HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

 

LAG Hamm, Ur­teil vom 25.07.2014, 10 Sa 503/14

   
Schlagworte:
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 10 Sa 503/14
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 25.07.2014
   
Leitsätze: Bewirbt sich ein Arbeitnehmer ausschließlich auf altersdiskriminierende Stellenausschreibungen, so kann dieses Verhalten dafür sprechen, dass die Bewerbungen subjektiv nicht ernsthaft erfolgt sind, sondern lediglich die Geltendmachung einer Entschädigung nach dem AGG beabsichtigt ist. Ein solches Verhalten ist als rechtsmissbräuchlich anzusehen
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Hamm, Urteil vom 04.03.2014, 1 Ca 721/13
   

Te­nor:

Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Hamm vom 04.03.2014, 1 Ca 721/13 wird zurück­ge­wie­sen.

Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens trägt der Kläger. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch nach § 15 Abs. 2 AGG.

Der Kläger ist am 1953 ge­bo­ren. Er ab­sol­vier­te sei­ne ju­ris­ti­schen Staats­prüfun­gen in den Jah­ren 1979 und 1983 in Ba­den-Würt­tem­berg und er­ziel­te da­bei je­weils die No­te be­frie­di­gend (7 Punk­te). We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf die vom Kläger vor­ge­leg­ten Zeug­nis­se und Be­schei­ni­gun­gen (Bl. 40, 42, 48 und 49 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Im Jah­re 1982 pro­mo­vier­te er zum Dok­tor der Rechts­wis­sen­schaf­ten und er­ziel­te da­bei die No­te "cum lau­de"(Bl. 41 d.A.). Seit dem Jah­re 1988 be­treibt der Kläger ei­ne Rechts­an­walts­kanz­lei in R. In der Zeit vom 15.11.2007 bis 05.04.2008 nahm er mit Er­folg am Fach­an­walts­lehr­gang Me­di­zin­recht teil. We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf das im Rah­men der An­la­ge K 6 ein­ge­reich­te Zer­ti­fi­kat (Bl. 47 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Den Fach­an­walts­ti­tel darf der Kläger nicht führen, da es ihm an der nöti­gen An­zahl in der Pra­xis be­ar­bei­te­ter Fälle fehlt.

Die Be­klag­te zu 1 ist ei­ne Rechts­an­walt­s­part­ner­schaft in H. Sie be­steht aus den Be­klag­ten zu 2-4. Die Be­klag­te zu 1 ist schwer­punktmäßig im Me­di­zin­recht tätig.

Im Heft 13/2013 der Neu­en Ju­ris­ti­schen Wo­chen­zeit­schrift (NJW) schrieb die Be­klag­te zu 1 die Stel­le ei­ner Rechts­anwältin/ei­nes Rechts­an­walts im Be­reich des Me­di­zin- und Haf­tungs­recht aus (An­la­ge K 1, Bl. 5 d.A.).

Der Kläger be­warb sich mit E-Mail vom 29.03.2013 auf die­se Stel­len­an­zei­ge (An­la­ge K 2, Bl. 6 d.A.). Die­ser E-Mail fügte der Kläger als PDF-An­hang Be­wer­bungs­un­ter­la­gen bei. We­gen der Ein­zel­hei­ten wird auf die als An­la­ge K 6 ein­ge­reich­ten Un­ter­la­gen (Bl. 35-47 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Mit E-Mail vom 03.04.2013 teil­te der Be­klag­te zu 3 dem Kläger mit, dass ihm kei­ne Stel­le an­ge­bo­ten wer­den könne (An­la­ge K 3, Bl. 7 d.A.). Mit Schrei­ben vom 04.04.2013 mach­te der Kläger ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch in Höhe von 10.000,- € und Scha­dens­er­satz­ansprüche in Höhe von 50.000,- € gel­tend (An­la­ge K 4, Bl. 9 f. d.A.). Hier­auf er­wi­der­te der Be­klag­te zu 2 mit Schrift­satz vom 05.04.2013 (Bl. 11 f. d.A.).

Mit Schrift­satz vom 08.04.2013, der Be­klag­ten zu 1 zu­ge­stellt am 15.04.2013, hat der Kläger ei­ne Kla­ge nach § 15 AGG er­ho­ben und da­bei zunächst Entschädi­gungs­ansprüche und Scha­dens­er­satz­ansprüche gel­tend ge­macht. Er hat sei­ne Kla­ge hin­sicht­lich der Scha­dens­er­satz­ansprüche in der ers­ten In­stanz später zurück­ge­nom­men.

Der Kläger mach­te zu­dem im Jahr 2013 auch Ansprüche nach § 15 AGG ge­gen wei­te­re An­walts­kanz­lei­en und Un­ter­neh­men gel­tend. We­gen der Ein­zel­hei­ten die­ser Kanz­lei­en und Un­ter­neh­men so­wie der be­fass­ten Ar­beits­ge­rich­te wird zunächst auf die von den Be­klag­ten als An­la­ge B2 vor­ge­leg­te Auf­lis­tung (Bl. 85 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Ne­ben den 10 dort auf­geführ­ten An­walts­kanz­lei­en bzw. Un­ter­neh­men mach­te der Kläger Scha­dens­er­satz­ansprüche auch ge­genüber der Rechts­an­walts­kanz­lei C2 und C3 in Karls­ru­he so­wie ge­genüber den Rechts­anwälten M in Köln gel­tend. We­gen der dies­bezügli­chen Ein­zel­hei­ten wird auf die von den Be­klag­ten als An­la­ge B3 vor­ge­leg­ten Schrei­ben (Bl. 86-104 d.A.) Be­zug ge­nom­men. Nach ei­nem Ar­ti­kel in der Zeit­schrift juve vom 09.09.2013, den die Be­klag­ten als An­la­ge B1 vor­ge­legt ha­ben, hat der Kläger ge­genüber ins­ge­samt 16 An­walts­kanz­lei­en oder Un­ter­neh­men im Jahr 2013 Entschädi­gungs­ansprüche gel­tend ge­macht (Bl. 93 des Hef­tes juve 11/13).

Der Kläger hat die An­sicht ver­tre­ten, er sei durch die Stel­len­an­zei­ge der Be­klag­ten dis­kri­mi­niert wor­den. In­dem die Be­klag­ten ei­nen Be­rufs­anfänger oder je­man­den mit kürze­rer Be­rufs­er­fah­rung ge­sucht hätten, hätten sie ihn als älte­ren Rechts­an­walt dis­kri­mi­niert. Die An­zei­ge sei kei­nes­wegs al­ter­s­neu­tral ge­we­sen. Für die Dis­kri­mi­nie­rung sei es aus­rei­chend, wenn das Kri­te­ri­um ty­pi­scher­wei­se zur Dis­kri­mi­nie­rung ge­eig­net sei bzw. wenn nach all­ge­mei­ner Le­bens­er­fah­rung ei­ne über­wie­gen­de Wahr­schein­lich­keit für ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung be­ste­he. Er sei auch für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le ge­eig­net ge­we­sen. Dif­fe­ren­zie­rungs­kri­te­ri­en könn­ten nur den Be­rei­chen Beschäfti­gungs­po­li­tik, Ar­beits­markt oder be­ruf­li­che Bil­dung ent­nom­men wer­den. Sol­che Kri­te­ri­en sprächen nicht ge­gen ihn. Im Übri­gen bedürf­ten auch die­je­ni­gen Be­wer­ber ei­nes Schut­zes vor Dis­kri­mi­nie­rung, die nicht je­de Vor­aus­set­zung des An­for­de­rungs­pro­fils erfüll­ten. Zu­dem ent­spre­che er dem An­for­de­rungs­pro­fil der Stel­len­an­zei­ge. Er sei pro­mo­viert, ha­be über­durch­schnitt­li­che Ex­ami­na ab­ge­legt und ha­be In­ter­es­se für Me­di­zin­recht ge­zeigt.

