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Bundesarbeitsgericht: Solidaritätsstreiks zulässig
18.07.2007. Mit Streiks wollen Arbeitnehmer etwas erreichen. Entweder soll der bestreikte Arbeitgeber Zugeständnisse machen, dann geht es um einen Firmen- oder Haustarifvertrag. Oder die Streikenden wollen etwas von dem Arbeitgeberverband, in dem der bestreikte Arbeitgeber Mitglied ist, dann geht es um einen Flächen- bzw. Verbandstarifvertrag.
Fraglich und bisher umstritten war, ob die Arbeitnehmer auch streiken können, wenn sie weder vom bestreikten Arbeitgeber noch von dem Arbeitgeberverband, dessen Mitglieder der Arbeitgeber ist, "etwas haben wollen", sondern wenn es ihnen "nur" darum geht, ihre Sympathie oder Solidarität mit einem anderen Streik zum Ausdruck zu bringen.
In einer aktuellen Grundsatzentscheidung hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) seine bisherige Rechtsprechung aufgegeben, derzufolge Sympathie- bzw. Solidaritätsstreiks im allgemeinen nicht zulässig sein sollten. Das sieht das BAG nun anders. Sympathie- bzw. Solidaritätsstreiks sind erlaubt: BAG, Urteil vom 19.06.2007, 1 AZR 396/06.
- Sind Sympahtiestreiks bzw. Solidaritätsstreiks rechtlich erlaubt, d.h. vom Streikrecht umfasst?
- Der Streitfall: Ver.di führt einen Solidaritätsstreik gegen eine Druckerei, die daraufhin Schadensersatz verlangt
- BAG: Unterstützungsstreiks sind im Allgemeinen vom Streikrecht gedeckt
Sind Sympahtiestreiks bzw. Solidaritätsstreiks rechtlich erlaubt, d.h. vom Streikrecht umfasst?
Wie erwähnt ist es bislang fraglich und umstritten, ob sog. Solidaritätsstreiks - man spricht auch von Unterstützungs- oder Sympathiestreiks - rechtlich zulässig sind.
Bei dieser Streikform werden Unternehmen bestreikt, mit denen die Gewerkschaft keinen Firmentarifvertrag abschließen möchte und die auch nicht Mitglied des Arbeitgeberverbandes sind, mit dem sich die Gewerkschaft in Tarifverhandlungen befindet. Der "Sinn" dieser Streiks besteht in einer Erhöhung des mittelbaren Drucks auf die Verhandlungsführer der Arbeitgeberseite.
Während die Befürworter dieser Streikform argumentieren, dass es hier wie bei jedem "gewöhnlichen" Streik um die Erhöhung des gewerkschaftlichen Drucks auf die Arbeitgeberseite gehe, verweisen die Gegner des Sympathiestreiks darauf, dass der Bestreikte mit dem Tarifkonflikt nichts zu tun habe und daher zu Unrecht mit Kampfmaßnahmen überzogen werde; der Unterstützungsstreik sei daher gar nicht auf den Abschluss eines Tarifvertrags gerichtet.
Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hat in den 80er Jahren in zwei Fällen gegen die rechtliche Zulässigkeit von Unterstützungs- oder Sympathiestreiks entschieden, wobei es allerdings nur feststellte, Sympathiestreiks seien "in der Regel" rechtswidrig (BAG, Urteil vom 05.03.1985, 1 AZR 468/83; Urteil vom 12.01.1999, 1 AZR 219/86). Nunmehr lag ihm erneut ein solcher Fall zur Entscheidung vor.
Der Streitfall: Ver.di führt einen Solidaritätsstreik gegen eine Druckerei, die daraufhin Schadensersatz verlangt
In dem vom Bundesarbeitsgericht entschiedenen Fall klagte ein Druckereiunternehmen gegen die Gewerkschaft ver.di auf Schadensersatz wegen eines von ihr organisierten Unterstützungsstreiks.
Das klagende Unternehmen druckt die Zeitung für ein zum selben Konzern gehörendes Verlagsunternehmen, erzielt jedoch auch einen Teil seiner Umsätze mit Druckaufträgen, die von anderen Auftraggebern vergeben werden.
