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LAG Hamm, Ur­teil vom 13.02.2012, 2 Sa 768/11

   
Schlagworte: Diskriminierung, Diskriminierung: Weltanschauung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 2 Sa 768/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 13.02.2012
   
Leitsätze: Eine Feststellungsklage ist nicht geeignet, die Klagefrist des § 61 b ArbGG zu wahren. Eine Teilfeststellung eines Schadens, ohne dass der Schadensteil abgrenzbar wäre, ist unzulässig. Im Übrigen Einzelfall.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Bonn, Urteil vom 17.03.2011, 3 Ca 2957/10
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.06.2013, 8 AZR 482/12
   

Te­nor:

Die Be­ru­fung der Kläge­rin ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Bonn vom 17.03.2011 – 3 Ca 2957/10 – wird auf de­ren Kos­ten zurück­ge­wie­sen.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Kläge­rin macht ge­genüber der Be­klag­ten Scha­dens­er­satz we­gen ei­ner von ihr be­haup­te­ten Dis­kri­mi­nie­rung auf Grund Welt­an­schau­ung und zusätz­lich in zwei­ter In­stanz we­gen Al­ters und eth­ni­scher Her­kunft gel­tend.

Seit 1987 ist die Kläge­rin als freie Mit­ar­bei­te­rin und ar­beit­neh­merähn­li­che Per­son für die Be­klag­te als Ra­dio/On­line­re­dak­teu­rin beschäftigt. Sie ist am 26.01.1961 ge­bo­ren. Der zwi­schen den Par­tei­en ge­schlos­se­ne letz­te Ho­no­rar­rah­men­ver­trag vom 20.07.2009 sieht ei­ne Be­fris­tung bis zum 31.12.2010 vor.

Mit Schrei­ben vom 02.07.2009 teil­te die Be­klag­te der Kläge­rin mit, dass ih­re Beschäfti­gung ab dem 01.08.2010 ein­ge­schränkt wer­de mit der Fol­ge, dass sich die von der Kläge­rin be­zo­ge­ne Vergütung um mehr als 20 % min­dern wer­de.

Mit ei­nem wei­te­ren Schrei­ben der Be­klag­ten vom 28.06.2010 teil­te die­se der Kläge­rin mit, dass sie den be­fris­te­ten Ho­no­rar­rah­men­ver­trag über den 31.12.2010 hin­aus nicht mehr verlängern wer­de. Das nach dem Ta­rif­ver­trag für ar­beit­neh­merähn­li­che Per­so­nen er­for­der­li­che Per­so­nal­gespräch hat statt­ge­fun­den. Die Kläge­rin er­hielt die ta­rif­li­che Leis­tung, die im Fal­le der Nicht­fort­set­zung der frei­en Mit­ar­beit vor­ge­se­hen ist.

Im Jahr 2008 be­zog die Kläge­rin von der Be­klag­ten Vergütun­gen in Höhe von 56.307,97 € brut­to, im Jahr 2009 in Höhe von 51.124,39 € brut­to und im Jahr 2010 in Höhe von 50.676,60 € brut­to.

Die Kläge­rin stützt ih­re Ansprüche auf fol­gen­de Umstände: Seit Som­mer 2008 ver­su­che die Be­klag­te, dem in der Öffent­lich­keit ent­stan­de­nen Ein­druck ei­ner zu re­gie­rungs­freund­li­chen Be­richt­er­stat­tung über die Volks­re­pu­blik Chi­na ent­ge­gen­zu­tre­ten. In die­sem Zu­sam­men­hang sei die Be­klag­te da­von aus­ge­gan­gen, dass die Kläge­rin an die­ser re­gie­rungs­freund­li­chen Be­richt­er­stat­tung über die Volks­re­pu­blik Chi­na be­tei­ligt sei. Ob­wohl die­se An­nah­me nicht ge­recht­fer­tigt sei, ha­be die Be­klag­te die Kläge­rin auf­grund die­ses un­zu­tref­fen­den Ver­dach­tes seit 2008 be­nach­tei­ligt.

Durch die Be­klag­te wur­de ein ex­ter­ner Mo­ni­tor be­auf­tragt, der, so die Kläge­rin, durch die chi­ne­si­sche Re­dak­ti­on als Zen­sor emp­fun­den wor­den sei. Die­ser war mit der Über­set­zung von ein­zel­nen in Chi­ne­sisch ab­ge­fass­ten Beiträgen be­auf­tragt, da die da­ma­li­ge Lei­te­rin der Asi­en­ab­tei­lung der chi­ne­si­schen Spra­che nicht mäch­tig war. Da­bei hat der Mo­ni­tor in ei­nem Fall erklärt, dass Be­rich­te über eth­ni­sche Kon­flik­te in Chi­na nicht von im chi­ne­si­schen Sys­tem so­zia­li­sier­ten Re­dak­teu­ren ver­fasst wer­den soll­ten. Wei­te­res Dis­kri­mi­nie­rungs­in­diz sei, dass der Pos­ten des Chefs vom Dienst mit ei­nem Mit­ar­bei­ter mit mon­go­li­scher Her­kunft be­setzt wur­de, oh­ne dass die Stel­le aus­ge­schrie­ben wor­den sei.

