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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 04.05.2009, 7 Sa 1607/08

   
Schlagworte: Bonus, Gehalt: Bonus, Sonderzahlung
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 Sa 1607/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.05.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt am Main
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hes­sen
Urt. v. 04.05.2009, Az.: 7 Sa 1607/08

 

Te­nor

Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 12. Au­gust 2008 - 12 Ca 1764/08 wird ab­geändert.

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 7.089,00 EUR (in Wor­ten: Sie­ben­tau­send­neun­und­acht­zig und 00/100 Eu­ro) brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit 27. Ja­nu­ar 2008 und wei­te­re 4.013,08 EUR (in Wor­ten: Vier­tau­send­drei­zehn und 08/100 Eu­ro) brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 19. Ju­li 2008 zu zah­len.

Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Be­klag­te zu tra­gen.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um ei­nen Bo­nus­an­spruch der Kläge­rin für das Jahr 2007.

Die Kläge­rin war seit dem 01. März 2005 - zu­letzt als „Se­ni­or As­set Ma­na­ger" – bei der Be­klag­ten beschäftigt, de­ren Geschäfts­ge­gen­stand u.a. die Be­ra­tung bei In­ves­ti­ti­ons­pro­jek­ten ist.

Dem Ar­beits­verhält­nis lag der von der Be­klag­ten vor­for­mu­lier­te und in­halts­gleich mehr­fach ver­wen­de­te schrift­li­che Ar­beits­ver­trag vom 01. März 2005 zu Grun­de, we­gen des­sen In­halt auf Bl. 25 - 32 d.A. ver­wie­sen wird. Un­ter § 3 des Ver­trags fin­det sich fol­gen­de Re­ge­lung:

„§ 3
Die Mit­ar­bei­te­rin erhält für ih­re Tätig­keit in fes­tes Jah­res­ge­halt von € 45.000 brut­to, zahl­bar in zwölf glei­chen Ra­ten je­weils am En­de ei­nes Mo­nats nachträglich auf ihr Bank­kon­to.

Zusätz­lich be­steht die Möglich­keit, ei­nen jähr­li­chen Bo­nus zu er­hal­ten. Die Gewährung und die Fest­le­gung der Höhe lie­gen im frei­en Er­mes­sen der Ge­sell­schaft, wo­bei der Bo­nus ma­xi­mal 30% des fes­ten Jah­res­brut­to­ge­hal­tes der Mit­ar­bei­te­rin beträgt. Die persönli­che Leis­tung der Mit­ar­bei­te­rin und das wirt­schaft­li­che Er­geb­nis der Ge­sell­schaft im Re­fe­renz­jahr wer­den im Rah­men der Er­mes­sens­ausübung berück­sich­tigt. Wird ein Bo­nus gewährt, er­folgt die Aus­zah­lung im De­zem­ber des Re­fe­renz­jah­res. Die Zah­lung ei­nes Bo­nus­ses be­gründet kei­nen An­spruch für ei­ne ent­spre­chen­de Zah­lung in den Fol­ge­jah­ren.

Mit dem vor­ste­hen­den Ge­halt sind sämt­li­che Vergütungs­ansprüche der Mit­ar­bei­te­rin, auch für Über­stun­den, ab­ge­gol­ten."

Mit Wir­kung vom 01. Ju­li 2006 wur­de das Brut­to­jah­res­ge­halt der Kläge­rin auf 56.710,00 € erhöht (Bl. 33 d.A.).

Die Kläge­rin er­hielt

- im De­zem­ber 2005 ei­ne Bo­nus­zah­lung in Höhe von 13:500,00 € gemäß Schrei­ben vom 20. De­zem­ber 2005 (Bl. 34 d.A.),

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- im Sep­tem­ber 2006 ei­ne Bo­nus­zah­lung in Höhe von 10.000,00 € gemäß Schrei­ben vom 31. Au­gust 2006 (Bl. 35 d.A.),
- im De­zem­ber 2006 ei­ne wei­te­re Bo­nus­zah­lung in Höhe von 18.500,00 € gemäß Schrei­ben vom De­zem­ber 2006 (Bl. 36 d.A.).

Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en en­de­te am 31. Mai 2007 auf Grund der von der Kläge­rin aus­ge­spro­che­nen Kündi­gung vom 28, Fe­bru­ar 2007.

Mit Schrei­ben vom 07. Ja­nu­ar 2008 (Bl. 37 d.A.) mach­te die Kläge­rin ge­genüber der Be­klag­ten ei­nen An­spruch auf Zah­lung ei­nes an­tei­li­gen Bo­nus` für das Jahr 2007 gel­tend. Die Be­klag­te lehn­te dies mit der Be­gründung ab, die Bo­nus­zah­lung er­fol­ge auch in Er­war­tung künf­ti­ger Be­triebs­treue.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, sie ha­be so­wohl aus ar­beits­recht­li­cher Ver­ein­ba­rung als auch aus dem Ge­sichts­punkt der Gleich­be­hand­lung ei­nen An­spruch auf ei­nen an­tei­li­gen Bo­nus für das Jahr 2007.

We­gen des zu Grun­de lie­gen­den Sach­ver­halts im Übri­gen, des Vor­brin­gens der Par­tei­en und ih­rer Anträge ers­ter In­stanz wird auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils (Bl. 110 -115 d.A.) ver­wie­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge mit der Be­gründung ab­ge­wie­sen,. we­der § 3 des Ar­beits­ver­trags noch die Schrei­ben, mit de­nen je­weils die Bo­nus­zah­lung mit­ge­teilt wur­den, be­gründe­ten ei­nen An­spruch der Kläge­rin für das Jahr, in dem das Ar­beits­verhält­nis auf Grund ih­rer ei­ge­nen Kündi­gung en­de­te. Die Be­klag­te sei auch be­rech­tigt ge­we­sen, die­se Ei­genkündi­gung bei der Ausübung des ver­ein­bar­ten frei­en Er­mes­sens an­spruchs­hin­dernd zu berück­sich­ti­gen. Durch die ver­trag­li­che Re­ge­lung wer­de die Kläge­rin auch nicht un­an­ge­mes­sen i.S.d. § 307 Abs. 1 BGB be­nach­tei­ligt.

Ge­gen die­ses Ur­teil vom 12. Au­gust 2008, auf des­sen In­halt zur wei­te­ren Sach­dar­stel­lung Be­zug ge­nom­men wird, rich­tet sich die Be­ru­fung der Kläge­rin.

Sie äußert die Mei­nung, die Be­klag­te ha­be mit der Leis­tung von Son­der­zah­lun­gen in ei­ner Höhe zwi­schen 35 und 38% des ver­ein­bar­ten Jah­res­fest­ge­halts der Kläge­rin ei­ne Vergütung an­ge­bo­ten, die jen­seits der zunächst ver­ein­bar­ten Vergütung lag. Dies sei spätes­tens mit der Zah­lung des zwei­ten Be­trags im Jah­re 2006 er­folgt. Durch die wi­der­spruchs­lo­se Hin­nah­me ha­be die. Kläge­rin die An­nah­me des An­ge­bots erklärt. Da­durch sei ei­ne zusätz­li­che jähr­li­che Zah­lung ei­nes Be­trags in Höhe von 35 bis 38% des Fi­xums Be­stand­teil der ar­beits­ver­trag­li­chen Vergütungs­ver­ein­ba­rung ge­wor­den.

Darüber hin­aus ha­be das Ar­beits­ge­richt die Wi­dersprüchlich­keit und den be­nach­tei­li­gen­den Cha­rak­ter der Vergütungs­re­ge­lung in § 3 des Ar­beits­ver­trags ver­kannt. Durch die For­mu­lie­rung wer­de deut­lich, dass es der Be­klag­ten als Klau­sel­ver­wen­de­rin nur dar­um ging, je­de nur denk­ba­re Ver­pflich­tung zur Zah­lung des er­heb­li­chen Ge­halts­be­stand­teils von mehr als 30% aus­zu­sch­ließen. Die Ver­knüpfung ver­schie­de­ner Re­ge­lungs­tech­ni­ken stel­le ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung dar, weil dies beim ty­pi­scher­wei­se an ei­nem sol­chen Ver­trag be­tei­lig­ten Part­ner den Ein­druck er­we­cke, die For­mu­lie­rung des § 3 Abs. 2 Satz 1 be­gründe be­reits ei­nen Rechts­an­spruch auf die Bo­nus­zah­lung.

