HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LG Frank­furt am Main, Ur­teil vom 01.07.2010, 3-04 O 54/09

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos, Vorstand, Auskunftspflicht
   
Gericht: Landgericht Frankfurt am Main
Aktenzeichen: 3-04 O 54/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 01.07.2010
   
Leitsätze:

1. Der Finanzvorstand eines Unternehmens hat bei persönlicher Beteiligung an einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren grundsätzlich eine aus seiner Loyalitätspflicht resultierende Informationspflicht gegenüber seinem Arbeitgeber über alle Kenntnisse und Informationen deren dieser bedarf, um sich im Hinblick auf eine mögliche Presseberichterstattung auf die Wahrnehmung seiner Interessen rechtzeitig und möglichst umfassend einzurichten.

2. Betreffen unvollständige oder teilweise unzutreffende Mitteilungen lediglich ein intimes Verhältnis und ein (auch) gegen den Arbeitnehmer gerichtetes Ermittlungsverfahren, so können lediglich diese Pflichtverletzungen angesichts ihres überwiegend privaten Charakters und des grundsätzlichen Fehlens einer Mitteilungspflicht über strafrechtliche Verfahren bei einer ansonsten hinreichenden Information des Arbeitgebers und fehlender konkreter Nachfrage nach weiteren Informationen zum Ausschluss eines wichtigen Grundes im Sinne des § 626 Abs. 1 BGB führen.

Vorinstanzen:
   

LG Frank­furt am Main, 01.07.2010 - 3-04 O 54/09; 3/04 O 54/09; 3-4 O 54/09; 3/4 O 54/09

 

Te­nor:

Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de An­stel­lungs­verhält­nis durch die frist­lo­se Kündi­gung der Be­klag­ten vom 06.04.2009 nicht auf­gelöst wur­de, son­dern zu un­veränder­ten An­stel­lungs­be­din­gun­gen fort­be­steht.

Die Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 78.761,00 EUR nebst Zin­sen hier­aus in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 31.05.2009 zu zah­len.

Die Be­klag­te hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Das Ur­teil ist vorläufig voll­streck­bar ge­gen Si­cher­heits­leis­tung in Höhe von 110 % Pro­zent des je­weils bei­zu­trei­ben­den Be­tra­ges.

Der Streit­wert für das Ver­fah­ren wird auf 975.554,60 EUR fest­ge­setzt.

 

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten über die Be­en­di­gung des Ar­beits­ver­tra­ges des Klägers, des frühe­ren Fi­nanz­vor­stands der Be­klag­ten, und Lohn­fort­zah­lungs­ansprüche.

Die Be­klag­te hat den Kläger ab dem 01.01.2006 zum Lei­ter ih­res Be­reichs Ka­pi­talmärk­te be­stellt.

Mit Be­schluss der Träger­ver­samm­lung vom 29.04.2008 hat­te die Be­klag­te den Kläger ab dem 01.07.2008 zum Vor­stand der Be­klag­ten für den Be­reich Ka­pi­talmärk­te, Ak­tiv-/Pas­siv­steue­rung, Sa­les Öffent­li­che Hand und Ziel­kun­den­ma­nage­ment In­sti­tu­tio­nel­le Kun­den be­stellt.

Mit Ver­trag vom 24.07.2008 (Bl. 15 f. d. A., An­la­ge K 1) ist der Kläger ent­spre­chend an­ge­stellt wor­den. Gemäß § 4 Abs. 1 des Ver­tra­ges steht ihm ein Jah­res­fest­ge­halt von brut­to 322.535,00 EUR zu, das in 12 glei­chen Mo­nats­ra­ten im Vor­aus ge­zahlt wird. Er hat gemäß § 4 Abs. 2 des Ver­tra­ges ei­nen An­spruch auf ei­ne fes­te Jah­res­ab­schluss­vergütung von 51.129,00 EUR jähr­lich, die

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zu­sam­men mit ei­ner va­ria­blen Jah­res­ab­schluss­vergütung fällig wird

Ab An­fang des Jah­res 2007 hat­te der Kläger ei­ne Be­zie­hung zu Frau N. die als Mit­ar­bei­te­rin ei­ner Si­cher­heits­fir­ma in den Räum­en der Be­klag­ten, dort auch in der Vor­stands­eta­ge, in der sich das Büro des Klägers be­fand, tätig war. Über die Na­tur und In­ten­sität der Be­zie­hung strei­ten die Par­tei­en.

Frau N. ist mehr­fach vor­be­straft und der­zeit an­ge­klagt, we­gen Kon­sums und Han­delns mit Rausch­gift - auch in den Räum­en der Be­klag­ten – tätig ge­we­sen zu sein.

Die Staats­an­walt­schaft Frank­furt/Main er­wirk­te ei­nen Durch­su­chungs­be­schluss vom 27. Ja­nu­ar 2009 (An­la­ge B 1) ge­gen Frau N. we­gen Ver­dachts ei­ner Straf­tat nach dem Betäubungs­mit­tel­ge­setz, wo­nach gemäß § 102 StP0 die Durch­su­chung ih­rer Wohnräume, da­ne­ben gemäß § 103 StP0 die Durch­su­chung der auch von ihr ge­nutz­ten Wohn- und Ne­benräume des un­verdäch­ti­gen S. so­wie gemäß § 103 StP0 die Durch­su­chung des von der Be­schul­dig­ten ge­nutz­ten Ar­beits­plat­zes in den Geschäftsräum­en der Be­klag­ten an­ge­ord­net war.

Am Nach­mit­tag des 05.02.2009 durch­such­ten Po­li­zei­be­am­te die Woh­nung von Frau N. eben­so wie de­ren Ar­beits­platz in den Räum­en der Be­klag­ten, wo­zu auch die Vor­stands­eta­ge gehörte.

In den Abend­stun­den des 06.02.2009 kam es zu ei­ner Durch­su­chung der Woh­nung des Klägers, wo­bei die Par­tei­en über den Um­fang und die In­ten­sität der Durch­su­chung strei­ten.

Der Kläger und der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten führ­ten am 09.02.2009 ein Gespräch, in dem es um die Be­zie­hung des Klägers zu Frau N. und die der Durch­su­chung zu­grun­de lie­gen­den Vorwürfe ging. Der In­halt des Gesprächs ist zwi­schen den Par­tei­en strei­tig.

Am 14.02.2009 kam es in den Abend­stun­den zu ei­nem Te­le­fo­nat zwi­schen dem Kläger und Frau N., in de­ren Ver­lauf die­se u. a. erklärte, an die Pres­se ge­hen zu wol­len.

Mit Schrei­ben vom 17.02.2009 erklärte der die Er­mitt­lun­gen lei­ten­de Ober­staats­an­walt in ei­nem Schrei­ben an den Lei­ter der Rechts­ab­tei­lung der Be­klag­ten, dass der Kläger in dem Ver­fah­ren auch als Be­schul­dig­ter geführt wer­de (An­la­ge B 4). Die­ses Schrei­ben ist am 24.02.2009 bei der Be­klag­ten ein­ge­gan­gen.

Am 10. März 2009 kam es zu ei­nem Te­le­fo­nat des von der Be­klag­ten man­da­tier­ten Rechts­an­walts mit dem Ober­staats­an­walt.

Am 11. März 2009 er­hielt der Vor­sit­zen­de des Ver­wal­tungs­ra­tes der Be­klag­ten ei­ne In­for­ma­ti­on über die for­ma­le Be­schul­dig­ten­stel­lung des Klägers durch den Lei­ter der Rechts­ab­tei­lung der Be­klag­ten.

Herr Ober­staats­an­walt D. leg­te ei­nen Gesprächs­ver­merk über das Gespräch mit Rechts­an­walt X. un­ter dem 13.03.2009 nie­der.

Die Träger­ver­samm­lung der Be­klag­ten, bei der der Kläger je­den­falls teil­wei­se zu­ge­gen war, be­schloss am 25.03.2009 die Kündi­gung des An­stel­lungs­ver­tra­ges des Klägers und den Wi­der­ruf sei­ner Be­stel­lung zum Vor­stand der Be­klag­ten.

Das ge­gen den Kläger geführ­te Straf­ver­fah­ren wur­de mit Verfügung vom 26.3.2009 gemäß § 170 Abs. 2 St­PO ein­ge­stellt, nach­dem er zu­vor am 24.3.2009 ver­nom­men wor­den war. Dies hat Herr Ober­staats­an­walt D. Herrn Rechts­an­walt DX. am 1.4.2009 mit­ge­teilt.

Den Wi­der­rufs­be­schluss vom 25.3.2009 hat der Ver­wal­tungs­rat mit Be­schluss vom 06.04.2009 bestätigt. Ein die Kündi­gung und den Wi­der­ruf ent­hal­ten­des Schrei­ben ist dem Kläger am glei­chen

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Ta­ge in den Brief­kas­ten ein­ge­wor­fen wor­den.

Nach der Sat­zung der Be­klag­ten (An­lag B 3) sind de­ren Or­ga­ne die Träger­ver­samm­lung, der Ver­wal­tungs­rat und der Vor­stand (§ 7 Abs. 1 Sat­zung der Be­klag­ten).

Die Träger­ver­samm­lung ist gemäß § 9 Abs. 1 Zif­fer 5 für die Be­stel­lung und den Wi­der­ruf der Be­stel­lung der Vor­stands­mit­glie­der so­wie die Re­ge­lung ih­rer Dienst­verträge und auf Vor­schlag des Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­ra­tes über den Jah­res­ab­schluss­vergütungs­be­schluss zuständig. Nach § 9 Abs. 5 der Sat­zung der Be­klag­ten ver­tritt die Träger­samm­lung die Bank ge­genüber den Mit­glie­dern des Vor­stan­des und den Mit­glie­dern des Ver­wal­tungs­ra­tes.

Der Ver­wal­tungs­rat der Be­klag­ten ist gemäß § 12 Abs. 3 Zif­fer 1 der Sat­zung zuständig für ei­ne Zu­stim­mung zur Be­stel­lung und dem Wi­der­ruf der Be­stel­lung von Vor­stands­mit­glie­dern.

