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LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 28.08.2014, 5 Sa 1251/13

   
Schlagworte: Kündigungsfrist, Kündigungserklärung: Frist
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 5 Sa 1251/13
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 28.08.2014
   
Leitsätze: Die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses zum "nächstmöglichen Termin" ist unbestimmt, so dass sich die einschlägige Kündigungsfrist nicht ermitteln lässt.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Wesel, Urteil vom 29.08.2013, 2 Ca 404/13
Nachgehend Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 20.1.2016, 6 AZR 782/14
   

5 Sa 1251/13

2 Ca 404/13
Ar­beits­ge­richt We­sel

Verkündet
am 28.08.2014

Will­ms
Re­gie­rungs­beschäftig­te
als Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

 

LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT DÜSSEL­DORF

IM NA­MEN DES VOL­KES

UR­TEIL

In dem Rechts­streit

des Herrn Q.C., H.-X.-Straße 14, C.,

- Kläger, Wi­der­be­klag­ter und Be­ru­fungskläger -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Rechts­anwälte P.G., X.-Straße 242, C.,

g e g e n

Frau K.B., T.straße 12, V.

- Be­klag­te, Wi­derkläge­rin und Be­ru­fungs­be­klag­te -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te: Rechts­anwälte L.-S., I.al­lee 55, L.,

hat die 5. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 17.07.2014 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Gött­ling als Vor­sit­zen­den so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Beh­rend und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Ha­sen­pflug

für R e c h t er­kannt:

1) Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts We­sel vom 29.08.2013 - 2 Ca 404/13 - teil­wei­se ab­geändert und wie folgt for­mu­liert:

Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die Kündi­gung vom 01.02.2013 we­der mit so­for­ti­ger Wir­kung noch zum 31.03.2013 be­en­det wor­den ist.

 

- 2 -

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 2.176,00 EUR brut­to abzüglich am 22.04.2013 ge­zahl­ter 1.030,00 EUR net­to zuzüglich 5 % Punk­te Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz aus dem Dif­fe­renz­be­trag seit dem 01.02.2013 zu zah­len.

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 1.196,80 EUR brut­to zuzüglich 5 % Punk­te Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.03.2013 zu zah­len.

Die Wi­der­kla­ge wird ab­ge­wie­sen.

2) Die Kos­ten des Rechts­streits trägt die Be­klag­te.

3) Die Re­vi­si­on wird für die Be­klag­te zu­ge­las­sen.

 

T A T B E S T A N D:

Die Par­tei­en strei­ten in der Be­ru­fungs­in­stanz nur noch über die Fra­ge, ob ei­ne von der Be­klag­ten aus­ge­spro­che­ne or­dent­li­che Kündi­gung rechts­wirk­sam ge­wor­den ist.

Der am 10.02.1981 ge­bo­re­ne Kläger ist auf der Grund­la­ge ei­nes Ar­beits­ver­trags vom 03.04.2009 seit dem 14.04.2009 als Lüftungs­mon­teur bei der Be­klag­ten beschäftigt. Im Ar­beits­ver­trag vom 03.04.2009 heißt es u.a. wie folgt:

"§ 1 Be­ginn des Ar­beits­verhält­nis­ses/Tätig­keit

Der Ar­beit­neh­mer wird mit Wir­kung vom 14. April 2009 als Lüftungs­mon­teu­r­hel­fer ein­ge­stellt.

§ 2 Pro­be­zeit/Kündi­gungs­fris­ten

Die ers­ten 4 Wo­chen/Mo­na­te des Ar­beits­verhält­nis­ses gel­ten als Pro­be­zeit. Bis zum Ab­lauf der Pro­be­zeit ist das Ar­beits­verhält­nis be­fris­tet.

Während der Pro­be­zeit kann das Ar­beits­verhält­nis je­der­zeit un­ter Ein­hal­tung ei­ner Frist von 14 Ta­gen/Wo­chen gekündigt wer­den.

