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LAG Rhein­land-Pfalz, Ur­teil vom 04.11.2011, 9 Sa 313/11

   
Schlagworte: Überstunden
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 9 Sa 313/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 04.11.2011
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Mainz, Urteil vom 17.05.2011, 6 Ca 171/11
   

Ak­ten­zei­chen:
9 Sa 313/11
6 Ca 171/11
ArbG Mainz
- AK Bad Kreuz­nach -
Ent­schei­dung vom 04.11.2011

Te­nor:
Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 17.05.2011, Az.: 6 Ca 171/11, wird kos­ten­pflich­tig zurück­ge­wie­sen.
Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:
So­weit für das Be­ru­fungs­ver­fah­ren noch von In­ter­es­se, strei­ten die Par­tei­en darüber, ob dem Kläger ein An­spruch auf Aus­zah­lung von 94 Mehr­ar­beits­stun­den zu­steht.

Der Kläger war Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten. Das Ar­beits­verhält­nis en­de­te mit Ab­lauf des 31.01.2011 auf­grund des in dem Ver­fah­ren des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mer Bad Kreuz­nach -, AZ. 11 Ca 1012/10, ge­schlos­se­nen Ver­gleichs. Die­ser hat - aus­zugs­wei­se fol­gen­den In­halt:

"….
4. Die Par­tei­en sind sich darüber ei­nig, dass der Kläger ab 01.01.201 von der
Er­brin­gung der Ar­beits­leis­tung bei Fort­zah­lung der Bezüge frei­ge­stellt wird. Der Mo­nat Ja­nu­ar 2011 wird auf der Ba­sis ei­nes Brut­to­ent­gelts von 4.000,00 EUR ab­ge­rech­net und der sich dar­aus er­ge­ben­de Net­to­be­trag an den Kläger aus­ge­zahlt.

5. Die Par­tei­en sind sich darüber ei­nig, dass der Kläger nach Be­en­di­gung sei­ner
Ar­beits­unfähig­keit zunächst sei­ne Über­stun­den ab­fei­ert und dann sei­nen noch nicht ge­nom­me­nen Ur­laub in An­spruch nimmt."

Der Kläger hat am 13.12.2010 sei­ne Ar­beit wie­der auf­ge­nom­men. Am 14.10.2010 war er aus­weis­lich ei­ner vor­lie­gen­den ärzt­li­chen Be­schei­ni­gung ar­beits­unfähig er­krankt.

Nach Dar­stel­lung des Klägers hat er im Jah­re 2010 auf ei­ner Bau­stel­le in Nor­den­dorf 40 Mehr­ar­beits­stun­den und auf ei­ner Bau­stel­le in Engs­tin­gen 94 Mehr­ar­beits­stun­den ge­leis­tet. Er hat hierüber ei­ne ta­bel­la­ri­sche Auf­stel­lung er­stellt, die ge­glie­dert nach Ka­len­der­wo­chen für die ein­zel­nen Ta­ge die nach Be­haup­tung des Klägers ge­leis­te­ten Ar­beits­stun­den aufführt. We­gen der Ein­zel­hei­ten in­so­weit wird auf den erst­in­stanz­li­chen Schrift­satz des Klägers vom 13.04.2011, S. 3 (Bl. 37 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Hin­sicht­lich der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des un­strei­ti­gen Sach­ver­halts so­wie des strei­ti­gen Vor­brin­gens der Par­tei­en ers­ter In­stanz wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG Be­zug ge­nom­men auf den Tat­be­stand des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 17.05.2011, Az: 6 Ca 171/11 (Bl. 69 ff. d. A.). Durch das ge­nann­te Ur­teil hat das Ar­beits­ge­richt die auf Zah­lung von Mehr­ar­beits­vergütung in Höhe von 2.186,00 EUR brut­to nebst Zin­sen ge­rich­te­te Kla­ge ab­ge­wie­sen und zur Be­gründung zu­sam­men­ge­fasst aus­geführt:

Der Kläger ha­be die tatsächli­chen Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Mehr­ar­beits­vergütungs­an­spruchs nicht aus­rei­chend dar­ge­legt. Zwar ha­be er dar­ge­legt, an wel­chen Ta­gen er wie vie­le St­un­den ge­ar­bei­tet ha­ben will. Aus der in­so­weit le­dig­lich vor­ge­leg­ten Auf­stel­lung er­ge­be sich aber nicht, wel­che Ar­beits­leis­tun­gen im Ein­zel­nen er er­bracht ha­ben wol­le.

