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BAG, Ur­teil vom 17.06.2014, 3 AZR 757/12

   
Schlagworte: Betriebliche Altersversorgung, Betriebsrente, Gleichbehandlungsgrundsatz, Arbeiter, Angestellter
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 3 AZR 757/12
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 17.06.2014
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Aachen, Urteil vom 27.1.2011 - 2 Ca 1130/09
Landesarbeitsgericht Köln, Urteil vom 22.3.2012 - 13 Sa 254/11
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT


3 AZR 757/12
13 Sa 254/11
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Köln

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

17. Ju­ni 2014

UR­TEIL

Kauf­hold, Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­onskläger,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Drit­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 17. Ju­ni 2014 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gräfl, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Schlewing, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Spin­ner so­wie den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Heu­ser und die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Busch für Recht er­kannt:
 


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Die Re­vi­si­on des Klägers ge­gen das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Köln vom 22. März 2012 - 13 Sa 254/11 - wird zurück­ge­wie­sen.


Der Kläger hat die Kos­ten der Re­vi­si­on zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Be­rech­nung des be­trieb­li­chen Ru­he­gelds des Klägers.

Der im Ok­to­ber 1948 ge­bo­re­ne Kläger ist auf der Grund­la­ge des Ar­beits­ver­trags vom 19. Au­gust 1988 seit dem 5. Sep­tem­ber 1988 bei der Be­klag­ten als Fahr­aus­weisprüfer/Bus­fah­rer (ge­werb­li­cher Ar­beit­neh­mer) beschäftigt. Nach § 7 des Ar­beits­ver­trags fin­den die für die Be­klag­te gel­ten­den Ta­rif­verträge und be­trieb­li­chen Ver­ein­ba­run­gen An­wen­dung. Die Be­klag­te ist ei­ne in pri­va­ter Rechts­form or­ga­ni­sier­te kom­mu­na­le Ge­sell­schaft, die ua. öffent­li­chen Per­so¬nen­nah­ver­kehr be­treibt.


Die Al­ters­ver­sor­gung war bei der Be­klag­ten in der Be­triebs­ver­ein­ba­rung „Pen­si­ons­ord­nung der A-AG (A) vom 11. Ju­ni 1976 in der Fas­sung vom 21. De­zem­ber 1983“ (im Fol­gen­den: PO 83) ge­re­gelt. Die PO 83 sah ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung vor und be­stimm­te aus­zugs­wei­se:


㤠1
Ge­gen­stand der Pen­si­ons­ord­nung


Die A gewährt ih­ren Be­triebs­an­gehöri­gen und de­ren
Hin­ter­blie­be­nen gemäß die­ser Ord­nung ei­nen Rechtsan-
spruch auf


a) Ru­he­geld,

...

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§ 3
Um­fang der Ver­sor­gungs­leis­tun­gen

A) Ru­he­geld


Das Ru­he­geld be­mißt sich nach den voll­ende­ten bzw. als ru­he­geldfähig an­er­kann­ten Beschäfti­gungs­jah­ren des Be­triebs­an­gehöri­gen gemäß den be­son­de­ren Leis­tungs­ta­feln, die Be­stand­teil die­ser Pen­si­ons­ord­nung sind. Die Be­rech­nung der Ver­sor­gungs­leis­tun­gen wird wie folgt vor­ge­nom­men:

1) Fest­set­zung der Be­mes­sungs­grund­la­ge

a) Die Be­mes­sungs­grund­la­ge er­gibt sich aus dem Pro­zent­satz lt. Leis­tungs­ta­fel I der be­tref­fen­den Mo­nat­s­ta­bel­len­vergütung ein­sch­ließlich even-tu­ell ge­zahl­ter ta­bel­la­ri­scher, Vor­hand­wer­ker-, Vor­ar­bei­ter-, Schichtführer-, Ko­lon­nenführer-, Haus­stands­zu­la­gen, Fahr­dienst-, Er­schwer­nis so­wie Schicht­zu­schlag und den auf den Mo­nat ent­fal­len­den Teil der Weih­nachts­zu­wen­dung und des Ur­laubs­gel­des.

...

2) Da­von wer­den in Ab­zug ge­bracht:

a) die an­rech­nungsfähi­ge Ren­te aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und die gleich­zu­stel­len­den Ren­ten (z. B. ge­setz­li­che Ren­ten ausländi­scher Ver­si­che­rungs­träger) in der je­weils ge­zahl­ten Höhe.


...

3) Die A-Ren­te darf je­doch in kei­nem Fall den Be­trag über­stei­gen, der sich aus der Mul­ti­pli­ka­ti­on der ru­he­geldfähi­gen Beschäfti­gungs­jah­re mit dem Grund­be­trag gemäß Leis­tungs­ta­feln II er­gibt.

...

