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Urlaubsanspruch und Elternzeit
23.05.2015. Während der Dauer einer Elternzeit erwerben Arbeitnehmerinnen bzw. Arbeitnehmer zusätzliche Urlaubsansprüche, und zwar auch dann, wenn sie gar nicht arbeiten, d.h. wenn ihr Arbeitsverhältnis ruht.
Will der Arbeitgeber einen solchen zusätzlichen Urlaubsanspruch verhindern, kann er das auf der Grundlage von § 17 Abs.1 Satz 1 Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz (BEEG) tun, indem er den zusätzlichen Urlaub für jeden vollen Kalendermonat einer Elternzeit um ein Zwölftel kürzt.
Am Dienstag dieser Woche hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) entschieden, dass der Arbeitgeber eine solche Kürzungserklärung nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr abgeben kann, d.h. dann ist es zu spät: BAG, Urteil vom 19.05.2015, 9 AZR 725/13 (Pressemeldung des Gerichts).
- Besteht das Recht zur Kürzung von Elternzeiturlaub gemäß § 17 Abs.1 BEEG zeitlich unbeschränkt?
- Im Streit: Urlaubsabgeltung für zwei Jahre Elternzeit
- BAG: Der Arbeitgeber kann den Urlaub, der während einer Elternzeit entsteht, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr einseitig kürzen
Besteht das Recht zur Kürzung von Elternzeiturlaub gemäß § 17 Abs.1 BEEG zeitlich unbeschränkt?
Dass Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer während der Dauer einer Elternzeit zusätzliche Urlaubsansprüche erwerben, versteht sich nicht von selbst. Denn wenn man während einer Elternzeit gar nicht arbeitet, d.h. keine Teilzeit in der Elternzeit macht, ist das Arbeitsverhältnis vorübergehend außer Kraft gesetzt ("suspendiert"). Dann aber entstehen keine wechselseitigen Ansprüche, z.B. auf Lohnzahlung oder Weihnachtsgeld, und demgemäß sollten eigentlich auch keine Urlaubsansprüche entstehen.
§ 17 Abs.1 Satz 1 BEEG regelt diese Frage aber anders, nämlich so, dass zwar im Prinzip erst einmal ein zusätzlicher Urlaubsanspruch für die Dauer einer Elternzeit entsteht, dass der Arbeitgeber diese gesetzliche Rechtsfolge aber durch eine Kürzungserklärung verhindern kann. § 17 Abs.1 BEEG lautet:
"Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet."
In der Vergangenheit haben die Arbeitsgerichte dem Arbeitgeber keine strengen Vorgaben gemacht, was den Zeitpunkt und die Formalitäten einer solchen Kürzungserklärung angeht. So musste der Arbeitgeber die Kürzungserklärung nicht unbedingt vor oder während der Elternzeit abgeben, sondern er konnte das auch noch später tun. Sogar eine Kürzungserklärung nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses hat das BAG in einer älteren Entscheidung für wirksam erklärt (BAG, Urteil vom 23.04.1996, 9 AZR 165/195).
Grundlage dieser Rechtsprechung war die Doktrin, dass die Ansprüche auf Urlaub und auf Urlaubsabgeltung im Grunde identisch sind, d.h. dass die Urlaubsabgeltung als "Surrogat" an die Stelle des Urlaubsanspruchs tritt, wenn das Arbeitsverhältnis beendet wird. Diese "Surrogationstheorie" hat das BAG aber vor einigen Jahren verabschiedet, d.h. es sieht den Abgeltungsanspruch jetzt als einen eigenständigen, vom Urlaubsanspruch getrennten Geldanspruch an.
Auf der Grundlage dieser neuen Betrachtungsweise liegt es nahe, die in § 17 Abs.1 Satz 1 BEEG enthaltene Kürzungsmöglichkeit ausschließlich auf den Urlaub selbst zu beziehen, denn schließlich steht hier nichts von einer Möglichkeit, auch den Urlaubsabgeltungsanspruch kürzen zu können.
Im Streit: Urlaubsabgeltung für zwei Jahre Elternzeit
Im Streitfall hatte eine Ergotherapeutin, die an fünf Tagen pro Woche arbeiten musste, einen Urlaubsanspruch von 36 Tagen pro Jahr, d.h. von sieben Wochen und einem Tag. Anfang 2010 wurde sie schwanger und durfte bald darauf wegen eines ärztlichen Beschäftigungsverbots nicht mehr arbeiten. Auch an Urlaub war nicht zu denken.
Im Dezember 2010 gebar sie einen Sohn und befand sich daraufhin von Mitte Februar 2011 bis Mitte Mai 2012 in Elternzeit. Mit dem Ende der Elternzeit endete auch das Arbeitsverhältnis
Mit Anwaltsschreiben vom 24.05.2012, d.h. nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses, verlangte sie Abrechnung und Abgeltung ihrer Urlaubsansprüche aus den Jahren 2010 bis 2012. Erstmals im September 2012 erklärte der Arbeitgeber die Kürzung des Urlaubs wegen der Elternzeit.
