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LAG Nie­der­sach­sen, Be­schluss vom 07.04.2009, 11 TaBV 91/08

   
Schlagworte: Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Niedersachsen
Aktenzeichen: 11 TaBV 91/08
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 07.04.2009
   
Leitsätze:

Die Antragstellerin beschäftigt in ihrem Staatstheater 10 Beleuchtungsmeister, die unbefristet auf der Grundlage des TVöD angestellt sind. Im Dezember 2007/März 2008 teilte sie dem Betriebsrat mit, sie beabsichtige einen neuen Beleuchtungsmeister befristet auf Grundlage des sog. Normalvertrag Bühne einzustellen. Nach § 67 NV Bühne ist eine Gage frei auszuhandeln.

Trotz Widerspruchs des Betriebsrats vollzog die Antragstellerin die Einstellung. Einen Antrag nach § 100 BetrVG hat der Betriebsrat nicht gestellt. Die Antragstellerin begehrt nun mit mehreren Feststellungsanträgen zu klären, dass dem Betriebsrat bei einer Einstellung nach NV Bühne keine Mitbestimmungsrechte zustehen.

Soweit sich die Feststellungsanträge auf die vollzogene Einzelmaßnahme beziehen, sind sie unzulässig, weil das Verfahren nach §§ 99, 100 BetrVG den Rechtsschutz umfassend ausgestaltet. Ein weitergehendes Feststellungsinteresse des Arbeitgebers ist nicht gegeben.

Soweit die Antragstellerin einen allgemeinen Feststellungsantrag für die Zukunft gestellt hat, ist dieser zulässig, aber unbegründet. Dem Betriebsrat stehen auch bei der Vereinbarung des NV Bühne Mitbestimmungsrechte zu, deren Umfang im vorliegenden Verfahren nicht im Einzelnen geklärt zu werden braucht. Zwar enthält der NV Bühne selbst keine Vergütungsordnung. Schon die Entscheidung des Arbeitgebers im Vorfeld, ob eine Einstellung auf der Basis des TVöD oder des NV Bühne erfolgen soll, stellt aber eine mitbestimmungspflichtige Eingruppierungsentscheidung dar (im Anschluss an BAG vom 26.10.2004 - 1 ABR 37/03 und vom 17.06.2008 - 1 ABR 37/07).

Dem steht auch § 118 Abs. 1 BetrVG nicht entgegen, da hier keine Beschäftigten betroffen sind, die an der Tendenzverwirklichung unmittelbar und maßgeblich beteiligt sind.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Hannover
   

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT

NIE­DERSACHSEN


Verkündet am:

07.04.2009

Ge­richts­an­ge­stell­te als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

IM NA­MEN DES VOL­KES

BESCHLUSS

11 TaBV 91/08

5 BV 4/08 ArbG Han­no­ver

In dem Be­schluss­ver­fah­ren

An­trag­stel­le­rin, Be­schwer­de­geg­ne­rin und Be­tei­lig­te zu 1

u n d

An­trags­geg­ner, Be­schwer­deführer und Be­tei­lig­ter zu 2

hat die 11. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Nie­der­sach­sen auf­grund der Anhörung vom 24. Fe­bru­ar 2009 durch

den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Voigt,
die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Frau Kam­mann,
den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Herrn Her­trich

be­schlos­sen:

Auf die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 2) wird der Be­schluß des Ar­beits­ge­richts Han­no­ver vom 09.07.2008 – 5 BV 4/08 – ab­geändert.

Der Fest­stel­lungs­an­trag zu 3) wird – auch in der Fas­sung des Hilfs­an­tra­ges – ab­ge­wie­sen.

Im Übri­gen wird das Ver­fah­ren ein­ge­stellt.

 

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Die Rechts­be­schwer­de wird nicht zu­ge­las­sen.

Gründe:

I.
Die Be­tei­lig­ten strei­ten um meh­re­re Rechts­fra­gen im Zu­sam­men­hang mit der Ein­stel­lung des Mit­ar­bei­ters Herrn H. als Be­leuch­tungs­meis­ter.

Im Be­trieb der An­trag­stel­le­rin wer­den die Ar­beits­be­din­gun­gen der Beschäftig­ten durch drei un­ter­schied­li­che Ta­rif­wer­ke ge­re­gelt (Tex­te im An­la­gen­band), de­ren An­wen­dung je­weils in den ab­ge­schlos­se­nen An­stel­lungs­verträgen ver­ein­bart wird. Es han­delt sich zum ei­nen um den Ta­rif­ver­trag für die Mu­si­ker in Kul­tur­or­ches­tern (TVK), der im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren kei­ne wei­te­re Rol­le spielt. Für die Beschäftig­ten in den nicht künst­le­ri­schen, ins­be­son­de­re den tech­ni­schen Be­ru­fen wird das Ta­rif­werk des öffent­li­chen Diens­tes zu­grun­de ge­legt, das heißt der TVöD. Der Nor­mal­ver­trag (NV) Bühne vom 15.10.2002 gilt ei­ner­seits für So­lo­mit­glie­der so­wie Opern­chor- und Tanz­grup­pen­mit­glie­der. Fer­ner gilt er auch für Bühnen­tech­ni­ker. Die­ser Per­so­nen­kreis ist in § 1 Abs. 3 NV Bühne wie folgt näher be­schrie­ben:

„Bühnen­tech­ni­ker sind Tech­ni­sche Di­rek­to­ren und tech­ni­sche Lei­ter, Vorstände der Malsäle, Lei­ter des Be­leuch­tungs­we­sens, Lei­ter der Bühnen­plas­ti­ker­werkstätten, Lei­ter des Kostümwe­sens, Lei­ter der Aus­stat­tungs­werkstätten, Chef­mas­ken­bild­ner, Re­fe­ren­ten und As­sis­ten­ten der Tech­ni­schen Di­rek­to­ren und tech­ni­schen Lei­ter, Ton­meis­ter.

