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HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

BVerfG, Be­schluss vom 06.05.2008, 2 BvR 1830/06

   
Schlagworte: Diskriminierung
   
Gericht: Bundesverfassungsgericht
Aktenzeichen: 2 BvR 1830/06
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 06.05.2008
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Verwaltungsgericht Düsseldorf Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen
   

BUN­DES­VER­FASSUN­GS­GERICHT

- 2 BvR 1830/06 -

In dem Ver­fah­ren

über

die Ver­fas­sungs­be­schwer­de

des Herrn H...

- Be­vollmäch­tig­ter: Rechts­an­walt Tho­mas Stil­ler,
Bürger­s­traße 12, 53173 Bonn -

1. Un­mit­tel­bar ge­gen:
a) den Be­schluss des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts für das Land Nord­rhein-West­fa­len vom 25. Ju­li 2006 - 1 A 1368/05 -,
b) das Ur­teil des Ver­wal­tungs­ge­richts Düssel­dorf vom 9. März 2005 - 26 K 8353/04 -,

2. Mit­tel­bar ge­gen:

das Un­ter­las­sen des Ge­setz­ge­bers, Be­am­ten, die gemäß § 1 Abs. 1 Le­bens­part­ner­schafts­ge­setz ei­ne Le­bens­part­ner­schaft ein­ge­gan­gen sind, ei­nen An­spruch auf Fa­mi­li­en­zu­schlag nach § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG, den Ver­hei­ra­te­te er­hal­ten, zu gewähren,

hat die 1. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts durch
den Vi­ze­präsi­den­ten Has­se­mer,
die Rich­ter Di Fa­bio
und Land­au
gemäß § 93b in Ver­bin­dung mit § 93a BVerfGG in der Fas­sung der Be­kannt­ma­chung vom 11. Au­gust 1993 (BGBl I S. 1473)
am 6. Mai 2008 ein­stim­mig be­schlos­sen:

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Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de wird nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men.

G r ü n d e :

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de be­trifft die Fra­ge, ob es mit dem Grund­ge­setz ver­ein­bar ist, den Be­am­ten, die ei­ne ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft ge­schlos­sen ha­ben, den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1, den ver­hei­ra­te­te Be­am­te er­hal­ten, nicht be­zie­hungs­wei­se nur un­ter wei­ter­ge­hen­den Vor­aus­set­zun­gen zu gewähren.

I.

1. Be­am­ten wird gemäß § 39 Abs. 1 Satz 1 Bun­des­be­sol­dungs­ge­setz (BBesG) ne­ben ih­rem Grund­ge­halt ein Fa­mi­li­en­zu­schlag gewährt. Sei­ne Höhe rich­tet sich nach der Be­sol­dungs­grup­pe und der Stu­fe, die den Fa­mi­li­en­verhält­nis­sen ent­spricht, § 39 Abs. 1 Satz 2 BBesG. Zur Stu­fe 1 gehören gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG ver­hei­ra­te­te Be­am­te, außer­dem ver­wit­we­te (Nr. 2) und ge­schie­de­ne Be­am­te be­zie­hungs­wei­se sol­che, de­ren Ehe auf­ge­ho­ben oder für nich­tig erklärt ist, so­weit sie aus der Ehe zum Un­ter­halt ver­pflich­tet sind (Nr. 3). An­de­re Be­am­te er­hal­ten nach § 40 Abs. 1 Nr. 4 BBesG den Fa­mi­li­en­zu­schlag der Stu­fe 1, wenn sie ei­ne an­de­re Per­son nicht nur vorüber­ge­hend in ih­re Woh­nung auf­ge­nom­men ha­ben und ihr Un­ter­halt gewähren, weil sie ge­setz­lich oder sitt­lich da­zu ver­pflich­tet sind oder aus be­ruf­li­chen oder ge­sund­heit­li­chen Gründen ih­rer Hil­fe bedürfen, und das Ein­kom­men die­ser Per­son ei­ne be­stimm­te Höhe nicht über­schrei­tet.

