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LAG Mün­chen, Ur­teil vom 08.05.2007, 11 Sa 720/06

   
Schlagworte: Mitbestimmung in sozialen Angelegenheiten, Betriebliche Altersversorgung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht München
Aktenzeichen: 11 Sa 720/06
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 08.05.2007
   
Leitsätze: Einzelfallentscheidung zur Frage der Nachwirkung einer teilmitbestimmten Regelung der betrieblichen Altersversorgung
Vorinstanzen: Arbeitsgericht München
   

11 Sa 720/06
22 Ca 19938/05

(München)


Verkündet am:

8. Mai 2007


Kreßler, Ang.
als Ur­kunds­be­am­tin

der Geschäfts­stel­le 


LAN­DES­AR­BEITS­GERICHT MÜNCHEN

IM NA­MEN DES VOL­KES


UR­TEIL


In dem Rechts­streit


W. B.


- Kläger und Be­ru­fungs­be­klag­ter -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


g e g e n

Fa. D. M. G. GmbH,


- Be­klag­te und Be­ru­fungskläge­rin -

Pro­zess­be­vollmäch­tig­te:


hat die Elf­te Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts München auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 4. April 2007 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge¬richt Dr. Oben­aus so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Klein und Traub und für Recht er­kannt:


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1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das En­dur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 10. Mai 2006, Az. 22 Ca 19938/05 wird zurück­ge­wie­sen.
2. Von den Kos­ten des Rechts­streits trägt die Be­klag­te 4/10 und der Kläger 6/10.
3. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:


Die Par­tei­en strei­ten über das Be­ste­hen ei­ner un­ver­fall­ba­ren An­wart­schaft des Klägers auf be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung ge­genüber der Be­klag­ten - be­grenzt auf den Ent­ste­hens­zeit­raum 1.7.94 bis 31.7.2005 - aus Re­ge­lun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung, die bei ei­ner Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten be­stan­den ha­ben.


Der Aus­ein­an­der­set­zung liegt im We­sent­li­chen fol­gen­der Sach­ver­halt zu Grun­de:


Der am 00.00.1955 ge­bo­re­ne Kläger war bei der Be­klag­ten bzw. ih­rer Rechts­vorgänge­rin in dem Zeit­raum vom 02.10.1978 bis 31.07.2005 beschäftigt. Er er­hielt von sei­ner da­ma­li­gen Ar­beit­ge­be­rin, der F. D. AG, ei­ne Zu­sa­ge zu ei­ner be­trieb­li­chen Al­ter­ver­sor­gung gemäß Sat­zung und Richt­li­ni­en des Un­terstützungs­ver­eins der Fa. F. D. P. u. M. ... e. V. vom 27.04.1962 (Bl. 9/21 d. A.), die je­den­falls nach den da­mals gel­ten­den ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen am 25.09.1991 be­reits un­ver­fall­bar wa­ren.


Die F. D. AG fu­sio­nier­te im Jahr 1993 mit der M. AG zur D. M. AG. Am 01.07.1994 wur­de nach Ab­leh­nung ei­nes von der D. M. AG be­an­trag­ten Ver­gleichs­ver­fah­rens das An­schluss­kon­kurs­ver­fah­ren über de­ren Vermögen eröff­net.

Am 30.07.1994 ging das Ar­beits­verhält­nis des Klägers auf die neu ge­gründe­te D. M. GmbH über. Aus die­ser ent­stand im Jahr 1997 die D. M. G. GmbH.


Im Jahr 1978 wur­den die Richt­li­ni­en der Un­terstützungs­kas­se „Un­terstützungs­ver­ein der Fa. F. D. P. u. M. ... e. V.“ über ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung mit dem Ge­samt­be­triebs­rat vom 26.09.1978 geändert (vgl. An­la­gen­kon­vo­lut un­ter 3). Die Nr. 9 und 10. der Be­triebs­ver­ein­ba­rung lau­ten:


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Ände­run­gen der Richt­li­ni­en, wel­che das Mit­be­stim­mungs­recht des Ge­samt­be­triebs­rats berühren, bedürfen des­sen Zu­stim­mung durch ei­ne ergänzen­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung.


Die Ver­ein­ba­rung kann mit ei­ner Frist von drei Mo­na­ten zum En­de des Ka­len­der­jah­res gekündigt wer­den. Bis zum Ab­schluss ei­ner neu­en Be­triebs­ver­ein­ba­rung behält die­se ih­re Gültig­keit.


Mit Schrei­ben vom 25.09.1991 (vgl. An­la­gen­kon­vo­lut un­ter 4) kündig­te die D. AG die Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus dem Jahr 1978 nebst ei­nem Nach­trag (vgl. An­la­gen­kon­vo-lut un­ter 2) zum 31.12.1991 und wi­der­rief die zu­ge­sag­ten Leis­tun­gen für al­le zu­kunfts­be­ding­ten Zuwächse nach dem 31.12.1991 dem Grun­de und der Höhe nach, da­mit auch al­le noch nicht ver­fall­ba­ren An­wart­schaf­ten auf be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung, und schloss das Ver­sor­gungs­werk mit so­for­ti­ger Wir­kung für al­le neu ein­tre­ten­den Mit­ar­bei­ter.


Der letz­te Ab­satz des Schrei­bens lau­tet:


Wir schla­gen vor, dass über ei­ne Wei­terführung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung ei­ne neue Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­schlos­sen wird, die der veränder­ten Si­tua­ti­on ent­spricht. Gleich­zei­tig sol­len not­wen­di­ge An­pas­sun­gen der Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen an Verände­run­gen auf­grund ge­setz­li­cher Maßnah­men und höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung ver­ein­bart wer­den.


