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Mindestlohn für Schwerbehinderte

26.10.2015. Seit Januar 2015 gilt in Deutschland der allgemeine Mindestlohn nach dem Mindestlohngesetz (MiLoG).
Nach § 1 Abs.1 MiLoG haben alle Arbeitnehmer einen Anspruch auf ein Arbeitsentgelt in Höhe des Mindestlohns. Dieser beträgt, so § 1 Abs.2 MiLoG, ab Anfang 2015 pro Stunde 8,50 EUR brutto.
Von dem Mindestlohn gibt es allerdings einige Ausnahmen. So können unter anderem Langzeitarbeitslose und Auszubildende keinen Mindestlohn verlangen.
Das Arbeitsgericht Kiel hat jetzt entschieden, dass auch Behinderte, die in Behindertenwerkstätten tätig werden, keinen Anspruch auf den allgemeinen Mindestlohn haben: Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 19.06.2015, 2 Ca 165a/15.
- Wer erhält den allgemeinen Mindestlohn?
- Im Streit: Behinderter Werkstattmitarbeiter verlangt Mindestlohn für geleistete Arbeit
- Arbeitsgericht Kiel: Behinderte Menschen, die in einer Behindertenwerkstatt arbeiten, haben in der Regel keinen Anspruch auf den Mindestlohn
Wer erhält den allgemeinen Mindestlohn? 
Gemäß §§ 1 Abs.1 und 2, 22 Mindestlohngesetz (MiLoG) können alle Arbeitnehmer, die in Deutschland arbeiten, einen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 EUR brutto pro Stunde verlangen.
Nach der Rechtsprechung ist eine Person ein Arbeitnehmer, wenn auf ihn drei Merkmale zutreffen:
- er wird aufgrund eines privatrechtlichen Vertrags tätig,
- er verpflichtet sich zur Leistung von Diensten,
- er ist von seinem Auftraggeber sozial abhängig. Eine solche soziale Abhängigkeit liegt vor, wenn er in den Betrieb des Auftraggebers eingegliedert ist, die Anweisungen seines Auftraggebers befolgen muss (sogenannte Weisungsgebundenheit) und kein unternehmerisches Risiko trägt.
Keinen Anspruch auf den Mindestlohn haben hingegen freie Dienstvertragsnehmer und für Werkunternehmer. Grund dafür ist, dass sie selbständig und damit auf ihre eigene Verantwortung arbeiten. Aus dem gleichen Grund haben auch sogenannte "arbeitnehmerähnliche Personen" keinen Anspruch auf den Mindestlohn.
Arbeitnehmerähnliche Personen nehmen eine Zwischenstellung zwischen Unternehmer und Arbeitnehmer ein. Sie kennzeichnen zwei Merkmale:
- anders als Arbeitnehmer sind sie nicht weisungsgebunden,
- wiederum anders als Unternehmer sind sie wirtschaftlich von einem (oder zwei) Auftraggeber(n) abhängig.
Aufgrund ihrer wirtschaftlichen Abhängigkeit sind arbeitnehmerähnliche Personen sozial schutzwürdig, weshalb sie sich auf einige arbeits- und sozialrechtlichen Vorschriften berufen können (z.B. das Bundesurlaubsgesetz, das Arbeitsgerichtsgesetz). Auf das MiLoG können sie sich hingegen nicht berufen.
Behinderte, die in Behindertenwerkstätten arbeiten, sind nach dem Gesetz ebenfalls arbeitnehmerähnliche Personen (§ 138 Abs. 1 Neuntes Sozialgesetzbuch (SGB IX)). Doch sie sind in der Regel -anders als für arbeitnehmerähnliche Personen typisch- in den Werkstattbetrieb eingegliedert, tragen kein wirtschaftliches Risiko und unterliegen Weisungen. Das Arbeitsgericht Kiel entschied nun, dass Behinderte, die in Behindertenwerkstätten arbeiten, trotzdem keinen Anspruch auf den allgemeinen Mindestlohn haben: Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 19.06.2015, 2 Ca 165a/15.
Im Streit: Behinderter Werkstattmitarbeiter verlangt Mindestlohn für geleistete Arbeit 
Der schwerbehinderte Kläger (Grad der Behinderung 70 %) arbeitete seit 1994 in einer Werkstatt für Behinderte (§ 136 Abs. 1 SGB IX). Dort war er 38,5 Stunden pro Woche für den Gemüseanbau und die Auslieferung der Gemüsekisten an die Kunden zuständig. Er bekam für seine Tätigkeit eine Nettovergütung von 216,75 EUR, was einem Stundenlohn von 1,49 EUR entspricht. Zusätzlich hatte er einen Anspruch auf eine Rente wegen voller Erwerbsminderung.
Nach dem Entwicklungsbericht der Eingliederungshilfe für behinderte Menschen wurde seine Arbeitsleistung als vergleichbar hoch eingestuft. Eine außergewöhnliche Pflegebedürftigkeit wurde ihm nicht attestiert.
