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BAG, Ur­teil vom 01.06.2011, 7 AZR 827/09

   
Schlagworte: Befristung: Wissenschaftler
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 827/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 01.06.2011
   
Leitsätze:

1. Das Wissenschaftszeitvertragsgesetz (juris: WissZeitVG) bestimmt seinen persönlichen Geltungsbereich eigenständig.

2. Zum "wissenschaftlichen Personal" nach § 1 Abs.1 Satz 1 WissZeitVG gehört derjenige Arbeitnehmer, der wissenschaftliche Dienstleistungen zu erbringen hat.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg, Urteil vom 9.12.2008, 3 Ca 379/08
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 16.07.2009, 10 Sa 2/09
   


BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

7 AZR 827/09
10 Sa 2/09
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ba­den-Würt­tem­berg

 

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am

1. Ju­ni 2011

UR­TEIL

Schie­ge, Ur­kunds­be­am­ter

der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

be­klag­tes, be­ru­fungs­be­klag­tes und re­vi­si­ons­be­klag­tes Land,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 1. Ju­ni 2011 durch die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner als Vor­sit­zen­de, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Kiel, die
 


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Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt Schmidt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Met­zin­ger und Strip­pel­mann für Recht er­kannt:

Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg - Kam­mern Frei­burg - vom 16. Ju­li 2009 - 10 Sa 2/09 - auf­ge­ho­ben.


Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ar­beits-ge­richts Frei­burg vom 9. De­zem­ber 2008 - 3 Ca 379/08 - ab­geändert.

Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei-en nicht auf­grund der Be­fris­tung vom 25. Sep­tem­ber 2007 am 30. Sep­tem­ber 2008 ge­en­det hat.

Das be­klag­te Land hat die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob das zwi­schen ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis auf­grund Be­fris­tung am 30. Sep­tem­ber 2008 ge­en­det hat.

Die Kläge­rin - am 2. Fe­bru­ar 2006 zum Dr. phil. pro­mo­viert - ist seit dem 1. Ok­to­ber 2001 bei dem be­klag­ten Land an der Uni­ver­sität F auf­grund von ins­ge­samt fünf be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen beschäftigt. Der letz­te Ar­beits­ver­trag vom 25. Sep­tem­ber 2007 enthält ua. fol­gen­de Re­ge­lun­gen:


„§ 1 Ein­stel­lung, Pro­be­zeit


Frau Dr. H wird vom 01.10.2007 bis 30.09.2008 bei der Uni­ver­sität F als Beschäftig­te auf Zeit (Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben für Ja­pa­nisch) ein­ge­stellt.


Der Ar­beits­ver­trag ist be­fris­tet ge­schlos­sen, weil die Beschäfti­gung in der Qua­li­fi­zie­rungs­pha­se der ei­ge­nen Aus-, Fort- oder Wei­ter­bil­dung dient (Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz).
...



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§ 2 Beschäfti­gungs­um­fang


Die Beschäfti­gung er­folgt in Teil­zeit mit 50 % der durch­schnitt­li­chen re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit ei­ner ent­spre­chen­den Voll­beschäftig­ten.


...

§ 4 Ein­grup­pie­rung

...

Der­zeit wer­den fol­gen­de Tätig­kei­ten über­tra­gen:

1. 7 LVS, da­von 2 mit Fak­tor 0,5: Un­ter­richt in mo­der­ner ja­pa­ni­scher Spra­che in Wort und Schrift 45 %

2. Wis­sen­schaftl. Dienst­leis­tun­gen nach Wei-sung, ins­be­son­de­re Mit­ar­beit an wis­sensch. Pro­jek­ten 30 %

3. Aus­wer­tung ja­pa­ni­scher Stra­te­gem­li­te­ra­tur im Rah­men des ge­plan­ten Gra­du­ier­ten­kol­legs ‚Re­gel und List’ 25 %

...“

Bei den Lehr­ver­an­stal­tungs­stun­den (LVS) wird der sprach­prak­ti­sche Un­ter­richt an­ge­rech­net. Die Lehr­ver­an­stal­tungs­ver­pflich­tung der teil­zeit-beschäftig­ten Kläge­rin mach­te ein­sch­ließlich der Vor- und Nach­be­rei­tung zwei Drit­tel ih­rer ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beits­zeit aus.

Mit ih­rer am 6. Au­gust 2008 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat sich die Kläge­rin ge­gen die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund der Be­fris­tung zum 30. Sep­tem­ber 2008 ge­wandt. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­fris­tung sei un­wirk­sam. Ins­be­son­de­re könne sich das be­klag­te Land nicht auf die sach­grund­lo­se Be­fris­tungsmöglich­keit nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss­Zeit­VG be­ru­fen. Als Lek­to­rin zähle sie - die Kläge­rin - zwar zum wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal nach dem Ge­setz über die Hoch­schu­len in Ba­den-Würt­tem­berg in der vom 28. De­zem­ber 2005 bis 23. No­vem­ber 2007 gel­ten­den Fas­sung (HSchulG BW aF). Hin­ge­gen feh­le dem ba­den-würt­tem­ber­gi­schen Lan­des­ge­setz­ge­ber die Kom­pe­tenz, den Per­so­nen­kreis des „wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals“ nach dem Wiss­Zeit­VG fest­zu­le­gen. Die Wahr­neh­mung von Dau­er­auf­ga­ben könne ei­ne Be­fris­tung nach dem Wiss­Zeit­VG nicht recht-


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fer­ti­gen. Außer­dem ha­be das be­klag­te Land das Zi­tier­ge­bot des § 2 Abs. 4 Wiss­Zeit­VG nicht ein­ge­hal­ten.

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt, 


1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht auf­grund der in dem Ar­beits­ver­trag vom 25. Sep­tem­ber 2007 ver­ein­bar­ten Be­fris­tung am 30. Sep­tem­ber 2008 ge­en­det hat;

2. hilfs­wei­se für den Fall des Ob­sie­gens mit dem An­trag zu 1. das be­klag­te Land zu ver­ur­tei­len, sie über den 30. Sep­tem­ber 2008 hin­aus zu un­veränder­ten Ar­beits­ver­trags­be­din­gun­gen auf der Grund­la­ge des Ar­beits­ver­trags vom 25. Sep­tem­ber 2007 als Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben für Ja­pa­nisch wei­ter­zu­beschäfti­gen.

Das be­klag­te Land hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Es hat sich auf den Stand­punkt ge­stellt, die Be­fris­tung sei oh­ne sach­li­chen Grund wirk­sam nach dem Wiss­Zeit­VG ver­ein­bart. Die De­fi­ni­ti­on des wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals iSd. Wiss­Zeit­VG knüpfe an die im je­wei­li­gen Lan­des­hoch­schul­recht ge­re­gel­te Ka­te­go­rie des „wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals“ an. So­wohl nach dem im Zeit­punkt des Ver­trags­ab­schlus­ses gel­ten­den als auch nach den nun­mehr an­zu­wen­den­den Be­stim­mun­gen des HSchulG BW zähl­ten Lek­to­ren zum wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der vom Be­ru­fungs­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­re Anträge wei­ter. Das be­klag­te Land be­an­tragt die Zurück­wei­sung der Re­vi­si­on.


Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Re­vi­si­on der Kläge­rin hat Er­folg. Ent­ge­gen der An­sicht der Vor­in­stan­zen ist das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht auf­grund der Be­fris­tung am 30. Sep­tem­ber 2008 be­en­det wor­den. Der Wei­ter­beschäfti­gungs­an­trag fällt dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an.
 