Der Ge­samt­be­triebs­rat hat mit Schrei­ben vom 11.12.1991 (vgl. An­la­gen­kon­vo­lut un­ter 5) der Kündi­gung und dem Wi­der­ruf wi­der­spro­chen und mit wei­te­rem Schrei­ben vom 13.07.1992 (vgl. An­la­gen­kon­vo­lut un­ter 6) mit­ge­teilt, dass er von ei­ner Wei­ter­gel­tung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.09.1978 nebst An­hang aus­ge­he. Er kündig­te an, die­ses Schrei­ben durch Aus­hang am Schwar­zen Brett be­kannt zu ge­ben, da in der Be­leg­schaft ei­ne Ver­un­si­che­rung über den au­gen­blick­li­chen Sach­stand ent­stan­den sei.


In der Fol­ge­zeit kam es nicht zum Ab­schluss ei­ner neu­en Be­triebs­ver­ein­ba­rung über die be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zwi­schen der F. D. AG und ih­ren Rechts­nach­fol­ge­rin­nen auf der ei­nen Sei­te und dem Ge­samt­be­triebs­rat auf der an­de­ren Sei­te. Auch die Ent­schei­dung ei­ner Ei­ni­gungs­stel­le über die Be­sei­ti­gung der Nach­wir­kung der


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Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.09.1978 und den Teil­wi­der­ruf der Ver­sor­gungs­re­ge­lung wur­de nicht an­ge­strebt.

Mit sei­ner beim Ar­beits­ge­richt München am 23.12.2005 ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge vom sel­ben Tag hat der Kläger - un­ter Berück­sich­ti­gung späte­rer Kla­geände­rung - die ge­richt­li­che Fest­stel­lung be­gehrt, dass sei­ne un­ver­fall­ba­re An­wart­schaft dy­na­misch bis zum Aus­schei­den aus dem Ar­beits­verhält­nis am 31.7.2005 fort­be­stan­den ha­be und durch den von der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten am 25.9.1991 erklärten Wi­der­ruf der Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen nicht auf den Stand am 31. De­zem­ber 1991 be­grenzt ge­blie­ben sei.


Zur Be­gründung hat er vor­ge­tra­gen, ihm sei­en die Kündi­gung und der Teil­wi­der­ruf der Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen nicht zu­ge­gan­gen. Er könne sich auch nicht an ei­nen Aus­hang des Ge­samt­be­triebs­rats um den 13.7.1992 er­in­nern. Nach sei­ner Auf­fas­sung bestünden sei­ne Be­triebs­ren­ten­ansprüche un­gekürzt, weil die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.9.1978 nach­wir­ke und der Ar­beit­ge­ber sei­ner­zeit be­ste­hen­de Mit­be­stim­mungs­rech­te des Ge­samt­be­triebs­rats miss­ach­tet ha­be.


Der Kläger hat in ers­ter In­stanz be­an­tragt,


fest­zu­stel­len, dass die un­ver­fall­ba­re An­wart­schaft des Klägers auf Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung auf­grund der Sat­zung und Richt­li­ni­en für die Gewährung lau­fen­der Un­terstützun­gen des Un­terstützungs­ver­eins der Fried­rich De­ckel Ak­ti­en­ge­sell­schaft in München e. V. und der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.09.1978 so­wie dem Nach­trag zur Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 23.06.1981 dy­na­misch bis zum Aus­schei­den des Klägers aus dem Ar­beits­verhält­nis am 31.07.2005 fort­be­stand und durch den Wi­der­ruf der ge­nann­ten Ver­sor­gungs­re­ge­lung vom 25.09.1991 nicht auf den Stand am 31.12.1991 be­grenzt bleibt.


Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.


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Zur Be­gründung hat sie vor­ge­tra­gen, ein un­ver­fall­ba­res An­wart­schafts­recht auf be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung ste­he dem Kläger nicht zu, denn ih­re Rechts­vorgänge­rin ha­be mit Schrei­ben vom 25.9.1991 die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26. Sep­tem­ber 1978 wirk­sam gekündigt und die Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen eben­so wirk­sam teil­wei­se wi­der­ru­fen. Ein Mit­be­stim­mungs­recht des Ge­samt­be­triebs­rats sei nicht zu be­ach­ten ge­we­sen, weil die Rechts­vorgänge­rin die Be­triebs­ren­ten auf die un­ver­fall­ba­ren Ansprüche bis zum 31.12.1991 re­du­ziert und da­mit kei­nen Re­ge­lungs­spiel­raum für die Auf­stel­lung ei­nes geänder­ten Leis­tungs­plans mehr ge­habt ha­be. Die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.9.1978 be­inhal­te kei­ne ei­ge­nen Re­ge­lun­gen über ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung, so dass aus ihr kei­ne Ansprüche in­di­vi­du­al­recht­li­cher Na­tur er­wach­sen könn­ten. Es kom­me nicht dar­auf an, ob der Kläger von der Kündi­gung und der Wi­der­ruf Kennt­nis er­langt ha­be.


Hin­sicht­lich des wei­te­ren das Sach- und Rechts­vor­trags in ers­ter In­stanz wird auf die von den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze (Bl. 2 ff, 35 ff, 81 ff, 109 ff, 121 ff d.A.) ergänzend Be­zug ge­nom­men.


