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LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 22.08.2008, 10 Sa 573/08

   
Schlagworte: Abfindung: Alter, Abfindung: Diskriminierung, Diskriminierung: Abfindung, Sozialplan: Rentennähe
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 10 Sa 573/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 22.08.2008
   
Leitsätze:

1. Eine Sozialplanregelung, wonach sich die zu beanspruchende Sozialplanabfindung für ältere Arbeitnehmer um einen Betrag kürzt, der kontinuierlich mit jedem Lebensmonat nach Vollendung des 60. Lebensjahres um 1/60 ansteigt, verstößt jedenfalls dann nicht gegen § 75 Abs. 1 BetrVG und den von den Betriebspartnern danach zu beachtenden Gleichbehandlungsgrundsatz, wenn der mit einer Sozialplanabfindung verfolgte Zweck, den betroffenen Arbeitnehmern eine Überbrückungshilfe bis zu einem neuen Arbeitsverhältnis oder bis zum Beginn des Altersruhegeldes zu gewähren, angesichts der Höhe des auch nach Kürzung verbleibenden Abfindungsbetrages nicht in Frage steht.

2. Eine solche Regelung beinhaltet auch keinen Verstoß gegen das AGG.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Wesel, Urteil vom 14.02.2008, 5 Ca 3251/07
   

10 Sa 573/08

5 Ca 3251/07
Ar­beits­ge­richt We­sel

Verkündet

am 22. Au­gust 2008

Es­ser
Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT DÜSSEL­DORF

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

des Herrn G. T., I. str. 114, W.,

- Kläger und Be­ru­fungskläger -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Rechts­anwälte N. & O.,
H. N. 13 - 15, X.,

g e g e n

die Y. B. Sys­tems GmbH, ver­tre­ten durch die Geschäftsführer N. von C. und K. D., C. str. 2, B.,

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­ter: Rechts­an­walt Dr. K.,
X. str. 19, G.,

hat die 10. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 22.08.2008
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Mailänder als Vor­sit­zen­den so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Jan­sen und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Weil­bier

für R e c h t er­kannt:

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts We­sel vom 14.02.2008 – 5 Ca 3251/07 – wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.

2. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

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T A T B E S T A N D :

Der Rechts­streit be­trifft die Fra­ge, ob es rech­tens ist, den aus ei­nem So­zi­al­plan er­wach­sen­den Ab­fin­dungs­an­spruch für älte­re Ar­beit­neh­mer zu kürzen.

Der am 01.07.1946 ge­bo­re­ne Kläger war vom 24.05.1965 bis zum 30.11.2007 bei der Be­klag­ten zu ei­nem mo­nat­li­chen Brut­to­ent­gelt von zu­letzt 3.160,39 € beschäftigt. Das Ar­beits­verhält­nis en­de­te auf­grund ei­ner be­triebs­be­ding­ten Kündi­gung we­gen Still­le­gung des Be­triebs. Über den Aus­gleich bzw. die Mil­de­rung der da­mit ein­her­ge­hen­den wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le schlos­sen die Be­triebs­part­ner den So­zi­al­plan vom 23.03.2007, der un­ter den Zif­fer 3 fol­gen­de Re­ge­lun­gen enthält:

...

„c) Ab­fin­dungs­for­mel

An­spruchs­be­rech­tig­te Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter ha­ben ei­nen An­spruch auf ei­ne in­di­vi­du­ell be­rech­ne­te Ab­fin­dung, die sich nach der fol­gen­den For­mel be­rech­net:

Le­bens­al­ter x Be­triebs­zu­gehörig­keit x Brut­to­mo­nats­ent­gelt
X

Der Fak­tor „X“ wird wie folgt be­stimmt:
Die Ge­sell­schaft stellt für die­sen So­zi­al­plan ei­ne Sum­me zur Verfügung, wel­che die Ei­ni­gungs­stel­le durch Spruch fest­le­gen soll.
Die Be­triebs­part­ner le­gen ge­mein­sam die Zahl der Mit­ar­bei­ter und Mit­ar­bei­te­rin­nen fest, wel­che nach den Re­geln die­ses So­zi­al­plans an­spruchs­be­rech­tigt sind.
Da­nach er­rech­nen sie ge­mein­sam die Sum­me der Zah­lun­gen nach Zif­fer 3 e die­ses So­zi­al­plans.
Die­se Sum­me zie­hen sie von der durch Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le fest­ge­setz­ten Ge­samt­do­tie­rung ab und er­rech­nen so­dann ge­mein­sam den sich nun­mehr er­ge­ben­den Di­vi­sor bis zur ers­ten Stel­le hin­ter dem Kom­ma, wo­bei die zwei­te Stel­le kaufmännisch auf- oder ab­ge­run­det wird. Da­nach wird die­se Zahl in die obi­ge For­mel an­stel­le des Buch­sta­ben „X“ ein­ge­setzt.

