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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 20.07.2011, 7 Sa 622/10

   
Schlagworte: Überstunden, Arbeitszeitkonto
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 7 Sa 622/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.07.2011
   
Leitsätze: Allein die Leistung von Überstunden, die nicht laufend vergütet werden, begründet noch nicht die Annahme, die Parteien hätten sich über die Führung eines Arbeitszeit-Kontos geeinigt.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Koblenz, Urteil vom 23.07.2010, 2 Ca 26/10
   

Ak­ten­zei­chen:
7 Sa 622/10
2 Ca 26/10
ArbG Ko­blenz
Ent­schei­dung vom 20.07.2011

Te­nor:
Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ko­blenz vom 23. Ju­li 2010, Az.: 2 Ca 26/10, wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.
Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:
Die Par­tei­en strei­ten über den Aus­gleich ei­nes Zeit­gut­ha­bens bzw. die Zah­lung von Über­stun­den­vergütung.

Der Kläger (geb. am 14.01.1961) war bei der Be­klag­ten vom 01.07.2005 bis zum 31.10.2009 zu ei­nem Brut­to­mo­nats­ent­gelt von zu­letzt € 3.660,00 als Tech­ni­ker an­ge­stellt. Die Be­klag­te beschäftigt sich mit der War­tung von De­po­nie-, Bio- und Klärgas­ver­stro­mungs­an­la­gen. Der Kläger war im Rah­men sei­ner Tätig­keit zur Ab­leis­tung von Ruf­be­reit­schaft ver­pflich­tet. Im schrift­li­chen Ar­beits­ver­trag hat­ten die Par­tei­en u.a. fol­gen­des ver­ein­bart:

„§ 3 Ar­beits­zeit
Die re­gelmäßige Ar­beits­zeit beträgt 38,5 St­un­den. …. Soll­ten Mehr­stun­den an­fal­len, so sind die­se in Ab­stim­mung mit der Fir­men­lei­tung baldmöglichst in Frei­zeit aus­zu­glei­chen. Ei­ne Vergütung für Mehr­stun­den fin­det nicht statt.“

Die Be­klag­te hat das Ar­beits­verhält­nis mit Schrei­ben vom 14.09.2009 zum 31.10.2009 aus be­triebs­be­ding­ten Gründen gekündigt. Im Kündi­gungs­schutz­pro­zess (Az.: 2 Ca 2391/09) ei­nig­ten sich die Par­tei­en im Güte­ter­min vom 20.11.2009 vor dem Ar­beits­ge­richt Ko­blenz auf ei­ne Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses ge­gen Zah­lung ei­ner Ab­fin­dung. In Zif­fer 3 des ge­richt­li­chen Ver­gleichs ist ge­re­gelt:

„3. Die Par­tei­en sind sich ei­nig, dass mit Erfüllung des Ver­gleichs al­le wech­sel­sei­ti­gen fi­nan­zi­el­len Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis und sei­ner Be­en­di­gung, gleich aus wel­chem Rechts­grund, er­le­digt sind, mit Aus­nah­me mögli­cher Über­stun­den­ansprüche des Klägers. Der Ur­laub des Klägers ist vollständig in na­tu­ra ge­nom­men.“

Nach ver­geb­li­cher schrift­li­cher Gel­tend­ma­chung mit Schrei­ben vom 08.12.2009 ver­langt der Kläger mit sei­ner Kla­ge vom 05.01.2010, die der Be­klag­ten am 09.01.2010 zu­ge­stellt wor­den ist, die Be­zah­lung von 696,5 Über­stun­den aus der Zeit vom 01.07.2005 bis zum 31.10.2009 (696,5 St­un­den x € 21,85 = € 15.218,17 brut­to).