Nach Ab­lauf der Pro­be­zeit und Über­nah­me in ein fes­tes Beschäfti­gungs­verhält­nis beträgt die Kündi­gungs­frist 4 Wo­chen/Mo­na­te zum Mo­nats­en­de. Verlängert sich die Kündi­gungs­frist für den Ar­beit­ge­ber aus ta­rif­li­chen oder ge­setz­li­chen Gründen, gilt die­se Verlänge­rung auch für den

 

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Ar­beit­neh­mer.

Ei­ne Kündi­gung des Ar­beits­ver­tra­ges vor Dienst­an­tritt ist aus­ge­schlos­sen.

Das An­stel­lungs­verhält­nis en­det mit Ab­lauf des Mo­nats, in dem der Ar­beit­neh­mer das 67 Le­bens­jahr voll­endet, oh­ne das es ei­ner Kündi­gung be­darf ... "

Die Brut­to­mo­nats­vergütung des Klägers beträgt der­zeit 2.176,00 EUR. Das Kündi­gungs­schutz­ge­setz fin­det auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en kei­ne An­wen­dung, da die Be­klag­te we­ni­ger als 10 Ar­beit­neh­mer beschäftigt.

Nach­dem es zwi­schen den Par­tei­en zu Strei­tig­kei­ten über ver­schie­de­ne, von der Be­klag­ten be­haup­te­te Pflicht­ver­let­zun­gen des Klägers ge­kom­men war, kündig­te die Be­klag­te das mit dem Kläger be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 01.02.2013 (Bl. 10 d.A.). In dem Kündi­gungs­schrei­ben heißt es u.a. wie folgt:

"ich se­he mich lei­der ge­zwun­gen, das mit Ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich frist­los aus wich­ti­gen Gründen zu kündi­gen. Die Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­folgt auf­grund fol­gen­der Tat­bestände

...

Für den Fall, dass die außer­or­dent­li­che Kündi­gung un­wirk­sam ist, kündi­ge ich hilfs­wei­se vor­sorg­lich das mit Ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis or­dent­lich zum nächstmögli­chen Ter­min auf."

Mit sei­ner am 15.02.2013 beim Ar­beits­ge­richt We­sel anhängig ge­mach­ten Kla­ge hat der Kläger die Rechts­un­wirk­sam­keit der aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung gel­tend ge­macht und u.a. die Zah­lung rückständi­ger Vergütung für Ja­nu­ar und Fe­bru­ar 2013 gel­tend ge­macht.

Zur hilfs­wei­sen aus­ge­spro­che­nen or­dent­li­chen Kündi­gung hat er die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass sie zu un­be­stimmt und da­mit rechts­un­wirk­sam wäre.

 

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Der Kläger hat be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis gemäß Kündi­gung vom 01.02.2013, ihm zu­ge­gan­gen am 02.02.2013, nicht be­en­det wur­de;

2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn EUR 2.176,76 brut­to abzüglich am 22.04.2013 ge­zahl­ter EUR 1.030,00 net­to zuzüglich 5 %-Punk­te Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz aus dem Dif­fe­renz­be­trag seit dem 01.02.2013 zu zah­len;

3. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn EUR 1.196,80 brut­to zuzüglich 5 %-Punk­te Zin­sen über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.03.2013 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen und wi­der­kla­gend,

den Kläger zu ver­ur­tei­len, an sie EUR 6.706,79 zu zah­len und zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 04.04.2013.

Der Kläger hat be­an­tragt,

die Wi­der­kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat ih­re Kündi­gung für wirk­sam er­ach­tet und zur or­dent­li­chen Kündi­gung ge­meint, dass sie, da das Kündi­gungs­schutz­ge­setz nicht an­wend­bar sei, kei­ner so­zia­len Recht­fer­ti­gung bedürfe. Die Be­klag­te hat wei­ter die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass die Kündi­gungs­frist be­stimm­bar wäre, so­dass auch von da­her kei­ne zur Rechts­un­wirk­sam­keit führen­den Rechts­feh­ler er­kenn­bar sei­en.

