HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 04.12.2008, 20 Sa 638/08

   
Schlagworte: AGB-Kontrolle, Gleichstellungsabrede
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 20 Sa 638/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.12.2008
   
Leitsätze:

1. Ein arbeitsvertragliche kleine dynamische Verweisungsklausel ist nicht als bloße Gleichstellungsklausel auszulegen, wenn der Gleichstellungszweck im Wortlaut der Klausel keinen Niederschlag gefunden hat (wie BAG 23.1.2008 - 4 AZR 602/06 - juris; 18.04.2007 - 4 AZR 652/05 - EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 35; 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32).

2. Vertrauensschutz für vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossene Verträge ist zeitlich nicht unbegrenzt zu gewähren, weil dies einen Wertungswiderspruch zu Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB bedeutete, der eine gesetzliche Vertrauensschutzregelung für Dauerschuldverhältnisse darstellt, die vor dem Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts vom 26. November 2001 abgeschlossen wurden (entgegen BAG, 14.12.2005 - 4 AZR 536/04 - EzA § 3 TVG Bezugnahme auf Tarifvertrag Nr. 32). Jedenfalls mit Verstreichen eines Jahres seit Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2005 entfällt nach dem Rechtsgedanken des Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB der Vertrauensschutz für die Auslegung von kleinen dynamischen Verweisungsklauseln als Gleichstellungsabreden in Altverträgen.

3. Die Gewährung von Vertrauensschutz für die Auslegung von kleinen dynamischen Verweisungsklauseln als Gleichstellungsabrede in Altverträgen zugunsten des nicht tarifgebundenen Betriebserwerbers scheidet grundsätzlich aus, wenn das oder die dem Betriebsübergang zugrunde liegenden Rechtsgeschäfte erst nach Ankündigung der Rechtsprechungsänderung in der Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts vom 14.12.2005 vorgenommen wurden. Nicht der Altvertrag als solcher genießt Vertrauensschutz, so dass in ihn nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB eingetreten werden könnte, sondern derjenige, der im Vertrauen auf eine gefestigte Rechtsprechung vor deren Änderung disponiert hat (anders im Ergebnis BAG 23.1.2008 - 4 AZR 602/06 - juris).

4. Nimmt der tarifgebundene Betriebsveräußerer in allen von ihm standardmäßig verwendeten Arbeitsverträgen auf den Tarifvertrag Bezug, der für ihn räumlich einschlägig ist, beschäftigt er aber einen Großteil seiner Arbeitnehmer in seinen außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Tarifvertrag liegenden Betrieben, scheidet die Auslegung der Bezugnahmeklausel als Gleichstellungsklause auch dann aus, wenn man aus Gründen des Vertrauensschutzes die gefestigte frühere Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts zur Auslegung vertraglicher Bezugnahmeklauseln anwendete. Bei der Inbezugnahme solcher Tarifverträge, die für einen großen Teil der Arbeitnehmer auch bei deren Gewerkschaftszugehörigkeit nicht normativ gälten, ist die Prämisse der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts, der Arbeitgeber wolle mit der Bezugnahmeklausel lediglich die u. U. fehlende Gewerkschaftszugehörigkeit ersetzen, die er nicht erfragen dürfe, nicht erfüllt.

5. Soweit das Bundesarbeitsgericht in der Entscheidung vom 21.08.2002 (4 AZR 263/01 - AP Nr. 21 zu § 157) in einem Fall, in dem nur ein geringer Teil der Arbeitnehmer außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des in Bezug genommenen Tarifvertrags beschäftigt war, anders entschieden hat, begründet diese Entscheidung als Einzelfall jedenfalls keinen Vertrauensschutz (ebenso LAG Düsseldorf, 28.03.2008 - 9 Sa 2103/07 - juris).

6. Es kommt für die Frage der Auslegung in diesem Fall nicht darauf an, ob derjenige Arbeitnehmer, der klageweise die Tariflohnerhöhung aufgrund einer dynamischen Verweisungsklausel geltend macht, seinerseits zu der Gruppe der außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs des Tarifvertrags tätigen Arbeitnehmer gehört und ob ihm erkennbar war, dass der tarifgebundene Arbeitgeber auch außerhalb des räumlichen Geltungsbereichs dieses Tarifvertrags beschäftigten Arbeitnehmer standardmäßig in den Arbeitsverträgen auf den Tarifvertrag Bezug genommen hat. Entscheidend war nach der früheren Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts nämlich gerade nicht, was dem Arbeitnehmer als Vertragspartner erkennbar war, sondern welchen Zwick der Arbeitgeber typischerweise tatsächlich verfolgt, wenn sich aus den konkreten Umständen nicht anderes ergibt.

7. Das Vorliegen auch der Voraussetzungen des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB steht der Anwendung des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB nicht entgegen (ebenso LAG Schleswig-Holstein, 17.07.2008 - 3 Sa 159/08 - juris).

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Offenbach, Urteil vom 04.03.2008,6 Ca 778/07
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hes­sen

Urt. v. 04.12.2008, Az.: 20 Sa 638/08

 

Te­nor:

Auf die Be­ru­fung des Klägers wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Of­fen­bach vom 04. März 2008 – 6 Ca 778/07 – ab­geändert:

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 1.265,55 EUR brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 400,00 EUR seit dem 01. Ju­ni 2007 und aus 865,55 EUR seit dem 01. Ok­to­ber 2007 zu zah­len.

Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Be­klag­te zu tra­gen. Die Re­vi­si­on wird für die Be­klag­te zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob die Be­klag­te ver­pflich­tet ist, ei­ne Ta­rif­loh­nerhöhung an den Kläger
wei­ter zu ge­ben.

Die Be­klag­te ist ein Un­ter­neh­men der Me­tall­in­dus­trie in der Rechts­form der GmbH. Der am XX.XX.19XX ge­bo­re­ne Kläger war auf­grund schrift­li­chen Ar­beits­ver­trags vom 13. Sep­tem­ber 1979 (Bl. 31, 32 d.A.) zunächst seit dem 1. Ok­to­ber 1979 als Kun­den­dienst­tech­ni­ker bei der A GmbH mit Sitz in B beschäftigt. Er war und ist Mit­glied der IG Me­tall. Die A GmbH war be­reits zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses Mit­glied im Ar­beit­ge­ber­ver­band der hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie (künf­tig: Ar­beit­ge­ber­ver­band).

- 3 -

Ziff. 2 des Ar­beits­ver­trags vom 13. Sep­tem­ber 1979 lau­tet aus­zugs­wei­se:

„Als Vergütung für Ih­re Tätig­keit, die nach Ta­rif­grup­pe T 4/28 be­wer­tet wird, zah­len wir Ih­nen ein mo­nat­li­ches Brut­to­ge­halt von DM 2.530, das sich gem. dem der­zeit gülti­gen Man­tel­ta­rif­ver­trag der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie wie folgt zu­sam­men­setzt: (...) zahl­bar je­weils am En­de ei­nes Mo­nats. (...)

Ziff. 7 des Ar­beits­ver­trags lau­tet:

„Al­le wei­te­ren das Ar­beits­verhält­nis be­tref­fen­den Punk­te rich­ten sich nach den je­weils gülti­gen Be­stim­mun­gen des Ta­rif­ver­trags der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie und der Ar­beits­ord­nung.“

Die A GmbH ver­wies in sämt­li­chen von ihr stan­dardmäßig ver­wen­de­ten Ar­beits­verträgen auf die je­weils gülti­gen Be­stim­mun­gen der Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie und zwar un­abhängig da­von, ob die Mit­ar­bei­ter in Hes­sen oder in an­de­ren Tei­len Deutsch­lands beschäftigt wa­ren. Grund hierfür war, dass sie für al­le von ihr im ge­sam­ten Bun­des­ge­biet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer ein­heit­li­che Ar­beits­be­din­gun­gen er­rei­chen woll­te. Da­bei wa­ren mehr Ar­beit­neh­mer der A GmbH außer­halb Hes­sens als in Hes­sen beschäftigt. 1985 fir­mier­te die A GmbH in A Re­gel­sys­te­me GmbH um, wo­bei ih­re Mit­glied­schaft im Ar­beit­ge­ber­ver­band fort­be­stand. 1992 wur­de die A Re­gel­sys­te­me GmbH auf die A AG ver­schmol­zen, die zu die­sem Zeit­punkt eben­falls Mit­glied im Ar­beit­ge­ber­ver­band war und die dann im Jahr 2002 in die A GmbH um­ge­wan­delt wur­de, die bis heu­te Ver­bands­mit­glied ist. Am 29. März 2007 schlos­sen die A GmbH und die A Fa­ci­li­ty Ma­nage­ment GmbH ei­nen Be­triebs­pacht­ver­trag mit Wir­kung zum 1. April 2007 be­tref­fend den Be­reich A Buil­ding So­lu­ti­ons der A GmbH, in dem der Kläger beschäftigt war. Be­tref­fend die­sen Be­reich un­ter­hielt die A GmbH bun­des­weit ca. acht Be­trie­be, wo­bei auch in die­sem Be­reich mehr Ar­beit­neh­mer außer­halb als in­ner­halb Hes­sens beschäftigt wa­ren und sind. Der Be­triebs­pacht­ver­trag be­zieht sich auf al­le Be­trie­be des Be­reichs A Buil­ding So­lu­ti­ons. Die Par­tei­en ge­hen in­so­weit übe­rein­stim­mend von ei­nem Be­triebsüber­gang aus. Der Kläger stimm­te dem Über­gang sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses auf die A Fa­ci­li­ty Ma­nage­ment GmbH mit E-Mail vom 31. Mai 2007 zu (Bl. 33 d.A.). Die A Fa­ci­li­ty Ma­nage­ment GmbH fir­mier­te im Ju­ni 2007 in die Be­klag­te um. Das Vermögen, das dem zunächst ver­pach­te­ten Be­triebs­teil zu­zu­ord­nen ist, ging durch no­ta­ri­el­len Aus­glie­de­rungs- und Über­nah­me­ver­trags vom 03. Ju­li 2007 als Ge­samt­heit im We­ge der Um­wand­lung auf die Be­klag­te über. Die Be­klag­te ist nicht Mit­glied im Ar­beit­ge­ber­ver­band. Die A Fa­ci­li­ty Ma­nage­ment GmbH gab in der Ver­gan­gen­heit min­des­tens drei Mal in Fol­ge Ta­rif­loh­nerhöhun­gen für den Be­reich der Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie Hes­sen an ih­re Mit­ar­bei­ter wei­ter. Da­bei se­hen die Ar­beits­verträge der Mit­ar­bei­ter Klau­seln vor, de­nen zu­fol­ge für das Ar­beits­verhält­nis „(...) in An­leh­nung der Ta­rif­ver­trag der IGM (...)“ gilt. Die Be­klag­te vergütet den Kläger nach der Ge­halts­grup­pe T 6 des zum 31. März 2007 gülti­gen Ta­rif­ver­trags, wen­det al­so den un­ter dem 07. Mai 2007 ab­ge­schlos­sen Ent­gelt­ta­rif­ver­trag für die Hes­si­sche Me­tall­in­dus­trie nicht an und zahl­te die dort ver­ein­bar­ten Vergütungs­erhöhun­gen – ei­ne pau­scha­le Ein­mal­zah­lung i.H.v. 400 EUR für die Mo­na­te April und Mai 2007 so­wie ei­ne Ge­halts­erhöhung von 4,1 % ab Ju­ni 2007 - nicht an den Kläger aus. So­weit sich die Ta­rif­loh­nerhöhung – wie von den Par­tei­en in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung un­strei­tig ge­stellt - in Höhe von 86,15 EUR auf das ta­rif­li­che Ur­laubs­geld aus­wirk­te, zahl­te die Be­klag­te die­ses eben­falls nicht aus. Der Kläger mach­te die ta­rif­li­che Ge­halts­erhöhung der Be­klag­ten ge­genüber schrift­lich gel­tend. Die­se lehn­te die Zah­lung mit Schrei­ben vom 09. Ju­li 2007 ab.