Sei­ne Be­wer­bung sei auch ernst­haft ge­we­sen. Ihm könne nicht der Ein­wand des Rechts­miss­brauchs ent­ge­gen ge­hal­ten wer­den. Die­ser könn­te al­len­falls grei­fen, wenn es ihm aus­sch­ließlich um ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch ge­gan­gen wäre. Die Tat­sa­che, dass er sich mehr­fach be­wor­ben ha­be und da­bei mehr­fach dis­kri­mi­niert wor­den sei, ste­he der sub­jek­ti­ven Ernst­haf­tig­keit sei­ner Be­wer­bung nicht ent­ge­gen. Er sei auch pro­zes­su­al nicht ver­pflich­tet dar­zu­le­gen, dass er sich auch auf nicht dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len be­wor­ben ha­be. Er müsse sich selbst nicht be­las­ten. Zu­dem se­he er sich außer­stan­de, un­ter Bruch des Ver­trau­lich­keits­grund­sat­zes die Ein­zel­hei­ten ver­trau­li­cher Be­wer­bungs­ver­fah­ren of­fen­zu­le­gen. Er ha­be sich auf ei­ne Viel­zahl nicht dis­kri­mi­nie­ren­der Stel­len­aus­schrei­bun­gen be­wor­ben. Er könne die­se Be­wer­bungs­ver­fah­ren auch des­halb nicht kon­kret dar­stel­len, da er sei­ne Be­wer­bun­gen nach ent­spre­chen­der Ab­sa­ge nicht ar­chi­viert ha­be, so­fern sie nicht in ei­nen Rechts­streit gemündet sei­en.

Im Kam­mer­ter­min ers­ter In­stanz am 10.12.2013 ist der Kläger säum­ig ge­blie­ben. Es er­ging ein kla­ge­ab­wei­sen­des Versäum­nis­ur­teil. Die­ses ist dem Kläger am 16.12.2013 zu­ge­stellt wor­den. Er hat ge­gen das Versäum­nis­ur­teil am 16.12.2013 Ein­spruch ein­ge­legt.

Der Kläger hat so­dann be­an­tragt,

das Versäum­nis­ur­teil vom 10.12.2013 auf­zu­he­ben und die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, ihm Entschädi­gung nach Er­mes­sen des Ge­richts nebst Zin­sen hier­aus in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit dem 15.04.2013 zu zah­len.

Die Be­klag­ten ha­ben be­an­tragt,

das Versäum­nis­ur­teil vom 10.12.2013 auf­recht­zu­er­hal­ten.

Sie ha­ben die An­sicht ver­tre­ten, sie hätten den Kläger durch die Stel­len­an­zei­ge nicht be­nach­tei­ligt. Die Be­zeich­nun­gen "Be­rufs­anfänger" und "kürze­re Be­rufs­er­fah­rung" sei­en je­den­falls be­zo­gen auf den Rechts­an­walts­be­ruf al­ter­s­neu­tral. Auch Men­schen fort­ge­schrit­te­nen Al­ters könn­ten im Be­ruf des Rechts­an­walts Be­rufs­anfänger sein. Die Be­klag­ten ha­ben auf Stu­die­ren­de im zwei­ten Bil­dungs­weg, Be­rufs­wechs­ler, aus­ge­schie­de­ne Wahl­be­am­te, pen­sio­nier­te Ver­wal­tungs­ju­ris­ten und pen­sio­nier­te Rich­ter ver­wie­sen. Das Al­ter des Klägers ha­be auch in den Schrei­ben vom 03.04.2013 und 05.04.2013 kei­ne Rol­le ge­spielt.

Im Übri­gen ha­be der Kläger das An­for­de­rungs­pro­fil der Be­klag­ten nicht erfüllt. Es sei­en über­durch­schnitt­li­che ju­ris­ti­sche Ex­ami­na ge­for­dert ge­we­sen. Da­bei hätten sich die Be­klag­ten an § 17 JAG NW ori­en­tiert. Über­durch­schnitt­lich sei da­bei ei­ne voll­be­frie­di­gen­de Leis­tung. Die­se ha­be der Kläger in sei­nen Ex­ami­na nicht er­reicht. Zu­dem hätten sie ei­nen An­walt im Me­di­zin­recht ge­sucht, der Kran­kenhäuser und Ver­si­che­run­gen ver­tre­ten ha­be. Der Kläger sei aber nach ei­ge­nen An­ga­ben im Me­di­zin­recht vor al­lem für Pa­ti­en­ten tätig ge­we­sen. Die Ein­stel­lung ei­nes sol­chen An­walts hätte den In­ter­es­sen der Man­dan­ten der Be­klag­ten wi­der­spro­chen.

Sch­ließlich ha­ben die Be­klag­ten ei­nem Entschädi­gungs­an­spruch des Klägers den Ein­wand des Rechts­miss­brauchs ent­ge­gen­ge­hal­ten. Sie ha­ben in­so­fern ins­be­son­de­re auf die Viel­zahl wei­te­rer Be­wer­bun­gen auf dis­kri­mi­nie­ren­de An­zei­gen und Entschädi­gungs­kla­gen des Klägers ver­wie­sen. Der Kläger ha­be sich auf fach­lich, d.h. hin­sicht­lich der Schwer­punk­te der er­war­te­ten Qua­li­fi­ka­tio­nen und Ar­beits­ge­bie­te, gänz­lich un­ter­schied­li­che Stel­len be­wor­ben. So ha­be er sich bei den Rechts­anwälten M im Be­reich des pri­va­ten Bau­rechts, bei den Anwälten C2 und C3 oder bei der Pra­xis Bird und Bird als Spe­zia­list für In­ter­na­tio­na­les Pri­vat­recht oder IT-Recht be­wor­ben. Bei der Pra­xis May­er Brown ha­be er sich be­wor­ben, ob­wohl dort her­vor­ra­gen­de Eng­lisch­kennt­nis­se ge­for­dert wor­den sei­en, über die der Kläger nicht verfüge. Die Aus­wahl be­le­ge, dass es dem Kläger bei den be­wor­be­nen Stel­len nicht um die je­wei­li­ge Tätig­keit, son­dern um Entschädi­gungs­leis­tun­gen ge­he. Ge­gen die Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung sprächen auch die lieb­los er­stell­te E-Mail-Be­wer­bung so­wie die ex­or­bi­tan­te Höhe der gel­tend ge­mach­ten For­de­run­gen.

Durch Ur­teil vom 04.03.2014 hat das Ar­beits­ge­richt das Versäum­nis­ur­teil vom 10.12.2013 auf­recht er­hal­ten. Ein Entschädi­gungs­an­spruch des Klägers sei nicht be­gründet. Es lägen zwar auf der Grund­la­ge der Stel­len­aus­schrei­bung In­di­zi­en für ei­ne Be­nach­tei­li­gung des Klägers we­gen des Al­ters vor. Die Be­klag­ten hätten je­doch Tat­sa­chen vor­ge­tra­gen, aus de­nen sich er­ge­be, dass es aus­sch­ließlich an­de­re Gründe als das Al­ter ge­we­sen sei­en, die zu der we­ni­ger güns­ti­gen Be­hand­lung des Klägers geführt hätten. Die Be­klag­ten hätten her­vor­ra­gen­de ju­ris­ti­sche Fähig­kei­ten und über­durch­schnitt­li­che Ex­ami­na ge­for­dert. Über­durch­schnitt­li­che Ex­ami­na sei­en je­den­falls für das in Nord­rhein-West­fa­len be­ste­hen­de Verständ­nis Ex­ami­na mit der No­te "voll­be­frie­di­gend", die der Kläger nicht vor­zu­wei­sen ha­be. Zu­dem hätten die Be­klag­ten un­ter Berück­sich­ti­gung ih­rer wirt­schaft­li­chen In­ter­es­sen ei­nen An­walt ein­stel­len wol­len, der im Me­di­zin­recht in der Ver­gan­gen­heit nicht auf Pa­ti­en­ten­sei­te tätig ge­we­sen sei. Da der Kläger zu­dem die für die Zu­las­sung als Fach­an­walt er­for­der­li­che Fall­zahl nicht erfüllt ha­be, ha­be er auch ein be­son­de­res In­ter­es­se am Me­di­zin­recht nicht dar­ge­legt. Zu­dem dürf­te ein et­wai­ger Entschädi­gungs­an­spruch des Klägers auch un­ter dem Ge­sichts­punkt des Rechts­miss­brauchs frag­lich sein.