Mit Ur­teil vom 29.08.2013 hat die 2. Kam­mer des Ar­beits­ge­richts We­sel - 2 Ca 404/13 - die außer­or­dent­li­che Kündi­gung für rechts­un­wirk­sam und die or­dent­li­che Kündi­gung für wirk­sam erklärt, die Be­klag­te zur Zah­lung rest­li­cher Vergütung ver­ur­teilt und die Wi­der­kla­ge ab­ge­wie­sen. In den Ent­schei­dungs­gründen, auf die im Übri­gen Be­zug ge­nom­men wird, hat das Ar­beits­ge­richt, so­weit für den vor­lie­gen­den Rechts­streit noch von Be­deu­tung, aus­geführt, die For­mu­lie-

 

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rung im Kündi­gungs­schrei­ben vom 01.02.2013, wo­nach das Ar­beits­verhält­nis "zum nächstmögli­chen Ter­min gekündigt wer­de", las­se hin­rei­chend be­stimm­bar er­ken­nen, wel­che Kündi­gungs­frist gel­ten soll­te. Man­gels An­wend­bar­keit ei­nes Ta­rif­ver­trags sei auch dem Kläger klar ge­we­sen, dass dann nur die ge­setz­li­chen Kündi­gungs­fris­ten gel­ten soll­ten.

Der Kläger hat ge­gen das ihm am 10.10.2013 zu­ge­stell­te Ur­teil mit ei­nem am 08.11.2013 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit ei­nem am 22.11.2013 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

Er wie­der­holt im We­sent­li­chen sei­nen Sach­vor­trag aus dem ers­ten Rechts­zug und meint auch wei­ter­hin, dass die For­mu­lie­rung im Kündi­gungs­schrei­ben "zum nächstmögli­chen Zeit­punkt" zu un­be­stimmt ge­we­sen sei. Es er­sch­ließe sich ge­ra­de nicht zwin­gend, dass, wenn im Ar­beits­ver­trag so­wohl die Kündi­gung nach Ge­setz als auch nach Ta­rif­ver­trag er­fol­gen könne und die Ar­beit­ge­be­rin die Kündi­gungs­erklärung zum nächstmögli­chen Ter­min aus­spre­che, oh­ne ein kon­kre­tes Da­tum zu nen­nen, dass dann der von der Kündi­gung be­trof­fe­ne Ar­beit­neh­mer von der An­wen­dung der ge­setz­li­chen Kündi­gungs­frist aus­zu­ge­hen ha­be. Ob der Ta­rif­ver­trag zur An­wen­dung kom­me oder nicht, sei dem Ar­beit­neh­mer re­gelmäßig nicht be­kannt und im Er­geb­nis auch nicht oh­ne Wei­te­res für ihn er­kenn­bar. Wenn aber nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts schon die Be­stimmt­heit der Kündi­gung feh­len sol­le, wenn der Kündi­gungs­zeit­punkt in der Kündi­gungs­erklärung nach ver­schie­de­nen Vor­schrif­ten er­fol­gen könne und der Ar­beit­ge­ber sich nicht kon­kret erkläre, wo­nach er kündi­gen wol­le, dann müsse kon­se­quen­ter­wei­se erst recht die feh­len­de vollständi­ge An­ga­be ei­nes kon­kre­ten Kündi­gungs­ter­mins der Kündi­gung die Be­stimmt­heit neh­men.

Der Kläger be­an­tragt,

in Abände­rung des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts We­sel vom 29.08.2013 wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch die ar­beit­ge­ber­sei­ti­ge or­dent­li­che Kündi­gung vom 01.02.2013 be­en­det wur­de.

 

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Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­digt das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil und wie­der­holt eben­falls ih­ren Sach­vor­trag aus dem ers­ten Rechts­zug. Sie meint, dass die For­mu­lie­rung "zum nächstmögli­chen Ter­min" aus­rei­chend er­kenn­bar und be­stimm­bar zei­ge, wann das Ar­beits­verhält­nis letzt­lich en­den soll­te. Da die An­wen­dung ei­nes Ta­rif­ver­tra­ges nicht in Fra­ge kom­me, ver­blei­be es bei der ge­setz­li­chen Kündi­gungs­frist in § 622 BGB. Dies sei auch für den Kläger zu er­ken­nen ge­we­sen.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Sach- und Streit­stan­des wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der zu den Ak­ten ge­reich­ten Ur­kun­den und der zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze ver­wie­sen.