Gemäß § 16 Abs. 5 der Sat­zung der Be­klag­ten ist der Vor­sit­zen­de des Ver­wal­tungs­ra­tes Dienst­vor­ge­setz­ter der Vor­stands­mit­glie­der.

Der Kläger macht gel­tend,

die aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung sei­nes An­stel­lungs­ver­tra­ges sei un­wirk­sam. Ein wich­ti­ger Grund für ei­ne Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses ha­be nicht vor­ge­le­gen. Die Be­klag­te ha­be auch die gemäß § 626 Abs. 2 BGB zu be­ach­ten­de 2-Wo­chen-Frist nicht ge­wahrt.

Er be­gehrt da­ne­ben die Zah­lung sei­ner an­tei­li­gen Vergütung für Mai 2009 und den fes­ten An­teil sei­ner Jah­res­vergütung für 2008.

Der Kläger be­an­tragt,

wie er­kannt.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Be­klag­te macht gel­tend, dass ein hin­rei­chend wich­ti­ger Grund für ei­ne frist­lo­se Kündi­gung des An­stel­lungs­ver­tra­ges vor­ge­le­gen ha­be. Dies er­ge­be sich zum ei­nen aus dem Um­stand, dass das außer­dienst­li­che Ver­hal­ten des Klägers für die Be­klag­te nicht trag­bar ge­we­sen sei.

Der Kläger ha­be es auch ent­ge­gen ihm ob­lie­gen­den Dienst­pflich­ten un­ter­las­sen, sei­ne Vor­ge­setz­ten, ins­be­son­de­re aber den Vor­stand des Ver­wal­tungs­ra­tes über lau­fend auf­ge­tre­te­ne Ent­wick­lun­gen zu un­ter­rich­ten. In Gesprächen mit dem Vor­stands­vor­sit­zen­den am 09.02.2009 und am 24.03.2009 mit dem neu­en Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­ra­tens ha­be der Kläger un­wah­re An­ga­ben ge­macht.

Ein Ab­war­ten bis zur ver­trags­gemäßen Be­en­di­gung des Dienst­ver­tra­ges am 30.06.2013 sei der Be­klag­ten da­nach nicht zu­mut­bar.

Das Ge­richt hat Be­weis er­ho­ben auf­grund des Be­weis­be­schlus­ses vom 24.09.2009 (Bl. 136 a d. A.) durch Ver­neh­mung des Zeu­gen A., wofür auf das Pro­to­koll der Be­weis­auf­nah­me vom 29. April 2010 Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 240 ff. d. A.). Zur Ergänzung des Vor­brin­gens wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen Be­zug ge­nom­men.

Die Ak­ten der Staats­an­walt­schaft bei dem Land­ge­richt Frank­furt am Main, Az.: ..., wa­ren bei­ge­zo­gen und Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung.

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Ent­schei­dungs­gründe

Die Kla­ge ist be­gründet.

Der An­stel­lungs­ver­trag des Klägers ist durch die Kündi­gung vom 06.04.2009 nicht wirk­sam be­en­det wor­den. Der Kläger hat da­nach auch An­spruch auf Zah­lung der mit der Kla­ge gel­tend ge­mach­ten Vergütung.

Die Be­klag­te kann sich nicht auf das Vor­han­den­sein ei­nes hin­rei­chen­den Grun­des für ei­ne frist­lo­se Kündi­gung gemäß § 626 Abs. 1 BGB be­ru­fen (I.), die Zwei-Wo­chen-Frist des § 626 Abs. 2 BGB wäre auch bei An­nah­me ei­nes hin­rei­chen­den Kündi­gungs­grun­des nicht ge­wahrt ge­we­sen (II.).

I. Ein hin­rei­chen­der Kündi­gungs­grund im Sin­ne des § 626 BGB ist nicht ge­ge­ben.

Die frist­lo­se Kündi­gung ei­nes Dienst­verhält­nis­ses ist ge­recht­fer­tigt, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf Grund de­rer dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ver­trags bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist oder bis zu der ver­ein­bar­ten Be­en­di­gung des Dienst­verhält­nis­ses nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann (BGH, NJW 2000, 1638 [BGH 14.02.2000 - II ZR 218/98] ; vgl. Müller-Glöge, Er­fur­ter Kom­men­tar zum Ar­beits­recht, 10. Auf­la­ge 2010, § 626 Rn. 60).

Die Kündi­gung kann auch auf späte­re, nachträglich be­kannt ge­wor­de­ne Gründe gestützt wer­den (ausf. Dörner in: Ascheid/Preis/ Schmidt, Kündi­gungs­recht, 3. Aufl. 2007, § 626 Rn. 49f.). Für das Vor­lie­gen ei­nes hin­rei­chen­den Grun­des, der auch in der Abwägung der Umstände des Ein­zel­falls die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Ver­tra­ges recht­fer­tigt ist eben­so wie für die Umstände, die zur Wah­rung der Zwei­wo­chen­frist des § 626 Abs. 2 BGB führen, der­je­ni­ge voll­umfäng­lich dar­le­gungs-und be­weis­be­las­tet, der die Kündi­gung aus­spricht, vor­lie­gen al­so die Be­klag­te.

Ein sol­cher Grund kann sich da­bei aus ver­schie­de­nen Mo­men­ten, ein­zeln oder in der Ge­samt­be­trach­tung er­ge­ben. Vor­lie­gend ist ein vor­werf­ba­res außer­dienst­li­ches Ver­hal­ten des Klägers, ins­be­son­de­re im Hin­blick auf ei­ne Rufschädi­gung, so­wie un­ter­las­se­ne und fal­sche In­for­ma­tio­nen ge­genüber den zuständi­gen Ent­schei­dungs­trägern der Be­klag­ten zu berück­sich­ti­gen.

Nach Würdi­gung der Ge­samt­umstände des Fal­les ist auch an­ge­sichts teil­wei­ser Ver­let­zun­gen die­ser Pflich­ten durch den Kläger ein hin­rei­chen­der Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung des An­stel­lungs­verhält­nis­ses des Klägers nicht ge­ge­ben.

Die Be­klag­te hat die Kündi­gung des An­stel­lungs­ver­trags des Klägers auf ei­nen Ver­trau­ens­ver­lust gestützt, der sich im We­sent­li­chen auf des­sen außer­dienst­li­chem Ver­hal­ten und auf Falsch­in­for­ma­tio­nen der Her­ren A. und B. stützt. Die­ses Ver­hal­ten recht­fer­tigt – so weit es durch die Kam­mer fest­ge­stellt wer­den konn­te - nicht den Aus­spruch ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung.

1. Ein die Be­klag­te hin­rei­chend be­ein­träch­ti­gen­des außer­dienst­li­ches Ver­hal­ten kann dem Kläger nicht vor­ge­wor­fen wer­den.

a) Der Kon­sum, der Be­sitz oder der Ver­trieb von Dro­gen wird dem Kläger durch die Be­klag­te nicht vor­ge­wor­fen. Die Be­klag­te macht auch nicht sub­stan­ti­iert gel­tend, dass der Kläger vor dem 9.2.2009, al­so nach Durchführung der Durch­su­chun­gen Kennt­nis von dem durch Frau N. mut­maßlich be­trie­be­nen Rausch­gift­han­del hat­te.

Nach ei­ner um­fas­sen­den Ver­neh­mung des Klägers am 24.3.2009 hat die Staat­an­walt­schaft bei dem Land­ge­richt Frank­furt am Main das ge­gen ihn geführ­te Straf­ver­fah­ren mit Be­schluss vom 26.3.2009 gemäß § 170 Abs. 2 St­PO ein­ge­stellt.

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Die Kündi­gung des Klägers ist nicht auf den Ver­dacht ei­ner – auch außer­dienst­li­chen – straf­ba­ren Hand­lung gestützt.

b) Die Auf­nah­me und Auf­recht­er­hal­tung der Be­zie­hung des Klägers zu Frau N. recht­fer­tigt ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung nicht.

Auch außer­halb von Ten­denz­un­ter­neh­men können Ar­beit­neh­mer ver­pflich­tet sein, zur Förde­rung des Ver­trags­zwecks Hand­lun­gen zu un­ter­las­sen, die dem An­se­hen des Ar­beit­ge­bers ab­träglich wären. Die Ar­beit­neh­mer ha­ben im Rah­men des Zu­mut­ba­ren al­les zu un­ter­las­sen, was die­ses Ver­trau­en gefähr­det (vgl. Müller-Glöge, a. a. O., § 626 Rn. 990 m. w. Nachw.).

Außer­dienst­li­ches Ver­hal­ten, das kei­ne Aus­wir­kun­gen auf die ver­trag­li­chen Be­zie­hun­gen der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en be­sitzt, ist al­ler­dings grundsätz­lich un­ge­eig­net, ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung zu recht­fer­ti­gen. Wirkt sich je­doch außer­dienst­li­ches Ver­hal­ten kon­kret in­ner­be­trieb­lich aus, wird es kündi­gungs­re­le­vant (LAG Ba­den-Würt­tem­berg, NZA 1994, vgl. Müller-Glöge, a. a. O., § 626 Rn. 82).

Ei­ne Aus­wei­tung der ver­trag­li­chen Ver­hal­tens­pflicht in die Pri­vat­sphäre hin­ein ist je­doch nur un­ter be­son­de­ren Umständen ge­recht­fer­tigt (Preis in: Stau­din­ger, BGB, (Be­arb. 2002) § 626 Rn. 159).