Der schwerbehinderte Werkstattmitarbeiter hielt die Vergütung von 1,49 EUR für sittenwidrig niedrig und forderte von dem Hilfswerk eine angemessene Vergütung für seine Arbeitsleistung in Höhe von 6,00 EUR für das Jahr 2014 und ab Januar 2015 den Mindestlohn von 8,50 EUR pro Stunde. Insgesamt forderte er von dem Hilfswerk eine Lohnnachzahlung von 10.159,58 EUR.
Arbeitsgericht Kiel: Behinderte Menschen, die in einer Behindertenwerkstatt arbeiten, haben in der Regel keinen Anspruch auf den Mindestlohn 
Das Arbeitsgericht Kiel wies die Klage des Werkstattmitarbeiters ab. Er hatte laut Arbeitsgericht weder einen Anspruch auf eine angemessene Vergütung für das Jahr 2014 noch einen Anspruch auf den Mindestlohn für die Zeit ab Januar 2015.
Denn nur Arbeitnehmer können den Mindestlohn verlangen, nicht hingegen arbeitnehmerähnlichen Personen, wie der Werkstattmitarbeiter. Bei der Unterscheidung zwischen einem arbeitnehmerähnlichen Rechtsverhältnis im Sinne des § 138 Abs. 1 SGB IX und einem Arbeitsverhältnis kommt es nicht, wie sonst üblich, auf das Fehlen von Weisungsgebundenheit an. Vielmehr kennzeichnet ein Arbeitsverhältnis ein angemessenes Austauschverhältnis zwischen weisungsgebundener Arbeit und Vergütung. Hauptzweck eines Arbeitsverhältnisses ist danach das Erbringen einer wirtschaftlich verwertbaren Leistung.
Bei einem Werkstattverhältnis hingegen steht nicht die Erbringung von wirtschaftlich verwertbarer Arbeit im Mittelpunkt, sondern die Betreuung und Anleitung der schwerbehinderten Menschen sowie die Erhaltung und Entwicklung ihrer persönlichen Leistungs- und Erwerbsfähigkeit.
Ein Arbeitsverhältnis liegt laut Arbeitsgericht Kiel erst dann vor, wenn schwerbehinderte Menschen wie Arbeitnehmer auch in quantitativer Sicht wirtschaftlich verwertbare Leistungen erbringt. Trotz der Weisungsgebundenheit des Werkstattmitarbeiters ist er daher kein Arbeitnehmer.
Auch aus systematischen Gründen scheidet ein Anspruch des Werkstattmitarbeiters auf den Mindestlohn laut Arbeitsgericht Kiel aus. Denn § 138 Abs. 2 SGB IX beinhaltet eine eigenständige Vergütungsregelung für behinderte Menschen, die in Werkstätten beschäftigt werden. Diese Regelung wär überflüssig, wenn Werkstattverhältnisse unter das MiLoG fallen.
Das Arbeitsgericht Kiel argumentiert zudem mit dem Zweck des Mindestlohns. Dieser soll Arbeitnehmer vor Niedriglöhnen schützen und existenzsichernde Arbeitsentgelte sichern. Um den Mindestlohn verlangen zu können muss laut Arbeitsgericht ein angemessenes Austauschverhältnis zwischen Arbeitsleistung und Entgelt bestehen. Da jedoch für Werkstattverhältnisse die soziale Betreuung im Fokus steht, können die Regeln Arbeit gegen Vergütung auf sie nicht angewendet werden.
Fazit: Das Arbeitsgericht Kiel verneint einen Anspruch behinderter Werkstattmitarbeiter auf den Mindestlohn. Grund dafür ist, dass sie nicht wie "richtige" Arbeitnehmer wirtschaftlich verwertbare Leistungen erbringen. Die Kopplung des Mindestlohns an die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit eines Menschen ist jedoch bedenklich. Denn durch den Mindestlohn soll nur eine Untergrenze geschaffen werden, damit Menschen von ihrer Arbeit leben können. Es geht bei dem Mindestlohn nicht darum einen angemessenen Ausgleich von Arbeitsleistung und Vergütung zu schaffen.
Das Arbeitsgericht Kiel übersieht zudem völlig einen möglichen Verstoß gegen das Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (AGG). Danach sind Benachteiligungen aus Gründen einer Behinderung grundsätzlich unzulässig. Und dazu gehört auch eine Benachteiligung in Bezug auf das Arbeitsentgelt.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Arbeitsgericht Kiel, Urteil vom 19.06.2015, 2 Ca 165a/15
- Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit und Soziales (11. Ausschuss), vom 02.07.2014, Bundestag-Drucksache 18/2010
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohn und Gehalt
- Handbuch Arbeitsrecht: Lohnklage
- Handbuch Arbeitsrecht: Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 20/105a Unterstützung von Menschen mit Behinderung in der Corona-Krise
- Arbeitsrecht aktuell: 15/107 Mindestlohn gefordert - Kündigung erhalten
- Arbeitsrecht aktuell: 15/091 Mindestlohn - Anrechnung von Lohnbestandteilen
- Arbeitsrecht aktuell: 14/393 Lohnwucher im Anwaltsbüro
- Arbeitsrecht aktuell: 14/131 Mindestlohngesetz 2015
- Arbeitsrecht aktuell: 11/144 Dumpinglöhne: Wie weist man das allgemeine Lohnniveau nach?
Letzte Überarbeitung: 22. Februar 2021
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