Der Kläger hat mit am 09. Ok­to­ber 2007 bei Ge­richt ein­ge­gan­ge­ner, der Be­klag­ten am 22. Ok­to­ber 2007 zu­ge­stell­ter Kla­ge be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 1.265, 55 EUR brut­to zu zah­len.

Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, ihm ste­he ge­gen die Be­klag­te ein An­spruch auf Vergütung nach dem ak­tu­el­len Ent­gelt­ta­rif­ver­trag für die Hes­si­sche Me­tall­in­dus­trie zu, nämlich die ta­rif­li­che Ein­mal­zah­lung von 400 EUR brut­to für April und Mai 2007, ei­ne ta­rif­li­che Ge­halts­erhöhung von je­weils 194, 85 EUR brut­to für die Mo­na­te Ju­ni, Ju­li, Au­gust und Sep­tem­ber 2007 so­wie ei­ne Dif­fe­renz zum aus­ge­zahl­ten ta­rif­li­chen Ur­laubs­geld in Höhe von 86,15 EUR brut­to. Er ist der An­sicht

- 4 -

ge­we­sen, die­ser An­spruch er­ge­be sich aus sei­nem Ar­beits­ver­trag i.V.m. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB . Der Be­klag­ten sei kein Ver­trau­ens­schutz in die Aus­le­gung der ar­beits­ver­trag­li­chen Be­zug­nah­me­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de ent­spre­chend der frühe­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zu gewähren, weil ein sol­cher nur in eng be­grenz­ten Fällen be­rech­tigt sei, die dies­bezügli­chen Vor­aus­set­zun­gen nicht vorlägen und ei­ner Gewährung des­halb ver­fas­sungs­recht­li­che Be­den­ken be­geg­ne­ten.

Der Kläger hat be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 1.265, 55 EUR brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 400,00 EUR seit dem 01. Ju­ni 2007 und aus 865, 55 EUR seit dem 01. Ok­to­ber 2007 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dem Kläger ste­he kein An­spruch auf die am 07. Mai 2007 von den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en für die Hes­si­sche Me­tall­in­dus­trie ver­ein­bar­te Vergütungs­erhöhung zu, weil die ar­beits­ver­trag­li­che Be­zug­nah­me­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de aus­zu­le­gen sei. So­weit das Bun­des­ar­beits­ge­richt sei­ne Recht­spre­chung zur Aus­le­gung von Be­zug­nah­me­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­den bei der Ver­wen­dung durch ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­ge­ber geändert ha­be, sei für Alt­verträge, nämlich vor In­kraft­tre­ten der Schuld­rechts­re­form zum 01. Ja­nu­ar 2002 ab­ge­schlos­se­ne Ar­beits­verträge, wie den des Klägers ent­spre­chend der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 18. April 2007 (- 4 AZR 652/05 - EzA § 3 TVG Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 35) Ver­trau­ens­schutz zu gewähren. Dies führe da­zu, dass die Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie auf den Kläger le­dig­lich sta­tisch An­wen­dung fänden, al­so in der Fas­sung, die zur Zeit des Be­triebsüber­gangs am 01. April 2007 gültig ge­we­sen sei. Ei­nem An­spruch des Klägers aus be­trieb­li­cher Übung ste­he ent­ge­gen, dass den Ar­beit­neh­mern, de­nen die Be­klag­te in der Ver­gan­gen­heit Ta­rif­loh­nerhöhun­gen gewährt ha­be, je­weils ein ent­spre­chen­der An­spruch auf­grund ein­zel­ver­trag­li­cher Be­zug­nah­me­klau­sel zu­ge­stan­den ha­be.

Das Ar­beits­ge­richt Of­fen­bach hat mit sei­nem am 04. März 2007 verkünde­ten Ur­teil – 6 Ca 778/07 - (Bl. 57. – 63 d.A.) die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, dem Kläger ste­he ein An­spruch auf die nach dem 01. April 2007 ver­ein­bar­te Ta­rif­loh­nerhöhung nicht zu, weil es sich bei Ziff. 7 des Ar­beits­ver­trags um ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel auf die Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie han­de­le, die ent­spre­chend der frühe­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts als Gleich­stel­lungs­klau­sel aus­zu­le­gen sei. Der vor dem 1. Ja­nu­ar 2002 und da­mit vor dem In­kraft­tre­ten des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes ge­schlos­se­ne Ar­beits­ver­trag des Klägers ge­nieße in­so­weit Ver­trau­ens­schutz. Die Vor­aus­set­zun­gen der be­trieb­li­chen Übung lägen nicht vor.

Zu dem In­halt des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und der ge­nann­ten Schriftstücke im Übri­gen und im Ein­zel­nen wird auf die an­ge­ge­be­nen Blätter der Ak­te Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen das ihm am 02. April 2008 zu­ge­stell­te Ur­teil hat der Kläger am 22. April 2008 Be­ru­fung
ein­ge­legt und die­se mit am 14. Mai 2008 ein­ge­gan­ge­ner Be­ru­fungs­be­gründungs­schrift be­gründet.

Der Kläger rügt un­ter Be­zug­nah­me auf ei­ne Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf (Urt. v. 28.3.2008 – 9 Sa 2016/06 – Bl. 76 – 82 d.A.), das Ar­beits­ge­richt ha­be die Be­zug­nah­me­klau­sel in dem Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en zu Un­recht als Gleich­stel­lungs­ab­re­de aus­ge­legt. Es han­de­le sich nicht um ei­ne Fall­ge­stal­tung, die der ent­spre­che, in der das Bun­des­ar­beits­ge­richt in ständi­ger Recht­spre­chung die ar­beits­ver­trag­lich ver­ein­bar­te dy­na­mi­sche Be­zug­nah­me­klau­sel da­hin­ge­hend aus­ge­legt ha­be, dass le­dig­lich die Gleich­stel­lung ta­rif­ge­bun­de­ner mit nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mern be­zweckt ha­be wer­den sol­len. An­ders als in die­sen Fällen ha­be hier nämlich auch ei­ne Gleich­stel­lung der Ar­beit­neh­mer im räum­li­chen Gel­tungs­be­reich der

- 5 -

Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie mit de­nen außer­halb die­ses Gel­tungs­be­reichs er­reicht wer­den sol­len. In die­ser Kon­stel­la­ti­on ha­be das Bun­des­ar­beits­ge­richt je­doch nur in ei­ner ver­ein­zelt ge­blie­be­nen Ent­schei­dung ( 21.08.2002 - 4 AZR 263/01 – AP Nr. 21 zu § 157 BGB) ent­schie­den, dass ei­ne dy­na­mi­sche Be­zug­nah­me­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de aus­zu­le­gen sei und des­halb nach Be­en­di­gung der Ta­rif­bin­dung des Ar­beit­ge­bers die in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­verträge in der Fas­sung An­wen­dung fänden, die zur Zeit der Be­en­di­gung der Ta­rif­bin­dung gültig ge­we­sen sei. Für ei­ne sol­che ver­ein­zelt ge­blie­be­ne Ent­schei­dung sei Ver­trau­ens­schutz nicht zu gewähren. Hilfs­wei­se ver­tritt der Kläger die Auf­fas­sung, die Be­klag­te sei zur Gewährung der Ta­rif­loh­nerhöhung auch aus dem Rechts­in­sti­tut der be­trieb­li­chen Übung ver­pflich­tet.

Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Of­fen­bach vom 04. März 2008 – 6 Ca 778/07 - ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn 1265, 55 EUR brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 400 EUR seit dem 1. Ju­ni 2007 und aus 865,55 EUR seit dem 1. Ok­to­ber 2007 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tritt die Auf­fas­sung, die Be­ru­fung sei be­reits un­zulässig, weil die Be­ru­fungs­be­gründung nicht den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben ent­spre­che, son­dern sich nur pau­schal auf die Ur­teils­gründe ei­ner an­de­ren Ent­schei­dung be­zie­he. Sie hält die Be­ru­fung darüber hin­aus für un­be­gründet und ver­tei­digt in ih­rer Be­ru­fungs­er­wi­de­rung die an­ge­foch­te­ne Ent­schei­dung. In­so­fern ist sie der Mei­nung, die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 28. März 2008 (– 9 Sa 2016/06 – a.a.O.) sei nicht ein­schlägig, weil der Kläger – in­so­weit un­strei­tig – stets nur in Hes­sen beschäftigt war, ar­beits­ver­trag­lich al­so kein räum­lich nicht ein­schlägi­ger Ta­rif­ver­trag ver­ein­bart ge­we­sen sei. Für die­sen Fall bestäti­ge das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf aus­drück­lich die Aus­le­gung der Be­zug­nah­me­klau­sel in Alt­verträgen als Gleich­stel­lungs­ab­re­de. Im Übri­gen sei auch ei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Be­zug­nah­me­klau­sel, die auf ei­nen zwar nicht räum­lich, aber fach­lich ein­schlägi­gen Ta­rif­ver­trag ver­wei­se, als Gleich­stel­lungs­klau­sel aus­zu­le­gen. Außer­dem ver­tritt die Be­klag­te die An­sicht, die Vor­aus­set­zun­gen der be­trieb­li­chen Übung lägen nicht vor, weil sie we­gen der Ge­stal­tung ih­rer Ar­beits­verträge be­reits ar­beits­ver­trag­lich zur Wei­ter­ga­be der Ta­rif­loh­nerhöhung an ih­re Mit­ar­bei­ter ver­pflich­tet ge­we­sen sei.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Be­ru­fungs­vor­brin­gens wird auf den vor­ge­tra­ge­nen In­halt der Be­ru­fungs­schriftsätze und den In­halt der Sit­zungs­nie­der­schrift vom 04. De­zem­ber 2008 (Bl. 142 d.A.) ver­wie­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

I. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Of­fen­bach vom 04. März 2008 ist gem. §§ 8 Abs. 2 , 64 Abs. 1 und 2 lit. b ArbGG statt­haft, weil der Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des 600 Eu­ro über­steigt. Sie ist auch im Übri­gen zulässig, ins­be­son­de­re form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den, §§ 66 Abs. 1 , 64 Abs. 6 ArbGG , 519 , 520 Abs. 1 und 3 ZPO . Die Be­ru­fungs­be­gründung lässt un­zwei­fel­haft i.S.d. § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 – 4 ZPO er­ken­nen, in wel­chen Punk­ten und aus wel­chen Gründen recht­li­cher Art der Kläger das erst­in­stanz­li­che Ur­teil für un­zu­tref­fend hält. Der Kläger macht deut­lich, dass er die in dem von ihm dar­ge­stell­ten Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf vom 28. März 2008 (– 9 Sa 2016/06 – a.a.O) ver­tre­te­ne Rechts­auf­fas­sung teilt, den vor­lie­gen­den Fall als ver­gleich­bar an­sieht und das erst­in­stanz­li­che Ur­teil des recht­lich für un­zu­tref­fend hält, weil dort das Be­ste­hen von Ver­trau­ens­schutz an­ge­nom­men wird.

II. Die Be­ru­fung hat auch in der Sa­che Er­folg. Die Kla­ge ist zulässig und be­gründet. Dem Kläger steht der gel­tend ge­mach­te, der Höhe nach un­strei­ti­ge An­spruch auf die Dif­fe­renz zwi­schen

- 6 -

ge­zahl­ter Vergütung und dem ak­tu­el­len Ta­ri­fent­gelt ge­gen die Be­klag­te aus § 611 BGB i.V.m. Ziff. 2, 7 des Ar­beits­ver­trags i.V.m. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zu (1). Er hat den An­spruch in­ner­halb der Ver­fall­frist gem. § 27 des Man­tel­ta­rif­ver­trags für die Ar­bei­ter und An­ge­stell­ten der Ei­sen,- Me­tall und Elek­tro­in­dus­trie Hes­sen gel­tend ge­macht (2) und kann die be­gehr­ten Zin­sen be­an­spru­chen (3).

1. Der Ent­gelt­ta­rif­ver­trag der Me­tall­in­dus­trie Hes­sen fin­det auf das Ar­beits­verhält­nis des Klägers in
der je­weils gülti­gen Fas­sung An­wen­dung.

a) Bei der in den Ziff. 2, 7 des Ar­beits­ver­trags vom 19. Sep­tem­ber 1979 ge­trof­fe­nen Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en han­delt es sich um ei­ne klei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel. Der Kläger und die A GmbH ha­ben dort ver­ein­bart, dass der Kläger nach den je­weils gülti­gen Ta­rif­verträgen der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie vergütet wird. Dies er­gibt sich aus der For­mu­lie­rung der Ziff. 2, wo­nach die da­ma­li­ge Tätig­keit des Klägers nach der Ta­rif­grup­pe 4 be­wer­tet wird und sich „gem. dem der­zeit gülti­gen Man­tel­ta­rif­ver­trag der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie wie folgt zu­sam­men­setzt“ i.V.m. der For­mu­lie­rung der Ziff. 7 des Ver­trags, wo­nach sich die „wei­te­ren das Ar­beits­verhält­nis be­tref­fen­den Punk­te“, al­so auch Vergütungs­erhöhun­gen, nach den je­weils gülti­gen Be­stim­mun­gen des Ta­rif­ver­trags der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie rich­ten sol­len (eben­so für ei­ne iden­ti­sche ar­beits­ver­trag­li­che For­mu­lie­rung LAG Düssel­dorf, 28.3.2008 – 9 Sa 2103/07 – Bl. 76 – 82 d.A, auch in ju­ris do­ku­men­tiert).

b) In die Ver­pflich­tung aus die­ser dy­na­mi­schen Be­zug­nah­me­klau­sel ist die A Fa­ci­li­ty Ma­nage­ment GmbH, die so­dann im Ju­ni 2007 in die Be­klag­te um­fir­mier­te, zum 1. April 2007 im We­ge des Be­triebsüber­gangs gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB durch den Ab­schluss ei­nes Be­triebs­pacht­ver­trags mit der A GmbH über den Be­reich Buil­ding So­lu­ti­ons ein­ge­tre­ten. Dass der Voll­zug des Be­triebs­pacht­ver­trags die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Be­triebs­teilüber­gangs erfüll­te, ist zwi­schen den Par­tei­en un­strei­tig.

c) Ziff. 2, 7 des Ar­beits­ver­trags stel­len ei­ne kon­sti­tu­ti­ve, von der Ta­rif­ge­bun­den­heit des Ar­beit­ge­bers un­abhängi­ge Ver­wei­sungs­klau­sel dar. Ei­ne Aus­le­gung im Sin­ne ei­ner Gleich­stel­lungs­ab­re­de der­ge­stalt, dass die Klau­sel le­dig­lich die Gleich­stel­lung ta­rif­ge­bun­de­ner mit nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mern be­zwe­cken soll­te und des­halb bei ei­ner Be­en­di­gung der Ta­rif­bin­dung des Ar­beit­ge­bers die Ta­rif­verträge nur noch sta­tisch in der zum Zeit­punkt der Be­en­di­gung der Ta­rif­bin­dung gülti­gen Fas­sung An­wen­dung fin­den soll­ten, schei­det aus. Ihr ste­hen die all­ge­mei­nen Grundsätze der Ver­trags­aus­le­gung, §§ 133 , 157 BGB , ent­ge­gen (aa) und sie ist we­der eu­ro­pa­recht­lich (bb) noch aus Gründen des Ver­trau­ens­schutz (cc) ge­bo­ten. Auch die Tat­sa­che, dass der Kläger Ge­werk­schafts­mit­glied ist, steht der An­nah­me der un­be­ding­ten kon­sti­tu­ti­ven Wir­kung der ver­ein­bar­ten Be­zug­nah­me nicht ent­ge­gen (dd).

aa) Die früher vom Bun­des­ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung von klei­nen dy­na­mi­schen Be­zug­nah­me­klau­seln als rei­ne Gleich­stel­lungs­ab­re­den (so et­wa BAG, 4.9.1996 - 4 AZR 135/95 - NZA 1997, 271; 29.8. 2001 - 4 AZR 332/00 - DB 2002, 431; 26.9.2001 - 4 AZR 544/00 - BB 2001, 1264; 16.10. 2002 - 4 AZR 467/01 - NZA 2003, 390; 19.3.2003 – 4 AZR 331/02 – NZA 2003, 1207) oh­ne von der Ta­rif­ge­bun­den­heit des Ar­beit­ge­bers un­abhängi­ge kon­sti­tu­ti­ve Be­deu­tung ist mit den Re­geln der Ver­trags­aus­le­gung nach §§ 133 , 157 BGB nicht ver­ein­bar, so­fern der Gleich­stel­lungs­zweck in dem Wort­laut der Klau­sel kei­nen Nie­der­schlag ge­fun­den hat (so schon Lam­brich, BB 2001 1267 f. [OLG Ros­tock 08.02.2001 - 1 U 59/99] ; Thüsing/Lam­brich, RdA 2002, 193; eben­so An­nuß, ZfA 2005, 405 ; Bay­reu­ther, DB 2007, 166). Dies folgt aus den Grundsätzen der Aus­le­gung von Wil­lens­erklärun­gen nach dem ob­jek­ti­ven Empfänger­ho­ri­zont, wo­nach die Mo­ti­ve des Erklären­den für die Aus­le­gung nur dann ei­ne Rol­le spie­len, wenn sie für den Erklärungs­empfänger er­kenn­bar sind. Ist die Be­en­di­gung der Ta­rif­ge­bun­den­heit des Ar­beit­ge­bers nicht aus­drück­lich zur auflösen­den Be­din­gung der An­wen­dung des in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­ver­trags ge­macht wor­den, han­delt es sich um ei­ne kon­sti­tu­ti­ve Ver­wei­sungs­klau­sel, die durch ei­nen Weg­fall der Ta­rif­bin­dung des Ar­beit­ge­bers nicht berührt wird ( BAG, 23.1.2008 – 4 AZR 602/06 – ju­ris; 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 - EzA § 3 TVG Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 35, NZA 2007, 965 [BAG 18.04.2007 - 4 AZR 652/05] ; 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – EzA § 3 TVG Be­zug­nah­me auf Ta­rif­ver­trag Nr. 32; LAG Sach­sen, 27.2.2008 – 2 Sa 382/07 – ju­ris; LAG Düssel­dorf, 28.3. 2008 – 9 Sa 2103/07 – Bl. 76 – 82 d.A, auch in ju­ris do­ku­men­tiert). Ein –

