werks für den öffent­li­chen Dienst. Sie ist Mit­glied des Kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­ver­ban­des Nord­rhein-West­fa­len.

Mit dem Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst (TVöD) (VKA) vom 13. Sep­tem­ber 2005 führ­ten die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en in des­sen § 18 mit Wir­kung zum 1. Ja­nu­ar 2007 ein sog. Leis­tungs­ent­gelt ein, wo­bei sie den Be­triebs­par­tei­en die Auf­ga­be über­tru­gen, das je­wei­li­ge Sys­tem der leis­tungs­be­zo­ge­nen Be­zah­lung be­trieb­lich zu ver­ein­ba­ren. In der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 heißt es:

„1. Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en sind sich darüber ei­nig, dass die zeit­ge­rech­te Einführung des Leis­tungs­ent­gelts sinn­voll, not­wen­dig und des­halb bei­der­seits ge­wollt ist. Sie for­dern des­halb die Be­triebs­par­tei­en da­zu auf, recht­zei­tig vor dem 1. Ja­nu­ar 2007 die be­trieb­li­chen Sys­te­me zu ver­ein­ba­ren. Kommt bis zum 30. Sep­tem­ber 2007 kei­ne be­trieb­li­che Re­ge­lung zu­stan­de, er­hal­ten die Beschäftig­ten mit dem Ta­bel­len­ent­gelt des Mo­nats De­zem­ber 2008 6 v. H. des für den Mo­nat Sep­tem­ber je­weils zu­ste­hen­den Ta­bel­len­ent­gelts. Das Leis­tungs­ent­gelt erhöht sich im Fol­ge­jahr um den Rest­be­trag des Ge­samt­vo­lu­mens. So­lan­ge auch in den Fol­ge­jah­ren kei­ne Ei­ni­gung ent­spre­chend Satz 2 zu­stan­de kommt, gel­ten die Sätze 3 und 4 eben­falls. Für das Jahr 2007 er­hal­ten die Beschäftig­ten mit dem Ta­bel­len­ent­gelt des Mo­nats De­zem­ber 2007 12 v. H. des für den Mo­nat Sep­tem­ber 2007 je­weils zu­ste­hen­den Ta­bel­len­ent­gelts aus­ge­zahlt, ins­ge­samt je­doch nicht mehr als das Ge­samt­vo­lu­men gemäß Ab­satz 3 Satz 1, wenn bis zum
31. Ju­li 2007 kei­ne Ei­ni­gung nach Satz 3 zu­stan­de ge­kom­men ist.

 

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...“

Im Be­trieb der Be­klag­ten ist bis­lang kei­ne Be­triebs- bzw. Dienst­ver­ein­ba­rung zu § 18 TVöD (VKA) ver­ein­bart.

Für das Jahr 2008 zahl­te die Be­klag­te an den Kläger auf der Grund­la­ge der Pro­to­koll­no­tiz Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD ein pau­scha­les Leis­tungs­ent­gelt in Höhe von 220,93 € brut­to (6 % des Ta­bel­len­ent­gelts des Klägers für den Mo­nat Sep­tem­ber 2008).

Der Kläger hat nach ver­geb­li­cher vor­ge­richt­li­cher Auf­for­de­rung mit sei­ner Kla­ge gel­tend ge­macht, die Be­klag­te ha­be ihm mit der Aus­zah­lung des pau­scha­len Leis­tungs­ent­gelts für das Jahr 2009 im De­zem­ber 2009 ein wei­te­res Leis­tungs­ent­gelt für das Ka­len­der­jahr 2008 in Höhe von 220,93 € zah­len müssen („nicht aus­geschütte­te wei­te­re 6 % des Ta­bel­len­ent­gelts für den Mo­nat Sep­tem­ber 2009“). Hilfs­wei­se macht er ei­nen An­spruch dar­auf gel­tend, dass die Be­klag­te den für das Jahr 2008 nicht aus­geschütte­ten Rest­be­trag des Ge­samt­vo­lu­mens nach Kopf­tei­len an die Beschäftig­ten aus­zahlt. Dar­aus er­ge­be sich ein Be­trag von 219,79 € brut­to (Rest­be­trag 29.232,52 € ge­teilt durch 133 Beschäftig­te).