 

E N T S C H E I D U N G S G R Ü N D E :

I.

Die Be­ru­fung ist zulässig.

Sie ist nämlich an sich statt­haft (§ 64 Abs. 1 ArbGG), nach dem Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des zulässig (§ 64 Abs. 2 Zif­fer b ArbGG) so­wie form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§§ 66 Abs. 1 Satz 1 ArbGG, 519, 520 ZPO).

II.

Auch in der Sa­che selbst war das Rechts­mit­tel er­folg­reich.

Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en ist durch die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 01.02.2013 nicht nach Ab­lauf ei­ner Kündi­gungs­frist be­en­det wor­den, weil die Kündi­gungs­erklärung im Schrei­ben vom 01.02.2013 nicht aus­rei­chend be-

 

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stimmt ist und nicht er­ken­nen lässt, zu wel­chem Ter­min das Ar­beits­verhält­nis letzt­lich be­en­det wer­den soll­te.

1. Aus der Kündi­gungs­erklärung vom 01.02.2013 er­gibt sich ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten nicht, dass da­mit das Ar­beits­verhält­nis zum 31.03.2013 en­den soll­te.

Bei der Aus­le­gung ei­ner Kündi­gung ist nicht al­lein auf ih­ren Wort­laut ab­zu­stel­len. Zu würdi­gen sind auch al­le Be­gleit­umstände, die dem Erklärungs­empfänger be­kannt wa­ren und die für die Fra­ge er­heb­lich sein können, wel­chen Wil­len der Erklären­de bei Ab­ga­be der Erklärung hat­te. Der Erklärungs­empfänger muss aus dem Wort­laut und den Be­gleit­umständen der Kündi­gung u.a. er­ken­nen können, wann das Ar­beits­verhält­nis en­den soll. Bei Zu­gang der Kündi­gung muss für ihn be­stimm­bar sein, ob ei­ne or­dent­li­che oder außer­or­dent­li­che Kündi­gung ge­wollt ist und zu wel­chem Ter­min das Ar­beits­verhält­nis en­den soll (BAG 20.06.2013 - 6 AZR 805/11 - DB 2013, 2093; BAG 15.12.2005 - 2 AZR 148/05 - BA­GE 116, 336).

Dafür genügt im Fall ei­ner or­dent­li­chen Kündi­gung re­gelmäßig die An­ga­be des Kündi­gungs­ter­mins oder der Kündi­gungs­frist. Ein Hin­weis auf die maßgeb­li­chen ge­setz­li­chen oder ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen reicht aus, wenn der Erklärungs­empfänger da­durch un­schwer er­mit­teln kann, zu wel­chem Ter­min das Ar­beits­verhält­nis en­den soll. In die­sem Sin­ne ist auch ei­ne Kündi­gung zum nächst­zulässi­gen Ter­min möglich, wenn dem Erklärungs­empfänger die Dau­er der Kündi­gungs­frist be­kannt oder für ihn be­stimm­bar ist. Ei­ne Kündi­gung ist al­ler­dings nicht aus­le­gungsfähig und da­mit nicht hin­rei­chend be­stimmt, wenn in der Erklärung meh­re­re Ter­mi­ne für die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­nannt wer­den und für den Erklärungs­empfänger nicht er­kenn­bar ist, wel­cher Ter­min gel­ten soll (BAG 20.06.2013, a.a.O.; BAG 15.12.2005 a.a.O.; BAG 21.10.1981 - 7 AZR 407/79 - ju­ris).