8) Er­gibt sich bei der Fest­set­zung des Ru­he­gel­des

a) für Be­triebs­an­gehöri­ge, die ein Ar­beits­verhält­nis mit der A nach dem 31.12.1982 be­gründen,

...

daß das Ru­he­geld zu­sam­men mit den Leis­tun­gen aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung, an­de­ren auf­grund ei­nes Dienst­verhält­nis­ses gewähr­ten Ver-

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sor­gungs­bezügen so­wie Ar­beits­ein­kom­men im Fal­le von Be­rufs­unfähig­keit beim Per­so­nen­kreis gemäß Buch­sta­be a) die Ge­samt­ver­sor­gung in Höhe von 90 % oder zu­sam­men mit ei­ner Ren­te aus der ge­setz­li­chen Un­fall­ver­si­che­rung in Höhe von 100 %, ... ih­res durch­schnitt­li­chen Net­to-Mo­nats­ein­kom­mens des Ka­len­der­jah­res vor Ein­tritt des Pen­si­ons­fal­les über­steigt, so wird es um den über­stei­gen­den Be­trag gekürzt.“

Die in § 3 A Abs. 1 Buchst. a PO 83 in Be­zug ge­nom­me­ne Leis­tungs­ta­fel I galt für al­le Ar­beit­neh­mer. Sie be­stimm­te den er­reich­ba­ren Grad der Ge­samt­ver­sor­gung und sah be­gin­nend bei zehn Beschäfti­gungs­jah­ren ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung von 35 vH des ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­mens vor. Bis zum 25. Beschäfti­gungs­jahr stieg die Ge­samt­ver­sor­gung jähr­lich um je­weils 2 vH auf 65 vH und ab dem 26. Beschäfti­gungs­jahr jähr­lich um 1 vH bis zum Höchst­satz von 75 vH ab dem 35. Beschäfti­gungs­jahr. Das be­trieb­li­che Ru­he­geld (A-Ren­te) wur­de durch § 3 A Abs. 3 PO 83 iVm. den Leis­tungs­ta­feln II a - c durch das Pro­dukt der Beschäfti­gungs­jah­re und des je­weils maßgeb­li­chen Grund­be­trags be­grenzt. Die Leis­tungs­ta­fel II c vom 3. Mai 1999 be­stimmt ua.:

„Leis­tungs­ta­fel II c
für Anwärter, die nach dem 31. De­zem­ber 1983
in den Ru­he­stand ge­tre­ten sind, bzw. in den Ru­he­stand tre­ten wer­den

 

Ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer     Grund­beträge ab
 
Grund­beträge ab
 
Grund­beträge ab
 
  01. Ja­nu­ar 1997 01. April 1989 01. Mai 1999
der Vergütungs­grup­pe 1 und 2 auf   16,93 17,18 17,70
  3 und 4 auf 18,50 18,78 19,34
  5 und 6 auf 20,16 20,46 21,07
  7 bis 10 auf 21,91 22,24 22,90

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Vor­hand­wer­ker bzw. Vor­ar­bei­ter 

       
zuzüglich   2,91 2,95  3,04 
Ver­kehrs­an­ge­stell­te:        
der Vergütungs­grup­pe 10 und 11 auf 32,80 33,29 34,29
  12 und 13 auf 38, 14 38,71 39,87
  14 auf 43,61 44,26 45,59"

Der Kläger ist seit dem Jahr 1998 als Be­triebs­rats­mit­glied frei­ge­stellt. Er erhält Vergütung nach der Vergütungs­grup­pe 8. Bis zum Er­rei­chen der Re­gel­al­ters­gren­ze konn­te der Kläger nach der Leis­tungs­ta­fel I ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung iHv. 61 vH sei­nes ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­mens er­rei­chen.

Die PO 83 wur­de durch den Ta­rif­ver­trag zur Al­ters- und Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung vom 19. Ok­to­ber 2000 (im Fol­gen­den: Ver­sTV 2000) ab­gelöst. Durch den Ver­sTV 2000 wur­de die bis­he­ri­ge Ge­samt­ver­sor­gung durch ein an der Beschäfti­gungs­dau­er und dem ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­men aus­ge­rich­te­tes Ver­sor­gungs­sys­tem er­setzt. Der Ver­sTV 2000 lau­tet aus­zugs­wei­se wie folgt:


㤠1
Ge­gen­stand

Die A gewährt ih­ren Be­triebs­an­gehöri­gen, die un­ter den Gel­tungs­be­reich des Rah­men­ta­rif­ver­tra­ges fal­len, und de­ren Hin­ter­blie­be­nen gemäß die­sem Ta­rif­ver­trag ei­nen Rechts­an­spruch auf


a) Ru­he­geld

...

§ 3
Um­fang der Ver­sor­gungs­leis­tun­gen

A) Ru­he­geld


1) Das Ru­he­geld be­mißt sich nach den voll­ende­ten bzw. als ru­he­geldfähig an­er­kann­ten Beschäfti­gungs­jah­ren und dem ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­men des Be­triebs­an­gehöri­gen und beträgt 0,4 % (Stei­ge­rungs­satz) des ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­mens je ru-
 


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he­geldfähi­gem Beschäfti­gungs­jahr. ...