Sch­ließlich stel­le die von der Be­klag­ten vor­ge­nom­me­ne Bin­dung an die Be­triebs­treue, die im Ver­trags­text nicht ent­hal­ten ist, ei­nen Ver­s­toß ge­gen Art. 12 GG dar, wenn der Bo­nus ei­nen der­art maßgeb­li­chen An­teil im Leis­tungs­pro­gramm des Ar­beit­ge­bers aus­macht, wie es hier mit über 30% des Fix­ge­halts der Fall ist.

Die Kläge­rin be­an­tragt, wie folgt zu er­ken­nen:

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1. Das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main (Ak­ten­zei­chen 12 Ca 1764/08) wird ab­geändert.

2. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 7.089,00 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 27. Ja­nu­ar 2008 zu zah­len.

3. Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin wei­te­re 4.013,08 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 19. Ju­li 2008 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te ver­tei­digt das an­ge­grif­fe­ne Ur­teil un­ter Wie­der­ho­lung und Ver­tie­fung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­trags.

Für den wei­te­ren Vor­trag der Par­tei­en in der. Be­ru­fungs­in­stanz wird auf die Be­ru­fungs­be­gründung vom 11. De­zem­ber 2008 (Bl. 139 - 156 d.A.) und die Be­ru­fungs­be­ant­wor­tung vom 09. März 2009 (Bl. 180 - 188 d.A.) ver­wie­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

I.

Die nach dem Wert des Be­schwer­de­ge­gen­stan­des statt­haf­te, form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te und be­gründe­te Be­ru­fung der Kläge­rin ist zulässig.

II.

Die Be­ru­fung ist auch in der Sa­che be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge zu Un­recht ab­ge­wie­sen.

Die zulässi­ge Kla­ge ist be­gründet. Da­her war das erst­in­stanz­li­che Ur­teil ab­zuändern und der Kla­ge in vol­lem Um­fang statt­zu­ge­ben.

Dies be­ruht auf fol­gen­den Erwägun­gen:

1. Der An­spruch der Kläge­rin folgt nicht aus ei­ner er­mes­sens­feh­ler­haf­ten Berück­sich­ti­gung ih­rer Ei­genkündi­gung durch die Be­klag­te. Viel­mehr durf­te die­se im Rah­men der Ausübung des frei­en Er­mes­sens gem. § 3 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags der Par­tei­en ne­ben den dort aus­drück­lich auf­geführ­ten Kri­te­ri­en auch wei­te­re - so bei­spiels­wei­se den Ge­sichts­punkt der Be­triebs­treue - berück­sich­ti­gen (so be­reits Kam­mer­ur­teil vom 06. Au­gust 2007 - 7Sa 2081/06 bei iden­ti­scher Ver­trags­ge­stal­tung).

2. Wei­ter­hin enthält. § 3 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags der Par­tei­en auch kei­ne wi­dersprüchli­che For­mu­lie­rung, die bei der Ar­beit­neh­me­rin den An­schein er­regt, ei­ne zunächst zu­ge­sag­te ver­trag­li­che Leis­tung stünde un­ter ei­nem Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt. Viel­mehr lässt die von der Be­klag­ten gewähl­te For­mu­lie­rung kei­nen Zwei­fel dar­an, dass für die Kläge­rin le­dig­lich die „Möglich­keit“ be­steht, ei­nen Bo­nus zu er­hal­ten, des­sen Gewährung selbst wie auch die Höhe al­lein vom frei­en Er­mes­sen der Be­klag­ten abhängt. Dar­an ändert auch der letz­te Satz der Klau­sel nichts, der le­dig­lich aus­sch­ließen soll, dass ei­ne tatsächlich er­folg­te Bo­nus­zah­lung in der da­von begüns­tig­ten Ar­beit­neh­me­rin schon den Ein­druck er­weckt, dass auch

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in den Fol­ge­jah­ren zwin­gend sol­che Zah­lun­gen er­fol­gen.