Es wur­den in­ner­halb der Re­dak­ti­on nach ei­nem Work­shop Ver­hal­tens­grundsätze ver­ab­schie­det, die den Um­gang der Kol­le­gen un­ter­ein­an­der und mit Vor­ge­setz­ten re­geln soll­ten. Die Kläge­rin und vier wei­te­re Kol­le­gen un­ter­schrie­ben die Ver­hal­tens­grundsätze nicht. Die Ar­beits­verhält­nis­se mit die­sen Mit­ar­bei­tern wur­den ent­we­der be­en­det oder stark ein­ge­schränkt.

Ein von der Kläge­rin im März 2009 er­stell­tes In­ter­view wur­de nicht in das On­line­an­ge­bot der Be­klag­ten ein­ge­stellt. Die Kläge­rin nimmt an, es sei der Be­klag­ten zu re­gie­rungs­freund­lich er­schie­nen.

Sch­ließlich hätten Vor­ge­setz­te der Kläge­rin ge­genüber geäußert, dass sie die Kläge­rin we­gen ih­rer Re­gi­menähe aus­blu­ten las­sen und so­dann ent­las­sen würden.

Auf­grund der Be­nach­tei­li­gung ha­be die Kläge­rin in 2009 be­reits Ein­kom­mens­ein­bußen von mehr als 10 % ge­genüber den Vor­zeiträum­en er­lit­ten. Im Ge­gen­satz da­zu sei­en an­de­re freie Mit­ar­bei­ter der Chi­na Re­dak­ti­on von Ein­schränkun­gen nicht be­trof­fen, viel­mehr sei­en so­gar neue freie Mit­ar­bei­ter ein­ge­stellt wor­den.

Die Kläge­rin hat ih­re Ansprüche auf­grund der be­haup­te­ten Dis­kri­mi­nie­rung gel­tend ge­macht mit Schrei­ben vom 30.08.2010. Mit der bei Ge­richt am 30.11.2010 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge mach­te die Kläge­rin die Zah­lung ei­ner an­ge­mes­se­nen Entschädi­gung von min­des­tens 30.000,-- € so­wie die Fest­stel­lung gel­tend, dass die Be­klag­te al­len ma­te­ri­el­len Scha­den zu er­set­zen ha­be, der auf­grund der nicht er­folg­ten Beschäfti­gung ent­ste­hen wer­den.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, sämt­li­che ma­te­ri­el­len Schäden zu er­set­zen, die der Kläge­rin aus der nicht er­fol­gen­den Beschäfti­gung als re­dak­tio­nell täti­ge Pro­gramm­mit­ar­bei­te­rin im Sin­ne des § 16 S. 1 TVaP D W ab dem 01.01.2011 ent­ste­hen wer­den,

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung, min­des­tens aber 30.000,-- € nebst 5 Pro­zent­punk­ten Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz 01.01.2011 zu zah­len,

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin 1.903,70 € zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 % über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.02.2011 aus 951,85 € so­wie seit d 01.03.2011 aus wei­te­ren 951,85 € zu zah­len.

Bei letz­te­ren Beträgen han­delt es sich um die Dif­fe­renz zwi­schen dem der Kläge­rin ge­leis­te­ten Ar­beits­lo­sen­geld und dem Durch­schnitts­ver­dienst bei der Be­klag­ten.

Die Be­klag­te be­an­trag­te,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie be­strei­tet, dass die Kläge­rin we­gen ih­rer Welt­an­schau­ung von der Be­klag­ten be­nach­tei­ligt wor­den sei. Sie be­strei­tet, dass die Kläge­rin zu re­gie­rungs­freund­lich ge­genüber der Volks­re­pu­blik Chi­na ein­ge­stellt sei, oder dass sie dies auch nur an­ge­nom­men ha­be. Im Übri­gen erfülle ei­ne po­li­ti­sche Ge­sin­nung nicht die Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Welt­an­schau­ung im Sin­ne von § 1 AGG. Die Kläge­rin ha­be mit der Dis­kus­si­on über die Chi­na-Re­dak­ti­on der Be­klag­ten im Som­mer 2008 nichts zu tun ge­habt. Hin­sicht­lich des nicht ge­sen­de­ten In­ter­views be­ru­he dies dar­auf, dass die Kläge­rin ab­ge­spro­chen ge­habt hat­te, den ehe­ma­li­gen Mi­nis­ter­präsi­den­ten R K zu in­ter­view­en. Sie ha­be oh­ne Ab­spra­che mit ih­rer Vor­ge­setz­ten das
an­gekündig­te In­ter­view aus­ge­tauscht ge­gen ein sol­ches mit ei­nem Si­no­lo­gen. Die­ser sei schon nicht als "VIP" (Aus­wahl­kri­te­ri­um für die In­ter­view­part­ner) an­zu­se­hen. Das In­ter­view ha­be nicht den Qua­litätsan­for­de­run­gen der Be­klag­ten ent­spro­chen, so dass es nicht ge­sen­det und nicht veröffent­licht wur­de. Die Nicht­verlänge­rung des be­fris­te­ten Ho­no­rar­rah­men­ver­tra­ges be­ru­he auf Haus­halts­re­du­zie­run­gen der Be­klag­ten für 2011 und der Rund­funk­frei­heit.