Das Ur­teil ist dem Kläger am 13.03.2014 zu­ge­stellt wor­den. Er hat am Mon­tag, den 14.04.2014 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se am 12.05.2014 be­gründet.

Der Kläger wie­der­holt und ver­tieft sein erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen. Die Be­klag­ten hätten 21 nicht be­wie­sen, dass al­lein an­de­re Gründe als sein Al­ter für sei­ne Nicht­berück­sich­ti­gung ursächlich ge­we­sen sei­en. Er sei nach Aus­bil­dung, Aus­bil­dungs­er­geb­nis­sen, Pro­mo­ti­on und Be­rufs­er­fah­rung ein ganz her­vor­ra­gen­der Ju­rist. Die Be­klag­ten hätten in der Stel­len­aus­schrei­bung kei­ne Min­dest­no­ten im Ex­amen ge­for­dert. Sie könn­ten sich da­her auch nicht dar­auf be­ru­fen, es sei ein voll­be­frie­di­gend ge­meint ge­we­sen. Außer­dem sei­en die Prüfungs­no­ten ein völlig un­ge­eig­ne­ter An­knüpfungs­punkt. Auch das Ar­gu­ment, die Be­klag­ten hätten nur ei­nen Rechts­an­walt ein­stel­len wol­len, der aus­sch­ließlich noch nie auf Pa­ti­en­ten­sei­te tätig ge­wor­den sei, sei Un­sinn und nach­ge­scho­ben. Zu­dem ha­be er ein be­son­de­res In­ter­es­se am Me­di­zin­recht dar­ge­legt.

Er ha­be sich auch nicht rechts­miss­bräuch­lich be­wor­ben. Die Be­klag­ten hätten ih­re E-Mail-Adres­se an­ge­ge­ben, so dass ei­ne E-Mail-Be­wer­bung völlig nor­mal ge­we­sen sei. Dass er sich mehr­fach ge­gen dis­kri­mi­nie­ren­des Ver­hal­ten ge­wehrt ha­be, sei nicht rechts­miss­bräuch­lich. Zu­dem sei ein Rechts­miss­brauch im Rah­men des Entschädi­gungs­an­spruchs oh­ne­hin nicht zu berück­sich­ti­gen. Wenn der Ge­setz­ge­ber wirk­lich ei­nen Rechts­miss­brauch hätte berück­sich­tigt se­hen wol­len, hätte man dies im Ge­setz berück­sich­tigt, was aber we­der in der eu­ropäischen Richt­li­nie noch im AGG ge­sche­hen sei. Dies hätte um­so näher ge­le­gen, als schon da­mals das Schreck­ge­spenst des "AGG-Hop­pers" be­kannt ge­we­sen sei, dem man si­cher ei­ne Re­ge­lung ge­wid­met hätte, wenn das ge­wollt ge­we­sen wäre. Der Kläger ver­weist in­so­fern auch auf die von ihm vor­ge­leg­te Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de­schrift zum Bun­des­ar­beits­ge­richt im Ver­fah­ren 8 AZN 401/14 (Bl. 224 ff. d.A.).

Er ist zu­dem der An­sicht, es er­ge­be sich aus kei­nem Ge­setz und kei­ner Richt­li­nie, dass er al­le sei­ne Be­wer­bungs­bemühun­gen of­fen le­gen und do­ku­men­tie­ren müsse. Der Kläger hat gleich­wohl im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung des Be­ru­fungs­ver­fah­rens am 25.07.2014 dem Ge­richt ei­ne Be­wer­bungs­map­pe mit 29 Be­wer­bun­gen vor­ge­legt, von de­nen zwei das Jahr 2013 be­tra­fen, bei de­nen er kei­ne Entschädi­gungs­ansprüche gel­tend ge­macht ha­be.

Der Kläger be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Hamm vom 04.03.2014, 1 Ca 721/13 ab­zuändern, das Versäum­nis­ur­teil des Ar­beits­ge­richts Hamm 10.12.2013 auf­zu­he­ben und die Be­klag­ten als Ge­samt­schuld­ner zu ver­ur­tei­len, an ihn Entschädi­gung nach Er­mes­sen des Ge­richts nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem je­wei­li­gen Ba­sis­zins­satz seit dem 15.04.2013 zu zah­len.

Die Be­klag­ten be­an­tra­gen,

die Be­ru­fung des Klägers zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­di­gen das ar­beits­ge­richt­li­che Ur­teil, wie­der­ho­len und ver­tie­fen ihr erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen und führen ergänzend wie folgt aus. Auf­grund un­strei­ti­ger Tat­sa­chen er­ge­be sich, dass der Kläger das An­for­de­rungs­pro­fil der Be­klag­ten nicht erfüllt ha­be. Die Be­klag­ten hätten über­durch­schnitt­li­che und da­mit voll­be­frie­di­gen­de Ex­ami­na ge­for­dert. Sie hätten ent­spre­chend den Emp­feh­lun­gen ih­rer Man­dan­ten auch kei­nen An­walt ein­stel­len wol­len, der zu­vor Pa­ti­en­ten ver­tre­ten ha­be. Al­lein der Be­such ei­nes Fach­an­walts­kur­ses qua­li­fi­zie­re den Kläger auch nicht als Me­di­zin­recht­ler, zu­mal er of­fen­sicht­lich nicht über aus­rei­chen­de prak­ti­sche Er­fah­rung verfüge. Zu­dem ha­be er sich auch nicht im Haf­tungs­recht her­vor­ge­tan. Wei­ter­hin sei die Be­wer­bung des Klägers rechts­miss­bräuch­lich er­folgt.

We­gen des wei­te­ren Sach- und Streit­stands wird auf die zwi­schen den Par­tei­en ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie auf die Pro­to­kollerklärun­gen ergänzend Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

A.

Die Be­ru­fung des Klägers ist zurück­zu­wei­sen. Sie ist zulässig aber nicht be­gründet.

I.

Die Be­ru­fung ist zulässig. Sie ist statt­haft gemäß § 64 Abs. 1, Abs. 2 lit. b ArbGG. Der Kläger hat sei­ne Be­ru­fung ge­gen das am 13.03.2014 zu­ge­stell­te Ur­teil form- und frist­ge­recht nach §§ 519 ZPO, 64 Abs. 6 S. 1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG in­ner­halb der Mo­nats­frist am Mon­tag, den 14.04.2014 ein­ge­legt. Die Be­ru­fung wur­de auch gemäß §§ 520 Abs. 3 ZPO, 64 Abs. 6 S.1 ArbGG, 66 Abs. 1 S. 1 ArbGG in­ner­halb der Frist von zwei Mo­na­ten form- und frist­ge­recht am 12.05.2013 be­gründet.

II.

Die Be­ru­fung ist aber un­be­gründet. Sie hat in der Sa­che kei­nen Er­folg.

1.