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A. Das an­ge­foch­te­ne Ur­teil ist auf­zu­he­ben, § 562 Abs. 1 ZPO. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat un­zu­tref­fend die Zulässig­keit der Be­fris­tung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss­Zeit­VG an­ge­nom­men, in­dem es da­von aus­ge­gan­gen ist, die Kläge­rin un­ter­fal­le als zum wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal gehören­de Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben iSv. § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HSchulG BW aF dem per­so­nel­len Gel­tungs­be­reich von § 1 Abs. 1 Satz 1, § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss­Zeit­VG. Das Ur­teil er­weist sich auch nicht aus an­de­ren Gründen als rich­tig, § 561 ZPO.

I. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt ge­ge­be­nen Be­gründung kann der Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag nicht ab­ge­wie­sen wer­den.

1. Zu Recht ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen, dass die Kläge­rin mit dem Haupt­an­trag ei­ne zulässi­ge Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge iSv. § 1 Abs. 1 Satz 5 Wiss­Zeit­VG iVm. § 17 Satz 1 Tz­B­fG ver­folgt. Ins­be­son­de­re ist der An­trag hin­rei­chend be­stimmt iSv. § 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO. Er be­zeich­net die Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung, ge­gen die sich die Kläge­rin wen­det, zu­rei­chend ge­nau.

2. Die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses gilt nicht be­reits nach § 17 Satz 2 Tz­B­fG iVm. § 7 Halbs. 1 KSchG als wirk­sam, denn die Kläge­rin hat de­ren Rechts­un­wirk­sam­keit mit der am 6. Au­gust 2008 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge recht­zei­tig gel­tend ge­macht. Die - ma­te­ri­ell-recht­li­che - Kla­ge­frist des § 17 Satz 1 Tz­B­fG wird nach ständi­ger Recht­spre­chung des Se­nats auch durch die Er­he­bung ei­ner Kla­ge vor dem Ab­lauf der ver­ein­bar­ten Ver­trags­lauf­zeit ge­wahrt (vgl. zB BAG 2. Ju­ni 2010 - 7 AZR 136/09 - Rn. 13 mwN, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 71 = EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 67). Die Kla­ge genügt den An­for­de­run­gen, die an ei­ne ord­nungs­gemäße Kla­ge­er­he­bung gemäß § 17 Satz 1 Tz­B­fG zu stel­len sind (vgl. hier­zu BAG 16. April 2003 - 7 AZR 119/02 - zu I der Gründe, BA­GE 106, 72).

3. Zu­tref­fend hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt an­ge­nom­men, dass die ver­ein­bar­te Be­fris­tung dem Zi­tier­ge­bot des § 2 Abs. 4 Satz 1 Wiss­Zeit­VG genügt. In dem Ar­beits­ver­trag vom 25. Sep­tem­ber 2007 ist an­ge­ge­ben, dass „die

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Beschäfti­gung in der Qua­li­fi­zie­rungs­pha­se der ei­ge­nen Aus-, Fort- oder Wei­ter­bil­dung dient (Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz)“. Wie der Se­nat zu der mit § 2 Abs. 4 Satz 1 Wiss­Zeit­VG wort­glei­chen Vor­schrift des § 57b Abs. 3 Satz 1 HRG in der bis 17. April 2007 gel­ten­den Fas­sung (HRG nF) ent­schie­den hat, er­for­dert die Ein­hal­tung des Zi­tier­ge­bots nicht die An­ga­be der ein­zel­nen Be­fris­tungs­nor­men (vgl. BAG 21. Ju­ni 2006 - 7 AZR 234/05 - Rn. 15, BA­GE 118, 290). Ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Kläge­rin ist der Hin­weis auf das Wiss­Zeit­VG auch nicht des­halb un­genügend, weil § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags an­gibt, die Beschäfti­gung der Kläge­rin in der Qua­li­fi­zie­rungs­pha­se die­ne der ei­ge­nen Aus-, Fort- oder Wei­ter­bil­dung. Ei­ne Un­klar­heit, auf wel­che ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten sich die Be­fris­tung stützt, re­sul­tiert hier­aus nicht. Zwar kennt das Wiss­Zeit­VG - im Ge­gen­satz et­wa zu dem sach­li­chen Grund für ei­ne Be­fris­tung nach § 57b Abs. 2 Nr. 1 HRG in der vom 4. Sep­tem­ber bis 30. De­zem­ber 2004 gel­ten­den Fas­sung - den Be­fris­tungs­grund der be­ruf­li­chen „Aus-, Fort- oder Wei­ter­bil­dung“ nicht. Al­ler­dings be­stimmt § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss­Zeit­VG die Zulässig­keit der Zeit­be­fris­tung in Abhängig­keit von der Qua­li­fi­ka­ti­on des wis­sen­schaft­li­chen oder künst­le­ri­schen Per­so­nals. Qua­li­fi­zie­rungs­zeiträume sind Pha­sen, die der Aus-, Fort- oder Wei­ter­bil­dung die­nen. Aus dem Klam­mer­zu­satz zu § 1 Abs. 2 des Ar­beits­ver­trags er­gibt sich un­miss­verständ­lich, dass es sich um ei­ne Be­fris­tung nach dem Wiss­Zeit­VG han­delt.


4. Zu Un­recht geht das Lan­des­ar­beits­ge­richt aber da­von aus, dass die Be­fris­tung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG zulässig sei, weil die Kläge­rin nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HSchulG BW aF zum wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal gehöre.

a) Nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG gel­ten für den Ab­schluss von Ar­beits­verträgen für ei­ne be­stimm­te Zeit (be­fris­te­te Ar­beits­verträge) mit wis­sen­schaft­li­chem und künst­le­ri­schem Per­so­nal mit Aus­nah­me der Hoch­schul­leh­re­rin­nen und Hoch­schul­leh­rer an Ein­rich­tun­gen des Bil­dungs­we­sens, die nach Lan­des­recht staat­li­che Hoch­schu­len sind, die §§ 2 und 3 Wiss­Zeit­VG. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 iVm. Satz 1 Wiss­Zeit­VG ist die Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen des in § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG ge­nann­ten Per­so­nals

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nach ab­ge­schlos­se­ner Pro­mo­ti­on bis zu ei­ner Dau­er von sechs Jah­ren - im Be­reich der Me­di­zin bis zu ei­ner Dau­er von neun Jah­ren - möglich.

b) Der zeit­li­che und der be­trieb­li­che Gel­tungs­be­reich die­ser Vor­schrif­ten sind eröff­net.

aa) Für die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags ist die im Zeit­punkt ih­rer Ver­ein­ba­rung gel­ten­de Rechts­la­ge maßgeb­lich (vgl. BAG 2. Sep­tem­ber 2009 - 7 AZR 291/08 - Rn. 10, BA­GE 132, 54). Das Wiss­Zeit­VG ist mit „Ge­setz zur Ände­rung ar­beits­recht­li­cher Vor­schrif­ten in der Wis­sen­schaft“ vom 12. April 2007 (BGBl. I S. 506) be­schlos­sen wor­den und am 18. April 2007 in Kraft ge­tre­ten. Die am 25. Sep­tem­ber 2007 ver­ein­bar­te Be­fris­tung un­terfällt nicht ei­ner der auf an­de­re Rechts­grund­la­gen ver­wei­sen­den Über­g­angs­re­ge­lun­gen nach § 6 Wiss­Zeit­VG.


bb) Es han­delt sich um den Ab­schluss ei­nes Ar­beits­ver­trags für ei­ne be­stimm­te Zeit an ei­ner Ein­rich­tung des Bil­dungs­we­sens, die nach Lan­des­recht ei­ne staat­li­che Hoch­schu­le ist. Gemäß § 1 Abs. 2 Nr. 1 HSchulG BW aF ist die Uni­ver­sität F ei­ne staat­li­che Hoch­schu­le. Vor­aus­set­zung der An­wend­bar­keit der §§ 2, 3 Wiss­Zeit­VG auf be­fris­te­te Ar­beits­verträge ist nicht, dass die staat­li­che Hoch­schu­le Ver­trags­ar­beit­ge­ber ist.


