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Kurzfristiger Einsatz von Leiharbeit bremst Mitbestimmung aus
19.09.2016. Vielen Betriebsräten ist der Einsatz von Leiharbeitnehmern ein Dorn im Auge.
Denn wenn Leiharbeitnehmer ständig anfallende Daueraufgaben erledigen, führt das zur Spaltung der Belegschaft in Stammkräfte und Leiharbeitnehmer.
Derzeit ist umstritten, ob der Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen auch dann unzulässig ist, wenn die Beschäftigung des einzelnen Leiharbeitnehmers (immer wieder) auf kurze Zeit befristet ist. Eine aktuelle Entscheidung zeigt, dass der Betriebsrat dagegen nur schwer vorgehen kann: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.05.2016, 1 TaBV 59/15.
- Kann der Betriebsrat den Kurz-Einsatz von Leiharbeitnehmern stoppen, wenn sie auf Dauerarbeitsplätzen eingesetzt werden sollen?
- Im Streit: Besetzung von Dauerarbeitsplätzen in einer Klinik mit Leiharbeitnehmern, die jeweils nur für drei Monate eingestellt werden
- LAG Schleswig-Holstein: Der Betriebsrat kann denn wiederholten kurzfristigen Einsatz von Leiharbeitnehmern nicht verhindern, wenn sich der Arbeitgeber an § 100 BetrVG hält
Kann der Betriebsrat den Kurz-Einsatz von Leiharbeitnehmern stoppen, wenn sie auf Dauerarbeitsplätzen eingesetzt werden sollen?
Vor drei Jahren hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) eine wichtige Grundsatzentscheidung zu den Rechten des Betriebsrats gegenüber einem missbräuchlichen Einsatz von Leiharbeitnehmern gefällt (BAG, Beschluss vom 10.07.2013, 7 ABR 91/11, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 13/210 Betriebsrat kann Dauer-Leiharbeit verhindern). In dieser Entscheidung hat das BAG deutlich gemacht, dass
- die zeitlich nicht begrenzte Überlassung
- eines bestimmten Leiharbeitnehmers
- auf einem Dauerarbeitsplatz bzw. zur Verrichtung von betrieblichen Daueraufgaben
gegen § 1 Abs.1 Satz 2 Arbeitnehmerüberlassungsgesetz (AÜG) verstößt. Daher kann der Betriebsrat einem solchen - gesetzeswidrigen - Einsatz gemäß § 99 Abs.2 Nr.1 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) widersprechen.
Dabei hat das BAG ausdrücklich offengelassen, ob auch der zeitlich begrenzte Einsatz eines bestimmten Leiharbeitnehmers auf einem Dauerarbeitsplatz mit § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG unvereinbar wäre, d.h. gegen das Gebot eines nur "vorübergehenden" Einsatzes von Leiharbeitnehmern verstoßen würde.
Eine solches Verständnis von § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG würde das Wort "vorübergehend" arbeitsplatz- oder aufgabenbezogen auslegen und die Rechte des Betriebsrats zur Zustimmungsverweigerung damit weit interpretieren. Auch wenn ein Leiharbeitnehmer nur drei oder sechs Monate eingestellt werden soll, wäre das nicht "vorübergehend", wenn seine Arbeitsaufgaben regelmäßig anfallen, d.h. wenn er auf einem Dauerarbeitsplatz eingesetzt werden soll.
Die Gegenmeinung lautet, dass sich das Wort "vorübergehend" auf den Einsatz eines bestimmten Leiharbeitnehmers bezieht und dass es keine Rolle spielt, ob er mit außergewöhnlichen Aufgaben oder mit Daueraufgaben befasst ist. Wird ein Leiharbeitnehmer immer erneut für eine begrenzte Zeit eingesetzt, ist sein Einsatz dieser Ansicht zufolge "vorübergehend" im Sinne von § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG und damit rechtens, auch wenn der Betreffende jahrelang auf demselben Stammarbeitsplatz arbeiten soll. Diese Ansicht hat zur Folge, dass der Betriebsrat der Einstellung von Leiharbeitnehmern nur in seltenen Ausnahmefällen unter Berufung auf § 99 Abs.2 Nr.1 BetrVG widersprechen kann.
