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LAG Rhein­land-Pfalz, Be­schluss vom 16.01.2009, 9 Sa 572/08

   
Schlagworte: Kündigung: Außerordentlich, Kündigung: Fristlos, Kündigung: Verdachtskündigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Rheinland-Pfalz
Aktenzeichen: 9 Sa 572/08
Typ: Beschluss
Entscheidungsdatum: 16.01.2009
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Mainz
   

Ak­ten­zei­chen:
9 Sa 572/08
7 Ca 592/08
ArbG Mainz
- AK Bad Kreuz­nach -

Ur­teil vom 16.01.2009

 

Te­nor:

1. Die Be­ru­fun­gen der Par­tei­en ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 25.08.2008, Az.: 7 Ca 592/08 wer­den je­weils zurück­ge­wie­sen.

 

2. Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens wer­den ge­gen­ein­an­der auf­ge­ho­ben.

 

3. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten um die Rechts­wirk­sam­keit der Kündi­gung der Be­klag­ten gemäß Schrei­ben vom 30.04.2008, die in ers­ter Li­nie als außer­or­dent­li­che, frist­lo­se Kündi­gung, hilfs­wei­se or­dent­li­che Kündi­gung zum 31.12.2008 aus­ge­spro­chen wur­de, so­wie um die Rechts­wirk­sam­keit ei­ner wei­te­ren außer­or­dent­li­chen Kündi­gung der Be­klag­ten vom 30.07.2008.

 

Von ei­ner wie­der­ho­len­den Dar­stel­lung des un­strei­ti­gen Tat­be­stan­des so­wie des erst­in­stanz­li­chen Par­tei­vor­brin­gens wird gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG ab­ge­se­hen und auf die Zu­sam­men­fas­sung im Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 2 5.08.2008, Az. 7 Ca 592/08 (dort Sei­te 2 bis 5 = Bl. 82 bis 85 d. A.) Be­zug ge­nom­men.

 

Der Kläger hat erst­in­stanz­lich be­an­tragt,

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die schrift­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 30.04.2008 nicht auf­gelöst wor­den ist, we­der frist­los zum 30.04.2008 noch frist­gemäß zum 31.12.2008, son­dern fort­be­steht,

 

2. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis nicht durch die er­neu­te frist­lo­se Kündi­gung gemäß Schrift­satz vom 30.07.2008 be­en­det wor­den ist,

 

3. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis auch nicht durch an­de­re Be­en­di­gungs­tat­bestände en­det, son­dern zu un­veränder­ten Be­din­gun­gen über den 30.04.2008 und den 31.12.2008 hin­aus fort­be­steht,

 

4. - hilfs­wei­se und vor­sorg­lich - die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, den Kläger für den Fall des Ob­sie­gens mit dem Fest­stel­lungs­an­trag zu Zif­fer 1. zu den bis­he­ri­gen Ar­beits­be­din­gun­gen bis zu ei­ner rechts­kräfti­gen Ent­schei­dung über den Fest­stel­lungs­an­trag wei­ter zu beschäfti­gen.

 

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

 

Durch das ge­nann­te Ur­teil hat das Ar­beits­ge­richt Mainz fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die Kündi­gung vom 30.04.2008 erst mit Ab­lauf des 31.12.2008 sein En­de fin­den wird und im Übri­gen die Kla­ge ab­ge­wie­sen.

 

Zur Be­gründung hat das Ar­beits­ge­richt im We­sent­li­chen und zu­sam­men­ge­fasst aus­geführt: Die Kündi­gung der Be­klag­ten gemäß Schrei­ben vom 30.04.2008 be­en­de das Ar­beits­verhält­nis mit Ab­lauf des 31.12.2008. Der Kläger ha­be zu­min­dest zwei er­heb­li­che Ver­trags­ver­let­zun­gen be­gan­gen, in­dem er in um­fang­rei­chem Maße un­be­rech­tigt Pri­vat­te­le­fo­na­te geführt und Ge­schen­ke von Ver­trags­part­nern der Be­klag­ten ent­ge­gen ge­nom­men ha­be. An­ge­sichts der Stel­lung des Klägers als Per­so­nal­lei­ter der Be­klag­ten ha­be es vor Aus­spruch der Kündi­gung auch kei­ner ein­schlägi­gen Ab­mah­nung be­durft.

 

Bei Be­trach­tung nur der Zei­ten vom 13.09.2007 bis 31.01.2008 ergäben sich zahl­rei­che Te­le­fo­na­te nach Hau­se und wei­te­re Te­le­fo­na­te, de­ren pri­va­ten Cha­rak­ter der Kläger ein­geräumt ha­be. So­weit er sich hin­sicht­lich von 14 Te­le­fo­na­ten dar­auf be­ru­fen ha­be, die­se sei­en zwar pri­va­ter Na­tur, aber un­auf­schieb­bar ge­we­sen, sei dies nicht un­ein­ge­schränkt nach­voll­zieh­bar. Pri­vat­te­le­fo­na­te sei­en auf­grund der auf den Kläger be­kann­ten be­trieb­li­chen Aushänge nicht er­laubt ge­we­sen. Das Ver­bot pri­va­ter Te­le­fo­na­te nach die­sen Aushängen ha­be sich auch auf den Kläger be­zo­gen. Von ei­ner Dul­dung sei­ner Pri­vat­te­le­fo­na­te durch die Be­klag­te könne nicht aus­ge­gan­gen wer­den, da ei­ne sol­che vor­aus­set­ze, dass die Be­klag­te durch ihr Ver­hal­ten kon­klu­dent ihr Ein­verständ­nis zu die­sen Te­le­fo­na­ten ge­ge­ben hätte. Fer­ner sei es le­bens­nah an­zu­neh­men, dass der Kläger auch zahl­rei­che ein­ge­hen­de Te­le­fo­na­te, die auf den Te­le­fon­lis­ten nicht ver­zeich­net sei­en, geführt ha­be. Eben­so sei die An­nah­me ge­recht­fer­tigt, dass es im Zu­sam­men­hang mit die­sen Te­le­fo­na­ten zu Vor- bzw. Nach­ar­bei­ten ge­kom­men sei. Auch hier­durch ha­be der Kläger der Be­klag­ten Ar­beits­zeit ent­zo­gen.

 

Ei­ne wei­te­re Ver­trags­pflicht­ver­let­zung er­ge­be sich dar­aus, dass der Kläger Ge­schen­ke sei­tens der Per­so­nal­ver­mitt­lungs­fir­men er­hal­ten ha­be, mit de­nen die Be­klag­te zu­sam­men­ar­bei­te, so bei­spiels­wei­se und un­strei­tig ei­ne Ein­tritts­kar­te zu ei­nem Fußball­spiel. Al­lein die An­nah­me die­ser Ein­tritts­kar­te stel­le ei­ne er­heb­li­che Pflicht­ver­let­zung dar, da bei ei­nem Ar­beit­neh­mer in be­son­de­rer Ver­trau­ens­stel­lung ei­ne ein­ma­li­ge, verhält­nismäßig ge­ringfügi­ge Schmier­geld­zah­lung ei­nen Kündi­gungs­grund dar­stel­le.