Der auf Zah­lung ei­ner Entschädi­gung ge­rich­te­te Kla­ge­an­trag ist zulässig. Er ist ins­be­son­de­re hin­rei­chend be­stimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durf­te die Höhe der von ihm be­gehr­ten Entschädi­gung in das Er­mes­sen des Ge­richts stel­len. § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG räumt dem Ge­richt bei der Höhe der Entschädi­gung ei­nen Be­ur­tei­lungs­spiel­raum ein, wes­halb ei­ne Be­zif­fe­rung des Zah­lungs­an­trags nicht not­wen­dig ist. Er­for­der­lich ist al­lein, dass der Kläger Tat­sa­chen, die das Ge­richt bei der Be­stim­mung des Be­trags her­an­zie­hen soll, be­nennt und die Größen­ord­nung der gel­tend ge­mach­ten For­de­rung an­gibt (BAG 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489 ff.). Der Kläger hat ei­nen Sach­ver­halt dar­ge­legt, der dem Ge­richt die Be­stim­mung ei­ner Entschädi­gung ermöglicht und den aus sei­ner Sicht ge­bo­te­nen Be­trag für ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung mit 10.000,- € be­zif­fert.

2.

Die Kla­ge ist je­doch un­be­gründet.

Nach § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG kann ein Be­wer­ber, der bei ei­ner Ein­stel­lungs­ent­schei­dung we­gen ei­nes in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des be­nach­tei­ligt wur­de, we­gen ei­nes Scha­dens, der nicht Vermögens­scha­den ist, ei­ne an­ge­mes­se­ne Entschädi­gung ver­lan­gen.

a)

Der Entschädi­gungs­an­spruch setzt vor­aus, dass es sich bei dem An­spruch­stel­ler um ei­nen Beschäftig­ten im Sin­ne des AGG han­delt (hier­zu b). Der An­spruchs­geg­ner muss als Ar­beit­ge­ber pas­siv­le­gi­ti­miert sein (hier­zu c). Wei­ter­hin müssen die Entschädi­gungs­ansprüche in den Fris­ten der §§ 15 Abs. 4 AGG, 61b Abs. 1 ArbGG schrift­lich gel­tend ge­macht wer­den (hier­zu d). In der Sa­che muss der An­spruch­stel­ler In­di­zi­en vor­tra­gen, die sei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­nes Merk­mals aus § 1 AGG ver­mu­ten las­sen. Dies ist der Fall, wenn die vor­ge­tra­ge­nen Tat­sa­chen aus ob­jek­ti­ver Sicht mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit dar­auf schließen las­sen, dass ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen ei­nes Merk­mals aus § 1 AGG er­folgt ist (hier­zu e). Liegt die Ver­mu­tung ei­ner Be­nach­tei­li­gung vor, hat der Ar­beit­ge­ber dar­zu­le­gen und gemäß § 22 AGG ge­ge­be­nen­falls zu be­wei­sen, dass kein Ver­s­toß ge­gen das Be­nach­tei­li­gungs­ver­bot vor­liegt. Denk­bar ist in­so­fern, dass der Ar­beit­ge­ber dar­legt, dass der Be­wer­ber ob­jek­tiv nicht ge­eig­net war und sich so­mit schon nicht in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on im Sin­ne von § 3 Abs. 1 AGG be­fand (hier­zu f). Sch­ließlich kann dem An­spruch der Ein­wand des Rechts­miss­brauchs ent­ge­gen ge­hal­ten wer­den, ins­be­son­de­re wenn kei­ne ernst­haf­te Be­wer­bung vor­lag (hier­zu g).

Nach die­sen Grundsätzen hat der Kläger kei­nen Entschädi­gungs­an­spruch ge­gen die Be­klag­ten.

b)

Als Be­wer­ber gilt der Kläger gemäß § 6 Abs. 1 Satz 2 AGG als ?Beschäftig­ter? und fällt da­her un­ter den persönli­chen An­wen­dungs­be­reich des AGG. In die­sem Zu­sam­men­hang spielt es kei­ne Rol­le, ob er für die aus­ge­schrie­be­ne Tätig­keit ob­jek­tiv ge­eig­net war. Die ob­jek­ti­ve Eig­nung ei­nes Be­wer­bers ist viel­mehr für die Fra­ge be­deut­sam, ob ei­ne "ver­gleich­ba­re Si­tua­ti­on" iSd § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG vor­ge­le­gen hat. Auch auf die
sub­jek­ti­ve Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung kommt es nicht an, weil ihr Feh­len le­dig­lich den Ein­wand treu­wid­ri­gen Ver­hal­tens des Be­wer­bers be­gründen könn­te (BAG 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489 ff.).

c)

Die Be­klag­te zu 1 ist als "Ar­beit­ge­be­rin" pas­siv le­gi­ti­miert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist 48 Ar­beit­ge­ber im Sin­ne des Ge­set­zes, wer "Per­so­nen nach Ab­satz 1" des § 6 AGG beschäftigt. Ar­beit­ge­ber ist auch der­je­ni­ge, der um Be­wer­bun­gen für ein von ihm an­ge­streb­tes Beschäfti­gungs­verhält­nis bit­tet (BAG 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489 ff.). Als Part­ner der Be­klag­ten zu 1 haf­ten die Be­klag­ten zu 2 bis 4 für de­ren Ver­bind­lich­kei­ten und sind da­mit eben­falls pas­siv le­gi­ti­miert.

d)

Der Kläger hat sei­nen Entschädi­gungs­an­spruch in­ner­halb der Fris­ten der § 15 Abs. 4 AGG und § 61b Abs. 1 ArbGG gel­tend ge­macht.

Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein An­spruch aus § 15 Abs. 2 AGG in­ner­halb ei­ner Frist von zwei Mo­na­ten schrift­lich gel­tend ge­macht wer­den. Im Fal­le ei­ner Be­wer­bung be­ginnt die Frist mit dem Zu­gang der Ab­leh­nung (§ 15 Abs. 4 Satz 2 AGG), nicht je­doch vor dem Zeit­punkt, in dem der Be­wer­ber von sei­ner Be­nach­tei­li­gung Kennt­nis er­langt (BAG 14.11.2013 ? 8 AZR 997/12 ? NZA 2014, 489 ff.).

Die Ab­leh­nung sei­ner Be­wer­bung wur­de dem Kläger mit­tels E-Mail vom (*1) 03.04.2014 mit­ge­teilt. Der Kläger mach­te be­reits mit Schrei­ben vom (*2) 04.04.2014 ei­nen Scha­dens­er­satz- und Entschädi­gungs­an­spruch außer­ge­richt­lich gel­tend.

Der Kläger hat sei­ne Scha­dens­er­satz- und Entschädi­gungs­ansprüche durch die beim Ar­beits­ge­richt am (*3) 10.04.2014 ein­ge­gan­ge­ne Kla­ge auch in­ner­halb der drei­mo­na­ti­gen Kla­ge­er­he­bungs­frist des § 61b Abs. 1 ArbGG gel­tend ge­macht.

e)

Der Kläger hat auch In­di­zi­en vor­ge­tra­gen, die ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen des Al­ters ver­mu­ten las­sen.

Ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen des Al­ters kann nach § 3 Abs. 1 und 2 AGG nicht nur er­fol­gen, in­dem die Aus­wah­l­ent­schei­dung un­mit­tel­bar an das Al­ter an­knüpft, oh­ne dass dies ge­recht­fer­tigt ist, son­dern auch mit­tel­bar, in­dem Per­so­nen ei­ner be­stimm­ten Al­ters­grup­pe durch den An­schein nach neu­tra­le Vor­schrif­ten, Kri­te­ri­en oder Ver­fah­ren sehr viel häufi­ger ne­ga­tiv be­trof­fen sind als Per­so­nen ei­ner an­de­ren Al­ters­grup­pe, oh­ne dass dies durch ein rechtmäßiges Ziel sach­lich ge­recht­fer­tigt ist und die Mit­tel zur Er­rei­chung die­ses Ziels an­ge­mes­sen und er­for­der­lich sind. Für die An­nah­me ei­ner mit­tel­ba­ren Be­nach­tei­li­gung ist kein sta­tis­ti­scher Nach­weis er­for­der­lich, dass ei­ne be­stimm­te Al­ters­grup­pe durch die in Fra­ge ste­hen­den Kri­te­ri­en tatsächlich we­gen ih­res Al­ters be­nach­tei­ligt wird. Es ist aus­rei­chend, wenn das Kri­te­ri­um hier­zu ty­pi­scher­wei­se ge­eig­net ist (BAG 18.08.2009 - 1 ABR 47/08 - AP § 3 AGG Nr. 1).