So­weit nach rech­ne­ri­scher Fest­le­gung der Ab­fin­dun­gen ein An­spruch nicht oder nicht in vol­ler Höhe aus den in die­sem So­zi­al-

 

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plan fest­ge­le­gen Gründen be­steht, steht die­se Sum­me der Ge­sell­schaft zu.

d) Ab­fin­dung für älte­re Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter und bei außer­or­dent­li­cher Ei­genkündi­gung.

Die Ab­fin­dung nach Zif­fer 3 c ver­min­dert sich für Mit­ar­bei­ter bzw. Mit­ar­bei­te­rin­nen nach Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res für je­den wei­te­ren Mo­nat zum 1/60stel. Stich­tag ist der letz­te Tag des recht­li­chen Be­stan­des des Ar­beits­verhält­nis­ses.
Mit­ar­bei­ter und Mit­ar­bei­te­rin­nen, die ihr Ar­beits­verhält­nis nach dem 31.12.2006 durch außer­or­dent­li­che Ei­genkündi­gung auf¬gelöst ha­ben oder auflösen wer­den, er­hal­ten 50 % der Ab­fin­dung gem. Zif­fer 3 c.“

...

Die Höhe des für sämt­li­che Ab­fin­dungs­leis­tun­gen von der Be­klag­ten zur Verfügung zu stel­len­den Ge­samt­be­tra­ges wur­de durch Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le auf 4,55 Mio. € fest­ge­setzt. Von den Kürzun­gen gemäß Zif­fer 3 d) des So­zi­al­pla­nes wa­ren 4 älte­re Ar­beit­neh­mer be­trof­fen, dar­un­ter der Kläger. Der Ge­samt­be­trag der Kürzun­gen be­lief sich auf 311.685,00 €. Die­ser Be­trag wur­de zur Erhöhung der Ab­fin­dung al­ler Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter ver­wen­det. Als Be­stand­teil des Ge­samt­be­tra­ges, der für Ab­fin­dun­gen zur Verfügung stand, kam er al­len Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern zu­gu­te, de­ren Ab­fin­dun­gen sich ent­spre­chend der Re­ge­lung in Zif­fer 3 c) des So­zi­al­pla­nes erhöhten.

Da der Kläger zum Zeit­punkt sei­nes Aus­schei­dens aus dem Ar­beits­verhält­nis 61 Jah­re und fünf Mo­na­te alt war, re­du­zier­te die Be­klag­te die sich nach der Be­rech­nungs­for­mel un­gekürzt auf 153.513,02 € be­lau­fen­de Ab­fin­dung gemäß Zif­fer 3 d) um 43.495,36 € (153.513,02 x 17 : 60) auf 110.017,66 € und zahl­te den sich un­ter Hin­zu­rech­nung ei­nes un­strit­ti­gen Schwer­be­hin­der­ten­zu­schlags von 3.000,00 € er­ge­ben­den Ge­samt­be­trag von 113.017,66 € an den Kläger aus.

Mit der am 20.11.2007 er­ho­be­nen Kla­ge be­gehrt der Kläger die Zah­lung des Dif­fe­renz­be­tra­ges von 43.495,36 € zur un­gekürz­ten Ab­fin­dung. Mit der Kla­ge­schrift hat er die Po­si­ti­on be­zo­gen, die im So­zi­al­plan vor­ge­se­he­ne Ver­min-

 

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de­rung der Ab­fin­dung auf­grund sei­nes Al­ters stel­le ei­ne Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung im Sin­ne des AGG dar. Ein sach­li­cher Grund für ei­ne sol­che Be­nach­tei­li­gung sei nicht er­kenn­bar. Wenn die Be­klag­te auf den Ar­beits­lo­sen­geld­an­spruch des Klägers ver­wei­se, ver­ken­ne sie, dass die­ser gemäß § 143 a SGB III in­fol­ge der So­zi­al­plan­ab­fin­dung ru­he. Zwar sei es zum der­zei­ti­gen Zeit­punkt gemäß § 37 SGB VI möglich, dass der Kläger mit 63 Jah­ren die Al­ters­ren­te ab­zugs­frei wer­de be­an­tra­gen können. Es sei aber we­der aus­ge­schlos­sen, dass dem Kläger die­se Möglich­keit bis zu ih­rer Ver­wirk­li­chung doch noch ge­nom­men wer­de, noch, dass es im Fal­le ih­rer Ver­wirk­li­chung zu An­rech­nun­gen kom­men könn­te.