 

Ei­ne Ab­mah­nung sei nicht er­for­der­lich ge­we­sen, da der Kläger auf­grund der be­trieb­li­chen Aushänge hätte wis­sen müssen, dass der Ar­beit­ge­ber das ge­zeig­te Ver­hal­ten un­ter kei­nen Umständen hin­neh­men wer­de. Eben­so we­nig ha­be der Kläger mit der To­le­rie­rung der An­nah­me von Vor­tei­len durch Ver­trags­part­ner der Be­klag­ten rech­nen können. Bei­de Ver­trags­ver­let­zun­gen beträfen zu­dem den Ver­trau­ens­be­reich. Ei­ne Wie­der­her­stel­lung des Ver­trau­ens könne nicht er­war­tet wer­den.

 

Auf­grund der In­ter­es­sen­abwägung er­ge­be sich aber, dass die Kündi­gung der Be­klag­ten vom 30.04.2008 das Ar­beits­verhält­nis nicht frist­los, son­dern nur un­ter Wah­rung der Kündi­gungs­frist, mit­hin zum 31.12.2008 be­en­det ha­be. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung sei dem ge­genüber un­verhält­nismäßig. Im Hin­blick auf die lan­ge Be­triebs­zu­gehörig­keit des Klägers sei es der Be­klag­ten zu­mut­bar ge­we­sen, die­sen - und wenn auch un­ter verstärk­ter Kon­trol­le - bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist wei­ter­zu­beschäfti­gen.

 

We­gen der Ein­zel­hei­ten der erst­in­stanz­li­chen Ent­schei­dungs­be­gründung wird auf die Ent­schei­dungs­gründe des ge­nann­ten Ur­teils Be­zug ge­nom­men.

 

Das ge­nann­te Ur­teil ist bei­den Par­tei­en am 11.09.2008 zu­ge­stellt wor­den. Mit je­weils am 09.10.2008 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz ha­ben bei­de Par­tei­en Be­ru­fung ein­ge­legt. Die Be­klag­te hat ih­re Be­ru­fung mit dem am 03.11.2008 ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz, der Kläger sei­ner­seits sei­ne Be­ru­fung mit dem 11.11.2008 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz be­gründet.

 

Die Be­klag­te er­strebt mit ih­rer Be­ru­fung die Ab­wei­sung der Kla­ge ins­ge­samt. Der Kläger ver­folgt mit sei­ner Be­ru­fung sei­ne erst­in­stanz­li­chen Be­geh­ren wei­ter, so­weit die Kla­ge ab­ge­wie­sen wur­de.

 

Zur Be­gründung sei­ner Be­ru­fung macht der Kläger nach Maßga­be sei­ner Schriftsätze vom 11.11.2008 und 05.01.2009, auf die ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 126 ff., 171 ff. d. A.) im We­sent­li­chen gel­tend:

 

Das Ar­beits­ge­richt sei zu Un­recht da­von aus­ge­gan­gen, dass die Be­klag­te auch die ers­te Kündi­gung vom 30.04.2008 auf die Tätig­keit des Klägers für die A. so­wie für die an­geb­li­che An­nah­me von Ge­schen­ken gestützt ha­be. Die­se Kündi­gung sei viel­mehr aus­sch­ließlich mit den an­geb­li­chen Pri­vat­te­le­fo­na­ten des Klägers be­gründet wor­den. Zu Un­recht ge­he das Ar­beits­ge­richt da­von aus, dass die­se Pri­vat­te­le­fo­na­te zu ei­ner Kündi­gung oh­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung be­rech­tigt hätten. An­lass der in­ner­be­trieb­li­chen An­wei­sun­gen sei­en Te­le­fo­na­te von Ar­beit­neh­mern der Nacht­schicht zu kos­ten­pflich­ti­gen Hot­line-Num­mern ge­we­sen. Zu­dem ha­be die Be­klag­te selbst in ih­rem zeit­lich nach­fol­gen­den Merk­blatt vom 19.01.2005 zum Aus­druck ge­bracht, dass sie bei Un­re­gelmäßig­kei­ten hin­sicht­lich des Te­le­fon­ver­hal­tens die Mit­ar­bei­ter le­dig­lich kon­kret an­spre­chen wer­de. Hier­von aus­ge­hend hätte sie zunächst ein Gespräch mit dem Kläger führen müssen und dem­ent­spre­chend al­len­falls ei­ne Ab­mah­nung er­tei­len können. Der Kläger ha­be nicht da­von aus­ge­hen müssen, dass sich die in­ter­nen An­wei­sun­gen auch an ihn rich­te­ten. Dies er­ge­be sich schon aus dem An­lass des Ver­bots pri­va­ter Te­le­fo­na­te. Da nach dem be­trieb­li­chen Aus­hang vom 19.01.2005 Vor­ge­setz­te in Ein­z­elfällen Pri­vat­te­le­fo­na­te ge­neh­mi­gen könn­ten und er als Per­so­nal­lei­ter in der Hier­ar­chie des Un­ter­neh­mens un­mit­tel­bar un­ter der Geschäftsführung ge­stan­den ha­be, ha­be er nicht oh­ne wei­te­res da­von aus­ge­hen müssen, dass auch er von dem Ver­bot des Führens pri­va­ter Te­le­fo­na­te be­trof­fen sein soll­te, zu­dem von der Be­klag­ten seit Jah­ren die in ge­rin­gem Um­fang geführ­ten Pri­vat­te­le­fo­na­te nicht be­an­stan­det wor­den sei­en. Im Übri­gen sei es auch üblich, dass Führungs­kräften un­ter Berück­sich­ti­gung des erhöhten Ein­sat­zes auch größere Frei­hei­ten als un­ter­ge­ord­ne­ten Ar­beit­neh­mern ein­geräumt würden. Bei der An­nah­me des Ar­beits­ge­richts, der Kläger ha­be auch zahl­rei­che ein­ge­hen­de Pri­vat­te­le­fo­na­te geführt, han­de­le es sich eben­so um ei­ne Un­ter­stel­lung, wie bei der An­nah­me im Zu­sam­men­hang mit die­sen Te­le­fo­na­ten sei es zu Vor- bzw. Nach­ar­bei­ten ge­kom­men. Der vom Ar­beits­ge­richt her­an­ge­zo­ge­ne Zeit­raum vom 13.09. bis zum 31.01.2008 be­le­ge, dass der Kläger nur ei­ne sehr ge­rin­ge An­zahl von Pri­vat­te­le­fo­na­ten oh­ne nen­nens­wer­te Kos­ten­be­las­tung der Be­klag­ten geführt ha­be. Je­den­falls ha­be es vor Aus­spruch ei­ner hier­auf gestütz­ten Kündi­gung ei­ner Ab­mah­nung be­durft, dies ins­be­son­de­re im Hin­blick auf den un­gestörten Ver­lauf des Ar­beits­verhält­nis­ses seit 1991. Zu Un­recht ha­be das Ar­beits­ge­richt zur Be­gründung der Ent­behr­lich­keit ei­ner Ab­mah­nung auch dar­auf ab­ge­stellt, dass der Kläger sich im Rah­men des Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens un­ein­sich­tig ge­zeigt ha­be, da ein Ver­hal­ten nach Aus­spruch der Kündi­gung nicht zur Be­gründung der Ent­behr­lich­keit ei­ner Ab­mah­nung vor Aus­spruch ei­ner Kündi­gung die­nen könne. Auch die In­ter­es­sen­ab­wa­gung sei un­vollständig: Zu­guns­ten des Klägers hätte das Ar­beits­ge­richt auch den bis zur Kündi­gung un­gestörten Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses so­wie die be­ste­hen­den Un­ter­halts­pflich­ten für sei­ne Frau und zwei Kin­der berück­sich­ti­gen müssen.