Bei dem zum Konzern gehörenden Verlagsunternehmen führte ver.di einen Arbeitskampf mit dem Ziel, einen neuen Tarifvertrag für Redakteure an Tageszeitungen abzuschließen. Um dieser tariflichen Forderung im Redakteursbereich Nachdruck zu verschaffen, rief sie die Beschäftigten des Druckunternehmens zu einem befristeten Unterstützungsstreik auf. Daraufhin legten 20 Arbeitnehmer des Druckunternehmens für eine Nachtschicht die Arbeit nieder.
Arbeitsgericht und Landesarbeitsgericht gaben der Klage statt, d.h. sie verurteilten ver.di zum Schadensersatz.
BAG: Unterstützungsstreiks sind im Allgemeinen vom Streikrecht gedeckt
Das Bundesarbeitsgericht hob die Entscheidungen auf und urteilte zugunsten der Gewerkschaft. Nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts war der Unterstützungsstreik rechtmäßig.
Zur Begründung heißt es, die ver.di habe ihn für geeignet und erforderlich zur Unterstützung ihres Hauptarbeitskampfs halten dürfen; zudem sei er unter Berücksichtigung der Rechtspositionen der Klägerin "nicht unangemessen" gewesen.
Gewerkschaftliche Streiks, die der Unterstützung eines in einem anderen Tarifgebiet geführten Hauptarbeitskampfs dienen, unterfallen nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts der durch Art.9 Abs.3 Grundgesetz gewährleisteten Betätigungsfreiheit von Gewerkschaften.
Dieses Grundrecht schütze alle koalitionsspezifischen Verhaltensweisen. Es überlasse deshalb den Koalitionen die Wahl der Mittel, mit denen sie die Regelung von Arbeitsbedingungen durch Tarifverträge erreichen wollten. Zu diesen Mitteln gehöre auch der Unterstützungsstreik.
Die Zulässigkeit von Unterstützungsstreiks richte sich wie bei anderen Arbeitskampfmaßnahmen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Solche Streiks seien daher nur dann rechtswidrig, wenn sie zur Unterstützung des Hauptarbeitskampfs "offensichtlich ungeeignet, nicht erforderlich oder unangemessen" seien. Da ein solcher Ausnahmefall hier nach Ansicht des Bundesarbeitsgerichts nicht vorlag, erklärte es die streitige Arbeitskampfmaßnahme für rechtens und wies die Schadensersatzklage ab.
Fazit: Das Bundesarbeitsgericht hat mit Recht das Regel-Ausnahme-Verhältnis bei der rechtlichen Beurteilung von Unterstützungsstreiks gegenüber seiner Rechtsprechung der 80er Jahre umgekehrt:
Während es damals entschied, solche Streiks seien "in der Regel" unzulässig, hält es sie heute für in der Regel zulässig, falls sie nicht ausnahmsweise unverhältnismäßig sind. Eine grundlegende Veränderung der Arbeitskampfrechtsprechung zugunsten der Gewerkschaften liegt darin entgegen anders lautenden Kommentierungen dieses Urteils nicht.
Für die neuere Linie des BAG spricht, dass das bestreikte Einzelunternehmen auch in dem "Normalfall" eines rechtlich zulässigen Streiks zum Zwecke der Herbeiführung eines Verbandstarifvertrags keine Möglichkeit hat, durch ein indivuelles "Eingehen" auf die gewerkschaftliche Forderung dem Streik auszuweichen. So gesehen ist der Unterstützungsstreik nichts Besonderes.
Und schließlich: Wäre er aus gewerkschaftlicher Sicht kein taugliches Mittel zur Beeinflussung der Verhandlungsführer auf der Arbeitgeberseite im eigentlichen Tarifkonflikt, dann würde ein solcher Streik wohl kaum geführt werden.
Somit spricht die Vermutung dafür, dass er im Tarifkonflikt aus gewerkschaftlicher Sicht ein taugliches Kampfmittel ist, was nach allgemein anerkannten Grundsätzen des Arbeitskampfrechts seine Rechtmäßigkeit zur Folge hat (falls er nicht ausnahmsweise "unverhältnismäßig" ist).
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19.06.2007, 1 AZR 396/06
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 12.01.1999, 1 AZR 219/86
- Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 05.03.1985, 1 AZR 468/83
- Handbuch Arbeitsrecht: Streik und Streikrecht
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
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Letzte Überarbeitung: 16. November 2020
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