Der Kläger hat be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 43.495,49 € nebst 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz ab Rechtshängig­keit zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie be­ruft sich im Hin­blick auf die Zulässig­keit der im So­zi­al­plan auf­ge­nom­me­nen Kürzungs­re­ge­lung auf die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts. Bei dem Ziel, mit den be­grenzt zur Verfügung ste­hen­den fi­nan­zi­el­len Mit­teln ei­ne ver­tei­lungs­ge­rech­te Über­brückungs­hil­fe zu schaf­fen, sei auch die Re­du­zie­rung der Ab­fin­dung bei älte­ren Beschäftig­ten in Ren­tennähe und die Si­tua­ti­on der da­von be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter ein wich­ti­ger Punkt der Ver­hand­lun­gen über den In­ter­es­sen­aus­gleich und So­zi­al­plan ge­we­sen. Ein Ver­s­toß ge­gen das AGG lie­ge nicht vor, weil die­ses un­ter § 10 Nr. 6 AGG aus­drück­lich Dif­fe­ren­zie­run­gen von Leis­tun­gen in den So­zi­alplänen auf­grund des Al­ters für zulässig erkläre.

Mit Ur­teil vom 14.02.2008 hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Da­bei ist es der von Be­klag­ten­sei­te vor­ge­brach­ten Ar­gu­men­ta­ti­on ge­folgt, wo­nach es die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes den Be­triebs­part­nern er­lau­be,

 

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bei Ver­tei­lung ei­nes be­grenzt zur Verfügung ste­hen­den So­zi­al­plan­vo­lu­mens in ei­nem ge­wis­sen Um­fang auch zwi­schen älte­ren und jünge­ren Ar­beit­neh­mern zu dif­fe­ren­zie­ren. Ge­mes­sen an den Grundsätzen, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt hier­zu ent­wi­ckelt ha­be, sei die von den Be­triebs­par­tei­en im kon­kre­ten Fall vor­ge­nom­me­ne Kürzung der Ab­fin­dung um 1/60 ei­nes je­den Le­bens­mo­nats nach Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res nicht zu be­an­stan­den. Grund für die Dif­fe­ren­zie­rung sei nicht das Al­ter der Ar­beit­neh­mer schlecht­hin ge­we­sen, son­dern der sich aus dem Al­ter er­ge­ben­de Um­stand, dass bei älte­ren Ar­beit­neh­mern die Nach­tei­le aus dem Ver­lust des Ar­beits­plat­zes ge­ge­be­nen­falls durch Leis­tun­gen der Al­ters­ver­sor­gung aus­ge­gli­chen wer­den könn­ten. Ein Ver­s­toß ge­gen das AGG lie­ge an­ge­sichts der Re­ge­lung des § 10 Zif­fer 6 AGG nicht vor.

Ge­gen das ihm am 10.03.2008 zu­ge­stell­te Ur­teil des Ar­beits­ge­richts hat der Kläger mit ei­nem am 10.04.2008 beim Be­ru­fungs­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit wei­te­rem Schrift­satz vom 08.05.2008, wel­cher am sel­ben Tag beim Be­ru­fungs­ge­richt ein­ging, be­gründet.

Der Kläger bemängelt, dass das Ar­beits­ge­richt sich nicht mit der erst­in­stanz­lich ver­tre­te­nen Ar­gu­men­ta­ti­on aus­ein­an­der­ge­setzt ha­be, bei ei­ner Kürzung der So­zi­al­plan­ab­fin­dung sei­en die §§ 143 a SGB III so­wie 37 SGB VI zu berück­sich­ti­gen. Darüber hin­aus hält er an sei­nem erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gen bezüglich ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das AGG fest.

Der Kläger be­an­tragt,

un­ter Abände­rung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 43.495,49 € nebst 5 % Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz ab Rechtshängig­keit zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

 

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Sie ver­tei­digt das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens.
Dem Hin­weis des Klägers auf ein mögli­ches Ru­hen sei­nes An­spruchs gemäß § 143 a SGB III hält die Be­klag­te ent­ge­gen, dass nach die­ser Norm ein Ru­hen des Ar­beits­lo­sen­geld­an­spruchs nur zu befürch­ten sei, wenn das Ar­beits­verhält­nis oh­ne Ein­hal­tung ei­ner der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist ent­spre­chen­den Frist be­en­det wor­den wäre. Das aber sei nicht der Fall ge­we­sen sei. Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers sei im April 2007 un­ter Ein­hal­tung der ge­setz­li­chen Kündi­gungs­frist von sie­ben Mo­na­ten zum 30.11.2007 gekündigt wor­den. Das Vor­brin­gen des Klägers, er könne un­ter Umständen als Schwer­be­hin­der­ter nicht ab­zugs­frei bei Er­rei­chen ei­nes Le­bens­al­ters von 63 Jah­ren in Ren­te ge­hen, hält die Be­klag­te für ei­ne va­ge Befürch­tung. Für ei­ne der­ar­ti­ge Ände­rung der Ge­set­zes­la­ge ha­be es zum Zeit­punkt der Schaf­fung der So­zi­al­plan­re­ge­lung an jeg­li­chem An­halts­punkt ge­fehlt.
We­gen des im Übri­gen auf die Fra­ge ei­nes mögli­chen Ver­s­toßes ge­gen das AGG ab­zie­len­den Vor­brin­gens der Be­klag­ten wird Be­zug ge­nom­men auf die Dar­le­gun­gen im Schrift­satz vom 15.07.2008 (Bl. 133 ff. d. A.).

