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BAG, Ur­teil vom 19.07.2016, 3 AZR 134/15

   
Schlagworte: Betriebsrente, Günstigkeitsprinzip
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 3 AZR 134/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 19.07.2016
   
Leitsätze:

1. Kollidiert eine nicht günstigere individualvertragliche Versorgungszusage mit den Regelungen einer Betriebsvereinbarung, führt dies grundsätzlich dazu, dass die Individualzusage für die Dauer der Geltung der Betriebsvereinbarung verdrängt wird und damit nicht zur Anwendung gelangt.

2. Kommt die Rückabwicklung einer von einer günstigeren Betriebsvereinbarung verdrängten individualvertraglichen Versorgungszusage nicht in Betracht, müssen die Versorgungsleistungen, die dem Arbeitnehmer aufgrund der individuellen Zusage gewährt werden, auf die ihm nach der Betriebsvereinbarung zustehenden Versorgungsleistungen angerechnet werden.

3. Die Betriebsparteien sind grundsätzlich berechtigt, Arbeitnehmer, denen bereits eine individuelle Zusage auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung erteilt wurde, von einem kollektiven Versorgungswerk auszunehmen. Der vollständige Ausschluss solcher Arbeitnehmer setzt aber voraus, dass die Arbeitnehmer mit individuellen Zusagen im Versorgungsfall typischerweise eine zumindest annähernd gleichwertige Versorgung wie nach dem kollektiven Versorgungswerk erhalten.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt/Main, Urteil vom 19.12.2013, 19 Ca 3380/13
Landesarbeitsgericht Hessen, Urteil vom 22.10.2014, 6 Sa 106/14
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

3 AZR 134/15
6 Sa 106/14 Hes­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Verkündet
am 19. Ju­li 2016

Kauf­hold, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

 

Im Na­men des Vol­kes!

UR­TEIL

In Sa­chen

 

 

 

Kläger, Be­ru­fungskläger, Re­vi­si­onskläger und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te, Re­vi­si­ons­be­klag­te und Re­vi­si­onskläge­rin,

hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 19. Ju­li 2016 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Zwan­zi­ger, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Ah­rendt

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und Wem­heu­er so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Schmalz und Aschen­bren­ner für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­sio­nen des Klägers und der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Hes­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 22. Ok­to­ber 2014 - 6 Sa 106/14 - auf­ge­ho­ben.

Der Rechts­streit wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob die Be­klag­te dem Kläger künf­tig ei­ne Al­ters­ren­te nach der „D-Ver­sor­gungs­ord­nung“ zu gewähren hat.

Der im März 1952 ge­bo­re­ne Kläger wur­de zum 1. Ju­li 1986 von der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, der D mbH (im Fol­gen­den D) ein­ge­stellt. Im „Dienst­ver­trag“ des Klägers vom 17. April 1986 ist in § 1 Abs. 5 vor­ge­se­hen, dass - so­weit im Ver­trag nichts an­de­res ver­ein­bart ist - „für das Dienst­verhält­nis ergänzend der Ta­rif­ver­trag für das pri­va­te Bank­ge­wer­be und die öffent­li­chen Ban­ken in sei­ner je­weils gülti­gen Fas­sung“ An­wen­dung fin­det. Zu­vor war der Kläger bei der C Ak­ti­en­ge­sell­schaft beschäftigt; die­se hat­te ihn beim Bver­ein (im Fol­gen­den B) ver­si­chert.

Den bis zum 1. April 1984 ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mern der D wa­ren Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung über ei­ne Un­terstützungs­kas­se zu­ge­sagt. In ei­nem sog. So­zi­al­ka­ta­log von Ok­to­ber 1984, der ua. ei­ne Zu­sam­men­stel­lung der von der D er­brach­ten So­zi­al­leis­tun­gen enthält, war un­ter Nr. 4 vor­ge­se­hen, dass die D in Ein­z­elfällen frei­wil­lig Zah­lun­gen für ei­ne Zu­satz­ver­si­che­rung der Mit­ar­bei­ter über­nimmt, wo­bei die Leis­tun­gen der Zu­satz­ver­si­che­rung, so­weit sie auf Bei­trags­zah­lun­gen der D be­ruh­ten, auf die Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Un­terstützungs­kas­se an­ge­rech­net wer­den.

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Zum Zeit­punkt des Ein­tritts des Klägers in das Un­ter­neh­men be­rei­te­te die D ei­ne Neu­re­ge­lung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung für die nach dem 31. März 1984 ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mer vor. Die­se wur­de in der Fol­ge­zeit mit dem Be­triebs­rat ver­han­delt.

Der Kläger blieb nach Be­ginn sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses mit der D frei­wil­lig beim B wei­ter­ver­si­chert. Mit Schrei­ben vom 9. Ja­nu­ar 1987 erklärte die D dem Kläger ua.:

„...
Wei­ter­hin zah­len wir Ih­nen ab Ja­nu­ar 1987 mo­nat­lich DM 245,-- als Bei­trags­zu­schuß zur Al­ters­ver­sor­gung des B. Durch die­se Re­ge­lung sind Sie von der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung der D aus­ge­nom­men. ...“

Der Kläger hat das Schrei­ben un­ter der Über­schrift „Ein­ver­stan­den“ un­ter­zeich­net.

Zum 1. Sep­tem­ber 1987 trat bei der D die „Ver­sor­gungs­ord­nung für Mit­ar­bei­ter mit Dienst­an­tritt ab dem 1. April 1984 in der Fas­sung vom 28. Sep­tem­ber 1988“ (im Fol­gen­den VO 1988) als An­la­ge 3 der „Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Neu­re­ge­lung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung in der Fas­sung vom 28. Sep­tem­ber 1988“ in Kraft. Die VO 1988 be­stimmt aus­zugs­wei­se:

㤠1

Kreis der Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten

(1) Je­der re­gelmäßig beschäftig­te Mit­ar­bei­ter (weib­lich oder männ­lich), der bei In­kraft­tre­ten die­ser Ver­sor­gungs­ord­nung in ei­nem Ar­beits­verhält­nis zu un­se­rem Un­ter­neh­men steht oder da­nach mit ihm ein Ar­beits­verhält­nis be­gründet, er­wirbt mit Voll­endung des 17. Le­bens­jah­res (Auf­nah­me­al­ter) ei­ne An­wart­schaft auf be­trieb­li­che Ver­sor­gungs­leis­tung nach Maßga­be die­ser Ver­sor­gungs­ord­nung.
...

(3) Von der Auf­nah­me in das Ver­sor­gungs­werk sind aus­ge­schlos­sen:

a) Aus­hilfs­wei­se, be­fris­tet be­zie­hungs­wei­se ge­ringfügig im Sin­ne des § 8 SGB IV oder un­re­gelmäßig Beschäftig­te.

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b) Mit­ar­bei­ter, die vor dem 1. April 1984 in das
Un­ter­neh­men ein­ge­tre­ten sind.
...

§ 15
An­rech­nun­gen

...

(3) Erhält ein Ver­sor­gungs­empfänger Ver­sor­gungs­leis­tun­gen oder Ren­ten, die aus Mit­teln ei­nes an­de­ren Ar­beit­ge­bers stam­men oder mit des­sen Bei­trags­be­tei­li­gung er­wor­ben wor­den sind, so wer­den Leis­tun­gen in­so­weit an­ge­rech­net, als sie in Zei­ten ver­dient wur­den, die ... als Vor­dienst­zei­ten an­ge­rech­net wer­den.“

Die VO 1988 wur­de durch die „Ver­sor­gungs­ord­nung zur Neu­re­ge­lung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung für Mit­ar­bei­ter mit Dienst­an­tritt ab dem 1. April 1984 in der Fas­sung vom 25. Sep­tem­ber 1991“ (im Fol­gen­den VO 1991) ab­gelöst. Die zi­tier­ten Re­ge­lun­gen in § 1 und § 15 blie­ben un­verändert.

Der Kläger schloss mit der D und dem B am 26. Ju­li 1993 ei­ne Ver­ein­ba­rung, auf­grund de­rer die D bezüglich der frei­wil­li­gen Wei­ter­ver­si­che­rung des Klägers zum 1. Ju­li 1986 Ver­si­che­rungs­neh­me­rin des B wur­de. Ei­ne ent­spre­chen­de Ver­ein­ba­rung traf auch die Be­klag­te mit dem Kläger und dem B am 12. Sep­tem­ber 1994; da­nach wur­de die Be­klag­te zum 1. Ok­to­ber 1993 Ver­si­che­rungs­neh­me­rin des B. Die Be­klag­te bzw. ih­re Rechts­vorgänge­rin zahl­ten 2/3 der Beiträge an den B, der Kläger zahl­te 1/3 der Beiträge. Darüber hin­aus schlos­sen die Par­tei­en un­ter dem Da­tum des 1. Ja­nu­ar 2002 ei­ne Ver­ein­ba­rung über ei­ne Ent­gelt­um­wand­lung. Nach Nr. 1 die­ser Ver­ein­ba­rung war ein Teil der mo­nat­li­chen Brut­to­vergütung des Klägers für den Auf­bau von Ver­sor­gungs­an­wart­schaf­ten beim B zu ver­wen­den.

Auf­grund ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung trat bei der Be­klag­ten die „DVer­sor­gungs­ord­nung“ idF vom 6. De­zem­ber 2007 (im Fol­gen­den VO 2007) in Kraft.