Ober­inspek­to­ren und In­spek­to­ren, Thea­ter- und Kostümma­ler, Be­leuch­tungs­meis­ter und Be­leuch­ter, Bühnen­plas­ti­ker (Ka­scheu­re), Mas­ken­bild­ner, Re­qui­si­ten­meis­ter und Re­qui­si­teu­re, Ge­wand­meis­ter, Bühnen­meis­ter, Ver­an­stal­tungs­tech­ni­ker, Ton­tech­ni­ker und Per­so­nen in ähn­li­cher Stel­lung sind Bühnen­tech­ni­ker im Sin­ne die­ses Ta­rif­ver­trags, wenn mit ih­nen im Ar­beits­ver­trag ver­ein­bart wird, dass sie über­wie­gend künst­le­risch tätig sind.“

Für die­sen Per­so­nen­kreis sieht § 67 NV Bühne vor, dass im Ar­beits­ver­trag ei­ne Ga­ge zu ver­ein­ba­ren ist, die min­des­tens 1.550,00 €, ab dem 01.01.2009 min­des­tens 1.600,00 € mo­nat­lich beträgt. Es ist vor­ge­se­hen, dass der Ar­beits­ver­trag mit Rück­sicht auf die künst­le­ri­schen Be­lan­ge der Bühne grundsätz­lich ein Zeit­ver­trag ist (§ 2 Abs. 2 NV Bühne).

 

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Bei der An­trag­stel­le­rin sind ca. 10 Be­leuch­tungs­meis­ter fest an­ge­stellt in un­be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­sen auf Grund­la­ge des TVöD. Für sie gel­ten dem­ent­spre­chend auch die Ein­grup­pie­rungs­vor­schrif­ten des TVöD. Da­ne­ben hat die An­trag­stel­le­rin in der Ver­gan­gen­heit auch Be­leuch­tungs­meis­ter auf der Grund­la­ge frei­er Dienst­verträge ein­ge­setzt.

Mit For­mu­lar­schrei­ben vom 10.12.2007 (Bl. 7 d. A.) in­for­mier­te die An­trag­stel­le­rin den An­trags­geg­ner darüber, dass sie be­ab­sich­ti­ge den Mit­ar­bei­ter Herrn H. als Be­leuch­tungs­meis­ter Oper ab dem 01.04.2008 be­fris­tet bis zum 31.07.2010 ein­zu­stel­len. Fer­ner war oh­ne wei­te­re Erläute­run­gen an­ge­kreuzt das Feld „Nor­mal­ver­trag (NV) Bühne“ mit hand­schrift­li­chem Zu­satz „BT“. Der Be­triebs­rat teil­te mit Schrei­ben vom 14.12.2007 (Bl. 8 d. A.) mit, er stim­me der Ein­stel­lung nicht zu. Be­leuch­tungs­meis­ter fie­len, da sie nicht über­wie­gend künst­le­risch tätig sei­en, un­ter den Gel­tungs­be­reich des TVöD. Gleich­wohl schloss die An­trag­stel­le­rin un­ter dem 16.01.2008 ei­nen Ar­beits­ver­trag für Bühnen­tech­ni­ker mit Herrn H. ab (Bl. 9 bis 12 d. A.). In des­sen § 1 ist als Tätig­keit be­schrie­ben „Be­leuch­tungs­meis­ter Oper mit über­wie­gend künst­le­ri­scher Tätig­keit“. Die wei­te­ren Ar­beits­be­din­gun­gen neh­men auf den NV-Bühne Be­zug. Es ist in § 4 des Ver­tra­ges ein fes­tes mo­nat­li­ches Ge­halt be­zif­fert. Mit An­trag vom 28.01.2008 be­an­trag­te die An­trag­stel­le­rin beim Ar­beits­ge­richt Han­no­ver, die ver­wei­ger­te Zu­stim­mung des An­trags­geg­ners zur Ein­stel­lung des Ar­beit­neh­mers H. zu er­set­zen.

Mit wei­te­rem Schrei­ben vom 18.03.2008 (Bl. 70 d. A.) teil­te die An­trag­stel­le­rin dem An­trags­geg­ner mit, dass sie be­ab­sich­ti­ge die ge­plan­te Ein­stel­lung vor­zei­tig ab dem 01.04.2008 vor­zu­neh­men, da dies aus sach­li­chen Gründen dring­lich er­for­der­lich sei, da der bis­he­ri­ge Be­leuch­tungs­meis­ter demnächst in Ren­te ge­hen wer­de und für ei­nen rei­bungs­lo­sen Über­gang die vor­ge­zo­ge­ne Ein­stel­lung des Mit­ar­bei­ters H. er­for­der­lich sei. Der An­trags­geg­ner wi­der­sprach dem mit Schrei­ben vom 20.03.2008. Mit Te­le­fax vom 25.03.2008 an das Ar­beits­ge­richt Han­no­ver be­an­tragt der An­trag­stel­ler nun­mehr zusätz­lich die Fest­stel­lung, dass die Maßnah­me der vorläufi­gen Ein­stel­lung aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich war.