Das ge­nann­te Ur­teil ist dem Kläger am 25.05.2011 zu­ge­stellt wor­den. Er hat hier­ge­gen mit ei­nem am 06.06.2011 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit Schrift­satz vom 25.07.2011, beim Lan­des­ar­beits­ge­richt am glei­chen Tag ein­ge­gan­gen, be­gründet. Zur Be­gründung sei­nes Rechts­mit­tels macht der Kläger nach Maßga­be des ge­nann­ten Schrift­sat­zes so­wie des wei­te­ren Schrift­sat­zes vom 27.09.2011, auf die je­weils ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 95 ff., Bl. 114 f. d. A.), im We­sent­li­chen gel­tend:

Die Be­klag­te ha­be vor­pro­zes­su­al die auch im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren vor­ge­leg­te Auf­lis­tung sei­ner Über­stun­den zu kei­nem Zeit­punkt be­an­stan­det. Aus­weis­lich des Ver­gleichs sei­en die Par­tei­en da­von aus­ge­gan­gen, dass noch ein Über­stun­den­gut­ha­ben be­ste­he. Er ha­be erst­in­stanz­lich auch für die­se 134 Über­stun­den Be­weis an­ge­bo­ten durch Ver­neh­mung sei­ner Vor­ge­setz­ten. Die­sem Be­weis­an­ge­bot sei das Ar­beits­ge­richt rechts­feh­ler­haft nicht nach­ge­kom­men. Es wäre zu­dem Auf­ga­be der Be­klag­ten ge­we­sen, de­tail­liert zu der Auf­stel­lung Stel­lung zu neh­men und kon­kret zu be­nen­nen, wel­che auf­ge­lis­te­te St­un­den un­zu­tref­fend sein sol­len.

Der Kläger be­an­tragt,
das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 17.05.2011, Az.: 6 Ca 171/11, ab­zuändern und die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger wei­te­re 2.186,00EUR brut­to zu zah­len nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 01.02.2011.

Die Be­klag­te be­an­tragt,
die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­digt das an­ge­foch­te­ne Ur­teil als zu­tref­fend. Es sei kei­nes­wegs un­strei­tig ge­we­sen, dass ein Über­stun­den­gut­ha­ben be­ste­he. Dem­ent­spre­chend er­ge­be sich be­reits aus ih­rem Schrei­ben vom 10.12.2010 (Ko­pie = Bl. 112 d. A.), dass sie die An­zahl der an­geb­lich ge­leis­te­ten Über­stun­den be­strit­ten ha­be. Hier­an ände­re auch der In­halt des ab­ge­schlos­se­nen Ver­gleichs nichts.

Auch im Übri­gen wird ergänzend auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:
I.
Die Be­ru­fung des Klägers ist zulässig. Das Rechts­mit­tel ist an sich statt­haft. Die Be­ru­fung wur­de auch form- und frist­ge­recht ein­ge­legt so­wie - auch in­halt­lich aus­rei­chend - be­gründet.

II. In der Sa­che hat das Rechts­mit­tel je­doch kei­nen Er­folg. Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge hin­sicht­lich des streit­ge­genständ­li­chen Mehr­ar­beit­vergütungs­an­spruchs nebst Zin­sen zu Recht ab­ge­wie­sen.

1. Der Ar­beit­neh­mer, der ei­nen An­spruch auf Mehr­ar­beits­vergütung gel­tend macht, hat im Pro­zess nicht nur im Ein­zel­nen dar­zu­le­gen, an wel­chen Ta­gen und zu wel­chen Ta­ges­zei­ten er über die übli­che Ar­beits­zeit hin­aus ge­ar­bei­tet hat. Ist strei­tig, ob Ar­beits­leis­tun­gen er­bracht wur­den, hat der Ar­beit­neh­mer auch dar­zu­le­gen, wel­che Tätig­kei­ten er aus­geführt hat. Ein An­spruch auf Über­stun­den­vergütung setzt des Wei­te­ren vor­aus, dass die Über­stun­den vom Ar­beit­ge­ber an­ge­ord­net, ge­bil­ligt oder ge­dul­det wur­den oder je­den­falls zur Er­le­di­gung der ge­schul­de­ten Ar­beit not­wen­dig wa­ren (BAG 25.05.2005 , 5 AZR 319/04, EzA § 611 BGB 2002 Mehr­ar­beit Nr. 1, 2).