§ 9
In­kraft­tre­ten

1) Die­ser Ta­rif­ver­trag tritt am 01.12.2000 in Kraft. Er er­setzt die Pen­si­ons­ord­nung vom 11. Ju­ni 1976 in der Fas­sung vom 21. De­zem­ber 1983.
...


§ 10
Über­g­angs­re­ge­lung

Die­se Über­g­angs­re­ge­lung gilt für al­le Mit­ar­bei­ter, die vor dem In­kraft­tre­ten die­ses Ta­rif­ver­tra­ges ein Ar­beits­verhält­nis bei der A be­gon­nen ha­ben.


Es wird für je­den die­ser Mit­ar­bei­ter das er­reich­ba­re Ru­he­geld R bei Voll­endung des im ‚Ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sches Gut­ach­ten über die Be­wer­tung der Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen der A zum 31.12.1999‘ zu­grun­de­ge­leg­ten Be­ginns der Al­ters­ren­te nach der Pen­si­ons­ord­nung vom 11. Ju­ni 1976 i.d.F. vom 21. De­zem­ber 1983 nach den am 31. De­zem­ber 1999 gel­ten­den Verhält­nis­sen be­stimmt und hier­aus ein in­di­vi­du­el­ler Stei­ge­rungs­satz wie folgt er­mit­telt:

s=R/(d*E) mit

d = ru­he­geldfähi­ge Beschäfti­gungs­jah­re bis zur Voll­endung des im ‚Ver­si­che­rungs­ma­the­ma­ti­sches Gut­ach­ten über die Be­wer­tung der Pen­si­ons­ver­pflich­tun­gen der A zum 31.12.1999‘ zu­grun­de­ge­leg­ten Be­ginns der Al­ters­ren­te gemäß § 2 A Abs. 3)

E = ru­he­geldfähi­ges Ein­kom­men am 31. De­zem­ber 1999 gemäß § 3 A Abs. 2)

Für die­se Mit­ar­bei­ter wird der Stei­ge­rungs­satz in § 3 A Abs. 1) von 0,4 % durch den in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­satz er­setzt.“

Der Ver­sTV 2000 wur­de durch den Ta­rif­ver­trag zur Al­ters- und Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung vom 14. Ja­nu­ar 2008 (im Fol­gen­den: Ver­sTV 2008) ab­gelöst. Die­ser enthält in § 11 Ver­sTV 2008 ei­ne Über­g­angs­re­ge­lung, die mit § 10 Ver­sTV 2000 übe­rein­stimmt.
 


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Die Be­klag­te er­mit­tel­te den für den Kläger maßgeb­li­chen in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­satz nach § 11 Ver­sTV 2008 un­ter Zu­grun­de­le­gung des nach der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 fest­ge­leg­ten Grund­be­trags von 22,90 DM. Sie er­teil­te dem Kläger un­ter dem 26. Fe­bru­ar 2008 ei­ne Aus­kunft über sei­ne Ren­ten­an­wart­schaft, wo­bei sie ein ru­he­geldfähi­ges Mo­nats­ein­kom­men von 2.795,41 Eu­ro so­wie nach § 11 Ver­sTV 2008 ei­nen in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­satz von 0,46 vH zu­grun­de ge­legt hat­te. Den in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­satz für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pe 8 er­rech­net die Be­klag­te un­ter Zu­grun­de­le­gung des in der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 vor­ge­se­he­nen Grund­be­trags iHv. 34,29 DM. Zu der un­ter­schied­li­chen Be­hand­lung der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer und der Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 bei der Be­rech­nung der in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungssätze sah sich die Be­klag­te we­gen der un­ter­schied­li­chen Vergütungs­struk­tur der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer und der Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup¬pe 8 ver­an­lasst, die zur Fol­ge hat, dass ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 höhe­re Ren­ten­ansprüche in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung er­wer­ben können als An­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pe 8.


Der Kläger hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te sei ver­pflich­tet, den für die Be­rech­nung sei­nes Ru­he­gelds maßgeb­li­chen in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­satz un­ter Zu­grun­de­le­gung des Grund­be­trags von 34,29 DM nach der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 zu er­mit­teln. Die Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 be­nach­tei­li­ge ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer ge­genüber Ver­kehrs­an­ge­stell­ten. Dafür be­ste­he kein sach­li­cher Grund. Die un­ter­schied­li­chen Grund­beträge wirk­ten sich bei der Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes und da­mit auf die Höhe des Ru­he­gelds nach dem Ver­sTV 2008 aus. Er könne des­halb nach dem ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ei­ne Be­rech­nung wie ein Ver­kehrs­an­ge­stell­ter der Vergütungs­grup­pe 8 un­ter Zu­grun­de­le­gung des Grund­be­trags für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 ver­lan­gen.
 


- 8 -

Der Kläger hat zu­letzt be­an­tragt, 

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, bei der Be­rech­nung sei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung ab 1. Ju­li 1993 den in der Leis­tungs­ta­fel II c) vom 3. Mai 1999 ent­hal­te­nen Grund­be­trag für Ver­kehrs­an­ge­stell­te iHv. 34,29 DM her­an­zu­zie­hen.