 

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2. Ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts und der Be­klag­ten er­weist sich da­mit die Kündi­gungs­erklärung im Schrei­ben vom 01.02.2013 als nicht aus­rei­chend be­stimmt bzw. nicht aus­rei­chend be­stimm­bar.

2.1 So­weit sich die Be­klag­te im Kündi­gungs­schrei­ben mit der For­mu­lie­rung "zum nächstmögli­chen Ter­min" be­gnügt hat, reicht dies vor­lie­gend nicht aus, um ei­ne Be­stimm­bar­keit im Sin­ne der oben dar­ge­stell­ten Recht­spre­chung an­zu­neh­men. An­ders als in dem vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schie­de­nen Fall (BAG 20.06.2013, a.a.O.) enthält das Kündi­gungs­schrei­ben kei­ne wei­te­ren Fak­ten oder Be­gleit­umstände, aus de­nen sich die Kündi­gungs­frist er­mit­teln ließe. Es wird ge­ra­de nicht kon­kret auf et­wa § 622 BGB ver­wie­sen oder - wie im BAG-Fall - auf Son­der­re­ge­lun­gen in § 113 In­sO. Das Kündi­gungs­schrei­ben der Be­klag­ten enthält viel­mehr (nur) den Be­griff des "nächstmögli­chen Ter­mins", so­dass sich we­der aus dem Wort­laut noch aus wei­te­ren Be­gleit­umständen die von der Be­klag­ten ge­woll­te Kündi­gungs­frist er­mit­teln lässt.

2.2 Nach Auf­fas­sung der er­ken­nen­den Be­ru­fungs­kam­mer kann sich die Be­klag­te auch nicht auf die An­ga­ben im Ar­beits­ver­trag vom 03.04.2009 be­ru­fen, weil auch die­se im Er­geb­nis mehr­deu­tig sind und ei­ne si­che­re Aus­sa­ge über die in Fra­ge kom­men­de Kündi­gungs­frist nicht ent­hal­ten.

2.2.1 Die Be­klag­te ver­weist al­ler­dings zu Recht dar­auf, dass der Hin­weis auf die "verlänger­ten ge­setz­li­chen Kündi­gungs­fris­ten" in § 2 Abs. 2 Satz 2 des Ar­beits­ver­trags der Par­tei­en auf die Kündi­gungs­re­ge­lun­gen in § 622 BGB ver­wei­sen dürf­ten. Da­bei lässt es die er­ken­nen­de Kam­mer aus­drück­lich of­fen, ob der al­lei­ni­ge Hin­weis auf "ge­setz­li­che Gründe" wie sie sich im Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en wie­der fin­den, aus­rei­chend ist, um als "be­stimm­bar" an­er­kannt zu wer­den. Im­mer­hin wird von den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mern dann ja er­war­tet, dass sie nicht nur das Bürger­li­che Ge­setz­buch ken­nen, son­dern auch die dort ent­hal­te­ne Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung in § 622 BGB.

 

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2.2.2 Ent­schei­dend ist aber, dass das von der Be­klag­ten gewähl­te Sys­tem der Kündi­gungs­fris­ten­re­ge­lung in § 2 des Ar­beits­ver­trags ei­ne Be­stim­mung der ein­schlägi­gen Kündi­gungs­frist letzt­lich nicht zulässt.

In § 2 des Ar­beits­ver­tra­ges fin­det sich zunächst ei­ne Re­ge­lung der Kündi­gungs­frist in der Pro­be­zeit und dann in § 2 Abs. 2 Satz 1 ei­ne kon­kre­te Re­ge­lung der Kündi­gungs­frist nach Ab­lauf der Pro­be­zeit. Da­nach ver­weist der Ar­beits­ver­trag, wie be­reits mehr­fach aus­geführt, dar­auf, dass sich dann, wenn die Kündi­gungs­fris­ten aus ge­setz­li­chen oder ta­rif­li­chen Gründen länger sein soll­ten, die­se länge­ren Kündi­gungs­fris­ten auch für die Ar­beit­neh­mer gel­ten. Aus Sicht des be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mers be­deu­tet dies, dass ab ir­gend­ei­nem Zeit­punkt, der we­der im Ar­beits­ver­trag noch im Kündi­gungs­schrei­ben for­mu­liert ist, ei­ne länge­re Kündi­gungs­frist gel­ten soll, die sich dann ent­we­der aus ei­nem Ta­rif­ver­trag oder dem Ge­setz er­ge­ben könn­te.