- 7 -

un­ter­stell­ter - Wil­le der A GmbH, dass für den Fall ei­nes Über­gangs des ge­sam­ten oder Tei­len ih­res Be­triebs auf ei­nen nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Er­wer­ber die An­wend­bar­keit des in Be­zug ge­nom­me­nen Ta­rif­ver­trags en­den soll, hat in den Ziff. 2, 7 des Ar­beits­ver­trags kei­nen Nie­der­schlag ge­fun­den.

bb) Der Aus­le­gung der Ziff. 2, 7 des Ar­beits­ver­trags als un­be­ding­te, kon­sti­tu­ti­ve dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel ste­hen auch kei­ne eu­ro­pa­recht­li­chen Be­den­ken ent­ge­gen. So­weit dies teil­wei­se im Hin­blick auf das „Wer­hof“- Ur­teil des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs (Urt. v. 9.3. 2006 – Rs. C-499 – JZ 2006, 723 [EuGH 09.03.2006 - C 499/04] ) an­ge­nom­men wird (et­wa Ni­co­lai, DB 2006, 670; Spiel­ber­ger, NZA 2007, 1089), ist dem nicht zu fol­gen. Der Eu­ropäische Ge­richts­hof hat im Rah­men die­ser Ent­schei­dung le­dig­lich darüber be­fun­den, ob es mit Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie 77/187/EWG ver­ein­bar ist, wenn ein Ta­rif­ver­trag, auf den der mit dem Be­triebs­veräußerer ab­ge­schlos­se­ne Ar­beits­ver­trag ver­weist, nach Be­triebsüber­gang auf ei­nen nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Be­triebs­er­wer­ber bei die­sem nur sta­tisch fort­gilt. Dass es um­ge­kehrt eu­ro­pa­recht­lich pro­ble­ma­tisch sei, ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass ihr kon­sti­tu­ti­ve Wir­kung auch bei Über­gang des Be­triebs auf ei­nen nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Er­wer­ber zu­kommt, ist dem Ur­teil nicht zu ent­neh­men (eben­so LAG Sach­sen, 27.2.2008 – 2 Sa 382/07 – ju­ris; LAG Schles­wig-Hol­stein, 17.7.2008 – 3 Sa 159/08 – ju­ris; Hein­lein, NJW 2008, 323; Reichold, Ent­schei­dungs­an­mer­kung JZ 2006, 725; Thüsing, NZA 2006, 473; of­fen ge­las­sen BAG, 19.9.2007 – 4 AZR 711/06 – ju­ris; 4.6.2008 – 4 AZR 308/07 – ju­ris; a.A. Spiel­ber­ger, NZA 2007 1089). Die ent­spre­chen­de Aus­le­gung stellt ins­be­son­de­re kei­nen Ein­griff in die ne­ga­ti­ve Ko­ali­ti­ons­frei­heit des Be­triebs­er­wer­bers dar. Die­se schützt den Ar­beit­ge­ber nämlich le­dig­lich da­vor, nor­ma­tiv an Ta­rif­verträge ge­bun­den zu sein, die von ei­nem Ver­band ab­ge­schlos­sen wor­den sind, de­ren Mit­glied er nicht ist. Für die Fra­ge der Wirk­sam­keit und Aus­le­gung in­di­vi­du­al­recht­li­cher Be­zug­nah­me­klau­seln spielt die ne­ga­ti­ve Ko­ali­ti­ons­frei­heit kei­ne Rol­le (eben­so BAG, 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.; LAG Sach­sen, 27.2.2008 – 2 Sa 382/07 – ju­ris; Reichold, Ent­schei­dungs­an­mer­kung JZ 2006, 725; Thüsing, NZA 2006, 473).

cc) Die Aus­le­gung der Ziff. 2, 7 des Ar­beits­ver­trags als Gleich­stel­lungs­klau­sel ist auch nicht un­ter dem Ge­sichts­punkt des Ver­trau­ens­schut­zes ge­bo­ten. Da­bei kann of­fen blei­ben, ob Ver­trau­ens­schutz für ei­ne über lan­ge Zeit er­folg­te Aus­le­gung ty­pi­scher Ver­trags­klau­seln durch höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung all­ge­mein über­haupt zu gewähren ist (kri­tisch für die Wirk­sam­keit von AGB BGH, 5.3.2008 – XIII ZR 95/07 – ju­ris) und ob dies be­ja­hen­den­falls auch dann gilt, wenn die­se Recht­spre­chung – wie dies be­tref­fend der Aus­le­gung ty­pi­scher dy­na­mi­scher Ver­wei­sungs­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­den der Fall war – in der Li­te­ra­tur be­reits seit lan­gem ganz er­heb­li­cher Kri­tik aus­ge­setzt ge­we­sen ist (vgl. nur et­wa über­zeu­gend Lam­brich, BB 2001 1267 f. [OLG Ros­tock 08.02.2001 - 1 U 59/99] ; Thüsing/Lam­brich, RdA 2002, 193). Zum ei­nen kommt nämlich je­den­falls ei­ne zeit­lich un­be­grenz­te Gewährung von Ver­trau­ens­schutz hier nicht in Be­tracht (1). Zum an­de­ren muss die Gewährung von Ver­trau­ens­schutz aus­schei­den, wenn der­je­ni­ge, des­sen Recht­stel­lung durch die Ände­rung der Recht­spre­chung ver­schlech­tert wird, die frag­li­che Dis­po­si­ti­on wie hier erst zu ei­nem Zeit­punkt trifft, zu dem die Recht­spre­chungsände­rung be­reits er­folgt ist (2). Sch­ließlich käme ei­ne Aus­le­gung der vor­lie­gen­den Ver­trags­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de nach Über­zeu­gung der Kam­mer auch dann nicht in Be­tracht, wenn man die frühe­ren Aus­le­gungs­grundsätze an­wen­de­te und der Be­klag­ten in­so­fern ent­spre­chend den Ent­schei­dun­gen des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 14. De­zem­ber 2005 (– 4 AZR 536/04 –) und vom 18. April 2007 (– 4 AZR 652/05 – a.a.O) Ver­trau­ens­schutz gewähr­te (3).

(1) Ver­trau­ens­schutz im Hin­blick auf die Aus­le­gung ar­beits­ver­trag­li­cher dy­na­mi­scher
Be­zug­nah­me­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­den auch bei feh­len­der Er­kenn­bar­keit des Gleich­stel­lungs­zwecks für Alt­verträge, al­so vor dem 01. Ja­nu­ar 2002 ab­ge­schlos­se­ne Ar­beits­verträge, kann je­den­falls zeit­lich nicht un­be­grenzt gewährt wer­den. Dies wi­der­spricht der ge­setz­li­chen Wer­tung, die Art. 229 § 5 EGBGB zu­grun­de liegt. Der Rechts­ge­dan­ke des Art. 229 § 5 EGBGB – Gewährung ei­nes Zeit­raums von ei­nem Jahr zur An­pas­sung von Dau­er­schuld­verhält­nis­sen an die geänder­te Rechts­la­ge - muss viel­mehr zu ei­ner zeit­li­chen Be­gren­zung des Ver­trau­ens­schut­zes für Alt­verträge bis höchs­tens zum 14. De­zem­ber 2006 führen. Nach der für die Gewährung von Ver­trau­ens­schutz vor­zu­neh­men­den Abwägung zwi­schen dem Rechts­staats­ge­bot ei­ner­seits und dem Ge­bot ma­te­ri­el­ler Ge­rech­tig­keit an­de­rer­seits kann und muss dem Ar­beit­ge­ber in An­leh­nung an Art. 229 § 5 EGBGB zu­ge­mu­tet wer­den, bin­nen ei­nes Jah­res