Das Ar­beits­ge­richt Wup­per­tal hat durch Ur­teil vom 22. Sep­tem­ber 2010, auf des­sen In­halt im Ein­zel­nen ver­wie­sen wird, die Kla­ge als un­be­gründet ab­ge­wie­sen. Hier­ge­gen rich­tet sich die vom Ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­ne Be­ru­fung des Klägers.

Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Wup­per­tal vom 22. Sep­tem­ber 2010 ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 220,93 € brut­to nebst 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.01.2010 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

 

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die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :

I.

Die Be­ru­fung des Klägers ist zulässig, ins­be­son­de­re un­ter Be­ach­tung der Vor­ga­ben der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Ver­bin­dung mit § 520 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den.

II.

Die Be­ru­fung hat je­doch in der Sa­che kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat mit zu­tref­fen­der und sorgfälti­ger Be­gründung die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Das Be­ru­fungs­ge­richt folgt dem Ar­beits­ge­richt in sei­ner Aus­le­gung des § 18 TVöD und stellt dies zwecks Ver­mei­dung unnöti­ger Wie­der­ho­lun­gen hier­mit im Sin­ne des § 69 Abs. 2 ArbGG fest. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Be­ru­fungs­an­grif­fe ist le­dig­lich ergänzend wie folgt aus­zuführen:

1.
Be­reits der ein­deu­ti­ge Wort­laut der ein­schlägi­gen, auch vom Kläger an­ge­zo­ge­nen Pro­to­kollerklärung steht dem vom Kläger gewünsch­ten Er­geb­nis ent­ge­gen. Es fehlt schlicht an ei­ner An­spruchs­grund­la­ge für sein Kla­ge­be­geh­ren.

§ 18 Abs. 3 Satz 1 TVöD be­stimmt zunächst das für das Leis­tungs­ent­gelt zur Verfügung ste­hen­de Ge­samt­vo­lu­men. Nach § 18 Abs. 6 TVöD ist das je­wei­li­ge Sys­tem der leis­tungs­be­zo­ge­nen Vergütung, al­so die Re­ge­lung, aus der sich die in­di­vi­du­el­len Ansprüche der Ar­beit­neh­mer er­ge­ben, be­trieb­lich zu ver­ein­ba­ren.

 