2.2.3 Ge­nau die­se Si­tua­ti­on führt dann aber da­zu, dass die her­an­zu­zie­hen­de Kündi­gungs­frist letzt­lich nicht be­stimm­bar ist. Im Ge­gen­satz zur Rechts­auf­fas­sung der Be­klag­ten ist nämlich da­von aus­zu­ge­hen, dass auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en mögli­cher­wei­se doch der für all­ge­mein ver­bind­lich erklärte Bun­des­rah­men­ta­rif­ver­trag für das Bau­ge­wer­be in der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land An­wen­dung fin­det. Nach § 1 des Bun­des­rah­men­ta­rif­ver­tra­ges (BRTV-Bau) fal­len un­ter den be­trieb­li­chen Gel­tungs­be­reich auch sol­che Be­trie­be, die "sons­ti­ge bau­li­che Leis­tun­gen" er­brin­gen. Bei der Be­klag­ten han­delt es sich - un­strei­tig - um ein Un­ter­neh­men, das sich mit Lüftungs­bau, Kli­ma­tech­nik, Kälte­an­la­gen, Brand­schutz und As­best­sa­nie­rung be­fasst, so­dass die An­wend­bar­keit des BRTV-Bau auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en zu­min­dest möglich er­scheint. Kommt aber ei­ne sol­che Möglich­keit in Be­tracht - wo­bei ei­ne Klärung ge­ge­be­nen­falls auch erst nach dif­fe­ren­zier­ter recht­li­cher Prüfung möglich ist - dann ist für den Kläger eben nicht be­stimm­bar, ob das Ge­setz oder der Ta­rif­ver­trag zur An­wen­dung kom­men soll und wel­che Kündi­gungs­frist dann bei sei­ner Kündi­gung her­an­zu­zie­hen ist. Dass je nach Länge der Be­triebs­zu­gehörig­keit die Kündi­gungs­fris­ten aus dem Ta­rif­ver­trag und § 622 BGB teil­wei­se iden-

 

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tisch sein könn­ten, spielt dann kei­ne Rol­le, weil die Be­ur­tei­lung der Be­stimmt­heit oder der Be­stimm­bar­keit nicht von der­ar­ti­gen Zufällig­kei­ten abhängig ge­macht wer­den kann.

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die er­ken­nen­de Kam­mer hat die Re­vi­si­on für die Be­klag­te zu­ge­las­sen, weil sie das Vor­lie­gen ei­ner ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­ge von grundsätz­li­cher Be­deu­tung be­jaht hat, § 72 Abs. 2 Zif­fer 1 ArbGG.

 

R E C H T S M I T T E L B E L E HR R U N G:

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der be­klag­ten Par­tei

R E V I S I O N

ein­ge­legt wer­den.

Für den Kläger ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat nach der Zu­stel­lung die­ses Ur­teils schrift­lich oder in elek­tro­ni­scher Form beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt,
Hu­go-Preuß-Platz 1,
99084 Er­furt,
Fax: (0361) 2636 - 2000

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

 

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1. Rechts­anwälte,

2. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,

3. Ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Num­mer 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt, und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In den Fällen der Zif­fern 2 und 3 müssen die Per­so­nen, die die Re­vi­si­ons­schrift un­ter­zeich­nen, die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Ei­ne Par­tei, die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten.

Bezüglich der Möglich­keit elek­tro­ni­scher Ein­le­gung der Re­vi­si­on wird auf die Ver­ord­nung über den elek­tro­ni­schen Rechts­ver­kehr beim Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 09.03.2006 (BGBl. I Sei­te 519) ver­wie­sen.

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

Gött­ling 

Beh­rend

Ha­sen­pflug

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