c) Die Zulässig­keit der Be­fris­tung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss­Zeit­VG setzt vor­aus, dass sie nach Ab­schluss der Pro­mo­ti­on ver­ein­bart wird (vgl. [zur wort­glei­chen Vorgänger­vor­schrift des § 57b Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 HRG nF] BAG 20. Ja­nu­ar 2010 - 7 AZR 753/08 - Rn. 19, AP HRG § 57b Nr. 34 = EzA BGB 2002 § 620 Hoch­schu­len Nr. 6). Dies ist vor­lie­gend der Fall: Die Kläge­rin wur­de am 2. Fe­bru­ar 2006 zum Dr. phil. pro­mo­viert. Auch ist die zulässi­ge Höchst­dau­er der Be­fris­tung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss­Zeit­VG von sechs Jah­ren nicht über­schrit­ten.

d) Hin­ge­gen ist der per­so­nel­le Gel­tungs­be­reich für die Vor­schrif­ten über die Zulässig­keit der Be­fris­tung nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Wiss­Zeit­VG iVm. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG ent­ge­gen der Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts

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nicht (al­lein) auf­grund des von ihm an­ge­nom­me­nen Um­stands eröff­net, dass die Kläge­rin im Zeit­punkt der Be­fris­tungs­ab­re­de als Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben - kon­kret: als Lek­to­rin - gemäß § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 iVm. § 54 Abs. 1 und Abs. 4 HSchulG BW aF der lan­des­recht­lich ge­re­gel­ten Ka­te­go­rie des wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals un­ter­fiel. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG be­stimmt den Gel­tungs­be­reich für Ar­beits­verträge mit „wis­sen­schaft­li­chem und künst­le­ri­schem Per­so­nal mit Aus­nah­me der Hoch­schul­leh­re­rin­nen und Hoch­schul­leh­rer“ ei­genständig. Ob die nach dem je­wei­li­gen Lan­des­hoch­schul­recht ge­re­gel­ten Per­so­nal­ka­te­go­ri­en hier­zu rech­nen, muss nach dem Wiss­Zeit­VG be­stimmt wer­den.


aa) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt nimmt al­ler­dings frei von Rechts­feh­lern an, dass die Kläge­rin Lek­to­rin iSv. § 54 Abs. 1 und Abs. 4 HSchulG BW aF ist und da­mit zum wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HSchulG BW aF gehört.

(1) § 44 Abs. 1 HSchulG BW aF be­stimmt, dass das haupt­be­ruf­lich täti­ge wis­sen­schaft­li­che Per­so­nal der Hoch­schu­le aus den Hoch­schul­leh­rern, den wis­sen­schaft­li­chen Mit­ar­bei­tern und den Lehr­kräften für be­son­de­re Auf­ga­ben be­steht. Nach § 54 Abs. 1 HSchulG BW aF ver­mit­teln haupt­be­ruf­lich täti­ge Lehr­kräfte für be­son­de­re Auf­ga­ben im Be­am­ten- oder An­ge­stell­ten­verhält­nis über­wie­gend tech­ni­sche und prak­ti­sche Fer­tig­kei­ten so­wie Kennt­nis­se in der An­wen­dung wis­sen­schaft­li­cher und künst­le­ri­scher Me­tho­den. § 54 Abs. 4 HSchulG BW aF de­fi­niert Lek­to­ren als haupt­be­ruf­lich täti­ge Lehr­kräfte für be­son­de­re Auf­ga­ben, die Lehr­ver­an­stal­tun­gen ins­be­son­de­re in den le­ben­den Fremd­spra­chen und zur Lan­des­kun­de, durchführen. Dem­ge­genüber sind wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­ter nach § 52 HSchulG BW aF die Be­am­ten und An­ge­stell­ten, de­nen wei­sungs­ge­bun­den im Rah­men der Auf­ga­ben­erfüllung der Hoch­schu­le, ins­be­son­de­re in Wis­sen­schaft, For­schung, Leh­re und Wei­ter­bil­dung, wis­sen­schaft­li­che Dienst­leis­tun­gen ob­lie­gen.

(2) Die Kläge­rin ist als Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben für Ja­pa­nisch und da­mit als Lek­to­rin iSd. § 54 Abs. 1 und Abs. 4 HSchulG BW aF - und nicht als wis­sen­schaft­li­che Mit­ar­bei­te­rin iSd. § 52 HSchulG BW aF - ein­ge­stellt wor­den.


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Dies folgt zum ei­nen aus der aus­drück­li­chen Fest­le­gung in § 1 des Ar­beits­ver­trags vom 25. Sep­tem­ber 2007 und zum an­de­ren aus den vom be­klag­ten Land nicht mit Ge­genrügen an­ge­grif­fe­nen und so­mit nach § 559 Abs. 2 ZPO für den Se­nat bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts, wo­nach die von der Kläge­rin ge­schul­de­te Lehr­ver­an­stal­tungs­ver­pflich­tung zwei Drit­tel der ver­trag­lich ge­schul­de­ten Ar­beits­zeit ab­deck­te.


bb) Die Eröff­nung des per­so­nel­len Gel­tungs­be­reichs des Wiss­Zeit­VG folgt nicht aus der Zu­ord­nung der Kläge­rin zum haupt­be­ruf­lich täti­gen wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal nach § 44 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 HSchulG BW aF.

(1) Im Schrift­tum ist um­strit­ten, ob der per­so­nel­le An­wen­dungs­be­reich des Wiss­Zeit­VG durch die­ses Ge­setz ab­sch­ließend ge­re­gelt ist. Über­wie­gend wird die Auf­fas­sung ver­tre­ten, der Bun­des­ge­setz­ge­ber ha­be - auch oh­ne Le­gal­be­schrei­bung des Be­griffs „wis­sen­schaft­li­ches und künst­le­ri­sches Per­so­nal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG - den Gel­tungs­be­reich des Wiss­Zeit­VG im Rah­men sei­ner kon­kur­rie­ren­den Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz für das Ar­beits­recht nach Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG ab­sch­ließend ge­re­gelt. Die­ser könne durch hoch­schul(-or­ga­ni­sa­ti­ons)recht­li­che Re­ge­lun­gen von Beschäftig­ten­grup­pen oder Per­so­nal­ka­te­go­ri­en durch den Lan­des­ge­setz­ge­ber nicht mo­di­fi­ziert oder er­wei­tert wer­den (vgl. APS/Schmidt 3. Aufl. § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 5; Dörner Der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag 2. Aufl. Rn. 534; ErfK/Müller-Glöge 11. Aufl. § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 10; Kort­s­tock ZTR 2007, 350, 352; KR/Tre­ber 9. Aufl. § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 37; MüKoBGB/Hes­se 5. Aufl. § 23 Tz­B­fG Rn. 30; Preis Wiss­Zeit­VG § 1 Rn. 8; Reich Wiss­Zeit­VG § 1 Rn. 2; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 13. Aufl. § 39 Rn. 27; Schlach­ter in Laux/Schlach­ter Tz­B­fG 2. Aufl. § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 1; Wie­de­mann FS Ot­to 2008 S. 609, 618). Nach ei­ner an­de­ren Auf­fas­sung kommt den Bun­desländern die De­fi­ni­ti­ons­zuständig­keit für die Per­so­nal­ka­te­go­rie des „wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nals“ zu mit der Fol­ge, dass für die lan­des­recht­lich kon­kre­ti­sier­te Beschäftig­ten­grup­pe die Be­stim­mun­gen des Wiss­Zeit­VG gel­ten würden (vgl. Löwisch NZA 2007, 479; Ram­bach/Feld­mann ZTR 2009, 286, 288).
 