Im Hin­blick auf die Be­gründung der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung durch den An­trags­geg­ner hat die An­trag­stel­le­rin mit Schrift­satz vom 04.06.2008 ih­ren An­trag da­hin ge­hend er­wei­tert, dass sie fest­ge­stellt wis­sen möch­te, dass ein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­ra­tes bei der Ent­schei­dung, den Nor­mal­ver­trag Bühne als Grund­la­ge des Ar­beits­ver­tra­ges gel­ten zu las­sen, nicht be­ste­he. Da­bei sei­en auch die sich aus § 118 Abs. 1 Be­trVG er­ge-

 

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ben­den Be­son­der­hei­ten zu berück­sich­ti­gen. Die Mit­wir­kung des Be­triebs­rats müsse sich bei ei­nem kul­tu­rel­len Ten­denz­un­ter­neh­men wie dem ei­nes Thea­ter­be­triebs auf ein Anhörungs- und In­for­ma­ti­ons­recht be­schränken.

Die An­trag­stel­le­rin hat be­an­tragt,

1.
Die vom An­trags­geg­ner ver­wei­ger­te Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung des Ar­beit­neh­mers H. zu er­set­zen,

2.
fest­zu­stel­len, dass die zum 01.04.2008 vor­ge­nom­me­ne Ein­stel­lung des Ar­beit­neh­mers H. in­ner­halb der Be­leuch­tungs­ab­tei­lung des Opern­be­trie­bes aus sach­li­chen Gründen drin­gend er­for­der­lich war,

3.
fest­zu­stel­len, dass ein Mit­be­stim­mungs­recht des An­trags­geg­ners hin­sicht­lich der Ent­schei­dung der An­trag­stel­le­rin, den Nor­mal­ver­trag Bühne als Grund­la­ge des Ar­beits­ver­tra­ges gel­ten zu las­sen, nicht be­steht.


Der An­trags­geg­ner hat be­an­tragt,

die Anträge zurück­zu­wei­sen.

Er hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Ver­ein­ba­rung des Nor­mal­ver­tra­ges Bühne sei un­zulässig ge­we­sen, da der Mit­ar­bei­ter ge­ra­de nicht über­wie­gend künst­le­risch tätig wer­de. Die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner vorläufi­gen Durchführung der Ein­stel­lung sei nicht ge­ge­ben ge­we­sen.

Das Ar­beits­ge­richt Han­no­ver hat mit Be­schluss vom 09.07.2008 den ge­stell­ten Anträgen ins­ge­samt statt­ge­ge­ben, da­bei aber den An­trag zu 3) sprach­lich kon­kre­ti­siert auf „die Ver­ein­ba­rung der An­trag­stel­le­rin mit dem Ar­beit­neh­mer H.“ . Zur Be­gründung hat es aus­geführt, der An­trag zu 1) sei da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass der Ar­beit­ge­ber hilfs­wei­se die Fest­stel­lung be­an­tra­ge, dass die Er­set­zung der Zu­stim­mung als er­teilt gel­te. Das sei der Fall, da der Be­triebs­rat in sei­nem Schrei­ben kei­ne be­acht­li­chen Gründe im Sin­ne des § 99

 

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Abs. 2 Be­trVG vor­ge­bracht ha­be. Der nach § 100 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG frist­ge­recht ge­stell­te An­trag zu 2) sei eben­falls be­gründet. Ihm dürfe nur dann nicht statt­ge­ge­ben wer­den, wenn die Maßnah­me aus sach­li­chen Gründen of­fen­sicht­lich nicht drin­gend er­for­der­lich war. Ei­ne der­ar­ti­ge Of­fen­sicht­lich­keit sei nicht ge­ge­ben. Ob tatsächlich ei­ne Er­for­der­lich­keit ge­ge­ben ge­we­sen sei, sei im vor­lie­gen­den Fall nicht zu ent­schei­den. Auch der An­trag zu 3) sei zulässig und be­gründet. Der Be­triebs­rat berühme sich zu­min­dest durch den In­halt der Zu­stim­mungs­ver­wei­ge­rung zur Ein­stel­lung ei­nes der­ar­ti­gen Mit­be­stim­mungs­rech­tes. Es lie­ge da­her ein aus­rei­chen­des Fest­stel­lungs­in­ter­es­se für die An­trag­stel­le­rin vor. Ein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­ra­tes we­gen ei­ner Ein­grup­pie­rung im Sin­ne des § 99 Abs. 1 Be­trVG sei je­doch nicht ge­ge­ben. Ei­ne Ein­grup­pie­rung set­ze die Exis­tenz ei­ner Vergütungs­ord­nung vor­aus, al­so ein kol­lek­ti­ves, min­des­tens 2 Vergütungs­grup­pen ent­hal­ten­des Ent­gelt­sche­ma, das ei­ne Zu­ord­nung der Ar­beit­neh­mer nach Be­stim­mung ge­ne­rell be­schrie­be­ner Merk­ma­le vor­se­he (BAG NZA 2005, 367). Für die Kam­mer sei nicht nach­voll­zieh­bar, ob und ggf. wenn nach wel­chen Ge­sichts­punk­ten hier der Ar­beit­ge­ber ei­ne be­reits im Vor­hin­ein fest­ge­leg­te Un­ter­schei­dung zwi­schen Mit­ar­bei­tern nach NV Bühne und Mit­ar­bei­tern nach TVöD tref­fe. Selbst wenn bis­lang al­le Mit­ar­bei­ter im Be­reich der Be­leuch­tungs­meis­ter ei­nen Ar­beits­ver­trag nach den Re­ge­lun­gen des TVöD er­hal­ten hätten, würde dar­aus noch kein abs­trakt ge­ne­rel­les Sche­ma fol­gen. Man­gels Be­ste­hen ei­ner Vergütungs­ord­nung be­ste­he da­her auch kein Mit­be­stim­mungs­recht des An­trags­geg­ners bei der Ver­ein­ba­rung.