Das Ar­beits­ge­richt München hat mit En­dur­teil vom 10.5.2006, das der Be­klag­ten am 1.6.2006 zu­ge­stellt wor­den ist, der Kla­ge in vol­lem Um­fang statt­ge­ge­ben.


Zur Be­gründung sei­ner Ent­schei­dung hat es aus­geführt, der Kläger könne von der Be­klag­ten als Rechts­nach­fol­ge­rin der frühe­ren Ar­beit­ge­be­rin des Klägers die Fest­stel­lung der dy­na­mi­schen Ent­wick­lung sei­ner Be­triebs­ren­ten­an­wart­schaft bis zu sei­nem Aus­schei­den ver­lan­gen. An­spruchs­grund­la­ge sei die dem Kläger ursprüng­lich von der F.D. AG er­teil­te Be­triebs­ren­ten­zu­sa­ge im Rah­men ei­ner Un­terstützungs­kas­se un­ter Berück­sich­ti­gung der In­sol­venz ih­rer Rechts­nach­fol­ge­rin, der D. M. AG, und des Ein­tre­tens des Pen­si­ons­si­che­rungs­ver­eins. So­weit nicht der Pen­si­ons­si­che­rungs­ver­ein ein­ge­tre­ten sei, sei­en die An­wart­schafts­rech­te auf Einräum­ung ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung auf­grund meh­rer Be­triebs­in­ha­ber-wech­sel gemäß § 613 a BGB Pflich­ten der Rechts­nach­fol­ge­rin der in der F.D. AG ge­wor­den.


Der Ände­rungs­vor­be­halt in der Be­triebs­ver­ein­ba­rung ge­stat­te nicht den von der Ar­beit­ge­be­rin vor­ge­nom­me­nen tief grei­fen­den Ein­schnitt in das Ver­sor­gungs­sys­tem oh­ne Zu­stim­mung des Be­triebs­rats. Ein sol­cher Wil­le könne dem Ände­rungs­vor­be-


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halt nicht ent­nom­men wer­den. Die Ver­trags­part­ner hätten er­kenn­bar an ei­ner be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung fest­hal­ten wol­len. Sonst hätten sie nach Auf­fas­sung des Ar­beits­ge­richts nicht ver­ein­bart, dass die Be­triebs­ver­ein­ba­rung bis zum Ab­schluss ei­ner neu­en wei­ter gel­ten sol­le. Dem­ent­spre­chend ha­be die Ar­beit­ge­be­rin dem Ge­samt­be­triebs­rat im Zu­sam­men­hang mit den Wi­der­ruf Ver­hand­lun­gen über den Ab­schluss ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung zur An­pas­sung der Re­ge­lun­gen an­ge­bo­ten. Auch wenn man die Nach­wir­kungs­klau­sel an­ders in­ter­pre­tie­re, blei­be die Maßnah­me der Re­du­zie­rung der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge mit­be­stim­mungs­pflich­tig. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts sei der Ar­beit­ge­ber auch bei ei­ner Re­du­zie­rung der Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen auf die un­ver­fall­ba­ren An­wart­schafts­rech­te nicht ge­hin­dert, an­de­re Ver­tei­lungs­grundsätze ein­zuführen und ei­nen an­de­ren Leis­tungs­plan auf­zu­stel­len. Die Ar­beit­ge­be­rin ha­be ih­ren Re­du­zie­rungs-Spiel­raum auch nicht vollständig aus­genützt.
Der Wi­der­ruf der Be­triebs­ren­ten­zu­sa­ge sei - so das Ar­beits­ge­richt - nach der Theo­rie der Wirk­sam­keits­vor­aus­set­zung als den Kläger be­las­ten­de Maßnah­me dem Kläger ge­genüber un­wirk­sam. Ent­schei­dend für das Ar­beits­ge­richt sei, dass die Be­triebs­part­ner die Nach­wir­kung der kom­plet­ten Be­triebs­ver­ein­ba­rung bis zum Ab­schluss ei­ner neu­en Be­triebs­ver­ein­ba­rung ver­ein­bart hätten. Auf­grund des­sen sei die Ar­beit­ge­be­rin we­gen fort­be­ste­hen­der ver­trag­li­cher Bin­dung ge­hin­dert ge­we­sen, ein­sei­tig die Richt­li­ni­en der Un­terstützungs­kas­se zu ändern. Sie ha­be zunächst die Ei­ni­gungs­stel­le an­ru­fen müssen, was nicht pas­siert sei. Im Übri­gen sei auch die er­for­der­li­che be­triebsübli­che Be­kannt­ma­chung of­fen­bar nicht er­folgt.
Der Wi­der­ruf sei aber auch des­we­gen un­wirk­sam, weil die Sat­zun­gen und Richt­li­ni­en des Un­terstützungs-Ver­eins für die Sat­zungsände­rung und Richt­li­ni­enände­run­gen die Be­kannt­ma­chung ge­genüber den Mit­glie­dern durch Aus­hang oder Rund­schrei­ben vor­schrei­be.


Ge­gen die Kla­ge­ab­wei­sung wen­det sich die Be­klag­te mit ih­rer beim Lan­des­ar­beits­ge­richt München am 14. Ju­ni 2006 ein­ge­gan­ge­nen Be­ru­fung vom 13.6.2006.