Un­strei­tig muss die Be­klag­te we­nigs­tens 60.000,-- € im Jahr ein­spa­ren. Hier­zu ver­tritt die Kläge­rin die An­sicht, dies müsse die Be­klag­te auf al­le Beschäftig­ten gleichmäßig ver­tei­len. Eben­falls un­strei­tig ist, dass zum Zeit­punkt der Un­ter­zeich­nung des Re­dak­ti­ons­sta­tuts 24 Mit­ar­bei­ter mit re­dak­tio­nel­len Auf­ga­ben in der Chi­na Re­dak­ti­on beschäftigt wur­den. Auf Sei­te 117 ih­res Schrift­sat­zes vom 22.09.2011 be­nennt die Kläge­rin nur noch 15 Mit­ar­bei­ter mit re­dak­tio­nel­len Auf­ga­ben ein­sch­ließlich der neu ein­ge­stell­ten Mit­ar­bei­ter zum Zeit­punkt Ja­nu­ar 2011.

Die Be­klag­te be­gründet die Tat­sa­che, dass die Zu­sam­men­ar­beit mit der Kläge­rin nicht fort­ge­setzt wur­de u. a. da­mit, dass die­se über­wie­gend Ge­sell­schafts­the­men be­ar­bei­tet ha­be, während nun­mehr die Ent­schei­dung ge­trof­fen sei, zu­neh­mend po­li­ti­sche In­hal­te in den Vor­der­grund zu stel­len. Auch sei­en die bis­her ge­trenn­te Ra­dio­re­dak­ti­on und die On­line­re­dak­ti­on zu ei­ner ein­heit­li­chen Re­dak­ti­on um­ge­baut wor­den. Die Kläge­rin, die sich im Lau­fe des Jah­res 2009 so­wie Mit­te 2010 auf ei­nen Re­dak­teur­ar­beits­platz in Fest­an­stel­lung in der chi­ne­si­schen Re­dak­ti­on be­wor­ben hat­te, sei nach der Durchführung von Vor­stel­lungs­gesprächen mit ins­ge­samt 4 Be­wer­bern/Be­wer­be­rin­nen nicht ge­nom­men wor­den, da sie nicht über­zeugt ha­be.

Im Übri­gen las­se sich die Be­klag­te von der grund­ge­setz­lich ab­ge­si­cher­ten Rund­funk­frei­heit lei­ten, nach der ei­ne Pro­gramm­viel­falt gewähr­leis­tet sein muss. Dies spre­che dafür, dass im Be­reich der frei­en Mit­ar­bei­ter eher ein­mal die­je­ni­gen aus­ge­tauscht würden, die schon länger dort tätig sind, als die Mit­ar­bei­ter und Mit­ar­bei­te­rin­nen die sich bis vor kur­zem in dem ent­spre­chen­den Sen­de­ge­biet auf­ge­hal­ten ha­ben, de­ren Sprach­kennt­nis­se "fri­scher" sind und de­ren Kennt­nis­se über Land, Wirt­schaft und Kul­tur ak­tu­el­ler sind. Dies sei­en die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt und Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt zu­ge­las­sen Kri­te­ri­en für die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen bei Re­dak­teu­ren. Erst Recht müss­ten die­se Kri­te­ri­en für die Fort­set­zung ei­ner ver­trag­li­chen Zu­sam­men­ar­beit mit ar­beit­neh­merähn­li­chen frei­en Mit­ar­bei­tern gel­ten.

Die Be­klag­te hat über die Ar­beit der Chi­na Re­dak­ti­on ein Gut­ach­ten des Jour­na­lis­ten U W ein­ge­holt. Die­ser kommt dar­in zum Er­geb­nis, dass der von den Dis­si­den­ten der D W ge­mach­te Vor­wurf, die Chi­na-Re­dak­ti­on sei ten­den­zi­ell KP freund­lich, un­zu­tref­fend und un­be­gründet sei.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Es hat da­hin­ge­stellt blei­ben las­sen, ob ei­ne re­gie­rungs­freund­li­che Ein­stel­lung zur Po­li­tik der Volks­re­pu­blik Chi­na über­haupt das Kri­te­ri­um der Welt­an­schau­ung aus § 1 ArbGG erfüllt. Auch hat es un­ent­schie­den ge­las­sen, ob die Be­klag­te auch das Recht ha­ben könne, ei­ne be­stimm­te po­li­ti­sche Aus­rich­tung ih­rer Mit­ar­bei­ter zu ver­lan­gen und des­halb ei­ne Recht­fer­ti­gung im Sin­ne des § 9 AGG ge­ge­ben sein könn­te. Es hat je­doch den Vor­trag der Kläge­rin als nicht aus­rei­chend im Sin­ne des § 22 AGG an­ge­se­hen. Die Vorfälle im Som­mer 2008, an de­nen die Kläge­rin nicht be­tei­ligt war, sei­en lan­ge vor den von der Kläge­rin vor­ge­brach­ten Dis­kri­mi­nie­rungs­hand­lun­gen im Jah­re 2009 ab­ge­schlos­sen ge­we­sen. Da­nach noch wur­de mit der Kläge­rin der letz­te Ho­no­rar­rah­men­ver­trag ge­schlos­sen. Da­mit feh­le die Kau­sa­lität zwi­schen den ge­schil­der­ten Vorgängen und der feh­len­den Neu­be­auf­tra­gung.

Hin­sicht­lich des Fest­stel­lungs­an­trags hat das Ar­beits­ge­richt den Streit­wert mit 150.000,-- € an­ge­setzt.