In die­ser ist aus­zugs­wei­se Fol­gen­des ge­re­gelt:

„§ 2 Persönli­cher Gel­tungs­be­reich

(1) Von die­ser Ver­sor­gungs­re­ge­lung wer­den Mit­ar­bei­ter

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er­fasst, die ihr Ar­beits­verhält­nis ent­we­der

a) vor dem 01.01.1999 zur D GmbH oder ei­nem ihr ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men ...
be­gründet ha­ben und in die­sem Zeit­punkt noch nicht das 55. Le­bens­jahr voll­endet hat­ten und de­ren Ar­beits­verhält­nis bis heu­te zur ... oder ei­nem an­de­ren Kon­zern­un­ter­neh­men be­steht, das die­se Ver­sor­gungs­re­ge­lung durch Dienst- oder Be­triebs­ver­ein­ba­rung ab­ge­schlos­sen hat.
...

(3) Nicht er­fasst sind Mit­ar­bei­ter, die bei der D mbH oder ei­nem ihr ver­bun­de­nen Un­ter­neh­men vor dem 01.04.1984 ein­ge­tre­ten sind ...

(4) Nicht er­fasst sind auch Mit­ar­bei­ter, die ei­ne ein­zel-ver­trag­li­che Zu­sa­ge er­hal­ten oder er­hal­ten ha­ben.
...

§ 17 An­rech­nun­gen
...

(3) Erhält ein Ver­sor­gungs­empfänger Ver­sor­gungs­leis­tun­gen oder Ren­ten, die aus Mit­teln ei­nes an­de­ren Ar­beit­ge­bers stam­men oder mit des­sen Bei­trags­be­tei­li­gung er­wor­ben wor­den sind, so wer­den Leis­tun­gen in­so­weit an­ge­rech­net, als sie in Zei­ten er­dient wur­den, die als Vor­dienst­zei­ten mit zur an­rech­nungsfähi­gen Dienst­zeit ... gehören.“

Der Kläger schied auf­grund ei­ner Vor­ru­he­stands­ver­ein­ba­rung vom 8. Mai 2007 mit Ab­lauf des 30. Ju­ni 2009 aus dem Ar­beits­verhält­nis mit der Be­klag­ten aus. In der Vor­ru­he­stands­ver­ein­ba­rung war ua. ver­ein­bart:

„...

7. Ein Zu­schuss zu den Beiträgen an den B während des Vor­ru­he­stan­des wird in An­leh­nung an den Teil VI: Vor­ru­he­stands-Ta­rif­ver­trag gemäß § 4 Ziff. 2 in der je­weils gülti­gen Fas­sung gewährt.

8. Mit Be­ginn des Vor­ru­he­stan­des erlöschen al­le Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis, so­weit die­se nicht vor­ste­hend ge­re­gelt sind oder bis zum Be­ginn des Vor­ru­he­stan­des schrift­lich gel­tend ge­macht wur­den.“

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Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te müsse ihm ab dem Be­zug der ge­setz­li­chen Al­ters­ren­te ei­ne Al­ters­ren­te nach der VO 2007 gewähren. Er fal­le un­ter den persönli­chen An­wen­dungs­be­reich der VO 2007. § 2 Abs. 4 VO 2007 sei un­wirk­sam. Die Re­ge­lung ver­s­toße ge­gen Art. 3 Abs. 1 GG, da sie Ar­beit­neh­mer mit in­di­vi­du­el­len Zu­sa­gen oh­ne sach­li­chen Grund schlech­ter stel­le. Außer­dem ent­zie­he sie ihm - dem Kläger - oh­ne zwin­gen­den Grund sei­ne auf der Grund­la­ge der VO 1988 bzw. 1991 be­reits er­dien­ten An­wart­schaf­ten. Die Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 ent­hal­te kei­nen Ver­zicht auf sei­ne Ansprüche aus der VO 2007; der da­ma­li­ge Per­so­nal­lei­ter ha­be ihm bei Ab­schluss der Ver­ein­ba­rung erklärt, die Ver­si­che­rung beim B sei güns­ti­ger als ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung bei der D. Je­den­falls sei ein et­wai­ger Ver­zicht nach § 77 Abs. 4 Satz 2 Be­trVG un­wirk­sam. Die Zu­sa­ge von Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung über den B sei nicht güns­ti­ger als ei­ne Ver­sor­gung nach den bei der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin gel­ten­den Ver­sor­gungs­ord­nun­gen.

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt, 

fest­zu­stel­len, dass er ge­gen die Be­klag­te ab dem Zeit­punkt sei­nes Ein­tritts in die ge­setz­li­che Al­ters­ren­te ei­nen An­spruch auf die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung der Be­klag­ten gemäß der Ver­sor­gungs­re­ge­lung DVer­sor­gungs­ord­nung in der Fas­sung vom 6. De­zem­ber 2007 hat.

Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt. Sie hat die An­sicht ver­tre­ten, dem Kläger ste­he kein An­spruch auf künf­ti­ge Zah­lung ei­ner Al­ters­ren­te nach der VO 2007 zu. Nach § 2 Abs. 4 VO 2007 sei er von de­ren Gel­tungs­be­reich aus­ge­nom­men. Die Re­ge­lung sei wirk­sam. Die mit ihr ein­her­ge­hen­de Un­gleich­be­hand­lung von Ar­beit­neh­mern mit In­di­vi­dual­zu­sa­gen sei sach­lich ge­recht­fer­tigt, da bei die­sen der Ver­sor­gungs­be­darf be­reits ge­deckt sei. § 2 Abs. 4 VO 2007 grei­fe auch nicht in ei­nen vom Kläger nach den frühe­ren Ver­sor­gungs­ord­nun­gen er­dien­ten Be­sitz­stand ein. Der Kläger ha­be sich in der Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 für ei­ne Al­ters­ver­sor­gung über den B ent­schie­den. Die Ver­ein­ba­rung ver­s­toße nicht ge­gen § 77 Abs. 4 Be­trVG. Sie ent­hal­te kei­nen Ver­zicht des Klägers auf et­wai­ge künf­ti­ge Ansprüche aus ei­nem Ver­sor­gungs-

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werk für nach dem 31. März 1984 ein­ge­stell­te Mit­ar­bei­ter. Viel­mehr ha­be man sich le­dig­lich in tatsäch­li­cher Hin­sicht über die Teil­nah­me am Ver­sor­gungs­werk der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin ge­ei­nigt. Je­den­falls ha­be der Be­triebs­rat ei­nen mögli­chen Ver­zicht des Klägers auf Ansprüche aus der VO durch § 2 Abs. 4 VO 2007 ge­neh­migt. Auch das Güns­tig­keits­prin­zip fin­de kei­ne An­wen­dung. Zu­min­dest müsse für ei­nen Güns­tig­keits­ver­gleich auf den Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens der VO 1988 ab­ge­stellt wer­den. Zu die­sem Zeit­punkt sei­en et­wai­ge An­wart­schaf­ten des Klägers nach der VO 1988 - im Ge­gen­satz zu den An­wart­schaf­ten beim B - noch ver­fall­bar ge­we­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Auf die Be­ru­fung des Klägers hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass der Kläger ge­gen die Be­klag­te ab dem Zeit­punkt des Ein­tritts in die ge­setz­li­che Al­ters­ren­te ei­ne „un-ver­fall­ba­re An­wart­schaft“ auf be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung gemäß der VO 2007 un­ter An­rech­nung der Leis­tun­gen des B hat, so­weit die­se auf Bei­trags­zah­lun­gen der Be­klag­ten be­ru­hen; im Übri­gen hat es die Be­ru­fung zurück­ge­wie­sen. Der Kläger be­gehrt mit sei­ner Re­vi­si­on die un­ein­ge­schränk­te Kla­ge­statt­ga­be. Die Be­klag­te ver­folgt mit ih­rer Re­vi­si­on das Ziel ei­ner vollständi­gen Kla­ge­ab­wei­sung wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­sio­nen des Klägers und der Be­klag­ten sind er­folg­reich. Ob und ggf. in wel­chem Um­fang die Kla­ge be­gründet ist, kann der Se­nat auf der Grund­la­ge der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen nicht ent­schei­den. Dies führt zur Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur Zurück­ver­wei­sung der Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO).

I. Die Re­vi­si­on des Klägers hat al­ler­dings nicht be­reits des­halb Er­folg, weil das Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­gen § 308 Abs. 1 ZPO ver­s­toßen hat.

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1. Nach § 308 Abs. 1 ZPO ist das Ge­richt nicht be­fugt, ei­ner Par­tei et­was zu- oder ab­zu­spre­chen, was nicht be­an­tragt ist. Die Re­ge­lung ist Aus­druck der im Zi­vil­pro­zess gel­ten­den Dis­po­si­ti­ons­ma­xi­me. Das Ge­richt darf nur über den gel­tend ge­mach­ten An­spruch und Streit­ge­gen­stand ent­schei­den. Die An­trags-bin­dung be­steht so­wohl in quan­ti­ta­ti­ver als auch in qua­li­ta­ti­ver Hin­sicht (vgl. et­wa BAG 20. Fe­bru­ar 2014 - 2 AZR 864/12 - Rn. 16 mwN). Das Ge­richt darf und muss ein „We­ni­ger“ zu­er­ken­nen, wenn die­ses Be­geh­ren im je­wei­li­gen Sach­an­trag ent­hal­ten ist. Et­was an­de­res gilt, wenn es sich nicht um „We­ni­ger“, son­dern um et­was „An­de­res“ han­delt. Dies ist durch Aus­le­gung des Kla­ge­an­trags zu er­mit­teln (vgl. BAG 19. Mai 2015 - 3 AZR 771/13 - Rn. 20 mwN, BA­GE 151, 343).