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(2) Der Be­griff des „wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nals“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG ist ei­genständig und ab­sch­ließend. Es kommt nicht auf Be­griffs­be­zeich­nun­gen oder Zu­ord­nungs­de­fi­ni­tio­nen nach den lan­des­hoch­schul­recht­li­chen Re­ge­lun­gen an. Dies er­gibt ei­ne am Wort­laut und an der Sys­te­ma­tik so­wie an Sinn und Zweck ori­en­tier­te Aus­le­gung des Wiss­Zeit­VG. Aus der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Vor­schrift und den vom be­klag­ten Land in Be­zug ge­nom­me­nen Hand­rei­chun­gen des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Bil­dung und For­schung zum Wiss­Zeit­VG folgt nichts an­de­res.


(a) Der Wort­laut des Wiss­Zeit­VG deu­tet beim per­so­nel­len An­wen­dungs­be­reich des Ge­set­zes an kei­ner Stel­le ei­nen Be­zug auf die Hoch­schul­ge­set­ze der Länder an. So­weit beim Be­griff der „staat­li­chen Hoch­schu­len“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG die ent­spre­chen­den lan­des­recht­li­chen (De­fi­ni­ti­ons-)Be­stim­mun­gen maßgeb­lich sein sol­len, ist dies im Ge­setz aus­drück­lich ver­laut­bart. Ei­ne ähn­lich for­mu­lier­te Ver­wei­sung fin­det sich bei dem Be­griff „wis­sen­schaft­li­ches und künst­le­ri­sches Per­so­nal“ nicht. Hin­zu kommt, dass § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG Hoch­schul­leh­rer und Hoch­schul­leh­re­rin­nen aus­drück­lich vom per­so­nel­len An­wen­dungs­be­reich des Wiss­Zeit­VG aus­nimmt. Dies lässt eher auf ei­ne ei­genständi­ge - und ab­sch­ließen­de - De­fi­ni­ti­on des „wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nals“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG schließen.


(b) Die Ge­set­zes­sys­te­ma­tik spricht ge­gen die An­nah­me, dass die lan­des­hoch­schul­recht­li­chen Be­stim­mun­gen für den per­so­nel­len Gel­tungs­be­reich des Wiss­Zeit­VG maßgeb­lich sein sol­len. Das Wiss­Zeit­VG dif­fe­ren­ziert zwi­schen dem „wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nal“ und dem „nicht­wis­sen­schaft­li­chen und nichtkünst­le­ri­schen Per­so­nal“ (vgl. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG und § 2 Abs. 2 Satz 2 Wiss­Zeit­VG). Da­mit sind zwei un­ter­schied­li­che Beschäftig­ten­grup­pen be­zeich­net. Auch zeigt der Um­stand, dass die Be­fris­tungs­tat­bestände des § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss­Zeit­VG - eben­so wie die der Vorgänger­re­ge­lung nach § 57b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HRG nF - auf die Qua­li­fi­ka­ti­on des be­fris­tet beschäftig­ten Ar­beit­neh­mers vor und nach der Pro­mo­ti­on zu­ge­schnit­ten sind und ei­ne je­weils zulässi­ge Be­fris­tungs-
 


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dau­er fest­le­gen, dass als wis­sen­schaft­li­ches und künst­le­ri­sches Per­so­nal nur sol­ches in Be­tracht kommt, bei dem die Beschäfti­gung zu­min­dest ty­pi­scher­wei­se auf ei­ne Pro­mo­ti­on und/oder Ha­bi­li­ta­ti­on zielt. Da­mit ist ei­ne ma­te­ri­ell-in­halt­li­che Be­stim­mung des per­so­nel­len An­wen­dungs­be­reichs der Be­fris­tungsmöglich­kei­ten nach dem Wiss­Zeit­VG ge­trof­fen.

(c) Sinn und Zweck des Wiss­Zeit­VG spre­chen für ei­ne ei­genständi­ge und ab­sch­ließen­de Re­ge­lung des­sen per­so­nel­len Gel­tungs­be­reichs. Mit dem am 18. April 2007 in Kraft ge­tre­te­nen Wiss­Zeit­VG wur­den die bis­he­ri­gen Re­ge­lun­gen für die Be­fris­tung von Ar­beits­verhält­nis­sen im Wis­sen­schafts- und For­schungs­be­reich in ei­nem ei­genständi­gen ar­beits­recht­li­chen Be­fris­tungs­ge­setz zu­sam­men­ge­fasst (vgl. APS/Schmidt § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 3). Nach ei­nem der erklärten Ge­set­zes­zwe­cke soll­te „ein neu­er Stand­ort für die Re­ge­lun­gen der be­fris­te­ten Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten an den Hoch­schu­len und außer­uni­ver­sitären For­schungs­ein­rich­tun­gen in der Qua­li­fi­zie­rungs­pha­se (§ 57a ff. HRG) ge­fun­den wer­den“ (vgl. BT-Drucks. 16/3438 S. 2). An­lass war die im Zu­ge der Föde­ra­lis­mus­re­form mit Wir­kung vom 1. Sep­tem­ber 2006 auf­ge­ho­be­ne Be­fug­nis des Bun­des zur Set­zung von Rah­men­recht für die Ge­setz­ge­bung der Länder über die all­ge­mei­nen Grundsätze des Hoch­schul­we­sens nach dem bis da­hin gel­ten­den Art. 75 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1a GG (vgl. Art. 1 Nr. 8 des Ge­set­zes zur Ände­rung des Grund­ge­set­zes vom 28. Au­gust 2006 [BGBl. I 2034]). Die Be­stim­mun­gen des HRG zu den Be­fris­tungsmöglich­kei­ten, die „auf der Grund­la­ge von Ar­ti­kel 74 Abs. 1 Nr. 12 GG er­las­sen wur­den“ und sich „in der Pra­xis bewährt“ hätten, soll­ten „da­her auch im We­sent­li­chen un­verändert bei­be­hal­ten blei­ben“ (vgl. BT-Drucks. 16/3438 S. 1 f.). Die Re­ge­lun­gen des „Son­der-be­fris­tungs­rechts“ nach dem Wiss­Zeit­VG be­zwe­cken - eben­so wie die der vor­ma­li­gen §§ 57a ff. HRG nF - ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich der In­ter­es­sen zwi­schen der Hoch­schu­le, wel­che die Wis­sen­schafts­frei­heit des Art. 5 Abs. 3 GG für sich in An­spruch neh­men kann, und de­ren wis­sen­schaft­li­chem Per­so­nal, das aus der schutz­pflicht­recht­li­chen Di­men­si­on des Art. 12 Abs. 1 GG ein Min­dest­maß an ar­beits­recht­li­chem Be­stands­schutz für sich her­lei­ten kann (vgl. BT-Drucks. 16/3438 S. 8; ausf. Die­te­rich/Preis Be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se in Wis­sen­schaft und For­schung 2001 [Gut­ach­ten zum Kon­zept der Neu­re­ge­lung