Im Übri­gen wird we­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des zu­grun­de­lie­gen­den Sach­ver­halts so­wie des wi­der­strei­ten­den Sach­vor­trags und der un­ter­schied­li­chen Rechts­auf­fas­sun­gen der Par­tei­en ergänzend Be­zug ge­nom­men auf den Ak­ten­in­halt, ins­be­son­de­re den Tat­be­stand des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils, die wech­sel­sei­ti­gen Schriftsätze der Par­tei­en nebst An­la­gen so­wie die Pro­to­kol­le der münd­li­chen Ver­hand­lun­gen aus bei­den In­stan­zen.

 

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E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :

I.

Die Be­ru­fung ist zulässig.

Sie ist nach Maßga­be der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG in Ver­bin­dung mit § 520 ZPO form- und frist­gemäß ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Sie ist auch statt­haft im Sin­ne des § 64 Abs. 1, 2 ArbGG.

II.

In der Sa­che hin­ge­gen hat­te die Be­ru­fung kei­nen Er­folg.

Der Kläger hat kei­nen über den be­reits aus­be­zahl­ten Be­trag hin­aus­ge­hen­den An­spruch auf Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung aus dem So­zi­al­plan vom 23.03.2007. Die Be­klag­te hat die­sen So­zi­al­plan zu­tref­fend auf den Fall des Klägers an­ge­wen­det. Es ist nicht zu be­an­stan­den, dass sie da­bei von der un­ter Zif­fer 3 d) vor­ge­se­he­nen Kürzungs­vor­schrift Ge­brauch ge­macht hat. Die­se Kürzungs­vor­schrift ist rechts­wirk­sam. Sie verstößt nicht ge­gen höher­ran­gi­ges Recht.

1. Mit der un­ter Zif­fer 3 d) des So­zi­al­plans ge­trof­fe­nen Kürzungs­re­ge­lung ha­ben die Be­triebs­part­ner nicht ge­gen § 75 Abs. 1 Be­trVG ver­s­toßen. Dies hat das Ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­frei er­kannt.

a. Das Ar­beits­ge­richt fußt sei­ne Ent­schei­dung auf die von ihm zu­tref­fend zi­tier­te ständi­ge Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Fra­ge der Zulässig­keit von Al­ters­dif­fe­ren­zie­run­gen in So­zi­alplänen. Auf die um­fang­rei­chen Nach­wei­se der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung nimmt die Kam­mer Be­zug. Aus­gangs­punkt der Prüfung ist für das Bun­des­ar­beits­ge­richt der Norm­zweck des § 112 Abs. 1 S. 2 Be­trVG, der dar­in be­steht, die wirt­schaft­li­chen Nach­tei­le aus­zu­glei­chen oder doch zu min­dern, die den Ar­beit­neh­mern in­fol­ge der ge­plan­ten

 

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Be­triebsände­rung ent­ste­hen. Die­ser Norm­zweck macht es den Be­triebs­part­nern zum Ziel, den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mern mit ei­nem be­grenz­ten So­zi­al­plan­vo­lu­men ei­ne ver­tei­lungs­ge­rech­te Über­brückungs­hil­fe zu gewähren. Bei Ver­wirk­li­chung die­ser ge­setz­li­chen Ziel­vor­ga­be sind die Be­triebs­part­ner nicht ge­hal­ten, al­le denk­ba­ren Nach­tei­le zu entschädi­gen. An­ge­sichts der Be­grenzt­heit der zur Verfügung ste­hen­den Mit­tel wer­den sie dies oft auch nicht können. Des­halb sind sie nach An­sicht des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes auch be­rech­tigt, Ar­beit­neh­mer von Leis­tun­gen des So­zi­al­plans aus­zu­neh­men. Al­ler­dings ha­ben sie bei Schaf­fung zweck­ent­spre­chen­der Re­ge­lun­gen die be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mer gemäß § 75 Abs. 1 Be­trVG nach den Grundsätzen von Recht und Bil­lig­keit zu be­han­deln und ins­be­son­de­re dar­auf zu ach­ten, dass un­ter an­de­rem je­de Be­nach­tei­li­gung von Per­so­nen aus Gründen ih­res Al­ters un­ter­bleibt. Dar­aus folgt aber nicht, dass schlech­ter­dings je­de un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von älte­ren und jünge­ren Ar­beit­neh­mern un­zulässig wäre. Ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung nach Al­ters­stu­fen ist viel­mehr er­laubt, so­weit für die Dif­fe­ren­zie­rung zwi­schen den ein­zel­nen Stu­fen sach­li­che Gründe vor­lie­gen. Ei­ne solch sach­lich ge­recht­fer­tig­te Dif­fe­ren­zie­rung kann dar­in be­ste­hen, dass Ar­beit­neh­mer von So­zi­al­plan­leis­tun­gen aus­ge­schlos­sen wer­den, die wirt­schaft­lich ab­ge­si­chert sind, weil sie die Vor­aus­set­zun­gen für die In­an­spruch­nah­me ei­nes (vor­ge­zo­ge­nen) Al­ters­ru­he­gel­des erfüllen (BAG vom 31.07.1996 – 10 AZR 45/96 = AP Nr. 103 zu § 112 Be­trVG 1972 un­ter II 2 a der Gründe).
Dies gilt auch für die Möglich­keit des Be­zugs ei­ner Al­ters­ren­te we­gen Schwer­be­hin­de­rung nach § 37 SGB VI. Zu be­den­ken ist al­ler­dings, dass da­mit ein wei­te­res der in § 75 Abs. 1 Be­trVG auf­gezähl­ten Dis­kri­mi­nie­rungs­merk­ma­le an­ge­spro­chen ist. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt steht je­doch auf dem Stand­punkt, dass da­durch nicht aus­ge­schlos­sen sei, dass ein So­zi­al­plan an ei­ne Begüns­ti­gung an­knüpft, die Ar­beit­neh­mern we­gen der Be­hin­de­rung ein­geräumt wer­de, nämlich an die Möglich­keit, vor­zei­tig Al­ters­ren­te zu be­an­spru­chen. Da­mit wer­de bei der Prüfung, ob ein wirt­schaft­li­cher Nach­teil be­steht, nur ei­ne vor­ge­ge­be­ne Ab­si­che­rung berück­sich­tigt. Dies al­lein sei noch kei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen der Be­hin­de­rung. Ob ei­ne von den Be­triebs­part­nern an die Möglich­keit des Be­zugs ei­ner Al­ters­ren­te we­gen Schwer­be­hin­de­rung ge­bun­de­ne Kürzung von So­zi­al­plan­ansprüchen den Grundsätzen von Bil­lig­keit