2. Da­nach liegt kein Ver­s­toß ge­gen § 308 Abs. 1 ZPO vor. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat dem Kläger nur „We­ni­ger“, nicht aber et­was „An­de­res“ als be­an­tragt zu­ge­spro­chen. Der Kläger er­strebt mit sei­ner Kla­ge die Fest­stel­lung, die Be­klag­te ha­be ihm künf­tig ei­ne Al­ters­ren­te nach der VO 2007 zu gewähren. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die vom Kläger be­gehr­te Fest­stel­lung nicht in vol­lem Um­fang ge­trof­fen, son­dern un­ter An­rech­nung der­je­ni­gen Leis­tun­gen, die der Kläger vom B er­hal­ten wird, so­weit sie auf Bei­trags­zah­lun­gen der Be­klag­ten be­ru­hen. Da­mit ist es le­dig­lich bei der Höhe der fest­ge­stell­ten Leis­tungs­pflicht hin­ter dem Be­geh­ren des Klägers zurück­ge­blie­ben.

II. Die Re­vi­sio­nen der Par­tei­en sind je­doch des­halb be­gründet, weil we­der die bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts sei­ne An­nah­me tra­gen, dem Kläger ste­he ge­gen die Be­klag­te ein An­spruch auf Zah­lung ei­ner künf­ti­gen Al­ters­ren­te nach der VO 2007 zu, noch mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­ge­be­nen Be­gründung ei­ne An­rech­nung der dem Kläger vom B gewähr­ten Leis­tun­gen - so­weit die­se auf Bei­trags­zah­lun­gen der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin be­ru­hen - auf ei­ne Al­ters­ren­te des Klägers nach der VO 2007 an­ge­nom­men wer­den durf­te.

1. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt ist auf der Grund­la­ge sei­ner bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen zu Un­recht zu dem Er­geb­nis ge­langt, der Kläger könne von der Be­klag­ten die künf­ti­ge Zah­lung ei­ner Al­ters­ren­te nach der VO 2007 ver­lan­gen. Ob

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der Kläger ge­gen die Be­klag­te ab dem Be­zug ei­ner ge­setz­li­chen Al­ters­ren­te ei­nen An­spruch auf Gewährung ei­ner Al­ters­ren­te nach der VO 2007 hat, kann der Se­nat bis­lang nicht ab­sch­ließend be­ur­tei­len. Hier­zu fehlt es an den er­for­der­li­chen tatsächli­chen Fest­stel­lun­gen.

a) Der Kläger fällt nach § 2 Abs. 1 Buchst. a VO 2007 grundsätz­lich in den persönli­chen Gel­tungs­be­reich der VO 2007, da sein Ar­beits­verhält­nis zu der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten - der D - vor dem 1. Ja­nu­ar 1999 be­gon­nen hat, er zu die­sem Zeit­punkt noch nicht das 55. Le­bens­jahr voll­endet hat­te und sein Ar­beits­verhält­nis zum Zeit­punkt des In­kraft­tre­tens der VO 2007 im Jahr 2007 noch nicht be­en­det war. Al­ler­dings nimmt § 2 Abs. 4 VO 2007 ua. Mit­ar­bei­ter, die be­reits ei­ne In­di­vi­dual­zu­sa­ge er­hal­ten ha­ben, vom persönli­chen Gel­tungs­be­reich der VO 2007 aus. Zu die­ser Per­so­nen­grup­pe gehört der Kläger.

Die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten hat dem Kläger in der Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 zu­ge­sagt, ihm ei­nen mo­nat­li­chen Zu­schuss zu sei­ner frei­wil­li­gen Wei­ter­ver­si­che­rung beim B zu gewähren. Hier­an an­knüpfend ha­ben die Be­klag­te bzw. ih­re Rechts­vorgänge­rin mit dem Kläger und dem B am 26. Ju­li 1993 b. zw. 12. Sep­tem­ber 1994 Ver­ein­ba­run­gen ge­trof­fen, auf­grund de­rer sie seit dem 1. Ju­li 1986 bzw. 1. Ok­to­ber 1993 zum Zwe­cke der frei­wil­li­gen Wei­ter­ver­si­che­rung des Klägers Ver­si­che­rungs­neh­me­rin­nen des B wur­den. Da­mit wur­de dem Kläger zu­min­dest kon­klu­dent ei­ne in­di­vi­du­el­le Zu­sa­ge auf Gewährung von Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung über den B und so­mit im Durchführungs­weg Pen­si­ons­kas­se er­teilt.

b) Die Be­klag­te ist des­halb nur dann ver­pflich­tet, dem Kläger ei­ne Al­ters­ren­te nach der VO 2007 zu gewähren, wenn die Re­ge­lung in § 2 Abs. 4 VO 2007 un­wirk­sam wäre. Ob dies der Fall ist, kann an­hand der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht be­ur­teilt wer­den.

aa) An­ders als das Lan­des­ar­beits­ge­richt meint, ist die Re­ge­lung in § 2 Abs. 4 VO 2007 nicht be­reits we­gen ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das Güns­tig­keits­prin­zip ins­ge­samt un­wirk­sam, weil sie es der Be­klag­ten ermöglicht, Ar­beit­neh-

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mer der nach § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG zwin­gen­den Wir­kung der VO 2007 zu ent­zie­hen, in­dem sie ih­nen ei­ne ein­zel­ver­trag­li­che Ver­sor­gung­zu­sa­ge er­teilt.

Es be­darf im Streit­fall kei­ner Ent­schei­dung, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen die Be­triebs­par­tei­en be­fugt sind, die zwin­gen­de Wir­kung ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur Dis­po­si­ti­on zu stel­len, in­dem sie den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en er­lau­ben, von die­ser zu Las­ten des Ar­beit­neh­mers ab­zu­wei­chen. § 2 Abs. 4 VO 2007 nimmt so­wohl Ar­beit­neh­mer, de­nen die Be­klag­te oder ih­re Rechts­vorgänge­rin bei In­kraft­tre­ten der VO 2007 be­reits Ein­zel­zu­sa­gen er­teilt hat­te, aus ih­rem Gel­tungs­be­reich aus als auch Ar­beit­neh­mer, de­nen erst nach die­sem Zeit­punkt noch in­di­vi­du­el­le Ver­sor­gungs­zu­sa­gen von der Be­klag­ten er­teilt wur­den. So­weit § 2 Abs. 4 VO 2007 die Grup­pe der Ar­beit­neh­mer, die - wie der Kläger - bei In­kraft­tre­ten der VO 2007 be­reits über ei­ne in­di­vi­du­el­le Ver­sor­gungs­zu­sa­ge verfügten, aus dem Gel­tungs­be­reich der VO 2007 aus­sch­ließt, führt die Re­ge­lung nicht da­zu, dass die Be­triebs­par­tei­en die zwin­gen­den Wir­kun­gen der VO 2007 nach § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG zur Dis­po­si­ti­on der Be­klag­ten oder der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ge­stellt ha­ben. Viel­mehr ent­fal­ten die Re­ge­lun­gen der VO 2007 be­zo­gen auf die­se Ar­beit­neh­mer von vorn­her­ein kei­ne un­mit­tel­ba­re und zwin­gen­de Wir­kung, da sie nicht in den Gel­tungs­be­reich der VO 2007 fal­len. Da­mit schei­det ein Ver­s­toß ge­gen das Güns­tig­keits­prin­zip in­so­weit aus.

Le­dig­lich be­zo­gen auf die Grup­pe der Ar­beit­neh­mer, de­nen die Be­klag­te in der Zeit nach In­kraft­tre­ten der VO 2007 Ein­zel­zu­sa­gen er­teilt hat, könn­te die Zulässig­keit von § 2 Abs. 4 VO 2007 frag­lich sein, weil die Re­ge­lung da­zu führen kann, dass die für die Ar­beit­neh­mer zunächst zwin­gend gel­ten­de VO 2007 - trotz ggf. ungüns­ti­ge­rer Ein­zel­zu­sa­ge - nicht mehr im Ar­beits­verhält­nis zur An­wen­dung ge­langt. Die­se Fra­ge kann je­doch da­hin­ste­hen. Selbst wenn man zu­guns­ten des Klägers an­neh­men würde, ei­ne der­ar­ti­ge Re­ge­lung sei un­zulässig, hätte dies nicht die ge­sam­te Un­wirk­sam­keit von § 2 Abs. 4 VO 2007 zur Fol­ge. § 2 Abs. 4 VO 2007 ist in Be­zug auf die bei­den von ihm er­fass­ten Ar­beit­neh­mer­grup­pen teil­bar; der ver­blei­ben­de Teil der Norm ent­hiel­te auch oh­ne den un­wirk­sa­men Teil noch ei­ne sinn­vol­le und in sich ge­schlos­se­ne Re­ge­lung (vgl. für die Fra­ge der Ge­samt­un­wirk­sam­keit ei­ner Be­triebs­ver-

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ein­ba­rung et­wa BAG 16. Au­gust 2011 - 1 AZR 314/10 - Rn. 20 mwN). Da­her führ­te ein et­wai­ger Ver­s­toß von § 2 Abs. 4 VO 2007 ge­gen das Güns­tig­keits­prin­zip nicht da­zu, dass der Kläger nicht mehr vom Gel­tungs­be­reich der VO 2007 aus­ge­schlos­sen wäre.

Aus die­sem Grund kommt es vor­lie­gend auch nicht dar­auf an, ob - wie vom Kläger in der Ver­hand­lung vor dem Se­nat gel­tend ge­macht - die Re­ge­lung in § 2 Abs. 4 VO 2007 we­gen ei­ner un­zulässi­gen Nicht­ausübung bzw. ei­nes Ver­zichts auf die Ausübung von Mit­be­stim­mungs­rech­ten nach § 87 Abs. 1 Nr. 10 Be­trVG recht­li­chen Be­den­ken be­geg­nen könn­te. Die­ser Ein­wand beträfe eben­falls nur die Ar­beit­neh­mer, de­nen die Be­klag­te noch nach In­kraft­tre­ten der VO 2007 Ein­zel­zu­sa­gen er­teilt hat, nicht aber die Grup­pe von Mit­ar­bei­tern, die zu die­sem Zeit­punkt be­reits über In­di­vi­dual­zu­sa­gen verfügten.

bb) § 2 Abs. 4 VO 2007 ist ent­ge­gen der An­nah­me des Klägers auch nicht des­halb un­wirk­sam, weil die Re­ge­lung ge­gen die auf­grund von § 75 Abs. 1 Be­trVG auf Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen an­wend­ba­ren Grundsätze des Ver­trau­ens-schut­zes und der Verhält­nismäßig­keit verstößt.