Ge­gen die­sen ihm am 05.08.2008 zu­ge­stell­ten Be­schluss hat der An­trags­geg­ner am 27.08.2008 Be­schwer­de ein­ge­legt und die­se nach Verlänge­rung der Be­gründungs­frist frist­gemäß am 03.11.2008 be­gründet.

Den An­trag zu 1) ha­ben die Be­tei­lig­ten in der Anhörung vor dem Lan­des­ar­beits­ge­richt übe­rein­stim­mend für er­le­digt erklärt. Zur Be­gründung führt der Be­tei­lig­te zu 2) bezüglich der jetzt noch anhängi­gen Anträge zu 2) und 3) wie folgt aus: Nach der Präzi­sie­rung im Schrift­satz vom 20.05.2008 sei die Ein­stel­lung gar nicht mehr das The­ma, son­dern al­len­falls die Be­fris­tung und die vergütungs­recht­li­che Zu­ord­nung. Die­se bei­den Fra­gen müss­ten aber nicht dring­lich geklärt wer­den und sei­en mit­hin nicht un­auf­schieb­bar. Im Übri­gen sei auch kei­ne Dring­lich­keit im Sin­ne des § 100 Be­trVG für die Ein­stel­lung ge­ge­ben ge­we­sen. Bei der Nach­be­set­zung des in Ren­te ge­hen­den Herrn B. ha­be es sich um ei­nen vor­her­seh­ba­ren Fall ge­han­delt. Das Merk­mal „aus sach­li­chen Gründen“ deu­te aber dar­auf hin, dass die Dring­lich­keit auf vom Ar­beit­ge­ber nicht recht­zei­tig vor­aus­seh­ba­ren Umstän-

 

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den be­ru­hen müsse. Auch sei die sach­li­che Dring­lich­keit der Maßnah­me in der Re­gel be­reits zu­sam­men mit der Un­ter­rich­tung nach § 99 Abs. 1 Be­trVG gel­tend zu ma­chen.

Im Hin­blick auf die Klar­stel­lun­gen im Schrift­satz vom 20.02.2008 ha­be der wei­te­re An­trag zu 3) vom 04.06.2008 für das hier ge­genständ­li­che Ver­fah­ren kei­ne ei­genständi­ge Be­deu­tung. Es ge­he auch sehr viel wei­ter als dies für den kon­kre­ten Ein­stel­lungs­vor­gang zulässig wäre. Die An­trag­stel­le­rin for­de­re viel­mehr vom Ge­richt ein abs­trak­tes Rechts­gut­ach­ten.

In der Sa­che ist der Be­tei­lig­te zu 2) der Auf­fas­sung, bei „über­wie­gend künst­le­ri­scher Tätig­keit“ han­de­le es sich um ein Ta­rif­merk­mal, das ent­we­der erfüllt sei oder nicht. Die­ser Ta­rif­be­griff sei nicht iden­tisch mit dem der Ten­denz­ver­wirk­li­chung und schließe des­halb das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­ra­tes ge­ra­de nicht aus. Selbst wenn man ei­ne Ten­denzträge­rei­gen­schaft des Herrn H. un­ter­stel­len woll­te, ent­fie­len die Be­tei­li­gungs­rech­te bei Ten­denzträgern je­den­falls nicht hin­sicht­lich der Ein- und Um­grup­pie­rung.

Der Be­tei­lig­te zu 2) be­an­tragt,

den Be­schluss des Ar­beit­ge­richts A-Stadt – 5 BV 4/08 – vom 09.07.2008 ab­zuändern und die Anträge der An­trag­stel­le­rin/Be­tei­lig­ten zu 1) zurück­zu­wei­sen.

Die An­trag­stel­le­rin be­an­tragt,

die Be­schwer­de des Be­tei­lig­ten zu 2) zurück­zu­wei­sen und den Be­schluss des Ar­beits­ge­richts Han­no­ver – 5 BV 4/08 – vom 09.07.2008 auf­recht­zu-
er­hal­ten, zu Ziff 3) hilfs­wei­se fest­zu­stel­len, dass für die Ver­ein­ba­rung der An­trag­stel­le­rin mit ei­nem Ar­beit­neh­mer durch Ver­ein­ba­rung ei­ner über­wie­gen­den künst­le­ri­schen Tätig­keit ein­zel­ver­trag­lich der NV- Bühne als Grund­la­ge des Ver­tra­ges gel­ten soll, ein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats nicht be­steht (§ 1 Abs. 3 Un­terabs. 2 NV-Bühne).