Von ei­ner wei­ter­ge­hen­den Dar­stel­lung des un­strei­ti­gen Tat­be­stan­des und des erst­in­stanz­li­chen Par­tei­vor­brin­gens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab­ge­se­hen und auf die Zu­sam­men­fas­sung im Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ko­blenz vom 23.07.2010 (dort S. 2-4 = Bl. 111-113 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,
die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an ihn € 15.218,17 brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 24.12.2009 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,
die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge mit Ur­teil vom 23.07.2010 ab­ge­wie­sen und - zu­sam­men­ge­fasst - aus­geführt, die Kla­ge sei un­schlüssig. Der Kläger wol­le ins­ge­samt 696,46 Über­stun­den aus der Zeit vom 01.07.2005 bis 31.10.2009 glei­cher­maßen aus ei­nem Ar­beits­zeit­kon­to be­gründen, in dem er über die Mo­na­te und Jah­re Plus- und Mi­nus­stun­den ver­rech­ne und so auf die ge­nann­te Zahl von Über­stun­den kom­me. Die Dar­stel­lung des Klägers sei be­reits des­halb un­vollständig, weil er für die Zeit vom 01.07.2005 bis 31.12.2006 kei­ne Auf­stel­lung über die ge­leis­te­ten Ar­beits­zei­ten vor­ge­legt ha­be, son­dern pau­schal be­haup­te, in die­ser Zeit 290,11 Über­stun­den ge­leis­tet zu ha­ben. Die­ses Vor­brin­gen sei un­sub­stan­ti­iert. Die vom Kläger er­stell­ten Ar­beits­zeit­nach­wei­se für die Zeit ab 01.01.2007 bau­ten auf ei­nem Alt­be­stand von 290,11 Über­stun­den auf. Da die­ser Alt­be­stand zum Stich­tag 31.12.2006 nicht schlüssig dar­ge­tan sei, sei­en die Auf­zeich­nun­gen ab 01.01.2007 nicht zu ver­wer­ten, denn es sei nicht nach­voll­zieh­bar, ob die Be­rech­nung des Klägers ab Ja­nu­ar 2007 von ei­ner zu­tref­fen­den Ba­sis aus­ge­he. Sch­ließlich sei­en et­wai­ge Ansprüche auf Über­stun­den­vergütung aus der Zeit bis zum 31.12.2006 verjährt. Die Be­klag­te ha­be sich auf die Ein­re­de be­ru­fen. Im Übri­gen sei­en die gel­tend ge­mach­ten Ansprüche auch nach all­ge­mei­nen Grundsätzen ver­wirkt. Im Hin­blick auf die Ver­ein­ba­rung in § 3 des Ar­beits­ver­tra­ges wäre es Ob­lie­gen­heit des Klägers ge­we­sen, bei et­wai­gen Über­stun­den baldmöglichst ei­nen Frei­zeit­aus­gleich ein­zu­for­dern. Die Be­klag­te ha­be da­zu vor­ge­tra­gen, dass Frei­zeit­aus­gleich er­folgt sei, so­weit der Kläger auf Über­stun­den hin­ge­wie­sen ha­be. We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten der Ent­schei­dungs­gründe des Ar­beits­ge­richts wird auf Sei­te 4 bis 7 des Ur­teils vom 23.07.2010 (Bl. 113 -116 d.A.) ver­wie­sen.

Das ge­nann­te Ur­teil ist dem Kläger am 29.10.2010 zu­ge­stellt wor­den. Er hat mit am 23.11.2010 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se in­ner­halb der bis zum 31.01.2011 verlänger­ten Be­gründungs­frist mit am 28.01.2011 ein­ge­gan­ge­nem Schrift­satz be­gründet.