Die­se lie­gen hier nicht vor. Die Be­zie­hung des Klägers zu Frau N. recht­fer­tigt nicht ei­ne Kündi­gung sei­nes An­stel­lungs­ver­tra­ges aus wich­ti­gem Grund. Das Ge­richt legt da­bei nach Würdi­gung des ge­sam­ten Streitstoffs, ins­be­son­de­re auch der An­ga­ben des Klägers selbst und der An­halts­punk­te in der Er­mitt­lungs­ak­te ( § 286 ZPO ) fol­gen­den Sach­ver­halt der Be­zie­hung zu­grun­de:

Der fa­mi­liär nicht ge­bun­de­ne Kläger hat Frau N. An­fang 2007 ken­nen­ge­lernt, die bei ei­ner Si­cher­heits­fir­ma in den Räum­en der Be­klag­ten, dort auch in der Vor­stands­eta­ge, tätig war. Der Kläger ist aus­weis­lich der Aus­sa­ge des Zeu­gen A. bei ge­sell­schaft­li­chen Anlässen mit ver­schie­de­nen Be­glei­te­rin­nen auf­ge­tre­te­nen, wo­bei ei­ne da­von auch die von dem Kläger als sei­ne Le­bens­gefähr­tin be­zeich­ne­te Frau G. sein kann.

Der Kläger und Frau N. wa­ren durch ei­ne freund­schaft­li­che Be­zie­hung ver­bun­den, die auf pri­va­ten Kon­tak­ten in un­ter­schied­li­chen Zeitabständen und -räum­en ba­sier­te. Das Verhält­nis war auch in­ti­mer Na­tur. Die von dem Kläger dar­ge­leg­te Art sei­ner Be­zie­hung zu Frau N. ist dem­ge­genüber für das Ge­richt nach dem ge­sam­ten In­halt der Ak­ten, ins­be­son­de­re aber der bei­ge­zo­ge­nen Er­mitt­lungs­ak­ten und der er­folg­ten Erörte­run­gen so nicht nach­voll­zieh­bar.

Maßgeb­lich hierfür sind fol­gen­de Ge­sichts­punk­te:

(wird aus­geführt)

Da­nach ist die durch den Kläger gel­tend ge­mach­te Art der Be­zie­hung, wo­nach Frau N. ge­le­gent­lich ein­ge­kauft, ge­putzt und gebügelt ha­be, die aber nicht in­tim ge­we­sen sei, in kei­ner Wei­se hin­rei­chend, um die en­ge, ver­trau­te und ein­ge­spielt Be­zie­hung der bei­den, die deut­lich in­ten­si­ver war, zu­tref­fend zu be­schrie­ben.

Viel­mehr ist ....

ei­ne en­ge part­ner­schaft­li­che und auch in­ti­me Be­zie­hung ge­ge­ben.

Bei Frau N. han­del­te es sich un­strei­tig nicht um ei­ne Mit­ar­bei­te­rin oder be­trieb­lich na­he­ste­hen­de Mit­ar­bei­te­rin des Klägers.

Durch die Be­klag­te ist auch in kei­ner Wei­se sub­stan­ti­iert gel­tend ge­macht wor­den, dass der Kläger im Rah­men der Be­zie­hung zu Frau N. sich in ir­gend­ei­ner Form der Ein­fluss­nah­me oder gar des

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Hin­wir­kens auf die Beförde­rung oder Stel­lung von Frau N. schul­dig ge­macht hätte.

Aus­weis­lich der bei­ge­zo­ge­nen Er­mitt­lungs­ak­te er­scheint letzt­lich frag­lich, wes­halb Frau N. in ei­nem hoch sen­si­blen Si­cher­heits­be­reich ar­bei­ten konn­te, oh­ne über ei­ne Ar­beits­dau­er von über ei­nem Jahr ein ak­tu­el­les po­li­zei­li­ches Führungs­zeug­nis vor­zu­le­gen. Zwi­schen den Par­tei­en des Rechts­streits be­steht aber kein Streit darüber, dass die­se Ent­schei­dung letzt­lich in den Händen der ein­stel­len­den Si­cher­heits­fir­ma lag. Kon­kre­te An­halts­punk­te dafür, dass ir­gend­ein Mit­ar­bei­ter, ins­be­son­de­re aber ein Vor­stand der Be­klag­ten auf die An­stel­lung, die Beförde­rung oder die Po­si­tio­nie­rung der Ar­beits­stel­le von Frau N. hin­ge­wirkt hätten, sind nicht er­sicht­lich. Dies um­fasst auch den Kläger.

Es ist wei­ter auch nicht kon­kret dar­ge­legt oder sonst er­sicht­lich, dass Frau N. Zu­gang zu den al­ler­dings außer­or­dent­lich sen­si­blen und emp­find­li­chen Han­dels­sys­te­men und Ka­pi­tal­geschäften hat­te, die der Kläger als Fi­nanz­vor­stand der Be­klag­ten zu ver­ant­wor­ten hat­te. In glei­cher Wei­se ist nicht er­sicht­lich, dass er ihr in ir­gend­ei­ner Wei­se Geld oder geld­wer­te Vor­tei­le in nen­nens­wer­tem Um­fang hat zu­kom­men las­sen.

Ein we­sent­li­cher Grund, der zur Kündi­gung des An­stel­lungs­ver­tra­ges be­rech­ti­gen könn­te, er­gibt sich da­nach im Er­geb­nis nicht schon dar­aus, dass der Kläger über­haupt ei­ne Be­zie­hung zu Frau N. un­ter­hielt.

Der Kläger, der fa­mi­liär un­ge­bun­den ist und nach ei­ge­nen An­ga­ben in ei­ner fes­ten Be­zie­hung zu Frau G. steht, ist – je­den­falls recht­lich – im Grun­de frei, ei­ne Be­zie­hung mit Frau N. ein­zu­ge­hen. Ei­ne „Stan­des­wid­rig­keit“ der Be­zie­hung ist je­den­falls kein recht­lich prüffähi­ges und tragfähi­ges Kri­te­ri­um im Rah­men der Prüfung von we­sent­li­chen Gründen für die Be­en­di­gung ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses.

Zu­tref­fend ist al­ler­dings der Vor­wurf der Be­klag­ten, dass sich der Kläger in sei­nem Pri­vat­le­ben in ein Um­feld be­ge­ben hat, des­sen Öffent­lich­wer­den mit ganz er­heb­li­chen Pro­ble­men für die Re­pu­ta­ti­on der Be­klag­ten ver­bun­den war.

Dies er­gibt sich vor­lie­gend ins­be­son­de­re dar­aus, dass hin­sicht­lich ei­nes Fi­nanz­vor­stan­des ei­nes großen, auch in­ter­na­tio­nal agie­ren­den In­sti­tu­tes auch oh­ne ex­pli­zi­te ver­trag­li­che Ver­ein­ba­run­gen ein Le­bens­wan­del er­war­tet wer­den kann, der we­gen sei­ner er­heb­li­chen Ex­po­si­ti­on und Brei­ten­wirk­sam­keit den In­ter­es­sen der Be­klag­ten nicht zu­wi­derläuft.

Das Ge­richt ver­mag hier­in in­des­sen – un­ge­ach­tet jeg­li­cher Be­ur­tei­lung nach „com­mon sen­se“ - ei­ne recht­lich re­le­van­te Ver­let­zung der Ver­pflich­tung des Klägers aus sei­nem An­stel­lungs­ver­trag nicht zu er­ken­nen.

Die Be­klag­te kann sich in­so­weit auch nicht auf die Ent­schei­dung des BAG vom 8.6.2000 (NZA 2000, 1282 [BAG 08.06.2000 - 2 AZR 638/99] ) be­ru­fen. Das BAG hat hier fest­ge­stellt, dass bei An­ge­stell­ten des öffent­li­chen Diens­tes zu berück­sich­ti­gen ist, dass die dienst­li­che Ver­wend­bar­keit durch außer­dienst­li­che Vorgänge be­ein­flusst wer­den kann, da die Öffent­lich­keit das Ver­hal­ten ei­nes öffent­li­chen Be­diens­te­ten an ei­nem stren­ge­ren Maßstab misst als das pri­vat Beschäftig­ter.

Die Ent­schei­dung hat­te in­des­sen zum Ge­gen­stand, dass ein Be­diens­te­ter des öffent­li­chen Diens­tes ei­ne mut­maßlich ras­sis­tisch mo­ti­vier­te Mes­ser­ste­che­rei mit dem Er­folg der Tötung in ei­nem Zug oh­ne er­kenn­ba­re Gefühls­re­gung durchführ­te und im An­schluss dar­an we­gen an­ge­nom­me­ner Not­wehr frei ge­spro­chen wur­de.

Dar­um geht es vor­lie­gend nicht. Un­ge­ach­tet der Fra­ge der Über­trag­bar­keit der Maßstäbe des BAG auf die Be­klag­te als An­stalt des öffent­li­chen Rechts und den Kläger als ih­ren An­ge­stell­ten würde die un­be­se­he­ne Berück­sich­ti­gung der „Taug­lich­keit“ ei­ner Be­zie­hung für die „dienst­li­che Ver­wend­bar­keit“ oh­ne jeg­li­che nähe­re Kon­tu­rie­rung zu dem Er­for­der­nis ei­ner vollständig kon­for­men Ge­stal­tung auch des Pri­vat­le­bens ei­nes An­ge­stell­ten des öffent­li­chen Diens­tes führen. Ein

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zu­tref­fen­der Maßstab kann da­her le­dig­lich sein, dass mas­si­ve Verstöße ge­gen die Rechts­ord­nung auch außer­halb des Diens­tes die Eig­nung des Mit­ar­bei­ters aus­sch­ließen können (so Preis, Stau­din­ger, a.a.O., § 626 Rn. 195).

Das ist im vor­lie­gen­den Fall je­doch nicht ge­ge­ben. Der Kläger hat sich – so­weit dar­ge­legt - in kei­ner Wei­se ge­setz­wid­ri­gen Ver­hal­tens schul­dig ge­macht.

Die Be­klag­te kann sich da­her auch nicht auf die her­an­ge­zo­ge­ne Ent­schei­dung des BAG vom 10.9.2009 (NZA 2010, 220 [BAG 10.09.2009 - 2 AZR 257/08] ) stützen, die ei­ne straf­recht­li­che Ver­ur­tei­lung ei­nes Bau­hof­mit­ar­bei­ters we­gen Ver­s­toßes ge­gen das Betäubungs­mit­tel­ge­setz zum Ge­gen­stand hat­te.