Nur wenn tatsächlich ei­ne in­ner­be­trieb­li­che Vergütungs­ord­nung be­ste­he, könne der Be­triebs­rat ei­ner vom Ar­beit­ge­ber ge­plan­ten Ein­grup­pie­rung die Zu­stim­mung ver­wei­gern. Bei der Fra­ge, wel­cher Ta­rif­ver­trag zur An­wen­dung kom­me, han­de­le es sich je­doch um

 

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die Fra­ge des Gel­tungs­be­rei­ches. Ob ein Mit­ar­bei­ter im Ein­zel­fall künst­le­risch bzw. über­wie­gend künst­le­risch tätig ist (§ 1 Abs. 3 NV Bühne), ent­zie­he sich der Ent­schei­dungs­kom­pe­tenz des Be­tei­lig­ten zu 2). Auch Herr H. ha­be er­sicht­lich nicht die An­wen­dung ei­nes fal­schen Ta­rif­ver­tra­ges gerügt. Der NV Bühne ent­hal­te kei­ne Vergütungs­ord­nung. Es gel­te un­strei­tig das Prin­zip der frei­en Ga­gen­aus­han­del­bar­keit. Herr H. sei auch nicht in den NV Bühne „ein­grup­piert“ wor­den, son­dern es sei in zulässi­ger Wei­se ein Ar­beits­ver­trag nach dem thea­ter­spe­zi­fi­schen NV Bühne ge­schlos­sen. Im Übri­gen ha­be nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts der spe­zi­el­le­re Ta­rif­ver­trag Vor­rang, das sei hier der für das künst­le­ri­sche Per­so­nal.

Hin­sicht­lich des An­tra­ges zu 2) ver­weist die Be­tei­lig­te zu 1) auf den zeit­li­chen Ver­lauf des Ver­fah­rens. Der ursprüng­lich an­ge­setz­te Ter­min vor dem Ar­beits­ge­richt vom 15.02.2008 sei auf den 29.02.2008 ver­legt wor­den und so­dann wei­ter auf den 11.04.2008. Erst zu die­sem Zeit­punkt ha­be die Be­tei­lig­te zu 1) da­mit rech­nen müssen, dass ei­ne Rea­li­sie­rung zum 01.04.2008 nicht mehr möglich wäre.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Vor­brin­gens der Be­tei­lig­ten wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze so­wie die Pro­to­kollerklärun­gen Be­zug ge­nom­men.

II.
1.
Die von der An­trag­stel­le­rin ursprüng­lich gewähl­te Num­me­rie­rung der Anträge ist bei der Te­n­o­rie­rung des Ar­beits­ge­richts ent­fal­len, wird hier aber fort­geführt.

Bezüglich des Ent­schei­dungs­te­nors zu 1) (Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung) und zu 2) (vorläufi­ge Durchführung) ist die Be­schwer­de form- und frist­ge­recht ein­ge­legt wor­den. Bezüglich des Ent­schei­dungs­te­nors zu 1) ha­ben die Be­tei­lig­ten das Ver­fah­ren übe­rein­stim­mend für er­le­digt erklärt. Da­mit ist zu­gleich der Ent­schei­dungs­te­nor zu 2) er­le­digt. Der An­trag auf Zu­stim­mung zur Ein­stel­lung und be­tref­fend die vorläufi­ge Durchführung die­ser Maßnah­me bil­den ei­ne ver­fah­rens­recht­li­che Ein­heit. Der An­trag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG kann nicht iso­liert auf­recht­er­hal­ten blei­ben. So­bald fest steht, dass die per­so­nel­le Maßnah­me dau­er­haft durch­geführt wer­den kann, ist auch der Fest­stel­lungs­an­trag nach § 100 Abs. 2 Satz 3 Be­trVG er­le­digt. Das Ver­fah­ren ist in­so­weit ein­zu­stel­len (vgl. BAG vom 27.01.1987 – 1 ABR 66/85 – AP § 99 Be­trVG 1972 Nr. 42; vom 16.01.2007 – 1 ABR 16/06 – AP § 99 Be­trVG 1972 Ein­stel­lung Nr. 52).

 

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2.
Auch bezüglich des Ent­schei­dungs­te­nors zu 3) ist die Be­schwer­de form- und frist­ge­recht ein­ge­legt wor­den.

a)
Der An­trag ist in der vom Ar­beits­ge­richt te­n­o­rier­ten Fas­sung un­zulässig. Das Ver­fah­ren über die Durchführung per­so­nel­ler Ein­zel­maßnah­men ist in den §§ 99 bis 101 Be­trVG ein­sch­ließlich der ver­fah­rens­recht­li­chen Aus­ge­stal­tung ein­ge­hend ge­re­gelt. Bezüglich der letzt­lich strei­ti­gen Fra­ge der ein­grup­pie­rungs­recht­li­chen Be­hand­lung des Herrn H. hat der Be­triebs­rat ei­nen An­trag nach § 101 Be­trVG je­den­falls nicht ge­stellt. Ein darüber hin­aus­ge­hen­des ver­fah­rens­recht­lich geschütz­tes In­ter­es­se des Ar­beit­ge­bers (§ 256 ZPO), in Be­zug auf die­se kon­kre­te per­so­nel­le Ein­zel­maßnah­me das Be­ste­hen von Mit­be­stim­mungs­rech­ten klären zu las­sen, be­steht nicht.

