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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/071

Min­dest­lohn in wei­te­ren Bran­chen

Ge­bäu­de­rei­ni­gung, Pfle­ge, Si­cher­heits­dienst­leis­tun­gen
Münzen, Münzhaufen Der Min­dest­lohn kommt ...
14.04.2010. In Ar­beits­recht ak­tu­ell: 10/070 "Der ak­tu­el­le Min­dest­lohn" be­rich­te­ten wir über den Aus­bau der Min­dest­löh­ne auch un­ter Schwarz-Gelb und über die neu­en Ent­wick­lun­gen der Min­dest­löh­ne in den Bran­chen Ab­fall­wirt­schaft und Bau­ge­wer­be - Dach­de­cker.

Der vor­lie­gen­de Ar­ti­kel be­fasst sich mit dem neu­en (bzw. ge­plan­ten) Min­dest­lohn in den Bran­chen Ge­bäu­de­rei­ni­gung, Pfle­ge und Si­cher­heits­dienst­leis­tun­gen.

Gebäuderei­ni­gung

Für die et­wa 830.000 ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer, die in der Gebäuderei­ni­gung beschäftigt wer­den, gilt die „Zwei­te Ver­ord­nung über zwin­gen­de Ar­beits­be­din­gun­gen im Gebäuderei­ni­ger­hand­werk, vom 03.03.2010“, die nach ih­rer Veröffent­li­chung im Bun­des­an­zei­ger am 09.03.2010 (Aus­ga­be Nr.37) seit dem 10.03.2010 in Kraft ist.

Mit die­ser Ver­ord­nung wur­de der Ta­rif­ver­trag zur Re­ge­lung der Min­destlöhne für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer in der Gebäuderei­ni­gung im Ge­biet der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land (TV Min­dest­lohn) vom 29.10.2009, deutsch­land­weit für an­wend­bar erklärt.

Je nach­dem, ob der Ar­beits­ort in den neu­en oder den al­ten Bun­desländern liegt, schwankt der da­mit gel­ten­de Min­dest­lohn im Jahr 2010 zwi­schen 6,83 EUR (neue Länder, Lohn­grup­pe 1) und 11,13 EUR (al­te Länder, Lohn­grup­pe 6) brut­to pro St­un­de. Ab 2011 erhöht sich der Min­dest­lohn und schwankt dann zwi­schen 7,00 EUR (neue Länder, Lohn­grup­pe 1) und 11,33 EUR (al­te Länder, Lohn­grup­pe 6) brut­to pro St­un­de. Die Ver­ord­nung ist bis En­de 2011 in Kraft.

Pfle­ge

Auch für die rund 600.000 Beschäftig­ten der Pfle­ge­bran­che ist ein bun­des­wei­ter Min­dest­lohn in greif­ba­re Nähe gerückt. Denn nach vier­mo­na­ti­ger Tätig­keit hat sich die Pfle­ge­kom­mis­si­on auf ei­ne Emp­feh­lung zum Er­lass ei­nes Min­dest­lohns in der Pfle­ge­bran­che ge­ei­nigt.

Emp­foh­len wird ein Min­dest­lohn von 7,50 EUR im Os­ten und von 8,50 EUR im Wes­ten. Ab Ja­nu­ar 2012 wird ei­ne Stei­ge­rung um 2,9 % (West) bzw. um 3,2 % (Ost) emp­foh­len und ab Ju­li 2013 ei­ne noch­ma­li­ge Stei­ge­rung um 2,9 % (West) bzw. um 3,3 % (Ost). Der Min­dest­lohn soll nur für Kräfte gel­ten, die über­wie­gend Grund­pfle­ge­leis­tun­gen nach SGB XI er­brin­gen, nicht je­doch für Aus­zu­bil­den­de, Prak­ti­kan­ten, Haus­wirt­schafts­kräfte und De­menz­be­treu­er.

In ei­ner Pres­se­mit­tei­lung des BMAS vom 25.03.2010 erklärte die Bun­des­mi­nis­te­rin für Ar­beit und So­zia­les von der Ley­en, auf Grund der Emp­feh­lung den Ei­ni­gungs­pro­zess in­ner­halb der Bun­des­re­gie­rung in Gang zu set­zen. Mit ei­ner rechts­ver­bind­li­chen Ver­ord­nung kann nach Aus­kunft des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums frühes­tens im Ju­li 2010 ge­rech­net wer­den.

Si­cher­heits­dienst­leis­tun­gen

Am 22.03.2010 verkünde­te die Ge­werk­schaft ver.di, man ha­be nach lan­gen Ver­hand­lun­gen mit dem Bun­des­ver­band Deut­scher Wach- und Si­cher­heits­un­ter­neh­men (BDWS) end­lich ei­nen Min­dest­lohn­ta­rif­ver­trag für die bun­des­weit rund 170.000 Beschäftig­ten im Si­cher­heits­ge­wer­be ab­ge­schlos­sen.