Da das BAG diese Frage bislang nicht entschieden hat, gehen die Meinungen in der Rechtsprechung auseinander.
So ist das Landesarbeitsgericht (LAG) Hamburg der Meinung, dass es personenbezogen auf die Einsatzdauer eines bestimmten Leiharbeitnehmers ankommt (LAG Hamburg, Beschluss vom 04.09.2013, 5 TaBV 6/13, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 14/009 Leiharbeit auf Stammarbeitsplätzen ist rechtens).
Andere LAGs sehen das anders und geben dem Betriebsrat in solchen Fällen ein Recht zur Zustimmungsverweigerung, da sie das Gebot eines "vorübergehenden" Einsatzes arbeitsplatzbezogen und nicht personenbezogen verstehen, so z.B. das LAG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 19.12.2012, 4 TaBV 1163/12, wir berichteten in Arbeitsrecht aktuell: 12/390 Kein Einsatz von Leiharbeit auf Dauerarbeitsplätzen).
In einem aktuellen Fall des LAG Schleswig-Holstein hatte der Arbeitgeber wiederholt Leiharbeitnehmer im Dreimonatstakt eingesetzt, und zwar auf Dauerarbeitsplätzen. Das konnte der Betriebsrat letztlich nicht verhindern.
Im Streit: Besetzung von Dauerarbeitsplätzen in einer Klinik mit Leiharbeitnehmern, die jeweils nur für drei Monate eingestellt werden
Im Streitfall arbeitete ein Klinikbetreiber ständig mit Leiharbeitnehmern, die er - oft auch für längere Zeit - auf Dauerarbeitsplätzen einsetzte. Dabei sicherte er sich juristisch ab, indem er den Einsatz offiziell auf drei Monate beschränkte und den Betriebsrat dementsprechend oft um Zustimmung gemäß § 99 BetrVG bat.
Der Betriebsrat wiederum erklärte häufig seinen Widerspruch unter Berufung auf § 99 Abs.2 Nr.1 BetrVG, da er der Meinung war, dass der Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen generell gegen § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG verstößt, d.h. auch dann, wenn der Einsatz eines bestimmten Leiharbeitnehmers befristet ist. Das sah der Klinikbetreiber anders und berief sich auf die juristische Gegenmeinung.
Im Jahre 2015 kam es zum Streit über den Einsatz von vier Leiharbeitnehmern, der jeweils die auf drei Monate befristet war.
Der Arbeitgeber informierte vor der Einstellung den Betriebsrat, der unter Verweis auf § 99 Abs.2 Nr.1 BetrVG widersprach. Daraufhin bezeichnete der Klinikbetreiber den Leiharbeitseinsatz als "dringend erforderlich" im Sinne von § 100 Abs.1 BetrVG und führte ihn vorläufig durch. Da der Betriebsrat die Erforderlichkeit der Leiharbeit postwendend bestritt, zog der Klinikbetreiber vor das Arbeitsgericht und beantragte die Ersetzung der verweigerten Zustimmung und die Feststellung, dass der Leiharbeitseinsatz dringend erforderlich war. Da das Arbeitsgericht erst nach Ablauf des umstrittenen Dreimonatseinsatzes hätte entscheiden können, erklärten Klinik und Betriebsrat die Anträge übereinstimmend für erledigt.
Daraufhin ging der Betriebsrat, der in dem Verfahren zunächst der Antragsgegner war, in die Offensive und beantragte, es dem Klinikbetreiber zu untersagen, die vier Leiharbeitnehmer ohne Zustimmung des Betriebsrats zu beschäftigen. Diese Anträge wies das Arbeitsgericht Lübeck zurück (Beschluss vom 30.09.2015, 4 BV 83/15).