Die Be­klag­te hat Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt. Sie hat die Kla­ge man­gels hin­rei­chen­der Be­stimmt­heit für un­zulässig ge­hal­ten. Je­den­falls sei die Kla­ge un­be­gründet. Der ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz sei nicht an­wend­bar. Sie set­ze le­dig­lich ta­rif­li­che Be­stim­mun­gen um. Im Übri­gen sei die vor­ge­nom­me­ne Dif­fe­ren­zie­rung zulässig. Aus der Zu­grun­de­le­gung un­ter­schied­li­cher Grund­beträge bei der Be­rech­nung der in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungssätze von ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern und Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 fol­ge kei­ne recht­fer­ti­gungs­bedürf­ti­ge Un­gleich­be­hand­lung, da die Ge­samt­ver­sor­gung der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer und Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 na­he­zu gleich hoch sei.


Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt der Kläger sei­nen zu­letzt ge­stell­ten An­trag wei­ter. Die Be­klag­te be­gehrt die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist nicht be­gründet. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge zu Recht ab­ge­wie­sen. Die zulässi­ge Kla­ge ist un­be­gründet.


I. Die Kla­ge ist zulässig. Sie ist als Fest­stel­lungs­kla­ge aus­zu­le­gen und genügt als sol­che so­wohl dem Be­stimmt­heits­ge­bot des § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO als auch den Er­for­der­nis­sen des § 256 Abs. 1 ZPO.


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1. Der Kläger ver­folgt - ent­ge­gen dem An­trags­wort­laut - kei­nen Leis­tungs­an­trag. Die­ser wäre nicht hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, da im Fal­le der an­trags­gemäßen Ver­ur­tei­lung der Be­klag­ten un­klar blie­be, wie die Be­klag­te die Be­rech­nung vor­zu­neh­men hat. Es ent­spricht da­her dem wohl­ver­stan­de­nen In­ter­es­se des Klägers, sei­nen An­trag als Fest­stel­lungs­kla­ge aus­zu­le­gen, mit der die Fest­stel­lung be­gehrt wird, dass der für die Be­rech­nung sei­nes Ru­he­gelds nach § 11 Ver­sTV 2008 maßgeb­li­che in­di­vi­du­el­le Stei­ge­rungs­satz ab dem 1. Ju­li 1993 un­ter Zu­grun­de­le­gung des in der Leis­tungs­ta­fel II c vom

3. Mai 1993 für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 ge­nann­ten Grund­be­trags iHv. 34,29 DM zu er­mit­teln ist.

2. Mit die­sem In­halt ist der Fest­stel­lungs­an­trag hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Im Fal­le der Kla­ge­statt­ga­be stünde zwi­schen den Par­tei­en fest, dass die Be­klag­te bei der Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes den Grund­be­trag von 34,29 DM zu­grun­de zu le­gen hat. Die Kla­ge ist auch auf die Fest­stel­lung ei­nes Rechts­verhält­nis­ses iSv. § 256 Abs. 1 ZPO ge­rich­tet. Zwi­schen den Par­tei­en ist im Hin­blick auf die Be­rech­nung des Ru­he­gelds des Klägers al­lein strei­tig, wel­cher Grund­be­trag nach der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 bei der Be­rech­nung her­an­zu­zie­hen ist. Mit ei­ner ge­richt­li­chen Ent­schei­dung hierüber wird der Streit der Par­tei­en endgültig geklärt. Da die Be­klag­te die Ver­pflich­tung, bei der Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes den Grund­be­trag iHv. 34,29 DM nach der Leis­tungs­ta­fel II c zu­grun­de zu le­gen, be­strei­tet, be­steht das er­for­der­li­che Fest­stel­lungs­in­ter­es­se.


II. Die Kla­ge ist un­be­gründet. Der Kläger hat kei­nen An­spruch dar­auf, dass der nach § 11 Ver­sTV 2008 für die Be­rech­nung sei­nes Ru­he­gelds maßgeb­li­che in­di­vi­du­el­le Stei­ge­rungs­satz un­ter Zu­grun­de­le­gung des Grund­be­trags für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 nach der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 iHv. 34,29 DM er­mit­telt wird.


1. Nach § 11 Ver­sTV 2008 iVm. der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 hat die Be­klag­te der Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes des Klägers zu Recht den Grund­be­trag für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8


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iHv. 22,90 DM zu­grun­de ge­legt. § 11 Ver­sTV 2008 ver­weist zur Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes auf die PO 83 und da­mit auf die Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83. Dar­in ist für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 ab dem 1. Mai 1999 ein Grund­be­trag von 22,90 DM fest­ge­legt. Der Kläger war an dem für die Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes nach § 11 Ver­sTV 2008 maßgeb­li­chen Stich­tag 31. De­zem­ber 1999 als ge­werb­li­cher Ar­beit­neh­mer in die Vergütungs­grup­pe 8 ein­grup­piert.