Un­ter Ver­tie­fung und teil­wei­se Wie­der­ho­lung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­trags macht die Be­klag­te gel­tend, bei der D. AG ha­be es ei­ne Al­ters­ver­sor­gung über ei­ne Un­terstützungs­kas­se ge­ge­ben. Die­se sei von der D. AG wirk­sam wi­der­ru­fen wor­den. Ein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats ha­be nicht be­stan­den. Hier­zu ha­be es ei­ne


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ver­tei­lungsfähi­gen Vo­lu­mens be­durft. Die­ses ha­be je­doch nicht be­stan­den. Die Ver­sor­gung sei auf den un­ver­zicht­ba­ren - zwin­gen­den - Min­dest­stan­dard ein­ge­fro­ren wor­den. Die vom Kläger be­haup­te­te Nach­wir­kung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus dem Jah­re 1978 ge­be es nicht. Sie sei aber auch ir­re­le­vant, weil die Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus­drück­lich re­ge­le, dass nur sol­che Ände­run­gen des Leis­tungs­gefüges ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung bedürf­ten, die dem Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats un­terlägen. Dar­aus fol­ge im Um­kehr­schluss, dass die­se Be­triebs­ver­ein­ba­rung oh­ne­hin kei­ne An­wen­dung fin­de, so­weit kein Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats be­ste­he. Die Ände­rung sei auch aus­rei­chend be­kannt ge­macht wor­den. Sch­ließlich ha­be die D. AG auch hin­rei­chen­de Gründe für die Ände­rung ge­habt. Die Sch­ließung der Un­terstützungs­kas­se sei dem­nach wirk­sam ge­we­sen. Die Fol­ge sei, dass die An­wart­schaf­ten zum Sch­ließungs­stich­tag auf­recht­er­hal­ten ge­blie­ben sei­en. In die­ser Höhe könne der Kläger auch Zah­lun­gen vom Pen­si­ons­si­che­rungs­ver­ein er­war­ten. Für die Zeit ab 1. Ja­nu­ar 1992 ge­be es je­doch kei­ne Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen mit künf­ti­gen Stei­ge­rungs­beträgen. Dar­aus fol­ge, dass der Kläger kei­ne Ansprüche ge­gen die Be­klag­te oder de­ren Rechts­vorgänge­rin ha­be.


Die Be­klag­te be­an­tragt in zwei­ter In­stanz,


das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts München vom 10.5.2006, Az.: 22 Ca 19938/05, ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.


Der Kläger be­an­tragt,


die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.


Zur Be­gründung führt er aus, das Wi­der­rufs­schrei­ben vom 25 Sep­tem­ber 1991 sei ei­ne Kündi­gung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 25 Sep­tem­ber 1978 mit Nach­trag vom 23.6.1981. In die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung sei aber ei­ne Nach­wir­kung ver­ein­bart, so dass die ursprüng­li­che Ver­sor­gungs­zu­sa­ge nach wie vor nach­wir­ke. Dem­nach sei­en bei Wi­der­ruf der Un­terstützungs­kas­se­ver­sor­gung die Mit­be­stim­mungs­rech­te des Be­triebs­rats nicht ge­wahrt wor­den. Mit der Nach­wir­kungs­ver­ein­ba­rung


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sei­en ge­ra­de auch Tat­bestände er­fasst, die ge­ge­be­nen­falls ei­ner Mit­be­stim­mung des Be­triebs­rats bzw. Ge­samt­be­triebs­ra­tes nicht un­ter­lie­gen würden. An­dern­falls ma­che die Ver­ein­ba­rung ei­ner Nach­wir­kung kei­nen Sinn, da sie für mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ge Tat­bestände be­reits ge­setz­lich ge­re­gelt sei.
Hin­sicht­lich der im Ju­ni 1981 ver­ein­bar­ten Über­g­angs­re­ge­lun­gen sei im Fal­le der Kündi­gung der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge ei­ne an­de­re Re­ge­lung denk­bar und da­mit ein Ver­tei­lungs­spiel­raum für die Be­triebs­par­tei­en ge­ge­ben ge­we­sen.
Im Übri­gen ha­be die Ar­beit­ge­be­rin im Zu­sam­men­hang mit der Kündi­gung aus­drück­lich vor­ge­schla­gen, über ei­ne Wei­terführung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung ei­ne neue Be­triebs­ver­ein­ba­rung ab­zu­sch­ließen. Gleich­zei­tig hätten nach dem Wil­len der Be­klag­ten not­wen­di­ge An­pas­sun­gen der Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen an Verände­run­gen auf­grund ge­setz­li­cher Maßnah­men und höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung ver­ein­bart wer­den sol­len.
Der Wi­der­ruf - so der Kläger wei­ter - ha­be ihm, dem Kläger, persönlich mit­ge­teilt wer­den müssen, was nicht ge­sche­hen sei. Die Ar­beit­ge­be­rin ha­be auch kei­ne aus­rei­chen­den Gründe für den Wi­der­ruf ge­habt.


Hin­sicht­lich des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en in der Be­ru­fungs­in­stanz wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze (Bl. 181 ff, 233 ff so­wie 251 ff d.A.) ergänzend Be­zug ge­nom­men.


Der Kläger hat in der Ver­hand­lung am 4.4.2007 die Kla­ge teil­wei­se zurück­ge­nom­men und sei­nen Kla­ge­an­trag ein­schränkend so­wie präzi­sie­rend wie folgt ge­stellt:


Es wird fest­ge­stellt, dass der Kläger ei­ne un­ver­fall­ba­re An­wart­schaft ge­genüber der Be­klag­ten auf Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung auf­grund der Sat­zung und Richt­li­ni­en für die Gewährung lau­fen­der Un­terstützung des Un­terstützungs­ver­eins der F.D.-Ak­ti­en­ge­sell­schaft ...e. V. und der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.09.1978 so­wie dem Nach­trag zur Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 23.06.1981 hat, je­doch be­grenzt auf die Zeit ab 01.07.1994 bis zum Aus­schei­den des Klägers aus dem Ar­beits­verhält­nis am 31.07.2005.