(1) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts un­ter­lie­gen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen, die Ver­sor­gungs­ansprüche aus ei­ner frühe­ren Be­triebs­ver­ein­ba­rung ein­schränken, ei­ner Rechts­kon­trol­le an­hand der Grundsätze des Ver­trau­ens­schut­zes und der Verhält­nismäßig­keit, die der Se­nat für Ver­sor­gungs­an­wart­schaf­ten durch ein drei­stu­fi­ges Prüfungs­sche­ma präzi­siert hat (vgl. et­wa BAG 15. Mai 2012 - 3 AZR 11/10 - Rn. 24 und 25 mwN, BA­GE 141, 259). Da­nach kann der un­ter der Gel­tung der bis­he­ri­gen Ord­nung und in dem Ver­trau­en auf de­ren In­halt be­reits er­dien­te und ent­spre­chend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 Be­trAVG er­mit­tel­te Teil­be­trag nur in sel­te­nen Aus­nah­mefällen ent­zo­gen wer­den. Das setzt zwin­gen­de Gründe vor­aus. Zuwächse, die sich - wie et­wa bei end­ge­halts­be­zo­ge­nen Zu­sa­gen - dienst­zeit­un­abhängig aus va­ria­blen Be­rech­nungs­fak­to­ren er­ge­ben (er­dien­te Dy­na­mik), können nur aus trif­ti­gen Gründen ge­schmälert wer­den. Für Ein­grif­fe in dienst­zeit­abhängi­ge, noch nicht er­dien­te Zu­wachs­ra­ten genügen sach­lich-pro­por­tio­na­le Gründe (vgl. et­wa BAG 23. Fe­bru­ar 2016 - 3 AZR 961/13 - Rn. 41 mwN).

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(2) Es kann da­hin­ste­hen, ob die VO 2007 in un­zulässi­ger Wei­se in be­reits vom Kläger nach der VO 1988 und der nach­fol­gen­den VO 1991 er­wor­be­ne An­wart­schaf­ten ein­greift. Selbst wenn man da­von aus­gin­ge, die VO 2007 führe zu ei­nem nicht ge­recht­fer­tig­ten Ein­griff, weil sie ei­ner­seits die VO 1991 vollständig ablöst, an­de­rer­seits dem Kläger als In­ha­ber ei­ner In­di­vi­dual­zu­sa­ge sei­nen nach den Vorgänger­re­ge­lun­gen der VO 2007 schon er­dien­ten Be­sitz­stand vollständig ent­zieht, hätte dies nicht die Un­wirk­sam­keit von § 2 Abs. 4 VO 2007 zur Fol­ge. Ein un­zulässi­ger Ein­griff ei­ner ablösen­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung in ei­nen bis zum Ablösungs­stich­tag be­reits er­dien­ten und ent­spre­chend § 2 Abs. 1, Abs. 5 Satz 1 Be­trAVG er­mit­tel­ten Teil­be­trag so­wie in die wei­te­ren dienst­zeit­abhängi­gen, noch nicht er­dien­ten Zu­wachs­ra­ten führt nach den Grundsätzen des Ver­trau­ens­schut­zes und der Verhält­nismäßig­keit le­dig­lich da­zu, dass die Ablösung in­so­weit un­wirk­sam ist. Dies hat zur Fol­ge, dass sich die Ver­sor­gung des Ar­beit­neh­mers wei­ter­hin nach der vor­her­ge­hen­den Ver­sor­gungs­ord­nung rich­tet, auf de­ren Fort­be­stand er ver­traut hat und ver­trau­en durf­te. Für den Kläger wäre dies die VO 1991. Ansprüche auf Leis­tun­gen nach der VO 1991 sind, wie der Wort­laut des Kla­ge­an­trags so­wie die da­zu ge­ge­be­ne Be­gründung zeigt, je­doch nicht streit­ge­genständ­lich. Im Hin­blick hier­auf kommt es auch nicht dar­auf an, ob der in § 2 Abs. 4 VO 2007 ge­re­gel­te Aus­schluss von Ar­beit­neh­mern mit In­di­vi­dual­zu­sa­ge aus dem persönli­chen Gel­tungs­be­reich der VO 2007 schon - wie von der Be­klag­ten erst­mals in der Re­vi­si­on vor­ge­tra­gen - in ei­ner Vorgänger­fas­sung der VO 2007 vom 15. No­vem­ber 2004 ent­hal­ten war.

cc) Ob die Re­ge­lung in § 2 Abs. 4 VO 2007 un­wirk­sam ist, weil sie ge­gen den be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz (§ 75 Abs. 1 Be­trVG) verstößt, kann man­gels er­for­der­li­cher tatsäch­li­cher Fest­stel­lun­gen der­zeit nicht ab­sch­ließend be­ur­teilt wer­den.

(1) Nach § 75 Abs. 1 Be­trVG ha­ben die Be­triebs­par­tei­en darüber zu wa­chen, dass al­le im Be­trieb täti­gen Per­so­nen nach den Grundsätzen von Recht und Bil­lig­keit be­han­delt wer­den. Zu die­sen Grundsätzen gehört der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, dem der all­ge­mei­ne Gleich­heits­satz des Art. 3 Abs. 1 GG zu­grun­de liegt. Der be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz

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zielt dar­auf ab, ei­ne Gleich­be­hand­lung von Per­so­nen in ver­gleich­ba­ren Sach-ver­hal­ten si­cher­zu­stel­len und ei­ne gleich­heits­wid­ri­ge Grup­pen­bil­dung aus­zu­sch­ließen. Sind für ver­schie­de­ne Ar­beit­neh­mer­grup­pen un­ter­schied­li­che Rech­te oder Pflich­ten vor­ge­se­hen, ver­langt der Gleich­heits­satz, dass die­se Dif­fe­ren­zie­rung sach­lich ge­recht­fer­tigt ist. Bei ei­ner per­so­nen­be­zo­ge­nen Un­gleich­be­hand­lung ist der Gleich­heits­satz be­reits dann ver­letzt, wenn ei­ne Grup­pe von Nor­madres­sa­ten im Ver­gleich zu an­de­ren Nor­madres­sa­ten an­ders be­han­delt wird, ob­wohl zwi­schen bei­den Grup­pen kei­ne Un­ter­schie­de von sol­cher Art und sol­chem Ge­wicht be­ste­hen, dass sie die un­glei­che Be­hand­lung recht­fer­ti­gen könn­ten (vgl. et­wa BAG 10. No­vem­ber 2015 - 3 AZR 576/14 - Rn. 21 mwN). Maßgeb­lich ist in­so­weit vor al­lem der Re­ge­lungs­zweck. Die­ser muss die Grup­pen­bil­dung recht­fer­ti­gen. Ge­recht­fer­tigt ist ei­ne Grup­pen­bil­dung, wenn sie ei­nem le­gi­ti­men Zweck dient und zur Er­rei­chung die­ses Zwecks er­for­der­lich und an­ge­mes­sen ist. Der Dif­fe­ren­zie­rungs­grund muss die in der Re­ge­lung ge­trof­fe­ne Rechts­fol­ge tra­gen (vgl. BAG 16. Fe­bru­ar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 31, BA­GE 133, 158 so­wie für den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz BAG 15. No­vem­ber 2011 - 3 AZR 113/10 - Rn. 45).

(2) Ob da­nach die durch § 2 Abs. 4 VO 2007 be­wirk­te Un­gleich­be­hand­lung von Ar­beit­neh­mern mit ei­ner In­di­vi­dual­zu­sa­ge ge­recht­fer­tigt ist, lässt sich an­hand der bis­he­ri­gen Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht be­ur­tei­len. Grundsätz­lich sind die Be­triebs­par­tei­en be­rech­tigt, Ar­beit­neh­mer von ei­nem kol­lek­ti­ven Ver­sor­gungs­sys­tem des Ar­beit­ge­bers aus­zu­sch­ließen, wenn der mit die­sem ver­folg­te Ver­sor­gungs­zweck be­reits durch in­di­vi­du­ell vom Ar­beit­ge­ber zu­ge­sag­te Leis­tun­gen er­reicht wird. Dem­ent­spre­chend können grundsätz­lich auch Ar­beit­neh­mer, de­nen be­reits ei­ne in­di­vi­du­el­le Zu­sa­ge auf ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung er­teilt wur­de, von ei­nem kol­lek­ti­ven Ver­sor­gungs­werk aus­ge­nom­men wer­den. Der vollständi­ge Aus­schluss sol­cher Ar­beit­neh­mer ist aber nur dann ge­recht­fer­tigt, wenn die Be­triebs­par­tei­en - un­ter Berück­sich­ti­gung des ih­nen zu­ste­hen­den Be­ur­tei­lungs­spiel­raums und ih­rer Einschätzungs­präro­ga­ti­ve (da­zu BAG 16. Fe­bru­ar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 31, BA­GE 133, 158) - da­von aus­ge­hen konn­ten, dass die Ar­beit­neh­mer mit in­di­vi­du­el­len Zu­sa­gen im Ver-

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sor­gungs­fall ty­pi­scher­wei­se ei­ne zu­min­dest annähernd gleich­wer­ti­ge Ver­sor­gung er­hal­ten. Dies gilt auch vor­lie­gend.