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im HRG] S. 88 ff.). Da­ge­gen ist den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en nicht - auch nicht der Be­gründung der Be­schluss­emp­feh­lung und des Be­richts des Aus­schus­ses für Bil­dung, For­schung und Tech­nik­fol­gen­abschätzung vom 13. De­zem­ber 2006 zu dem Ge­setz­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung (vgl. BT-Drucks. 16/4043) - die In­ten­ti­on zu ent­neh­men, ge­genüber §§ 57a ff. HRG nF grund­le­gend mo­di­fi­zier­te Möglich­kei­ten be­fris­te­ter Ar­beits­verhält­nis­se im Wis­sen­schafts- und For­schungs­be­reich re­geln zu wol­len. Ei­ne „Über­tra­gung“ der Be­stim­mun­gen, wer nach den Hoch­schul­ge­set­zen der Länder zum wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nal zählt, auf das Wiss­Zeit­VG hätte je­doch zur Fol­ge, dass die ge­genüber dem Tz­B­fG er­wei­ter­te Be­fris­tungsmöglich­keit aus­schei­den würde, wenn das ent­spre­chen­de Lan­des­ge­setz die Ka­te­go­rie­be­zeich­nung „wis­sen­schaft­li­ches Per­so­nal“ nicht kennt, son­dern - wie et­wa das Ge­setz über die Hoch­schu­len des Lan­des Nord­rhein-West­fa­len vom 31. Ok­to­ber 2006 (HSchulG NW [GVBl. NW S. 474]) - vom „haupt­be­ruf­lich täti­gen Hoch­schul­per­so­nal“ spricht (vgl. §§ 9, 33 ff. HSchulG NW). Es er­scheint fern­lie­gend, dass der Ge­setz­ge­ber ei­ne sol­che Re­ge­lungs­ab­sicht ver­folgt hat (vgl. hier­zu auch Preis Wiss­Zeit­VG § 1 Rn. 8).


(d) Ei­ne Ziel­rich­tung des Bun­des­ge­setz­ge­bers, die Be­stim­mung des per­so­nel­len An­wen­dungs­be­reichs des Wiss­Zeit­VG dem Lan­des­ge­setz­ge­ber im Sin­ne ei­ner Zu­ord­nungs­fest­le­gung zu über­las­sen, kommt - un­ge­ach­tet der Pro­ble­ma­tik ei­ner ent­spre­chen­den Re­ge­lungs­kom­pe­tenz der Länder (vgl. hier­zu APS/Schmidt § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 5 und Preis Wiss­Zeit­VG § 1 Rn. 7) - nicht in der Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Ge­set­zes zum Aus­druck (aA ins­be­son­de­re Ram­bach/Feld­mann ZTR 2009, 286, 288). Nach dem ursprüng­li­chen Ge­set­zes­ent­wurf der Bun­des­re­gie­rung (vgl. BT-Drucks. 16/3438) soll­ten gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG die §§ 2, 3 Wiss­Zeit­VG für den Ab­schluss von Ar­beits­verträgen mit „wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern so­wie mit wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Hilfs­kräften“ gel­ten. Mit Be­schluss­emp­feh­lung und Be­richt des Aus­schus­ses für Bil­dung, For­schung und Tech­nik­fol­gen­abschätzung vom 13. De­zem­ber 2006 wur­de ei­ne Er­set­zung die­ser For­mu­lie­rung durch den Aus­druck „wis­sen­schaft-
 


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li­ches und künst­le­ri­sches Per­so­nal mit Aus­nah­me der Hoch­schul­leh­re­rin­nen und Hoch­schul­leh­rer“ an­ge­regt. Zur Be­gründung der vor­ge­schla­ge­nen - in das Ge­setz auf­ge­nom­me­nen - For­mu­lie­rung ist aus­geführt (BT-Drucks. 16/4043 S. 9):

„Mit dem In­kraft­tre­ten der Föde­ra­lis­mus­re­form ist die Ge­setz­ge­bungs­be­fug­nis zur Ge­stal­tung der Per­so­nal­struk­tur der Hoch­schu­len vollständig auf die Länder über­ge­gan­gen. In die­sem Be­reich können die Länder un­ein­ge­schränkt von dem fort­gel­ten­den Hoch­schul­rah­men­ge­setz (HRG) des Bun­des ab­wei­chen. Das ‚Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz’ soll da­her un­ter Ver­mei­dung von Be­griff­lich­kei­ten for­mu­liert wer­den, die zwar der der­zeit vor­han­de­nen Per­so­nal­struk­tur der Hoch-schu­len Rech­nung tra­gen, je­doch ei­ner zukünf­ti­gen Fort­ent­wick­lung in den Ländern ent­ge­gen­ste­hen könn­ten. Die­ser Vor­ga­be die­nen da­her zum ei­nen die Er­set­zung der Be­grif­fe ‚wis­sen­schaft­li­che und künst­le­ri­sche Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­ter’ so­wie ‚wis­sen­schaft­li­che und künst­le­ri­sche Hilfs­kräfte’ durch den Be­griff ‚wis­sen­schaft­li­ches und künst­le­ri­sches Per­so­nal’ so­wie zum an­de­ren der Ver­zicht auf den Be­griff ‚stu­den­ti­sche Hilfs­kraft’.“

Dies be­sagt je­doch nur, dass das Wiss­Zeit­VG ei­ne von den Lan­des­ge­set­zen un­abhängi­ge Ter­mi­no­lo­gie ver­wen­det, um sich ge­ra­de nicht im Sin­ne ei­ner dy­na­mi­schen Ver­wei­sung an die­se zu bin­den. Mit dem „Ober­be­griff“ des wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nals wer­den in­kon­gru­en­te Be­griff­lich­kei­ten zwi­schen Bun­des- und Lan­des­recht ver­mie­den. Das Son­der-be­fris­tungs­recht des Wiss­Zeit­VG ist in die­sem Sin­ne zu­kunfts­of­fen. Die - zu­tref­fen­de - An­nah­me, es lie­ge in­fol­ge der Föde­ra­lis­mus­re­form in der Ge­setz­ge­bungs­be­fug­nis der Länder, die Per­so­nal­struk­tu­ren im Hoch­schul­be­reich zu be­stim­men, be­inhal­tet aber nicht zwin­gend die Aus­sa­ge, es ob­lie­ge al­lein den Ländern, den Um­fang der ar­beits­recht­li­chen Be­fris­tungsmöglich­kei­ten in die­sem Be­reich fest­zu­le­gen (vgl. zu die­ser Un­ter­schei­dung KR/Tre­ber § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 16, 37; Schlach­ter in Laux/Schlach­ter § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 3).
 


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(e) Die­sem Aus­le­gungs­er­geb­nis ste­hen die vom Bun­des­mi­nis­te­ri­um für Bil­dung und For­schung au­to­ri­sier­ten Ausführun­gen in der „Hand­rei­chung zum Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz“ und in dem Fra­ge-/Ant­wort­ka­ta­log des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Bil­dung und For­schung zum Wiss­Zeit­VG, auf die sich das be­klag­te Land be­zieht, nicht ent­ge­gen. Die geäußer­ten Rechts­mei­nun­gen las­sen kei­nen Rück­schluss auf das rich­ti­ge Verständ­nis des per­so­nel­len Gel­tungs­be­reichs des Wiss­Zeit­VG zu.

II. Der Rechts­feh­ler des Be­ru­fungs­ge­richts führt zur Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die­ses er­weist sich nicht aus an­de­ren Gründen als rich­tig (§ 561 ZPO). Die streit­ge­genständ­li­che Be­fris­tung ist man­gels ei­nes sie recht­fer­ti­gen­den Tat­be­stands rechts­un­wirk­sam. Dies kann der Se­nat selbst ent­schei­den (§ 563 Abs. 3 ZPO).