Die Be­klag­te hat der teil­wei­sen Kla­gerück­nah­me zu­ge­stimmt.


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Ent­schei­dungs­gründe:


I.


Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist statt­haft nach § 64 Abs. 1 und 2 b ArbGG fer­ner in der rich­ti­gen Form und Frist ein­ge­legt und be­gründet wor­den (§ 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG i.V.m. §§ 519 Abs. 2, 520 Abs. 3 ZPO, § 66 Abs. 1 Sätze 1,2,5 ArbGG i.V.m. § 222 ZPO).


II.

Die Be­ru­fung ist je­doch un­be­gründet.


Das Fest­stel­lungs­be­geh­ren ist in dem nach teil­wei­ser Kla­gerück­nah­me ver­blie­be­nen Um­fang be­gründet. Der Kläger hat ge­genüber der Be­klag­ten ei­ne be­zo­gen auf den Ent­ste­hens­zeit­raum 1.7.1994 bis ein­sch­ließlich 31.7.2005 be­grenz­te Be­triebs­ren­ten­an­wart­schaft er­wor­ben, wie sie sich aus der Sat­zung und den Richt­li­ni­en des Un­terstützungs­ver­eins der Fa. F.D. P. u. M. e.V. vom 27.4.62 so­wie der hier­zu vom Ge­samt­be­triebs­rat der F.D. AG mit der da­ma­li­gen Ar­beit­ge­be­rin am 26.9.78 ab­ge­schlos­se­nen Be­triebs­ver­ein­ba­rung nebst Nach­trag vom 23.6.1981 er­gibt.


1. Der Kläger hat­te ge­genüber der F. D. AG ei­ne Ver­sor­gungs­an­wart­schaft er­wor­ben. Un­strei­tig hat die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten, die F. D.l AG, nämlich dem Kläger ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung zu­ge­sagt, de­ren Leis­tun­gen sich aus der Sat­zung und den Richt­li­ni­en des Un­terstützungs­ver­eins der Fa. F. D. P. u. M. e.V. und den hier­zu ab­ge­schlos­se­nen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen vom 26.9.1978 so­wie 23.6.1981 er­ge­ben. Die­se An­wart­schaft war je­den­falls im Sep­tem­ber 1991 für den Kläger un­ver­fall­bar.

2. Die­se Ver­sor­gungs­an­wart­schaft des Klägers ist ent­ge­gen der Auf­fas­sung der Be­klag­ten nicht teil­wei­se – nämlich bezüglich der Zuwächse auf­grund von Be­triebs­zu­gehörig­keits­zei­ten und Lohn- und Ge­halts­verände­run­gen nach dem 31.12.1991 - er­lo­schen. Die Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten hat zwar die dem Kläger er­teil­te Zu­sa­ge wi­der­ru­fen so­wie die die­se Zu­sa­ge kon­kre­ti­sie­ren­den Be­triebs­ver­ein­ba­run-


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gen vom 26.9.78 so­wie 23.6.1981 gekündigt mit der Maßga­be, dass „al­le Zuwächse auf­grund von Be­triebs­zu­gehörig­keits­zei­ten und Lohn- und Ge­halts­verände­run­gen nach dem 31.12.1991“ weg­fal­len. Der Wi­der­ruf der Zu­sa­ge so­wie die Kündi­gung der ge­nann­ten Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen sind aber un­wirk­sam, weil die Be­klag­te das Mit­be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats nicht be­ach­tet hat.


a) Die frühe­re Ar­beit­ge­be­rin des Klägers hat den Mit­ar­bei­tern ih­res Un­ter­neh­mens Leis­tun­gen der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung über ei­ne Un­terstützungs­kas­se und da­mit über ei­ne So­zi­al­ein­rich­tung im Sin­ne des § 87 Abs. 1 Nr. 8 Be­trVG zu­ge­sagt. Bei der Aus­ge­stal­tung die­ser So­zi­al­ein­rich­tung hat der Be­triebs­rat mit­zu­be­stim­men. Zur Aus­ge­stal­tung gehört die Auf­stel­lung von Grundsätzen, nach de­nen die vom Träger­un­ter­neh­men zur Verfügung ge­stell­ten Mit­tel an die begüns­tig­ten Ar­beit­neh­mer ver­teilt wer­den. Die­sem Mit­be­stim­mungs­recht ha­ben die Be­triebs­part­ner durch die Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen vom 26.9.78 so­wie 23.6.1981 auch Rech­nung ge­tra­gen.

Die­se Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen sind Rechts­grund­la­ge für die dem Kläger zu­ste­hen­de Be­triebs­ren­ten­an­wart­schaft, da ih­nen der Wil­le der Be­triebs­part­ner zu ent­neh­men ist, hier­durch in­di­vi­du­al­recht­li­che Ver­sor­gungs­ansprüche fest­zu­schrei­ben.


