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Neuregelung zur Schriftform bei Ausschlussfristen
10.08.2016. Viele Arbeitsverträge enthalten Ausschlussklauseln. Sie besagen, dass vertragliche Ansprüche innerhalb einer bestimmten Frist "geltend gemacht" werden müssen und bei Fristversäumung ersatzlos untergehen.
Bisher schreiben arbeitsvertragliche Ausschlussklauseln meist die "schriftliche" Geltendmachung von Ansprüchen vor. Solchen Vertragsklauseln zufolge muss man seine Ansprüche nicht nur innerhalb einer bestimmten Frist, sondern auch in einer vorgeschriebenen Form anmahnen, nämlich mit Papier und Unterschrift.
Derartige Ausschlussklauseln sind ab Oktober 2016 in allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) unzulässig: Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts.
- Wie hält man arbeitsvertragliche Ausschlussfristen ein, die vorsehen, dass Ansprüche schriftlich geltend zu machen sind?
- Was sagt das AGB-Recht zu Ausschlussklauseln mit der Obliegenheit zur schriftlichen Anspruchswahrung?
- Wie lautet § 309 Nr.13 BGB künftig?
- Ab wann gilt die Neufassung von § 309 Nr.13 BGB?
- Fazit: Anpassungsbedarf für Vertragsmuster
Wie hält man arbeitsvertragliche Ausschlussfristen ein, die vorsehen, dass Ansprüche schriftlich geltend zu machen sind?
Arbeitsverträge werden typischerweise vom Arbeitgeber einseitig vorformuliert und dem Arbeitnehmer zur Unterzeichnung vorgelegt. Fristenregelungen und Formvorschriften, die sich in solchen Verträgen finden, sind daher AGB des Arbeitgebers.
In arbeitsvertraglichen AGB findet sich oft die folgende oder eine ähnliche Ausschlussfristregelung:
"Ausschlussfrist / Verfallsfrist
Alle Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis verfallen, wenn sie nicht innerhalb einer Ausschlussfrist von drei Monaten nach Fälligkeit gegenüber der anderen Vertragspartei schriftlich geltend gemacht werden. (...)"
Möchte man als Arbeitnehmer z.B. rückständigen Lohn oder eine Fahrtkostenerstattung anmahnen und findet in seinem Arbeitsvertrag eine solche Ausschlussfristregelung, würde man vielleicht bei Google nachschauen, was "schriftlich" heißt, oder man würde jemanden fragen, der sich auskennt. Heraus käme wahrscheinlich die Information, dass schriftliche Erklärungen auf einem Blatt Papier festgehalten und eigenhändig unterschrieben werden müssen.
Das wäre aber nur die halbe Wahrheit. Denn nach § 126 Abs.1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) sind für die Einhaltung der gesetzlich vorgeschriebenen Schriftformt zwar tatsächlich Papier und Unterschrift erforderlich, und diese Vorgabe gilt auch für eine vertraglich vereinbarte Schriftform (§ 127 Abs.1 BGB). Allerdings enthält § 127 Abs.2 Satz 1 BGB für vertragliche Schriftformvorgaben eine wesentliche Erleichterung. Diese Vorschrift lautet:
"Zur Wahrung der durch Rechtsgeschäft bestimmten schriftlichen Form genügt, soweit nicht ein anderer Wille anzunehmen ist, die telekommunikative Übermittlung (...)"
Das heißt: Will man ein Arbeitsverhältnis kündigen, muss man die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform (§ 623 BGB) einhalten und kann daher die Kündigung nicht per Fax, E-Mail oder SMS erklären. Möchte man dagegen die arbeitsvertraglich vereinbarte Schriftform bei der Einhaltung einer Ausschlussfrist einhalten, genügt ein Fax, eine E-Mail oder eine SMS, denn das sind Formen einer "telekommunikativen Übermittlung" der Erklärung.
Was sagt das AGB-Recht zu Ausschlussklauseln mit der Obliegenheit zur schriftlichen Anspruchswahrung?
An dieser Stelle wird deutlich, dass arbeitsvertragliche Klauseln, die die "schriftliche Geltendmachung" von Ansprüchen vorschreiben, Arbeitnehmer in die Irre führen. Denn man braucht schon ziemlich genaue juristische Informationen, um nachzuvollziehen, dass abweichend von § 126 Abs.1 BGB auch eine Mahnung per E-Mail, Fax oder SMS ausreicht, um eine vertragliche Ausschlussfrist einzuhalten.