2. Der Be­schwer­deführer ist Be­am­ter im Diens­te der Stadt Düssel­dorf. Er be­gründe­te am 21. Ju­li 2004 ei­ne ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft. Sei­ne Kla­ge auf Zah­lung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 wies das Ver­wal­tungs­ge­richt Düssel­dorf mit Ur­teil vom 9. März 2005 ab. Den An­trag auf Zu­las­sung der Be­ru­fung lehn­te das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt für das Land Nord­rhein-West­fa­len mit Be­schluss vom 25. Ju­li 2006 ab. In der Recht­spre­chung des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts sei durch das Ur­teil vom 26. Ja­nu­ar 2006 - 2 C 43.04 - (BVerw­GE 125, 79) zwi­schen­zeit­lich geklärt, dass die Richt­li­nie 2000/78/EG es nicht ge­bie­te, Vergütungs­be­stand­tei­le, die ver­hei­ra­te­ten Beschäftig­ten gewährt würden, auch den Beschäftig­ten zu­kom­men zu las­sen, die ei­ne Le­bens­part­ner­schaft ein­ge­gan­gen sei­en. An die­ser Aus­le­gung bestünden auch un­ter Ge­sichts­punk­ten des deut­schen

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Ver­fas­sungs­rechts, die im Ur­teil des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts mit­be­han­delt wor­den sei­en, kei­ner­lei Zwei­fel.

Der Be­schluss des Ober­ver­wal­tungs­ge­richts wur­de den Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Be­schwer­deführers am 31. Ju­li 2006 zu­ge­stellt.

II.

Mit der am 28. Au­gust 2006 - mit Ein­gang der An­la­gen am 29. Au­gust 2006 - er­ho­be­nen Ver­fas­sungs­be­schwer­de rügt der Be­schwer­deführer ei­ne Ver­let­zung sei­ner Rech­te aus Art. 3 Abs. 3 und Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG.

1. Er ist der Auf­fas­sung, es ver­s­toße ge­gen Art. 3 Abs. 3 GG, dem Be­schwer­deführer im Ge­gen­satz zu ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten die Zah­lung des Fa­mi­li­en­zu­schlags der Stu­fe 1 zu ver­wei­gern. Le­bens­part­ner­schaft und Ehe un­ter­schie­den sich letzt­lich nur da­durch, dass die Ehe nur von ei­nem Mann und ei­ner Frau, die Le­bens­part­ner­schaft da­ge­gen nur von zwei Men­schen glei­chen Ge­schlechts be­gründet wer­den könne. Die Un­gleich­be­hand­lung sei nicht ge­recht­fer­tigt, da es sich bei Ehe und ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft glei­cher­maßen um auf Dau­er an­ge­leg­te Le­bens­ge­mein­schaf­ten han­de­le, die durch ei­nen staat­li­chen Be­gründungs­akt ge­schlos­sen würden und mit ge­gen­sei­ti­gen ge­setz­li­chen Un­ter­halts­pflich­ten der Part­ner ein­her­gin­gen. Das Förde­rungs­ge­bot des Art. 6 Abs. 1 GG könne ei­ne un­ter­schied­li­che Be­hand­lung nicht be­gründen, da § 40 Abs. 1 BBesG im We­sent­li­chen auf den Un­ter­halts­be­darf ab­stel­le. Auch die Richt­li­nie 2000/78/EG des Ra­tes zur Fest­le­gung ei­nes all­ge­mei­nen Rah­mens für die Ver­wirk­li­chung der Gleich­be­hand­lung in Beschäfti­gung und Be­ruf vom 27. No­vem­ber 2000 (ABl. EG L 303/16 vom 2. De­zem­ber 2000) ge­bie­te es, dass der Ge­setz­ge­ber hier tätig wer­de, um den Fa­mi­li­en­zu­schlag auch Be­am­ten in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft zu gewähren. Die Richt­li­nie ver­bie­te Dis­kri­mi­nie­run­gen in­ner­halb von Beschäfti­gungs­verhält­nis­sen auf­grund der se­xu­el­len Aus­rich­tung. Die Be­gründungs­erwägung Nr. 22 der Richt­li­nie, wo­nach ein­zel­staat­li­che Rechts­vor­schrif­ten über den Fa­mi­li­en­stand und da­von abhängi­ge Leis­tun­gen un­berührt blie­ben, ste­he im Wi­der­spruch zu dem ein­deu­ti­gen Wort­laut der Richt­li­nie.