Das Arbeitsgericht Hamm wies die Klage ab (Urteil vom 18.12.2012, 4 Ca 1729/12 L), während das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamm der Klägerin überwiegend Recht gab und den Arbeitgeber zur Zahlung von 7.234,50 EUR brutto Urlaubsabgeltung verurteilte (LAG Hamm, Urteil vom 27.06.2013, 16 Sa 51/13).
Davon entfiel ein Teil auf den Urlaub aus dem Jahre 2010, der vor der Elternzeit entstanden war und gemäß § 17 Abs.2 und 3 BEEG ohnehin rechtlich gesichert und abzugelten war. Aber auch der auf die Elternzeit entfallende Anteil an der Urlaubsabgeltung stand der Arbeitnehmerin zu, so das LAG Hamm, weil der Arbeitgeber von seinem Kürzungsrecht erst nach Ablauf des Arbeitsverhältnisses Gebraucht gemacht hatte - und damit zu spät kam.
BAG: Der Arbeitgeber kann den Urlaub, der während einer Elternzeit entsteht, nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses nicht mehr einseitig kürzen
Auch in Erfurt hatte der Arbeitgeber keinen Erfolg. Das BAG wies seine Revision zurück. In der derzeit allein vorliegenden Pressemeldung des BAG heißt es zur Begründung:
Nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses kann der Arbeitgeber den Urlaub wegen Elternzeit nicht mehr kürzen, so das BAG. Die in § 17 Abs.1 Satz 1 BEEG enthaltene Kürzungsbefugnis setzt voraus, dass der Anspruch auf Urlaub selbst noch besteht. Das aber ist nicht mehr der Fall, wenn das Arbeitsverhältnis erst einmal beendet ist, denn dann hat der Arbeitnehmer nur noch Anspruch auf Urlaubsabgeltung.
Die bisherige Rechtsprechung, nach der der Arbeitgeber auch noch nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses kürzen durfte, beruhte "auf der vom Senat vollständig aufgegebenen Surrogatstheorie", so die Erfurter Richter. Nach der aktuellen BAG-Rechtsprechung ist der Urlaubsabgeltungsanspruch aber nicht mehr Surrogat des Urlaubsanspruchs, sondern ein reiner Geldanspruch, der sich grundsätzlich "nicht von anderen Zahlungsansprüchen des Arbeitnehmers" unterscheidet.
Fazit: Mit diesem Urteil hat das BAG der noch in jüngerer Zeit von einigen Gerichten vertretenen Ansicht eine Absage erteilt, der zufolge das Kürzungsrecht zeitlich nicht begrenzt ist (in diesem Sinne hatte das LAG Niedersachsen 16.09.2014 entschieden, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/375 Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit).
Darüber hinaus deutet das BAG an, dass die in § 17 Abs.1 Satz 1 BEEG enthaltene Kürzungsmöglichkeit insgesamt gegen das Europarecht verstoßen könnte, lässt diese Frage aber offen. Denn da die Kürzungserklärung des Arbeitgebers hier im Streitfall ohnehin keinen Erfolg hatte, kam es auf die Vereinbarkeit des § 17 Abs.1 Satz 1 BEEG mit dem Europarecht nicht an.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.05.2015, 9 AZR 725/13 (Pressemeldung des Gerichts)
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.05.2015, 9 AZR 725/13
- Landesarbeitsgericht Hamm, Urteil vom 27.06.2013, 16 Sa 51/13
- Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 16.09.2014, 15 Sa 533/14
- Handbuch Arbeitsrecht: Elternzeit, Elterngeld
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Mutterschutz
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaub, Urlaubsanspruch
- Handbuch Arbeitsrecht: Urlaubsabgeltung
- Arbeitsrecht aktuell: 20/058 Kein Urlaub für Freistellungsphase einer Alterszteilzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 19/077 Kein Urlaub vom unbezahlten Sonderurlaub
- Arbeitsrecht aktuell: 19/073 Kürzung des Urlaubs bei Elternzeit zulässig
- Arbeitsrecht aktuell: 18/246 EuGH erlaubt Urlaubskürzung bei Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 17/084 Urlaubsanspruch bei Beschäftigungsverbot
- Arbeitsrecht aktuell: 16/157 Antrag auf Elternzeit nur mit Unterschrift
- Arbeitsrecht aktuell: 14/375 Kürzung des Urlaubs während der Elternzeit
- Arbeitsrecht aktuell: 14/167 Urlaubsabgeltung und ruhendes Arbeitsverhältnis
Hinweis: In der Zwischenzeit, d.h. nach Erstellung dieses Artikels, hat das BAG seine Entscheidungsgründe veröffentlicht. Das vollständig begründete Urteil des BAG finden Sie hier:
Letzte Überarbeitung: 10. Juni 2020
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