LAG Schleswig-Holstein: Der Betriebsrat kann denn wiederholten kurzfristigen Einsatz von Leiharbeitnehmern nicht verhindern, wenn sich der Arbeitgeber an § 100 BetrVG hält
Auch vor dem LAG hatte der Betriebsrat keinen Erfolg, obwohl das LAG mit der arbeitsplatzbezogenen Auslegung des Begriffs "vorübergehend" sympathisierte und daher der Meinung war, dass ein Leiharbeitseinsatz auf einem Dauerarbeitsplatz allgemein gegen § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG verstößt, d.h. auch dann, wenn der Einsatz des einzelnen Leiharbeitnehmers befristet ist.
Im vorliegenden Verfahren konnte der Betriebsrat aber keinen Erfolg haben, weil das Gesetz dem Arbeitgeber bei der Mitbestimmung in personellen Angelegenheiten (§ 99 BetrVG) die Möglichkeit gibt, eine vom Betriebsrat verweigerte Zustimmung dadurch zu kontern, dass er die umstrittene Maßnahme als "dringend erforderlich" deklariert und vorläufig durchführt, d.h. einseitig und ohne Zustimmung des Betriebsrats.
Das folgt aus § 100 BetrVG, der auch genau regelt, welche ergänzenden gerichtlichen Schritte der Arbeitgeber in einem solchen Fall unternehmen muss. Aus diesen prozessrechtlichen Regelungen folgt, so das LAG unter Berufung auf die Rechtsprechung des BAG und die vorherrschende Meinung in den juristischen Kommentaren, dass der Betriebsrat im Ergebnis nichts dagegen machen kann, wenn der Arbeitgeber einen Leiharbeitseinsatz für so kurze Zeit plant und beim Betriebsrat beantragt, dass eine gerichtliche Entscheidung innerhalb dieser Zeit nicht möglich ist.
Dabei half dem Betriebsrat auch der Verweis auf § 23 Abs.3 BetrVG nicht. Danach kann der Betriebsrat dem Arbeitgeber bei "groben Verstößen" gegen seine Verpflichtungen aus dem BetrVG durch das Arbeitsgericht aufgeben lassen, eine Handlung zu unterlassen. Hier lag aber kein grober Verstoß vor, so das LAG, da die Rechtsansicht des Arbeitgebers zu § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG "vertretbar" war.
Fazit: Ein Unterlassungsanspruch des Betriebsrats gegenüber dem geplanten Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen ist derzeit nur gerichtlich durchsetzbar, wenn der Arbeitgeber Fehler bei der Unterrichtung des Betriebsrats gemäß § 99 BetrVG und/oder Fehler bei der Einleitung der erforderlichen gerichtlichen Schritte macht. Ein grober Verstoß im Sinne des § 23 Abs.3 BetrVG läge erst dann vor, wenn sich auch das BAG der Meinung anschließen würde, dass der immer wieder pro forma "befristete" Einsatz derselben Leiharbeitnehmer auf Dauerarbeitsplätzen gegen § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG verstößt bzw. nicht mehr vorübergehend ist.
Im Übrigen hätte der Betriebsrat hier im Streitfall auf die gerichtliche Feststellung klagen können, dass der kurzfristige Einsatz von Leiharbeitnehmern auf Dauerarbeitsplätzen rechtswidrig ist bzw. gegen § 1 Abs.1 Satz 2 AÜG verstößt. Denn aufgrund der ständigen betrieblichen Praxis des Arbeitgebers bestand hier eine Wiederholungsgefahr.
Nähere Informationen finden Sie hier:
- Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein, Beschluss vom 10.05.2016, 1 TaBV 59/15
- Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 10.07.2013, 7 ABR 91/11
- Landesarbeitsgericht Hamburg, Beschluss vom 04.09.2013, 5 TaBV 6/13
- LAG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 19.12.2012, 4 TaBV 1163/12
- Handbuch Arbeitsrecht: Arbeitnehmerüberlassung (Leiharbeit, Zeitarbeit)
- Handbuch Arbeitsrecht: Betriebsrat
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Letzte Überarbeitung: 13. November 2020
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