 

Ei­ne Kündi­gung vom 30.07.2008 stel­le schon kei­ne ei­genständi­ge Kündi­gungs­erklärung dar. Die zur Be­gründung die­ser - ver­meint­li­chen - Kündi­gung von der Be­klag­ten auf­geführ­ten Gründe hätte das Ar­beits­ge­richt nicht zur Be­ur­tei­lung der Rechtmäßig­keit der ers­ten Kündi­gung der Be­klag­ten vom 30.04.2008 her­an­zie­hen dürfen. So­weit das Ar­beits­ge­richt da­von aus­ge­gan­gen sei, der Kläger ha­be von Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­men Ge­schen­ke er­hal­ten, sei dies nicht zu­tref­fend. Zu­tref­fend sei le­dig­lich, dass er ei­ne ein­fa­che Ein­tritts­kar­te für ein Fußball­spiel an­ge­nom­men ha­be. Fest­stel­lun­gen zum Wert der Ein­tritts­kar­te ha­be das Ar­beits­ge­richt nicht ge­trof­fen. Zu­dem sei die Über­mitt­lung von Wer­be­ge­schen­ken und Weih­nachtspräsen­ten von Auf­trag­neh­mern an auf­trag­ge­ben­de Un­ter­neh­men und de­ren Mit­ar­bei­ter üblich. Die Ent­ge­gen­nah­me stel­le oh­ne Fest­stel­lung des Wer­tes des Ge­schenks für sich ge­nom­men nicht au­to­ma­tisch ei­ne Pflicht­ver­let­zung dar. Tatsächlich sei es auch im Be­trieb der Be­klag­ten üblich ge­we­sen, dass Lie­fe­ran­ten Wer­be­ge­schen­ke an Mit­ar­bei­ter und lei­ten­de An­ge­stell­te ver­teil­ten. Dies sei der Geschäftsführung be­kannt ge­we­sen und von ihr ge­dul­det wor­den. Un­ter Berück­sich­ti­gung des­sen stel­le die Ent­ge­gen­nah­me ei­ner ein­fa­chen Ein­tritts­kar­te für sich ge­nom­men kei­nen Pflicht­ver­s­toß dar, je­den­falls hätte es ei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung be­durft. Un­zu­tref­fend sei auch Be­haup­tung der Be­klag­ten, sämt­li­che Ge­schen­ke sei­en in ei­nem Pool ge­sam­melt und an­sch­ließend ver­lost wor­den. Viel­mehr hätten im­mer wie­der ein­zel­ne Ge­schen­ke durch lei­ten­de Mit­ar­bei­ter und sons­ti­ge Mit­ar­bei­ter oh­ne Ein­le­gung in den Pool be­hal­ten wer­den dürfen. Bei der Ein­tritts­kar­te für das Fußball­spiel ha­be es sich um ei­ne ein­fa­che Ein­tritts­kar­te ge­han­delt, die in kei­ner Wei­se ei­nen Wert von 250,00 EUR net­to ge­habt ha­be.

 

Auch aus der eh­ren­amt­li­chen Tätig­keit des Klägers für die A., die im Jah­re 2005 be­en­det wor­den sei, fol­ge kein Pflicht­ver­s­toß. Die­se eh­ren­amt­li­che Tätig­keit sei im Jah­re 1994 mit dem da­ma­li­gen Geschäftsführer der Be­klag­ten aus­drück­lich be­spro­chen wor­den. Un­zu­tref­fend sei auch, dass er während der Ar­beits­zeit an­de­ren pri­va­ten Tätig­kei­ten nach­ge­gan­gen sei.

 

Der Kläger ha­be den Geschäftsführer der Be­klag­ten auch nicht anläss­lich der Be­spre­chung am 18.04.2008 an­ge­lo­gen.

 

Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 25.08.2008, Az. 7 Ca 592/08, teil­wei­se ab­zuändern und ins­ge­samt nach den kläge­ri­schen Schluss­anträgen ers­ter In­stanz zu er­ken­nen.

 

Die Be­klag­te be­an­tragt,

1. die Be­ru­fung des Klägers zurück­zu­wei­sen;

 

2. das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Mainz - Auswärti­ge Kam­mern Bad Kreuz­nach - vom 25.08.2008, Az. 7 Ca 592/08, teil­wei­se ab­zuändern und die Kla­ge ins­ge­samt ab­zu­wei­sen.

 

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung der Be­klag­ten zurück­zu­wei­sen.

 

Zur Be­gründung ih­rer Be­ru­fung so­wie ih­rer Er­wi­de­rung auf die Be­ru­fung des Klägers macht die Be­klag­te nach Maßga­be ih­rer Schriftsätze vom 03.11.2008 und 11.12.2008, auf die je­weils ergänzend Be­zug ge­nom­men wird (Bl. 110 ff., 150 ff. d. A.) im we­sent­li­chen und zu­sam­men­ge­fasst gel­tend: So­weit das Ar­beits­ge­richt da­von aus­ge­he, im Hin­blick auf die Dau­er der Be­triebs­zu­gehörig­keit des Klägers sei es ihr zu­mut­bar ge­we­sen, die­sen ge­ge­be­nen­falls un­ter ent­spre­chen­der Auf­sicht und un­ter Ent­zug von ein­zel­nen Be­fug­nis­sen bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist wei­ter­zu­beschäfti­gen, sei dies un­zu­tref­fend, da dies be­din­ge, dass dem Kläger prak­tisch ei­ne zwei­te Per­son zur Sei­te zu stel­len ge­we­sen wäre, was zu ei­ner fi­nan­zi­el­len Dop­pel­be­las­tung geführt hätte. Die In­ter­es­sen­abwägung des Ar­beits­ge­richts berück­sich­ti­ge auch nicht hin­rei­chend die Qua­lität der be­gan­ge­nen Ver­trags­ver­let­zun­gen. Der Kläger ha­be be­wusst die An­wei­sung zur Un­ter­las­sung pri­va­ter Te­le­fo­na­te miss­ach­tet, was ihm nur durch Aus­nut­zung sei­ner be­son­de­ren Stel­lung als Per­so­nal­lei­ter möglich ge­we­sen sei. Die Möglich­keit der Ent­ge­gen­nah­me von Ge­schen­ken der Ver­trags­part­ner der Be­klag­ten, ins­be­son­de­re von Per­so­nal­ver­mitt­lungs­fir­men, ha­be nur des­halb be­stan­den, weil der Kläger als Per­so­nal­lei­ter die Be­fug­nis ge­habt ha­be, mit die­sen Fir­men Ver­hand­lun­gen zu führen. Die Über­tra­gung sol­cher Ver­hand­lun­gen stel­le ei­nen be­son­de­ren Ver­trau­en­stat­be­stand dar. Die Be­klag­te müsse sich dar­auf ver­las­sen können, dass die­se Ver­hand­lun­gen vom Kläger oh­ne Berück­sich­ti­gung ei­ge­ner In­ter­es­sen geführt würden. Das Ar­beits­ge­richt ha­be zu­dem un­berück­sich­tigt ge­las­sen, dass der Kläger den Geschäftsführer im Rah­men der Be­spre­chung am 18.04.2008 be­wusst be­lo­gen ha­be.