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Für den Fall, dass kei­ne sol­che Re­ge­lung zu­stan­de kommt, legt die Pro­to­kollerklärung Nr. 1 Satz 3 zu § 18 Abs. 4 TVöD fest, dass der ein­zel­ne Ar­beit­neh­mer ei­nen An­spruch auf ei­ne Zah­lung in Höhe von 6 % sei­nes Ta­bel­len­ent­gelts des Mo­nats Sep­tem­ber erhält. Der ver­blei­ben­de Rest­be­trag erhöht nach dem Fol­ge­satz das Leis­tungs­ent­gelt des Fol­ge­jah­res. Wie das Ar­beits­ge­richt zu­tref­fend aus­geführt hat, kann die­se Zuführung nur das für das Fol­ge­jahr zur Verfügung ste­hen­de Ge­samt­vo­lu­men be­tref­fen. Denn schon im ers­ten Jahr ist kein dem ein­zel­nen Ar­beit­neh­mer zu­zu­ord­nen­der Rest­be­trag be­re­chen­bar. Auch spricht der ge­nann­te Satz 4 der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 aus­drück­lich vom Rest­be­trag des „Ge­samt­vo­lu­mens“. Es liegt al­so im Fol­ge­jahr kein in­di­vi­dua­li­sier­ter Be­trag für den Ein­zel­nen be­reit. Ge­lingt auch in die­sem Fol­ge­jahr kei­ne be­trieb­li­che Re­ge­lung nach § 18 Abs. 6 TVöD, sind die Rechts­fol­gen der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 Satz 5 zu § 18 Abs. 4 TVöD zu ent­neh­men: Es gel­ten da­nach wie­der­um die Sätze 3 und 4, dh. der Ar­beit­neh­mer erhält für das ers­te Fol­ge­jahr pau­schal 6 % sei­nes Sep­tem­ber-Ta­bel­len­ent­gelts, während der Rest­be­trag des Ge­samt­vo­lu­mens dem Leis­tungs­ent­gelt des wei­te­ren Fol­ge­jah­res zu­zuführen ist. Der aus­drück­lich ge­re­gel­te Aus­zah­lungs­an­spruch des Ar­beit­neh­mers ist da­her in kei­ner Wei­se da­von be­trof­fen, wie viel Geld im „Topf“ zur Verfügung steht, al­so auch nicht da­durch, dass die­ser auf­grund der Zuführung des Rest­be­tra­ges des Vor­jah­res größer ge­wor­den ist. Es liegt auf der Hand, dass die Ta­rif­par­tei­en die Mo­da­litäten der Ausschüttung die­ses Ge­samt­be­tra­ges an die Ar­beit­neh­mer den Be­triebs­par­tei­en über­las­sen woll­ten, in der Hoff­nung, dass die­se in dem Fol­ge­jahr dem ta­rif­li­chen Auf­trag Fol­ge leis­ten wer­den, ei­ne Ver­ein­ba­rung zum Leis­tungs­ent­gelt zu tref­fen. Ei­ne Re­ge­lung da­zu, wie mit dem nach Satz 4 der Pro­to­kollerklärung auf das Fol­ge­jahr über­tra­ge­nen Rest­be­trag aus dem Aus­gangs­jahr zu ver­fah­ren ist, enthält der Ta­rif­ver­trag kon­se­quen­ter­wei­se nicht, und zwar auch nicht für den Fall, dass wie vor­lie­gend auch im Fol­ge­jahr der Ab­schluss ei­ner be­trieb­li­chen Re­ge­lung nach § 18 Abs. 6 TVöD nicht ge­lingt.

So­weit der Kläger sich auf die Sin­gu­lar­for­mu­lie­rung „im Fol­ge­jahr“ in Satz 4 der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 zu § 118 Abs. 4 TVöD be­ruft, ver­kennt er die Re­ge­lungs­tech­nik der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en. Satz 3 und 4 der Pro­to­kollerklärung

 

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be­stim­men zunächst, wie zu ver­fah­ren ist, wenn für das Jahr 2008 kei­ne be­trieb­li­che Re­ge­lung zu­stan­de kommt. Die Zuführung des Rest­be­tra­ges zum Leis­tungs­ent­gelt konn­ten sie be­reits des­halb nicht für die „Fol­ge­jah­re“ fest­le­gen, da sie woll­ten und da­von aus­ge­hen konn­ten, dass den Be­triebs­par­tei­en für das ers­te Fol­ge­jahr ei­ne Ver­ein­ba­rung nach § 18 Abs. 6 TVöD ge­lingt. Der Fall, dass dies nicht ein­tritt, ist erst in Satz 5 der ge­nann­ten Pro­to­kollerklärung ge­re­gelt.