Die Kläge­rin wen­det sich ge­gen die­ses Ur­teil, wo­bei sie den An­trag zu 1) nun­mehr wie folgt ein­schränkt:

1. Fest­zu­stel­len, dass die be­klag­te Par­tei ver­pflich­tet ist, sämt­li­che ma­te­ri­el­len Schäden bis zu ei­ner Ober­gren­ze von 10.000,-- € zu er­set­zen, die der kläge­ri­schen P der nicht er­fol­gen­den Beschäfti­gung als re­dak­tio­nell täti­ge Pro­gramm­mit­ar­bei­te­rin im des § 16 S. 1 TVaP D W ab dem 01.01.2011 ent­ste­hen wer­den.

Im Übri­gen ver­folgt die Kläge­rin ih­re erst­in­stanz­lich zu Zif­fer 2. und 3. ge­stell­ten 30 Anträge wei­ter.

Sie ver­tieft ih­re Rechts­an­sich­ten und stützt ih­re Kla­ge nun­mehr auch auf Be­nach­tei­li­gung we­gen Al­ters und eth­ni­scher Her­kunft. Wei­ter­hin ver­tritt sie die An­sicht, es lie­ge auch ei­ne Ver­let­zung des all­ge­mei­nen Persönlich­keits­rechts vor, so dass der Scha­dens­er­satz­an­spruch auch aus § 823 Abs. 1 und 2. BGB be­gründet sei.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­zu­wei­sen.

Sie weist dar­auf­hin, dass der ein­ge­schränk­te An­trag zu 1. als Fest­stel­lungs­kla­ge un­zulässig sein dürf­te. Sie ver­weist dar­auf, dass die Kläge­rin am 20.07.2009, lan­ge nach­dem die von der Kläge­rin be­haup­te­ten Dis­kri­mi­nie­rungs­in­di­zi­en ge­ge­ben ge­we­sen sein sol­len, noch ei­nen neu­en be­fris­te­ten Ho­no­rar­rah­men­ver­trag bis zum 31.12.2010 er­hal­ten hat. Ein Zu­sam­men­hang der von der Kläge­rin dar­ge­leg­ten In­di­zi­en aus dem Jahr 2008 und von An­fang 2009 sei des­halb mit der Nicht­verlänge­rung des Ho­no­rar­rah­men­ver­tra­ges über den 31.12.2010 hin­aus nicht mehr her­zu­stel­len.

Die Be­klag­te be­strei­tet aus­drück­lich, der Kläge­rin un­ter­stellt zu ha­ben, sie be­rich­te über die Volks­re­pu­blik Chi­na re­gie­rungs­freund­lich. Selbst die Wei­ge­rung ei­ni­ger Re­dak­ti­ons­mit­ar­bei­ter, die re­dak­tio­nel­len Ver­hal­tens­grundsätze zu un­ter­schrei­ben ha­be kei­ne Ent­las­sun­gen nach sich ge­zo­gen. Die Be­klag­te ha­be den nach ih­rer Be­wer­tung er­fah­rens­ten Jour­na­lis­ten zum Chef vom Dienst er­nannt. Die Stel­le wur­de nicht aus­ge­schrie­ben, da hierfür ei­ne Plan­stel­le nicht vor­han­den war. Auch die Er­mah­nung, die die Kläge­rin er­hal­ten ha­be, weil sie un­strei­tig den Ar­beits­platz zu früh ver­las­sen hat, sei be­rech­tigt. Die Be­klag­te ver­lan­ge hier von al­len Mit­ar­bei­tern un­ter­schieds­los die Ein­hal­tung der ver­trag­li­chen Pflich­ten. Die Aus­wahl zur Teil­nah­me an der F B , an der un­strei­tig nur 3 Re­dak­teu­re teil­nah­men, sei nicht auf die Kläge­rin ge­fal­len, weil dort­hin Re­dak­teu­re rei­sen soll­ten, die über­wie­gend po­li­ti­sche The­men be­ar­bei­te­ten.

Die von der Kläge­rin in den The­men­be­rei­chen Mu­sik, Life­style und Kunst ge­leis­te­ten jour­na­lis­ti­schen Beiträge sei­en nicht ge­eig­net, ih­re Qua­li­fi­zie­rung für den von der Be­klag­ten gewünsch­ten Schwer­punkt des po­li­ti­schen Jour­na­lis­mus zu be­le­gen. In die­sem Be­reich ge­be es bei der Kläge­rin De­fi­zi­te. Die Be­klag­te ha­be auch nicht der Kläge­rin feh­len­de fri­sche Sprach­kennt­nis­se un­ter­stellt, son­dern dar­auf hin­ge­wie­sen, dass be­reits die Um­set­zung der Rund­funk­frei­heit im­pli­zie­re, dass Be­fris­tun­gen zum Er­halt ei­nes Mit­ar­bei­ter­stam­mes mit fri­schen Sprach­kennt­nis­sen er­for­der­lich sei­en. Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird gemäß § 313 ZPO auf den Ak­ten­in­halt Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge und frist­ge­rech­te Be­ru­fung ist nicht be­gründet.

Hin­sicht­lich des in der Be­ru­fung ein­ge­schränk­ten An­trags zu Zif­fer 1. ist die Fest­stel­lungs­kla­ge un­zulässig. Auf­grund der teil­wei­sen Kla­gerück­nah­me steht nämlich rechts­kräftig fest, dass ein Teil der ursprüng­lich gel­tend ge­mach­ten fest­zu­stel­len­den Scha­dens­ansprüche nicht be­steht. Wel­cher Teil dies aber sein soll, al­so wel­che Schäden in Höhe von 10.000,-- € noch fest­ge­stellt wer­den sol­len und auf­grund wel­cher Kri­te­ri­en ei­ne Ab­gren­zung zwi­schen den noch ein­klag­ba­ren und den rechts­kräftig ab­ge­wie­se­nen Scha­dens­fest­stel­lun­gen vor­ge­nom­men wer­den soll, ist we­der dem An­trag noch der zu­grun­de­lie­gen­den Be­gründung zu ent­neh­men.