 

Sie ha­be die Kündi­gung vom 30.04.2008 zulässi­ger­wei­se auch dar­auf stützen können, dass nach Aus­spruch die­ser Kündi­gung wei­te­re Kündi­gungs­gründe be­kannt ge­wor­den sei­en.

 

So­weit der Kläger dar­auf ab­stel­le, An­lass der be­trieb­li­chen Aushänge sei die An­wahl von Hot­line-Num­mern ge­we­sen, sei dies zwar zu­tref­fend. Die An­wahl sol­cher Num­mern sei aber be­reits im Jah­re 2000 in tech­ni­scher Hin­sicht da­durch un­ter­bun­den wor­den, dass die dann in­stal­lier­te neue Te­le­fon­an­la­ge ei­ne An­wahl sol­cher Num­mern nicht mehr zu­ließ. Auch des­halb könne der Aus­gang vom 07.06.1999 nur da­hin­ge­hend ver­stan­den wer­den, dass ei­ne pri­va­te Nut­zung des Te­le­fons oh­ne Ab­spra­che mit Vor­ge­setz­ten ge­ne­rell ver­bo­ten und al­le pri­va­ten Te­le­fo­na­te be­tref­fe. Dies sei durch den Aus­hang vom 19.01.2005 noch­mals klar­ge­stellt wor­den. So­weit die­ser dar­auf ver­wei­se, dass bei auffälli­gen Un­auffällig­kei­ten mit den ein­zel­nen Mit­ar­bei­tern Gespräche geführt würden, be­deu­te dies nicht, dass die Be­klag­te sich da­mit die Möglich­keit ha­be neh­men wol­len, hin­sicht­lich des Fehl­ver­hal­tens ei­ne frist­lo­se Kündi­gung aus­zu­spre­chen. Er­kenn­bar die­ne ein sol­ches Gespräch nur als Grund­la­ge für die Ent­schei­dungs­fin­dung, wel­che Maßnah­me so­dann ge­trof­fen wer­de. Da es sich um ei­ne ein­deu­ti­ge An­wei­sung ge­han­delt ha­be, müsse ein Ar­beit­neh­mer, ins­be­son­de­re in der Funk­ti­on des Klägers da­mit rech­nen, dass ein be­wuss­ter Ver­s­toß ei­ne Kündi­gung zur Fol­ge ha­ben kann. Der Kläger ha­be auch ei­ne be­son­de­re Ver­trau­ens­stel­lung da­durch aus­ge­nutzt, dass er als Ein­zi­ger über ei­nen Ein­zelbüro verfügt ha­be und da­her si­cher ha­be sein können, dass ent­spre­chen­de Te­le­fo­na­te nicht auf­fal­len. Nicht nach­voll­zieh­bar sei, wie der Kläger zu der Auf­fas­sung ge­lan­gen könne, die An­wei­sung vom 19.01.2005 beträfe ihn nicht. Ei­ne re­gelmäßige Kon­trol­le der Te­le­fon­rech­nun­gen ha­be nicht statt­ge­fun­den. Die An­nah­men des Ar­beits­ge­richts, der Kläger ha­be auch in nicht nur un­er­heb­li­chem Um­fang An­ru­fe pri­va­ter Art ent­ge­gen ge­nom­men und der­ar­ti­ge Te­le­fo­na­te be­ding­ten ei­ne ge­wis­se Vor- und Nach­beschäfti­gung, ent­spre­che der Le­bens­er­fah­rung und sei nicht zu be­an­stan­den. Von ei­nem un­gestörten Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses könne nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Es ge­be zwar kei­ne Ab­mah­nung, aber zwi­schen ih­rem Geschäftsführer und dem Kläger sei­en di­ver­se Per­so­nal­gespräche geführt würden. Da der Kläger selbst nach Aus­spruch der frist­lo­sen Kündi­gung noch da­von aus­ge­gan­gen sei, dass er kei­nen Pflicht­ver­s­toß be­gan­gen ha­be, be­le­ge, dass auch ei­ne Ab­mah­nung zu kei­ner an­de­ren Ein­stel­lung des Klägers geführt hätte.

 

Die In­ter­es­sen­abwägung des Ar­beits­ge­richts sei kor­rekt.

 

Bei der Erklärung gemäß Schrift­satz vom 30.07.2008 han­de­le es sich auch um ei­ne ei­genständi­ge Kündi­gungs­erklärung. Bei der von dem Kläger durch die Fir­ma F. er­hal­te­nen Ein­tritts­kar­te für ein Fußball­spiel ha­be es sich nicht le­dig­lich um ei­ne ein­fa­che Ein­tritts­kar­te ge­han­delt, son­dern um ei­ne sol­che für ein Fußball­spiel in der Are­na auf Schal­ke in Form ei­ner Ein­tritts­kar­te für ei­ne VIP Lounge im Wert von 250,00 EUR zuzüglich Mehr­wert­steu­er. Hier­bei han­de­le es sich nicht mehr um ein übli­ches Ge­le­gen­heits­ge­schenk. Im Übri­gen sei es üblich, dass Weih­nachtspräsen­te bzw. Wer­be­ge­schen­ke, wie über­wie­gend Wein, Ta­schen­lam­pen, Ta­schen­mes­ser, Bücher etc. in ei­nem Pool ge­sam­melt und am letz­ten Tag vor Weih­nach­ten ver­lost würden.

 

Die Tätig­keit des Klägers für die A. ge­gen Zah­lung ei­ner Auf­wands­entschädi­gung sei eben­falls kündi­gungs­re­le­vant. Bei vollständi­ger Räum­ung des Büros sei­en des wei­te­ren Un­ter­la­gen des Klägers älte­ren Da­tums auf­ge­fun­den wor­den (Bl. 161 ff. d. A.), die be­le­gen würden, dass der Kläger während der Ar­beits­zeit pri­va­te Din­ge er­le­digt ha­be.

 

Ergänzend wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten Be­zug ge­nom­men.

 

Ent­schei­dungs­gründe:

I. Die Be­ru­fun­gen bei­der Par­tei­en sind zulässig. Das Rechts­mit­tel der Be­ru­fung ist je­weils an sich statt­haft. Die Be­ru­fun­gen wur­den auch form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet. In der Sa­che ha­ben die Rechts­mit­tel je­doch kei­nen Er­folg. Die Kündi­gung der Be­klag­ten gemäß Schrei­ben vom 30.304.2008 hat das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en als or­dent­li­che Kündi­gung un­ter Wah­rung der Kündi­gungs­frist mit Ab­lauf des 31.12.2008 be­en­det. Die­se Kündi­gung ist als or­dent­li­che Kündi­gung rechts­wirk­sam. Die außer­or­dent­li­chen Kündi­gun­gen der Be­klag­ten gemäß Schrei­ben vom 30.04.2008 so­wie 30.07.2008 hin­ge­gen sind rechts­un­wirk­sam.