2. § 11 Ver­sTV 2008 iVm. der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 verstößt nicht ge­gen den Gleich­heits­satz in Art. 3 Abs. 1 GG mit der Fol­ge, dass der Kläger als ge­werb­li­cher Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 ver­lan­gen könn­te, mit Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 gleich­ge­stellt zu wer­den. Die Be­klag­te be­rech­net zwar den in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­satz bei Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 un­ter Zu­grun­de­le­gung des in der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 vor­ge­se­he­nen Grund­be­trags von 34,29 DM. Dies be­ruht je­doch nicht auf den Re­ge­lun­gen in § 11 Ver­sTV 2008 und der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83. Die durch § 11 Ver­sTV 2008 in Be­zug ge­nom­me­ne Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 legt für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pe 8 kei­nen Grund­be­trag und da­mit auch nicht den für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 vor­ge­se­he­nen Grund­be­trag von 34,29 DM fest.


Die Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 be­stimmt ab dem 1. Mai 1999 ei­nen Grund­be­trag für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pen 1 und 2 von 17,70 DM, der Vergütungs­grup­pen 3 und 4 von 19,34 DM, der Vergütungs­grup­pen 5 und 6 von 21,07 DM und der Vergütungs­grup­pen 7 bis 10 iHv. 22,90 DM. Da­ne­ben weist die­se Leis­tungs­ta­fel ab dem 1. Mai 1999 für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 ei­nen Grund­be­trag iHv. 34,29 DM, der Vergütungs­grup­pen 12 und 13 von 39,87 DM und der Vergütungs­grup­pe 14 von 45,59 DM aus. Für Ver­kehrs­an­ge­stell­te bis ein­sch­ließlich Vergütungs­grup­pe 9 sieht die Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 kei­ne Grund­beträge vor. Da­mit er­ge­ben sich aus der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 un­ter­schied­li­che
 


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Grund­beträge für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer und Ver­kehrs­an­ge­stell­te der­sel­ben Vergütungs­grup­pe le­dig­lich bei der Vergütungs­grup­pe 10. Für die vor­lie­gend maßgeb­li­che Vergütungs­grup­pe 8 sieht die Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 kei­ne un­ter­schied­lich ho­hen Grund­beträge für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer und Ver­kehrs­an­ge­stell­te vor, denn für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pe 8 be­stimmt die­se Leis­tungs­ta­fel kei­nen Grund­be­trag.


3. Der Kläger kann sein Be­geh­ren auch nicht mit Er­folg auf den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz stützen. Die Be­klag­te zieht zwar nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts zur Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes von Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 nach § 11 Ver­sTV 2008 den nach der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 vor­ge­se­he­nen Grund­be­trag für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pen 10 und 11 her­an. Da­mit wen­det sie un­abhängig von den Vor­ga­ben des Ver­sTV 2008 und der Leis­tungs­ta­fel II c der PO 83 auf­grund ei­ner ei­ge­nen Ent­schei­dung bei Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 ei­nen höhe­ren Grund­be­trag an als bei ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern der Vergütungs­grup­pe 8. Dies verstößt je­doch nicht ge­gen den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz.

a) Der ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ist die pri­vat­recht­li­che Aus­prägung des Gleich­heits­sat­zes des Art. 3 Abs. 1 GG. Gemäß § 1b Abs. 1 Satz 4 Be­trAVG können Ver­sor­gungs­ver­pflich­tun­gen nicht nur auf ei­ner Ver­sor­gungs­zu­sa­ge, son­dern auch auf dem Grund­satz der Gleich­be­hand­lung be­ru­hen. Im Be­reich des Be­triebs­ren­ten­rechts hat der ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz da­mit kraft Ge­set­zes an­spruchs­be­gründen­de Wir­kung (BAG 18. Fe­bru­ar 2014 - 3 AZR 568/12 - Rn. 44; 16. Fe­bru­ar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 56 mwN, BA­GE 133, 158).


Der ar­beits­recht­li­che Gleich­be­hand­lungs­grund­satz ge­bie­tet dem Ar­beit­ge­ber, sei­ne Ar­beit­neh­mer oder Grup­pen sei­ner Ar­beit­neh­mer, die sich in ver­gleich­ba­rer La­ge be­fin­den, bei der An­wen­dung ei­ner von ihm selbst ge­ge­be­nen Re­gel gleich­zu­be­han­deln. Er ver­bie­tet nicht nur die willkürli­che Schlech­ter­stel­lung ein­zel­ner Ar­beit­neh­mer in­ner­halb ei­ner Grup­pe, son­dern auch ei­ne sach­frem­de Grup­pen­bil­dung (vgl. et­wa BAG 21. Au­gust 2012 - 3 AZR 81/10 -