Der Um­stand, dass Ar­beit­neh­mer mit In­di­vi­dual­zu­sa­gen noch in den Kreis der nach den Vorgänger­re­ge­lun­gen der VO 2007 - der VO 1988 und der VO 1991 - Ver­sor­gungs­be­rech­tig­ten auf­ge­nom­men wa­ren, führt nicht da­zu, dass an die Recht­fer­ti­gung der nun­mehr durch § 2 Abs. 4 VO 2007 be­gründe­ten Un­gleich­be­hand­lung erhöhte An­for­de­run­gen zu stel­len wären. Den Be­triebs­par­tei­en bleibt es vor­be­hal­ten, ih­re Re­ge­lungs­zie­le zu ändern, so­weit dies den all­ge­mein an die Gleich­be­hand­lung zu stel­len­den An­for­de­run­gen genügt. Be­rech­tig­te Er­war­tun­gen, die bis zu ei­ner Ände­rung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­wor­ben wur­den, sind durch die Grundsätze des Ver­trau­ens­schut­zes und der Verhält­nismäßig­keit, die ih­ren Nie­der­schlag im drei­stu­fi­gen Prüfungs­sche­ma ge­fun­den ha­ben, aus­rei­chend geschützt. Die ge­gen­tei­li­ge Auf­fas­sung im Ur­teil vom 28. Ju­ni 2011 (- 3 AZR 448/09 - für den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand-lungs­grund­satz) gibt der Se­nat auf.

Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat bis­lang kei­ne Fest­stel­lun­gen ge­trof­fen, ob die­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer, de­nen die Be­klag­te bzw. ih­re Rechts­vorgänge­rin Ein­zel­zu­sa­gen er­teilt hat, übli­cher­wei­se ei­ne Ver­sor­gung er­hal­ten, die annähernd dem Ver­sor­gungs­ni­veau nach der VO 2007 ent­spricht. Auch der Vor­trag der Be­klag­ten lässt dies bis­lang nicht er­ken­nen.

2. Die An­nah­me des Lan­des­ar­beits­ge­richts, der Kläger müsse sich auf ei­nen An­spruch auf künf­ti­ge Zah­lung ei­ner Al­ters­ren­te nach der VO 2007 die ihm vom B gewähr­ten Leis­tun­gen, so­weit die­se auf Bei­trags­zah­lun­gen der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin be­ru­hen, ana­log Nr. 4 des So­zi­al­ka­ta­logs an­rech­nen las­sen, ist eben­falls rechts­feh­ler­haft. Auf die­se Be­gründung kann ei­ne An­rech­nung der dem Kläger vom B gewähr­ten Leis­tun­gen nicht gestützt wer­den. Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Ana­lo­gie lie­gen nicht vor

Ei­ne Ana­lo­giefähig­keit der Re­ge­lun­gen des So­zi­al­ka­ta­logs schei­det aus, da die­ser kei­ne nor­ma­tiv gel­ten­den Be­stim­mun­gen enthält. Zu­dem ha­ben die Be­triebs­par­tei­en in § 17 VO 2007 ei­ne An­rech­nungs­re­ge­lung ge­trof­fen, so

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dass es be­reits an der für ei­ne Ana­lo­gie er­for­der­li­chen Re­ge­lungslücke in der VO 2007 fehlt.

III. Der Rechts­streit ist auch nicht aus an­de­ren Gründen zur End­ent­schei­dung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO).

1. Die Kla­ge ist nicht be­reits des­halb un­be­gründet, weil die VO 2007 bei ei­ner un­ter­stell­ten Un­wirk­sam­keit des § 2 Abs. 4 VO 2007 ins­ge­samt un­wirk­sam wäre

Der Norm­cha­rak­ter ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­bie­tet es, im In­ter­es­se der Kon­ti­nuität ei­ne ein­mal ge­setz­te Ord­nung auf­recht­zu­er­hal­ten, so­weit sie ih­re Funk­ti­on auch oh­ne den un­wirk­sa­men Teil noch ent­fal­ten kann. Ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung ist da­her le­dig­lich teil­un­wirk­sam, wenn der ver­blei­ben­de Teil auch oh­ne die un­wirk­sa­me Be­stim­mung ei­ne sinn­vol­le und in sich ge­schlos­se­ne Re­ge­lung enthält (vgl. et­wa BAG 16. Au­gust 2011 - 1 AZR 314/10 - Rn. 20 mwN). Die­se Vor­aus­set­zun­gen lie­gen hier vor. Selbst wenn § 2 Abs. 4 VO 2007 un­wirk­sam wäre, ent­hiel­te die VO 2007 oh­ne den in § 2 Abs. 4 ge­re­gel­ten Aus­schluss von Ar­beit­neh­mern mit In­di­vi­dual­zu­sa­gen ei­ne in sich ge­schlos­se­ne sinn­vol­le Re­ge­lung.

2. Die Kla­ge kann auch nicht mit der Be­gründung ab­ge­wie­sen wer­den, dem Kläger stünde selbst bei ei­ner Ein­be­zie­hung in den Gel­tungs­be­reich der VO 2007 kein An­spruch auf ei­ne Al­ters­ren­te nach die­ser Ver­sor­gungs­ord­nung zu, weil die Re­ge­lun­gen der ihm in­di­vi­du­ell er­teil­ten Zu­sa­ge auf Leis­tun­gen über den B güns­ti­ger sind als die Be­stim­mun­gen der VO 2007.

a) Im Fall der Un­wirk­sam­keit von § 2 Abs. 4 VO 2007 hätte der Kläger nach de­ren Re­ge­lun­gen Be­triebs­ren­ten­an­wart­schaf­ten er­wor­ben, ob­wohl er - als In­ha­ber ei­ner ein­zel­ver­trag­li­chen Zu­sa­ge - so­wohl nach dem Wil­len der Be­triebs­par­tei­en der VO 2007 als auch nach dem In­halt der Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 aus­sch­ließlich An­wart­schaf­ten auf Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung beim B er­wer­ben soll­te. Die mit In­kraft­tre­ten der VO 2007 ein-tre­ten­de Re­gel­kol­li­si­on zwi­schen den nach § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG nor­ma­tiv

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gel­ten­den Be­stim­mun­gen der VO 2007 und der in­di­vi­du­al­ver­trag­li­chen Ver­sor­gungs­zu­sa­ge des Klägers wäre nach dem Güns­tig­keits­prin­zip zu lösen.

aa) Grundsätz­lich gilt im Verhält­nis von ver­trag­lich be­gründe­ten Ansprüchen und an­spruchs­be­gründen­den Nor­men ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung das Güns­tig­keits­prin­zip. Zwar ist dies in § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG nicht aus­drück­lich an­ge­ord­net. Die ge­setz­li­che Re­ge­lung ist je­doch un­vollständig. Sie wird durch das Güns­tig­keits­prin­zip ergänzt. Die­ses in § 4 Abs. 3 TVG nur un­voll­kom­men ge­re­gel­te Prin­zip ist Aus­druck ei­nes um­fas­sen­den Grund­sat­zes, der un­abhängig von der Art der Rechts­quel­le auch außer­halb des Ta­rif­ver­trags­ge­set­zes und da­mit auch für das Verhält­nis von ver­trag­li­chen Ansprüchen zu den In­halts­nor­men ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung Gel­tung be­an­sprucht (vgl. BAG 16. Sep­tem­ber 1986 - GS 1/82 - zu C II 3 a, b der Gründe, BA­GE 53, 42; 5. März 2013 - 1 AZR 417/12 - Rn. 55). Da­nach tre­ten die nach § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG un­mit­tel­bar und zwin­gend gel­ten­den Nor­men ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung hin­ter ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen mit für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­ren Be­din­gun­gen zurück.

bb) Ob ei­ne ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung ab­wei­chen­de güns­ti­ge­re Re­ge­lun­gen ge­genüber ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung enthält, er­gibt ein Ver­gleich zwi­schen der Re­ge­lung im Ar­beits­ver­trag und in der Be­triebs­ver­ein­ba­rung (sog. Güns­tig­keits­ver­gleich). Die­ser ist erst­mals in dem Zeit­punkt durch­zuführen, in dem die nor­ma­tiv gel­ten­den Re­ge­lun­gen der Be­triebs­ver­ein­ba­rung mit der ab-wei­chen­den ver­trag­li­chen Re­ge­lung kol­li­die­ren (vgl. für § 4 Abs. 3 TVG BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 31 mwN, BA­GE 151, 221). Da­bei ist ein sog. Sach­grup­pen­ver­gleich vor­zu­neh­men, dh. die in ei­nem in­ne­ren Zu­sam­men­hang ste­hen­den Teil­kom­ple­xe der un­ter­schied­li­chen Re­ge­lun­gen sind zu ver­glei­chen. Die Güns­tig­keit ei­ner ein­zel­ver­trag­li­chen Re­ge­lung ge­genüber ei­ner nor­ma­tiv gel­ten­den Be­stim­mung ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung muss be­reits im Vor­aus - al­so un­abhängig von den kon­kre­ten Be­din­gun­gen des je­wei­li­gen An­wen­dungs­falls - fest­ste­hen (vgl. für § 4 Abs. 3 TVG BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 31, aaO; 10. De­zem­ber 2014 - 4 AZR 503/12 - Rn. 42, BA­GE 150, 184; 12. April 1972 - 4 AZR 211/71 - BA­GE 24, 228). Hängt es von

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den Umständen des Ein­zel­falls ab, ob die be­tref­fen­de Re­ge­lung güns­ti­ger ist oder nicht (sog. am­bi­va­len­te Re­ge­lung), ist kei­ne Güns­tig­keit ge­ge­ben (sie­he für den Ver­gleich ein­zel­ver­trag­li­cher und ta­rif­ver­trag­li­cher Re­ge­lun­gen BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 29, aaO; für den Ver­gleich ein­zel­ver­trag­li­cher und ge­setz­li­cher Kündi­gungs­fris­ten BAG 29. Ja­nu­ar 2015 - 2 AZR 280/14 - Rn. 19, BA­GE 150, 337). Dies gilt un­abhängig da­von, ob die Par­tei­en der in­di­vi­du­al­ver­trag­li­chen Re­ge­lung die­se vor oder nach In­kraft­tre­ten der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­ein­bart ha­ben. Ist ob­jek­tiv nicht zwei­fels­frei fest­stell­bar, dass die von der nor­ma­tiv gel­ten­den Be­triebs­ver­ein­ba­rung ab­wei­chen­de Re­ge­lung für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ger ist, ver­bleibt es bei der zwin­gen­den Gel­tung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung (vgl. für § 4 Abs. 3 TVG BAG 15. April 2015 - 4 AZR 587/13 - Rn. 32, aaO). Die Par­tei, die sich auf die Güns­tig­keit ei­ner in­di­vi­du­al-ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung ge­genüber den un­mit­tel­bar und zwin­gend gel­ten­den Be­stim­mun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung be­ruft, ist für das Vor­lie­gen die­ser Vor­aus­set­zung dar­le­gungs- und be­weis­pflich­tig.

b) Da­nach wären die Re­ge­lun­gen der dem Kläger in­di­vi­du­ell er­teil­ten Ver­sor­gungs­zu­sa­ge über Leis­tun­gen des B ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten nicht von vorn­her­ein güns­ti­ger als die kol­li­die­ren­den Be­stim­mun­gen der VO 2007.