 

1. Im Er­geb­nis zu­tref­fend hat das Ar­beits­ge­richt fest­ge­stellt, dass der Kläger in zwei­fa­cher Hin­sicht ver­trag­li­che Pflich­ten ver­letzt hat. Die Pflicht­ver­let­zun­gen er­ge­ben sich zum ei­nen dar­aus, dass der Kläger un­ter Ver­s­toß ge­gen ei­ne ent­ge­gen­ste­hen­de be­trieb­li­che An­wei­sung der Be­klag­ten pri­va­te Te­le­fo­na­te geführt hat, zum an­de­ren aber auch dar­aus, dass der Kläger von ei­nem Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­men, mit wel­chem die Be­klag­te zu­sam­men­ar­bei­te­te, ein Ge­schenk in Form ei­ner nicht nur ein­fa­chen Ein­tritts­kar­te zu ei­nem Fußball­spiel von er­heb­li­chem Wert ent­ge­gen ge­nom­men hat.

 

Es ist an­er­kannt, dass ei­ne Ver­let­zung ar­beits­ver­trag­li­cher Pflich­ten dann vor­liegt, wenn ein Ar­beit­neh­mer un­er­laubt und heim­lich Pri­vat­te­le­fo­na­ten auf Kos­ten des Ar­beit­ge­bers führt. Je nach Um­fang der geführ­ten Te­le­fo­na­te und un­ter Berück­sich­ti­gung des ein­zel­nen Fal­les können der­ar­ti­ge Te­le­fo­na­te auch als wich­ti­ger Grund für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung in Be­tracht kom­men (BAG 04.03.2004 - 2 AZR 147/03 - EzA § 103 Be­trVG 2001 Nr. 3; BAG 05.12.2002 - 2 AZR 478/01 - EzA § 123 BGB 2002 Nr. 1).

 

Vor­lie­gend lässt sich zwar die Führung um­fang­rei­cher Pri­vat­te­le­fo­na­te nicht fest­stel­len. Nach ei­ge­nem Sach­vor­trag des Klägers führ­te er im Zeit­raum vom 13.09.2007 bis 31.01.2008 35 Te­le­fo­na­te pri­va­ter Na­tur. Die Be­klag­te konn­te we­der erst- und noch zweit­in­stanz­lich ei­nen darüber hin­aus­ge­hen­den Um­fang der Pri­vat­te­le­fo­na­te dar­le­gen. Die Be­ru­fungs­kam­mer folgt auch nicht der - nicht auf greif­ba­re Tat­sa­chen - gestütz­ten An­nah­me des Ar­beits­ge­richts, es sei da­von aus­zu­ge­hen, dass der Kläger in er­heb­li­chem Um­fan­ge auch noch Te­le­fo­na­te ent­ge­gen ge­nom­men bzw. der Be­klag­ten ne­ben der ei­gent­li­chen Te­le­fon­zeit noch Ar­beits­zeit da­durch ent­zo­gen ha­be, dass die geführ­ten Te­le­fo­na­te ei­ne ge­wis­se Vor- bzw. Nach­be­rei­tungs­zeit er­for­dert hätten.

Un­ge­ach­tet des eher im un­te­ren Be­reich an­zu­sie­del­ten Um­fangs der pri­va­ten Te­le­fo­na­te und der da­mit ein­her­ge­hen­den eher ge­rin­gen Kos­ten­be­las­tung der Be­klag­ten han­delt es sich aber um ei­ne Ver­let­zung ar­beits­ver­trag­li­cher Pflich­ten, da der Kläger in­so­weit ge­gen ein aus­drück­li­ches Ver­bot pri­va­ter Te­le­fo­na­te durch die Be­klag­te ge­han­delt hat. Hier­bei kann da­hin­ste­hen, ob der ursprüng­li­che Aus­hang vom 07.06.1999 un­ge­ach­tet des nach­fol­gen­den Aus­hangs vom 19.01.2005 sei­ne Gültig­keit be­hielt. Der Aus­hang vom 19.01.2005 bringt nämlich deut­lich zum Aus­druck, dass außer in ge­wich­ti­gen Fällen (Not­fall, Un­fall, Feu­er, To­des­fall in der Fa­mi­lie und ähn­li­ches) die pri­va­te Nut­zung von Te­le­fo­nen der Be­klag­ten für al­le Mit­ar­bei­ter und ge­ne­rell un­ter­sagt ist und auch in den im Aus­hang erwähn­ten be­son­de­ren Fällen nur nach Er­laub­nis durch ei­nen Vor­ge­setz­ten zulässig sein soll­te. Der Kläger konn­te auch nicht an­neh­men, von die­ser An­ord­nung nicht be­trof­fen zu sein. Die An­ord­nung rich­tet sich aus­drück­lich an al­le Mit­ar­bei­ter. Dem Kläger war auch ein Vor­ge­setz­ter in Per­son des Geschäftsführers der Be­klag­ten über­stellt.

 

2. Ei­ne wei­te­re, gra­vie­ren­de Pflicht­ver­let­zung des Klägers er­gibt sich dar­aus, dass die­ser von ei­nem Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­men, mit wel­chem die Be­klag­te zu­sam­men­ar­bei­te­te, ein Ge­schenk in Form ei­ner Ein­tritts­kar­te für ein Fußball­spiel von nicht nur un­er­heb­li­chem Wert ent­ge­gen ge­nom­men hat.

 