Zu­dem ist ein Fest­stel­lungs­an­trag ge­ne­rell nicht ge­eig­net, die Frist des § 61 b Abs. 1 ArbGG zu wah­ren. Das Ar­beits­ge­richts­ge­setz spricht in­so­weit aus­drück­lich da­von, dass ei­ne Kla­ge auf Entschädi­gung ein­ge­reicht wer­den muss, um die Ansprüche aus dem AGG zu er­hal­ten. Sinn die­ser Re­ge­lung ist es, dass der be­trof­fe­ne Ar­beit­ge­ber nach Ab­lauf der Kla­ge­frist Rechts­klar­heit darüber ha­ben soll, in wel­cher Höhe über­haupt Ansprüche gel­tend ge­macht wer­den. Ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge, die al­le zu ei­nem noch nicht be­nenn­ba­ren Zeit­punkt ein­tre­ten­den späte­ren Schäden si­chern soll, ist nicht ge­eig­net, ei­ne sol­che Rechts­klar­heit her­bei­zuführen son­dern ver­hin­dert, wenn sie ge­eig­net wäre, die Frist des § 61 b ArbGG ein­zu­hal­ten, ge­ra­de ei­ne ra­sche Ent­schei­dung über die Höhe der Entschädi­gung. Da zu­dem die Ar­beits­ge­rich­te auch in der La­ge sind, ei­ner­seits zukünf­tig ein­tre­ten­de Schäden zu schätzen, an­de­rer­seits aber ge­ra­de bei der Scha­denshöhe zu berück­sich­ti­gen ist, dass Ver­trags­verhält­nis­se auch be­rech­tigt be­en­det wer­den können, wäre die Kläge­rin oh­ne­hin nicht dar­auf an­ge­wie­sen ge­we­sen, ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge zu er­he­ben. Sie hätte al­ler­dings spätes­tens im Lau­fe des Pro­zes­ses sub­stan­ti­iert ih­re der­zei­ti­ge Ein­nah­me­si­tua­ti­on of­fen­le­gen müssen, um ei­ne Scha­densschätzung zu ermögli­chen.

Ins­be­son­de­re auch des­halb, weil in der Li­te­ra­tur strei­tig ist, wie die Möglich­keit der Be­en­di­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses durch rechtmäßige Kündi­gung bei der Höhe der Scha­dens­er­satz­kla­ge zu berück­sich­ti­gen ist, ist die von der Kläge­rin an­ge­streng­te Fest­stel­lungs­kla­ge vor­lie­gend von An­fang an nicht ge­eig­net ge­we­sen, Rechts­frie­den her­zu­stel­len und al­le zwi­schen den Par­tei­en strei­ti­gen Punk­te zu klären.

So­weit die Kläge­rin mit den Anträgen zu 2. und 3. im­ma­te­ri­el­le so­wie ma­te­ri­el­le Schäden gel­tend macht, ste­hen der Zulässig­keit der Kla­ge aus den Ge­sichts­punk­ten des § 61 b ArbGG so­wie § 15 Abs. 4 AGG kei­ne Be­den­ken ent­ge­gen.

Die Kla­ge ist aber nicht be­gründet.

Die Kläge­rin fällt un­ter den An­wen­dungs­be­reich des § 6 Abs. 1 Nr. 3 AGG. Als be­nach­tei­li­gen­de Be­hand­lun­gen kom­men in Be­tracht, dass die Kläge­rin auf ih­re Be­wer­bung im Jah­re 2010 die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le als fest­an­ge­stell­te Re­dak­teu­rin nicht er­hal­ten hat und dass die Be­klag­te der Kläge­rin nach Frist­ab­lauf des bis zum 31.12.2010 be­fris­te­ten Rah­men­dienst­ver­tra­ges kei­nen neu­en Rah­men­dienst­ver­trag an­ge­bo­ten hat.

Der Kläge­rin ob­liegt es da­mit, In­di­zi­en für ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung vor­zu­tra­gen. Sie hat in Be­zug auf das Be­set­zungs­ver­fah­ren für die Stel­le ei­ner fest­an­ge­stell­ten Re­dak­teu­rin nicht vor­ge­tra­gen, dass im Lau­fe des Be­wer­bungs­ver­fah­rens, während des durch­geführ­ten Be­wer­bungs­gesprächs oder sonst in un­mit­tel­ba­rem Zu­sam­men­hang mit dem Be­wer­bungs­ver­fah­ren Un­re­gelmäßig­kei­ten vor­ge­kom­men wären, die ei­ne Un­gleich­be­hand­lung in­di­zie­ren könn­ten. Ins­be­son­de­re ist sie der Be­haup­tung der Be­klag­ten, dass im Rah­men des Erörte­rungs­gesprächs mit ih­rem ers­ten Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten Ei­nig­keit darüber be­stan­den ha­be, dass die Kläge­rin die Qua­li­fi­ka­ti­on für die­se Stel­le nicht erfülle, nicht ent­ge­gen­ge­tre­ten.