 

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und Recht ent­spre­che, sei nicht zu­letzt auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­samt­do­tie­rung und der Höhe der ein­zel­nen Ab­fin­dun­gen zu be­ur­tei­len (BAG vom 03.08.1999 – 1 AZR 677/98, vollständig do­ku­men­tiert bei ju­ris, un­ter II 2 a der Ent­schei­dungs­gründe).

b. Den An­for­de­run­gen die­ser Rechts­grundsätze, de­nen die Be­ru­fungs­kam­mer folgt, hält die von den Be­triebs­part­nern un­ter Zif­fer 3 d) des So­zi­al­plans ge­trof­fe­ne Kürzungs­re­ge­lung stand.
Mit der Kürzungs­re­ge­lung ha­ben die Be­triebs­part­ner nicht et­wa älte­re Ar­beit­neh­mer vollständig von den So­zi­al­plan­leis­tun­gen aus­ge­nom­men. Sie ha­ben auch nicht ein grob­stu­fi­ges Mo­dell ge­schaf­fen, wel­ches im Fal­le ei­ner ge­ringfügi­gen Über­schrei­tung von Al­ters­stu­fen­gren­zen in­fol­ge jäh ein­grei­fen­der Ein­bußen Ge­rech­tig­keits­fra­gen auslösen könn­te. Statt des­sen ha­ben sie ein An­rech­nungs­mo­dell gewählt, wel­ches mit ei­nem kon­ti­nu­ier­lich mit je­dem Le­bens­mo­nat nach Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res stei­gen­den Kürzungs­be­trag in glei­ten­der Wei­se dem Um­stand ste­tig wach­sen­de Be­deu­tung bei­misst, dass der je­wei­li­ge Ar­beit­neh­mer ei­ne im­mer kürzer wer­den­de Zeit bis zum Er­rei­chen der (ggf. auch vor­ge­zo­ge­nen) Al­ters­ren­te und der da­mit ein­tre­ten­den so­zia­len Ab­si­che­rung zurück­zu­le­gen hat.
Ge­gen ein sol­ches Mo­dell lässt sich per se und auch im kon­kre­ten Fall des Klägers nichts ein­wen­den.
Das Be­ru­fungs­ge­richt über­sieht nicht, dass die Kürzungs­vor­schrift da­zu führt, dass der Kläger nur et­was mehr als 70 % der un­gekürz­ten Ab­fin­dung erhält. Wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 03.08.1999 zu­tref­fend fest­ge­hal­ten hat, ist aber die Fra­ge, ob ei­ne von den Be­triebs­part­nern an die Möglich­keit des Be­zugs ei­ner Al­ters­ren­te we­gen Schwer­be­hin­de­rung ge­bun­de­ne Kürzung von So­zi­al­plan­ansprüchen den Grundsätzen von Bil­lig­keit und Recht ent­sprecht, nicht zu­letzt auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­samt­do­tie­rung und der Höhe der ein­zel­nen Ab­fin­dun­gen zu be­ur­tei­len. Aus die­ser Per­spek­ti­ve be­trach­tet re­la­ti­viert sich die Ein­buße des Klägers. Denn auch nach Kürzung ver­bleibt ihm ei­ne Ab­fin­dung von über 110.000,00 €. An­ge­sichts die­ser Ab­fin­dungshöhe be­steht kein An­lass für die Sor­ge, bei An­wen­dung der Kürzungs­re­ge­lung könn­te der ein­gangs dar­ge­stell­te Zweck der So­zi­al­plan­ab­fin-