Die von der Be­klag­ten ver­lang­ten Kri­te­ri­en "Be­rufs­anfänger" bzw. "kürze­re Be­rufs­er­fah­rung" sind als mit­tel­bar dis­kri­mi­nie­rend ein­zu­stu­fen. Von ei­ner un­mit­tel­ba­ren Be­nach­tei­li­gung ist nicht aus­zu­ge­hen, weil das Kri­te­ri­um nicht di­rekt auf das Al­ter ab­stellt und auch nicht un­trenn­bar mit dem Al­ter ver­bun­den ist. Ei­ne mit­tel­ba­re Be­nach­tei­li­gung ist an­zu­neh­men, weil mit stei­gen­dem Al­ter ty­pi­scher­wei­se ei­ne größere Be­rufs­er­fah­rung ver­bun­den ist (vgl. LAG Köln 20.11.2013 - 5 Sa 317/13 - ju­ris).

Den Be­klag­ten ist zwar zu­zu­ge­ben, dass Be­rufs­anfänger im Rechts­an­walts­be­ruf durch­aus auch über ein höhe­res Le­bens­al­ter verfügen können. Die Be­klag­ten ha­ben in­so­fern auf Spätstu­die­ren­de, Be­rufs­wechs­ler und Pen­si­onäre ver­wie­sen. Dies ändert al­ler­dings nichts dar­an, dass der Be­rufs­anfänger oder der Be­wer­ber mit kur­zer Be­rufs­er­fah­rung ty­pi­scher­wei­se eher jung als alt ist.

Der Kläger er­fuhr mit der Ab­sa­ge vom 03.04.2013 ei­ne we­ni­ger güns­ti­ge Be­hand­lung als die Be­wer­ber, die zu ei­nem Vor­stel­lungs­gespräch ein­ge­la­den wur­den. Ein Nach­teil im Rah­men ei­ner Aus­wah­l­ent­schei­dung liegt auch vor, wenn der Be­wer­ber - wie hier der Kläger - nicht in die Aus­wahl ein­be­zo­gen, son­dern vor­ab in ei­nem Be­wer­bungs­ver­fah­ren aus­ge­schie­den wur­de. Die Be­nach­tei­li­gung liegt in­so­fern be­reits in der Ver­sa­gung ei­ner Chan­ce (BAG 24.01.2013 - 8 AZR 429/11 - NZA 2013 498 ff.).

Der Kläger hat da­mit In­di­zi­en vor­ge­tra­gen, die mit über­wie­gen­der Wahr­schein­lich­keit dar­auf schließen las­sen, dass ei­ne Be­nach­tei­li­gung we­gen des Al­ters er­folgt ist.

f)

Es kann da­hin­ste­hen, ob die Be­klag­ten gemäß § 22 AGG dar­ge­legt ha­ben, dass kein Ver­s­toß ge­gen die Be­stim­mun­gen zum Schutz vor Be­nach­tei­li­gun­gen vor­ge­le­gen hat. Es kann in­so­fern ins­be­son­de­re da­hin­ste­hen, ob sich der Kläger im Verhält­nis zu den nicht aus­ge­schie­de­nen Be­wer­bern in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on be­fand.

Al­ler­dings ist es stets Vor­aus­set­zung für ei­nen Entschädi­gungs­an­spruch, dass sich die be­nach­tei­lig­ten und begüns­tig­ten Per­so­nen in ei­ner ver­gleich­ba­ren Si­tua­ti­on be­fin­den (BAG 14.11.2013 - 8 AZR 997/12 - NZA 2014, 489 ff.). Dies er­gibt sich dar­aus, dass so­wohl das Ver­bot ei­ner un­mit­tel­ba­ren als auch das Ver­bot ei­ner mit­tel­ba­ren Dis­kri­mi­nie­rung nach § 7 Abs. 1 AGG we­gen des Al­ters oder ei­nes an­de­ren in § 1 AGG ge­nann­ten Grun­des ei­ne be­son­de­re Aus­prägung des all­ge­mei­nen Gleich­heits­sat­zes sind, wo­nach glei­che Sach­ver­hal­te nicht oh­ne sach­li­chen Grund un­gleich be­han­delt wer­den dürfen (BAG 27.01.2011 - 6 AZR 526/09 - AP § 17 TVöD Nr. 1).

Kei­ne ver­gleich­ba­re Si­tua­ti­on ist ge­ge­ben, wenn der über­g­an­ge­ne Be­wer­ber für die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le schon ob­jek­tiv nicht ge­eig­net war. Denn ver­gleich­bar ist die Aus­wahl­si­tua­ti­on nur für Ar­beit­neh­mer, die glei­cher­maßen die ob­jek­ti­ve Eig­nung für die zu be­set­zen­de Stel­le auf­wei­sen (BAG 24.01.2013 - 8 AZR 429/11 - NZA 2013, 498). Maßgeb­lich für die ob­jek­ti­ve Eig­nung ist da­bei nicht das for­mel­le An­for­de­rungs­pro­fil, wel­ches der Ar­beit­ge­ber er­stellt hat. Maßgeb­lich sind viel­mehr die An­for­de­run­gen, die an die je­wei­li­ge Tätig­keit nach der im Ar­beits­le­ben herr­schen­den Ver­kehrs­an­schau­ung ge­stellt wer­den. Al­ler­dings ist es grundsätz­lich zulässig, in ei­nem Stel­len­pro­fil ei­ne be­stimm­te Min­dest­no­te oder sons­ti­ge be­ruf­li­che Qua­li­fi­ka­ti­on zu for­dern (BAG 14.11.2013 - 8 AZR 997/12, NZA 2014, 489 ff.).

Ob der Kläger nach ei­nem von den Be­klag­ten auf­ge­stell­ten An­for­de­rungs­pro­fil schon des­halb ein un­ge­eig­ne­ter Be­wer­ber war, weil er ei­ner­seits nicht über zwei voll­be­frie­di­gen­de Staats­ex­ami­na verfügt und zu­dem in der Ver­gan­gen­heit als Rechts­an­walt Pa­ti­en­ten im Me­di­zin­recht ver­tre­ten hat­te, kann da­hin­ste­hen.

g)

Ein Entschädi­gungs­an­spruch des Klägers ist nämlich un­ter dem Ge­sichts­punkt des Rechts­miss­brauchs nach § 242 BGB aus­ge­schlos­sen.

aa)

Ent­ge­gen der An­sicht des Klägers können Ansprüche des An­spruch­stel­lers nach § 242 BGB un­ter dem Ge­sichts­punkt des Rechts­miss­brauchs aus­ge­schlos­sen sein.