3. Der An­spruch der Kläge­rin auf Zah­lung ei­nes Bo­nus' auch für das Jahr 2006 folgt viel­mehr aus dem wi­dersprüchli­chen Ver­hal­ten der Be­klag­ten im Hin­blick auf die selbst für die Ver­trags­ge­stal­tung auf­ge­stell­ten Vergütungs­re­ge­lun­gen. Die­ses Ver­hal­ten be­wirkt, dass sich die Be­klag­te auf den zunächst ein­deu­tig for­mu­lier­ten Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt we­gen der Bo­nus­zah­lung nicht mehr be­ru­fen, die Kläge­rin viel­mehr ei­nen der Bo­nus­zah­lung im Vor­jahr ent­spre­chen­den An­teil auch für den Zeit­raum Ja­nu­ar bis Mai 2006 be­an­spru­chen kann.

a) Grundsätz­lich kann der Ar­beit­ge­ber ei­nen Rechts­an­spruch des Ar­beit­neh­mers auf ei­ne in Aus­sicht ge­stell­te Zu­wen­dung aus­sch­ließen und sich die Ent­schei­dung vor­be­hal­ten, ob und in wel­cher Höhe er künf­tig Son­der­zah­lun­gen gewährt (stRspr., vgl. BAG 23. Ok­to­ber 2002 - 10 AZR 48/02 - BA­GE 103, 151 und 11. April 2000 - 9 AZR 255/99 - BA­GE 94, 204, je­weils m.w.N.). Dar­an hat der zuständi­ge Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auch nach dem In­kraft­tre­ten des Ge­set­zes zur Mo­der­ni­sie­rung des Schuld­rechts zum 01. Ja­nu­ar 2002 fest­ge­hal­ten und an­ge­nom­men, der Ar­beit­ge­ber sei auf Grund des Frei­wil­lig­keits­vor­be­halts in ei­nem For­mu­lar­ar­beits­ver­trag, der ei­nen Rechts­an­spruch des Ar­beit­neh­mers auf ei­ne Son­der­zah­lung aus­sch­ließt, .grundsätz­lich in sei­ner Ent­schei­dung frei, ob und un­ter wel­chen Vor­aus­set­zun­gen er ei­ne zusätz­li­che Leis­tung gewährt (BAG 28. März 2007 - 10 AZR 261/06 - AP GB § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on Nr. 265 und 30. Ju­li 2008 - 10 AZR 606/07 AP BGB § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on Nr. 274). Gründe, von die­ser ständi­gen Recht­spre­chung ab­zu­wei­chen, sind nicht er­sicht­lich.

b) An­de­rer­seits hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­ner Grund­satz­ent­schei­dung zur Wirk­sam­keit ver­trag­li­cher Stich­tags­klau­seln (BAG 24. Ok­to­ber 2007 - 10 AZR 825/06 - AP BGB § 307 Nr. 321 - RNr. 28) grundsätz­li­che Be­den­ken hin­sicht­lich sol­cher Ver­trags­re­ge­lun­gen geäußert, die Son­der­zah­lun­gen vom Er­rei­chen ei­nes Stich­tags abhängig ma­chen, wenn sie mehr als 25% der Ge­samt­vergütung des Ar­beit­neh­mers aus­ma­chen. Es hat da­bei an die be­reits seit länge­rer Zeit ge­pfleg­te Recht­spre­chung des 5. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts an­ge­knüpft, wo­nach Wi­der­rufs­vor­be­hal­te bei lau­fen­den Zah­lun­gen un­wirk­sam sind, wenn der im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis ste­hen­de wi­der­ruf­li­che Teil des Ge­samt­ver­diens­tes min­des­tens 25% beträgt (BAG 12. Ja­nu­ar 2005 -5 AZR 364/04 -BA­GE 113, 140; 11. Ok­to­ber 2006 - 5 AZR 721/05 - AP BGB § 308 Nr. 6).

