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Hessisches LAG, Beschluss vom 19.01.2007, 18 Ta 593/06
Schlagworte: | Geschäftsführer, Organvertreter, Rechtsweg | |
Gericht: | Hessisches Landesarbeitsgericht | |
Aktenzeichen: | 18 Ta 593/06 | |
Typ: | Beschluss | |
Entscheidungsdatum: | 19.01.2007 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Arbeitsgericht Frankfurt | |
Landesarbeitsgericht Hessen
Beschl. v. 19.01.2007, Az.: 18 Ta 593/06
Tenor:
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Beschluss des Arbeitsgerichts Kassel vom 18.10.2006, AZ: 9 Ca 1255/06 aufgehoben.
Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist zulässig. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.
Gründe
Die Parteien streiten im Vorabverfahren über die Zulässigkeit des Rechtsweges.
Die Beklagte zu 1. ist eine OHG. Gemäß § 4 Abs. 2 des Gesellschaftervertrages vom 10. Januar 2005 ist folgendes vereinbart: „Es ist beabsichtigt, dass die Gesellschafter, einen oder mehrere Geschäftsführer bestellen werden, um die Gesellschaft zu vertreten, die Gesellschafterbeschlüsse umzusetzen und die täglichen Geschäfte der Gesellschaft zu führen.“ Wegen des Inhalts des Gesellschaftervertrages im Übrigen wird auf Bl. 43 – 50 d.A. verwiesen. Am 24. Juni 2005 wurde von den Gesellschaftern der Beklagten zu 1. folgendes beschlossen: „Frau Dr. A, ..., wird gemäß § 4 (2) des Gesellschaftsvertrages zur Geschäftsführerin der Gesellschaft bestellt. Es ist ein entsprechender Anstellungsvertrag mit der Geschäftsführerin abzuschließen.
“Die Klägerin wurde von der Beklagten zu 1. gemäß schriftlichem Geschäftsführervertrag ohne Datum zum 01. Juli 2005 als Geschäftsführerin eingestellt. In § 1 des Geschäftsführervertrages ist folgendes vereinbart: “Frau A ist Geschäftsführerin der Gesellschaft. Sie vertritt die Gesellschaft nach Maßgabe der Vorschriften des Gesellschaftervertrages und den Bestimmungen der
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Gesellschafter.“ Wegen des übrigen Inhalts des Geschäftsführervertrages wird auf Bl. 38 – 42 d.A. verwiesen. In das Handelsregister wurde die Klägerin als Geschäftsführerin nicht eingetragen.
Mit Schreiben vom 27. Januar 2006 (Bl. 10 d.A.) teilte die Beklagte zu 1. der Klägerin mit, dass diese mit sofortiger Wirkung als Geschäftsführerin abberufen sei und kündigten den „Anstellungsvertrag“ aus wichtigem Grund, hilfsweise ordentlich. Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Klage.
Die Beklagte hat die Zulässigkeit des von der Klägerin beschrittenen Rechtswegs zu den Gerichten für Arbeitssachen mit der Begründung gerügt, die Klägerin sei als Geschäftsführerin keine Arbeitnehmerin.
Das angerufene Arbeitsgericht durch Beschluss vom 18. Oktober 2006 den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten verneint und den Rechtsstreit an das Landgericht Frankfurt am Main verwiesen. Wegen der Begründung wird auf den dortigen Beschluss verwiesen. Der Beschluss wurde der Klägerin am 08. November 2006 zugestellt.
Mit der sofortigen Beschwerde vom 14. November 2006 begehrt die Klägerin weiter die Zulässigkeit des Rechtsweges vor den Arbeitsgerichten. Das Arbeitsgericht habe dem Kläger zu Unrecht eine organschaftliche Vertreterstellung für die Beklagte zu 1. zugewiesen. Wegen der weiteren Ausführungen wird auf den schriftsätzlichen Vortrag verwiesen.
Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den arbeitsgerichtlichen Beschluss ist nach § 17 a Abs. 4, S. 2 GVG statthaft und form- und fristgerecht eingelegt worden ( § 78 Abs. 1, S. 1 ArbGG , 567 , 569 ff. ZPO ). Der Vorsitzende ist alleinentscheidungsbefugt (BAG vom 10.12.1992 – Az.: 8 AZB 6/92) .
Die Beschwerde ist auch in der Sache erfolgreich.
Die Kläger ist keine organschaftliche Vertreterin der Beklagten zu 1. i. S. des § 5 Abs. 1, S. 3 ArbGG. Der Rechtsweg zu den Gerichten für Arbeitssachen ist deshalb eröffnet.
Für die Rechtswegzuordnung von Organen juristischer Personen und Personengesamtheiten bestimmt § 5 Abs. 1, S. 3 ArbGG im Wege der gesetzlichen Fiktion, dass diese Personen nicht als Arbeitnehmer gelten. Die Organstellung wird dabei an der Vertretungsbefugnis aus Gesetz, Satzung oder Gesellschaftsvertrag festgemacht. § 5 Abs. 1 ArbGG nimmt daher eine bewusst formale Abgrenzung vor. Auf den Umfang der Vertretungsmacht kommt es nämlich nicht an. Andererseits bedeutet aber diese formstrenge Zuordnung, dass lediglich rechtsgeschäftlich bevollmächtigte Personen nicht unter die Fiktion des § 5 Abs. 1, S. 3 ArbGG fallen, selbst dann nicht, wenn die rechtsgeschäftliche Vollmacht weit gezogen ist (vgl. BAG vom 05.05.1997 – Az.: 5 AZB 35/96 ).
Das Arbeitsgericht hat dem Gesellschaftsvertrag der Beklagten zu 1. im Zusammenhang mit dem Beschluss der Gesellschafter über die Bestellung der Klägerin zur Geschäftsführerin eine Vertretungsmacht der Klägerin und damit eine Organstellung nach § 5 Abs. 1, S. 3 ArbGG hergeleitet. Dem ist nicht zu folgen.
Aus der gesellschaftsvertraglichen Möglichkeit der Geschäftsführerbestellung und durch die Umsetzung der Möglichkeit durch einen Gesellschafterbeschluss ergibt sich keine Berufung kraft Gesellschaftsvertrages, sondern alleine eine rechtsgeschäftliche Berufung auf Grund des Geschäftsführervertrages. Der Klägerin wurde auf Grund dessen lediglich eine rechtsgeschäftliche Vertretungsmacht eingeräumt. Für Personen mit einer solchen Vertretungsmacht findet § 5 Abs.1 Satz 3 ArbGG aber keine Anwendung.
Soweit das BAG (vom 05.05.1997 – Az.: 5 AZB 35/96 ) entschieden hat, dass ein besonderer Vertreter nach § 30 Satz 1 BGB ein Organstellung innehat, wenn die Satzung die Bestellung
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unzweideutig gestattet, ist dieser Fall nicht vergleichbar, da es sich bei der vereinsrechtlichen Vorschrift um einen besonderen gesetzlichen Vertretungstatbestand handelt.
Im Rahmen des Rechtswegbestimmungsverfahrens ist es nicht erforderlich, abschließend zu klären, ob die Klägerin den Arbeitnehmerstatus bei der Beklagten zu 1. besaß. Die Klägerin hat Kündigungsschutzklage erhoben, weil sie sich hinsichtlich der Überprüfung der Wirksamkeit der Kündigung auf das Kündigungsschutzgesetz berufen hat. Zuständigkeitsbegründende Tatsachen und Tatsachen, die den Klageanspruch selbst begründen, sind deshalb identisch, so dass das Arbeitsgericht in der Sache zu entscheiden hat. Es hat dabei im Rahmen des Kündigungsschutzverfahrens in der Begründetheit zu prüfen, ob das Rechtsverhältnis der Parteien ein Arbeitsverhältnis oder ein sonstiges Rechtsverhältnis ist.
Da die Beschwerde erfolgreich war, bedurfte es einer Kostenentscheidung nicht. Bei erfolgreicher Beschwerde fallen mangels Gebührentatbestandes keine Gerichtskosten an.
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