Aus Sicht der Be­ru­fungs­kam­mer ist der hier in Re­de ste­hen­den Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung der Re­ge­lungs­wil­le zu ent­neh­men, an die Stel­le der sich bis da­hin nur aus der sat­zungsmäßigen Mit­glied­schaft im Un­terstützungs­ver­ein er­ge­ben­den An­wart­schaft ei­ne Be­triebs­ver­ein­ba­rung als An­spruchs­norm zu set­zen. Zwar enthält die Be­triebs­ver­ein­ba­rung im Be­treff den Pas­sus "Ände­rung der Sat­zung und Richt­li­ni­en", was dafür spre­chen könn­te, dass hier le­dig­lich ei­ne schuld­recht­li­che Ver­ein­ba­rung zwi­schen Ar­beit­ge­be­rin und Ge­samt­be­triebs­rat ge­trof­fen wer­den soll­te, die die in die Un­terstützungs­kas­se ent­sand­ten Per­so­nen bin­den und zu­gleich den übe­rein­stim­men­den Wil­len der Be­triebs­part­ner zum Aus­druck brin­gen soll­te. Dem steht je­doch ent­ge­gen, dass die Be­triebs­part­ner un­ter Zif­fer 10 aus­drück­lich ei­ne Nach­wir­kung die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung in der Wei­se ver­ein­bart ha­ben, dass die­se bis zum Ab­schluss ei­ner neu­en Be­triebs­ver­ein­ba­rung ih­re Gültig­keit be­hal­te. Dies kann aus Sicht der Kam­mer nur den Sinn ha­ben, dass das Re­ge­lungs­ziel die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung wei­ter ging, als nur die im Jah­re 1978 er­for­der­li­che Zu­stim­mung des Be­triebs­rats zu ei­ner Richt­li­ni­enände­rung des Un­terstützungs­ver­eins zu re­geln. Die­ser

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wei­ter ge­hen­de Zweck liegt dar­in, den be­trof­fe­nen Ar­beit­neh­mern gleich­zei­tig mit den in die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung ent­hal­te­nen Re­strik­tio­nen Rechts­si­cher­heit bezüglich der in Zu­kunft gel­ten­den Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen zu ge­ben.


Dem steht nicht ent­ge­gen, dass un­ter Zif­fer 9. der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.9.1978 be­stimmt ist, dass "Ände­run­gen der Richt­li­ni­en, wel­che das Mit­be­stim­mungs­recht des Ge­samt­be­triebs­rats berühren, des­sen Zu­stim­mung durch ei­ne ergänzen­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung" bedürfen. Da­mit ist le­dig­lich – ent­spre­chend der ein­schlägi­gen Recht­spre­chung - klar­ge­stellt, dass mit­be­stimm­te Richt­li­ni­en über ei­ne be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen und in be­stimm­ten Um­fang durch den Ar­beit­ge­ber mit­be­stim­mungs­frei geändert bzw. auf­ge­ho­ben wer­den können.


Der Ar­beit­ge­ber kann nämlich die Mit­tel für ei­ne Un­terstützungs­kas­se mit­be­stim­mungs­frei ein­schränken. Er ist be­rech­tigt, die Kas­se ganz oder teil­wei­se zu schließen, oh­ne hier­zu die Zu­stim­mung des Be­triebs­rats ein­ho­len zu müssen. Dies folgt dar­aus, dass der Ar­beit­ge­ber mit ei­nem be­trieb­li­chen Ver­sor­gungs­werk frei­wil­li­ge Leis­tun­gen er­bringt, die der Be­triebs­rat we­der dem Grun­de noch der Höhe nach er­zwin­gen kann (BAG, Urt. v. 10.3.92, 3 AZR 221/91, NZA 92, 949 m.w.N.).


Dem vom Be­ru­fungs­ge­richt ver­tre­te­nen Er­geb­nis, dass der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.9.78 die Qua­lität ei­ner An­spruchs­norm zu­kommt, steht auch nicht ent­ge­gen, dass das Bun­des­ar­beits­ge­richt in ei­nem ähn­lich ge­la­ger­ten Fall ei­ner Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung die in­di­vi­du­al­recht­li­che Re­le­vanz ab­ge­spro­chen hat (BAG, Ur­teil vom 27.8.1996, 3 ABR 38/95), n.v., zi­tiert nach JURIS). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in die­ser Ent­schei­dung die dort zu be­ur­tei­len­de Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung da­hin­ge­hend aus­ge­legt, dass es nur dar­um ge­gan­gen sei, die Neu­re­ge­lun­gen fest­zu­le­gen, die in den Ver­sor­gungs­richt­li­ni­en der Un­terstützungs­kas­se um­ge­setzt wer­den und die ein­zel­ver­trag­li­chen Ansprüche mo­di­fi­zie­ren soll­ten. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat dies da­mit be­gründet, dass in der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung zwar von ei­ner be­ab­sich­tig­ten Neu­ord­nung des be­trieb­li­chen Ver­sor­gungs­wer­kes ge­spro­chen wer­de, zu­gleich aber die Richt­li­ni­en in ih­rer bis­he­ri­gen Fas­sung in Be­zug ge­nom­men würden. Fer­ner kom­me das Re­ge­lungs­ziel, nämlich kei­ne neue An­spruchs­grund­la­ge zu schaf­fen, son­dern die be­triebs­ver­fas­sungs­recht­li­che Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne Ände­rung der ein­zel­ver­trag­li­chen Ansprüche zu erfüllen, dar­in zum Aus­druck, dass