- 8 -

nach Ankündi­gung der Recht­spre­chungsände­rung durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt in der Ent­schei­dung vom 14. De­zem­ber 2005 (– 4 AZR 536/04 – a.a.O) ei­ne ent­spre­chen­de Ver­tragsände­rung zu be­wir­ken. Da­mit be­stand zum Zeit­punkt des Be­triebs­teilüber­gangs am 1. April 2007 kein Ver­trau­ens­schutz für die von der Be­klag­ten be­gehr­te Ver­trags­aus­le­gung. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat die Gewährung des Ver­trau­ens­schut­zes für sei­ne seit 1973 ( BAG, 14.2.1973 – 4 AZR 176/72 – BA­GE 25, 34) ständi­ge Recht­spre­chung zur Aus­le­gung ar­beits­ver­trag­li­cher klei­ner dy­na­mi­scher Be­zug­nah­me­klau­seln für ver­fas­sungs­recht­lich ge­bo­ten ge­hal­ten, hat aber an­ge­nom­men, das Ver­trau­en in den Fort­be­stand die­ser Rechts­spre­chung sei (nur) bis zum In­kraft­tre­ten der Schuld­rechts­re­form zum 1. Ja­nu­ar 2002 ge­recht­fer­tigt ge­we­sen, weil, seit mit dem Weg­fall der Be­reichs­aus­nah­me die AGB – Kon­trol­le für Ar­beits­verträge ge­setz­lich an­ge­ord­net wor­den sei und da­mit ein er­kenn­ba­rer Pa­ra­dig­men­wech­sel statt­ge­fun­den ha­be, von Ar­beit­ge­bern ver­langt wer­den könne, in den von ih­nen ge­stell­ten Be­zug­nah­me­klau­seln den mit die­sen ver­folg­ten Zweck hin­rei­chend zum Aus­druck zu brin­gen ( BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O.). Dem­ent­spre­chend hat es aus­drück­lich ab­ge­lehnt, Ar­beit­ge­bern für Verträge, die zwi­schen dem 1. Ja­nu­ar 2002 und der Ankündi­gung der Recht­spre­chungsände­rung in der Ent­schei­dung vom 14. De­zem­ber 2005 ab­ge­schlos­sen wor­den sind, Ver­trau­ens­schutz zu gewähren ( BAG, 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.) Zur Be­gründung hat es in­so­fern un­ter an­de­rem aus­geführt, dass ne­ben der stets be­ste­hen­den Möglich­keit ei­ner Recht­spre­chungsände­rung spe­zi­ell die Recht­spre­chung zur Aus­le­gung von Be­zug­nah­me­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­den stets um­strit­ten war und auch die In­stanz­recht­spre­chung dem Bun­des­ar­beits­ge­richt in­so­fern nur teil­wei­se ge­folgt ist. Im Hin­blick dar­auf, dass das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 06. Mai 2008 (2 BvR1926/07 – NZA RR 2008, 607) er­neut be­tont hat, ein Ver­s­toß ge­gen die Grundsätze des Ver­trau­ens­schut­zes lie­ge in ei­ner Recht­spre­chungsände­rung je­den­falls dann nicht, wenn die­se sich im Rah­men ei­ner vor­her­seh­ba­ren Ent­wick­lung hal­te, ist des­halb schon frag­lich, ob die Gewährung von Ver­trau­ens­schutz für Alt­verträge in­so­fern über­haupt ge­bo­ten ist. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt zieht in­so­weit je­den­falls den Schluss, dass „Aus­maß des Ver­trau­ens in die Auf­recht­er­hal­tung der Recht­spre­chung“ sei ver­rin­gert ( BAG, 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.). Es führt zu­dem zu­tref­fend aus, es sei nur schwer ein­zu­se­hen, dass der­je­ni­ge, der die An­sicht des Ge­richts teilt, die Fol­gen dafür zu tra­gen hat, dass der an­de­re auf ei­ne ent­ge­gen­ste­hen­de Recht­spre­chung ver­traut ha­be. Die An­knüpfung des Ver­trau­ens­schut­zes an den Zeit­punkt der Schuld­rechts­re­form und nicht, wie viel­fach ge­for­dert (et­wa Gie­sen NZA 2006, 628; Spiel­ber­ger, NZA 2007, 1088; Höpfner, NZA 2008, 93;) an den der Ankündi­gung der Recht­spre­chungsände­rung in der Ent­schei­dung vom 14. De­zem­ber 2005 recht­fer­tigt das Bun­des­ar­beits­ge­richt al­so zum ei­nen da­mit, dass Ver­trau­ens­schutz nur in Abwägung der wi­der­strei­ten­den In­ter­es­sen und un­ter Berück­sich­ti­gung des hier nur ein­ge­schränkt schutzwürdi­gen Ver­trau­ens gewährt wer­den könne und zum an­de­ren da­mit, dass das In­kraft­tre­ten der Schuld­rechts­re­form ei­nen Ein­schnitt dar­stel­le, der zu ei­ner Ände­rung der Ri­si­ko­ver­tei­lung zu Las­ten des Ar­beit­ge­bers führen müsse ( BAG, 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.).

Die Kon­se­quenz die­ser Ar­gu­men­ta­ti­on muss je­doch die zeit­li­che Be­schränkung des Ver­trau­ens­schut­zes für Alt­verträge in An­leh­nung an Art 229 § 5 EGBGB sein. Die Fra­ge der Über­g­angs­re­ge­lung hin­sicht­lich sol­cher Re­ge­lun­gen in Dau­er­schuld­verhält­nis­sen wie dem Ar­beits­ver­trags, die nach der vor der Schuld­rechts­re­form gel­ten­den Rechts­la­ge wirk­sam wa­ren, durch die Einführung der §§ 305 ff BGB aber un­wirk­sam ge­wor­den sind, hat der Ge­setz­ge­ber mit Art. 229 § 5 EGBGB nämlich da­hin­ge­hend gelöst, dass er den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en ei­ne zeit­li­che Frist von ei­nem Jahr zur Ver­trags­an­pas­sung ein­geräumt hat. Dies stellt ei­ne ge­setz­li­che Re­ge­lung des Ver­trau­ens­schut­zes für Alt­verträge be­tref­fend Dau­er­schuld­verhält­nis­se dar (eben­so LAG Bran­den­burg, 10.1.2008 - 20 Sa 1398/07 – ju­ris). Im Hin­blick auf die Fra­ge der Wirk­sam­keit von Aus­schluss­fris­ten in For­mu­lar­ar­beits­verträgen ver­weist das Bun­des­ar­beits­ge­richt ( 28.11. 2007 - 5 AZR 992/06 – NZA 2008, 293) folg­rich­tig dar­auf, der Ge­setz­ge­ber ha­be sich mit Art. 229 § 5 EGBGB für die An­wend­bar­keit der §§ 305 ff BGB auch auf Verträge ent­schie­den, die bei ih­rem Ab­schluss noch nicht dem An­wen­dungs­be­reich des Rechts All­ge­mei­ner Geschäfts­be­din­gun­gen un­ter­fie­len und ha­be den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en da­mit ei­nen zeit­li­chen Spiel­raum eröff­net, sich auf die geänder­te La­ge ein­zu­stel­len. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt be­tont in­so­weit aus­drück­lich und zu Recht, die Ver­trags­par­tei­en könn­ten sich nicht dar­auf ver­las­sen, dass die recht­li­che Be­ur­tei­lung ein­zel­ner Ver­trags­be­din­gun­gen während der Ge­samt­dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses un­verändert blei­be ( 28.11. 2007 - 5 AZR 992/06 – a.a.O.) und weist dar­auf hin, dass dem Ar­beit­ge­ber ver­schie­de­ne Möglich­kei­ten zur Verfügung ste­hen, um sich von ei­ner un­be­ding­ten dy­na­mi­schen

- 9 -

Ver­wei­sungs­klau­sel zu lösen ( 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.; 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O.). Es stellt je­doch ei­nen Wer­tungs­wi­der­spruch dar, wenn ei­ner­seits vom Ar­beit­ge­ber ver­langt wird, bin­nen ei­nes Jah­res ei­ne Ar­beits­ver­tragsände­rung zu be­wir­ken, um ei­ne Klau­sel ab­zuändern, die erst durch die im Rah­men der Schuld­rechts­re­form geänder­te Rechts­la­ge un­wirk­sam ge­wor­den ist, an­de­rer­seits aber zeit­lich völlig un­be­grenz­ten Ver­trau­ens­schutz für ei­ne bloße höchst­rich­ter­li­che Aus­le­gungs­re­gel zu gewähren, die be­reits seit lan­gem ge­wich­ti­ger Kri­tik in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur aus­ge­setzt war und für de­ren Ände­rung sich die höchst­rich­ter­li­che Recht­spre­chung ne­ben all­ge­mei­nen zi­vil­recht­li­chen Grundsätzen der Ver­trags­aus­le­gung auf die im Rah­men der Schuld­rechts­re­form geänder­te Rechts­la­ge stützt (vgl. BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O.; 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.). So­weit das Bun­des­ar­beits­ge­richt teil­wei­se trotz Art. 229 § 5 EGBGB aus Gründen des Ver­trau­ens­schut­zes ei­ne ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung bei Alt­verträgen aus Ver­trau­ens­schutz­ge­sichts­punk­ten für ge­bo­ten hält ( BAG, 30.7.2008 – 10 AZR 606/07 – NZA 2008, 1173; 11.10.2006 – 5 AZR 721/05 – AP BGB § 308 Nr. 6; 12. 1.2005 – 5 AZR 364/04 – BA­GE 113, 140), be­trifft dies Fall­ge­stal­tun­gen, bei de­nen ei­ne Klau­sel un­wirk­sam ist und sich der Weg­fall nicht in­ter­es­sen­ge­recht durch dis­po­si­ti­ves Ge­set­zes­recht füllen lässt. Die­se Fall­ge­stal­tung ist der hier in Re­de ste­hen­den Pro­ble­ma­tik, wie ei­ne je­den­falls wirk­sa­me ver­trag­li­che Klau­sel aus­zu­le­gen ist, nicht ver­gleich­bar. Es ver­mag auch nicht zu über­zeu­gen, dass Ver­trau­ens­schutz für sog. Alt­verträge durch ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung nicht mehr gewährt wird, so­bald et­wa die Vergütungshöhe geändert wird ( BAG, 30.7.2008 – 10 AZR 606/07 – NZA 2008, 1173), weil da­mit ei­ne neue Dis­po­si­ti­on ge­trof­fen wor­den sei, in­so­weit al­so nicht dar­auf ab­zu­stel­len, ob denn ei­ne Ver­tragsände­rung hin­sicht­lich der un­wirk­sam ge­wor­de­nen Klau­sel für den Klau­sel­ver­wen­der durch­setz­bar ge­we­sen wäre, die Be­wir­kung ei­ner sol­chen Ver­tragsände­rung vom Ar­beit­ge­ber aber u.U. jahr­zehn­te­lang nicht zu for­dern, so­lan­ge er den Ver­trag im Übri­gen nicht abändert. So­weit das Bun­des­ar­beits­ge­richt die Gewährung ei­nes nur zeit­lich be­grenz­ten Ver­trau­ens­schutz in An­leh­nung an Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB aus­drück­lich ver­wor­fen hat ( BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O.) über­zeugt die hierfür an­geführ­te Be­gründung die Kam­mer nicht. Die Be­gründung, der Grund­satz, dass die Un­klar­heit ei­ner Klau­sel zu Las­ten ih­res Ver­wen­ders ge­he, sei im Ar­beits­recht schon vor dem Ent­fal­len der Be­reichs­aus­nah­me an­er­kannt ge­we­sen und ste­he des­halb der wei­te­ren Aus­le­gung der Be­zug­nah­me­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de nicht zwin­gend ent­ge­gen, ist nicht kon­se­quent, wenn gleich­zei­tig die zeit­li­che Zäsur hin­sicht­lich der Verträge, für die Ver­trau­ens­schutz gewährt wird, we­gen der ein­schnei­den­den Be­deu­tung und des Pa­ra­dig­men­wech­sels durch das Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes auf den Zeit­punkt von des­sen In­kraft­tre­ten da­tiert wird. Viel­mehr muss nach An­sicht der Kam­mer dann kon­se­quen­ter Wei­se auch die für den dies­bezügli­chen Ver­trau­ens­schutz ge­schaf­fe­ne ge­setz­li­che Über­lei­tungs­re­gel ih­rem Rechts­ge­dan­ken nach an­er­kannt wer­den. Hält man um­ge­kehrt die Schuld­rechts­re­form für die Ände­rung der Recht­spre­chung nun­mehr für be­deu­tungs­los (vgl. BAG, 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O. „nicht ursächlich“, an­ders noch in der Ent­schei­dung vom 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O) kann sie auch nicht den zeit­li­chen An­knüpfungs­punkt für die Gewährung bzw. die Ver­sa­gung von Ver­trau­ens­schutz bil­den (so auch Spiel­ber­ger, NZA 2007 1087; Höpfner, NZA 2008, 93). Auch das Ar­gu­ment, die durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt er­wo­ge­ne aber ver­wor­fe­ne Gewährung ei­ner zeit­lich be­grenz­ten Klar­stel­lungsmöglich­keit der Klau­sel­ver­wen­der durch ein­zel­ver­trag­li­che Ände­rungs­an­ge­bo­te be­wir­ke Ver­un­si­che­rung in den Be­trie­ben, ver­mag nicht zu über­zeu­gen. Zum ei­nen hat der Ge­setz­ge­ber sich in Art. 229 § 5 Satz 2 EGBGB eben ge­ra­de für Dau­er­schuld­verhält­nis­se wie das Ar­beits­verhält­nis für ei­ne sol­che Art der Über­g­angs­re­ge­lung ent­schie­den, was durch die Ge­rich­te grundsätz­lich zu re­spek­tie­ren ist und nicht im Rah­men rei­ner Zweckmäßig­keits­erwägun­gen ver­wor­fen wer­den darf. Dies wi­der­spricht auch dem Grund­satz, dass hin­sicht­lich der Fra­ge des Ver­trau­ens­schut­zes das ma­te­ri­el­le Ge­rech­tig­keits­ge­bot und das Rechts­staats­ge­bot als ver­fas­sungs­recht­lich geschütz­te Wer­te ge­gen­ein­an­der ab­zuwägen sind. Die ma­te­ri­el­le Rich­tig­keit ei­ner rich­ter­li­chen Ent­schei­dung kann des­halb nur aus Gründen der Rechts­staat­lich­keit, nicht aber aus sol­chen an­ge­nom­me­ner be­trieb­li­cher Zweckmäßig­kei­ten zurück­ste­hen müssen. Außer­dem dürf­te die Gewährung zeit­lich un­be­grenz­ten Ver­trau­ens­schut­zes für Alt­verträge im Sin­ne der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts gleich­falls zu Ver­un­si­che­rung in den Be­trie­ben führen; während nämlich die schon länger beschäftig­ten, ty­pi­scher­wei­se älte­ren Ar­beit­neh­mer bei Be­en­di­gung der Ta­rif­bin­dung des Ar­beit­ge­bers bis zur Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses kei­ne Ta­rif­loh­nerhöhun­gen be­an­spru­chen können, wer­den die zwi­schen dem 01. Ja­nu­ar 2002 und dem Be­kannt­wer­den der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richt vom 14. De­zem­ber 2005 ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mer oft in den Ge­nuss der Erhöhun­gen kom­men, weil die Ar­beits­verträge noch mit den zu­vor ver­wen­de­ten Verträgen