2. Ein hin­rei­chen­der Kündi­gungs­grund er­gibt sich nicht aus fal­schen An­ga­ben des Klägers ge­genüber dem Vor­stands­vor­sit­zen­den A. in ei­nem Gespräch vom 09.02.2009.

Die Be­klag­te hat in­so­weit gel­tend ge­macht, der Kläger ha­be in dem Gespräch ge­genüber dem Vor­stands­vor­sit­zen­den A. erklärt, dass er kei­ner­lei Be­zug zu Betäubungs­mit­tel-Han­del ha­be und nie ge­wusst ha­be, dass Frau N. ei­ne Dro­genhänd­le­rin sei. Er ha­be erklärt, dass zwei Be­am­te bei ihm ge­we­sen sei­en, dass sei­ne Woh­nung aber nicht durch­sucht wor­den sei. Frau N. sei nicht sei­ne Le­bens­gefähr­tin ge­we­sen. Er ha­be sie ge­le­gent­lich als Haus­an­ge­stell­te, ins­be­son­de­re für Rei­ni­gungs­ar­bei­ten beschäftigt.

Die­se An­ga­ben hat der Zeu­ge A. in sei­ner Ver­neh­mung so nicht bestätigt. Der Zeu­ge A. hat hin­sicht­lich des Gesprächs vom 09.02.2009 an­ge­ge­ben, dass der Kläger erklärt ha­be, dass kei­ne Durch­su­chung in sei­nen Wohnräum­en statt­ge­fun­den ha­be. Nach ca. 20-25 Mi­nu­ten hätten die Kri­mi­nal­be­am­ten sei­ne Woh­nung ver­las­sen. Er ha­be das Zi­tat noch im Ohr, dass sie von der Durch­su­chung Ab­stand ge­nom­men hätten. Hin­sicht­lich des Dro­gen­kon­sums oder Be­sit­zes ha­be er selbst den Kläger nicht an­ge­spro­chen.

Hin­sicht­lich Frau N. ha­be der Kläger dem Zeu­gen A. erklärt, dass nicht sie sei­ne Le­bens­gefähr­tin sei. Dies sei ei­ne Da­me, die bei der Toch­ter­ge­sell­schaft Se­kretärin des Vor­stands sei.

Frau N. hel­fe ihm ge­le­gent­lich zu Hau­se aus. Das heißt, sie ma­che Be­sor­gun­gen, put­ze und ko­che. Es han­de­le sich hier­bei aber nicht um ein for­ma­les Beschäfti­gungs­verhält­nis, das könne der Zeu­ge auch dar­an er­ken­nen, dass kei­ne So­zi­al­ver­si­che­rungs­beiträge ab­geführt wer­den. In der Bank ha­be es ge­wis­se „Ru­mours“ ge­ge­ben, die Herrn S. und Frau N. be­trof­fen hätten. Die­se An­ga­ben sei­en für den Zeu­gen A. aber nicht be­last­bar ge­we­sen.

Da­nach liegt ei­ne teil­wei­se un­wah­re Ein­las­sung ge­genüber dem Vor­stands­vor­sit­zen­den A. hin­sicht­lich des Verhält­nis­ses des Klägers zu Frau N. vor.

a) Der Kläger hat nach Auf­fas­sung des Ge­richts sein Verhält­nis zu Frau N. nicht in der tatsächli­chen emo­tio­na­len und persönli­chen Trag­wei­te dar­ge­stellt, wie die­ses auch im Zeit­punkt der Durch­su­chun­gen be­stan­den hat.

Die Pflich­ten des Klägers zu ei­ner um­fas­sen­den und wahr­heits­gemäßen Aufklärung der Be­klag­ten als sei­ne Ar­beit­ge­be­rin und an­stel­len­den Körper­schaft be­stim­men sich je­doch maßgeb­lich da­nach,
wel­che In­for­ma­tio­nen für die Be­klag­te zur Wahr­neh­mung ih­rer sach­ge­rech­ten und le­gi­ti­men In­ter­es­sen not­wen­dig sind.

Zur Über­zeu­gung des Ge­richts steht aber – wie oben aus­geführt – fest, dass das ge­leb­te Verhält­nis des Klägers zu Frau N. ein freund­schaft­lich-part­ner­schaft­li­ches und in­ti­mes war. Ob und in wel­chem Um­fang dies auch den se­xu­el­len Be­reich er­fass­te, be­darf an­ge­sichts der doch in­ten­si­ven Art der Be­zie­hung kei­ner ge­son­der­ten Fest­stel­lung oder Aufklärung.

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Denn die An­ga­ben des Klägers, die das Verhält­nis als „freund­schaft­lich -haushälte­risch“, je­den­falls aber nicht so­zi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tig er­schei­nen las­sen, sind je­den­falls un­zu­tref­fend ein­schränkend und mi­ni­mie­rend.

b) Fal­sche An­ga­ben zum Ab­lauf der Durch­su­chung am 6.2.2009, die das In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Be­klag­ten berühren könn­ten, sieht das Ge­richt da­ge­gen nicht ge­ge­ben.

Aus der ge­genüber­stel­len­den Ver­neh­mung des Klägers selbst und des Zeu­gen A. er­gibt sich viel­mehr übe­rein­stim­mend, dass der Kläger die Durch­su­chung so ge­schil­dert hat, wie er sie wahr­ge­nom­men hat. Die Durch­su­chung soll da­nach so statt­ge­fun­den ha­ben, dass die Kri­mi­nal­be­am­ten sich le­dig­lich im vor­de­ren bzw. dem Ein­gangs­be­reich sei­ner Woh­nung auf­ge­hal­ten hätten, die Woh­nung an sich aber nicht durch­sucht hätten. Dies hat der Kläger mit Schrift­satz vom 30.3.2010 kon­kre­ti­siert und an­hand ei­ner Skiz­ze erläutert (Bl. 215 d.A.).

Die­se Wie­der­ga­be durch den Kläger hat der Zeu­ge A. im We­sent­li­chen bestätigt.

Dass le­dig­lich zwei Be­am­te bei dem Kläger wa­ren, aber kei­ner­lei for­ma­le Durch­su­chung statt­ge­fun­den ha­be, ist da­nach nicht erklärt wor­den.

Ob die Durch­su­chung sich über ei­nen länge­ren Zeit­raum hin­weg er­streckt hat, ob hier­bei sämt­li­che Behält­nis­se in der Woh­nung geöff­net und durch­sucht wur­den oder in wel­cher Art und Wei­se die Durch­su­chung statt­ge­fun­den hat­te, ist im Ein­zel­nen nicht dar­ge­stellt.

Aus den von dem Zeu­gen A. wie­der­ge­ge­be­nen An­ga­ben lässt sich hin­rei­chend si­cher ent­neh­men, dass der Kläger mit­ge­teilt hat­te, dass die Be­am­ten ihn in sei­ner Woh­nung auf­ge­sucht hat­ten. Dies ist der we­sent­li­che Ge­sichts­punkt.

Für die Ent­schei­dung des Rechts­streits kann es da­ge­gen da­hin­ge­stellt blei­ben, ob die zwei Po­li­zei­be­am­ten bei dem Kläger in der Woh­nung al­le Räume be­tre­ten und da­bei auch ein­zel­ne Behält­nis­se geöff­net und durch­sucht ha­ben oder ob die Durch­su­chung le­dig­lich in Form ei­ner Be­spre­chung oder Ab­spra­che im vor­de­ren bzw. Ein­gangs­be­reich der Woh­nung statt­ge­fun­den hat, wie dies der Kläger be­haup­tet. Für letz­te­res spricht al­ler­dings, dass die Durch­su­chung nicht zeit­gleich mit der Durch­su­chung am 05.02.2009 in den Räum­en der Be­klag­ten und der An­ge­schul­dig­ten N. durch­geführt wur­de, son­dern erst mit ei­nem Tag Verzöge­rung, wo­bei sich ein zwi­schen­zeit­lich von dem Kläger man­da­tier­ter Straf­ver­tei­di­ger in des­sen Be­glei­tung be­fun­den hat.

Der Durch­su­chungs­be­richt selbst erklärt hier­zu le­dig­lich, dass die Durch­su­chung von 21.03 Uhr bis 21.35 Uhr durch­geführt wur­de, dass le­dig­lich im Ba­de­zim­mer ei­ne Frau N. gehören­de Zahnbürs­te auf­ge­fun­den wur­de und dass wei­te­re persönli­che Ge­genstände nicht ge­fun­den und nach Aus­kunft des Be­trof­fe­nen auch nicht in der Woh­nung vor­han­den wa­ren (EA, Band II, Bl. 316f).

Wel­che In­ten­sität die bei dem Kläger vor­ge­nom­me­ne Durch­su­chung tatsächlich hat­te, kann für die Ent­schei­dung des vor­lie­gen­den Rechts­streits da­hin­ge­stellt blei­ben. Denn der für die Be­klag­te – we­gen ei­ner schädli­chen Aus­wir­kung in der Öffent­lich­keit – re­le­van­te Ge­sichts­punkt, dass ei­ne Durch­su­chung in den Pri­vaträum­en des Klägers statt­ge­fun­den hat, war der Be­klag­ten hin­rei­chend be­kannt und nach dem maßgeb­li­chen Kern­ge­sche­hen auch durch ihn mit­ge­teilt.