Es ist un­strei­tig, dass es sich bei der Fir­ma, von der der Kläger die Ein­tritts­kar­te er­hal­ten hat, um ein Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­men han­delt, mit wel­chem die Be­klag­te zu­sam­men­ar­bei­tet. Eben­so ist nicht strei­tig, dass dem Kläger als Per­so­nal­lei­ter bei ei­nem Leih­ar­beit­neh­mer­be­darf die Ver­hand­lun­gen mit die­sem Un­ter­neh­men ob­la­gen und der Kläger so­mit Ein­fluss dar­auf hat­te, ob die­ses Un­ter­neh­men bei der Ver­ga­be von Leih­ar­beits­aufträgen zum Zu­ge kommt. Auf­grund der Erklärung des Klägers in der münd­li­chen Ver­hand­lung vor der Be­ru­fungs­kam­mer, der Fußball­sta­di­ons­be­such sei mit ei­ner Be­wir­tung ver­bun­den ge­we­sen, der Sitz­platz ha­be sich in ei­nem ge­schlos­se­nen Raum be­fun­den und die Be­wir­tungs­kos­ten sei­en in­be­grif­fen ge­we­sen, geht die Be­ru­fungs­kam­mer da­von aus, dass es sich ent­ge­gen dem frühe­ren Sach­vor­trag des Klägers im Ver­fah­ren nicht le­dig­lich um ei­ne ein­fa­che Ein­tritts­kar­te ge­han­delt hat, son­dern um ei­ne Ein­tritts­kar­te zu ei­ner so­ge­nann­ten VIP-Lounge. Un­ter Berück­sich­ti­gung des be­such­ten Sta­di­ons ist es ge­richts­be­kannt, dass der­ar­ti­ge Ein­tritts­kar­ten ei­nen nicht nur un­er­heb­li­chen, je­den­falls über 100,00 EUR und zum Teil weit darüber lie­gen­den Preis kos­ten. Da es sich da­mit um ein Ge­schenk han­del­te, was je­den­falls den Wert ei­nes übli­chen Ge­le­gen­heits­ge­schen­kes wie zum Bei­spiel ei­ner Fla­sche Wein er­heb­lich über­stieg, war die Fest­stel­lung des ge­nau­en Werts der über­las­se­nen Ein­tritts­kar­te recht­lich nicht ge­bo­ten. Im Übri­gen ist aber dar­auf hin­zu­wei­sen, dass sich der Kläger gemäß § 138 ZPO zu der Be­haup­tung der Be­klag­ten zum Wert der Ein­tritts­kar­te im Ein­zel­nen und nicht nur durch ein­fa­ches Be­strei­ten hätte erklären müssen, da er selbst die nähe­ren Umstände sei­nes Sta­di­on­be­suchs kann­te.

 

Wer als Ar­beit­neh­mer bei der Ausführung von ver­trag­li­chen Auf­ga­ben Vor­tei­le ent­ge­gen nimmt, die da­zu be­stimmt oder auch nur ge­eig­net sind, ihn in sei­nem geschäft­li­chen Ver­hal­ten zu­guns­ten Drit­ter zu be­ein­flus­sen, verstößt ge­gen das so­ge­nann­te Schmier­geld­ver­bot und han­delt den In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers zu­wi­der. Hier­in liegt re­gelmäßig ein Grund zur frist­lo­sen Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Da­bei kommt es grundsätz­lich nicht dar­auf an, ob es zu ei­ner den Ar­beit­ge­ber schädi­gen­den Hand­lung ge­kom­men ist. Es reicht viel­mehr aus, dass der gewähr­te Vor­teil all­ge­mein die Ge­fahr be­gründet, der An­neh­men­de wer­de nicht mehr al­lein die In­ter­es­sen des Geschäfts­herrn wahr­neh­men. Aus Sicht des Ar­beit­ge­bers ist hier­durch der Ein­druck ge­recht­fer­tigt, der Ar­beit­neh­mer wer­de bei der Erfüllung von Auf­ga­ben nicht mehr al­lein die In­ter­es­sen des Ar­beit­ge­bers wahr­neh­men (BAG 21.06.2001 - 2 AZR 30/00 - EzA § 626 BGB Unkünd­bar­keit Nr. 7; KR-Kündi­gungs­schutz­ge­setz/Grie­be­ling, 8. Auf­la­ge, § 1 KSchG, Rz. 495, m. w. N.).

 

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind im vor­lie­gen­den Fall erfüllt. Wie aus­geführt, hat­te die Ein­tritts­kar­te ei­nen nicht nur ge­rin­gen Wert, son­dern stell­te ei­nen er­heb­li­chen geld­wer­ten Vor­teil dar. Dem Kläger muss­te be­wusst sein, dass das Un­ter­neh­men, von wel­chem er die Kar­te er­hielt, dies aus ei­nem ei­ge­nen In­ter­es­se im Hin­blick auf die wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit mit der Be­klag­ten vor­nahm. Das Ge­schenk war auch ob­jek­tiv da­zu ge­eig­net, ein Wohl­wol­len des Klägers ge­genüber dem schen­ken­den Un­ter­neh­men zu be­gründen oder zu verstärken. Der in Form der Ein­tritts­kar­te gewähr­te Vor­teil be­gründe­te da­mit all­ge­mein die Ge­fahr, dass der Kläger nicht mehr aus­sch­ließlich die In­ter­es­sen der Be­klag­ten wahr­neh­men wer­de.

 

3. Wei­te­re kündi­gungs­re­le­van­te Pflicht­ver­let­zun­gen des Klägers las­sen sich nicht fest­stel­len. So­weit die Be­klag­te auf die Tätig­keit des Klägers für die A. ab­stellt, hat das Ar­beits­ge­richt zu Recht dar­auf hin­ge­wie­sen, dass die Be­klag­te nicht wi­der­le­gen konn­te, dass die­se Tätig­keit mit ih­rem frühe­ren Geschäftsführer ab­ge­spro­chen war. So­weit die Be­klag­te ergänzend dar­auf ab­stellt, auch nach Räum­ung des Büros ge­fun­de­ne Un­ter­la­gen deu­te­ten dar­auf­hin, dass de Kläger während der Ar­beits­zeit un­er­laubt pri­va­te Din­ge er­le­digt ha­be, stel­len die­se Un­ter­la­gen zwar in der Tat ein In­diz hierfür dar, be­le­gen dies aber - zu­mal die­se Un­ter­la­gen älte­ren Da­tums sind - nicht mit der er­for­der­li­chen Aus­sa­ge­kraft. Eben­so denk­bar ist, dass der Kläger der­ar­ti­ge Un­ter­la­gen le­dig­lich in sei­nem Büro auf­be­wahrt hat. Auch der Ge­sichts­punkt, der Kläger ha­be den Geschäftsführer der Be­klag­ten anläss­lich ei­ner Be­spre­chung be­lo­gen, be­gründet nicht die An­nah­me ei­ner wei­te­ren Pflicht­ver­let­zung des Klägers. Es ist nach­voll­zieh­bar, dass der Kläger oh­ne erläutern­de Ausführun­gen des Geschäftsführers der Be­klag­ten un­ter Er­le­di­gung pri­va­ter An­ge­le­gen­hei­ten nicht die nur in ge­rin­gem Um­fang geführ­ten Pri­vat­te­le­fo­na­te ver­stand, son­dern da­von aus­ging, die Fra­ge be­zie­he sich auf die Er­le­di­gung pri­va­ter Din­ge in an­de­rer Form, et­wa durch Er­le­di­gung pri­va­ter Kor­re­spon­denz. Hierfür spricht auch, dass dem Kläger be­wusst sein muss­te, dass auf­grund der Te­le­fon­da­ten­er­fas­sung für die Be­klag­te die Möglich­keit be­stand, die von ihm geführ­ten Te­le­fo­na­te nach­zu­voll­zie­hen.

 

4. Die dar­ge­stell­ten Pflicht­ver­let­zun­gen des Klägers recht­fer­ti­gen nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des vor­lie­gen­den Falls die or­dent­li­che, nicht aber außer­or­dent­li­che Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Ei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung be­durf­te es nicht.