Daher wäre es sinnvoll, wenn die gesetzlichen Vorschriften zur Überprüfung von AGB eine Regelung enthalten würden, die Arbeitgeber dazu verpflichten, keine irreführenden Formvorschriften in ihre vorformulierten vertraglichen Ausschlussklauseln aufzunehmen.
Bislang erlaubt die einschlägige gesetzliche Regelung (§ 309 Nr.13 BGB) aber solche Klauseln. Diese Vorschrift verbietet bisher nur die Bindung des Verbrauchers an strengere Formvorschriften als die Schriftform, also z.B. eine Pflicht des Verbrauchers zur notariellen Beurkundung seiner Erklärungen.
Konkret schreibt § 309 Nr.13 BGB in seiner bisherigen Fassung vor, dass Bestimmungen in AGB unwirksam sind,
"durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, an eine strengere Form als die Schriftform oder an besondere Zugangserfordernisse gebunden werden."
Wie lautet § 309 Nr.13 BGB künftig?
Die gesetzliche Neuregelung will der Irreführung von Verbrauchern und Arbeitnehmern durch zu weitgehende vertragliche Schriftformvorgaben einen Riegel vorschieben. Dabei haben die Gesetzesverfasser nicht in erster Linie an das Arbeitsrecht, sondern an Bestellungen im Internet bzw. an den Onlinehandel gedacht (Entwurf der Bundesregierung vom 13.02.2015, Bundesrat Drucks. 55/15, S.10, S.14 f.).
Da Verbraucher und Arbeitnehmer ohnehin gemäß § 127 Abs.2 Satz 1 BGB per telekommunikativer Übermittlung reklamieren oder ihre Forderungen anmahnen können, soll künftig auch nichts anderes mehr in den AGB von Verkäufern und Arbeitgebern stehen.
Während der erste Entwurf vom 13.02.2015 und der zweite Entwurf vom 15.04.2015 noch vorsahen, in der o.g. Fassung von § 309 Nr.13 BGB das Wort "Schriftform" durch "Textform" zu ersetzen, ist die endgültige Änderung von § 309 Nr.13 BGB zu einer kompletten Neufassung geworden. Unzulässig ist nach der Neuregelung
"eine Bestimmung, durch die Anzeigen oder Erklärungen, die dem Verwender oder einem Dritten gegenüber abzugeben sind, gebunden werden
a) an eine strengere Form als die schriftliche Form in einem Vertrag, für den durch Gesetz notarielle Beurkundung vorgeschrieben ist oder
b) an eine strengere Form als die Textform in anderen als den in Buchstabe a genannten Verträgen oder
c) an besondere Zugangserfordernisse.“
Herkömmliche Ausschlussklauseln, die vom Arbeitnehmer eine "schriftliche Geltendmachung" seiner Ansprüche verlangen, verstoßen künftig gegen § 309 Nr.13 Buchstabe b) BGB, da sie eine "strengere Form als die Textform" vorschreiben.
Denn für eine "schriftliche" Anmahnung von Forderungen sind Papier und Unterschrift erforderlich, während für die "Textform" alle in einem Text festgehaltenen Erklärungen genügen, die die Person des Erklärenden nennen und die auf einem dauerhaften Datenträger abgegeben werden (§ 126b Satz 1 BGB). Ein Fax, eine E-Mail, eine SMS oder eine Whatsapp-Nachricht reichen für die Textform aus, die künftig die strengste zulässige Erklärungsform ist, die in arbeitsvertraglichen Ausschlussklauseln vorgeschrieben werden kann.
Aufgrund des Verstoßes gegen § 309 Nr.13 Buchstabe b) BGB sind Ausschlussklauseln, die eine "schriftliche Geltendmachung" vorschreiben, künftig insgesamt unwirksam. Sie bleiben nicht in einem teilweisen Umfang gültig, etwa in dem Sinne, dass man zwar in der vorgesehenen Frist seine Ansprüche "geltend machen" muss, aber eben nicht schriftlich, sondern in beliebiger Form, also z.B. auch mündlich. Eine solche "geltungserhaltende Reduktion" gesetzeswidriger AGB ist unzulässig.