1. Die Be­fris­tung ist nicht nach § 2 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 Wiss­Zeit­VG zulässig. Die Kläge­rin ist nicht „wis­sen­schaft­li­ches Per­so­nal“ iSd. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG. Sie er­bringt kei­ne wis­sen­schaft­li­che Dienst­leis­tung.

a) Der Be­griff des „wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Per­so­nals“ be­stimmt sich in­halt­lich-auf­ga­ben­be­zo­gen. An­knüpfungs­punkt ist die Art der zu er­brin­gen­den Dienst­leis­tung. Zum „wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG gehört der­je­ni­ge Ar­beit­neh­mer, der wis­sen­schaft­li­che Dienst­leis­tun­gen er­bringt. Es kommt nicht auf die for­mel­le Be­zeich­nung des Ar­beit­neh­mers an, son­dern auf den wis­sen­schaft­li­chen Zu­schnitt der von ihm aus­zuführen­den Tätig­keit. Bei Mischtätig­kei­ten ist er­for­der­lich, dass die wis­sen­schaft­li­chen Dienst­leis­tun­gen zeit­lich über­wie­gen oder zu­min­dest das Ar­beits­verhält­nis prägen. Wis­sen­schaft­li­che Tätig­keit ist al­les, was nach In­halt und Form als ernst­haf­ter planmäßiger Ver­such zur Er­mitt­lung der Wahr­heit an­zu­se­hen ist (BAG 19. März 2008 - 7 AZR 1100/06 - Rn. 33 mwN, BA­GE 126, 211). Sie ist nach Auf­ga­ben­stel­lung und an­zu­wen­den­der Ar­beits­me­tho­de dar­auf an­ge­legt, neue Er­kennt­nis­se zu ge­win­nen und zu ver­ar­bei­ten, um den Er­kennt­nis­stand der je­wei­li­gen wis­sen­schaft­li­chen Dis­zi­plin zu si­chern oder zu er­wei­tern (vgl. BAG 27. Mai 2004 - 6 AZR 129/03 - zu B II 4 der Gründe, BA­GE 111, 8). Zur wis­sen­schaft­li­chen Dienst­leis­tung kann auch die Ver­mitt­lung

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von Fach­wis­sen und prak­ti­schen Fer­tig­kei­ten an Stu­die­ren­de und de­ren Un­ter­wei­sung in der An­wen­dung wis­sen­schaft­li­cher Me­tho­den gehören (vgl. Preis Wiss­Zeit­VG § 1 Rn. 14). Wis­sen­schaft­li­che Betäti­gung ist ei­ne Lehrtätig­keit aber nur dann, wenn dem Leh­ren­den die Möglich­keit zur ei­genständi­gen For­schung und Re­fle­xi­on ver­bleibt; die wis­sen­schaft­li­che Lehrtätig­keit ist in­so­fern von ei­ner un­ter­rich­ten­den Lehrtätig­keit oh­ne Wis­sen­schafts­be­zug ab­zu­gren­zen. Über­wie­gend mit der bloßen Ver­mitt­lung von Sprach­kennt­nis­sen be­trau­te Fremd­spra­chen­lek­to­ren un­ter­fal­len dem Be­griff des wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG da­her in der Re­gel nicht. Das er­gibt ei­ne an Sinn und Zweck so­wie der Ent­ste­hungs­ge­schich­te der Vor­schrift ori­en­tier­te Aus­le­gung des Be­griffs „wis­sen­schaft­li­ches Per­so­nal“ nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG, für die auch ver­fas­sungs­recht­li­che Erwägun­gen strei­ten (im Er­geb­nis eben­so: APS/Schmidt § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 20; Kitt­ner/ Däubler/Zwan­zi­ger/Däubler § 56 HRG Rn. 3; Kort­s­tock ZTR 2007, 350, 352; KR/Tre­ber § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 56 f.; Leh­mann-Wand­schnei­der Das Son­der-be­fris­tungs­recht an Hoch­schu­len und For­schungs­ein­rich­tun­gen nach dem Wis­sen­schafts­zeit­ver­trags­ge­setz S. 99 f.; MüKoBGB/Hes­se § 23 Tz­B­fG Rn. 30; Wie­de­mann FS Ot­to 2008 S. 609, 618; vgl. aber auch Reich Wiss­Zeit­VG § 1 Rn. 2 und ErfK/Müller-Glöge § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 15).


aa) Der Wort­laut des § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG ist un­er­gie­big. Die Vor­schrift be­zeich­net mit dem Aus­druck „wis­sen­schaft­li­ches Per­so­nal“ ei­ne Beschäftig­ten­grup­pe, oh­ne die­se näher zu de­fi­nie­ren. Im­mer­hin be­deu­tet das Ad­jek­tiv „wis­sen­schaft­lich“ „die Wis­sen­schaft be­tref­fend“. Im gram­ma­ti­ka­li­schen Verständ­nis er­scheint ein Be­zug auf die Tätig­keit oder den Auf­ga­benin­halt der be­zeich­ne­ten Per­so­nen­grup­pe je­den­falls nicht aus­ge­schlos­sen. Als tätig­keits­be­zo­ge­ner Aus­druck deu­tet das Ad­jek­tiv „wis­sen­schaft­lich“ auf ei­nen - von ei­ner re­pro­duk­ti­ven oder re­pe­tie­ren­den Tätig­keit ab­zu­gren­zen­den - in­no­va­ti­ven As­pekt hin.

bb) Ei­ne in­halt­lich-tätig­keits­be­zo­ge­ne In­ter­pre­ta­ti­on des Be­griffs „wis­sen­schaft­li­ches Per­so­nal“ ent­spricht Sinn und Zweck des Ge­set­zes. Das Wiss­Zeit­VG trägt als Son­der­be­fris­tungs­recht den spe­zi­fi­schen Bedürf­nis­sen


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wis­sen­schaft­li­cher Ein­rich­tun­gen Rech­nung. So ist den Hoch­schu­len in § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Wiss­Zeit­VG - eben­so wie zu­vor in § 57b Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 HRG nF - aus Gründen der wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuchsförde­rung und zur Si­che­rung der In­no­va­ti­on in For­schung und Leh­re die Möglich­keit ein­geräumt, Ar­beits­verhält­nis­se sach­grund­los mit ei­ner Höchst­be­fris­tungs­dau­er zu be­fris­ten (BT-Drucks. 16/3438 S. 11). Die­se Gründe tref­fen auf ei­ne sprach­ver­mit­teln­de Dienst­leis­tung, wie sie Lek­to­ren ty­pi­scher­wei­se er­brin­gen, nicht zu (vgl. BAG 20. Sep­tem­ber 1995 - 7 AZR 70/95 - zu 3 der Gründe, AP HRG § 57b Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 135). Die Erfüllung sol­cher Lehr­auf­ga­ben dient re­gelmäßig we­der der ei­ge­nen Qua­li­fi­ka­ti­on des Leh­ren­den (vgl. APS/Schmidt § 1 Wiss­Zeit­VG Rn. 13; Kort­s­tock ZTR 2007, 350, 352; Leh­mann-Wand­schnei­der Son­der­be­fris­tungs­recht S. 98) noch be­darf es ei­ner die In­no­va­ti­on der For­schung und Leh­re si­chern­den Fluk­tua­ti­on der Lek­to­ren, wenn die­se rein sprach­ver­mit­telnd, al­so oh­ne ei­gen­ver­ant­wort­li­ches Ein­brin­gen ei­ge­ner, neu­er Er­kennt­nis­se, tätig wer­den.

cc) Die Ent­ste­hungs­ge­schich­te des Wiss­Zeit­VG spricht ge­gen ei­nen ge­setz­ge­be­ri­schen Wil­len, Lek­to­ren in die Beschäftig­ten­grup­pe des wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG ein­zu­be­zie­hen.