Ei­ne Durch­su­chung ist ei­ne straf­pro­zes­sua­le Maßnah­me, die sich ge­gen ei­nen Be­schul­dig­ten ( § 102 St­PO ) oder ei­ne an­de­re Per­son rich­tet ( § 103 St­PO ) mit dem Ziel des Auf­fin­dens von Be­weis­mit­teln oder der Er­grei­fung des Be­schul­dig­ten. In Ab­gren­zung zu bloßen Be­tre­tungs-, Be­sich­ti­gungs- und Kon­troll­rech­ten ist kenn­zeich­nend für ei­ne Durch­su­chung das ziel- und zweck­ge­rich­te­te Su­chen staat­li­cher Amts­träger in ei­ner Woh­nung, um dort planmäßig et­was auf­zu­spüren (vgl. Heg­mann in: Beck'scher On­line-Kom­men­tar, St­PO, § 102 Vor­bem). Dies hat un­strei­tig statt­ge­fun­den. Ei­ne ge­setz­li­che Vor­ga­be für die Art und Wei­se der Durch­su­chung be­steht – ab­ge­se­hen von dem oh­ne­hin gel­ten­den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit – nicht.

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Ob die Po­li­zei­be­am­ten da­nach sämt­li­che Räume be­tre­ten und Behält­nis­se geöff­net ha­ben, ist im Hin­blick auf das le­gi­ti­me In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Be­klag­ten ir­re­le­vant, nach­dem die Tat­sa­che der Durch­su­chung der Pri­vaträume ei­nes Fi­nanz­vor­stands selbst be­reit fest­steht. Ein bloßer „Be­such“ vor der Haustür hat eben nicht statt­ge­fun­den und ist durch den Kläger auch nicht so ge­schil­dert wor­den.

Im Hin­blick auf das Vor­lie­gen ei­nes wich­ti­gen Grun­des für ei­ne Kündi­gung ist nicht er­sicht­lich, wel­che Wei­te­run­gen sich aus ei­ner un­ter­schied­li­chen Dar­stel­lung des Durch­su­chungs­ab­laufs für die Be­klag­te er­ge­ben soll­te. Denn nach der durch den Zeu­gen A. nicht an­ders bestätig­ten Dar­stel­lung des Klägers, hat die Po­li­zei den Kläger zu Hau­se auf­ge­sucht. Im Hin­blick dar­auf, dass die­ses Ge­sche­hen be­deut­sam im Hin­blick auf ei­ne mögli­che Rufschädi­gung und Pres­seträch­tig­keit des Vor­gangs ist, we­ni­ger aber im Hin­blick auf er­mitt­lungs­tech­ni­sche Ein­zel­fra­gen, ist nicht er­sicht­lich, wel­che mas­si­ve Ge­wich­tung sich aus ei­ner an­der­wei­ti­gen Art und Wei­se der Durchführung der Durch­su­chung er­ge­ben soll­te. Maßgeb­lich er­scheint dem Ge­richt, dass der Kläger - wahr­heits­gemäß – mit­ge­teilt hat, dass Po­li­zei­be­am­te sich bei ihm zu Hau­se be­fun­den und auf­ge­hal­ten ha­ben. Dies er­gibt sich auch aus der An­ga­be des Zeu­gen A., dass die­se nach 20-25 Mi­nu­ten die Woh­nung des Klägers ver­las­sen hätten.

In­so­weit ist zu berück­sich­ti­gen, dass dem Zeu­gen A. zu die­sem Zeit­punkt der Durch­su­chungs­be­schluss vom 27. Ja­nu­ar 2009 be­kannt war, der die Durch­su­chung der Pri­vaträume des Klägers gemäß § 103 StP0 an­ord­ne­te.

c) Dass der Kläger Kennt­nis von Betäubungs­mit­tel­kon­sum oder -be­sitz von Frau N., bzw. gar ih­rem Han­del da­mit hat­te, hat die Be­klag­te nicht sub­stan­ti­iert dar­le­gen können. Ei­ne dies­bezügli­che Falsch­an­ga­be des Klägers ist da­nach nicht er­sicht­lich.

Dies gilt auch hin­sicht­lich des durch die Be­klag­te gel­tend ge­mach­ten Zeit­punk­tes der Kennt­nis­nah­me der Äußerung des Ober­staats­an­walts D. an den durch den Kläger man­da­tier­ten Rechts­an­walt W.. Die­ser hat aus­weis­lich ei­nes Ver­merks des Ober­staats­an­walts D. vom 9.2.2009 an die­sem Tag er­fah­ren, dass die­ser ei­nen Durch­su­chungs­be­schluss nach § 102 St­PO ge­gen den Kläger selbst be­an­tragt hat­te und dass Frau N. als „Dau­er­kun­din“ bei der Staats­an­walt­schaft be­kannt war (EA, Band II, Bl. 316a).

Dass Rechts­an­walt W., der be­reits seit dem 5.2.2009 man­da­tiert und am 6.2.2009 bei der Durch­su­chung in den Räum­en des Klägers zu­ge­gen war, die­se In­for­ma­tio­nen dem Kläger nicht zeit­nah hat zu­kom­men las­sen, ist ab­we­gig und wird durch den Kläger nicht ernst­haft und sub­stan­ti­iert in Ab­re­de ge­stellt.

Dass der Kläger in den Abend­stun­den des 9.2.2009, in de­nen sein Gespräch mit dem Vor­stands­vor­sit­zen­den A. statt­fand, be­reits über die­se In­for­ma­tio­nen verfügte, ist da­ge­gen nicht fest­stell­bar. Un­abhängig da­von könn­te auch in die­sem Fall sei­ne An­ga­ben, dass er selbst kei­ner­lei Be­zug zum Betäubungs­mit­tel-Han­del ha­be und nie ge­wusst ha­be, dass Frau N. ei­ne Dro­genhänd­le­rin sei, nicht als un­wahr an­ge­se­hen wer­den.

3. An­de­res er­gibt sich auch nicht aus den An­ga­ben des Klägers in dem Gespräch mit dem Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­ra­tes B. am 24.03.2009.

Die Be­klag­te hat gel­tend ge­macht, in die­sem Gespräch ha­be der Kläger mit­ge­teilt, dass ihm kein Betäubungs­mit­tel­de­likt vor­zu­wer­fen sei, dass sei­ne Woh­nung nicht durch­sucht wor­den sei; die Po­li­zei ha­be sich le­dig­lich im Ein­gangs­be­reich auf­ge­hal­ten; er sei mit der Be­schul­dig­ten N. be­freun­det, je­doch nicht in­tim. Sie put­ze für ihn und ha­be ihm auch al­le paar Wo­chen Es­sen ge­kocht.

Die Be­schul­dig­te N. ha­be ihn nach ih­rer Ver­haf­tung Sams­tag­nacht an­ge­ru­fen und mit der Pres­se ge­droht. Er ha­be sich dann Sonn­tag­nach­mit­tag für 5 Mi­nu­ten an ih­re Haustür be­ge­ben und mit ihr ge­spro­chen. Er ha­be ihr erklärt, sie sol­le Ru­he be­hal­ten und “den Ball flach hal­ten“.

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und der Kläger im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung vom 24.09.2009 übe­rein­stim­mend bestätigt.

Nach Auf­fas­sung des Ge­richts er­gibt sich hier­aus ei­ne fal­sche In­for­ma­ti­on des Dienst­vor­ge­setz­ten des Klägers hin­sicht­lich sei­nes Verhält­nis­ses zu Frau N.. In­so­weit kann auf die obi­gen dies­bezügli­chen Ausführun­gen Be­zug ge­nom­men wer­den.

Hin­sicht­lich der An­ga­ben zur Art und Wei­se der Durch­su­chung der Woh­nung des Klägers kann gleich­falls auf die obi­gen Ausführun­gen ver­wie­sen wer­den.

Wei­te­re un­zu­tref­fen­de An­ga­ben sind nicht er­sicht­lich.

4. Ein wich­ti­ger Grund für ei­ne Kündi­gung des Klägers er­gibt sich teil­wei­se aus der Ver­let­zung ihm ob­lie­gen­der In­for­ma­ti­ons­pflich­ten.

Zu­tref­fend weist die Be­klag­te dar­auf hin, dass den Kläger auf­grund sei­ner her­aus­ge­ho­be­nen Stel­lung die un­ein­ge­schränk­te Pflicht trifft, sei­ne Dienst­vor­ge­setz­ten zeit­nah, vollständig und wahr­heits­gemäß über sei­ne „Ver­wick­lun­gen“ zu in­for­mie­ren.

An­ge­sichts des un­gewöhn­li­chen und außer­halb jeg­li­cher Üblich­keit ste­hen­den Vor­gangs, dass ein Fi­nanz­vor­stand ei­ner re­nom­mier­ten Geschäfts­bank ei­ne pri­va­te Be­zie­hung zu ei­ner Mit­ar­bei­te­rin des Si­cher­heits­diens­tes im glei­chen Hau­se un­terhält, ge­gen die we­gen betäubungs­mit­tel­recht­li­cher Ver­feh­lun­gen er­mit­telt wird, ist im Hin­blick auf ei­nen ab­zu­se­hen­den flächen­de­cken­den er­heb­li­chen Ima­ge­scha­den der Be­klag­ten ein um­fas­sen­des In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­se der Be­klag­ten ge­ge­ben, das sich auch auf Fra­gen er­streckt, die zwar den persönli­chen Be­reich des Klägers berühren, we­gen ih­rer me­di­en­träch­ti­gen Aus­wir­kung aber zu­gleich die In­ter­es­sen der Be­klag­ten berühren.

In­halt­lich geht die aus der Loya­litäts­pflicht des Klägers re­sul­tie­ren­de In­for­ma­ti­ons­pflicht da­hin, dass der Kläger der Be­klag­ten al­le die Kennt­nis­se und In­for­ma­tio­nen wei­ter­ge­ben muss, de­ren die Be­klag­te be­darf, um sich im Hin­blick auf ei­ne mögli­che Pres­se­be­richt­er­stat­tung auf die Wahr­neh­mung ih­rer In­ter­es­sen recht­zei­tig und möglichst um­fas­send ein­zu­rich­ten.