Auch hin­sicht­lich des feh­len­den An­ge­bots ei­nes wei­te­ren Ho­no­rar­rah­men­ver­tra­ges lie­gen In­di­zi­en im Sin­ne des § 22 AGG, die ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des ver­mu­ten las­sen könn­ten, nicht vor. Dies ist nach An­sicht der Kam­mer zum ei­nen be­reits des­halb der Fall, weil die von der Kläge­rin be­haup­te­ten In­di­zi­en aus den Jah­ren 2008 und 2009 und da­mit min­des­tens länger als 1 Jahr, teil­wei­se aber auch länger als 2 Jah­re vor dem Zeit­punkt la­gen, zu dem die Be­klag­te sich ent­schie­den hat, die Kläge­rin nicht als fest­an­ge­stell­te Re­dak­teu­rin zu beschäfti­gen und den Rah­men­dienst­ver­trag mit der Kläge­rin nicht zu verlängern. Be­reits die­ser lan­ge Zeit­raum, in dem es zu kei­ner­lei Be­an­stan­dun­gen kam und die Tat­sa­che, dass die Be­klag­te den Rah­men­dienst­ver­trag der Kläge­rin so­gar noch zeit­nah zu den be­haup­te­ten In­di­zi­en verlängert hat, las­sen die von der Kläge­rin vor­ge­tra­ge­nen Sach­ver­hal­te nicht als In­diz für ei­ne Be­nach­tei­li­gung er­schei­nen. Es fehlt an der Kau­sa­lität zwi­schen be­haup­te­ten In­di­zi­en und be­haup­te­ter Be­nach­tei­li­gung.

Darüber hin­aus hat die Be­klag­te die Kläge­rin aber auch tatsächlich nicht we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des be­nach­tei­ligt.

Die Kläge­rin wur­de nicht we­gen ei­ner tatsächlich ge­ge­be­nen oder von der Be­klag­ten ver­mu­te­ten Welt­an­schau­ung dis­kri­mi­niert. Da­bei kann es da­hin­ste­hen, ob die Zu­gehörig­keit zu ei­ner po­li­ti­schen Par­tei ei­ne Welt­an­schau­ung im Sin­ne des § 1 AGG dar­stellt. Zwar wird ver­tre­ten, dass die Zu­gehörig­keit zu ei­ner po­li­ti­schen Or­ga­ni­sa­ti­on nicht ge­eig­net ist, den auf das Vor­han­den­sein ei­ner grund­le­gen­den Le­bens­ein­stel­lung ab­zie­len­den Be­griff der Welt­an­schau­ung aus­zufüllen. An­de­rer­seits er­gibt ein Ver­gleich der an­de­ren Über­set­zun­gen des Art. 1 EG-Richt­li­nie 2000/78 EG (Rah­men­richt­li­nie)und des Art. 13 Abs. 1 EG, dass der Be­griff der Welt­an­schau­ung weit zu fas­sen ist und über ei­ne fes­te in­ne­re, re­li­gi­onsähn­li­che Vor­stel­lung von der Welt auch die Über­zeu­gung von der Rich­tig­keit po­li­ti­scher Pro­gram­me be­inhal­ten kann. Nicht geschützt nach Art. 2 Abs. 5 der Rah­men­richt­li­nie sind da­nach aus­drück­lich nur Über­zeu­gun­gen, die auf die Ein­schränkung von Rech­ten und Frei­hei­ten an­de­rer ab­zie­len.

Nach An­sicht der Kam­mer erfüllt auch bei ei­ner wei­ten Aus­le­gung des Be­griffs der Welt­an­schau­ung die bloße Sym­pa­thie für ei­ne po­li­ti­sche Par­tei oh­ne tie­fer­ge­hen­de Iden­ti­fi­zie­rung mit de­ren Zie­len noch nicht das Merk­mal der Welt­an­schau­ung. Die Kläge­rin trägt selbst le­dig­lich vor, die Be­klag­te sei bei ih­ren Ent­schei­dun­gen da­von ge­lei­tet wor­den, die Kläge­rin "he­ge Sym­pa­thi­en" für die kom­mu­nis­ti­sche Par­tei Chi­nas und be­rich­te aus die­sem Grun­de re­gie­rungs­freund­lich. Die Kläge­rin trägt da­mit nicht vor, die Be­klag­te ha­be an­ge­nom­men, dass sich die Kläge­rin mit der KP Chi­nas und de­ren Pro­gramm iden­ti­fi­zie­re. Ein Wohl­wol­len ge­genüber ei­ner po­li­ti­schen Rich­tung oder po­li­ti­schen Par­tei er­reicht noch nicht die Tie­fe, die den Be­griff der Welt­an­schau­ung be­zie­hungs­wei­se "Über­zeu­gung" (in an­de­ren EG-Spra­chen) kenn­zeich­net.