Ab wann gilt die Neufassung von § 309 Nr.13 BGB?
Die Neufassung gilt im Prinzip ab dem 01.10.2016, denn dann tritt das Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts in Kraft.
Allerding enthält das Reformgesetz eine Übergangsregelung für Arbeitsverträge, die bis zum 30.09.2016 abgeschlossen wurden. Diese Vorschrift ist in Art.229 Einführungsgesetz zum BGB (EGBGB) enthalten, der um folgenden § 37 erweitert wurde:
"§ 309 Nummer 13 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der seit dem 1. Oktober 2016 geltenden Fassung ist nur auf ein Schuldverhältnis anzuwenden, das nach dem 30. September 2016 entstanden ist."
Altverträge, d.h. bis zum 30.09.2016 abgeschlossene Arbeitsverträge, dürfen daher auch künftig Ausschlussfristen enthalten, die dem Arbeitnehmer (scheinbar) eine "schriftliche" Geltendmachung seiner Ansprüche vorschreiben.
Dabei ist jedoch zu beachten, dass Altverträge durch Vertragsanpassungen ihren Charakter als Altvertrag verlieren können. Nach dem 30.09.2016 vereinbarte Änderungen des Aufgabengebiets und/oder der Vergütung können daher dazu führen, dass der Arbeitsvertrag insgesamt als Neuvertrag zu bewerten ist und sich eine Ausschlussklausel daher an der neuen Fassung von § 309 Nr.13 Buchstabe b) BGB messen lassen muss (mit der Folge der Unwirksam der Klausel).
Fazit: Anpassungsbedarf für Vertragsmuster
Die Reform von § 309 Nr.13 Buchstabe b) BGB ist sinnvoll, da das AGB-Recht besser als zuvor mit den Vorschriften über die Form von vertraglichen Erklärungen zusammenstimmt. Sie wird voraussichtlich dazu führen, dass Arbeitgeber ihre AGB an die neue Rechtslage anpassen, da sie andernfalls den kompletten Wegfall der Ausschlussklausel riskieren.
Arbeitgebern ist daher zu raten, ihre Mustertexte zu ändern. Die bisher verwendeten Ausschlussklauseln mit der Obliegenheit einer schriftlichen Geltendmachung von Forderungen halten einer AGB-Prüfung ab Oktober nicht mehr stand.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Gesetz zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts, vom 17.02.2016, Bundesgesetzblatt I, S.233
- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts, Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 15.04.2015, Bundestag Drucks. 18/4631
- Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der zivilrechtlichen Durchsetzung von verbraucherschützenden Vorschriften des Datenschutzrechts, Gesetzentwurf der Bundesregierung, vom 13.02.2015, Bundesrat Drucks. 55/15
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB)
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Ausschlussklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitsvertrag und allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) - Schriftformklausel
- Handbuch Arbeitsrecht: Ausschlussfrist
- Handbuch Arbeitsrecht: Tarifvertrag
- Arbeitsrecht aktuell: 20/063 Ausschlussfristen in Arbeitsvertragsrichtlinien (AVR) gekippt
- Arbeitsrecht aktuell: 18/232 Ausschlussklauseln ohne Mindestlohn-Ausnahme sind unwirksam
- Arbeitsrecht aktuell: 18/150 Hemmung einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist durch Vergleichsverhandlungen
- Arbeitsrecht aktuell: 18/138 Beginn der Ausschlussfrist bei Schadensersatzforderungen
- Arbeitsrecht aktuell: 16/271 Ausschlussfristen und Mindestlohn
- Arbeitsrecht aktuell: 16/092 Verfallsfrist gemäß TV-L wird durch Klage nicht gewahrt
- Arbeitsrecht aktuell: 14/378 Klage wahrt Ausschlussfrist gemäß § 167 ZPO
- Arbeitsrecht aktuell: 13/240 Betriebsübergang und Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 13/181 Ausschlussklausel und Vorsatz
- Arbeitsrecht aktuell: 11/196 Ausschlussklausel in AGB wirkt gegen Arbeitgeber, auch wenn die Frist zu kurz ist
- Arbeitsrecht aktuell: 11/158 Urlaubsabgeltung und Ausschlussfristen
- Arbeitsrecht aktuell: 10/090 Ausschlussfrist: Geltendmachung per E-Mail
Letzte Überarbeitung: 29. Juni 2020
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