Die durch die Be­klag­te her­an­ge­zo­ge­nen Ent­schei­dun­gen be­tref­fen in­des­sen Fälle, in de­nen die Gekündig­ten in­ner­halb des ih­nen zu­ge­wie­se­nen Ar­beits- und Geschäfts­be­reichs un­zu­tref­fen­den An­ga­ben ge­macht, bzw. In­for­ma­tio­nen nicht er­teilt ha­ben (OLG Düssel­dorf, DB 1983, 1036; OLG Bran­den­burg, OLG-NL 2005, 174; OLG Saarbrücken, BKR 2007, 119).

Vor­lie­gend ist da­ge­gen zu berück­sich­ti­gen, dass die In­for­ma­tio­nen ei­ne pri­va­te Be­zie­hung des Klägers be­tref­fen, die al­ler­dings we­gen des - mut­maßlich – straf­ba­ren Ver­hal­tens von Frau N. er­heb­li­che Aus­wir­kun­gen auf die Be­klag­te hat­te.

Die­se In­for­ma­tio­nen hat­te der Kläger in ers­ter Li­nie dem Vor­sit­zen­de des Ver­wal­tungs­ra­tes als sei­nem Dienst­vor­ge­setz­ten ge­genüber mit­zu­tei­len. Ei­ne ei­genständi­ge In­for­ma­ti­on des Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­rats hat er je­doch bis zum 24.3.2009 in kei­ner Wei­se un­ter­nom­men. Der Kläger hat es da­ne­ben un­ter­las­sen, die Be­klag­te über ih­ren Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­rats oder sonst vor dem 24.3.2009 darüber zu un­ter­rich­ten, dass Frau N. ihm in ei­nem Te­le­fo­nat mit der Ein­schal­tung der Pres­se droh­te.

5. Nach ei­ner Ge­samt­abwägung der für und ge­gen ei­ne Kündi­gung spre­chen­de Gründe er­scheint ei­ne Kündi­gung aus wich­ti­gem Grund da­nach aber nicht ge­recht­fer­tigt.

So­weit der Kläger Umstände aus sei­nem pri­va­ten Le­bens­be­reich im Zu­sam­men­hang mit ei­nem Straf­ver­fah­ren, das ge­gen die mit ihm li­ier­te Frau N. ge­rich­tet war und auch ihn berühr­te, nicht

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um­fas­send dar­ge­legt und mit­ge­teilt, hat, recht­fer­tigt dies auch an­ge­sichts sei­ner erhöhten Loya­litäts­pflich­ten als Fi­nanz­vor­stand der Be­klag­ten noch nicht ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung.

Der Kläger hat – wie oben dar­ge­legt – die In­ten­sität sei­ner Be­zie­hung zu Frau N. un­zu­tref­fend be­schrie­ben und nicht um­fas­send of­fen ge­legt. Er hat nicht mit­ge­teilt, dass ei­ne Zahnbürs­te von Frau N. am 6.2.2009 in sei­ner Woh­nung auf­ge­fun­den wur­de. Ei­ne ei­genständi­ge In­for­ma­ti­on des Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­ra­tes hat er je­den­falls vor dem 24.3.2009 nicht un­ter­nom­men.

Das Ge­richt ver­mag dem je­doch un­ter Berück­sich­ti­gung der ge­ge­be­nen Umstände kei­ne der­ar­ti­ge Pflicht­ver­let­zung ent­neh­men, die ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung recht­fer­ti­gen würde.

Dies er­gibt sich zum Ei­nen dar­aus, dass den Kläger zwar im Hin­blick auf die er­heb­li­che ruf­be­ein­träch­ti­gen­de Aus­wir­kung der Vorfälle ei­ne Pflicht zur hin­rei­chen­den In­for­ma­ti­on der Be­klag­ten trifft.

Hin­sicht­lich des Um­fangs und der Reich­wei­te der In­for­ma­ti­ons­pflicht ist je­doch ein­schränkend zu berück­sich­ti­gen, dass das Verhält­nis des Klägers zu Frau N. zu­gleich sei­ne In­tim­sphäre und da­mit den Kern­be­reich des Persönlich­keits­rechts berührt. Die In­tim­sphäre er­streckt sich auf die mit der Se­xua­lität und dem Se­xu­al­le­ben zu­sam­menhängen­den Fra­gen der Le­bens­ge­stal­tung, die der Ein­zel­ne in der Re­gel vor dem Zu­griff un­be­tei­lig­ter Drit­ter – auch so­weit sie bei­spiels­wei­se Fa­mi­li­en­an­gehöri­ge sind – ab­schir­men möch­te (BVerfG NJW 2008, 39 [BVerfG 13.06.2007 - 1 BvR 1783/05] ; vgl. Lang in: Beck'scher On­line-Kom­men­tar, GG, Art. 2 Rn. 39).

Fest­zu­hal­ten ist in­so­weit auch, dass den Kläger grundsätz­lich kei­ne ar­beits­ver­trag­li­che Mit­tei­lungs­pflicht über ein Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ge­gen sich selbst trifft (vgl. BAG, NJW 2009, 1897 [BAG 23.10.2008 - 2 AZR 483/07] ) und die­se vor­lie­gend auch nur nach Maßga­be der le­gi­ti­men In­for­ma­ti­ons­in­ter­es­sen der Be­klag­ten be­steht. In der Ge­samt­abwägung er­scheint es da­nach als nicht un­mit­tel­bar maßgeb­lich, wann der Kläger selbst von sei­ner Stel­lung als Be­schul­dig­ter Kennt­nis er­langt hat.

Zum An­de­ren stan­den der Be­klag­ten be­reits hin­rei­chen­de In­for­ma­tio­nen zur Verfügung, die zum Teil wei­ter reich­ten, als die dem Kläger zugäng­li­chen.

Der Um­stand ei­ner hin­rei­chen­den Nähe­be­zie­hung ließ sich oh­ne wei­te­res dar­aus ent­neh­men, dass der ge­gen Frau N. ge­rich­te­te Durch­su­chungs­be­schluss ge­ra­de auch ei­ne Durch­su­chung der Wohnräume des Klägers um­fass­te. Da­ne­ben hat der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten A. erklärt, dass ihm „ru­mours“ hin­sicht­lich ei­nes Verhält­nis­ses des Klägers zu Frau N. be­kannt wa­ren.

Die Kennt­nis von straf­recht­li­chen Er­mitt­lun­gen ge­gen Frau N. ha­ben so­wohl der Kläger als auch die Be­klag­te un­strei­tig durch Be­kannt­ga­be des Durch­su­chungs­be­schlus­ses vom 27.01.2009 am 05.02.2009 durch er­mit­teln­de Kri­mi­nal­be­am­te er­hal­ten. Aus dem Durch­su­chungs­be­schluss lässt sich ne­ben der Durch­su­chung der Räume der Be­klag­ten zu­gleich ent­neh­men, dass ei­ne Durch­su­chung der Wohnräume des Klägers als Un­verdäch­ti­gen im Sin­ne von § 103 StP0 an­ge­ord­net war. Ein Näheverhält­nis des Klägers zu Frau N. dräng­te sich da­nach oh­ne wei­te­res auf.

Hier­bei ist zu berück­sich­ti­gen, dass nach den An­ga­ben der im Er­mitt­lungs­ver­fah­ren ver­nom­me­nen Zeu­gen Y. und Z. so­wohl der Kläger als auch der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Be­klag­ten sich zum Zeit­punkt der Durch­su­chung der Geschäftsräume der Be­klag­ten und der Fest­nah­me von Frau N. in den Räum­en der Be­klag­ten be­fan­den (EA, Bl. 568, 601f.).

Ei­ne Nähe­be­zie­hung hat der Kläger auch – wenn­gleich in un­zu­tref­fend ver­klei­ner­tem Um­fang – im Gespräch vom 9.2.2009 ein­geräumt.

Vor die­sem Hin­ter­grund und dem In­ter­es­se der Be­klag­ten an In­for­ma­tio­nen hin­sicht­lich – wei­te­rer – rufschädi­gen­der Umstände ist nicht er­sicht­lich, dass und wie sich ei­ne um­fas­sen­de­re In­for­ma­ti­on

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durch den Klägers für sie hätte aus­wir­ken können.

Dies gilt auch hin­sicht­lich des Um­stands, dass der Kläger, wie er selbst ein­geräumt hat, nicht mit­ge­teilt hat, dass ei­ne der An­ge­klag­ten N. gehören­de Zahnbürs­te in sei­ner Woh­nung auf­ge­fun­den wur­de.

Auch in­so­weit ist nicht er­sicht­lich, dass und wes­halb die­ses er­mitt­lungs­tech­ni­sche De­tail, das aus­weis­lich der Er­mitt­lungs­ak­ten für den wei­te­ren Ab­lauf des Straf­ver­fah­rens oh­ne Be­deu­tung blieb, in ei­ner ge­son­der­ten Form mit­zu­tei­len ge­we­sen wäre.

So­weit sich hier­aus ein In­diz für ei­ne Nähe der Be­zie­hung des Klägers zu Frau N., nämlich im Hin­blick auf dann an­zu­neh­men­de Über­nach­tun­gen, er­gibt, ist nicht er­sicht­lich, dass und in wel­cher Wei­se ein hin­rei­chen­de In­ter­es­se der Be­klag­ten an der Wei­ter­ga­be ge­ra­de die­ser In­for­ma­ti­on durch ih­ren Fi­nanz­vor­stand ge­ge­ben ist.

Maßgeb­lich ist da­ne­ben aber, dass die Be­klag­te den Kläger seit dem 5.2., bzw. 9.2.2009 bis zum 24.3.2009 in kei­ner Wei­se kon­kret um nähe­re Dar­le­gun­gen ge­be­ten, bzw. hin­sicht­lich der vor­han­de­nen In­for­ma­tio­nen nach­ge­fasst hat.

Der Zeu­ge A. hat an­ge­ge­ben, nach der Durch­su­chung, al­so wohl am 7. oder 8.2.2009 den Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­ra­tes te­le­fo­nisch über die Durch­su­chung und die Umstände, die ihm aus dem Durch­su­chungs­be­schluss be­kannt wa­ren, un­ter­rich­tet zu ha­ben. Nach­fra­gen hat er im Gespräch mit dem Kläger vom 9.2.2009 nach ei­ge­nen An­ga­ben nicht an den Kläger ge­rich­tet.