2. Das Recht auf den ge­setz­li­chen Rich­ter gemäß Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei ver­letzt, da die Ge­rich­te im Aus­gangs­ver­fah­ren die Fra­ge der Ver­fas­sungs­wid-

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rig­keit der Ge­set­zeslücke im Be­sol­dungs­recht nicht nach Art. 100 Abs. 1 GG dem Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richt vor­ge­legt hätten.

III.

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de wird nicht zur Ent­schei­dung an­ge­nom­men, weil die Vor­aus­set­zun­gen des § 93a Abs. 2 BVerfGG nicht vor­lie­gen. Der Ver­fas­sungs­be­schwer­de kommt we­der grundsätz­li­che Be­deu­tung zu noch ist ih­re An­nah­me zur Durch­set­zung der in § 90 Abs. 1 BVerfGG ge­nann­ten Rech­te an­ge­zeigt (vgl. BVerfGE 90, 22 <24 ff.>; 96, 245 <248>). Sie hat kei­ne hin­rei­chen­de Aus­sicht auf Er­folg.

Die Ver­fas­sungs­be­schwer­de ist un­be­gründet. Die an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dun­gen so­wie die an­ge­wen­de­te Vor­schrift des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG ver­let­zen den Be­schwer­deführer nicht in den in § 90 Abs. 1 BVerfGG ge­nann­ten Rech­ten. Die Ent­schei­dun­gen ver­let­zen we­der Art. 3 Abs. 1 GG noch Art. 33 Abs. 5 GG oder Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG. Zur Be­gründung wird Be­zug ge­nom­men auf den Be­schluss der 1. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats des Bun­des­ver­fas­sungs­ge­richts vom 20. Sep­tem­ber 2007 in dem Par­al­lel­ver­fah­ren 2 BvR 855/06 (NJW 2008, S. 209). Die Fra­gen, wel­che die vor­lie­gen­de Ver­fas­sungs­be­schwer­de auf­wirft, wa­ren be­reits Ge­gen­stand je­nes Be­schlus­ses.

1. Zur Be­gründung ist ergänzend aus­zuführen, dass die an­ge­grif­fe­nen Ent­schei­dun­gen auch im vor­lie­gen­den Ver­fah­ren den Be­schwer­deführer nicht ent­ge­gen Art. 101 Abs. 1 Satz 2 GG sei­nem ge­setz­li­chen Rich­ter ent­zie­hen. Das Ober­ver­wal­tungs­ge­richt hat in sei­nem Be­schluss auf das Ur­teil des Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richts vom 26. Ja­nu­ar 2006 - 2 C 43.04 - (BVerw­GE 125, 79) ver­wie­sen, das Ge­gen­stand der Ver­fas­sungs­be­schwer­de 2 BvR 855/06 war. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat ei­ne Vor­la­ge an den Eu­ropäischen Ge­richts­hof nicht für er­for­der­lich ge­hal­ten, um zu ent­schei­den, dass die Richt­li­nie 2000/78/EG es nicht ver­bie­tet, den Fa­mi­li­en­zu­schlag den ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten zu gewähren, Be­am­ten in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft da­ge­gen nur un­ter zusätz­li­chen Vor­aus­set­zun­gen. Das Bun­des­ver­wal­tungs­ge­richt hat da­mit den ihm zu­kom­men­den Be­ur­tei­lungs­spiel­raum nicht in un­ver­tret­ba­rer Wei­se über­schrit­ten (BVerfG, 1. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats, Be­schluss vom 20. Sep­tem­ber 2007 - 2 BvR 855/06 -, NJW 2008, S. 209 <212>). An der ver­fas­sungs­recht­li­chen Be­ur­tei­lung die­ser Ent­schei­dung ändert sich nichts durch das in­zwi­schen er­gan­ge­ne Ur­teil des Eu­ropäischen Ge­richts­hofs vom 1. April 2008 (Rs. C-267/06 - ju­ris) zur Aus­le­gung der