Die Be­klag­te hat nicht be­haup­tet, dass die dem Kläger bei Ein­tritt des Ver­sor­gungs­falls „Al­ter“ vom B zu gewähren­de Al­ters­ren­te höher wäre als ei­ne et­wai­ge ihm nach der VO 2007 zu zah­len­de Be­triebs­ren­te. An­halts­punk­te hierfür sind auch nicht er­sicht­lich. Die Be­klag­te be­ruft sich viel­mehr al­lein dar­auf, dass beim erst­ma­li­gen Zu­sam­men­tref­fen der ver­trag­li­chen Ver­sor­gungs­zu­sa­ge mit der - der VO 2007 vor­an­ge­hen­den - VO 1988 die An­wart­schaft nach der VO 1988 im Ge­gen­satz zu der beim B er­wor­be­nen noch nicht un­ver­fall­bar war. Hier­auf kommt es je­doch nicht an. Bei In­kraft­tre­ten der VO 1988 war zwar un­klar, ob der Kläger ei­ne un­ver­fall­ba­re An­wart­schaft nach der VO 1988 er­wer­ben oder sein Ar­beits­verhält­nis zu­vor en­den würde. Die­se Un­klar­heit führt je­doch da­zu, dass sich die ver­trag­li­chen Re­ge­lun­gen im Ver­gleich zu den Re­ge­lun­gen in der VO 1988 nicht als güns­ti­ger, son­dern - le­dig­lich - als am­bi­va­lent qua­li­fi-

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zie­ren las­sen. Glei­ches gilt für das Zu­sam­men­tref­fen der In­di­vi­dual­zu­sa­ge mit den nach­fol­gen­den VO 1991 und VO 2007.

3. Die Kla­ge ist auch nicht des­halb er­folg­los, weil der Kläger wirk­sam auf künf­ti­ge Ansprüche aus der VO 2007 ver­zich­tet hätte. Es be­darf kei­ner Ent­schei­dung, ob - wie un­aus­ge­spro­chen vom Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men - die Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987, nach der der Kläger von der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin „aus­ge­nom­men sein soll“, als Ver­zicht des Klägers auf künf­ti­ge Ansprüche aus ei­nem kol­lek­ti­ven Ver­sor­gungs­werk der Be­klag­ten und da­mit auch aus der VO 2007 aus­zu­le­gen ist. Selbst wenn man hier­von aus­gin­ge, führ­te dies vor­lie­gend nicht zu ei­nem an­de­ren Er­geb­nis; denn ein et­wai­ger Ver­zicht des Klägers wäre nach § 77 Abs. 4 Satz 2 Be­trVG iVm. § 134 BGB un­wirk­sam.

a) Nach § 77 Abs. 4 Satz 2 Be­trVG kann der Ar­beit­neh­mer auf Ansprüche, die ihm durch ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung ein­geräumt wer­den, wirk­sam nur mit Zu­stim­mung des Be­triebs­rats ver­zich­ten. Fehlt die­se, ist ein in­di­vi­du­al­recht­li­cher Ver­zicht we­gen Ver­s­toßes ge­gen ein ge­setz­li­ches Ver­bot nach § 134 BGB nich­tig (vgl. et­wa BAG 30. März 2004 - 1 AZR 85/03 - zu II 4 b aa der Gründe). Die Re­ge­lung er­fasst al­le For­men des Ver­zichts. Le­dig­lich Tat­sa­chen­ver­glei­che, durch die Mei­nungs­ver­schie­den­hei­ten über die tatsächli­chen Vor­aus­set­zun­gen von Ansprüchen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus­geräumt wer­den, sind von § 77 Abs. 4 Satz 2 Be­trVG nicht er­fasst (vgl. BAG 31. Ju­li 1996 - 10 AZR 138/96 -).

b) Da­mit wäre ein et­wai­ger in der Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 lie­gen­der Ver­zicht des Klägers auf künf­ti­ge Ansprüche aus der VO 2007 nach § 134 BGB un­wirk­sam.

aa) Ent­ge­gen der An­sicht der Be­klag­ten enthält die Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 kei­nen Tat­sa­chen­ver­gleich. Die Ver­ein­ba­rung be­sei­tig­te kei­ne tatsächli­che Un­ge­wiss­heit, da bei ih­rem Ab­schluss kei­ne Mei­nungs­ver­schie­den­heit zwi­schen dem Kläger und der D darüber be­stand, ob der Kläger die tatsächli­chen Vor­aus­set­zun­gen für den Er­werb von An­wart­schaf­ten aus ei­nem

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bei die­ser gel­ten­den Ver­sor­gungs­werk erfüll­te. Ein sol­ches exis­tier­te im Ja­nu­ar 1987 le­dig­lich für vor dem 1. April 1984 ein­ge­stell­te Mit­ar­bei­ter, nicht aber für Ar­beit­neh­mer, die - wie der Kläger - erst da­nach ein­ge­stellt wor­den wa­ren.

bb) Der Be­triebs­rat hat mit der Re­ge­lung in § 2 Abs. 4 VO 2007 ei­nem et­wai­gen Ver­zicht des Klägers auf sei­ne künf­ti­gen Ansprüche aus der VO 2007 auch nicht zu­ge­stimmt. Die Re­ge­lung enthält - un­abhängig von der Fra­ge, ob sie wirk­sam ist - kei­ne Zu­stim­mung des Be­triebs­rats nach § 77 Abs. 4 Satz 2 Be­trVG zu ei­nem Ver­zicht der dort ge­nann­ten Mit­ar­bei­ter auf mögli­che Ansprüche aus der VO 2007. Zwar können die Be­triebs­par­tei­en in ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung Re­ge­lun­gen tref­fen, nach de­nen Ar­beit­neh­mer un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen auf Ansprüche aus der­sel­ben wirk­sam ver­zich­ten können (vgl. BAG 11. De­zem­ber 2007 - 1 AZR 824/06 - Rn. 37). Ei­ne sol­che Re­ge­lung trifft § 2 Abs. 4 VO 2007 je­doch nicht. Die Norm re­gelt nicht die Zulässig­keit des Ver­zichts von Ar­beit­neh­mern mit In­di­vi­dual­zu­sa­ge auf Ansprüche aus der VO 2007, son­dern legt nur den persönli­chen An­wen­dungs­be­reich der VO 2007 fest. Durch die Vor­schrift sol­len le­dig­lich al­le Ar­beit­neh­mer mit ei­ner In­di­vi­dual­zu­sa­ge von der Gel­tung der VO 2007 aus­ge­nom­men wer­den, un­abhängig da­von, ob sie auf et­wai­ge Ansprüche aus die­ser Ver­sor­gungs­ord­nung ver­zich­tet ha­ben.

cc) Ein mögli­cher Ver­zicht des Klägers auf et­wai­ge künf­ti­ge Ansprüche aus der VO 2007 wäre im Übri­gen auch nicht des­halb wirk­sam, weil die Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 für den Kläger ins­ge­samt güns­ti­ger ist als die VO 2007. Ein in­di­vi­du­al­recht­li­cher Ver­zicht auf Ansprüche aus ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung wäre zwar auch dann zulässig, wenn sich der Ar­beit­neh­mer bei ei­nem Güns­tig­keits­ver­gleich durch die in dem Ver­zicht ent­hal­te­ne Ver­ein­ba­rung ins­ge­samt bes­ser stellt (vgl. et­wa BAG 30. März 2004 - 1 AZR 85/03 - zu II 4 b bb der Gründe; 27. Ja­nu­ar 2004 - 1 AZR 148/03 - zu II 2 b der Gründe, BA­GE 109, 244). Die Re­ge­lun­gen der dem Kläger in­di­vi­du­ell er­teil­ten Ver­sor­gungs­zu­sa­ge wären al­ler­dings - wie be­reits aus­geführt - nicht von vorn­her­ein güns­ti­ger als die Be­stim­mun­gen der VO 2007.