Grund hierfür ist die Erwägung, dass der Ar­beit­ge­ber ei­ner­seits we­gen der Un­ge­wiss­heit der wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens und der all­ge­mei­nen Ent­wick­lung des Ar­beits­verhält­nis­ses ein an­er­ken­nens­wer­tes In­ter­es­se dar­an, hat, be­stimm­te Leis­tun­gen, ins­be­son­de­re "Zu­satz­leis­tun­gen" fle­xi­bel aus­zu­ge­stal­ten. An­de­rer­seits darf da­durch aber das Wirt­schafts­ri­si­ko des Un­ter­neh­mers nicht auf den Ar­beit­neh­mer ver­la­gert wer­den. Ein­grif­fe. in den Kern­be­reich des Ar­beits­ver­trags sind nach der Wer­tung des § 307 Abs. 2 BGB nicht zulässig (BAG 11. Ok­to­ber 2006, a. a.O., RNr. 22). Die­sen Kern­be­reich sieht das Bun­des­ar­beits­ge­richt zu Recht dann als ver­letzt an, wenn mehr als 25% der Ge­samt­vergütung ei­nes Ar­beit­neh­mers von der frei­en Wil­lens­ent­schei­dung des Ar­beit­ge­bers abhängig ist.

Berück­sich­tigt man die­se Recht­spre­chung des 5. und 10. Se­nats des Bun­des­ar­beits­ge­richts, so lässt sich dar­aus ganz all­ge­mein der Rechts­satz ab­lei­ten, dass Klau­seln, die es dem Ar­beit­ge­ber ermögli­chen, 25% der Jah­res­vergütung ei­nes Ar­beit­neh­mers von sei­ner ein­sei­ti­gen Er­mes­sens­ent­schei­dung abhängig zu ma­chen, ge­ne­rell un­wirk­sam sind, wo­bei un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen, wenn in der Son­der­zah­lung auch der Er­satz von Auf­wen­dun­gen des Ar­beit­neh­mers ent­hal­ten ist, ei­ne Erhöhung auf 30% noch als zulässig an­ge­se­hen wird (BAG 11. Ok­to­ber 2006, a.a.O., RNr. 23).

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c) Die An­wen­dung die­ser Grundsätze auf den vor­lie­gen­den Fall führen zu dem ein­gangs be­schrie­be­nen Er­geb­nis.

Zum ei­nen ist fest­zu­hal­ten dass die Be­klag­te bei der For­mu­lie­rung der Ver­trags­be­din­gun­gen of­fen­sicht­lich selbst die Pro­ble­ma­tik ei­ner im Verhält­nis zur fest zu­ge­sag­ten Vergütung zu ho­hen Son­der­zah­lung im Blick hat­te und des­halb den mögli­chen Bo­nus auf 30% des fes­ten Jah­res­brut­to­ge­halts und da­mit je­den­falls we­ni­ger als 25% der Ge­samt­vergütung be­schränk­te.

Zum an­de­ren hat die Be­klag­te sich be­reits im ers­ten Jahr des Be­stan­des des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht an die­se ei­ge­ne Vor­ga­be ge­hal­ten, son­dern ei­nen Bo­nus ge­zahlt, der sich un­ter Berück­sich­ti­gung der Tat­sa­che, dass das Ar­beits­verhält­nis erst am 01. März 2005 be­gann. auf 34,66% des Fix­ge­halts (an­tei­lig für 10 Mo­na­te 37.500,00 €) und 25,74% der Ge­samt­vergütung (50.000,00' €) be­lief. Im Jahr 2006 stieg der Bo­nus­an­teil so­gar auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Vergütungs­erhöhung ab dem 01. Ju­li 2006 auf 56% des fes­ten Ge­halts und 35,9% der Jah­res­ge­samt­vergütung.

Da­mit hat die Be­klag­te ent­ge­gen der ei­ge­nen Vor­ga­ben ei­nen Bo­nus aus­ge­zahlt, der weit über die Gren­zen hin­aus­geht, die das Bun­des­ar­beits­ge­richt in den zi­tier­ten Ent­schei­dun­gen für Son­der­zah­lun­gen im Verhält­nis zur Ge­samt­vergütung zulässt.