Ein Rechts­miss­brauch liegt vor, wenn die Rechts­ausübung als sol­che zu miss­bil­li­gen ist. Es be­ste­hen vor al­lem drei Gründe, die zu die­ser Miss­bil­li­gung der Rechts­ausübung führen: Die Rechts­ausübung ist der Art oder den Be­gleit­umständen nach un­gehörig, sie ver­letzt an­der­wei­ti­ge Pflich­ten oder ihr liegt kein schutzwürdi­ges In­ter­es­se des Ausüben­den zu­grun­de (Münche­ner Kom­men­tar/Roth/Schu­bert, 6. Aufl., § 242 BGB Rdz. 235). Dem Ein­wand des Rechts­miss­brauchs we­gen feh­len­der sub­jek­ti­ver Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung liegt der Ge­dan­ke zu­grun­de, dass in die­sem Fall kein schutzwürdi­ges In­ter­es­se des Be­wer­bers an ei­ner Entschädi­gung be­steht. Die Ge­ne­ral­klau­sel des § 242 BGB greift in die­ser Si­tua­ti­on, weil das Ge­setz für den be­zeich­ne­ten Fall kei­ne Re­ge­lung be­reithält und be­reit hal­ten kann.

Dem Kläger ist zwar zu­zu­ge­ben, dass bei Schaf­fung des AGG das Pro­blem des sog. "AGG-Hop­pers" be­kannt war. Gleich­wohl ist es in ge­setz­li­chen Re­ge­lun­gen kaum möglich, Vor­sor­ge für ei­nen even­tu­el­len Miss­brauch der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten zu tref­fen. Be­zo­gen auf den Fall des "AGG-Hop­pers" wäre ei­ne ko­di­fi­zier­te Re­ge­lung im AGG nur schwer­lich denk­bar ge­we­sen. Ei­ne Re­ge­lung, nach der ei­ne Per­son pro Jahr nur ei­ne be­stimm­te An­zahl von Kla­ge­ver­fah­ren nach dem AGG durchführen darf, hätte zwar "AGG-Hop­pern" Ein­halt ge­bo­ten, an­de­rer­seits aber die Rech­te von häufig Dis­kri­mi­nier­ten un­bil­lig ein­ge­schränkt. Ei­ne Re­ge­lung der­ge­stalt, dass auch die­je­ni­gen, die sich nur zwecks ei­nes Entschädi­gungs­an­spruchs be­wer­ben, stets ei­ne Entschädi­gung zu er­hal­ten ha­ben, wäre eben­so un­bil­lig ge­we­sen. Dies gilt trotz der Tat­sa­che, dass dem Ge­richt bei der Be­mes­sung der Höhe der Entschädi­gung ein Be­ur­tei­lungs­spiel­raum ein­geräumt wird. Denn dem­je­ni­gen, der sich nur we­gen ei­nes Entschädi­gungs­an­spruchs be­wirbt, ist auch ei­ne ge­rin­ge Entschädi­gung nicht zu gewähren. Ei­ne Re­ge­lung zu fin­den, die ab­sch­ließend für al­le Fall­kon­stel­la­tio­nen fest­legt, wann ei­ne Entschädi­gung zu zah­len und wann sie - in Miss­brauchsfällen - nicht zu zah­len ist, ist prak­tisch nicht möglich. Ein mögli­cher Rück­griff auf die Ge­ne­ral­klau­sel des § 242 BGB kann nicht aus­ge­schlos­sen wer­den.

Auch das Bun­des­ar­beits­ge­richt lässt den Ein­wand des Rechts­miss­brauchs im Fal­le des § 15 AGG zu. Un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls kann der Er­werb der Rechts­stel­lung als Be­wer­ber dann als un­red­lich er­schei­nen, wenn die Be­wer­bung al­lein des­halb er­folgt ist, um Entschädi­gungs­ansprüche zu er­lan­gen (BAG 24.01.2013 - 8 AZR 429/11 - NZA 2013, 498 ff).

Die­ser Einschätzung ste­hen auch eu­ro­pa­recht­li­che Vor­ga­ben nicht ent­ge­gen. Viel­mehr ist das Ver­bot des Rechts­miss­brauchs ein an­er­kann­ter Grund­satz des Ge­mein­schafts­rechts (BAG vom 13.10.2011 - 8 ARZ 608/10 -, AP Nr. 9 zu § 15 AGG Rz. 53).

bb)

Die Dar­le­gungs- und Be­weis­last für die feh­len­de Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung, d. h. den Rechts­miss­brauch, liegt beim Ar­beit­ge­ber. Die­ser muss In­di­zi­en vor­tra­gen, die ge­eig­net sind, den Schluss auf die feh­len­de Ernst­haf­tig­keit zu­zu­las­sen (BAG 24.01.2013 - 8 AZR 429/11 - NZA 2013, 498 ff.). Hat der Ar­beit­ge­ber sol­che In­di­zi­en vor­ge­tra­gen, ist es Sa­che des Be­wer­bers, im Rah­men sei­ner se­kundären Dar­le­gungs­last hier­zu Stel­lung zu
neh­men und die In­di­zi­en zu ent­kräften (vgl. LAG Hamm 26.06.2008 - 15 Sa 63/08 - ju­ris; LAG Ber­lin-Bran­den­burg 31.10.2013 - 21 Sa 1380/13 - ju­ris).

cc)

Al­lein der Um­stand, dass der Ar­beit­neh­mer ei­ne Viel­zahl von Entschädi­gungs­kla­gen er­ho­ben hat, ist für sich ge­nom­men noch kein aus­rei­chen­der Grund für die An­nah­me, die Be­wer­bung sei nicht ernst­haft er­folgt (BAG 24.01.2013 - 8 AZR 429/11 - NZA 2013, 498 ff.). Be­wirbt sich da­ge­gen ein Ar­beit­neh­mer aus­sch­ließlich auf al­ters­dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len­aus­schrei­bun­gen, so ist dies ein star­kes In­diz dafür, dass die Be­wer­bun­gen sub­jek­tiv nicht ernst­haft er­folgt sind, son­dern le­dig­lich die Gel­tend­ma­chung ei­ner Entschädi­gung nach dem AGG be­ab­sich­tigt war (LAG Hamm 26.06.2008 - 15 Sa 63/08 - ju­ris; LAG Ber­lin-Bran­den­burg 31.10.2013 - 21 Sa 1380/13 - ju­ris). Wei­ter kann auch aus der Form und dem In­halt der Be­wer­bungs­schrei­ben auf ei­ne feh­len­de sub­jek­ti­ve Ernst­haf­tig­keit ge­schlos­sen wer­den (LAG Ham­burg 12.01.2009 - 3 Ta 26/08 - ju­ris). An­zei­chen für ei­nen Rechts­miss­brauch kann auch das Auf­stel­len weit überhöhter Entschädi­gungs­for­de­run­gen un­ter Ver­wen­dung for­mu­larmäßiger, kaum auf den An­lass­fall be­zo­ge­ner Schriftsätze sein (LAG Schles­wig-Hol­stein 29.01.2009 - 4 Sa 346/08 - ju­ris).

dd)

Nach die­sen Grundsätzen sind Entschädi­gungs­ansprüche des Klägers gemäß § 242 BGB aus­ge­schlos­sen.

(1)

Da­bei ist dem Kläger zu­zu­ge­ben, dass An­halts­punk­te vor­han­den sind, die für die Ernst­haf­tig­keit sei­ner Be­wer­bung spre­chen. Sch­ließt man das an das Al­ter mit­tel­bar an­knüpfen­de Merk­mal des "Be­rufs­anfängers" bzw. der "kürze­ren Be­rufs­er­fah­rung" aus, so konn­te sich der Kläger mit gu­ten Gründen auf die aus­ge­schrie­be­ne Stel­le be­wer­ben. Der Kläger konn­te je­den­falls nach sta­tis­ti­schen Ge­sichts­punk­ten für sich in An­spruch neh­men, über­durch­schnitt­li­che Ex­ami­na ab­ge­legt zu ha­ben. Aus­weis­lich der vom Kläger vor­ge­leg­ten Be­schei­ni­gun­gen be­fand er sich beim ers­ten Staats­ex­amen im bes­ten Sechs­tel der Kan­di­da­ten und beim zwei­ten Staats­ex­amen im bes­ten Drit­tel der Re­fe­ren­da­re. Der Kläger verfügte auch über die von den Be­klag­ten ?"dea­ler­wei­se" gewünsch­te Pro­mo­ti­on. Er hat­te durch die Teil­nah­me am Fach­an­walts­lehr­gang auch In­ter­es­se an me­di­zin­recht­li­chen Fra­ge­stel­lun­gen be­wie­sen.