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Rn. 24). Wer­den für meh­re­re Ar­beit­neh­mer­grup­pen un­ter­schied­li­che Leis­tun­gen vor­ge­se­hen, ver­langt der Gleich­be­hand­lungs­grund­satz, dass die­se Un­ter­schei­dung sach­lich ge­recht­fer­tigt ist. Maßgeb­lich für die Be­ur­tei­lung, ob für die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung ein hin­rei­chen­der Sach­grund be­steht, ist vor al­lem der Re­ge­lungs­zweck. Die­ser muss die Grup­pen­bil­dung recht­fer­ti­gen (BAG 16. Fe­bru­ar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 31, BA­GE 133, 158). Ge­recht­fer­tigt ist da­nach ei­ne Grup­pen­bil­dung, wenn sie ei­nem le­gi­ti­men Zweck dient und zur Er­rei­chung die­ses Zwecks er­for­der­lich und an­ge­mes­sen ist (BAG 13. April 2011 - 10 AZR 88/10 - Rn. 13, BA­GE 137, 339). Der Dif­fe­ren­zie­rungs­grund muss die in der Re­ge­lung ge­trof­fe­ne Rechts­fol­ge tra­gen (vgl. BAG 21. Au­gust 2012 - 3 AZR 81/10 - Rn. 27). Ist die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung nach dem vom Ar­beit­ge­ber vor­ge­tra­ge­nen Zweck der Leis­tung sach­lich nicht ge­recht­fer­tigt, kann der be­nach­tei­lig­te Ar­beit­neh­mer ver­lan­gen, nach Maßga­be der begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mer­grup­pe be­han­delt zu wer­den (BAG 21. Au­gust 2012 - 3 AZR 81/10 - Rn. 29; 11. De­zem­ber 2007 - 3 AZR 249/06 - Rn. 45, BA­GE 125, 133).


Kei­ne Recht­fer­ti­gung für die Un­gleich­be­hand­lung ist der bloße Sta­tus­un­ter­schied zwi­schen ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern und An­ge­stell­ten. Die dar­an an­knüpfen­de Un­ter­schei­dung be­ruht für sich ge­nom­men nicht auf sach­ge­rech­ten Erwägun­gen (BAG 10. De­zem­ber 2002 - 3 AZR 3/02 - zu IV 2 c aa der Gründe mwN, BA­GE 104, 205). Ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern und An­ge­stell­ten kann al­ler­dings dann zulässig sein, wenn mit der An­knüpfung an den Sta­tus­un­ter­schied gleich­zei­tig auf ei­nen Le­bens­sach­ver­halt ab­ge­stellt wird, der ge­eig­net ist, die Un­gleich­be­hand­lung sach­lich zu recht­fer­ti­gen. Das ist am Re­ge­lungs­zweck und dem aus ihm fol­gen­den Dif­fe­ren­zie­rungs­grund zu mes­sen (vgl. BAG 16. Fe­bru­ar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 32, BA­GE 133, 158). Der Dif­fe­ren­zie­rungs­grund muss auf vernünf­ti­gen und ein­leuch­ten­den Erwägun­gen be­ru­hen; er darf nicht ge­gen ver­fas­sungs­recht­li­che oder sons­ti­ge über­ge­ord­ne­te Wer­tent­schei­dun­gen ver­s­toßen (BAG 16. Fe­bru­ar 2010 - 3 AZR 216/09 - Rn. 33, aaO; 10. De­zem­ber 2002 - 3 AZR 3/02 - zu IV 2 b der Gründe, aaO).


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b) Da­nach verstößt die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern und Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 bei der Be­rech­nung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes nach § 11 Ver­sTV 2008 nicht ge­gen den ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­satz. Ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 und Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs-grup­pe 8 sind hin­sicht­lich der Er­mitt­lung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes nach § 11 Ver­sTV 2008 kei­ne ver­gleich­ba­ren Ar­beit­neh­mer­grup­pen, da sich die Vergütungs­struk­tu­ren so­wie das ru­he­geldfähi­ge Ein­kom­men der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer und Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 er­heb­lich un­ter­schei­den. Die Dif­fe­ren­zie­rung er­folgt da­her nicht le­dig­lich we­gen des un­ter­schied­li­chen Sta­tus bei­der Ar­beit­neh­mer­grup­pen. Je­den­falls be­steht für die Fest­le­gung un­ter­schied­lich ho­her Grund­beträge zur Er­mitt­lung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes bei ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern und Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 ein sach­li­cher Grund, da sie be­wirkt, dass die zu­ge­sag­te Ge­samt­ver­sor­gung bei­der Ar­beit­neh­mer­grup­pen annähernd gleich hoch ist.


aa) Nach den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts wa­ren im Jahr 1999 bei der Be­klag­ten 493 ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer und zwölf An­ge­stell­te in Vergütungs­grup­pe 8 beschäftigt. Die in Voll­zeit beschäftig­ten ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 er­hiel­ten im Jahr 1999 ei­ne Grund­vergütung iHv. 58.718,00 DM. Zu die­ser Grund­vergütung be­zo­gen 96 vH der in Voll-zeit beschäftig­ten ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 ru­he-geldfähi­ge Zu­la­gen und Zu­schläge iHv. 2.862,00 DM. Sie er­reich­ten da­mit ein ru­he­geldfähi­ges Jah­res­ein­kom­men iHv. 61.580,00 DM. Da­ne­ben er­ziel­ten die-se Ar­beit­neh­mer nicht ru­he­geldfähi­ge Zu­la­gen und Zu­schläge iHv. durch­schnitt­lich 8.500,00 DM und er­wirt­schaf­te­ten da­mit ein Jah­res­ein­kom­men von ins­ge­samt ca. 70.000,00 DM. Die Zu­la­gen und Zu­schläge führ­ten in der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung zu wei­te­ren Ent­gelt­punk­ten. Ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 mit glei­cher Er­werbs­bio­gra­phie wie der Kläger konn­ten


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un­ter Zu­grun­de­le­gung des Grund­be­trags von 22,90 DM ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung iHv. 33.967,49 DM jähr­lich er­rei­chen.