 

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dung, dem von der Ent­las­sung be­trof­fe­nen Kläger ei­ne Über­brückungs­hil­fe bis zu ei­nem neu­en Ar­beits­verhält­nis oder bis zum Be­ginn des Al­ters­ru­he­gel­des zu gewähren, ent­wer­tet oder auch nur we­sent­lich be­ein­träch­tigt wer­den. Auch die gekürz­te So­zi­al­plan­ab­fin­dung stellt ei­ne ganz beträcht­li­che Un­terstützung dar. Sie ist un­zwei­fel­haft ge­eig­net, den Kläger ne­ben dem von ihm zu be­an­spru­chen­den Ar­beits­lo­sen­geld, vor wirt­schaft­li­cher Not so­lan­ge zu be­wah­ren, bis er Al­ters­ren­te be­an­spru­chen kann.
Wenn die Be­triebs­part­ner sich in die­ser Si­tua­ti­on da­zu ent­schie­den ha­ben, den in­fol­ge der Kürzungs­re­ge­lung bei dem Kläger und drei wei­te­ren älte­ren Ar­beit­neh­mern ein­ge­spar­ten Be­trag von ins­ge­samt 311.685,00 € als Be­stand­teil des Ge­samt­vo­lu­mens sol­chen Ar­beit­neh­mern zu­kom­men zu las­sen, die sich auf­grund ih­res ge­rin­ge­ren Al­ters nicht in ei­ner ver­gleich­bar ab­ge­si­cher­ten Si­tua­ti­on be­fan­den, so stellt sich dies der Be­ru­fungs­kam­mer nicht als ei­ne Über­schrei­tung des den Be­triebs­part­nern ein­geräum­ten wei­ten Be­ur­tei­lungs­spiel­raums dar.

c. An die­sem Er­geb­nis ändern auch die vom Kläger mit der Be­ru­fung wie­der­hol­ten Einwände nichts.

aa. Mit der Be­ru­fung bemängelt der Kläger, dass das Ar­beits­ge­richt sich nicht mit sei­ner Ar­gu­men­ta­ti­on aus­ein­an­der­ge­setzt ha­be, bei der Be­ur­tei­lung der Kürzung der Ab­fin­dung sei auch zu berück­sich­ti­gen, dass der Ar­beits­lo­sen­geld­an­spruch des Klägers gemäß § 143 a SGB III ru­he und dass es kei­nes­falls si­cher sei, dass er als Schwer­be­hin­der­ter tatsächlich bei Er­rei­chen der Al­ters­gren­ze von 63 Le­bens­jah­ren ab­zugs­frei Al­ters­ren­te wer­de in An­spruch neh­men können. Die­se Rüge ist zwar zu­tref­fend. Das Ar­beits­ge­richt hat sich in der Tat nicht mit die­sen Einwänden aus­ein­an­der­ge­setzt. Im Er­geb­nis ist das aber oh­ne Be­lang. Die mit der Be­ru­fung wie­der­hol­ten Einwände vermögen am Er­geb­nis nichts zu ändern. Ei­ne Un­wirk­sam­keit der So­zi­al­plan­re­ge­lung folgt aus ih­nen nicht.

(1) Es ist nicht er­sicht­lich, auf­grund wel­cher Umstände der Kläger mit ei­nem
Ru­hen sei­nes Ar­beits­lo­sen­geld­an­spruchs rech­nen müss­te.

 

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Die Be­klag­te hat vor­ge­bracht, das Ar­beits­verhält­nis un­ter Ein­hal­tung der im Fal­le des Klägers gel­ten­den ge­setz­li­chen Kündi­gungs­frist von sie­ben Mo­na­ten zum 30.11.2007 be­en­det zu ha­ben, wes­halb es nicht zu ei­nem Ru­hen des Ar­beits­lo­sen­geld­an­spruchs gemäß § 143 a Abs. 1 S. 1 SGB III kom­men könne. Dem hat der Kläger nichts ent­ge­gen­ge­hal­ten, was in sei­nem Fall zu ei­ner an­de­ren Be­ur­tei­lung der Sach- und Rechts­la­ge An­lass ge­ben könn­te.