 

Käme es al­ler­dings nur auf die vom Kläger geführ­ten Pri­vat­te­le­fo­na­te an, wäre auch nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer im vor­lie­gen­den Fall ei­ne Ab­mah­nung nicht ent­behr­lich ge­we­sen. Die Be­klag­te hat in ih­rem letz­ten be­trieb­li­chen Aus­hang vom 19.01.2005 aus­geführt, dass sie bei auffälli­gen Un­re­gelmäßig­kei­ten hin­sicht­lich des Te­le­fon­ver­hal­tens ein­zel­ne Mit­ar­bei­ter kon­kret an­spre­chen wer­de. Zu­gleich führt sie in die­sem Aus­hang aus, dass da­mit al­le vor­he­ri­gen in­ner­be­trieb­li­chen Re­ge­lun­gen zu die­sem Be­reich er­setzt wer­den, da­mit auch der ei­nen Hin­weis auf die Möglich­keit ei­ner frist­lo­sen Kündi­gung be­inhal­ten­de Aus­hang vom 07.06.1999. Nach dem zi­tier­ten Hin­weis der Be­klag­ten hat die­se selbst zum Aus­druck ge­bracht, dass sie zum ei­nen nur bei auffälli­gen Un­re­gelmäßig­kei­ten re­agie­ren wer­de und zum an­de­ren dies durch ein An­spre­chen der be­trof­fe­nen Mit­ar­bei­ter er­fol­gen wer­de. An­ge­sichts des­sen muss­te der Kläger nicht da­von aus­ge­hen, dass die von ihm in ge­rin­gem Um­fang getätig­ten Pri­vat­te­le­fo­na­te von der Be­klag­ten oh­ne vor­he­ri­ge Ab­mah­nung bzw. auch oh­ne rügen­des Gespräch als ein er­heb­li­ches, den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses gefähr­den­des Fehl­ver­hal­ten an­ge­se­hen würde.

 

An­ders verhält es sich dem ge­genüber hin­sicht­lich des Ver­s­toßes des Klägers ge­gen das so­ge­nann­te Schmier­geld­ver­bot. Durch die An­nah­me der Ein­tritts­kar­te oh­ne In­for­ma­ti­on der Be­klag­ten und oh­ne de­ren Zu­stim­mung ein­ge­holt zu ha­ben, hat der Kläger das für ei­ne dau­er­haf­te Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en zerstört. Bei der Be­klag­ten muss­te auch bei ru­hi­ger und verständi­ger Würdi­gung der Ein­druck ent­ste­hen, dass der Kläger be­reit ist, ei­ge­ne Vor­tei­le bei der Erfüllung von Auf­ga­ben wahr­zu­neh­men, so dass hier­durch das be­rech­tig­te Ver­trau­en der Be­klag­ten dar­in, der Kläger wer­de bei der Wahr­neh­mung sei­ner Auf­ga­ben aus­sch­ließlich ih­re In­ter­es­sen wah­ren, zerstört wur­de. Zwar ist auch bei Störun­gen im Ver­trau­ens­be­reich das Ab­mah­nungs­er­for­der­nis stets zu prüfen und ei­ne Ab­mah­nung je­den­falls dann vor Aus­spruch der Kündi­gung er­for­der­lich, wenn ein steu­er­ba­res Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers in Re­de steht und er­war­tet wer­den kann, dass das Ver­trau­en wie­der her­ge­stellt wird. Da­von ist ins­be­son­de­re dann aus­zu­ge­hen, wenn der Ar­beit­neh­mer mit ver­tret­ba­ren Gründen an­neh­men konn­te, sein Ver­hal­ten sei nicht ver­trags­wid­rig oder wer­de vom Ar­beit­ge­ber nicht als ein er­heb­li­ches, den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses gefähr­den­des Fehl­ver­hal­ten an­ge­se­hen (BAG 04.06.1997 - 2 AZR 526/06 - EzA § 626 n. F. BGB Nr. 168; BAG 21.06.2001 a. a. O.). Ei­ne Ab­mah­nung hat aber nicht stets schon dann Vor­rang vor ei­ner Kündi­gung, wenn ei­ne Wie­der­ho­lung des pflicht­wid­ri­gen Ver­hal­tens auf­grund der Ab­mah­nung nicht zu er­war­ten steht. Bei be­son­ders schwer wie­gen­den Verstößen ist ei­ne Ab­mah­nung grundsätz­lich ent­behr­lich, weil in die­sen Fällen re­gelmäßig da­von aus­zu­ge­hen ist, dass das pflicht­wid­ri­ge Ver­hal­ten das für ein Ar­beits­verhält­nis not­wen­di­ge Ver­trau­en auf Dau­er zerstört hat.

 

Die­se Vor­aus­set­zun­gen sind im vor­lie­gen­den Fall erfüllt.

 

An­halts­punk­te dafür, dass der Kläger mit ver­tret­ba­ren Gründen da­von aus­ge­hen konn­te, sein Ver­hal­ten sei nicht ver­trags­wid­rig oder wer­de vom Ar­beit­ge­ber nicht als ein er­heb­li­ches, den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses gefähr­den­des Fehl­ver­hal­ten an­ge­se­hen, sind nicht er­sicht­lich. So­weit der Kläger sich dar­auf be­ruft, es sei der Geschäftsführung be­kannt und von ihr ge­dul­det ge­we­sen, dass Lie­fe­ran­ten Wer­be­ge­schen­ke an die Mit­ar­bei­ter und lei­ten­den An­ge­stell­ten ver­teil­ten, stellt der Kläger nicht aus­rei­chend kon­kret dar, dass es sich bei sol­chen Ge­schen­ken eben­falls um sol­che von ei­nem er­heb­li­chen Wert ge­han­delt hat. Aus den von ihm vor­ge­leg­ten Erklärun­gen der be­nann­ten Zeu­gen H. und S. (Bl. 133 f. d. A.) er­gibt sich le­dig­lich, dass Lie­fe­ran­ten "in ge­wis­sem Um­fang" Wer­be­ge­schen­ke ver­teil­ten. Im vor­lie­gen­den Fall geht es je­doch nicht um ein ein­fa­ches Wer­be­ge­schenk, son­dern um ein dem äußeren An­schein nach ziel­ge­rich­tet dem Kläger zu­ge­wen­de­tes Ge­schenk von nicht un­er­heb­li­chem Wert, wo­bei sich die­ses Ge­schenk an den Kläger in sei­ner Funk­ti­on als Per­so­nal­lei­ter rich­te­te und für den Kläger er­kenn­bar da­zu be­stimmt und ge­eig­net war, sei­ne Ent­schei­dun­gen zu­guns­ten des Schen­ken­den zu be­ein­flus­sen. Ge­ra­de in sei­ner Funk­ti­on als Per­so­nal­lei­ter konn­te der Kläger nicht da­von aus­ge­hen, dass dies noch nicht als ver­trags­wid­ri­ges, den Be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses gefähr­den­des Ver­hal­ten an­ge­se­hen wer­de. Dem Kläger muss­te viel­mehr be­wusst sein, dass hier­durch das für ei­ne dau­er­haf­te Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en zerstört wird.