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die Be­triebs­part­ner in der Ge­samt­be­triebs­ver­ein­ba­rung fest­ge­legt hätten, dass Ände­run­gen und Neu­fas­sung der ar­beits­ver­trag­lich in Be­zug ge­nom­me­nen Richt­li­ni­en nach dem Ge­sell­schafts­ver­trag dem Bei­rat der Un­terstützungs­kas­se oblägen und der In­halt der vor­lie­gen­den Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen da­bei bin­dend sei.
Der ent­schei­den­de Un­ter­schied zwi­schen dem hier ent­schie­de­nen Fall und der vom Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­schie­de­nen Aus­ein­an­der­set­zung liegt dar­in, dass im vor­lie­gen­den Fall die Be­triebs­part­ner durch die Ver­ein­ba­rung ei­ner Nach­wir­kung deut­lich ge­macht ha­ben, dass ih­re Ver­ein­ba­rung über das Ziel der Schaf­fung ei­nes mit­be­stimm­ten Zu­stands bezüglich ei­ner punk­tu­el­len Richt­li­ni­enände­rung hin­aus ging.


b) Die durch die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.9.78 ge­schaf­fe­nen Rechts­po­si­tio­nen, ins­be­son­de­re die hier­aus sich er­ge­ben­den An­wart­schaf­ten der Ar­beit­neh­mer konn­ten von der Be­klag­ten nicht oh­ne Zu­stim­mung des Be­triebs­rats be­sei­tigt wer­den.


Die Be­klag­te hat gel­tend ge­macht, die frühe­re Ar­beit­ge­be­rin ha­be mit ih­rer Kündi­gung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung und dem da­mit ver­bun­de­nen Teil­wi­der­ruf der Ver­sor­gungs­zu­sa­ge von ih­rem Recht Ge­brauch ge­macht, die Un­terstützungs­kas­se teil­wei­se zu schließen, oh­ne hier­zu die Zu­stim­mung des Ge­samt­be­triebs­rats ein­ho­len zu müssen.


Dem steht je­doch die Nach­wir­kung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 28. Sep­tem­ber 1978 gemäß § 77 Ab­satz 6 Be­triebs­ver­fas­sungs­ge­setz ent­ge­gen. Nach die­ser Vor­schrift gel­ten nach Ab­lauf ei­ner Be­triebs­ver­ein­ba­rung ih­re Re­ge­lun­gen in An­ge­le­gen­hei­ten, in de­nen ein Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le die Ei­ni­gung zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat er­set­zen kann, wei­ter, bis sie durch ei­ne an­de­re Ab­ma­chung er­setzt wer­den.


aa) Nach § 77 Abs. 6 Be­trVG wir­ken nur Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen über Ge­genstände der er­zwing­ba­ren Mit­be­stim­mung nach. Hier­zu gehören Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen über be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung nicht. Sie sind nämlich nur teil­mit­be­stimmt. Der Ar­beit­ge­ber kann al­lein darüber ent­schei­den, ob, in wel­chem Um­fang und für wel­chen Ar­beit­neh­mer­kreis er fi­nan­zi­el­le Mit­tel zur be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung zur Verfügung stellt. Nur so­weit es um die Ver­tei­lung die­ser Mit­tel geht, be­steht ein Mit-
 

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be­stim­mungs­recht des Be­triebs­rats. Der Be­triebs­rat kann des­halb nicht er­zwin­gen, dass be­trieb­li­che Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen fort­gel­ten. Da­mit schei­det auch ei­ne Nach­wir­kung sol­cher Be­stim­mun­gen bis zu ei­ner Neu­re­ge­lung aus. Die Rechts­la­ge ist hier nicht an­ders als bei der Kündi­gung von Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen über sons­ti­ge frei­wil­li­ge so­zia­le Leis­tun­gen.


bb) Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts gilt die­ser Aus­schluss der Nach­wir­kung nicht nur für Kündi­gun­gen, mit de­nen der Ar­beit­ge­ber al­le Ver­sor­gungs­ansprüche be­sei­ti­gen will. Auch dann, wenn der Ar­beit­ge­ber – wie hier - nur be­stimm­te Be­sitzstände der Ar­beit­neh­mer ent­fal­len las­sen will, und in­ner­halb des auf die­se Wei­se mit­be­stim­mungs­frei ver­rin­ger­ten Do­tie­rungs­rah­mens kein Raum für ei­ne Neu­ver­tei­lung bleibt, wirkt die gekündig­te Be­triebs­ver­ein­ba­rung nicht nach.


cc) Ei­ne Nach­wir­kung der gekündig­ten Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen über den 31.12.1991 hin­aus er­gibt sich im vor­lie­gen­den Fall je­doch dar­aus, dass die Ar­beit­ge­be­rin in ih­rem Schrei­ben vom 25.9.1991 mit dem Teil­wi­der­ruf ih­rer Ver­sor­gungs­ver­spre­chen den Vor­schlag ver­bun­den hat, über "ei­ne Wei­terführung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung ei­ne neue Be­triebs­ver­ein­ba­rung“ zu schließen, die der veränder­ten Si­tua­ti­on ent­spre­che und „not­wen­di­ge An­pas­sun­gen der Ver­sor­gungs­re­ge­lun­gen an Verände­run­gen auf­grund ge­setz­li­cher Maßnah­men und höchst­rich­ter­li­cher Recht­spre­chung“ ent­hal­te.
Die­se Erklärung der frühe­ren Ar­beit­ge­be­rin macht aus Sicht der Kam­mer deut­lich, dass die­se mit ih­rer Kündi­gung die Ab­sicht ver­folgt hat, an die Stel­le der bis­he­ri­gen Ver­sor­gungs­re­ge­lung ein an­de­res mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ges Ver­sor­gungs­werk zu set­zen. Es han­delt sich hier nicht nur um die An­deu­tung ei­ner „Gesprächs­be­reit­schaft“ son­dern um die In­aus­sicht­stel­lung ei­ner „Wei­terführung“ der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung, wo­mit nur die bis­he­ri­ge be­trieb­li­che Al­ters­ver­sor­gung ge­meint sein kann. Da­mit sind nach der Ab­sicht der frühe­ren Ar­beit­ge­be­rin von der Kündi­gung und dem Teil­wi­der­ruf nicht nur die – nicht mit­be­stim­mungs­pflich­ti­ge - Do­tie­rung der be­trieb­li­chen Al­ters­ver­sor­gung, son­dern auch die – mit­be­stim­mungs­pflich­ti­gen - Ver­tei­lungs­grundsätze be­trof­fen.