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4. Die Kla­ge ist auch nicht des­halb ab­wei­sungs­reif, weil künf­ti­ge Ansprüche des Klägers aus der VO 2007 nach Nr. 8 der Vor­ru­he­stands­ver­ein­ba­rung er­lo­schen wären. Ob die­se Re­ge­lung über­haupt Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung er­fasst, kann of­fen­blei­ben. Selbst wenn man dies annähme, wären mögli­che Ansprüche des Klägers aus der VO 2007 nicht er­lo­schen, da Nr. 8 der Vor­ru­he­stands­ver­ein­ba­rung we­gen Ver­s­toßes ge­gen § 3 Abs. 1 Satz 1 Be­trAVG nach § 134 BGB un­wirk­sam wäre. § 3 Abs. 1 Satz 1 Be­trAVG ver­bie­tet nicht nur die Ab­fin­dung ei­ner un­ver­fall­ba­ren Ver­sor­gungs­an­wart­schaft durch ei­ne ein­ma­li­ge Zah­lung, son­dern auch den entschädi­gungs­lo­sen Er­lass ei­ner Ver­sor­gungs­an­wart­schaft in Ver­ein­ba­run­gen, die im Zu­sam­men­hang mit der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­trof­fen wur­den (vgl. BAG 17. Ju­ni 2014 - 3 AZR 412/13 - Rn. 50 mwN).

5. Das Be­geh­ren des Klägers ist auch nicht des­we­gen un­be­gründet, weil ihm Treu und Glau­ben (§ 242 BGB) ent­ge­genstünden.

a) Ein et­wai­ger künf­ti­ger An­spruch des Klägers auf ei­ne Al­ters­ren­te nach Maßga­be der VO 2007 wäre nicht nach § 242 BGB ver­wirkt. Ei­ne Ver­wir­kung der den Ar­beit­neh­mern durch ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung ein­geräum­ten Rech­te ist nach § 77 Abs. 4 Satz 3 Be­trVG aus­ge­schlos­sen.

b) Dem Kläger ist die Ver­fol­gung sei­nes Kla­ge­be­geh­rens auch nicht nach dem aus § 242 BGB fol­gen­den Grund­satz des Ver­bots wi­dersprüchli­chen Ver­hal­tens („ve­ni­re con­tra fac­tum pro­pri­um“) ver­wehrt. Selbst wenn man zu­guns­ten der Be­klag­ten da­von aus­gin­ge, die­ser Grund­satz könne der Gel­tend­ma­chung von Ansprüchen aus ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den und der Kläger ha­be sich in der Ver­gan­gen­heit wi­dersprüchlich ver­hal­ten, recht­fer­tig­te dies kei­ne Kla­ge­ab­wei­sung. Die Rechts­ord­nung lässt wi­dersprüchli­ches Ver­hal­ten grundsätz­lich zu. Wi­dersprüchli­ches Ver­hal­ten ist erst dann miss­bräuch­lich, wenn für den an­de­ren Teil ein Ver­trau­en­stat­be­stand ent­stan­den ist oder wenn an­de­re be­son­de­re Umstände die Rechts­ausübung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen (vgl. BAG 11. No­vem­ber 2014 - 3 AZR 849/11 - Rn. 64 mwN). Bei­des ist nicht der Fall. Die Be­klag­te konn­te nicht dar­auf ver­trau­en, der Kläger wer­de kei­ne Ver­sor­gungs­ansprüche aus der VO 2007 gel­tend ma­chen.

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IV. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil war da­her auf­zu­he­ben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und die Sa­che zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­zu­ver­wei­sen (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird Fest­stel­lun­gen darüber zu tref­fen ha­ben, ob die Ar­beit­neh­mer, de­nen die Be­klag­te bzw. ih­re Rechts­vorgänge­rin Ein­zel­zu­sa­gen er­teilt hat, ty­pi­scher­wei­se ei­ne Ver­sor­gung er­hal­ten, die in et­wa dem Ver­sor­gungs­ni­veau nach der VO 2007 ent­spricht. Im Übri­gen wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt bei sei­ner Ent­schei­dung Fol­gen­des zu berück­sich­ti­gen ha­ben:

1. Soll­te es zu dem Er­geb­nis kom­men, die Re­ge­lung in § 2 Abs. 4 VO 2007 sei un­wirk­sam und der Kläger da­mit in den Gel­tungs­be­reich der VO 2007 ein­be­zo­gen, wird es zu be­ach­ten ha­ben, dass sich der Kläger - wie im Er­geb­nis vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­tref­fend an­ge­nom­men - auf sei­ne künf­ti­ge Al­ters­ren­te nach der VO 2007 Leis­tun­gen des B teil­wei­se an­rech­nen las­sen muss. Die Vor­aus­set­zun­gen des in § 17 Abs. 3 VO 2007 nor­mier­ten An­rech­nungs­tat­be­stands sind zwar nicht ge­ge­ben. Ei­ne An­rech­nung von Leis­tun­gen des B ergäbe sich je­doch aus der Wir­kungs­wei­se des § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG iVm. dem - nach dem Vor­ge­sag­ten hier an­wend­ba­ren - Güns­tig­keits­prin­zip.

a) Bei ei­ner Kol­li­si­on zwi­schen den Re­ge­lun­gen ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung und ei­ner ein­zel­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung ge­langt die Be­triebs­ver­ein­ba­rung im Ar­beits­verhält­nis zur An­wen­dung, wenn die ein­zel­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung kei­ne für den Ar­beit­neh­mer güns­ti­ge­re Re­ge­lung enthält. Dies folgt aus § 77 Abs. 4 Satz 1 Be­trVG iVm. dem Güns­tig­keits­prin­zip. Da die Be­triebs­par­tei­en in­di­vi­du­al­recht­li­che Rechts­po­si­tio­nen der Ar­beit­neh­mer nicht wirk­sam be­sei­ti­gen oder ver­schlech­tern können (vgl. BAG 15. Fe­bru­ar 2011 - 3 AZR 54/09 - Rn. 54; 6. No­vem­ber 2007 - 1 AZR 862/06 - Rn. 23, BA­GE 124, 323), führt die Re­ge­lung in der Be­triebs­ver­ein­ba­rung we­der zur Un­wirk­sam­keit noch zur end¬gülti­gen Ablösung der ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung (vgl. BAG 15. Fe­bru­ar 2011 - 3 AZR 54/09 - Rn. 54; 28. März 2000 - 1 AZR 366/99 - zu II 2 a der Gründe, BA­GE 94, 179). Viel­mehr kommt die nicht güns­ti­ge­re in­di­vi­du­al­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung le­dig­lich für die Dau­er der Gel­tung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung

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nicht zur An­wen­dung, da die Nor­men der Be­triebs­ver­ein­ba­rung sie für die Zeit ih­rer Wir­kung ver­drängen (vgl. BAG 15. Fe­bru­ar 2011 - 3 AZR 54/09 - Rn. 54; 21. Sep­tem­ber 1989 - 1 AZR 454/88 - zu IV 3 der Gründe, BA­GE 62, 360). Dies gilt un­abhängig da­von, ob die ar­beits­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung vor oder nach Ab­schluss der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­trof­fen wor­den ist (vgl. BAG 21. Sep­tem­ber 1989 - 1 AZR 454/88 - zu IV 3 der Gründe, aaO; 28. März 2000 - 1 AZR 366/99 - zu II 2 a der Gründe, aaO).

b) Die ein­zel­ver­trag­li­che Zu­sa­ge des Klägers kol­li­dier­te - bei ei­ner Un­wirk­sam­keit von § 2 Abs. 4 VO 2007 - nicht erst­mals mit den Be­stim­mun­gen der VO 2007, son­dern be­reits mit ih­ren Vorgänger­re­ge­lun­gen, der VO 1988 und der nach­fol­gen­den VO 1991. Die bei­den Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen sind nicht so aus-zu­le­gen, dass ne­ben den durch sie gewähr­ten Ver­sor­gungs­ansprüchen auch sol­che aus in­di­vi­du­al­ver­trag­li­chen Zu­sa­gen ga­ran­tiert wer­den sol­len.

Zwar ent­hiel­ten bei­de Ver­sor­gungs­ord­nun­gen kei­ne § 2 Abs. 4 VO 2007 ent­spre­chen­de Ein­schränkung ih­res Gel­tungs­be­reichs für Ar­beit­neh­mer mit ein­zel­ver­trag­li­cher Zu­sa­ge. Da­her wur­de der Kläger nach § 1 Abs. 1 iVm. Abs. 3 Buchst. b VO 1988 bzw. 1991 von die­sen Ver­sor­gungs­ord­nun­gen er­fasst. Auch ist es - wie vom Kläger gel­tend ge­macht - grundsätz­lich nicht aus­ge­schlos­sen, dass ein Ar­beit­ge­ber ei­nem Ar­beit­neh­mer die Gewährung von Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung gleich­zei­tig über meh­re­re ver­schie­de­ne Durchführungs­we­ge zu­sagt. Die Wer­tun­gen der VO 1988 bzw. 1991 bie­ten je­doch kei­ne hin­rei­chen­den An­halts­punk­te dafür, dass die ab dem 1. April 1984 bei der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mer für ih­re Beschäfti­gungs­zei­ten bei der Be­klag­ten bzw. ih­rer Recht­vorgänge­rin Ver­sor­gungs­an­wart­schaf­ten so­wohl auf­grund ei­ner et­wai­gen In­di­vi­dual­zu­sa­ge als auch zusätz­lich auf­grund der VO 1988 und der VO 1991 er­wer­ben soll­ten.