b)
Der An­trag ist aber zulässig in der hilfs­wei­se auf­ge­nom­me­nen all­ge­mei­nen For­mu­lie­rung, mit der die An­trag­stel­le­rin ge­ne­rell für die Zu­kunft geklärt wis­sen möch­te, dass ein Mit­be­stim­mungs­recht bei ei­ner Ver­ein­ba­rung nach § 1 Abs. 3 Un­ter­ab­satz 2 NV Bühne nicht be­steht. Die am 24.02.2009 zu Pro­to­koll ge­nom­me­ne For­mu­lie­rung un­ter­schei­det sich – ab­ge­se­hen von ei­ner sprach­li­chen Un­eben­heit, - wie­der­um von dem erst­in­stanz­lich ge­stell­ten An­trag zu 3). Der ei­gent­li­che Kern des Strei­tes der Be­tei­lig­ten, wie er in dem Hilfs­an­trag zu 3) ent­hal­ten ist, ist da­her durch Aus­le­gung zu er­mit­teln. Die Be­gründung könn­te zunächst dar­auf hin­deu­ten, dass der Be­triebs­rat zu Un­recht ein Mit­be­stim­mungs­recht bei der in­halt­li­chen Aus­ge­stal­tung der Ar­beits­verträge mit den je­wei­li­gen Mit­ar­bei­tern in An­spruch neh­me. Es ent­spricht in­so­weit ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, dass das Mit­be­stim­mungs­recht nach § 99 Be­trVG nicht den Weg zu ei­ner um­fas­sen­den Kon­trol­le der In­hal­te des je­weils ab­ge­schlos­se­nen Ver­tra­ges dient (BAG vom 16.7.85 – 1 ABR 35/83 – AP § 99 Be­trVG 1972 Nr. 21; vom 28.06.94 – 1 ABR 99/93 – AP § 99 Be­trVG 1972 Ein­stel­lung Nr. 4 je­weils zu Fällen der Be­fris­tung). Es er­gibt sich al­ler­dings auch so­wohl aus den vor­ge­richt­li­chen als auch den ge­genüber dem Ge­richt ab­ge­ge­be­nen Erklärun­gen des Be­triebs­ra­tes nicht, dass die­ser ein Mit­be­stim­mungs­recht un­mit­tel­bar in Be­zug auf die in­halt­li­che Aus­ge­stal­tung bzw. den Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges für sich in An­spruch neh­men will. Bei sinn­gemäßer Be­trach­tung der Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen den Be­tei­lig­ten geht es viel­mehr um die Mit­be­stim­mungs­pflich­tig­keit der ge­dank­lich vor­ge­la­ger­ten Ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers, ob ein Ar­beit­neh­mer als „Ta­rif-

 

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an­ge­stell­ter“ nach dem TVöD oder als Mit­ar­bei­ter mit über­wie­gend künst­le­ri­scher Tätig­keit nach dem NV Bühne beschäftigt wer­den soll.

Der so ver­stan­de­ne An­trag ist aber un­be­gründet. Die ge­dank­lich vor­ge­la­ger­te Ent­schei­dung über ei­ne Ver­ein­ba­rung nach § 1 Abs. 3 Un­terabs. 2 NV Bühne un­ter­liegt der Mit­be­ur­tei­lung des Be­triebs­ra­tes nach § 99 Abs. 1 Be­trVG.

Der Mit­be­stim­mungs­tat­be­stand der Ein­grup­pie­rung weist im Ge­gen­satz zu den an­de­ren Mit­be­stim­mungs­tat­beständen des § 99 Abs. 1 Be­trVG ei­ni­ge Be­son­der­hei­ten auf. Be­griff­li­che Vor­aus­set­zung ei­ner Ein­grup­pie­rungs­ent­schei­dung ist, dass der Ar­beit­ge­ber im Be­trieb ei­ne all­ge­mei­ne Vergütungs­ord­nung an­wen­det, die aus zu­min­dest zwei un­ter­schied­li­chen Vergütungs­grup­pen be­ste­hen muss (et­wa BAG vom 26.10.04 – 1 ABR 37/03 – AP § 99 Be­trVG 1972 Ein­grup­pie­rung Nr. 29). Die An­wen­dung ei­ner der­ar­ti­gen Vergütungs­ord­nung stellt re­gelmäßig rei­ne Rechts­an­wen­dung dar, so dass in dem Mit­be­stim­mungs­ver­fah­ren für ge­stal­ten­de Ele­men­te we­nig Raum ist.