(2)

Ge­gen die Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung sprach al­ler­dings die Form des Be­wer­bungs­schrei­bens. Der Kläger hat in sei­ne Be­wer­bung we­nig Mühe in­ves­tiert.

Dies ver­wun­dert, denn an­ge­sichts des an­ge­spann­ten Ar­beits­mark­tes für Ju­ris­tin­nen und Ju­ris­ten ist im Grund­satz da­von aus­zu­ge­hen, dass ein ernst­haf­ter Be­wer­ber al­les tut, um in sei­ner Be­wer­bung ein po­si­ti­ves Bild von sei­ner Per­son und sei­nen Fähig­kei­ten ab­zu­ge­ben und al­les un­terlässt, was ein ne­ga­ti­ves oder auch nur be­denk­li­ches Licht auf sei­ne Be­wer­bung wer­fen könn­te (LAG Ber­lin-Bran­den­burg 31.10.2013 - 21 Sa 1380/13 - ju­ris).

Die E-Mail-Be­wer­bung des Klägers war so­wohl for­mal als auch in­halt­lich we­nig an­spre­chend. Dem Kläger ist zu­zu­ge­ben, dass bei An­ga­be ei­ner E-Mail-Adres­se durch den Aus­schrei­ben­den ei­ne E-Mail-Be­wer­bung möglich ist. Gleich­wohl kann auch ei­ne E-Mail-Be­wer­bung als An­la­ge ein for­mal an­spre­chen­des An­schrei­ben auf dem Brief­bo­gen der Kanz­lei des Be­wer­bers ent­hal­ten. Der Kläger hat sei­ne Be­wer­bung aber op­tisch unschön un­mit­tel­bar in der E-Mail plat­ziert. Zu­dem war die Be­wer­bung auch in­halt­lich we­nig an­spre­chend. Die­se be­stand aus nur we­ni­gen Zei­len. Sie war nicht ge­eig­net, den Kläger als ei­nen be­son­ders in­ter­es­san­ten Be­wer­ber her­vor­zu­he­ben.

(3)

Ge­gen die Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung spre­chen ten­den­zi­ell auch Form, Zeit­punkt und 87 In­halt des Auf­for­de­rungs­schrei­bens vom 04.04.2013. Auffällig ist hier zunächst, dass der Kläger die­ses Schrei­ben prompt und oh­ne größere Über­le­gungs­frist am Ta­ge nach der Ab­sa­ge ver­fasst hat. Schon die Spon­ta­nität der Re­ak­ti­on er­weckt den Ein­druck, als ha­be der Kläger die Ab­sa­ge er­war­tet, um Entschädi­gungs­ansprüche gel­tend ma­chen zu können. Be­mer­kens­wert ist auch, dass der Kläger in das Auf­for­de­rungs­schrei­ben un­ter for­ma­len As­pek­ten mehr Mühe in­ves­tiert hat als in die ursprüng­li­che Be­wer­bung. Der Kläger ver­wen­de­te den Brief­kopf sei­ner Kanz­lei und ver­sand­te das Schrei­ben per Post so­wie vor­ab per Fax. Das Schrei­ben um­fass­te nicht nur we­ni­ge Zei­len, son­dern im­mer­hin zwei DIN-A-4 Sei­ten.

(4)

Der Ein­wand des Rechts­miss­brauchs er­gibt sich aber ins­be­son­de­re aus ei­ner Ge­samt­schau der vom Kläger im Jah­re 2013 an­ge­streng­ten Entschädi­gungs­strei­tig­kei­ten.

Die Be­klag­te hat dar­ge­legt, dass der Kläger sich an­der­wei­tig mit fast in­halts­glei­chen Schrei­ben ge­gen ei­ne Dis­kri­mi­nie­rung ge­wandt hat. Sie ha­ben et­wa auf das Schrei­ben des Klägers an die Rechts­anwälte C2 & C3 vom 05.07.2013 (Bl. 91 f. d.A.) und auf das Schrei­ben an die Rechts­anwälte M vom 19.08.2013 (Bl. 103 f. d.A.) ver­wie­sen. Da­bei ha­ben die Be­klag­ten auch dar­ge­legt, dass sich der Kläger auf Stel­len mit sehr un­ter­schied­li­chen Schwer­punk­ten be­wor­ben hat. Der Kläger hat sich nicht nur auf die streit­ge­genständ­li­che Stel­le im Me­di­zin­recht, son­dern auch auf Stel­len im pri­va­ten Bau­recht, im Wirt­schafts­recht so­wie im In­ter­na­tio­na­len Pri­vat­recht be­wor­ben.

Die Be­klag­ten ha­ben durch ih­ren Sach­vor­trag, die bei­gefügten An­la­gen so­wie den Hin­weis auf die Ausführun­gen in der Zeit­schrift juve sub­stan­ti­iert dar­ge­legt, dass der Kläger im Jahr 2013 ins­ge­samt 16 Entschädi­gungs­ver­fah­ren ge­gen An­walts­kanz­lei­en und Un­ter­neh­men geführt hat. Be­wer­bun­gen des Klägers auf nicht dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len ha­ben die Be­klag­ten je­doch nicht dar­ge­legt. Da­mit ha­ben die Be­klag­ten ei­nen für die Fra­ge des Rechts­miss­brauchs er­heb­li­chen Sach­vor­trag ge­leis­tet. Denn es spricht ge­gen die Ernst­haf­tig­keit ei­ner Be­wer­bung, wenn sich der An­spruch­stel­ler aus­sch­ließlich auf dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len­an­zei­gen be­wirbt (LAG Hamm 26.06.2008 - 15 Sa 63/08 - ju­ris; LAG Ber­lin-Bran­den­burg 31.10.2013 - 21 Sa 1380/13 - ju­ris).

In die­ser Si­tua­ti­on hätte es dem Kläger im Rah­men sei­ner se­kundären Dar­le­gungs­last ob­le­gen, zu dem Ein­wand der Be­klag­ten Stel­lung zu neh­men und sub­stan­ti­iert dar­zu­le­gen, wann er sich auf wel­che nicht dis­kri­mi­nie­ren­den Stel­len­an­zei­gen im Jahr 2013 be­wor­ben hat.

Die­ser Ob­lie­gen­heit ist der Kläger schon erst­in­stanz­lich trotz ge­richt­li­cher Auf­la­ge nicht nach­ge­kom­men. Dem Kläger war ei­ne Stel­lung­nah­me zu sei­nen an­der­wei­ti­gen Be­wer­bungs­ak­ti­vitäten zu­mut­bar. So­weit der Kläger im Ein­zel­fall aus Ver­trau­lich­keits­ge­sichts­punk­ten den kon­kre­ten Na­men des aus­schrei­ben­den Un­ter­neh­mens oder der aus­schrei­ben­den Rechts­an­walts­kanz­lei nicht nen­nen durf­te, hätte er die Be­wer­bung mit Da­tum und Um­schrei­bung des Aus­schrei­ben­den nach­voll­zieh­bar dar­stel­len können. So­weit sich der Kläger dar­auf be­ru­fen hat, er ha­be sei­ne Be­wer­bun­gen nicht ar­chi­viert, so kann die­ser Um­stand nicht zu Las­ten der Be­klag­ten ge­hen. Zu­dem be­legt die vom Kläger im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung des Be­ru­fungs­ver­fah­rens vor­ge­leg­te Be­wer­bungs­map­pe, dass der Kläger sei­ne Be­wer­bun­gen zu­min­dest teil­wei­se auf­be­wahrt hat. So­weit der Kläger erklärt hat, er müsse sich selbst nicht be­las­ten, so be­trifft die­ser Grund­satz das Straf­recht. Im Zi­vil­recht hat sich ei­ne Par­tei da­ge­gen grundsätz­lich gemäß § 138 Abs. 1 ZPO vollständig und wi­der­spruchs­frei zu erklären. So­weit sie dies un­terlässt, hat sie die pro­zes­sua­len Kon­se­quen­zen hin­zu­neh­men.