So­weit ein An­spruch aus § 612a BGB in Fra­ge kom­men könn­te, sind die Be­wei­ser­leich­te­run­gen des AGG nicht an­wend­bar. Die Kläge­rin muss be­wei­sen, dass die Ausübung ih­rer Mei­nungs­frei­heit der tra­gen­de Grund für die be­nach­tei­li­gen­de Maßnah­me war (BAG v. 21.09.2011, 7 AZR 150/10). In­so­weit kann die Be­haup­tung, die Be­klag­te ha­be ihr trotz Zeit­ab­laufs, Gut­ach­ten von U W zur be­an­stan­dungs­frei­en Be­richt­er­stat­tung der Chi­na-Re­dak­ti­on und zwi­schen­zeit­li­cher Ver­trags­verlänge­rung ei­ne Sym­pa­thie für die KP Chi­nas un­ter­stellt und die­se zum Maßstab ih­res Han­delns ge­macht, nicht aus­rei­chen son­dern wäre von der Kläge­rin zu be­wei­sen. Kon­kre­te Be­weis­an­trit­te, die nicht ei­nen Aus­for­schungs­be­weis be­inhal­ten, lie­gen nicht vor. Ob darüber hin­aus das Ein­tre­ten für die im Grund­ge­setz ver­an­ker­ten Ver­fas­sungs­prin­zi­pi­en be­ruf­li­che Vor­aus­set­zung i.S.d. § 8 AGG für Mit­ar­bei­ter ei­nes öffent­lich-recht­li­chen Ar­beit­ge­bers ist, konn­te un­ent­schie­den blei­ben.

Die Kläge­rin hat auch nicht hin­rei­chend dar­ge­legt, dass die Be­klag­te sie we­gen ih­res Al­ters dis­kri­mi­niert hat. Als ein­zi­ger Hin­weis auf ei­ne denk­ba­re Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung ist der Schrift­satz des Kläger­pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 24.01.2011 zu se­hen. Auch hier kann da­hin­ste­hen, ob die durch den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten dar­ge­leg­ten Über­le­gun­gen zu Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts In­diz für ei­ne be­reits zu­vor statt­ge­fun­de­ne Dis­kri­mi­nie­rung durch die Be­klag­te sein können. Je­den­falls ist aus dem Zu­sam­men­hang zu ent­neh­men, dass die "fri­schen" Sprach­kennt­nis­se sich dar­auf be­zie­hen, dass der Re­dak­teur sei­ne Hei­mat­spra­che und die An­bin­dung zum Hei­mat­land nicht ver­lo­ren ha­ben darf. Die Möglich­keit des Ver­lus­tes hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt da­bei als ei­ne Recht­fer­ti­gung dafür an­ge­se­hen, dass die Rund­funk­frei­heit den Ab­schluss von be­fris­te­ten Verträgen ermöglicht. Nicht zwin­gend ist da­bei zum ei­nen, dass je­der Re­dak­teur, der De­fi­zi­te auf­weist, weil er den Kon­takt zum Hei­mat­land ver­lo­ren hat, auch gleich­zei­tig ein höhe­res Le­bens­al­ter auf­weist. Zum ei­nen verläuft der Ver­lust der Ur­sprungs­spra­che je nach In­te­gra­ti­on in das neue Hei­mat­land von Mensch zu Mensch völlig un­ter­schied­lich. Es ist des­halb so­wohl denk­bar, dass jun­ge Men­schen be­son­ders schnell denn Kon­takt zum Ur­sprungs­land ver­lie­ren, während al­te Men­schen die­sen viel bes­ser bei­be­hal­ten. Zu­dem ist selbst bei ei­nem li­nea­ren Ver­lust des Kon­tak­tes zum Hei­mat­land im Verhält­nis zur Dau­er des Aus­lands­auf­ent­hal­tes ein 40jähri­ger, der mit 20 Jah­ren nach Deutsch­land kam ge­nau­so be­trof­fen wie ein 60jähri­ger, der mit 40 Jah­ren nach Deutsch­land kam.

Nach An­sicht der Kam­mer ist al­ler­dings we­der die Dau­er des Auf­ent­hal­tes in Deutsch­land noch das kon­kre­te Le­bens­al­ter für die ge­for­der­te Fri­sche der Spra­che aus­schlag­ge­bend, son­dern die In­ten­sität und Häufig­keit des un­mit­tel­ba­ren Kon­tak­tes mit dem Hei­mat­land. Er­fol­gen häufi­ge Be­su­che im Hei­mat­land und be­steht ein re­ger Aus­tausch mit Be­su­chern aus dem Hei­mat­land, so mag sich die Sprach­kom­pe­tenz frisch hal­ten. Lebt ein Re­dak­teur ganz im west­li­chen Kul­tur­kreis und pflegt er we­nig Kon­tak­te mit sei­ner frühe­ren Hei­mat, so ver­liert er un­abhängig vom Le­bens­al­ter sei­ne Sprach­kennt­nis­se schnel­ler. Da in dem an­walt­li­chen Schrift­satz, an­ders als die Kläge­rin ver­sucht dar­zu­stel­len, nicht von ei­ner fri­schen oder gar jun­gen Stim­me die Re­de ist, son­dern von fri­schen Sprach­kennt­nis­sen ist ein Al­ters­be­zug nicht er­kenn­bar.

Eben­falls lie­gen In­di­zi­en für ei­ne eth­ni­sche Dis­kri­mi­nie­rung nicht vor. Aus den von der Kläge­rin mit­ge­teil­ten Lis­ten der re­dak­tio­nel­len Mit­ar­bei­ter lässt sich viel­mehr er­se­hen, dass ins­ge­samt die Chi­na-Re­dak­ti­on er­heb­lich ver­klei­nert wur­de und dass nach wie vor ganz über­wie­gend Chi­ne­sen in der Chi­na- Re­dak­ti­on beschäftigt wer­den. Ir­gend­wel­che
sta­tis­ti­schen Hin­wei­se auf ei­ne Ver­schie­bung zu­guns­ten an­de­rer Eth­ni­en las­sen sich den vor­ge­tra­ge­nen Da­ten nicht ent­neh­men.