(2) Dem Hin­weis des Klägers, es könne kei­nes­falls si­cher sein, dass er als Schwer­be­hin­der­ter nicht ab­zugs­frei mit Er­rei­chen ei­nes Le­bens­al­ters von 63 Jah­ren in Ren­te ge­hen könne, ver­mag das Be­ru­fungs­ge­richt eben­falls kei­ne kon­kre­te Be­deu­tung für den an­ste­hen­den Rechts­streit ab­zu­ge­win­nen. Die Be­klag­te hat vor­ge­tra­gen, je­den­falls zum Zeit­punkt der Schaf­fung der So­zi­al­plan­re­ge­lung ha­be es an jeg­li­chem An­halts­punkt dafür ge­fehlt, dass das Ge­setz in die­sem Punkt geändert wer­den könn­te. Das dürf­te zu­tref­fen. Denn selbst zum Schluss der letz­ten münd­li­chen Ver­hand­lun­gen war über ei­ne an­ste­hen­de oder auch be­ab­sich­tig­te Ände­rung der ein­schlägi­gen Re­ge­lung des § 236 a SGB VI we­der ir­gend et­was be­kannt noch von Sei­ten des Klägers in Er­fah­rung zu brin­gen.

2. Die von den Be­triebs­part­nern un­ter Zif­fer 3 d) des So­zi­al­plans ge­trof­fe­ne Re­ge­lung ist schließlich auch nicht we­gen ei­nes Ver­s­toßes ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot des § 7 AGG un­wirk­sam.

a. Gemäß § 10 S. 1 u. 2 AGG ist ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung we­gen des Al­ters un­ge­ach­tet der Re­ge­lun­gen des § 8 AGG zulässig, wenn sie ob­jek­tiv und an­ge­mes­sen und durch ein le­gi­ti­mes Ziel ge­recht­fer­tigt ist und die Mit­tel zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind. Gemäß § 10 S. 3 Nr. 6 AGG können solch un­ter­schied­li­che Be­hand­lun­gen ins­be­son­de­re Dif­fe­ren­zie­run­gen von Leis­tun­gen im So­zi­al­plan im Sin­ne des Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­set­zes ein­sch­ließen, wenn die Par­tei­en Beschäftig­te von den Leis­tun­gen des So­zi­al­plans aus­ge­schlos­sen ha­ben, die wirt­schaft­lich ab­ge­si­chert sind, weil sie, ge­ge­be­nen­falls nach Be­zug von Ar­beits­lo­sen­geld, ren­ten­be­rech­tigt sind.

 

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b. Die in die­ser Be­stim­mung lie­gen­de Dif­fe­ren­zie­rungsmöglich­keit wird zwar als nicht un­pro­ble­ma­tisch an­ge­se­hen (so ErfK/Schlach­ter, 7. Aufl., § 10 AGG Rn. 10), letzt­lich aber als zulässig be­ur­teilt (so z.B. Bau­er NJW 2001, 2672; LAG Köln vom 04.06.2007 – 14 Sa 201/07).
Wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt Köln in der so­eben zi­tier­ten Ent­schei­dung vom 04.06.2007 geht auch die er­ken­nen­de Kam­mer da­von aus, dass § 10 S. 3 Nr. 6 AGG die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes zur Zulässig­keit von al­ters­be­zo­ge­nen Dif­fe­ren­zie­run­gen in So­zi­alplänen bestätigt, wie sie oben näher dar­ge­legt wur­de. Nach dem Wil­len des Ge­setz­ge­bers soll es auch wei­ter­hin möglich sein, Ar­beit­neh­mer, die im An­schluss an ein Ar­beits­verhält­nis – ge­ge­be­nen­falls nach ei­ner Pha­se der Ar­beits­lo­sig­keit – (vor­zei­ti­ges) Al­ters­ru­he­geld in An­spruch neh­men können, von den Leis­tun­gen des So­zi­al­plans aus­zu­sch­ließen, so­weit der Aus­schluss den An­for­de­run­gen des § 10 S. 1 AGG Stand hält.

b. Letz­te­res ist hier der Fall.

aa. Mit der von ih­nen ge­trof­fe­nen Kürzungs­re­ge­lung ver­fol­gen die Be­triebs­part­ner das durch den Zweck von So­zi­alplänen vor­ge­ge­be­ne Ziel, den von der Be­triebsände­rung be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mern mit ei­nem be­grenz­ten So­zi­al­plan­vo­lu­men ei­ne ver­tei­lungs­ge­rech­te Über­brückungs­hil­fe zu gewähren. Die­ses Ziel ist zwei­fel­los le­gi­tim.

bb. Eben­so le­gi­tim ist es, Ar­beit­neh­mer, die wirt­schaft­lich ab­ge­si­chert sind, weil sie die Vor­aus­set­zun­gen für die In­an­spruch­nah­me ei­nes (vor­ge­zo­ge­nen) Al­ters­ru­he­gel­des erfüllen, von So­zi­al­plan­ansprüchen ganz oder teil­wei­se aus­zu­neh­men, um den da­durch ein­ge­spar­ten Be­trag als Be­stand­teil des Ge­samt­vo­lu­mens ei­nes So­zi­al­pla­nes sol­chen Ar­beit­neh­mern zu­kom­men zu las­sen, die sich auf­grund ih­res ge­rin­ge­ren Al­ters nicht in ei­ner ver­gleich­bar ab­ge­si­cher­ten Si­tua­ti­on be­fan­den. Eben dies ist der In­halt der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes.