2. Die­sen An­for­de­run­gen wird der Sach­vor­trag des Klägers auch im Be­ru­fungs­ver­fah­ren nicht ge­recht. Der Kläger hat zwar in Form der vor­ge­leg­ten Auf­stel­lung die nach sei­ner Be­haup­tung an den frag­li­chen Ta­gen ge­leis­te­ten Ar­beits­zei­ten mit­ge­teilt. Da die Be­klag­te al­ler­dings be­strit­ten hat, dass Mehr­ar­beits­stun­den an­ge­fal­len sind, hätte der Kläger auch dar­le­gen müssen, wel­che Ar­beits­leis­tun­gen er im Ein­zel­nen er­bracht ha­ben will. Fer­ner lässt sich dem Sach­vor­trag des Klägers nicht ent­neh­men, ob die von ihm be­haup­te­ten Über­stun­den vom Ar­beit­ge­ber an­ge­ord­net, ge­bil­ligt, ge­dul­det oder je­den­falls zur Er­le­di­gung der ge­schul­de­ten Ar­beit not­wen­dig wa­ren. So­weit der Kläger rügt, das Ar­beits­ge­richt ha­be den an­ge­bo­te­nen Be­weis durch Ver­neh­mung der Zeu­gen L. und H. nicht er­ho­ben, hat das Ar­beits­ge­richt zu Recht von ei­ner Be­weis­auf­nah­me ab­ge­se­hen. Der Kläger hat­te in­so­weit le­dig­lich vor­ge­tra­gen, dass die 134 Über­stun­den auf An­ord­nung der Be­klag­ten von ihm auf den bei­den Bau­stel­len in dem ge­nann­ten Zeit­raum er­bracht wor­den sind und die­se Be­haup­tung in das Wis­sen der Zeu­gen ge­stellt. Die Er­he­bung des an­ge­bo­te­nen Be­wei­ses hätte sich aber als Aus­for­schungs­be­weis dar­ge­stellt. Die­sem Sach­vor­trag ist nicht zu ent­neh­men, wel­che Ar­bei­ten der Kläger wann ge­nau auf den bei­den Bau­stel­len ge­leis­tet ha­ben will. Fer­ner lässt der Sach­vor­trag jeg­li­che An­ga­ben da­zu ver­mis­sen, wann und wer auf Sei­ten der Be­klag­ten die Leis­tung von Mehr­ar­beit an­ge­ord­net ha­ben soll.

3. An die­ser Ver­tei­lung der Dar­le­gungs- und Be­weis­last ändert auch der In­halt des zwi­schen den Par­tei­en im Ver­fah­ren Ar­beits­ge­richt Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach -, Az: 11 Ca 1012/10, ab­ge­schlos­se­ne Ver­gleich nichts. Zwar lässt sich Zif­fer 5 des Ver­gleichs mögli­cher­wei­se ent­neh­men, dass von ei­nem noch be­ste­hen­den Über­stun­den­gut­ha­ben aus­ge­gan­gen wur­de, oh­ne al­ler­dings Hin­wei­se dar­auf zu ent­hal­ten, in wel­cher Höhe ein sol­ches be­ste­hen soll. Die Par­tei­en ha­ben ins­be­son­de­re nicht ei­ne Frei­stel­lung des Klägers für den Mo­nat De­zem­ber in An­rech­nung auf noch be­ste­hen­de Ur­laubs- bzw. Frei­zeit­aus­gleichs­ansprüche für Über­stun­den ver­ein­bart. Die Be­klag­te hat­te zu­dem in ih­rem vor­ge­richt­li­chen Schrei­ben vom 10.12.2010 die vom Kläger gel­tend ge­mach­ten Über­stun­den be­strit­ten.

III. Die Be­ru­fung war da­her mit der sich aus § 97 Abs. 1 ZPO er­ge­ben­den Kos­ten­fol­ge zurück­zu­wei­sen. Ein Re­vi­si­ons­zu­las­sungs­grund im Sin­ne des § 72 Abs. 2 ArbGG be­steht nicht.

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