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Richt­li­nie 2000/78/EG. Das Ver­wal­tungs­ge­richt München hat­te die Fra­ge vor­ge­legt, ob Art. 1 in Ver­bin­dung mit Art. 2 Abs. 2 Buch­sta­be a der Richt­li­nie 2000/78/EG Sat­zungs­be­stim­mun­gen ei­nes Zu­satz­ver­sor­gungs­sys­tems (hier: der Ver­sor­gungs­an­stalt der deut­schen Bühnen) ent­ge­gen­steht, nach de­nen ein ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner kei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung erhält, wie sie Ehe­gat­ten nach die­ser Sat­zung gewährt wird, und ob in die­sem Fall ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung im Hin­blick auf den 22. Erwägungs­grund der Richt­li­nie zulässig wäre (Be­schluss vom 1. Ju­ni 2006 - M 3 K 05.1595 - ju­ris). Der Eu­ropäische Ge­richts­hof ent­schied auf die­se Vor­la­ge hin, wenn ei­ne Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung als Ent­gelt in den Gel­tungs­be­reich der Richt­li­nie fal­le, könne de­ren 22. Be­gründungs­erwägung die An­wen­dung der Richt­li­nie nicht in Fra­ge stel­len. Der Ge­richts­hof führ­te wei­ter aus, falls das vor­le­gen­de Ge­richt ent­schei­de, dass die Le­bens­part­ner­schaft nach na­tio­na­lem Recht Per­so­nen glei­chen Ge­schlechts in ei­ne Si­tua­ti­on ver­set­ze, die in Be­zug auf die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung mit der Si­tua­ti­on von Ehe­gat­ten ver­gleich­bar sei, stel­le ei­ne Re­ge­lung, wel­che die Ver­sor­gung nur über­le­ben­den Ehe­gat­ten gewähre, ei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie­rung we­gen der se­xu­el­len Aus­rich­tung im Sin­ne der Richt­li­nie dar. Es sei je­doch Sa­che des vor­le­gen­den Ge­richts zu prüfen, ob sich ein über­le­ben­der Le­bens­part­ner in ei­ner Si­tua­ti­on be­fin­de, die mit der ei­nes Ehe­gat­ten, der die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung er­hal­te, ver­gleich­bar sei.

Die­se Aus­le­gung der Richt­li­nie durch den Eu­ropäischen Ge­richts­hof in Be­zug auf ei­nen an­de­ren Rechts­be­reich - die Hin­ter­blie­be­nen­ver­sor­gung aus ei­nem Zu­satz­ver­sor­gungs­sys­tem - steht den Ent­schei­dun­gen im hie­si­gen Aus­gangs­ver­fah­ren wie auch im Ver­fas­sungs­be­schwer­de­ver­fah­ren 2 BvR 855/06 nicht ent­ge­gen, da das Ur­teil des Ge­richts­hofs erst nach der je­wei­li­gen letzt­in­stanz­li­chen Ent­schei­dung er­ging. Für die ver­fas­sungs­recht­li­che Be­ur­tei­lung der Hand­ha­bung der Vor­la­ge­pflicht ist je­doch aus­sch­ließlich auf die Einschätzung der (Ge­mein­schafts-)Rechts­la­ge zur Zeit der Ent­schei­dung ab­zu­stel­len (vgl. BVerfG, 3. Kam­mer des Zwei­ten Se­nats, Be­schluss vom 16. De­zem­ber 1993 - 2 BvR 1725/88 -, NJW 1994, S. 2017 <2018>).