 

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cc. Zur Er­rei­chung die­ses Ziels ist das Prin­zip, Mit­tel an der ei­nen Stel­le ein­zu­spa­ren, um sie in­ner­halb des Ge­samt­bud­gets an an­de­rer Stel­le ver­tei­len zu können, un­zwei­fel­haft ge­eig­net.

dd. Letzt­lich ist das Mit­tel in der hier von den Be­triebs­part­nern gewähl­ten Aus­ge­stal­tung auch an­ge­mes­sen. § 10 S. 3 Nr. 6 AGG geht da­von aus, dass es zur Er­rei­chung des Ziels so­gar an­ge­mes­sen sein kann, wirt­schaft­lich ab­ge­si­cher­te Beschäftig­te von der Leis­tung des So­zi­al­plans vollständig aus­zu­neh­men. Um so leich­ter fällt die Be­ant­wor­tung der Fra­ge nach der An­ge­mes­sen­heit, wenn es - wie hier - nicht um ei­nen vollständi­gen Aus­schluss vom So­zi­al­plan, son­dern nur um ei­ne Kürzung der dar­aus er­wach­sen­den Ansprüche geht.
Dies ist für den vor­lie­gen­den Fall von maßgeb­li­cher Be­deu­tung.
Wie be­reits dar­ge­legt, er­lei­det der Kläger in­fol­ge der un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung durch Zif­fer 3 d) des So­zi­al­plans zwar no­mi­nal ei­nen er­heb­li­chen Nach­teil in Ge­stalt der um 43.495,36 € gekürz­ten So­zi­al­plan­ab­fin­dung. Im Hin­blick auf die von den Be­triebs­part­nern mit dem So­zi­al­plan an­ge­streb­te Über­brückungs­funk­ti­on re­la­ti­viert sich die­ser Nach­teil je­doch des­halb, weil der ver­blei­ben­de Be­trag von rund 110.000,00 € im­mer noch un­zwei­fel­haft ge­eig­net ist, den Kläger ne­ben dem zu be­an­spru­chen­den Ar­beits­lo­sen­geld in sei­ner wirt­schaft­li­chen Exis­tenz bis zum Über­gang in die Al­ters­ren­te ab­zu­si­chern. Auch aus der Per­spek­ti­ve des AGG be­trach­tet, er­weist sich die von den Be­triebs­part­nern un­ter Zif­fer 3 d) vor­ge­se­he­ne Kürzungs­for­mel um je 1/60 für je­den Le­bens­mo­nat nach Voll­endung des 60. Le­bens­jah­res als ei­ne mo­de­ra­te und an­ge­mes­se­ne, weil den Zweck der So­zi­al­plan­leis­tung auch im Fal­le älte­rer Ar­beit­neh­mer nicht ernst­haft gefähr­den­de Re­ge­lung, wel­che durch den mit der Kürzung ver­folg­ten Zweck, die ein­ge­spar­ten Mit­tel statt des­sen we­ni­ger ab­ge­si­cher­ten Ar­beit­neh­mern zu­kom­men zu las­sen, le­gi­ti­miert ist.

III.

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 64 Abs. 6 ArbGG in Ver­bin­dung mit § 97 Abs. 1, 516 Abs. 3 S. 1 ZPO.

 

- 14 -

IV.

Die Re­vi­si­on an das Bun­des­ar­beits­ge­richt war zu­zu­las­sen, weil der Rechts­streit im Hin­blick auf die Fra­ge von grundsätz­li­cher Be­deu­tung ist, ob an­ge­sichts der Re­ge­lun­gen des AGG an der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­rich­tes zu Le­gi­ti­mität von So­zi­al­plan­re­ge­lun­gen un­verändert fest­zu­hal­ten ist, wel­che Ar­beit­neh­mer we­gen der zeit­lich ab­seh­ba­ren Möglich­keit des Be­zugs von Al­ters­ren­te bei der Be­mes­sung von So­zi­al­plan­leis­tun­gen be­nach­tei­li­gen.

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG

Ge­gen die­ses Ur­teil kann vom Kläger

R E V I S I O N

ein­ge­legt wer­den.

Für die Be­klag­te ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat schrift­lich beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt

Fax: 0361 2636 2000

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

1. Rechts­anwälte,

 

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2. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
3. Ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Nr. 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung der Mit­glie­der die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on oder ei­nes an­de­ren Ver­ban­des oder Zu­sam­men­schlus­ses mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In den Fällen der Zif­fern 2 und 3 müssen die Per­so­nen, die die Re­vi­si­ons­schrift un­ter­zeich­nen, die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Ei­ne Par­tei die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten.

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

 

Mailänder 

Jan­sen 

Weil­bier

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