(1) Nach § 57b Abs. 3 HRG in der bis zum 24. Au­gust 1998 gel­ten­den Fas­sung war die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags mit ei­ner fremd­sprach­li­chen Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben durch ei­nen sach­li­chen Grund ge­recht­fer­tigt, wenn ih­re Beschäfti­gung über­wie­gend für die Aus­bil­dung in Fremd­spra­chen er­folg­te (Lek­tor). Im Hin­blick auf die Si­cher­stel­lung ei­nes ak­tua­litäts­be­zo­ge­nen Un­ter­richts hat das Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt ge­gen die­sen Be­fris­tungs­tat­be­stand kei­ne ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­den­ken er­ho­ben (vgl. BVerfG 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - zu C II 2 f der Gründe, BVerfGE 94, 268). Nach der Recht­spre­chung des da­ma­li­gen Ge­richts­hofs der Eu­ropäischen Ge­mein­schaf­ten (vgl. EuGH 20. Ok­to­ber 1993 - C-272/92 [Spot­ti] - Rn. 21, Slg. 1993, I-5185) und der sich dar­an an­sch­ließen­den Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (zB BAG 15. März 1995 - 7 AZR 737/94 - zu V 4 der Gründe, BA­GE 79, 275; 25. Fe­bru­ar 1998 - 7 AZR 31/97 - zu B I 1 der Gründe,


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BA­GE 88, 144) stand der früher ge­mein­schafts­recht­li­che (heu­te uni­ons­recht­li­che) Grund­satz der Gewähr­leis­tung der Freizügig­keit der Ar­beit­neh­mer ei­ner Aus­le­gung des § 57b Abs. 3 HRG ent­ge­gen, nach wel­cher die Beschäfti­gung von Fremd­spra­chen­lek­to­ren stets ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags ist. Die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags mit ei­nem Fremd­spra­chen­lek­tor wur­de nur dann als ge­recht­fer­tigt an­ge­se­hen, wenn im Ein­zel­fall ein sach­li­cher Grund vor­lag. Al­lein die Si­che­rung ei­nes ak­tua­litäts­be­zo­ge­nen Un­ter­richts recht­fer­tig­te die Be­fris­tung nicht (vgl. BAG 25. Fe­bru­ar 1998 - 7 AZR 31/97 - zu B I 1 der Gründe mwN, aaO). Mit dem Vier­ten Ge­setz zur Ände­rung des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes vom 20. Au­gust 1998 (BGBl. I S. 2190) wur­de das Recht der Be­fris­tung von Ar­beits­verhält­nis­sen mit Lek­to­ren da­hin­ge­hend neu ge­re­gelt, dass ei­ne sol­che nur dann auf § 57b Abs. 2 HRG aF gestützt wer­den konn­te, wenn des­sen Vor­aus­set­zun­gen vor­la­gen.


(2) Nach der um­fas­sen­den Re­form des Hoch­schul­dienst­rechts durch das am 23. Fe­bru­ar 2002 in Kraft ge­tre­te­ne Fünf­te Ge­setz zur Ände­rung des Hoch­schul­rah­men­ge­set­zes und an­de­rer Vor­schrif­ten vom 16. Fe­bru­ar 2002 (5. HRGÄndG [BGBl. I S. 693]) war ei­ne sach­grund­lo­se Be­fris­tung von Ar­beits­verträgen mit wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Mit­ar­bei­te­rin­nen und Mit­ar­bei­tern so­wie mit wis­sen­schaft­li­chen und künst­le­ri­schen Hilfs­kräften möglich. Bei die­sen Beschäftig­ten­grup­pen wur­de un­ter­stellt, dass zum ei­nen die nicht dau­er­haf­te Beschäfti­gung der ei­ge­nen Aus-, Fort- und Wei­ter­bil­dung dient und zum an­de­ren der re­gelmäßige Aus­tausch des Per­so­nals zur Si­che­rung der In­no­va­ti­on von For­schung und Leh­re not­wen­dig ist (BT-Drucks. 14/6853 S. 30). Nach der sich aus den Re­ge­lun­gen zur Ju­ni­or­pro­fes­sur er­ge­ben­den (Ge­samt-)Nich­tig­keits­erklärung der hoch­schul­rah­men­recht­li­chen Vor­schrif­ten des 5. HRGÄndG durch die Ent­schei­dung des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 27. Ju­li 2004 (- 2 BvF 2/02 - BVerfGE 111, 226, 246, 270, 273) hat der Ge­setz­ge­ber mit dem am 31. De­zem­ber 2004 in Kraft ge­tre­te­nen Ge­setz zur Ände­rung dienst- und ar­beits­recht­li­cher Vor­schrif­ten im Hoch­schul­be­reich vom 27. De­zem­ber 2004 (HdaVÄndG [BGBl. I S. 3835]) die zu­vor in §§ 57a bis 57e HRG idF des 5. HRGÄndG ge­trof­fe­nen be­fris­tungs-recht­li­chen Re­ge­lun­gen in §§ 57a bis 57e HRG idF der HdaVÄndG in­halt­lich

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nicht mo­di­fi­ziert. Zu die­ser Rechts­la­ge hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schie­den, dass die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags mit ei­nem Ar­beit­neh­mer, der als Lehr­kraft für be­son­de­re Auf­ga­ben für die Ver­mitt­lung von Kennt­nis­sen der chi­ne­si­schen Spra­che ein­ge­stellt wor­den war, nicht zulässig sei, weil die Ver­mitt­lung von Sprach­kennt­nis­sen kei­ne wis­sen­schaft­li­che Tätig­keit dar­stel­le (vgl. BAG 16. April 2008 - 7 AZR 85/07 - Rn. 12, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 44).


(3) Ei­ne Er­wei­te­rung der Möglich­kei­ten der sach­grund­lo­sen Be­fris­tung von Ar­beits­verhält­nis­sen im Hoch­schul­be­reich ge­genüber die­ser Rechts­la­ge war mit der Schaf­fung des Wiss­Zeit­VG er­kenn­bar nicht be­ab­sich­tigt. Aus­weis­lich der Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en soll­te - ne­ben der Schaf­fung ei­nes ei­ge­nen Be­fris­tungs­tat­be­stands für Mit­ar­bei­ter in drit­tel­mit­tel­fi­nan­zier­ten Pro­jek­ten an Hoch­schu­len und ei­ner fa­mi­li­en­po­li­ti­schen Kom­po­nen­te für be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis­se von El­tern während der Qua­li­fi­zie­rungs­pha­se - le­dig­lich we­gen der mit der Förde­ra­lis­mus­re­form ver­bun­de­nen Ände­rung der Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­ten­zen im Be­reich des Hoch­schul­rechts ein neu­er Ort für die bis­he­ri­gen bewähr­ten Re­ge­lun­gen der be­fris­te­ten Beschäfti­gungsmöglich­kei­ten an Hoch­schu­len gewählt wer­den (BT-Drucks. 16/4043 S. 4).

(4) Dem steht nicht ent­ge­gen, dass nach § 42 HRG Lehr­kräfte für be­son­de­re Auf­ga­ben zum wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal der Hoch­schu­len zählen. Die De­fi­ni­ti­on des § 42 HRG war für das Be­fris­tungs­recht nach den §§ 57a ff. HRG nF ge­ra­de nicht maßgeb­lich und er­fasst zu­dem die Ka­te­go­rie der Hoch­schul­leh­rer, die § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG ge­ra­de aus­sch­ließt. Vor die­sem Hin­ter­grund spricht nichts dafür, der Ge­setz­ge­ber des Wiss­Zeit­VG ha­be sich - zu­mal nach der Föde­ra­lis­mus­re­form - an die De­fi­ni­ti­on des § 42 HRG an­leh­nen wol­len.

dd) Für ein bei Lehr­kräften (nur) die wis­sen­schaft­li­che Leh­re in Ab­gren­zung zur bloßen Un­ter­richtstätig­keit ein­be­zie­hen­des, tätig­keits­be­zo­ge­nes Verständ­nis des Be­griffs „wis­sen­schaft­li­ches Per­so­nal“ iSv. § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG spre­chen ver­fas­sungs­recht­li­che As­pek­te.
 