- 10 -

in­halts­glei­che Klau­seln auf­wei­sen. In jüngs­ter Zeit ein­ge­stell­ten Ar­beit­neh­mern wer­den da­ge­gen häufig Ar­beits­verträge an­ge­bo­ten wor­den sein, die die Vor­ga­ben berück­sich­tig­ten, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt nun­mehr für die Aus­le­gung von Be­zug­nah­me­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­den auf­stellt. Tatsächlich führt der zeit­lich un­be­grenz­te Ver­trau­ens­schutz für Alt­verträge hin­sicht­lich der Aus­le­gung von Be­zug­nah­me­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­den da­mit zu ei­ner dau­er­haf­ten Un­gleich­stel­lung der im Be­trieb beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer.

(2) Selbst wenn man den Ver­trau­ens­schutz für Alt­verträge nicht in An­leh­nung an Art. 229 § 5
EGBGB nur zeit­lich be­grenzt gewähren will, ist der Be­klag­ten vor­lie­gend kein Ver­trau­ens­schutz hin­sicht­lich der frühe­ren Recht­spre­chung zur Aus­le­gung ein­zel­ver­trag­li­cher Be­zug­nah­me­klau­seln zu­zu­bil­li­gen. Das aus dem Rechts­staats­prin­zip ab­ge­lei­te­te Ge­bot des Ver­trau­ens­schut­zes soll den Be­trof­fe­nen nämlich da­vor schützen, dass an ei­nen ab­ge­schlos­se­nen Sach­ver­halt nachträglich an­de­re, ungüns­ti­ge­re Vor­aus­set­zun­gen ge­stellt wer­den, als sie im Zeit­punkt der Voll­endung des Sach­ver­halts ge­for­dert wur­den ( BVerfG, 22.3.1983 – 2 BvR 475/78 – BVerfGE 63, 343, 357; BAG 23.3.2006 – 2 AZR 343/05 – BB 2006, 1902). Dies gilt nicht nur be­tref­fend Ak­te des Ge­setz­ge­bers, son­dern auch für die Ju­di­ka­ti­ve, die als Teil der Staats­ge­walt im Rah­men der Recht­spre­chung den Ver­trau­ens­schutz zu be­ach­ten hat ( BVerfG, 22.3.1983 – 2 BvR 475/78 – a.a.O.; BAG 23.3.2006 – 2 AZR 343/05 – ju­ris; BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O.; 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.; Höpfner, NZA 2008, 92). Auch ei­ne Recht­spre­chungsände­rung darf des­halb nicht da­zu führen, ei­ner Par­tei rück­wir­kend Hand­lungs­pflich­ten auf­zu­er­le­gen, die sie nachträglich nicht mehr erfüllen kann ( BAG 23.3.2006 – 2 AZR 343/05 – ju­ris). Dies be­deu­tet al­ler­dings um­ge­kehrt, dass Ver­trau­ens­schutz dem Be­trof­fe­nen nicht gewährt wer­den kann, wenn er sei­ne Dis­po­si­ti­on erst zu ei­nem Zeit­punkt ge­trof­fen hat, zu dem er auf den Fort­be­stand der Rechts­la­ge nicht mehr ver­trau­en konn­te. So liegt der Fall hier. Die ent­schei­den­de Dis­po­si­ti­on für die Bin­dung der Be­klag­ten an den je­weils gülti­gen Ta­rif­ver­trag der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie be­tref­fend die dem Kläger zu zah­len­de Vergütung ist nämlich nicht der Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags vom 13. Sep­tem­ber 1979 durch die Ho­ney­well GmbH, son­dern der von ihr getätig­te Ab­schluss des Be­triebs­pacht­ver­trags mit der A GmbH am 29. März 2007. Zu die­sem Zeit­punkt war die Ankündi­gung der Recht­spre­chungsände­rung durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt im Ur­teil vom 14. De­zem­ber 2005 aber be­reits seit mehr als 15 Mo­na­ten er­folgt. Mit der An­wen­dung der nun vom Bun­des­ar­beits­ge­richt als zu­tref­fend er­kann­ten Aus­le­gungs­grundsätze wer­den al­so ge­ra­de nicht an die Dis­po­si­ti­on der Be­klag­ten nachträglich Vor­aus­set­zun­gen oder Rechts­fol­gen ge­knüpft, die für die­se nicht er­kenn­bar wa­ren, als sie dis­po­nier­te. So­weit das Bun­des­ar­beits­ge­richt of­fen­bar, oh­ne dies aus­drück­lich dar­zu­le­gen, da­von aus­geht, der Be­triebs­er­wer­ber tre­te gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB in den Alt­ver­trag der­ge­stalt ein, dass er auch den Ver­trau­ens­schutz für sich in An­spruch neh­men könne ( BAG, 23.1.2008 – 4 AZR 602/06 – ju­ris), teilt die Kam­mer die­se Auf­fas­sung nicht. Der Ver­trau­ens­schutz haf­tet nicht dem Ver­trag als sol­chem an, son­dern wird le­dig­lich aus Gründen der Rechts­staat­lich­keit dem­je­ni­gen gewährt, der mit sei­nem Ab­schluss ei­ne Dis­po­si­ti­on ge­trof­fen hat, an die nun rück­wir­kend für ihn be­las­ten­de Fol­gen ge­knüpft wer­den, die er zum Zeit­punkt der Dis­po­si­ti­on nicht ab­se­hen konn­te und mit de­nen er nicht rech­nen muss­te. Nur wenn die­se Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, kann die vom Bun­des­ar­beit­ge­richt ge­for­der­te Abwägung zwi­schen ma­te­ri­el­ler Ge­rech­tig­keit ei­ner­seits und Ver­trau­ens­schutz an­de­rer­seits (vgl. Urt. v. 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.) zu Las­ten des­je­ni­gen ge­trof­fen wer­den, der nach nun ge­fun­de­ner rich­ter­li­cher Er­kennt­nis den Rechts­streit ei­gent­lich hätte ge­win­nen müssen. Ein Ein­tritt in Ver­trau­ens­schutz kraft durch ei­ge­ne rechts­geschäft­li­che Dis­po­si­ti­on her­bei­geführ­ter Rechts­nach­fol­ge un­abhängig da­von, ob zum Zeit­punkt der Vor­nah­me die­ser Dis­po­si­ti­on ein schützens­wer­tes Ver­trau­en vor­lag, ist ver­fas­sungs­recht­lich nicht ge­bo­ten: Nicht dem Ver­trag, son­dern dem durch ihn ver­pflich­te­ten Rechts­sub­jekt wird – wenn auch nach ei­ner ty­pi­sie­ren­den In­ter­es­sen­abwägung ( BAG, 18.04. 2007 – 4 AZR 652/05 – a.a.O.) - Ver­trau­ens­schutz gewährt. Dem­ent­spre­chend wird zu Recht ge­for­dert, Ver­trau­ens­schutz dem­je­ni­gen nicht zu zu­bil­li­gen, der nach­weis­lich nicht auf ei­ne be­stimm­te Rechts­la­ge ver­traut hat, weil es sich da­bei um ein un­ge­recht­fer­tig­tes Zu­falls­ge­schenk han­del­te (Höpfner NZA 2008, 92). Ge­gen das Ab­stel­len auf den Zeit­punkt des Rechts­geschäfts, das dem Be­triebsüber­gang zu­grun­de liegt, lässt sich auch nicht ein­wen­den, der Be­triebs­er­wer­ber ha­be fak­tisch nur die Möglich­keit, den Be­trieb mit den be­ste­hen­den Alt­verträgen zu er­wer­ben. Dies ändert nichts dar­an, dass er zum Zeit­punkt der ihn ver­pflich­ten­de Dis­po­si­ti­on kein schützens­wer­tes Ver­trau­en in ei­ne frühe­re Recht­spre­chung hat­te und da­mit we­der die Si­tua­ti­on ech­ter noch die un­ech­ter Rück­wir­kung ge­ge­ben ist. Im Übri­gen läge auch hier ein Wer­tungs­wi­der­spruch vor, wenn man ei­ner­seits dem Ar­beit­ge­ber nach jed­we­der Ände­rung des Alt­ver­trags die Fort­gel­tung des