2. Darüber hin­aus steht die Vor­schrift des § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG und ih­re An­wen­dung durch die Ge­rich­te im Aus­gangs­ver­fah­ren auch im Ein­klang mit der Richt­li­nie 2000/78/EG in der Aus­le­gung, die sie durch den Eu­ropäischen Ge­richts­hof in sei­nem Ur­teil vom 1. April 2008 er­fah­ren hat. Die un­ter­schied­li­che Be­hand­lung von ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten und Be­am­ten in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft bei der Re­ge­lung des Fa­mi­li­en­zu­schlags ist kei­ne un­mit­tel­ba­re Dis­kri­mi­nie-
 


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rung im Sin­ne von Art. 2 Abs. 2 Buch­sta­be a der Richt­li­nie. Denn Le­bens­part­ner be­fin­den sich je­den­falls nicht in ei­ner Si­tua­ti­on, die in Be­zug auf den Fa­mi­li­en­zu­schlag mit der Si­tua­ti­on von Ehe­gat­ten ver­gleich­bar wäre.

a) Ei­ne all­ge­mei­ne recht­li­che Gleich­stel­lung der Le­bens­part­ner­schaft mit der Ehe be­steht im deut­schen Recht nicht. Der Ge­setz­ge­ber hat viel­mehr an die Rechts­in­sti­tu­te Ehe und ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft un­ter­schied­li­che Rechts­fol­gen ge­knüpft, die der ver­fas­sungs­recht­li­chen Wer­tung aus Art. 6 Abs. 1 GG fol­gend zwi­schen die­sen For­men der Part­ner­schaft dif­fe­ren­zie­ren (vgl. BVerf-GE 105, 313 <350 f.>). Ei­ne Gleich­stel­lung ent­sprach ge­ra­de nicht dem ge­setz­ge­be­ri­schen Wil­len. Da­her wur­de bei Einführung der ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft durch das Ge­setz zur Be­en­di­gung der Dis­kri­mi­nie­rung gleich­ge­schlecht­li­cher Ge­mein­schaf­ten: Le­bens­part­ner­schaf­ten vom 16. Fe­bru­ar 2001 (LPartG - BGBl I S. 266) kei­ne all­ge­mei­ne Ver­wei­sungs­norm er­las­sen, wel­che sämt­li­che Rechts­vor­schrif­ten, die für die Ehe gel­ten, ent­spre­chend auf die ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft über­tra­gen hätte. Der Ge­setz­ge­ber re­gel­te das Recht der ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaf­ten viel­mehr durch ei­ge­ne Vor­schrif­ten, die in ein­zel­nen Sach­be­rei­chen Übe­rein­stim­mun­gen mit dem Ehe­recht vor­se­hen, in an­de­ren Be­rei­chen je­doch ab­wei­chen­de Re­ge­lun­gen ent­hal­ten. Die Über­tra­gung ehe­recht­li­cher Vor­schrif­ten auf die ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner­schaft ge­schah nicht re­gel­haft, son­dern als punk­tu­el­le Annäherung. Ei­ne all­ge­mei­ne Gleich­stel­lung der Le­bens­part­ner­schaft mit der Ehe ist auch nicht durch das Ge­setz zur Übe­r­ar­bei­tung des Le­bens­part­ner­schafts­rechts vom 15. De­zem­ber 2004 (LPartÜbG - BGBl I S. 3396), das zum 1. Ja­nu­ar 2005 in Kraft trat, er­folgt, wenn­gleich die Un­ter­schie­de zwi­schen Ehe und Le­bens­part­ner­schaft durch die­ses Ge­setz ge­rin­ger ge­wor­den sind.

b) Ei­ne ver­gleich­ba­re Si­tua­ti­on zwi­schen Ehe­gat­ten und Le­bens­part­nern be­steht auch nicht spe­zi­ell im Recht des öffent­li­chen Diens­tes. So­wohl der Bun­des-als auch der Lan­des­ge­setz­ge­ber ha­ben in die­sem Be­reich be­wusst von ei­ner um­fas­sen­den Gleich­stel­lung ab­ge­se­hen und An­glei­chun­gen zwi­schen Ehe und Le­bens­part­ner­schaft nur in Rand­be­rei­chen des Dienst­rechts ge­schaf­fen. Die­se punk­tu­el­len Annäherun­gen be­tref­fen nicht den hier in Re­de ste­hen­den Fa­mi­li­en­zu­schlag.