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(1) Art. 5 Abs. 3 GG enthält ei­ne ob­jek­ti­ve Wer­tent­schei­dung, die den Staat da­zu ver­pflich­tet, die Pfle­ge der frei­en Wis­sen­schaft und ih­re Ver­mitt­lung an die nach­fol­gen­de Ge­ne­ra­ti­on durch Be­reit­stel­lung von per­so­nel­len, fi­nan­zi­el­len und or­ga­ni­sa­to­ri­schen Mit­teln zu ermögli­chen und zu fördern (vgl. BVerfG 24. April 1996 - 1 BvR 712/86 - zu C II 2 der Gründe mwN, BVerfGE 94, 268). Dies um­fasst auch die Pflicht, die er­for­der­li­chen ar­beits­recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen für die Beschäfti­gung des wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nals an den Hoch­schu­len und außer­uni­ver­sitären For­schungs­ein­rich­tun­gen zu gewähr­leis­ten. Dem­ge­genüber gewährt Art. 12 Abs. 1 GG den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mern zwar kei­nen un­mit­tel­ba­ren Schutz ge­gen den Ver­lust des Ar­beits­plat­zes auf­grund pri­va­ter Dis­po­si­ti­on (vgl. BVerfG 27. Ja­nu­ar 1998 - 1 BvL 15/87 - zu B I 1 der Gründe, BVerfGE 97, 169). Aus der Schutz­pflicht­funk­ti­on des Grund­rechts er­gibt sich je­doch die Ver­pflich­tung der staat­li­chen Grund­rechts­adres­sa­ten, ein­zel­ne Grund­recht­sträger vor ei­ner un­verhält­nismäßigen Be­schränkung ih­rer Grund­rech­te durch pri­vat­au­to­no­me Re­ge­lun­gen zu be­wah­ren (vgl. BAG 18. Ok­to­ber 2006 - 7 AZR 419/05 - Rn. 18 mwN, BA­GE 120, 42).

(2) Die Be­fris­tungs­tat­bestände des Wiss­Zeit­VG sind da­her im Lich­te ei­nes an­ge­mes­se­nen Aus­gleichs der In­ter­es­sen zwi­schen Hoch­schu­len ei­ner­seits und dem wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal an­de­rer­seits zu ver­ste­hen (vgl. Preis Wiss­Zeit­VG Ein­lei­tung Rn. 1 f.). Dies be­dingt gleich­zei­tig aber auch, den per­so­nel­len Gel­tungs­be­reich des Wiss­Zeit­VG nur auf das Per­so­nal zu er­stre­cken, bei dem der Ge­dan­ke der zur Si­che­rung der In­no­va­ti­onsfähig­keit not­wen­di­gen ste­ti­gen Per­so­nal­fluk­tua­ti­on oder der wis­sen­schaft­li­chen Nach­wuchsförde­rung greift. Ob dies der Fall ist, kann nur tätig­keits­be­zo­gen fest­ge­stellt wer­den. Ver­bleibt dem Leh­ren­den kein hin­rei­chen­der Frei­raum zur ei­ge­nen For­schung, weist ei­ne bloße Ver­mitt­lung prak­ti­scher Fähig­kei­ten und Fer­tig­kei­ten im Sin­ne ei­ner Wie­der­ga­be von ge­si­cher­ten und da­mit vor­ge­ge­be­nen In­hal­ten we­der den er­for­der­li­chen Qua­li­fi­ka­ti­ons­be­zug auf, noch be­darf sie ei­ner ständi­gen Fluk­tua­ti­on der Leh­ren­den zur Gewähr­leis­tung neu­er Ide­en, oh­ne den jeg­li­che For­schung er­star­ren würde.
 


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b) Nach die­sen Grundsätzen ist die Kläge­rin nicht dem wis­sen­schaft­li­chen Per­so­nal gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 Wiss­Zeit­VG zu­zu­ord­nen. Die Er­brin­gung wis­sen­schaft­li­cher Dienst­leis­tun­gen ist nicht prägend für ihr Ar­beits­verhält­nis.

aa) Das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin ist ge­prägt durch das Ab­hal­ten von Lehr­ver­an­stal­tun­gen, kon­kret von dem Un­ter­richt in mo­der­ner ja­pa­ni­scher Spra­che in Wort und Schrift. In dem Ar­beits­ver­trag vom 25. Sep­tem­ber 2007 ist die­se Lehr­ver­an­stal­tungs­ver­pflich­tung zwar nur mit 45 % der Ar­beits­zeit aus-ge­wie­sen. Nach den tatsächli­chen, mit Ge­genrügen nicht an­ge­grif­fe­nen und so­mit nach § 559 Abs. 2 ZPO für den Se­nat bin­den­den Fest­stel­lun­gen des Lan­des­ar­beits­ge­richts deck­ten die von der Kläge­rin nach dem Ar­beits­ver­trag tatsächlich ge­schul­de­ten Lehr­ver­an­stal­tungs­leis­tun­gen aber zwei Drit­tel ih­rer Ar­beits­zeit ab.

bb) Die auf den Un­ter­richt in mo­der­ner ja­pa­ni­scher Spra­che in Wort und Schrift be­zo­ge­nen Lehr­ver­an­stal­tun­gen sind re­pe­tie­ren­de Wis­sens­ver­mitt­lung und kei­ne wis­sen­schaft­li­che Dienst­leis­tung. Ent­ge­gen der An­sicht des be­klag­ten Lan­des ist die Lehrtätig­keit nicht „an sich“ wis­sen­schaft­lich. Es sind - auch nach Vor­trag des be­klag­ten Lan­des - kei­ne An­halts­punk­te dafür er­sicht­lich, dass die das Ar­beits­verhält­nis prägen­de Ver­mitt­lung der Sprach­kennt­nis­se an ei­ne ei­genständi­ge For­schung und Re­fle­xi­on ge­kop­pelt war.

2. Die Be­fris­tung ist nicht nach dem Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt. Ei­ne Zulässig­keit der Be­fris­tung nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Tz­B­fG schei­det aus, denn die Kläge­rin war be­reits zu­vor iSd. § 14 Abs. 2 Satz 2 Tz­B­fG beim be­klag­ten Land beschäftigt. Ein die Zulässig­keit des be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trags recht­fer­ti­gen­der sach­li­cher Grund iSv. § 14 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Tz­B­fG liegt nicht vor. Ins­be­son­de­re ver­mag die Gewähr­leis­tung ei­nes ak­tu­el­len mut­ter­sprach­li­chen Un­ter­richts die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags mit ei­nem Lek­tor nicht nach § 14 Abs. 1 Satz 1 iVm. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 4 Tz­B­fG zu be­gründen (BAG 16. April 2008 - 7 AZR 85/07 - Rn. 18 f., AP Tz­B­fG § 14 Nr. 44).

B. Der Kla­ge­an­trag zu 2. ist dem Se­nat nicht zur Ent­schei­dung an­ge­fal­len. Der An­trag ist da­hin­ge­hend zu ver­ste­hen, dass er auf die vorläufi­ge Wei­ter-
 


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beschäfti­gung der Kläge­rin für die Dau­er des Rechts­streits ge­rich­tet ist. Die Ent­schei­dung des Se­nats über die Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge ist mit ih­rer Verkündung rechts­kräftig.


C. Das be­klag­te Land hat nach § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO die Kos­ten des Rechts­streits zu tra­gen.


Gall­ner 

Kiel 

Schmidt

Günther Met­zin­ger 

Strip­pel­mann

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