Dar­an ändert der Um­stand, dass die Zah­lung im Jahr 2006 in zwei Teil­beträgen im Sep­tem­ber und De­zem­ber er­folg­te, nichts. Denn aus dem Wort­laut der ent­spre­chen­den Mit­tei­lun­gen, er­gibt sich nicht et­wa, dass es sich um ei­ne außer­or­dent­li­che Zah­lung han­delt, die mit der in § 3 des Ar­beits­ver­trags erwähn­ten Leis­tung nichts zu tun hat. Viel­mehr ent­spricht die For­mu­lie­rung des Schrei­bens vom De­zem­ber 2006 ge­nau der­je­ni­gen des Vor­jah­res, und im Schrei­ben vom 31. Au­gust 2006 ist aus­drück­lich von ei­ner "vor­zei­ti­gen Bo­nus­zah­lung" die Re­de. Dies be­deu­tet, dass die Be­klag­te ei­nen vom Rechts­grund her ein­heit­li­chen Bo­nus i.S.d. § 3 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags le­dig­lich in zwei Teil­beträgen zur Aus­zah­lung brach­te.

Da­durch, dass in al­len drei Schrei­ben ge­ra­de der Bei­trag der Kläge­rin an der gu­ten Un­ter­neh­mens­ent­wick­lung her­vor­ge­ho­ben wird, wird schließlich deut­lich, dass die Bo­nus­zah­lung als Ge­gen­leis­tung für die von der Kläge­rin er­brach­te Ar­beits­leis­tung er­folg­te, so­mit Teil des Sy­nal­lag­mas im be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis sein soll­te.

d) Da sich die Be­klag­te nach der Über­schrei­tung der zulässi­gen Ober­gren­ze ei­ner vom frei­en Er­mes­sen ge­tra­ge­nen Son­der­zah­lung nicht mehr auf die Frei­wil­lig­keit die­ser Leis­tung be­ru­fen kann, hat die Kläge­rin ei­nen ar­beits­ver­trag­li­chen An­spruch auf ei­ne dem Vor­jahr ent­spre­chen­de Bo­nus­zah­lung, al­ler­dings in zeit­an­tei­li­ger Höhe von 5/12 des Jah­res­be­tra­ges, weil das Ar­beits­verhält­nis am 30. Mai 2007 durch die Kündi­gung der Kläge­rin en­de­te.

4. Da die Kläge­rin zunächst nur ei­nen Teil­be­trag gel­tend ge­macht hat­te, kann sie Ver­zugs­zin­sen gem. §§ 288 Abs. 1, 286 Abs. 2 Nr. 3 BGB ab dem Zeit­punkt der Ab­leh­nung durch das bei ihr am 26. Ja­nu­ar 2008 ein­ge­gan­ge­ne Schrei­ben der Be­klag­ten (Bl. 38 d.A.) nur auf den da­mals gel­tend ge­mach­ten (Teil-)Be­trag von 7.089,00 € be­an­spru­chen.

Für den wei­te­ren Teil­be­trag von 4.013;08 € er­gibt sich der Zins­an­spruch ab Zu­stel­lung des die Kla­ge in­so­fern er­wei­tern­den Schrift­sat­zes vom 15. Ju­li 2008 aus § 291 i.V.m. § 288 Abs.1 BGB.

III.

Die Kos­ten des Rechts­streits hat die Be­klag­te zu tra­gen, da sie un­ter­liegt, § 91 ZPO.

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Die Re­vi­si­on war zu­zu­las­sen, da die Rechts­fra­ge, wie im frei­en Er­mes­sen des Ar­beit­ge­bers ste­hen­de Son­der­zah­lun­gen zu be­han­deln sind, wenn sie 30% der Ge­samt­vergütung über­stei­gen, über den Ein­zel­fall hin­aus grundsätz­li­che Be­deu­tung i.S.d. § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG hat.

gez. Schäfer

gez. Pio­trow­ski

gez. Ab­ram

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