Die Ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers, ob ein Ar­beits­verhält­nis nach den ta­rif­li­chen Ein­grup­pie­rungs­vor­schrif­ten des TVöD oder nach dem Grund­satz der frei­en Ga­gen­ver­ein­ba­rung nach dem NV Bühne zu be­han­deln ist, stellt ei­ne Ein­grup­pie­rung im Sin­ne des § 99 Abs. 1 Be­trVG dar (so be­reits LAG Nie­der­sach­sen vom 05.12.05 - 11 TaBV 2/05). Maßge­ben­de Grund­la­gen da­zu fol­gen aus der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Ein­stel­lung und Um­grup­pie­rung so ge­nann­ter außer­ta­rif­li­cher An­ge­stell­ter. Nach der Recht­spre­chung des Ers­ten Se­nats ist die Be­ur­tei­lung des Ar­beit­ge­bers, die Tätig­keit des Ar­beit­neh­mers über­stei­ge die Merk­ma­le der obers­ten ta­rif­li­chen Vergütungs­grup­pe und sei da­her dem außer­ta­rif­li­chen Be­reich zu­zu­ord­nen, ei­ne Ein­grup­pie­rung im Sin­ne des § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG. Dies ist da­nach nicht nur der Fall, wenn ein bis­lang ta­rif­lich ein­grup­pier­ter Ar­beit­neh­mer erst­mals zum außer­ta­rif­li­chen Be­reich zu­ge­ord­net wird (BAG vom 26.10.04 – 1 ABR 37/03 – AP § 99 Be­trVG 1972 Ein­grup­pie­rung Nr. 29). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt nimmt auch ei­ne er­neu­te Ein­grup­pie­rungs­ent­schei­dung an, wenn ei­nem bis­her dem außer­ta­rif­li­chen Be­reich zu­ge­ord­ne­ten Ar­beit­neh­mer ein neu­er Ar­beits­be­reich zu­ge­wie­sen wird. Auch die­se er­neu­te Be­ur­tei­lung, dass der Ar­beit­neh­mer nach sei­ner neu­en Tätig­keit wei­ter­hin dem außer­ta­rif­li­chen Be­reich zu­zu­ord­nen sei und da­her nicht der ta­rif­li­chen Vergütungs­ord­nung un­ter­fal­le, wird vom Bun­des­ar­beits­ge­richt als Ein­grup­pie­rung im Sin­ne des § 99 Abs. 1 Satz 1 Be­trVG ver­stan­den. Dar­an sei der Be­triebs­rat zu be­tei­li­gen. Das Mit­be­tei­li­gungs­recht die­ne der ein­heit­li­chen und gleichmäßigen An­wen­dung der Vergütungs­ord­nung in glei­chen und ver­gleich­ba­ren Fällen (Be­schluss 12.12.06

 

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– 1 ABR 13/06 – AP § 99 Be­trVG 1972 Ein­grup­pie­rung Nr. 32; vom 17.06.2008 – 1 ABR 37/07 – AP § 99 Be­trVG 1972 Nr. 126).

Die­sel­be recht­li­che Struk­tur liegt der vor­lie­gen­den Aus­ein­an­der­set­zung zwi­schen den Be­tei­lig­ten zu­grun­de. Zwar hat der NV Bühne un­strit­tig die Rechts­qua­lität ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges, so dass nicht von „außer­ta­rif­li­chen“ Mit­ar­bei­tern ge­spro­chen wer­den kann. Der NV Bühne enthält je­doch selbst kei­ne abs­trak­ten Merk­ma­le, nach de­nen die Vergütung zu be­mes­sen ist, son­dern be­ruht auf dem Grund­satz der frei­en Aus­han­del­bar­keit von Ga­gen. Die ent­schei­den­de Par­al­le­lität liegt aber dar­in, dass in bei­den Fällen der Ar­beit­ge­ber zu­gleich die ne­ga­ti­ve Ab­gren­zung trifft, wo­nach der Ar­beit­neh­mer in­fol­ge sei­ner Tätig­kei­ten nicht in das be­trieb­lich an­wend­ba­re all­ge­mei­ne ta­rif­li­che Vergütungs­sche­ma ein­zu­grup­pie­ren ist. Dies gilt je­den­falls für Be­rufs­grup­pen, die auch dem TVöD un­ter­fal­len können, wie hier das tech­ni­sche Thea­ter­per­so­nal (SR 2 k BAT, § 1 Abs. 2 Buchst. n TVöD).

Die Grund­satz­ent­schei­dung, ob ein Mit­ar­bei­ter als tech­ni­scher Mit­ar­bei­ter nach dem TVöD ein­zu­grup­pie­ren ist oder ei­ne Ga­ge nach dem NV Bühne er­hal­ten soll, un­ter­liegt dem­nach der Mit­be­ur­tei­lung durch den Be­triebs­rat. Wel­che ein­zel­nen Ele­men­te die­ser Ent­schei­dung letzt­lich in dem Mit­be­stim­mungs­ver­fah­ren ein Wi­der­spruchs­recht des Be­triebs­ra­tes auslösen können und ggf. ar­beits­ge­richt­lich über­prüfbar sind, kann und muss in dem vor­lie­gen­den Ver­fah­ren nicht ab­sch­ließend ent­schie­den wer­den. Dies ist letzt­lich an­hand der all­ge­mei­nen Rechts­grundsätze zum Mit­be­stim­mungs­recht bei der Ein­grup­pie­rung im Ein­zel­fall zu er­mit­teln. Die Rechts­po­si­ti­on der An­trag­stel­le­rin, dass in­so­weit ein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­ra­tes über­haupt nicht be­ste­he, er­weist sich in die­ser All­ge­mein­heit je­den­falls als un­zu­tref­fend. Die von der An­trag­stel­le­rin zi­tier­te Ent­schei­dung des Bay. Ver­wal­tungs­ge­richts­ho­fes vom 02.02.07 – 17 P 06.470 be­trifft in­so­weit ei­ne deut­li­che an­de­re Fra­ge­stel­lung: zum ei­nen be­han­delt sie den Mit­be­stim­mungs­tat­be­stand der Ein­stel­lung, zum an­de­ren ist das Mit­be­stim­mungs­recht in­so­weit ge­ra­de durch aus­drück­li­che ge­setz­li­che Re­ge­lung in Art. 78 Abs. 1 BayPVG aus­ge­schlos­sen.