Der Min­dest­lohn­ta­rif­ver­trag führe über meh­re­re Stu­fen auch in den Ta­rif­ge­bie­ten mit den der­zeit nied­rigs­ten Un­ter­gren­zen zu ei­nem ein­heit­li­chen Bran­chen­min­dest­lohn von 7,50 Eu­ro bis spätes­tens zum 1. Ja­nu­ar 2013 (ver.di, Pres­se­mit­tei­lung vom 22.03.2010: "Be­son­de­re Dienst­leis­tun­gen. ver.di schließt Min­dest­lohn­ta­rif­ver­trag für Wach- und Si­cher­heits­ge­wer­be ab").

Wei­ter heißt es, mit dem Ta­rif­ver­trag wer­de Si­cher­heit für die Bran­che ge­schaf­fen, die bis­lang eher von prekären Be­din­gun­gen ge­kenn­zeich­net war. In ei­nem nächs­ten Schritt wer­de ver.di ge­mein­sam mit dem BDWS beim Ar­beits­mi­nis­te­ri­um be­an­tra­gen, die­sen Ta­rif­ver­trag für all­ge­mein­ver­bind­lich zu erklären. Die hin­ter die­ser Er­folgs­mel­dung ste­hen­den Ein­zel­hei­ten sind al­ler­dings eher ernüchternd:

Wie sich aus ei­ner In­for­ma­ti­ons­schrift des ver.di Fach­be­reichs 13 für März 2010 er­gibt, gilt kurz­fris­tig bzw. ab Ju­li 2010 nur für vier al­te Bun­desländer ein Min­dest­lohn, der die ta­rif­po­li­tisch wich­ti­ge Gren­ze von 7,50 EUR er­reicht oder über­schrei­tet, nämlich für Ba­den-Würt­tem­berg (8,46 EUR), für Bay­ern (8,00 EUR), für Nord­rhein-West­fa­len (7,82 EUR) und für Hes­sen (7,50 EUR). Al­le an­de­ren Bun­desländer be­we­gen sich da­ge­gen noch länge­re Zeit, nämlich bis En­de 2012, dar­un­ter, d.h. erst ab An­fang 2013 gilt bun­des­weit ein Min­dest­lohn von 7,50 EUR.

In Sach­sen, Sach­sen-An­halt und Thürin­gen ist der Min­dest­lohn mit 6,25 Eu­ro der­zeit am nied­rigs­ten. Für Ber­lin, Bran­den­burg, Rhein­land-Pfalz/Saar­land, Meck­len­burg-Vor­pom­mern und Schles­wig-Hol­stein sind 2010 über­haupt kei­ne Min­destlöhne vor­ge­se­hen. Erst ab Ja­nu­ar 2011 (in Schles­wig-Hol­stein so­gar erst ab Mai 2011) sol­len auch dort Min­destlöhne gel­ten, al­ler­dings vor­erst nur in Höhe von 6,53 Eu­ro.

Außer­dem ist die von ver.di und BDWS er­ziel­te Ei­ni­gung der­zeit noch nicht rechts­ver­bind­lich, da die Re­ge­lun­gen erst wirk­sam wer­den sol­len, wenn ei­ne Rechts­ver­ord­nung nach § 7 AEntG in Kraft ge­tre­ten ist. Der­zeit können Wach­leu­te da­her noch nicht un­ter Be­ru­fung auf den ver.di-Ta­rif Min­destlöhne ver­lan­gen.

Soll­te das An­trags­ver­fah­ren beim BMAS er­folg­reich ver­lau­fen und das BMAS da­her ei­ne Rechts­ver­ord­nung nach § 7 AEntG er­las­sen, wird die­se je­den­falls nur be­fris­tet in Gel­tung ge­setzt wer­den, d.h. es ist zu er­war­ten, dass das BMAS hier nicht an­ders verfährt als im Fal­le des für Dach­de­cker und für Gebäuderei­ni­ger gel­ten­den Min­dest­lohn­ta­rif­ver­trags.

Fa­zit: Die noch von Olaf Scholz vor­be­rei­te­te und vor ei­nem Jahr in Kraft ge­tre­te­ne Re­form des AEntG „greift“ auch un­ter Schwarz-Gelb, d.h. es wer­den lau­fend Min­dest­lohn­ta­rif­verträge ab­ge­schlos­sen und beim BMAS zum Ge­gen­stand ent­spre­chen­der Er­stre­ckungs­ver­fah­ren nach § 7 AEntG ge­macht.

Den­noch bleibt es auch wei­ter­hin bei dem bis­he­ri­gen, schwer durch­schau­ba­ren Fli­cken­tep­pich aus ver­schie­de­nen Min­destlöhnen, die je nach Bran­che und Ta­rif­ge­biet er­heb­lich schwan­ken. Das er­schwert den von Min­dest­lohn­re­ge­lun­gen begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mern nach wie vor das Auf­fin­den der für sie gel­ten­den Min­destlöhne. Und auch die un­ter Mit­wir­kung des Staa­tes zu­stan­de ge­kom­me­nen Min­destlöhne können zu ge­ring aus­fal­len.

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Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

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