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ARBEITSRECHT AKTUELL // 09/050

Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­ver­gü­tung (Vors­tAG)

Die gro­ße Ko­ali­ti­on möch­te Ma­na­ger­ge­häl­ter de­ckeln und stär­ker von sach­li­chen Vor­aus­set­zun­gen ab­hän­gig ma­chen: Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­ver­gü­tung (Vors­tAG), Ge­setz­ent­wurf der Frak­tio­nen CDU/CSU und der SPD, vom 17.03.2009
Hunderteuroscheine Spit­zen­sport­ler dür­fen Mil­lio­nen kas­sie­ren, Ma­na­ger nicht?

27.03.2009. Be­reits En­de 2007 wur­de über ei­ne ge­setz­li­che Be­gren­zung von Ma­na­ger­ge­häl­tern de­bat­tiert (wir be­rich­te­ten dar­über in Ar­beits­recht ak­tu­ell: 08/010 Be­gren­zung von Ma­na­ger­ge­häl­tern) und letzt­lich auch be­schlos­sen, näm­lich als ein Be­stand­teil der Re­ge­lun­gen zum Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds.

Die­se vor­han­de­ne Ge­halts­de­cke­lung ist al­ler­dings auf Ge­sell­schaf­ten be­schränkt, die Staats­hil­fen be­an­spru­chen (sie­he da­zu Ar­beits­recht ak­tu­ell: 08/106 Her­ab­set­zung von Ma­na­ger­ge­häl­tern ge­mäß dem Ge­setz zur Er­rich­tung ei­nes Fi­nanz­markt­sta­bi­li­sie­rungs­fonds (FMStFG)).

Jetzt will die gro­ße Ko­ali­ti­on an­schei­nend Ernst ma­chen mit ei­ner Re­du­zie­rung von Ma­na­ger­ge­häl­tern:

Am 11.03.2009 hat die Bun­des­re­gie­rung auf ei­ne Vor­la­ge von Bun­des­jus­tiz­mi­nis­te­rin Zy­pries hin ei­ne sog. „For­mu­lie­rungs­hil­fe“ zum Han­dels- und Ak­ti­en­recht be­schlos­sen. Die vom Ka­bi­nett ge­bil­lig­ten Vor­schlä­ge sol­len als Ge­setz­ent­wurf durch die Bun­des­tags­frak­tio­nen von SPD und CDU/CSU ein­ge­bracht wer­den. Das ist mitt­ler­wei­le auch ge­sche­hen, d.h. die Frak­tio­nen ha­ben ei­nen ent­spre­chen­den Ge­setz­ent­wurf vor­ge­stellt (Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­ver­gü­tung (Vors­tAG), Ge­setz­ent­wurf der Frak­tio­nen CDU/CSU und der SPD, vom 17.03.2009).

Die von der gro­ßen Ko­ali­ti­on an­ge­streb­te Ver­än­de­rung der ge­setz­li­chen Grund­la­gen für die Ma­na­ger­ver­gü­tung be­trifft al­lein die Be­zah­lung der Vor­stän­de von Ak­ti­en­ge­sell­schaf­ten (AG), wes­halb das Ge­setz im Ent­wurf auch „Ge­setz zur An­ge­mes­sen­heit der Vor­stands­ver­gü­tung (Vors­tAG)“ heißt.

Ab­ge­se­hen von Ne­ben­säch­lich­kei­ten wie der Er­wei­te­rung der be­reits jetzt be­ste­hen­den Pflicht zur Of­fen­le­gung von Vor­stands­ge­häl­tern be­inhal­tet der Ent­wurf die fol­gen­den Punk­te, die al­le­samt das Ak­ti­en­ge­setz (AktG) be­tref­fen:

1. Die Ge­samt­be­zü­ge des Vor­stands ei­ner AG, die durch den Auf­sichts­rat fest­ge­setzt bzw. auf Grund­la­ge ent­spre­chen­der Auf­sichts­rats­be­schlüs­se mit dem Vor­stands­mit­glied aus­ge­han­delt wer­den, müs­sen be­reits nach gel­ten­dem Recht (§ 87 AktG) „in ei­nem an­ge­mes­se­nen Ver­hält­nis zu den Auf­ga­ben des Vor­stands­mit­glieds und zur La­ge der Ge­sell­schaft ste­hen“. Nach dem Re­form­vor­ha­ben der Bun­des­re­gie­rung soll es bei der Er­mitt­lung der „An­ge­mes­sen­heit“ von Vor­stands­be­zü­gen künf­tig ne­ben den Auf­ga­ben des Vor­stan­des und der La­ge der Ge­sell­schaft auf die

  • Leis­tun­gen des Vor­stands und auf die
  • die (bran­chen- und/oder lan­des-)“üb­li­che Ver­gü­tung“

an­kom­men.

Au­ßer­dem soll der Auf­sichts­rat bei der Ver­ein­ba­rung der Ver­gü­tung von Vor­stands­mit­glie­dern künf­tig dar­auf ach­ten, dass die­se „lang­fris­ti­ge Ver­hal­ten­s­an­rei­ze zur nach­hal­ti­gen Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung“ setzt.