Der Vor­sit­zen­de des Ver­wal­tungs­ra­tes B. hat mit dem Kläger erst am 24.3.2009 ge­spro­chen. So­weit die Be­klag­te gel­tend macht, der Kläger sei zu ei­nem frühe­ren Gespräch nicht zu er­rei­chen ge­we­sen, ist der dies­bezügli­che Vor­tag un­sub­stan­ti­iert und in sich nicht schlüssig.

Die Be­klag­te trägt hier­zu vor, dass Herr B., der seit dem 1.3.2009 Vor­sit­zen­der des Ver­wal­tungs­ra­tes der Be­klag­ten ist, An­fang März mehr­fach, aber ver­geb­lich ver­sucht ha­be, den Kläger zu ei­nem Gespräch zu er­rei­chen. Der Kläger, der dies nach­drück­lich be­strei­tet, hat - in­so­weit un­wi­der­spro­chen - gel­tend ge­macht, dass er so­wohl über sein Se­kre­ta­ri­at als auch über zwei Han­dys stets er­reich­bar ge­we­sen sei. Ei­ne Ur­laubs­ab­we­sen­heit gemäß dem der Be­klag­ten vor­lie­gen­den Ka­len­der hat der Kläger gleich­falls be­strit­ten.

Ih­ren Vor­trag hat die Be­klag­te dem­ge­genüber oh­ne nähe­re Präzi­sie­rung der kon­kre­ten Kon­takt­ver­su­che in das Wis­sen der Zeu­gin­nen S. und B. ge­stellt. Die­ser Be­weis war als un­zulässi­ger Aus­for­schungs­be­weis aber nicht zu er­he­ben, weil die Be­klag­te ih­ren Vor­trag in kei­ner Wei­se durch Kon­kre­ti­sie­rung der An­ruf­zei­ten und –ar­ten oder durch Vor­la­ge ent­spre­chen­der Te­le­fon­lis­ten oder Ver­mer­ke sub­stan­ti­iert hat.

Zu berück­sich­ti­gen ist da­ne­ben, dass der Zeu­ge A. das in sein Wis­sen ge­stell­te Vor­brin­gen der Be­klag­ten nicht bestätigt hat, wo­nach er den Kläger aus­drück­lich an­ge­wie­sen hat, den Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­rats zu in­for­mie­ren.

Die Be­klag­te verfügte da­ne­ben – un­ter an­de­rem we­gen der Man­da­tie­rung des Rechts­an­walts X. – hin­sicht­lich des Er­mitt­lungs­ver­fah­rens teil­wei­se über mehr In­for­ma­tio­nen als der Kläger, die sie auch früher als er er­hielt. Ei­ne Ak­ten­ein­sicht er­hielt der Kläger erst im Lau­fe des hier anhängi­gen Zi­vil­ver­fah­rens.

Ei­ne Fehl­in­for­ma­ti­on mit we­sent­li­chen und für die Be­klag­ten er­heb­li­chen In­for­ma­tio­nen hin­sicht­lich der auch für die Be­klag­te ruf­be­ein­träch­ti­gen­den Durch­su­chung in der Pri­vat­woh­nung des Klägers, die am 06.02.2009 statt­ge­fun­den hat, ist da­nach nicht ge­ge­ben. Von dem Um­stand ei­ner – an­ste­hen­den – Durch­su­chung hat sie am 5.2.2009 zeit­gleich mit dem Kläger er­fah­ren.

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Im Hin­blick auf ei­ne me­di­en­recht­li­che Be­ein­träch­ti­gung der Be­klag­ten, wie sie sich et­wa in der Pres­se­be­richt­er­stat­tung in der B.-Zei­tung vom 08.04.2010 rea­li­siert hat, ist der maßgeb­li­che Ge­sichts­punkt, dass ei­ne Durch­su­chung in den Pri­vaträum­en des Fi­nanz­vor­stan­des der Be­klag­ten statt­ge­fun­den hat. Me­di­en­re­le­vant ist da­bei die In­for­ma­ti­on, dass Po­li­zei­be­am­te „bei ihm zu Hau­se“ wa­ren.

Ent­ge­gen der Rechts­auf­fas­sung des Klägers ist es in die­sem Kon­text völlig un­er­heb­lich, ob die Po­li­zei­be­am­ten die Woh­nung näher be­tre­ten und tatsächlich körper­lich und räum­lich durch­sucht ha­ben. Der für die Be­klag­te maßge­ben­de Fak­tor ist der, dass die Po­li­zei­be­am­ten die Woh­nung des Klägers auf­ge­sucht ha­ben und ei­ne – mit wel­cher In­ten­sität auch im­mer vor­ge­nom­me­ne – Durch­su­chung durch­geführt ha­ben.

Über den Um­stand selbst, dass ei­ne Durch­su­chung statt­ge­fun­den hat, hat der Kläger aber – wie oben dar­ge­legt - aus­weis­lich der Aus­sa­ge des Zeu­gen A. die Be­klag­te auch in ei­nem Gespräch am 09.02.2009 in­for­miert.

Für maßgeb­lich er­ach­tet das Ge­richt in­so­weit, dass die Durch­su­chung der Woh­nung des Klägers des­halb an­ge­ord­net wur­de, weil Frau N. sei­ne Le­bens­gefähr­tin sein soll. Vor die­sem Hin­ter­grund ist schlicht­weg nicht nach­voll­zieh­bar, dass die Be­klag­te nicht ge­wusst hat oder hätte er­ken­nen können, dass zwi­schen dem Kläger und Frau N. ei­ne emo­tio­na­le persönli­che Be­zie­hung pri­va­ter Art be­stan­den hat, die bei­den sich so­mit na­he stan­den. Der Be­klag­ten wa­ren da­nach be­reits zu die­sem Zeit­punkt hin­rei­chen­de Umstände be­kannt, aus de­nen auf ei­ne Nähe­be­zie­hung zwi­schen dem Kläger und Frau N. ge­schlos­sen wer­den konn­te, oh­ne dass der Kläger dies aus­drück­lich in ei­ge­nen Wor­ten erklärt.

Das Ge­richt ver­mag auch dem Um­stand, dass Frau N. in ei­nem Te­le­fo­nat vom 14.2.2009 dem Kläger da­mit ge­droht hat, „an die Pres­se zu ge­hen“ kein der­ar­ti­ges Ge­wicht bei­zu­mes­sen, dass die Nicht­be­kannt­ga­be des Te­le­fo­nats vor dem 24.3.2009 ein er­heb­li­ches In­ter­es­se der Be­klag­ten an ei­ner vor­zei­ti­gen Be­en­di­gung des An­stel­lungs­ver­tra­ges be­gründen könn­te.

In der Abwägung war wei­ter zu berück­sich­ti­gen, dass der fa­mi­liär und ver­gleichs­wei­se jun­ge Kläger erst seit Ju­li 2008 Fi­nanz­vor­stand der Be­klag­ten war und dass der Ver­trag oh­ne ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung ei­ne Bin­dung der Be­klag­ten über ei­ne länge­re Zeit­stre­cke, nämlich bis zum 30.6.2013 vor­sieht.

Zu berück­sich­ti­gen war auch, dass ei­ne Kündi­gung des Klägers so­wohl im Hin­blick auf sei­ne Stel­lung als Vor­stand (vgl. BGH, NJW 2000, 1638 [BGH 14.02.2000 - II ZR 218/98] ) als auch im Hin­blick auf den al­lein an­ge­grif­fe­nen Um­stand ei­ner feh­len­den ver­trau­ens­vol­len Zu­sam­men­ar­beit nicht ei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung be­durf­te.

Die dem Kläger vor­werf­ba­ren Pflicht­ver­let­zun­gen be­tref­fen da­nach un­zu­rei­chen­de In­for­ma­tio­nen über ein in­ti­mes Verhält­nis und ein (auch) ge­gen den Kläger ge­rich­te­tes Straf­ver­fah­ren. An­ge­sichts ih­res über­wie­gend pri­va­ten Cha­rak­ters, der hin­rei­chen­den In­for­ma­ti­on der Be­klag­ten und der feh­len­den kon­kre­ten Nach­fra­ge nach wei­te­ren In­for­ma­tio­nen stel­len sie im vor­lie­gen­den Fall kei­nen wich­ti­gen Grund im Sin­ne des § 626 Abs. 1 GBGB dar.

Der ins­ge­samt nach­voll­zieh­ba­re Wunsch der Be­klag­ten an der Be­en­di­gung der Zu­sam­men­ar­beit mit dem Kläger, des­sen pri­va­te Be­zie­hung zu er­heb­li­chen Ruf­be­ein­träch­ti­gun­gen der Be­klag­ten geführt hat, stellt kein hin­rei­chen­des recht­li­ches In­ter­es­se dar, das zu ei­nem Über­wie­gen der In­ter­es­sen der Be­klag­ten an ei­ner vor­zei­ti­gen Auf­he­bung des ge­schlos­se­nen Ver­tra­ges führt.

II. Die Kla­ge ist auch be­gründet, weil die Be­klag­te die ihr ob­lie­gen­de Frist zur Kündi­gung bin­nen 2 Wo­chen ( § 626 Abs. 2 BGB ) nicht ge­wahrt hat.