Die in Art. 3 § 10 des Ent­wurfs des Le­bens­part­ner­schafts­ge­set­zes vom 4. Ju­li 2000 (BT­Drucks 14/3751) vor­ge­se­he­ne Vor­schrift, wo­nach Be­stim­mun­gen des Bun­des­be­sol­dungs­ge­set­zes, die sich auf das Be­ste­hen ei­ner Ehe be­zie­hen, auf


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das Be­ste­hen ei­ner Le­bens­part­ner­schaft sinn­gemäß an­zu­wen­den sind, wur­de im Ver­lauf des Ge­setz­ge­bungs­ver­fah­rens aus dem Ent­wurf her­aus­gelöst und als Art. 2 § 6 in den Ent­wurf ei­nes Ge­set­zes zur Ergänzung des Le­bens­part­ner­schafts­ge­set­zes (BT­Drucks 14/4545) ein­gefügt. Die­ser Ent­wurf wur­de vom Bun­des­rat ab­ge­lehnt (BT­Drucks 14/4875). Durch das Ge­setz zur Übe­r­ar­bei­tung des Le­bens­part­ner­schafts­rechts ist die Le­bens­part­ner­schaft der Ehe nur für be­stimm­te Be­rei­che des Bun­des­be­am­ten­rechts wie den Rei­se­kos­ten, den Um­zugs­kos­ten, dem Tren­nungs­geld, dem Son­der­ur­laub und dem Lauf­bahn­recht gleich­ge­stellt wor­den (vgl. Art. 5 Abs. 4 – 13 LPartÜbG). Für das Be­sol­dungs­recht wie auch für das Be­am­ten­ver­sor­gungs­recht fehlt da­ge­gen ei­ne der­ar­ti­ge Gleich­stel­lung. Zu ei­ner An­glei­chung ist es im Be­reich des Ali­men­ta­ti­ons­grund­sat­zes, der zu den Struk­tur­prin­zi­pi­en des Be­rufs­be­am­ten­tums zählt (vgl. BVerfGE 8, 1 <16 f.>; 29, 1 <9>; 81, 363 <375>; 99, 300 <314>), ge­ra­de nicht ge­kom­men.


Ei­ne ver­gleich­ba­re Si­tua­ti­on ver­hei­ra­te­ter Be­am­ter und Be­am­ter in ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft in Be­zug auf die ih­nen gewähr­te Ali­men­ta­ti­on hat auch der nord­rhein-westfäli­sche Ge­setz­ge­ber für die dor­ti­gen Lan­des- und Kom­mu­nal­be­am­ten nicht ge­schaf­fen. Durch das Ge­setz zur An­pas­sung des Lan­des­rechts an das Le­bens­part­ner­schafts­ge­setz des Bun­des (LPar­tAn­pG) vom 3. Mai 2005 (GVBl NRW S. 498) er­folg­te ei­ne An­glei­chung beim Tren­nungs­geld so­wie im Lauf­bahn­recht (vgl. Teil 1, Art. 2 und Teil 2, Art. 2, 6, 7 LPar­tAn­pG). Über das Bun­des­be­am­ten­recht geht das nord­rhein-westfäli­sche Lan­des­recht nur in­so­weit hin­aus, als es im Be­reich der Bei­hil­fe Ehe­gat­ten und ein­ge­tra­ge­ne Le­bens­part­ner gleich­stellt (vgl. § 88 Satz 2 LBG). Da­ge­gen ent­schied sich der Lan­des­ge­setz­ge­ber ge­gen ei­ne vollständi­ge Gleich­stel­lung, auch nach­dem durch das Ge­setz zur Ände­rung des Grund­ge­set­zes vom 28. Au­gust 2006 (BGBl I S. 2034) die Ge­setz­ge­bungs­kom­pe­tenz für die Be­am­ten­be­sol­dung und -ver­sor­gung auf die Länder über­ge­gan­gen war. Der An­trag der Land­tags­frak­ti­on Bünd­nis 90/DIE GRÜNEN vom 17. Ok­to­ber 2006 (LT­Drucks 14/2724), ei­ne Gleich­stel­lung von ver­part­ner­ten Be­am­ten mit ver­hei­ra­te­ten Be­am­ten bezüglich der Be­sol­dung und Ver­sor­gung her­bei­zuführen, wur­de vom Land­tag ab­ge­lehnt (Ple­nar­pro­to­koll 14/55 vom 8. März 2007, S. 6199).