 

5. Die Kam­mer ver­kennt nicht, dass nach der zi­tier­ten Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ein Ver­s­toß der vor­lie­gen­den Art re­gelmäßig ei­nen Grund für ei­ne frist­lo­se Kündi­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses dar­stellt. Nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer er­gibt die ab­sch­ließend vor­zu­neh­men­de ge­bo­te­ne In­ter­es­sen­abwägung aber un­ter Berück­sich­ti­gung der Umstände des vor­lie­gen­den Fal­les, ins­be­son­de­re auch der persönli­chen Verhält­nis­se des Klägers, dass das In­ter­es­se des Klägers an ei­ner Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist das In­ter­es­se der Ar­beit­ge­be­rin an ei­ner so­for­ti­gen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses über­wiegt. An­de­rer­seits führt die­se In­ter­es­sen­abwägung nicht zu dem Er­geb­nis, dass der Be­klag­ten ei­ne Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses auch über den Ab­lauf der Kündi­gungs­frist, das heißt über den 31.12.2008 hin­aus zu­mut­bar war.

 

Zu­guns­ten der Be­klag­ten berück­sich­tigt die Kam­mer hier­bei zum ei­nen das Ge­wicht der Ver­trags­ver­let­zun­gen. Hier­bei kommt ins­be­son­de­re der Ver­trags­ver­let­zung durch An­nah­me des Ge­schenks des Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­mens er­heb­li­ches Ge­wicht zu, da dem Kläger als Per­so­nal­lei­ter ei­ne Vor­bild­funk­ti­on ge­genüber den übri­gen Mit­ar­bei­tern zu­kam. Dem Kläger fällt in­so­weit auch ein er­heb­li­ches Ver­schul­den zu Last. Ihm muss­te in­fol­ge sei­ner Funk­ti­on be­wusst sein, dass er durch das ge­nann­te Ver­hal­ten das für die dau­er­haf­te Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en zerstört. Die Be­ru­fungs­kam­mer berück­sich­tigt zu­guns­ten der Be­klag­ten im Rah­men der In­ter­es­sen­abwägung auch, dass der Kläger nicht nur durch die An­nah­me des Ge­schenks des Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­mens, son­dern auch in Form der un­be­rech­tig­ten Führung von Te­le­fo­na­ten ar­beits­ver­trag­li­che Pflich­ten ver­letzt hat und auch die un­be­fug­te Führung von Pri­vat­te­le­fo­na­ten das Ver­trau­ens­verhält­nis be­ein­träch­tigt hat. Die­se Ge­sichts­punk­te sind von der­ar­ti­gem Ge­wicht, dass der Be­klag­ten je­den­falls die dau­er­haf­te Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht zu­mut­bar war. Auf der an­de­ren Sei­te je­doch lie­gen Ge­sichts­punk­te von er­heb­li­chem Ge­wicht zu­guns­ten des Klägers vor, die da­zu führen, dass nach Auf­fas­sung der Be­ru­fungs­kam­mer der Be­klag­ten die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der or­dent­li­chen Kündi­gungs­frist zu­mut­bar war. Zu­guns­ten des Klägers spricht mit er­heb­li­chem Ge­wicht vor­lie­gend ins­be­son­de­re die Dau­er des Ar­beits­verhält­nis­ses. Der Kläger ist be­reits seit 01.01.1991 bei der Be­klag­ten beschäftigt. An­halts­punk­te dafür, dass es vor den hier in Fra­ge ste­hen­den Pflicht­ver­let­zun­gen zu nen­nens­wer­ten Be­an­stan­dun­gen kam, be­ste­hen nicht. Die Ausführung der Be­klag­ten hier­zu sind nicht näher sub­stan­ti­iert. Fer­ner ist zu berück­sich­ti­gen, dass der Kläger auf­grund sei­nes Al­ters - wenn über­haupt - nur äußerst ge­rin­ge Chan­cen auf dem Ar­beits­markt hat und ihn des­halb auch ei­ne or­dent­li­che Kündi­gung auch un­ter Berück­sich­ti­gung der noch be­ste­hen­den Un­ter­halts­pflich­ten für sei­ne Frau und zwei Kin­der be­son­ders hart trifft. Zu sei­nen Guns­ten ist auch zu berück­sich­ti­gen, dass nicht er­sicht­lich ist, dass der Kläger mo­ti­viert durch das ge­nann­te Ge­schenk des Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­mens tatsächlich Ent­schei­dun­gen ge­trof­fen hat, die für die Be­klag­te wirt­schaft­lich nach­tei­lig wa­ren. Auch der durch die geführ­ten Pri­vat­te­le­fo­na­te an­zu­neh­men­de Scha­den ist eher ge­ring.

 

6. So­weit der Kläger die Auf­fas­sung ver­tre­ten hat, die Be­klag­te könne sich zur Stützung der Kündi­gung vom 30.04.2008 nicht auf an­de­re Gründe als nur die un­zulässi­gen Pri­vat­te­le­fo­na­te stützen, teilt die Be­ru­fungs­kam­mer die­se Auf­fas­sung nicht. So­wohl bei ei­ner or­dent­li­chen als auch bei ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung kann der Kündi­gen­de sei­ne ursprüng­li­che Be­gründung der Kündi­gung später durch wei­te­re Kündi­gungs­gründe ergänzen oder er­set­zen, so­weit die­se Gründe be­reits vor Zu­gang der Kündi­gung ent­stan­den wa­ren (KR-Kündi­gungs­schutz­ge­setz/Grie­be­ling, § 1 KSchG, Rz. 243, m. w. N.; KR-Kündi­gungs­schutz­ge­setz/Fi­scher­mei­er, § 626 BGB, Rz. 178, m. w. N.). Aus­weis­lich des Pro­to­kolls der Kam­mer­ver­hand­lung des Ar­beits­ge­richts vom 25.08.2008 hat die Be­klag­te erklärt, dass auch die ers­te Kündi­gung, das heißt die Kündi­gung vom 30.04.2008, auf sämt­li­che erst später be­kannt ge­wor­de­nen Vorfälle gestützt wer­de. Da der Kläger das ge­nann­te Ge­schenk des Per­so­nal­ver­mitt­lungs­un­ter­neh­men vor die­ser ers­ten Kündi­gung ent­ge­gen ge­nom­men hat, lag die­ser Kündi­gungs­sach­ver­halt be­reits vor Aus­spruch der ers­ten Kündi­gung vor. Die Be­klag­te konn­te da­her die­sen ihr erst nach Aus­spruch der Kündi­gung be­kannt ge­wor­de­nen Sach­ver­halt zur Be­gründung der Kündi­gung vom 30.04.2008 her­an­zie­hen.

 

7. Die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 30.07.2008 ist aus den dar­ge­stell­ten Gründen als außer­or­dent­li­che Kündi­gung eben­falls un­wirk­sam. Das Ar­beits­verhält­nis wur­de da­her erst durch die mit Schrei­ben vom 30.04.2008 hilfs­wei­se aus­ge­spro­che­ne or­dent­li­che Kündi­gung mit Ab­lauf des 31.12.2008 be­en­det.

 

Die Be­ru­fung bei­der Par­tei­en wa­ren da­her mit ent­spre­chen­der Kos­ten­fol­ge zurück­zu­wei­sen. Ein Re­vi­si­ons­zu­las­sungs­grund im Sin­ne des § 72 Abs. 2 ArbGG be­steht nicht.

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