2.
Dem vom Kläger an­ge­zo­ge­nen Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Bre­men-Bre­mer­ha­ven vom 23. Sep­tem­ber 2010 – 5 Ca 5142/10 – ver­mag die Kam­mer eben­falls kei­ne An­spruchs­grund­la­ge für sein Be­geh­ren zu ent­neh­men. Die­ses nimmt zunächst eben­falls an, dass der Ta­rif­ver­trag ins­be­son­de­re in der Pro­to­kollerklärung kei­ne aus­drück­li­che Re­ge­lung enthält, „was mit dem über die aus­ge­zahl­ten 6 % hin­aus­ge­hen­den Rest­be­trag des Ge­samt­vo­lu­mens“ ge­sche­hen soll, meint je­doch, die­se Lücke da­mit schließen zu können, dass al­lein ei­ne Aus­zah­lung an die Ar­beit­neh­mer und zwar im Fol­ge­jahr in Be­tracht kom­me. Als Be­gründung führt es an, dass al­lein die­se Aus­le­gung kei­ne Viel­zahl von of­fe­nen Fol­ge­fra­gen nach sich zie­he. Mit der Schluss­fol­ge­rung, dass „die Rest­vo­lu­mi­na im Fol­ge­jahr aus­zu­zah­len“ sei­en, über­sieht das Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven al­ler­dings, dass hierfür kein Ver­tei­lungs­schlüssel zur Verfügung steht, al­so we­der Vor­aus­set­zun­gen noch Höhe der Zah­lung fest­ge­legt sind. Be­zeich­nen­der­wei­se enthält das Ur­teil in den Gründen zur Höhe der For­de­rung des dor­ti­gen Klägers le­dig­lich die An­ga­be, die­se sei „nicht im Streit“. Dem Tat­be­stand lässt sich ent­neh­men, dass der dor­ti­ge Kläger die Aus­zah­lung des Be­tra­ges ver­langt hat, die sich aus der Dif­fe­renz zwi­schen 1 % sei­nes Jah­res­brut­to­ge­halts und den aus­ge­zahl­ten 6 % sei­nes Sep­tem­ber-Ta­bel­len­ent­gelts er­gibt. Die Pro­to­kollerklärung gibt dem ein­zel­nen je­doch ge­ra­de kei­nen An­spruch auf Aus­zah­lung des Be­tra­ges, der in Re­fe­renz zu sei­ner Vergütung in den „Topf“ ge­langt ist. In An­be­tracht ei­ner sich ständig verändern­den Be­leg­schaft, denk­ba­ren Ände­run­gen der in­di­vi­du­el­len Ar­beits­zeit oder der Ein­grup­pie­rung sind in­so­weit vielfälti­ge Möglich­kei­ten denk­bar, wie ei­ne nicht auf die Leis­tung be­zo­ge­ne Aus­za­lungs­re­ge­lung aus­se­hen könn­te. Die vom Kläger an­ge­stell­te Hilfs­be­rech­nung

 

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zeigt bei­spiel­haft auf, dass sich je nach Ge­stal­tung der An­spruchs­vor­aus­set­zun­gen für die Pau­schal­aus­zah­lung des auf das Fol­ge­jahr über­tra­ge­nen Rest­vo­lu­mens un­ter­schied­li­che Beträge er­ge­ben. Dar­auf, dass die sei­tens des Ar­beits­ge­richts Bre­men-Bre­mer­ha­ven an­geführ­te Ar­gu­men­ta­ti­on teil­wei­se (In­sol­venz, Be­triebs­sch­ließung, Un­ter­stel­lung ein Ar­beit­ge­ber des öffent­li­chen Diens­tes könn­te den Ab­schluss ei­ner Dienst­ver­ein­ba­rung ver­wei­gern, weil er die Zins­ge­win­ne aus den Rest­vo­lu­mi­na für sei­ne Zwe­cke ver­wen­den möch­te) der Le­bens­wirk­lich­keit der dem TVöD (VKA) un­ter­fal­len­den Un­ter­neh­men nicht ent­spre­chen dürf­te, kommt es nicht ein­mal mehr an.