Der Kläger ist der An­sicht, das Ar­beits­ge­richt ha­be die Vor­schrift des § 138 ZPO ver­kannt. Er ha­be erst­in­stanz­lich vor­ge­tra­gen, dass im Be­trieb der Be­klag­ten ein Ar­beits­zeit­kon­to geführt wor­den sei. Nach der Recht­spre­chung des BAG genüge für die Schlüssig­keit ei­ner Kla­ge, dass der Ar­beit­neh­mer die Ver­ein­ba­rung ei­nes Ar­beits­zeit­kon­tos und das Gut­ha­ben zum Aus­zah­lungs­zeit­punkt dar­le­ge. Das Ar­beits­ge­richt ha­be nicht berück­sich­tigt, dass er kei­ne Ansprüche auf Vergütung ein­zel­ner Über­stun­den gel­tend ma­che, son­dern die Aus­zah­lung des Zeit­gut­ha­bens aus sei­nem Ar­beits­zeit­kon­to. Die­ser An­spruch sei nicht verjährt, denn das Zeit­gut­ha­ben sei erst am 31.10.2009 mit Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu ka­pi­ta­li­sie­ren ge­we­sen. Sei­ne Ansprüche sei­en auch nicht ver­wirkt. Das Um­stands­mo­ment der Ver­wir­kung könne nicht aus der Re­ge­lung in § 3 des Ar­beits­ver­tra­ges her­ge­lei­tet wer­den. Auf­grund der zu­ge­wie­se­nen Ar­beits­men­ge sei es ihm ob­jek­tiv nicht möglich ge­we­sen, Über­stun­den in Frei­zeit aus­zu­glei­chen. Hilfs­wei­se sei die Be­klag­te ge­hal­ten, die War­tungsbücher der An­la­gen vor­zu­le­gen, aus de­nen her­vor­ge­he, dass er die auf­geführ­ten Ar­beits­stun­den ver­rich­tet ha­be. We­gen wei­te­rer Ein­zel­hei­ten der Be­ru­fungs­be­gründung wird auf den Schrift­satz des Klägers vom 28.01.2011 (Bl. 135-137 d.A.) Be­zug ge­nom­men.

Der Kläger be­an­tragt zweit­in­stanz­lich,
das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ko­blenz vom 23.07.2010, Az.: 2 Ca 26/10, ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger € 15.218,17 brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 24.12.2009 zu zah­len.

Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen,

Sie ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil nach Maßga­be ih­rer Be­ru­fungs­er­wi­de­rung vom 15.02.2011, auf die Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 153-155 d.A.), als zu­tref­fend. Aus­gleichs­ansprüche aus ei­nem Zeit­gut­ha­ben könne der Kläger be­reits auf­grund der Er­le­di­gungs­klau­sel im ge­richt­li­chen Ver­gleich nicht gel­tend ma­chen. Ansprüche auf Über­stun­den­vergütung sei­en nicht schlüssig dar­ge­legt, für die Zeit vor dem 01.01.2007 verjährt und im Übri­gen ver­wirkt.

Zur nähe­ren Dar­stel­lung des Sach- und Streit­stan­des im Übri­gen wird auf den In­halt der zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf die zu den Sit­zungs­nie­der­schrif­ten ge­trof­fe­nen Fest­stel­lun­gen Be­zug ge­nom­men. Außer­dem wird Be­zug ge­nom­men auf den In­halt der zur In­for­ma­ti­on des Ge­richts bei­ge­zo­ge­nen Ak­te 2 Ca 2391/09.

Ent­schei­dungs­gründe:
I. Die nach § 64 ArbGG statt­haf­te Be­ru­fung des Klägers ist gemäß §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. §§ 517, 519 ZPO form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den. Sie ist so­mit zulässig.

II. In der Sa­che hat die Be­ru­fung je­doch kei­nen Er­folg. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Das Ar­beits­ge­richt hat zu­tref­fend er­kannt, dass der Kläger kei­nen An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Zah­lung von € 15.218,17 brut­to für 696,46 St­un­den aus der Zeit vom 01.07.2005 bis zum 31.10.2009 hat.

1. So­weit der Kläger die Vergütung für 696,46 Über­stun­den gel­tend macht, hat das Ar­beits­ge­richt die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen.

Nach ge­fes­tig­ter Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts und der Lan­des­ar­beits­ge­rich­te wird vom Ar­beit­neh­mer, der im Pro­zess von sei­nem Ar­beit­ge­ber die Be­zah­lung von Über­stun­den for­dert, ver­langt, dass er im Ein­zel­nen dar­legt, an wel­chen Ta­gen und zu wel­chen Ta­ges­zei­ten er über die übli­che Ar­beits­zeit hin­aus ge­ar­bei­tet hat. Be­strei­tet der Ar­beit­ge­ber die Be­haup­tung des Ar­beit­neh­mers, muss der Ar­beit­neh­mer dar­le­gen, wel­che - ge­schul­de­te - Tätig­keit er je­weils an den frag­li­chen Ta­gen aus­geführt hat. Er muss fer­ner ein­deu­tig vor­tra­gen, ob die Über­stun­den vom Ar­beit­ge­ber an­ge­ord­net, ge­bil­ligt oder ge­dul­det wur­den oder zur Er­le­di­gung der ge­schul­de­ten Ar­beit not­wen­dig wa­ren (vgl. BAG Ur­teil vom 29.05.2005 - 5 AZR 319/04 - EzA § 611 BGB 2002 Mehr­ar­beit Nr. 1; LAG Rhein­land-Pfalz Ur­teil vom 18.02.2011 - 9 Sa 577/10, Ur­teil vom 12.02.2009 - 10 Sa 456/08 und Ur­teil vom 10.10.2008 - 6 Sa 390/08 - Ju­ris).