Die Frist be­ginnt, so­bald der Kündi­gungs­be­rech­tig­te ei­ne zu­verlässi­ge und möglichst vollständi­ge Kennt­nis vom Kündi­gungs­sach­ver­halt hat, die ihm die Ent­schei­dung ermöglicht, ob die Fort­set­zung

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des Ar­beits­verhält­nis­ses zu­mut­bar ist oder nicht. Zu den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen gehören so­wohl die für als auch die ge­gen die Kündi­gung spre­chen­den Umstände, die auch die not­wen­di­ge Be­schaf­fung und Si­che­rung mögli­cher Be­weis­mit­tel um­fasst. Er­heb­lich ist da­bei die po­si­ti­ve Kennt­nis der maßgeb­li­chen Tat­sa­chen, der selbst ei­ne grob­fahrlässi­ge Un­kennt­nis nicht gleich­zu­stel­len ist. So­lan­ge der Kündi­gungs­be­rech­tig­te die zur Aufklärung des Kündi­gungs­sach­ver­halts nach pflicht­gemäßem Er­mes­sen not­wen­dig er­schei­nen­den Maßnah­men zügig durchführt, ist die Aus­schluss­frist ge­hemmt. Hier­zu gehört in der Re­gel auch die Anhörung des Ar­beit­neh­mers zur Aufklärung des Kündi­gungs­sach­ver­halts (vgl. Müller-Glöge, a.a.O., § 626 Rn. 209f. m.w. Nachw.).

Hin­sicht­lich des Um­fangs der not­wen­di­gen Er­kennt­nis des für die Zu­kunft zuständi­gen be­ginnt die Aus­schluss­frist des § 626 Abs. 2 dann, wenn der Kündi­gungs­be­rech­tig­te ei­ne zu­verlässi­ge und möglichst vollständi­ge po­si­ti­ve Kennt­nis von den für die Kündi­gung maßge­ben­den Tat­sa­chen hat und ihm des­halb die Ent­schei­dung über die Zu­mut­bar­keit ei­ner Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses möglich ist (vgl. BAG, NZA 2007, 744 [BAG 01.02.2007 - 2 AZR 333/06] ).

Die Aus­schluss­frist des § 626 Abs. 2 BGB be­ginnt al­ler­dings erst in dem Zeit­punkt zu lau­fen, in dem ein Mit­glied des ge­setz­li­chen Ver­tre­tungs­or­gans von den für die außer­or­dent­li­che Kündi­gung maßge­ben­de Tat­sa­chen­kennt­nis er­langt (vgl. Hens­s­ler in: Münche­ner Kom­men­tar zum BGB, 5. Auf­la­ge 2006, § 626 Rn. 300).

Da­nach war die dem Kläger am Abend des 6.04.2009 zu­ge­gan­ge­ne Kündi­gung nicht frist­gemäß.

Ist auf den Um­stand ei­ner nähe­ren Be­zie­hung des Klägers zu Frau N., der Vor­wurf des Dro­gen­han­dels ge­gen Frau N. und den Um­stand ei­ner Durch­su­chung in den Pri­vaträum­en des Klägers ab­zu­stel­len, so hat­te die Be­klag­te je­doch hier­von schon hin­rei­chen­de Kennt­nis am 05.02.2009, je­den­falls aber 09.02.2009 durch das Gespräch des Klägers mit dem Vor­stands­vor­sit­zen­den Herrn A..

In­so­weit ist es un­er­heb­lich, ob gemäß § 16 Abs. 5 der Sat­zung der Be­klag­ten nicht der Vor­stands­vor­sit­zen­de, son­dern der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Träger­ver­samm­lung Dienst­vor­ge­setz­ter der Vorstände der Be­klag­ten ist. Denn je­den­falls am 09.02.2009 la­gen der Be­klag­ten die oben ge­nann­ten maßgeb­li­chen Fak­ten in­so­weit vor, als sie ih­rem Vor­sands­vor­sit­zen­den Herrn A. be­kannt wa­ren. Die­ser hat­te nach ei­ge­nen An­ga­ben auch den Vor­sit­zen­den des Ver­wal­tungs­ra­tes be­reits am Wo­chen­en­de zu­vor te­le­fo­nisch in­for­miert.

Die Be­klag­te kann sich in­so­weit nicht auf ei­ne an­ders ge­la­ger­te in­ter­ne Auf­ga­ben­ver­tei­lung be­ru­fen.
Im Hin­blick auf die ex­or­bi­tan­te Un­gewöhn­lich­keit des Vor­wurfs, dass nämlich der Fi­nanz­vor­stand ei­ner großen deut­schen Geschäfts­bank ei­ne Be­zie­hung zu ei­ner Dro­gen­dea­le­rin un­ter­hal­ten soll, die im si­cher­heits­re­le­van­ten Be­reich der Be­klag­ten wie­der­um tätig ist, liegt es auf der Hand, dass ent­spre­chen­den In­for­ma­tio­nen ge­ge­be­nen­falls auch ne­ben den an­sons­ten gel­ten­den Re­gu­la­ri­en an die zuständi­gen in­ter­nen Gre­mi­en der Be­klag­ten wei­ter­zu­lei­ten sind.

An­de­res er­gibt sich hin­sicht­lich des Zeit­laufs im Sin­ne des § 626 Abs. 2 BGB dann, wenn hin­sicht­lich des Gesprächs vom 14.02.2009 zwi­schen dem Kläger und Frau N. auf die da­ne­ben ein­tre­ten­de Ge­fahr ei­ner mögli­chen Er­pres­sung des Klägers bzw. der Be­klag­ten ab­zu­stel­len wäre. Auch in­so­weit er­scheint je­doch maßgeb­lich, dass die we­sent­li­chen tatsächli­chen Fak­ten der Be­klag­ten be­reits re­la­tiv lan­ge Zeit im Vor­aus be­kannt wa­ren.

Sch­ließlich er­gibt sich an­de­res auch nicht aus dem Um­stand, dass ei­ne ei­ge­ne Be­schul­dig­ten­stel­lung des Klägers der Be­klag­ten erst durch den Zu­gang des Schrei­bens des Ober­staats­an­walts D. vom 24.02.2009 bei dem Ver­tre­ter des Jus­ti­ti­ars be­kannt wur­de. Un­strei­tig hat in­so­weit am 10.03.2009 ein Te­le­fo­nat des durch die Be­klag­te man­da­tier­ten Rechts­an­walts X. mit Herrn Ober­staats­an­walt D. statt­ge­fun­den. Die­se In­for­ma­ti­on hat der Vor­stands­vor­sit­zen­de der Träger­ver­samm­lung am 11.03.2009 er­hal­ten.

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Die Be­schluss­fas­sung der Träger­ver­samm­lung am 25.03.2009 wäre da­mit noch recht­zei­tig ge­we­sen.

Dem steht al­ler­dings ent­ge­gen, dass die Be­klag­te die Kündi­gung un­ter dem Da­tum vom 06.04.2009 erst am Abend die­ses Ta­ges, mit­hin als recht­li­chen Zu­gang erst am 07.04.2009 dem Kläger hat zu­kom­men las­sen.

So­weit sie sich hier­auf be­ruft, dass nach §§ 9 Abs. 1 Nr. 5, 16 Abs. 4 der Sat­zung über Be­stel­lung und Wi­der­ruf der Vorstände aus wich­ti­gem Grund zwar die Träger­ver­samm­lung ent­schei­det, über den Wi­der­ruf der Vorstände je­doch darüber hin­aus der Ver­wal­tungs­rat ent­schei­det, steht dies dem nicht ent­ge­gen. Denn im Hin­blick auf die in Recht­spre­chung und Li­te­ra­tur un­strei­tig an­er­kann­te Tren­nungs­theo­rie ist zwi­schen dem An­stel­lungs­ver­trag des Klägers und sei­ner Be­stel­lung als Or­gan der Be­klag­ten als Vor­stand zu un­ter­schei­den.

Über die Be­en­di­gung des Dienst­ver­tra­ges des Klägers konn­te je­doch die Träger­ver­samm­lung al­lei­ne ent­schei­den.

Selbst wenn ei­ne Be­schluss­fas­sung am 24.03.2009 noch recht­zei­tig ge­we­sen wäre, ist ein wei­te­res Zu­war­ten über zwei Wo­chen, wie es sich aus dem Zu­gang der Kündi­gung erst mit 07.04.2009 er­gibt, nicht oh­ne wei­te­res nach­voll­zieh­bar. Der Be­klag­ten hätte es in­so­weit viel­mehr ob­le­gen, auf ei­ne ge­ge­be­nen­falls frühe­re Ein­ho­lung ei­ner wei­te­ren Be­schluss­fin­dung oder ei­ner vor­zei­ti­gen Ein­be­ru­fung der Träger­ver­samm­lung oder des Ver­wal­tungs­ra­tes hin­zu­wir­ken.

Das ist un­ter­blie­ben.

Nach al­le­dem war der Kla­ge statt­zu­ge­ben.

III. Aus den oben ge­nann­ten Gründen hat der Kläger zu­gleich ei­nen An­spruch auf die gel­tend ge­mach­te ver­trag­li­che Vergütung.

IV. Das nicht nach­ge­las­se­ne neue Vor­brin­gen der Par­tei­en in den Schriftsätzen vom 10.06.2010, 21.06.2010 und 23.06.2010 bie­tet kei­nen An­lass zur Wie­de­reröff­nung der münd­li­chen Ver­hand­lung ( § 156 ZPO ), weil we­der die Vor­aus­set­zun­gen des § 156 Abs. 2 ZPO dar­ge­tan sind, noch sonst dar­ge­legt oder sonst er­sicht­lich ist, wes­halb die Be­klag­te zu ei­nem recht­zei­ti­gen Vor­trag ( § 282 Abs. 1 ZPO ) nicht in der La­ge war.

V. Der zu­ge­spro­che­ne Zins­an­spruch er­gibt sich aus dem Ge­sichts­punkt des Ver­zu­ges ( §§ 286 ,
288 BGB ).

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 91 ZP0; die Ent­schei­dung über die vorläufi­ge Voll­streck­bar­keit auf § 709 ZPO .

Die Streit­wert­fest­set­zung be­ruht auf §§ 3 , 5 ZPO , wo­bei bezüglich des Fest­stel­lungs­an­trags 80 % der zu er­war­ten­den Vergütung des Klägers für drei Jah­re an­zu­set­zen wa­ren (vgl. BGH, NJW-RR 2006, 213 [BGH 09.06.2005 - III ZR 21/04] ).

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