- 11 -

Ver­trau­ens­schutz ver­sag­te, oh­ne dass es auf die tatsächli­che Durch­setz­bar­keit der Ände­rung auch der nach der Schuld­rechts­re­form un­wirk­sa­men Klau­sel ankäme ( BAG, 28.11.2007 – 5 AZR 992/06 – a.a.O. m.w.N.), an­de­rer­seits aber in dem auf Rechts­geschäft be­ru­hen­den Ein­tritt in ei­nen Ar­beits­ver­trag nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB kei­ne ent­spre­chen­de Zäsur be­tref­fend den Ver­trau­ens­schutz er­blick­te.

(3) Nach Auf­fas­sung der Kam­mer wäre die Ver­wei­sungs­klau­sel im Ar­beits­ver­trag des Klägers
al­ler­dings auch dann nicht als Gleich­stel­lungs­ab­re­de aus­zu­le­gen, wenn man die frühe­re ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts zur Aus­le­gung klei­ner dy­na­mi­scher Be­zug­nah­me­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­de an­wen­de­te, weil man annähme, es bestünde für Alt­verträge zeit­lich un­be­grenz­ter Ver­trau­ens­schutz und der Be­triebs­er­wer­ber tre­te nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB auch bei ei­nem nach dem 14. De­zem­ber 2005 lie­gen­den Be­triebsüber­gang in die­sen Alt­ver­trag der­ge­stalt ein, dass er für sich Ver­trau­ens­schutz i.S.d. Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts in An­spruch neh­men könne. Die An­wen­dung der früher für zu­tref­fend ge­hal­te­nen Aus­le­gungs­re­gel führ­te nämlich eben­falls da­zu, das Vor­lie­gen ei­ner kon­sti­tu­ti­ven Ver­wei­sungs­klau­sel zu be­ja­hen, weil die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten mit der Auf­nah­me die­ser Klau­sel in ih­re Verträge ge­ra­de nicht nur die mögli­cher­wei­se feh­len­de Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit ih­rer Ar­beit­neh­mer er­set­zen woll­te. We­sent­li­che Recht­fer­ti­gung der Aus­le­gungs­re­gel, wo­nach ein ta­rif­ge­bun­de­ner Ar­beit­ge­ber ei­ne klei­ne dy­na­mi­sche Be­zug­nah­me­klau­sel grds. ver­wen­de, um ta­rif­ge­bun­de­ne und nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­neh­mer gleich­zu­stel­len, bil­de­te die Über­le­gung, dass es dem Ar­beit­ge­ber ver­wehrt ist, den Ar­beit­neh­mer nach sei­ner Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit zu fra­gen ( BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O.; 26.9.2001 – 4 AZR 544/00 – BA­GE 99, 128; 15.3. 2006 - 132/05 – AP Nr. 9 zu § 2 TVG). Dies sei, so die frühe­re Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, der Grund, war­um der ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­ge­ber ty­pi­scher­wei­se vor­sorg­lich die dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel in die von ihm ver­wen­de­ten Ar­beits­verträge auf­neh­me, um die Gleich­be­hand­lung der bei ihm beschäftig­ten ta­rif­ge­bun­de­nen mit den ta­ri­fun­ge­bun­de­nen Ar­beit­neh­mern si­cher­stel­len zu können. Auf die­se ty­pi­scher­wei­se bei dem ver­bands­an­gehöri­gen Ar­beit­ge­ber vor­lie­gen­den Zweck­be­stim­mun­gen und In­ter­es­sen müsse bei der Aus­le­gung ein­zel­ver­trag­li­cher Ver­wei­sungs­klau­seln ab­ge­stellt wer­den, so­fern sich nicht aus den kon­kre­ten For­mu­lie­run­gen oder Umständen et­was an­ders er­ge­be. Die Aus­le­gung ei­ner dy­na­mi­schen Be­zug­nah­me­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de schied des­halb auch nach der frühe­ren Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts grundsätz­lich aus, wenn der Ar­beits­ver­trag auf nach sei­nem Gel­tungs­be­reich nicht ein­schlägi­ge Ta­rif­verträge ver­wies, die des­halb kei­nes­falls nor­ma­tiv gal­ten ( BAG, 25.10. 2000 – 4 AZR 506/99 – BA­GE 96, 177; zu­sam­men­fas­send BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O, m.w.N.). Vor­lie­gend er­gibt sich aus den kon­kre­ten Umständen, dass die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten mit der Auf­nah­me der Be­zug­nah­me­klau­sel in die Ar­beits­verträge ih­rer Ar­beit­neh­mer nicht de­ren mögli­cher­wei­se feh­len­de Ta­rif­ge­bun­den­heit er­set­zen, son­dern ei­ne kon­sti­tu­ti­ve Ver­wei­sungs­klau­sel ver­ein­ba­ren woll­te. Zwar war die A GmbH durch­ge­hend Ver­bands­mit­glied und nahm der Ar­beits­ver­trag des Klägers auf die räum­lich und fach­lich ein­schlägi­gen Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie Be­zug. Die A GmbH ver­wies je­doch in sämt­li­chen von ihr stan­dardmäßig ver­wen­de­ten Ar­beits­verträgen auf die je­weils gülti­gen Be­stim­mun­gen der Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie und zwar un­abhängig da­von, ob die Mit­ar­bei­ter in Be­trie­ben in Hes­sen oder in an­de­ren Tei­len Deutsch­lands beschäftigt wur­den, was auf den über­wie­gen­den Teil ih­rer Mit­ar­bei­ter zu­traf. Grund hierfür war un­strei­tig, dass sie er­rei­chen woll­te, dass für al­le von ihr im ge­sam­ten Bun­des­ge­biet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer ein­heit­li­che Ar­beits­be­din­gun­gen gel­ten. Da­mit ging es ihr ge­ra­de nicht dar­um, ei­ne mögli­cher­wei­se feh­len­de Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit ih­rer Ar­beit­neh­mer zu er­set­zen, in dem sie die An­wen­dung des Ta­rif­ver­trags ver­ein­bar­te, der auf die Ar­beit­neh­mer im Fall von de­ren Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit An­wen­dung fände. Auch bei be­ste­hen­der Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit hätten nämlich auf die außer­halb Hes­sens beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer nicht die Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie An­wen­dung ge­fun­den. Aus die­sem Grund greift auch die Be­gründung, mit der das Bun­des­ar­beits­ge­richt die „nicht primär auf den Wort­laut ab­stel­len­de Aus­le­gung“ ( BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O) von Be­zug­nah­me­klau­seln als Gleich­stel­lungs­ab­re­den recht­fer­tig­te, hier ge­ra­de nicht ein: die A GmbH wuss­te auch oh­ne die ent­spre­chen­de un­zulässi­ge Fra­ge nach der Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit be­zo­gen auf ih­re in Be­trie­ben außer­halb Hes­sens beschäftig­ten Mit­ar­bei­ter si­cher, dass die­se nicht kon­gru­ent ta­rif­ge­bun­den wa­ren. Sch­ließlich greift auch die Über­le­gung, der Ar­beit­ge­ber ha­be im Zwei­fel nicht ge­wollt, dass bei Be­triebsüber­gang auf ei­nen nicht ta­rif­ge­bun­de­nen Er­wer­ber der nicht or­ga­ni­sier­te Ar­beit­neh­mer mit ver­trag­li­cher