Die elf in Voll­zeit beschäftig­ten Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 er­hiel­ten im Jahr 1999 eben­falls ei­ne Grund­vergütung nach Vergütungs­grup­pe 8 iHv. 58.718,00 DM. Le­dig­lich vier Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pe 8 be­zo­gen nicht ru­he­geldfähi­ge Zu­la­gen von 64,00 DM, 221,00 DM, 459,00 DM und 576,00 DM jähr­lich. Sons­ti­ge Zu­la­gen und Zu­schläge wur­den den Ver­kehrs­an­ge­stell­ten nicht gewährt. Sie konn­ten bei ei­ner Er­werbs­bio­gra­phie wie der­je­ni­gen des Klägers un­ter Zu­grun­de­le­gung ei­nes Grund­be­trags von 34,29 DM ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung iHv. 32.850,66 DM jähr­lich er­rei­chen.


Da­mit un­ter­schei­den sich die Vergütungs­struk­tu­ren der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer und An­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 so er­heb­lich, dass bei­de Ar­beit­neh­mer­grup­pen hin­sicht­lich der Er­mitt­lung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­sat­zes nicht ver­gleich­bar sind. Trotz glei­cher Ein­grup­pie­rung in die Vergütungs­grup­pe 8 be­zie­hen ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer ei­ne Vergütung iHv. ins­ge­samt ca. 70.000,00 DM jähr­lich, während Ver­kehrs­an­ge­stell­te al­len­falls ei­ne ge­ringfügig höhe­re Ge­samt­vergütung als 57.718,00 DM jähr­lich er­hal­ten. Auf­grund der ru­he­geldfähi­gen Zu­la­gen und Zu­schläge er­rei­chen die ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 zwar nur ein et­was höhe­res ru­he­geldfähi­ges Jah­res­ein­kom­men als die Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8. Auf­grund der den ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern zu­ste­hen­den nicht­ru­he­geldfähi­gen Zu­la­gen und Zu­schläge liegt ihr Ge­samt­jah­res­ein­kom­men je­doch deut­lich über dem der Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8. Die von der Be­klag­ten vor­ge­nom­me­ne Un­ter­schei­dung bei der Er­mitt­lung des in­di­vi­du­el­len Stei­ge­rungs­be­trags nach § 11 Ver­sTV 2008 ist da­mit nicht aus­sch­ließlich am Sta­tus als ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer und Ver­kehrs­an­ge­stell­te aus­ge­rich­tet, son­dern be­ruht auf den trotz glei­cher Ein­grup­pie­rung un­ter­schied­li­chen Ver­diens­ten.
 


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bb) Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung ist - ge­mes­sen an dem mit der Re­ge­lung ver­folg­ten Zweck - zu­dem sach­lich ge­recht­fer­tigt. Mit der PO 83 hat die Be­klag­te ei­ne Ge­samt­ver­sor­gung zu­ge­sagt, bei der Ar­beit­neh­mern der­sel­ben Vergütungs­grup­pe bei glei­cher Dau­er der Be­triebs­zu­gehörig­keit ei­ne gleich ho­he Ge­samt­ver­sor­gung zu­gu­te­kom­men soll. Zur Er­rei­chung die­ses Zwecks sieht die PO 83 meh­re­re Re­chen­schrit­te vor.

Im ers­ten Schritt wird gemäß § 3 A Abs. 1 Buchst. a PO 83 die sog. Be­mes­sungs­grund­la­ge, dh. die ma­xi­ma­le Höhe der Ge­samt­ver­sor­gung durch die Leis­tungs­ta­fel I der PO 83 be­stimmt. Mit dem sich dar­aus er­ge­ben­den Vom­hun­dert­satz ist das von dem Ar­beit­neh­mer vor sei­nem Aus­schei­den zu­letzt be­zo­ge­ne mo­nat­li­che ru­he­geldfähi­ge Ein­kom­men zu ver­viel­fa­chen. Das ru­he-geldfähi­ge Ein­kom­men um­fasst nach § 3 A Abs. 1 Buchst. a PO 83 die ta­rif­li­che Mo­nat­s­ta­bel­len­vergütung ein­sch­ließlich even­tu­ell ge­zahl­ter ta­bel­la­ri­scher, Vor-hand­wer­ker-, Vor­ar­bei­ter-, Schichtführer-, Ko­lon­nenführer- und Haus­stands­zu­la­gen so­wie Fahr­dienst-, Er­schwer­nis- und Schicht­zu­schläge und den auf den Mo­nat ent­fal­len­den Teil der Weih­nachts­zu­wen­dung und des Ur­laubs­gelds. Da wei­te­re Zu­la­gen und Zu­schläge bei der Er­mitt­lung des ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­mens außer Be­tracht blei­ben, kann zwi­schen dem ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­men und dem tatsächlich be­zo­ge­nen Brut­to­mo­nats­ent­gelt ei­ne Dif­fe­renz ent­ste­hen. Das Pro­dukt aus dem er­reich­ten Vom­hun­dert­satz der Ge­samt­ver­sor­gung und dem zu­letzt be­zo­ge­nen ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­men er­gibt den Be­trag der höchstmögli­chen Ge­samt­ver­sor­gung, be­ste­hend aus der Ren­te der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung und dem be­trieb­li­chen Ru­he­geld (A-Ren­te).
 