Die­sen An­for­de­run­gen wird der Sach­vor­trag des Klägers nicht ge­recht.

Der Kläger hat für die Zeit vom 01.07.2005 bis zum 31.12.2006 ei­ne Sum­me von 290,11 St­un­den ge­nannt, die er über­haupt nicht auf­ge­schlüsselt hat. Der Kläger hätte eben­so die Leis­tung von 100, 200 oder x-be­lie­big vie­len Über­stun­den an­ge­ben können. Das Ri­si­ko, dass er nach „Jahr und Tag“ die be­haup­te­ten Über­stun­den nicht mehr näher dar­le­gen kann, geht mit dem Kläger heim.

Im Übri­gen sind Vergütungs­ansprüche für die Zeit bis 31.12.2006 verjährt. Auch dies hat das Ar­beits­ge­richt voll­kom­men zu­tref­fend er­kannt. Nach § 195 BGB beträgt die re­gelmäßige Verjährungs­frist drei Jah­re. Sie be­gann nach §§ 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB mit Schluss des Jah­res, in dem die Ansprüche ent­stan­den sind. Dem­nach ist die Verjährungs­frist für die Ansprüche aus dem Jah­re 2005 am 31.12.2008, die Ansprüche aus dem Jah­re 2006 am 31.12.2009 ab­ge­lau­fen. Die Kla­ge wur­de erst im Ja­nu­ar 2010 er­ho­ben. Sie konn­te die be­reits voll­ende­ten Verjährungs­fris­ten nicht wah­ren.

Auch für die Zeit ab dem 01.01.2007 hat der Kläger nicht im Ein­zel­nen auf­ge­schlüsselt, mit wel­chen Ar­bei­ten (in Mi­nu­ten) er die be­haup­te­te Übe­r­ar­beit von 406,41 St­un­den zu­ge­bracht ha­ben will. Die St­un­den­auf­zeich­nun­gen des Klägers in den an­ge­fer­tig­ten Ex­cel-Ta­bel­len ver­hal­ten sich da­zu nicht. Ih­nen ist nicht zu ent­neh­men, wel­che kon­kre­ten Ar­beits­leis­tun­gen der Kläger zu den in der Ta­bel­le ein­gefügten Zei­ten er­bracht ha­ben will. Da der Kläger die gel­tend ge­mach­ten Über­stun­den­ansprüche nicht schlüssig be­gründet hat, kommt es auf die erst­in­stanz­lich auf­ge­wor­fe­ne Fra­ge, ob die gel­tend ge­mach­ten Ansprüche für die Zeit ab 01.01.2007 ver­wirkt sind, nicht an.