3.
Aus der Ta­rif­ge­schich­te er­gibt sich zu­dem, dass ei­ne be­wuss­te Ta­riflücke vor¬iegt. In der bis zum 31. De­zem­ber 2007 gel­ten­den Fas­sung lau­te­te die Pro­to­kollerklärung Nr. 2 zu § 118 Abs. 4 TVöD wie folgt:

In der Ent­gelt­run­de 2008 wer­den die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en die Um­set­zung des § 18 (Leis­tungs­ent­gelt) ana­ly­sie­ren und ggf. not­wen­di­ge Fol­ge­run­gen (z. B. Schieds­stel­len) zie­hen. In die­sem Rah­men wer­den auch Höchst­fris­ten für ei­ne teil­wei­se Nicht­aus­zah­lung des Ge­samt­vo­lu­mens gemäß Satz 3 der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 fest­ge­legt; fer­ner wird ei­ne Ver­zin­sung des et­wai­gen ab dem Jahr 2008 nicht aus­ge­zahl­ten Ge­samt­vo­lu­mens geklärt.

Mit Ände­rungs­ta­rif­ver­trag Nr. 2 vom 31. März 2008 ga­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en der Pro­to­kollerklärung Nr. 2 mit Wir­kung ab dem 1. Ja­nu­ar 2008 fol­gen­de Fas­sung:

Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en be­ken­nen sich zur wei­te­ren Stärkung der Leis­tungs­ori­en­tie­rung im öffent­li­chen Dienst.

Aus der ursprüng­li­chen Fas­sung der Pro­to­kollerklärung Nr. 2 wird deut­lich, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en die Fra­ge ge­se­hen ha­ben, was mit den in das Fol­ge­jahr/die Fol­ge­jah­re über­tra­ge­nen Rest­vo­lu­mi­na ge­sche­hen soll, sie die­se je­doch nicht – ins­be­son­de­re auch nicht in der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 – be­ant­wor­tet, son­dern ei­ner ggfs. in 2008 zu tref­fen­den Re­ge­lung vor­be­hal­ten ha­ben. Im Jahr 2008 ist es je­doch nicht zu ei­ner ein­schlägi­gen ta­rif­li­chen Re­ge­lung

 

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ge­kom­men. Un­abhängig da­von, wor­auf die­se Untätig­keit der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en be­ruht, hat die­se je­doch we­der zur Fol­ge, dass sich nun­mehr qua­si au­to­ma­tisch der In­halt der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 in den vom Ar­beits­ge­richt Bre­men-Bre­mer­ha­ven an­ge­nom­me­nen In­halt ändert, noch er­laubt sie den Ge­rich­ten für Ar­beits­sa­chen, ei­ne aus ih­rer Sicht als sach­ge­recht emp­fun­de­ne Ta­rif­re­ge­lung zu ge­ne­rie­ren. Ha­ben die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ei­ne Fra­ge nicht ge­re­gelt, ist die Sch­ließung der Lücke we­der durch ergänzen­de Ta­rif­aus­le­gung noch durch Ana­lo­gie möglich. Die Ge­rich­te für Ar­beits­sa­chen sind nicht be­fugt, in die Ge­stal­tungs­frei­heit der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ein­zu­grei­fen und die die­sen durch Art. 9 GG zu­ge­wie­se­ne Auf­ga­be wahr­zu­neh­men. Dies gilt je­den­falls bei ei­ner be­wuss­ten Re­ge­lungslücke (BAG 10. No­vem­ber 1982 – 4 AZR 109/80 – AP BAT 1975 §§ 22, 23 Nr. 69; BAG 4. Sep­tem­ber 1991 – 5 AZR 647/90 – DB 1992, 1095). Die Kam­mer hat des­halb nicht darüber zu be­fin­den, ob die Auf­fas­sung des Klägers, ein An­spa­ren der nicht aus­ge­zahl­ten Rest­beträge führe zu ei­nem ein­sei­ti­gen Ei­ni­gungs­druck auf den Per­so­nal­rat oder die An­sicht der Be­klag­ten, ei­ne Aus­zah­lung kon­ter­ka­rie­re den Wunsch der Ta­rif­par­tei­en nach ei­ner leis­tungs­ori­en­tier­ten Vergütung, aus ta­rif­po­li­ti­scher Sicht vor­zugswürdig ist. Sie hat auch nicht zu be­wer­ten, ob ein Ta­rif­werk sinn­voll ist, wel­ches oh­ne Kon­fliktlösungs­mo­dell aus­sch­ließlich auf ei­ne ein­ver­nehm­li­che Re­ge­lung der Be­triebs­par­tei­en setzt. Die Kam­mer ist an das ge­bun­den, was die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ver­ein­bart bzw. be­wusst nicht ver­ein­bart ha­ben.