- 12 -

Be­zug­nah­me­klau­sel nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB an künf­ti­gen Ta­rif­erhöhun­gen par­ti­zi­pie­re, der (nur) nor­ma­tiv ge­bun­de­ne Ar­beit­neh­mer nach § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB je­doch nicht, hier nicht ein; für die außer­halb Hes­sens beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer fin­det § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB man­gels nor­ma­ti­ver Bin­dung an die hes­si­schen Ta­rif­verträge auf kei­nen Fall An­wen­dung (eben­so LAG Düssel­dorf, 28.3.2008 – 9 Sa 2103/07 – Bl. 76 – 82 d.A, auch in ju­ris do­ku­men­tiert). Ge­gen die An­nah­me be­son­de­rer, der an­ge­nom­me­nen ty­pi­schen In­ter­es­sen­la­ge ver­bands­an­gehöri­ger Ar­beit­ge­ber ent­ge­gen­ste­hen­der Umstände kann nicht ein­ge­wen­det wer­den, be­zo­gen auf den Kläger selbst lägen, da die­ser aus­sch­ließlich in Hes­sen beschäftigt war, die vom Bun­des­ar­beits­ge­richt vor­aus­ge­setz­ten Umstände der ty­pi­schen In­ter­es­sen­la­ge für die Ver­ein­ba­rung ei­ner Gleich­stel­lungs­klau­sel vor. Gin­ge man nämlich da­von aus, die Be­zug­nah­me­klau­seln in den Ar­beits­verträgen hes­si­scher Ar­beit­neh­mer sei­en als Gleich­stel­lungs­ab­re­den aus­zu­le­gen, die wort­glei­chen Be­zug­nah­me­klau­seln der außer­halb Hes­sens beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer je­doch als kon­sti­tu­ti­ve Ver­wei­sungs­klau­seln, führ­te dies für den nun ein­ge­tre­te­nen Fall der Be­en­di­gung der Ta­rif­bin­dung der Ar­beit­ge­be­rin da­zu, dass auf die Ar­beits­verhält­nis­se der hes­si­schen Ar­beit­neh­mer die Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie sta­tisch, auf die über­wie­gend außer­halb Hes­sens beschäftig­ten Ar­beit­neh­mer je­doch dy­na­misch an­zu­wen­den wären – und zwar un­abhängig von der Fra­ge ih­rer Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit. Dies lie­fe aber dem un­strei­ti­gen In­ter­es­se der A GmbH, ein­heit­li­che Ar­beits­be­din­gun­gen für ih­re bun­des­weit täti­gen Ar­beit­neh­mer zu schaf­fen, dia­me­tral ent­ge­gen. Auch auf die Fra­ge, ob es für den Kläger bei Ver­trags­ab­schluss er­kenn­bar war, dass bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags kon­kre­te dem Gleich­stel­lungs­zweck ent­ge­gen­ste­hen­de Mo­ti­ve der A GmbH vor­la­gen, kommt es nicht an. Es kann des­halb of­fen­blei­ben, ob die­ser wuss­te, dass in den bun­des­weit ab­ge­schlos­se­nen Ar­beits­verträgen stets auf die Ta­rif­verträge der Hes­si­schen Me­tall­in­dus­trie ver­wie­sen wur­de. Nach der frühe­ren vom Bun­des­ar­beits­ge­richt für zu­tref­fend ge­hal­te­nen Be­trach­tung der ty­pi­schen In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers kam es ge­ra­de nicht dar­auf an, ob die­se für den Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar wa­ren. Selbst von der Ta­rif­ge­bun­den­heit des Ar­beit­ge­bers als zwin­gen­der Vor­aus­set­zung für die Aus­le­gung der ver­trag­li­chen Ver­wei­sungs­klau­sel als Gleich­stel­lungs­ab­re­de brauch­te der Ar­beit­neh­mer kei­ne Kennt­nis zu ha­ben ( BAG, 14.12.2005 – 4 AZR 536/04 – a.a.O; 26.9.2001 - 4 AZR 544/00 - BB 2001, 1264; 21.8. 2002 - 4 AZR 263/01 – AP Nr. 21 zu § 157). Dem­ent­spre­chend kann es auch für die Fra­ge, ob der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­me­nen ty­pi­schen In­ter­es­sen­la­ge kon­kre­te Umstände ent­ge­gen­ste­hen, nicht dar­auf an­kom­men, ob die­se für den Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar wa­ren. Ob sich aus der Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 21. Au­gust 2002 (- 4 AZR 263/01 – AP Nr. 21 zu § 157) tatsächlich, wie die Be­klag­te meint, er­gibt, dass ei­ne Ver­wei­sungs­klau­sel auch dann als Gleich­stel­lungs­ab­re­de aus­zu­le­gen ist, wenn ein an sei­nem Sitz ta­rif­ge­bun­de­ner Ar­beit­ge­ber in al­len Ar­beits­verträgen auf den Ta­rif­ver­trag ver­weist, an den er ge­bun­den ist, aber über­wie­gend Ar­beit­neh­mer außer­halb sei­nes Sit­zes beschäftigt, für die die­ser Ta­rif­ver­trag räum­lich nicht ein­schlägig ist, ist zwei­fel­haft. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt führt in der ge­nann­ten Ent­schei­dung aus­drück­lich aus, dass es nicht dar­auf an­kom­men könne, ob „die we­ni­gen außer­halb des Gel­tungs­be­reichs (...) in der IG Me­tall or­ga­ni­sier­ten Ar­beit­neh­mer“ an den dort in Be­zug ge­nom­men Ta­rif­ver­trag nor­ma­tiv ge­bun­den wa­ren und es fol­ge „(...) für den vor­lie­gen­den Fall“ nicht der An­sicht, dass der orts­frem­de Ta­rif­ver­trag so zu be­han­deln sei, wie der fach­frem­de. Dies kann aber im Er­geb­nis of­fen blei­ben. Für die ge­nann­te Ent­schei­dung ist je­den­falls kein Ver­trau­ens­schutz zu gewähren, weil es sich in­so­fern nicht um ei­ne ge­fes­tig­te Recht­spre­chung han­del­te, auf de­ren Fort­be­stand die Be­klag­te ver­trau­en konn­te. Für ein­zel­ne höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dun­gen ist Ver­trau­ens­schutz nicht zu gewähren ( BAG, 29.8.2007 – 4 AZR 765/06 – Ar­buR 2008, 181; 4.6. 2008- 4 AZR 308/07 - ju­ris; LAG Düssel­dorf, 28.3.2008 – 9 Sa 2103/07 – Bl. 76 – 82 d.A, auch in ju­ris do­ku­men­tiert). So­weit in die­ser Ent­schei­dung auf die Vor­aus­set­zung ver­zich­tet wird, dass der Ar­beit­ge­ber mit der Be­zug­nah­me­klau­sel aus­sch­ließlich die mögli­cher­wei­se feh­len­de Ge­werk­schafts­zu­gehörig­keit er­set­zen will und die Ein­schränkung des Ver­trags­in­halts­schut­zes nach § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB noch über den An­wen­dungs­be­reich des § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB hin­aus er­wei­tert, han­delt es sich um ei­ne ver­ein­zelt ge­blie­be­ne höchst­rich­ter­li­che Ent­schei­dung (eben­so LAG Düssel­dorf, 28.3.2008 – 9 Sa 2103/07 – Bl. 76 – 82 d.A, auch in ju­ris do­ku­men­tiert).

dd) Dass der Kläger Ge­werk­schafts­mit­glied war und ist, die ar­beits­ver­trag­lich in Be­zug
ge­nom­me­nen Ta­rif­verträge zwi­schen ihm und der A GmbH als Be­triebs­veräußer­in al­so nor­ma­tiv gal­ten, § 4 Abs. 1 TVG , steht der An­nah­me der kon­sti­tu­ti­ven Wir­kung der Be­zug­nah­me­klau­sel nicht ent­ge­gen. Bei ent­spre­chen­der ar­beits­ver­trag­li­cher Ver­ein­ba­rung tritt auf schuld­recht­li­cher Ebe­ne ne­ben die nor­ma­ti­ve Bin­dung ein zwei­ter Gel­tungs­grund für den Ta­rif­ver­trag ( BAG, 29.8.2007 – 4

- 13 -

AZR 765/06 – Ar­buR 2008, 181; 4.6. 2008- 4 AR 308/07- ju­ris; LAG Schles­wig-Hol­stein, 17.7.2008 – 3 Sa 159/08 – ju­ris; LAG Köln, 17.7.2008 – 10 Sa 576/08 – ju­ris, Bau­er/Günther NZA 2008, 10). Bei die­ser Fall­ge­stal­tung ist ei­ne Kon­kur­renz der ver­trag­li­chen mit der nor­ma­ti­ven Gel­tung von Ta­rif­verträgen nach dem Güns­tig­keits­prin­zip zu lösen ( BAG, 29.8.2007 – 4 AZR 765/06 – Ar­buR 2008, 181). Dass der Kläger da­mit auf­grund der ar­beits­ver­trag­li­chen Ver­ein­ba­rung im Hin­blick auf den Be­triebsüber­gang we­gen § 613 Abs. 1 Satz 1 BGB bes­ser steht, als er oh­ne sie nur auf­grund sei­ner Ge­werk­schafts­mit­glied­schaft ge­stan­den hätte, weil dann gem. § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB der Ta­rif­ver­trag sta­tisch in der Fas­sung fort ge­gol­ten hätte, die zum Zeit­punkt des Be­triebsüber­gangs be­stand ( BAG, 19.9.2007 – 4 AZR 711/06 – ju­ris; BAG 14.11.2007 – 4 AZR 828/06 - ju­ris), steht dem nicht ent­ge­gen (eben­so LAG Schles­wig-Hol­stein, 17.7.2008 – 3 Sa 159/08 – ju­ris; Bau­er/Günther NZA 2008, 10). § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB und § 613 a Abs. 1 Satz 2 BGB sind ne­ben­ein­an­der an­wend­bar ( LAG Schles­wig-Hol­stein, 17.7.2008 – 3 Sa 159/08 – ju­ris). Ei­ne an­de­re Sicht­wei­se wäre auch mit Art. 9 Abs. 3 GG nicht zu ver­ein­ba­ren, da das Ge­werk­schafts­mit­glied an­dern­falls auf­grund sei­ner Ta­rif­bin­dung schlech­ter stünde, als der nicht ta­rif­ge­bun­de­ne Ar­beit­neh­mer mit der glei­chen Ver­trags­ge­stal­tung.

2. Der Kläger hat den An­spruch auf die Dif­fe­renz zwi­schen der ge­zahl­ten und der ge­schul­de­ten
Vergütung für die Zeit von April 2007 bis Sep­tem­ber 2007 ge­genüber der Be­klag­ten auch in­ner­halb der Ver­fall­frist gem. § 27 Abs. 1 b), Abs. 3 des Man­tel­ta­rif­ver­trags für die Ar­bei­ter und An­ge­stell­ten der Ei­sen,- Me­tall und Elek­tro­in­dus­trie Hes­sen gel­tend ge­macht. Er hat die Be­klag­te vor dem 09. Ju­li 2007 und da­mit in­ner­halb von 3 Mo­na­ten nach Fällig­wer­den der Ansprüche schrift­lich zur Zah­lung auf­ge­for­dert und sei­ne Ansprüche so­dann am 09. Ok­to­ber 2007 und so­mit bin­nen 3 Mo­na­ten nach Zu­gang des Ab­leh­nungs­schrei­bens vom 09. Ju­li 2007 ge­richt­lich gel­tend ge­macht.

3) Der Zins­an­spruch des Klägers folgt aus §§ 286 Abs. 2 Nr. 1 , 288 Abs. 1 S. 1 BGB .

III. Die Kos­ten des Rechts­streits hat die un­ter­le­ge­ne Be­klag­te gemäß § 91 Abs. 1 ZPO zu tra­gen.

IV. Die Re­vi­si­on ist nach § 72 Abs. 2 Nr. 1, 2 ArbGG für die Be­klag­te zu­zu­las­sen.

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 


zur Übersicht 20 Sa 638/08