Die so er­mit­tel­te Be­mes­sungs­grund­la­ge wird im zwei­ten Schritt durch ei­ne sog. Net­toli­mi­tie­rung nach § 3 A Abs. 8 PO 83 be­grenzt. Da­nach darf die Höhe der Ge­samt­ver­sor­gung nicht mehr als 90 vH des vor dem Aus­schei­den zu­letzt be­zo­ge­nen durch­schnitt­li­chen Net­to­mo­nats­ein­kom­mens be­tra­gen. Als drit­ter Schritt wird nach § 3 A Abs. 2 Buchst. a PO 83 von der er­rech­ne­ten Ge­samt­ver­sor­gung von ma­xi­mal 75 vH des zu­letzt be­zo­ge­nen ru­he­geldfähi­gen



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Ein­kom­mens bzw. 90 vH der zu­letzt be­zo­ge­nen Net­to­vergütung, die tatsächlich be­zo­ge­ne Ren­te aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung in Ab­zug ge­bracht. Dies führt bei glei­cher Ge­samt­ver­sor­gung zu ei­nem ge­rin­ge­ren be­trieb­li­chen Ru­he­geld (A-Ren­te) je höher die an­re­chen­ba­re Ren­te aus der ge­setz­li­che Al­ters­ren­te ausfällt.


Ei­ne wei­te­re Li­mi­tie­rung re­gelt § 3 A Abs. 3 PO 83. Da­nach darf das be­trieb­li­che Ru­he­geld (A-Ren­te) den Be­trag nicht über­stei­gen, der sich aus der Mul­ti­pli­ka­ti­on der ru­he­geldfähi­gen Beschäfti­gungs­jah­re mit dem Grund­be­trag nach der Leis­tungs­ta­fel II der PO 83 er­gibt. Un­ter Berück­sich­ti­gung des von der Be­klag­ten ver­folg­ten Zwecks, ei­ne aus ge­setz­li­cher Ren­te und be­trieb­li­chem Ru­he­geld be­ste­hen­de Ge­samt­ver­sor­gung in ei­ner vom ru­he­geldfähi­gen Ein­kom­men und da­mit von der Zu­gehörig­keit zu ei­ner be­stimm­ten Vergütungs-grup­pe abhängi­gen Höhe zu gewähren, ist es auf­grund der un­ter­schied­li­chen Vergütungs­struk­tu­ren der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 und der Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8 ge­recht­fer­tigt, bei der Be­gren­zung nach § 3 A Abs. 3 PO 83 für Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs-grup­pe 8 höhe­re Grund­beträge zu ver­an­schla­gen als für ge­werb­li­che Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8. Das be­trieb­li­che Ru­he­geld der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 ist we­gen der höhe­ren an­re­chen­ba­ren Ren­te aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung ge­rin­ger und des­halb durch ei­nen ent­spre­chend ge­rin­ge­ren Grund­be­trag zu be­gren­zen als das be­trieb­li­che Ru­he­geld der Ver­kehrs­an­ge­stell­ten der Vergütungs­grup­pe 8. Letz­te­res muss auf­grund der ge­rin­ge­ren Ren­te aus der ge­setz­li­chen Ren­ten­ver­si­che­rung höher aus­fal­len als das be­trieb­li­che Ru­he­geld der ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8, um be­tragsmäßig ei­ne un­gefähr gleich ho­he Ge­samt­ver­sor­gung für bei­de Ar­beit­neh­mer­grup­pen zu er­rei­chen. Nur so kann si­cher­ge­stellt wer­den, dass die von der PO 83 vor­ge­se­he­nen Be­gren­zun­gen der Ge­samt­ver­sor­gung zu ei­ner wei­test­ge­hend gleich­ho­hen Ge­samt­ver­sor­gung bei glei­cher Ein­grup­pie­rung von ge­werb­li­chen Ar­beit­neh­mern und Ver­kehrs­an­ge­stell­ten führen. Oh­ne die un­ter­schied­li­chen Grund­beträge würden ge­werb­li­che
 


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Ar­beit­neh­mer der Vergütungs­grup­pe 8 ei­ne höhe­re Ge­samt­ver­sor­gung er­hal­ten als Ver­kehrs­an­ge­stell­te der Vergütungs­grup­pe 8.


III. Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. 

Gräfl 

Schlewing 

Spin­ner

Heu­ser 

Busch

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