Der von der Kläge­rin zi­tier­ten Aus­sa­ge des Mo­ni­tors hin­sicht­lich der Fähig­keit von Han-Chi­ne­sen über Kon­flik­te die­ser Eth­nie mit eth­ni­schen Min­der­hei­ten in Chi­na zu be­rich­ten, lässt sich kein all­ge­mei­ner Vor­be­halt ge­genüber ei­ner Eth­nie ent­neh­men. Die Aus­sa­ge war so zu ver­ste­hen, dass nach der Le­bens­wahr­schein­lich­keit Ab­stri­che in der Neu­tra­lität der Be­richt­er­stat­tung ge­macht wer­den müssen, wenn der Be­richt­er­stat­ter selbst ei­ner be­trof­fe­nen Grup­pe zu­zu­ord­nen ist. Die­ser Grund­satz spie­gelt sich auch in dem Rechts­satz, dass nie­mand Rich­ter in ei­ge­ner Sa­che sein soll. Ei­ne Be­richt­er­stat­tung in ei­ge­ner Sa­che ist un­abhängig von der Fra­ge der Eth­nie des je­wei­li­gen Be­richt­er­stat­ters kri­tisch zu be­wer­ten. Ob sich die Be­klag­te die Mei­nung des Mo­ni­tors über­haupt zu Ei­gen ge­macht hat und in wie­weit sich die Aus­sa­ge über­haupt auf die Leis­tun­gen der Kläge­rin be­zog kann da­hin­ste­hen.

Auch in der Zu­sam­men­schau der von der Kläge­rin vor­ge­tra­ge­nen In­di­zi­en er­gibt sich nicht, dass die­se für die Be­en­di­gung des Ver­trags­verhält­nis­ses bzw. die Nicht­fort­set­zung des Ver­trags­verhält­nis­ses aus­schlag­ge­bend sind. In der Auf­stel­lung Bl. 117 des Schrift­sat­zes vom 22.09.2011 ist ei­ne er­heb­li­che An­zahl Per­so­nen be­nannt, die nach Al­ter, Ge­schlecht und Eth­nie mit der Kläge­rin ver­gleich­bar sind. Ei­ne schlüssi­ge Be­gründung, wes­halb die Be­klag­te ge­ra­de bei der Kläge­rin das Vor­han­den­sein von Merk­ma­len zum An­lass ei­ner Un­gleich­be­hand­lung macht, während an­de­re Mit­ar­bei­ter trotz glei­cher Merk­ma­le nicht be­trof­fen sind, fehlt und ent­kräftet die von der Kläge­rin be­haup­te­ten In­di­zi­en zusätz­lich.

So­weit die Kläge­rin an­nimmt, sie sei des­halb be­nach­tei­ligt wor­den, weil sie nicht be­reit ge­we­sen sei, das Re­dak­ti­ons­sta­tut zu un­ter­schrei­ben, be­ruft sie sich in­so­weit nicht auf das Vor­lie­gen von dis­kri­mi­nie­ren­den Merk­ma­len. Der Vor­trag ist le­dig­lich im Rah­men des § 612a BGB zu berück­sich­ti­gen. Zwar hat die Be­klag­te be­strit­ten, dass sie der Kläge­rin we­gen der Nicht­un­ter­zeich­nung des Re­dak­ti­ons­sta­tuts kei­nen neu­en Rah­men­ver­trag an­ge­bo­ten hat. Sie wäre al­ler­dings be­rech­tigt ge­we­sen, die Kläge­rin an­ders zu be­han­deln, als Mit­ar­bei­ter, die das Re­dak­ti­ons­sta­tut un­ter­zeich­net ha­ben. Es liegt im be­rech­tig­ten In­ter­es­se der Be­klag­ten, die Zu­sam­men­ar­beit ih­rer Mit­ar­bei­ter ei­ner ge­mein­sam er­ar­bei­te­ten und für al­le gel­ten­den Ord­nung und da­mit ei­nem ge­re­gel­ten Mit­ein­an­der zu un­ter­stel­len. Mit­ar­bei­ter, die nicht be­reit sind, Spiel­re­geln ei­ner Grup­pe ein­zu­hal­ten, können an­ders be­han­delt wer­den als Mit­ar­bei­ter, die die­se Spiel­re­geln ak­zep­tie­ren.

Letzt­lich er­gibt sich für die Kam­mer aus der un­strei­ti­gen Ver­schie­bung des re­dak­tio­nel­len Schwer­punk­tes von ge­sell­schaft­li­chen The­men zu po­li­ti­schen The­men und aus der auch nach Vor­trag der Kläge­rin er­heb­li­chen per­so­nel­len Ver­klei­ne­rung der Re­dak­ti­on, dass die feh­len­de Fort­set­zung des Ver­trags­verhält­nis­ses mit der Kläge­rin durch die Be­klag­te in Ausübung der ihr grund­ge­setz­lich ga­ran­tier­ten Rund­funk­frei­heit er­folg­te.

Da­mit ist auch ein Scha­dens­er­satz­an­spruch aus dem Ge­sichts­punkt des § 823 BGB nicht ge­ge­ben.

Die Kläge­rin trägt die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens. Die Re­vi­si­on wur­de zu­ge­las­sen, da hin­sicht­lich der Fra­ge, ob ei­ne Fest­stel­lungs­kla­ge im Rah­men des § 61 b ArbGG die Kla­ge­frist wahrt, kei­ne höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung vor­liegt.

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