Be­reits § 1 Abs. 3 Buchst. b VO 1988 bzw. VO 1991 lässt er­ken­nen, dass die Be­triebs­par­tei­en nicht zusätz­lich zu ei­ner be­reits be­ste­hen­den Ver­sor­gung den Ar­beit­neh­mern wei­te­re be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gungs­leis­tun­gen über ei­nen an­de­ren Durchführungs­weg gewähren woll­ten. Denn die Re­ge­lung

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schließt die­je­ni­gen Ar­beit­neh­mer aus dem erst­mals durch die VO 1988 be­gründe­ten Ver­sor­gungs­werk aus, die vor dem 1. April 1984 in das Un­ter­neh­men ein­ge­tre­ten wa­ren und de­nen da­mit be­reits ei­ne Ver­sor­gung über ei­ne Un­terstützungs­kas­se zu­ge­sagt wor­den war. Auch § 17 Abs. 3 VO 1988 bzw. VO 1991 lässt sich ent­neh­men, dass die Leis­tun­gen nach die­sen Ver­sor­gungs­ord­nun­gen nicht zusätz­lich zu ei­ner be­reits in­di­vi­du­ell ver­spro­che­nen Ver­sor­gung gewährt wer­den sol­len. Nach die­ser Norm sind so­gar Ver­sor­gungs­leis­tun­gen, die aus Mit­teln ei­nes an­de­ren Ar­beit­ge­bers stam­men oder mit des­sen Bei­trags­be­tei­li­gung er­wor­ben wor­den sind, auf die Leis­tun­gen der Be­klag­ten an­zu­rech­nen, wenn sie in den Zei­ten er­dient wur­den, die die Be­klag­te ih­rer­seits nach Maßga­be der VO 1988 und VO 1991 als Vor­dienst­zei­ten an­ge­rech­net hat.

c) Der Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 lässt sich eben­falls nicht ent­neh­men, dass ih­re Re­ge­lun­gen ne­ben ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung über die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung An­wen­dung fin­den sol­len. Viel­mehr soll­te der Kläger ge­ra­de aus dem bei der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten zu er­war­ten­den kol­lek­ti­ven Ver­sor­gungs­werk aus­ge­schlos­sen wer­den und statt­des­sen ei­ne in­di­vi­du­ell zu­ge­sag­te Ver­sor­gung beim B er­hal­ten. Da­mit soll­te auch nach der In­di­vi­du­al­ver­ein­ba­rung nur ein Sys­tem der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung für den Kläger gel­ten. Recht­lich un­er­heb­lich ist, ob der Per­so­nal­lei­ter der Be­klag­ten dem Kläger bei Ab­schluss der Ver­ein­ba­rung erklärt hat, die Auf­recht­er­hal­tung der Ver­sor­gung durch den B sei bes­ser als die zu er­war­ten­de be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung. Der Kläger konn­te ei­ne sol­che noch während der Ver­hand­lun­gen über die VO 1988 ab­ge­ge­be­ne Erklärung vor de­ren In­kraft­tre­ten nur als ei­ne un­ver­bind­li­che Einschätzung auf­fas­sen.

d) Die Kol­li­si­on ei­ner nicht güns­ti­ge­ren ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung mit den Nor­men ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung zum sel­ben Re­ge­lungs­ge­gen­stand führt grundsätz­lich da­zu, dass die in­di­vi­du­al­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung für die Dau­er der Gel­tung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­drängt wird und da­mit im Ar­beits­verhält­nis nicht zur An­wen­dung ge­langt.

Vor­lie­gend ha­ben die Par­tei­en die in­di­vi­du­al­ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung durch­geführt und Beträge an den B ge­zahlt. Der Kläger hat da­her auf der

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Grund­la­ge der von der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin er­brach­ten Bei-träge zum B ge­genüber die­sem rechts­wirk­sam ei­nen An­spruch auf Zah­lung von Leis­tun­gen bei Ein­tritt ei­nes Ver­si­che­rungs­falls er­wor­ben. Auf­grund der ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­run­gen zwi­schen der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin, dem Kläger und dem B vom 26. Ju­li 1993 und 12. Sep­tem­ber 1994 schei­det ei­ne Rück­ab­wick­lung der ver­dräng­ten in­di­vi­du­al­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung vom 9. Ja­nu­ar 1987 aus. Des­halb kann ein Zu­stand, der bestünde, wenn die Par­tei­en die In­di­vi­dual­zu­sa­ge des Klägers nicht voll­zo­gen hätten, nicht oh­ne Wei­te­res er­reicht wer­den. Dies ist nur möglich, wenn Leis­tun­gen, die der Kläger bei Ein­tritt des Ver­sor­gungs­falls vom B er­hal­ten wird, auf die ihm ggf. nach der VO 2007 zu­ste­hen­de Al­ters­ren­te an­ge­rech­net wer­den.

e) § 5 Abs. 2 Satz 1 Be­trAVG stünde ei­ner sol­chen An­rech­nung von Leis­tun­gen des B nicht ent­ge­gen. Da die Leis­tun­gen des B so­wohl ar­beit­ge­ber- als auch ar­beit­neh­mer­fi­nan­ziert wa­ren, hin­dert die­se Norm ei­ne An­rech­nung nicht. Auch aus den Ent­schei­dun­gen des Se­nats vom 23. Fe­bru­ar 1988 (- 3 AZR 100/86 -), 6. Ju­ni 1989 (- 3 AZR 668/87 -), 5. Sep­tem­ber 1989 (- 3 AZR 654/87 -) und 26. März 1996 (- 3 AZR 1023/94 -) kann der Kläger nichts an­de­res ab­lei­ten. Die ge­nann­ten Ent­schei­dun­gen be­zie­hen sich nicht auf Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung, die der Ar­beit­ge­ber dem Ar­beit­neh­mer in­di­vi­du­al­ver­trag­lich an­stel­le ei­nes zwin­gend kol­lek­tiv­recht­lich gel­ten­den Ver­sor­gungs­sys­tems zu­ge­sagt hat­te.

2. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird ggf. je­doch zu be­ach­ten ha­ben, dass ei­ne An­rech­nung von Leis­tun­gen des B auf die dem Kläger mögli­cher­wei­se nach der VO 2007 zu­ste­hen­de Al­ters­ren­te nur in dem Um­fang in Be­tracht kommt, in dem die in­di­vi­du­el­le Zu­sa­ge des Klägers auf Leis­tun­gen des B mit dem kol­lek­ti­ven Ver­sor­gungs­werk nach der VO 2007 kol­li­diert.

a) Da die VO 2007 aus­sch­ließlich ei­ne ar­beit­ge­ber­fi­nan­zier­te Al­ters­ver­sor­gung re­gelt, müss­te sich der Kläger nur sol­che Leis­tun­gen des B auf die Al­ters­ren­te nach der VO 2007 an­rech­nen las­sen, die auf Beiträgen der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin be­ru­hen. Hier­von ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu Recht aus­ge­gan­gen. So­weit der Kläger Leis­tun­gen des B erhält, die auf sei­nen

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Ei­gen­beiträgen be­ru­hen, kommt ei­ne An­rech­nung nicht in Be­tracht. Auch die Be­klag­te ver­langt dies nicht.

b) Darüber hin­aus wäre ei­ne An­rech­nung von Leis­tun­gen des B, die auf den Beiträgen der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin be­ru­hen, nur in dem Um­fang möglich, in dem der Kläger auf­grund der VO 2007 für Beschäfti­gungs­zei­ten An­wart­schaf­ten er­wor­ben hat. Hier­bei wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt zu berück­sich­ti­gen ha­ben, dass nach § 5 Abs. 1 VO 2007 als an­rech­nungsfähi­ge Dienst­zeit grundsätz­lich nur die Zeit gilt, die der Mit­ar­bei­ter in dem Un­ter­neh­men ver­bracht hat. Da der Kläger da­nach in der Zeit vom Be­ginn sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses am 1. Ju­li 1986 bis zu des­sen Be­en­di­gung mit Ab­lauf des 30. Ju­ni 2009 An­wart­schaf­ten nach der VO 2007 er­wor­ben hätte, könn­ten die Leis­tun­gen des B grundsätz­lich nur in­so­weit an­ge­rech­net wer­den, als sie auf in die­sem Zeit­raum von der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin ge­zahl­ten Beiträgen be­ru­hen

So­weit die Be­klag­te für die Zeit nach dem Aus­schei­den des Klägers aus dem Ar­beits­verhält­nis auf­grund von Nr. 7 der Vor­ru­he­stands­ver­ein­ba­rung wei­te­re Beiträge zum B er­bracht hat, käme ei­ne An­rech­nung der hier­auf be­ru­hen­den Leis­tun­gen des B nur in Be­tracht, wenn die Be­klag­te ge­hal­ten wäre, die Zei­ten des Vor­ru­he­stands auch im Rah­men der VO 2007 an­wart­schafts­stei­gernd zu berück­sich­ti­gen. Die VO 2007 selbst sieht dies zwar nicht vor. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird aber er­for­der­li­chen­falls zu prüfen ha­ben, ob sich ei­ne Ver­pflich­tung zur An­rech­nung aus den Be­stim­mun­gen des in Nr. 7 der Vor­ru­he­stands­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten „Vor­ru­he­stands-Ta­rif­ver­trags“ er­ge­ben könn­te. Bei der An­wend­bar­keit die­ses Ta­rif­ver­trags auf den Kläger wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt ggf. zu be­ach­ten ha­ben, dass mit der Klau­sel in § 1 Abs. 5 des Ar­beits­ver­trags des Klägers über ih­ren un­mit­tel­ba­ren Wort­laut hin­aus nicht nur der „Ta­rif­ver­trag für das pri­va­te Bank­ge­wer­be und die öffent­li­chen Ban­ken in sei­ner je­weils gülti­gen Fas­sung“, son­dern er­kenn­bar das ge­sam­te für das pri­va­te Bank­ge­wer­be und die öffent­li­chen Ban­ken gel­ten­de Ta­rif­werk und da­mit auch ein et­wai­ger „Vor­ru­he­stands-Ta­rif­ver­trag“ in Be­zug ge­nom­men sein dürf­te. Auch die Vor­ru­he­stands­ver­ein­ba­rung enthält in­so­weit nichts Ge­gen­tei­li­ges

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V. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird auch über die Kos­ten des Re­vi­si­ons­ver­fah­rens zu ent­schei­den ha­ben.

 

Zwan­zi­ger 

Ah­rendt 

Wem­heu­er

Schmalz 

Xa­ver Aschen­bren­ner

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