dd) Da nur die ge­sam­te Be­triebs­ver­ein­ba­rung nach­wir­ken kann, führt die An­wen­dung von § 77 Abs. 6 Be­trVG bei teil­mit­tel­be­stimm­ten Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen zwar zur


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Nach­wir­kung auch des mit­be­stim­mungs­frei­en Teils. Das be­deu­tet, wie das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 26.10.1993 (1 AZR 46/93, AP Nr. 6 zu § 77 Be­trVG 1972 Nach­wir­kung) be­tont hat, ei­ne ge­wis­se über­schießen­de Wir­kung. Dar­aus kann aber nicht der Schluss ge­zo­gen wer­den, bei teil­mit­be­stim­mungs­pflich­ti-gen Be­triebs­ver­ein­ba­run­gen ge­be es selbst dann kei­ne Nach­wir­kung, wenn mit der Kündi­gung der Be­triebs­ver­ein­ba­rung nur ei­ne Ver­rin­ge­rung des Vo­lu­mens und ei­ne Ände­rung des Ver­tei­lungs­plans be­ab­sich­tigt ist, denn auch in die­sen Fällen er­setzt der Spruch der Ei­ni­gungs­stel­le die Ei­ni­gung zwi­schen Ar­beit­ge­ber und Be­triebs­rat. Bei dem Spruch über ei­ne die Nach­wir­kung ablösen­de Be­triebs­ver­ein­ba­rung hat al­ler­dings die Ei­ni­gungs­stel­le das vom Ar­beit­ge­ber für die frei­wil­li­ge Leis­tung zur Verfügung ge­stell­te Vo­lu­men als mit­be­stim­mungs­freie Vor­ga­be sei­ner Ver­tei­lungs­ent­schei­dung zu­grun­de zu le­gen (vgl. BAG a.a.O.)


Nach­dem die Be­klag­te mit der Kündi­gung be­ab­sich­tigt hat, nicht nur die Ver­sor­gungs­ansprüche ein­zu­frie­ren, son­dern darüber hin­aus auch neue Ver­tei­lungs­grundsätze zu schaf­fen, wirkt vor­lie­gend die Be­triebs­ver­ein­ba­rung vom 26.9.1978 gemäß § 77 Abs. 6 Be­trVG nach.


Die sich aus die­ser Be­triebs­ver­ein­ba­rung er­ge­ben­den Ansprüche bzw. An­wart­schaf­ten konn­ten da­mit von der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten nicht ein­sei­tig wi­der­ru­fen wer­den.


III.


Trotz teil­wei­ser Kla­gerück­nah­me be­durf­te es kei­ner – teil­wei­sen – Auf­he­bung des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils. Dies er­gibt sich aus § 269 Abs. 3 Satz 1 ZPO wo­nach, wenn die Kla­ge – teil­wei­se – zurück­ge­nom­men wird, der Rechts­streit in­so­weit als nicht anhängig ge­wor­den an­zu­se­hen ist. Ein be­reits er­gan­ge­nes, noch nicht rechts­kräfti­ges Ur­teil wird bezüglich des zurück­ge­nom­me­nen Streit­ge­gen­stands wir­kungs­los, oh­ne dass es ei­ner aus­drück­li­chen Auf­he­bung be­darf.

IV.


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Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf den §§ 269, 92, 97 ZPO. Im Hin­blick auf die ins­ge­samt der Be­rech­nung der An­wart­schaft zu Grun­de zu le­gen­den 320 vol­len Mo­na­ten (2. Okt. 1978 bis ein­sch­ließlich 31. Ju­li 2005) wur­de die Kla­ge bezüglich ei­nes Ent­ste­hens­zeit­raums von 188 Mo­na­ten (2. Okt. 78 bis 30. Ju­ni 1994) zurück­ge­nom­men, so dass die Kos­ten­last in Höhe von 6/10 dem Kläger auf­zu­er­le­gen war.


V.


Ge­gen die­ses Ur­teil kann Be­klag­te Re­vi­si­on ein­le­gen.


Für den Kläger ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.


Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Frist von ei­nem Mo­nat ein­ge­legt und in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten be­gründet wer­den.
Bei­de Fris­ten be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung des Ur­teils.


Die Re­vi­si­on muss beim


Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

99084 Er­furt


Post­an­schrift:
Bun­des­ar­beits­ge­richt
99113 Er­furt


Fax-Num­mer:
(03 61) 26 36 - 20 00

Ein­ge­legt und be­gründet wer­den.


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Die Re­vi­si­ons­schrift und Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.


Dr. Oben­aus 

Klein 

Traub

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