Für die nor­ma­ti­ve Ver­gleich­bar­keit von Ehe und ein­ge­tra­ge­ner Le­bens­part­ner­schaft in Be­zug auf den hier in Re­de ste­hen­den Fa­mi­li­en­zu­schlag ist die­se Aus­ge­stal­tung des öffent­li­chen Dienst­rechts ent­schei­dend, nicht die zi­vil­recht­li­che Re­ge­lung der Un­ter­halts­pflich­ten in der Ehe und der Le­bens­part­ner­schaft, die in­zwi­schen grundsätz­lich übe­rein­stim­men (vgl. § 5 LPartG). Das Be­sol­dungs­recht ein-


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schließlich der Re­ge­lun­gen zum Fa­mi­li­en­zu­schlag ge­stal­tet die Pflicht des Dienst­herrn zur Ali­men­ta­ti­on des Be­am­ten und sei­ner Fa­mi­lie ei­genständig aus, oh­ne an die bürger­lich-recht­li­chen Un­ter­halts­pflich­ten ge­bun­den zu sein (vgl. BVerfGE 21, 329 <347 f.>). In An­knüpfung an die ver­fas­sungs­recht­li­che Wer­tung in Art. 6 Abs. 1 GG berück­sich­tigt § 40 Abs. 1 Nr. 1 BBesG den in der Le­bens­wirk­lich­keit an­zu­tref­fen­den ty­pi­schen Be­fund, dass in der Ehe ein Ehe­gat­te na­ment­lich we­gen der Auf­ga­be der Kin­der­er­zie­hung und hier­durch be­ding­ter Ein­schränkun­gen bei der ei­ge­nen Er­werbstätig­keit tatsächlich Un­ter­halt vom Ehe­gat­ten erhält und so ein er­wei­ter­ter Ali­men­ta­ti­ons­be­darf ent­steht. Dem­ge­genüber hat der Ge­setz­ge­ber bei der ein­ge­tra­ge­nen Le­bens­part­ner­schaft in der Le­bens­wirk­lich­keit kei­nen ty­pi­scher­wei­se be­ste­hen­den Un­ter­halts­be­darf ge­se­hen, der ei­ne recht­li­che Gleich­stel­lung na­he le­gen könn­te. Auch wenn die Le­bens­part­ner­schaft der Ehe bezüglich der ge­gen­sei­ti­gen Un­ter­halts­pflich­ten der Part­ner grundsätz­lich ent­spricht, be­steht da­her kei­ne Gleich­stel­lung bei den ty­pi­sie­ren­den Ver­ein­fa­chun­gen im Be­reich des Fa­mi­li­en­zu­schlags.

3. Von ei­ner wei­te­ren Be­gründung der Ent­schei­dung wird gemäß § 93d Abs. 1 Satz 3 BVerfGG ab­ge­se­hen.

Die­se Ent­schei­dung ist un­an­fecht­bar.

Has­se­mer 

Di Fa­bio 

Land­au

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