Dem Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­ra­tes bei der Ein­grup­pie­rung steht auch nicht der Ten­denz­schutz we­gen künst­le­ri­scher Tätig­keit nach § 118 Abs. 1 Be­trVG ent­ge­gen. Dies kann nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zwar in Be­tracht kom­men für Beschäftig­te, die die künst­le­ri­sche Ziel­set­zung der Ein­rich­tung prägen und an der Ten­denz­ver­wirk­li­chung un­mit­tel­bar und maßgeb­lich be­tei­ligt sind (et­wa BAG vom 28.10.86 – 1 ABR 16/85 – AP § 118 Be­trVG 1972 Nr. 32). Für die hier re­le­van­te Grup­pe von Beschäftig­ten, bei de­nen die Grenz­zie­hung zwi­schen dem TVöD und dem NV-Bühne strei­tig

 

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wer­den kann, ist aber zu berück­sich­ti­gen, dass sie ih­rer­seits maßgeb­lich An­wei­sun­gen des Re­gis­seurs oder In­ten­dan­ten zu be­ach­ten ha­ben. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat des­halb in der Ent­schei­dung vom 28.10.86 et­wa ei­nen Chef­mas­ken­bild­ner nicht als Ten­denzträger an­ge­se­hen. Tat­sa­chen, die zu ei­ner ab­wei­chen­den Be­ur­tei­lung An­lass gäben, hat die An­trag­stel­le­rin nicht vor­ge­tra­gen.

Die mit ge­richt­li­chem Hin­weis vom 11.12.2008 an­ge­spro­che­ne Fra­ge des § 87 Abs. 1 Nr. 10 Be­trVG kann nach al­lem da­hin­ste­hen.

Im Hin­blick auf die be­reits vor­han­de­ne Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist ein Grund zur Zu­las­sung der Rechts­be­schwer­de nicht ge­ge­ben.

 

Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die Nicht­zu­las­sung der Rechts­be­schwer­de fin­det die Be­schwer­de statt.

Die Be­schwer­de kann nur dar­auf gestützt wer­den, dass

1. ei­ne ent­schei­dungs­er­heb­li­che Rechts­fra­ge grundsätz­li­che Be­deu­tung hat,

2. das Ur­teil von ei­ner Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts, von ei­ner Ent­schei­dung des Ge­mein­sa­men Se­nats der obers­ten Ge­richtshöfe, des Bun­des, von ei­ner Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts oder, so­lan­ge ei­ne Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts in der Rechts­fra­ge nicht er­gan­gen ist, von ei­ner Ent­schei­dung ei­ner an­de­ren Kam­mer des­sel­ben Lan­des­ar­beits­ge­richts oder ei­nes an­de­ren Lan­des­ar­beits­ge­richts ab­weicht und die Ent­schei­dung auf die­ser Ab­wei­chung be­ruht,

oder

3. ein ab­so­lu­ter Rechts­be­schwer­de­grund gemäß § 547 Nr. 1 bis 5 der Zi­vil­pro­zess­ord­nung oder ei­ner ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Ver­let­zung des An­spruchs auf recht­li­ches Gehör gel­tend ge­macht wird und vor­liegt.

Die Be­schwer­de muss bin­nen ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat nach Zu­stel­lung die­ses Be­schlus­ses bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­legt wer­den.

Die An­schrift des Bun­des­ar­beits­ge­richts lau­tet:

Hu­go-Preuß-Platz 1, 99084 Er­furt.

Te­le­fax-Nr.: (0361) 26 36 – 20 00

 

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Die Be­schwer­de ist in­ner­halb ei­ner Not­frist von zwei Mo­na­ten nach Zu­stel­lung des Be­schlus­ses zu be­gründen. In der Be­schwer­de­be­gründung müssen die Vor­aus­set­zun­gen der obi­gen Nr. 2 dar­ge­legt oder die Ent­schei­dung be­zeich­net wer­den, von der der Be­schluss ab­weicht.

Vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt müssen sich die Par­tei­en durch Pro­zess­be­vollmäch­tig­te ver­tre­ten las­sen. Als Be­vollmäch­tig­te sind außer Rechts­anwälten nur die in § 11 Ab­satz 2 Satz 2 Nr. 4 und 5 ArbGG be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen zu­ge­las­sen. Die­se müssen in Ver­fah­ren vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt durch Per­so­nen mit Befähi­gung zum Rich­ter­amt han­deln.

Die Be­schwer­de­schrift, die Be­schwer­de­be­gründungs­schrift und die sons­ti­gen wech­sel­sei­ti­gen Schriftsätze im Be­schwer­de­ver­fah­ren sol­len 7-fach – für je­den wei­te­ren Be­tei­lig­ten ein Ex­em­plar mehr – bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­reicht wer­den.

 

Dr. Voigt

Kam­mann

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