Der Kläger hat bis zur münd­li­chen Ver­hand­lung des Be­ru­fungs­ver­fah­rens kei­nen sub­stan­ti­ier­ten Sach­vor­trag zu der Fra­ge ge­leis­tet, in­wie­fern er sich im Jahr 2013 auch auf nicht dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len­an­zei­gen be­wor­ben hat. Zu die­sem As­pekt konn­te sich nur der Kläger erklären. Von den Be­klag­ten konn­te ein Sach­vor­trag zu die­sem Ge­sichts­punkt, der al­lein aus der Sphäre des Klägers ent­stammt, nicht er­war­tet wer­den.

Es kann da­hin­ste­hen, ob der Kläger durch die Vor­la­ge der Be­wer­bungs­map­pe im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung des Be­ru­fungs­ver­fah­rens ei­nen aus­rei­chen­den Sach­vor­trag da­hin­ge­hend ge­hal­ten hat, er ha­be im Jahr 2013 auch zwei Be­wer­bun­gen auf nicht dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len vor­ge­nom­men.

Der dies­bezügli­che Vor­trag des Klägers war nach § 67 Abs. 4 ArbGG nicht zu berück­sich­ti­gen. So­weit das Vor­brin­gen neu­er An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel nicht schon gemäß § 67 Abs. 2 und 3 ArbGG un­zulässig ist, sind die­se neu­en An­griffs- und Ver­tei­di­gungs­mit­tel gemäß § 67 Abs. 4 Satz 1 ArbGG vom Be­ru­fungskläger in der Be­ru­fungs­be­gründung vor­zu­brin­gen. Wer­den sie später vor­ge­bracht, sind sie gemäß § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG nur zu­zu­las­sen, wenn sie nach der Be­ru­fungs­be­gründung ent­stan­den sind oder das ver­späte­te Vor­brin­gen nach der frei­en Über­zeu­gung des Lan­des­ar­beits­ge­richts die Er­le­di­gung des Rechts­streits nicht verzögern würde oder nicht auf Ver­schul­den der Par­tei be­ruht.

Die im Streit ste­hen­den wei­te­ren Be­wer­bungs­ak­ti­vitäten des Klägers aus dem Jahr 2013 sind nicht erst nach der Be­ru­fungs­be­gründung ent­stan­den. So­weit in der Vor­la­ge der Be­wer­bungs­map­pe ein aus­rei­chen­der Sach­vor­trag zu wei­te­ren Be­wer­bungs­ak­ti­vitäten ge­se­hen würde, hätte die Zu­las­sung die­ses Vor­trags zu ei­ner Verzöge­rung der Er­le­di­gung des Rechts­streits geführt. Denn da die Be­klag­ten sich zu die­sen neu­en As­pek­ten im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung nicht erklären konn­ten, wäre ih­nen ei­ne Stel­lung­nah­me­frist ein­zuräum­en ge­we­sen. Hier­durch wäre es zu ei­ner Verzöge­rung des Rechts­streits ge­kom­men (vgl. LAG Rhein­land-Pfalz 25.10.2012 - 2 Sa 324/12 - ju­ris). Das ver­späte­te Vor­brin­gen be­ruh­te auch auf Ver­schul­den des Klägers. Die­sem war be­reits durch das erst­in­stanz­li­che Ge­richt die Auf­la­ge er­teilt wor­den, zu sei­nen wei­te­ren Be­wer­bungs­ak­ti­vitäten im Jahr 2013 vor­zu­tra­gen. Die­ser Auf­la­ge ist der Kläger nicht nach­ge­kom­men.

Da­mit hat die Kam­mer bei ih­rer Ent­schei­dung da­von aus­zu­ge­hen, dass der Kläger sich im Jahr 2013 aus­sch­ließlich auf dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len­an­zei­gen be­wor­ben hat. Dies ist ne­ben den wei­te­ren auf­ge­zeig­ten In­di­zi­en ein maßgeb­li­ches und ent­schei­den­des wei­te­res In­diz für die feh­len­de sub­jek­ti­ve Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung des Klägers.

Selbst wenn man die bei­den vom Kläger in der münd­li­chen Ver­hand­lung dar­ge­leg­ten Be­wer­bun­gen auf nicht dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len berück­sich­ti­gen würde, ver­blie­be die Fest­stel­lung, dass der Kläger sich im Jahr 2013 ganz über­wie­gend - zu fast 90 % - auf dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len­an­zei­gen be­wor­ben hat.

Auch die­ser Sach­ver­halt ließe den Schluss zu, dass der Kläger nach ei­ni­gen er­folg­lo­sen Be­wer­bun­gen in den Vor­jah­ren im Jahr 2013 da­zu über­ge­gan­gen ist, sich ge­zielt auf dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len­an­zei­gen zu be­wer­ben, um Entschädi­gun­gen zu be­an­spru­chen.

Vor die­sem Hin­ter­grund ist die Entschädi­gungs­kla­ge man­gels sub­jek­ti­ver Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung un­be­gründet und die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

B.

Die Kos­ten des er­folg­lo­sen Rechts­mit­tels hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO der Kläger zu tra­gen.

C.

Die Re­vi­si­on ist zu­zu­las­sen. Gemäß § 72 Abs. 2 Nr. 1 ArbGG ist die Re­vi­si­on zu­zu­las­sen, wenn ei­ne ent­schei­dungs­er­heb­li­che Rechts­fra­ge grundsätz­li­che Be­deu­tung hat. Die Ent­schei­dung hängt vor­lie­gend maßgeb­lich von der Rechts­fra­ge ab, ob ein Entschädi­gungs­an­spruch ei­nes Be­wer­bers nach § 15 Abs. 2 AGG we­gen feh­len­der sub­jek­ti­ver Ernst­haf­tig­keit der Be­wer­bung ab­zu­leh­nen ist, wenn der Be­wer­ber sich aus­sch­ließlich auf dis­kri­mi­nie­ren­de Stel­len­aus­schrei­bun­gen be­wor­ben hat. Die­se Fra­ge ist klärungs­bedürf­tig, da sie bis­lang vom Bun­des­ar­beits­ge­richt nicht ent­schie­den wor­den ist. Die Rechts­fra­ge ist von all­ge­mei­ner und da­mit grundsätz­li­cher Be­deu­tung, da sie tatsächli­che Aus­wir­kun­gen für ei­nen größeren Teil der All­ge­mein­heit hat.

Am 10.09.2014 er­ging fol­gen­der Be­rich­ti­gungs­be­schluss:

Im zwei­ten und drit­ten Ab­satz auf Sei­te 11 des Ur­teils vom 25.07.2014 wer­den das Da­tum 109 03.04.2014 durch das Da­tum 03.04.2013, das Da­tum 04.04.2014 durch das Da­tum 04.04.2013 und das Da­tum 10.04.2014 durch das Da­tum 10.04.2013 er­setzt.

Gründe:

Das Ur­teil vom 25.07.2014 ist im zwei­ten und drit­ten Ab­satz auf Sei­te 11 of­fen­sicht­lich un­rich­tig. Es ist da­her gemäß § 319 ZPO zu be­rich­ti­gen.

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