Die Ta­rif­ge­schich­te wi­der­legt zu­gleich das Ar­gu­ment des Ar­beits­ge­richts Bre­men-Bre­mer­ha­ven, das Un­ter­las­sen ei­ner Ver­zin­sung der the­sau­ri­er­ten Rest­vo­lu­mi­na spre­che für sei­ne Auf­fas­sung. Es hat of­fen­sicht­lich über­se­hen, dass die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en die­se The­ma­tik nach dem ursprüng­li­chen In­halt der Pro­to­kollerklärung Nr. 2 be­wusst zurück­ge­stellt hat­ten.

Auch wenn die im Jahr 2008 ver­ein­bar­te Neu­fas­sung der Pro­to­kollerklärung Nr. 2 we­nig kon­kret ist, kann ihr zu­dem kei­nes­falls der Wil­le der Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ent­nom­men wer­den, ei­nen Zu­stand, wie er bei der Be­klag­ten ein­ge­tre­ten ist, da­hin­ge­hend ak­zep­tie­ren zu wol­len, dass der Ge­dan­ke ei­ner

 

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Leis­tungs­ori­en­tie­rung der Vergütung zu­guns­ten ei­ner Pau­schal­zah­lung auf­ge­ge­ben wird.

4.
Auch Satz 6 der Pro­to­kollerklärung Nr. 1 zu § 18 Abs. 4 TVöD lässt sich ent­ge­gen der An­sicht des Klägers kein ent­spre­chen­der Re­ge­lungs­wil­le auch für die Fol­ge­jah­re ent­neh­men. Die dort an­ge­ord­ne­te Rechts­fol­ge be­zieht sich aus­drück­lich nur auf das Jahr 2007. Ei­ner ana­lo­gen An­wen­dung steht wie dar­ge­legt der Um­stand ent­ge­gen, dass ei­ne be­wuss­te Ta­riflücke vor­liegt.

Zu­zu­ge­ben ist dem Kläger le­dig­lich, dass das An­spa­ren der nicht aus­ge­zahl­ten Rest­beträge zu ei­ner un­be­frie­di­gen­den Si­tua­ti­on führt. Die Be­triebs­par­tei­en ha­ben es je­doch je­der­zeit in der Hand, Ab­hil­fe zu schaf­fen. Auch wäre es ih­nen möglich, sich an die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en zu wen­den mit dem Ziel, dass die­se ih­re in der ursprüng­li­chen Pro­to­kollerklärung Nr. 2 an­ge­deu­te­ten Über­le­gun­gen zu Höchst­fris­ten und Ver­zin­sung (er­neut) auf­grei­fen.

II.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Die Kam­mer hat die Re­vi­si­on an das Bun­des­ar­beits­ge­richt gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG zu­ge­las­sen.

R E C H T S M I T T E L B E L E H R U N G :

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von dem Kläger

R E V I S I O N

ein­ge­legt wer­den.

Für die Be­klag­te ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat schrift­lich beim

 

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Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt

Fax: 0361-2636 2000

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

1. Rechts­anwälte,
2. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
3. Ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Num­mer 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In den Fällen der Zif­fern 2 und 3 müssen die Per­so­nen, die die Re­vi­si­ons­schrift un­ter­zeich­nen, die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Ei­ne Par­tei, die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten.

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

 

Nübold 

Ku­lok 

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