Ent­ge­gen der An­sicht des Klägers, ist die Be­klag­te nicht ver­pflich­tet, die War­tungsbücher der tech­ni­schen An­la­gen vor­zu­le­gen, da­mit der Kläger die be­haup­te­ten Über­stun­den näher dar­le­gen und un­ter Be­weis stel­len kann. Nach § 138 Abs. 2 ZPO hat sich zwar je­de Par­tei über die vom Geg­ner be­haup­te­ten Tat­sa­chen zu erklären. Ei­ne all­ge­mei­ne Aus­kunfts­pflicht kennt das ma­te­ri­el­le Recht je­doch nicht, und es ist nicht Sa­che des Pro­zess­rechts, sie ein­zuführen. Kei­ne Par­tei ist ge­hal­ten, dem Geg­ner für sei­nen Pro­zess­sieg das Ma­te­ri­al zu ver­schaf­fen, über das er nicht schon von sich aus verfügt (BAG Ur­teil vom 20.11.2003 - 8 AZR 580/02 - NZA 2004, 489, m.w.N.). Der Be­klag­ten war nicht gemäß § 142 Abs. 1 ZPO auf­zu­ge­ben, die War­tungsbücher her­aus­zu­ge­ben, denn die Vor­schrift be­freit die Par­tei, die sich auf ei­ne Ur­kun­de be­zieht, nicht von ih­rer Dar­le­gungs- und Sub­stan­ti­ie­rungs­last. Dem ent­spre­chend darf das Ge­richt die Ur­kun­den­vor­le­gung nicht zum bloßen Zwe­cke der In­for­ma­ti­ons­ge­win­nung, son­dern nur bei Vor­lie­gen ei­nes schlüssi­gen, auf kon­kre­te Tat­sa­chen be­zo­ge­nen Vor­trags der Par­tei an­ord­nen (vgl. BGH Ur­teil vom 26.06. 2007 - XI ZR 277/05 - NJW 2007, 2989). Im Streit­fall liegt kein schlüssi­ger Vor­trag des Klägers zu den be­haup­te­ten Über­stun­den vor, so dass die Be­klag­te nicht zur Her­aus­ga­be der War­tungsbücher ver­pflich­tet ist.

2. Der Kläger hat auch kei­nen An­spruch ge­gen die Be­klag­te auf Aus­zah­lung ei­nes Zeit­gut­ha­bens von 696,46 St­un­den auf sei­nem Ar­beits­zeit­kon­to.

Die Par­tei­en ha­ben we­der ei­ne aus­drück­li­che noch ei­ne kon­klu­den­te Ab­re­de über ein Ar­beits­zeit­kon­to ge­trof­fen. Sie ha­ben viel­mehr in § 3 Satz 1 des Ar­beits­ver­tra­ges ei­ne re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit von 38,5 St­un­den ver­ein­bart. In Satz 3 ha­ben sie ge­re­gelt, dass Mehr­stun­den, die an­fal­len soll­ten, baldmöglichst in Frei­zeit aus­zu­glei­chen sind. Mit die­ser Ver­ein­ba­rung von Frei­zeit­aus­gleich ha­ben die Par­tei­en kein Ar­beits­zeit­kon­to, al­so ein fle­xi­bles Ar­beits­zeit­mo­dell mit lang­fris­ti­gen Aus­gleichs­zeiträum­en, ein­ge­rich­tet. Al­lein die Leis­tung von Über­stun­den, die nicht lau­fend vergütet wer­den, be­gründet noch nicht die An­nah­me, die Par­tei­en hätten sich über die Führung ei­nes Ar­beits­zeit­kon­tos ge­ei­nigt (vgl. Münch­Komm-BGB/ Müller-Glöge, 5. Aufl., § 611 BGB, Rn. 1056).

Im Übri­gen wären Ansprüche des Klägers auf Aus­zah­lung ei­nes Zeit­gut­ha­bens im Um­fang von 696,46 St­un­den auf­grund der Er­le­di­gungs­klau­sel in Zif­fer 3 des ge­richt­li­chen Ver­gleichs vom 20.11.2009 in dem Kündi­gungs­rechts­streit vor dem Ar­beits­ge­richt Ko­blenz (Az.: 2 Ca 2391/09) er­lo­schen. Die Par­tei­en ha­ben nach dem aus­drück­li­chen Wort­laut der Klau­sel „mögli­che Über­stun­den­ansprüche“, nicht je­doch Ansprüche aus ei­nem Ar­beits­zeit­kon­to, aus­ge­nom­men.

III. Nach al­le­dem ist die Be­ru­fung des Klägers mit der Kos­ten­fol­ge aus § 97 Abs. 1 ZPO zurück­zu­wei­sen.

Ein Grund, der nach den hierfür maßgeb­li­chen ge­setz­li­chen Kri­te­ri­en des § 72 Abs. 2 ArbGG die Zu­las­sung der Re­vi­si­on recht­fer­ti­gen könn­te, be­steht nicht.

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