2. Der Auf­sichts­rat ei­ner AG kann die Ent­schei­dung über die Ver­gü­tung ei­nes Vor­stands­mit­glieds nach der­zei­ti­ger Ge­set­zes­la­ge auf ei­nen Aus­schuss de­le­gie­ren. Die ge­setz­li­che Aus­nah­me­vor­schrift, wo­nach be­stimm­te be­son­ders wich­ti­ge Ent­schei­dun­gen dem Ple­num vor­be­hal­ten sind (§ 107 Abs. 3 Satz 2 AktG), soll künf­tig auch für die Ent­schei­dung über Vor­stands­be­zü­ge gel­ten, d.h. die­se sol­len nur noch vom Ple­num des Auf­sichts­ra­tes fest­ge­legt wer­den kön­nen. Da­mit soll die Ver­gü­tungs­fest­set­zung „trans­pa­ren­ter“ wer­den.

3. Bis­lang konn­ten Ak­ti­en­op­tio­nen frü­hes­tens zwei Jah­re nach Ein­räu­mung der Op­ti­on aus­ge­übt wer­den (§ 193 Abs. 2 Nr. 4 AktG). Die­se Frist soll auf vier Jah­re ver­län­gert wer­den. Da­mit ver­bin­det die Re­gie­rung die Hoff­nung, dass Ma­na­gern ein stär­ke­rer An­reiz zu nach­hal­ti­gem Han­deln im Un­ter­neh­mens­in­ter­es­se ge­ge­ben wird.

4. Die be­reits jetzt be­ste­hen­de ge­setz­li­che Mög­lich­keit des Auf­sichts­rats, die Vor­stands­be­zü­ge bei ei­ner Ver­schlech­te­rung der La­ge des Un­ter­neh­mens nach­träg­lich zu re­du­zie­ren (§ 87 Abs. 2 AktG), wird (ver­bal) ver­schärft. Der­zeit ist Vor­aus­set­zung für ei­nen sol­chen Ein­griff in be­ste­hen­de Ver­trä­ge, dass ei­ne „we­sent­li­che“ Ver­schlech­te­rung in den Ver­hält­nis­sen der Ge­sell­schaft ein­ge­tre­ten ist, so dass die Wei­ter­ge­wäh­rung der ver­ein­bar­ten Be­zü­ge ei­ne „schwe­re“ Un­bil­lig­keit für die Ge­sell­schaft wä­re. Künf­tig soll ei­ne Ver­schlech­te­rung in den Ver­hält­nisssen der AG und ei­ne dar­aus re­sul­tie­ren­de Un­bil­lig­keit der Fort­ent­rich­tung der ver­ein­bar­ten Ge­häl­ter ge­nü­gen.

5. Die ge­setz­li­che Re­ge­lung über die Haf­tung des Auf­sichts­ra­tes wird er­wei­tert. Die be­ste­hen­de Haf­tungs­re­ge­lung (§ 116 AktG) soll um ei­nen Satz er­gänzt wer­den, wo­nach die Auf­sichts­rats­mit­glie­der „na­ment­lich zum Er­satz ver­pflich­tet“ sein sol­len, „wenn sie ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Ver­gü­tung fest­set­zen (§ 87 Abs. 1).“ In die­sem Fall soll der die an­ge­mes­se­ne Ver­gü­tung über­stei­gen­de Mehr­be­trag als Min­dest­scha­den zu er­set­zen sein.

Kri­tisch ist an­zu­mer­ken, dass die prak­ti­schen Aus­wir­kun­gen die­ser Ge­set­zes­än­de­run­gen vor­aus­sicht­lich na­he Null sein wer­den. Was an­ge­mes­sen ist und was nicht, wird auch künf­tig kei­ne beim Jur­stiz­mi­nis­te­ri­um ge­bil­de­te Tu­gend­kom­mis­si­on ent­schei­den, son­dern nach wie vor der Auf­sichts­rat, und zwar nach sei­nem Gut­dün­ken. Sein Er­mes­sen ist auch künf­tig weit­ge­hend frei. Die wei­ter­hin als Ge­ne­ral­klau­sel (wie sonst?) ge­fass­ten ge­setz­li­chen Leit­li­ni­en („Auf­ga­ben des Vor­stan­des“, „La­ge der Ge­sell­schaft“, „Leis­tun­gen“, „Üb­lich­keit“) wer­den da­her auch in Zu­kunft kaum jus­ti­zia­bel sein.

Da­mit ist auch die vom Ent­wurf an­ge­streb­te Mög­lich­keit ei­ner per­sön­li­chen Haf­tung von Auf­sichts­rats­mit­glie­dern weit­ge­hend theo­re­tisch, setzt sie doch vor­aus, dass man den Un­ter­schied zwi­schen der „an­ge­mes­se­nen“ und der ge­währ­ten Ver­gü­tung be­stim­men kann. Au­ßer­dem ist die Haf­tungs­re­ge­lung auch des­halb zahn­los, weil sie nur für die (erst­ma­li­ge) Fest­set­zung der Ver­gü­tung, nicht aber für de­ren Re­du­zie­rung in schlech­ten Zei­ten (§ 87 Abs. 2 AktG) gel­ten soll.

Was all das mit ei­ner an­ge­mes­se­nen po­li­ti­schen Re­ak­ti­on auf die Fi­nanz­markt­kri­se zu tun ha­ben soll, er­schließt sich nicht recht. Die in den letz­ten Mo­na­ten viel­fach kri­ti­sier­te ho­he Ver­gü­tung von Top­ma­na­gern ist ei­ne un­schö­ne Be­gleiter­schei­nung der 2008 ge­platz­ten Spe­ku­la­ti­ons­bla­se, aber wohl kaum de­ren Ur­sa­che.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen zu dem Vor­gang fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 16. November 2020

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