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LAG Düs­sel­dorf, Ur­teil vom 29.10.2015, 11 Sa 537/15

   
Schlagworte: Urlaub: Abgeltung, Urlaubsabgeltung: Vererblichkeit, Urlaub: Tod des Arbeitnehmers
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Düsseldorf
Aktenzeichen: 11 Sa 537/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 29.10.2015
   
Leitsätze: Urlaubsabgeltung des Erben bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch Tod des Arbeitnehmers (bejaht; entgegen BAG Urteil vom 12.03.2013 - 9 AZR 532/11.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Wuppertal, Urteil vom 25.03.2015, 3 Ca 2643/14
Nachfolgend Bundesarbeitsgericht, Beschluss vom 18. Oktober 2016, 9 AZR 196/16 (A)
   

Te­nor:

1.Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Wup­per­tal vom 25.03.2015 - 3 Ca 2643/14 - wird zurück­ge­wie­sen.

2.Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens hat der Be­klag­te zu tra­gen.

3.Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand:

Die Kläge­rin ver­langt die Ab­gel­tung des Ur­laubs, den ihr ver­stor­be­ner Ehe­mann aus ei­nem Ar­beits­verhält­nis mit dem Be­klag­ten er­wor­ben hat.

Der Ehe­mann der Kläge­rin war seit April 2003 bei dem Be­klag­ten als kaufmänni­scher An­ge­stell­ter zu ei­ner Brut­to­mo­nats­vergütung von zu­letzt 2.507,00 € beschäftigt. In dem un­ter dem 01.03.2004 un­ter­zeich­ne­ten Ar­beits­ver­trag (Bl. 4 d.A.) ist un­ter § 4 hin­sicht­lich des Ur­lau­bes Nach­fol­gen­des ge­re­gelt:

§ 4 Ur­laub

Der Ar­beit­neh­mer hat im Ka­len­der­jahr An­spruch auf 30 Werk­ta­ge Ur­laub. Bei Ein­tritt oder Aus­schei­den während ei­nes Ka­len­der­jah­res wird der Ur­laub an­tei­lig gewährt.

Die La­ge des Ur­laubs ist mit dem Ar­beit­ge­ber ab­zu­stim­men.

Die Kläge­rin hat erst­in­stanz­lich die Ko­pie ei­nes hand­schrift­li­chen ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­ments (Bl. 49 d.A.) vor­ge­legt, in wel­chen sich die Ehe­leu­te gemäß § 2265 und § 2269 Abs. 1 BGB ge­gen­sei­tig als Al­lein­er­ben ein­ge­setzt ha­ben.

Aus­weis­lich der Ab­rech­nung für den Mo­nat De­zem­ber 2011 (Bl. 28 d.A.) hat­te der Ehe­mann der Kläge­rin für das Jahr 2011 ei­nen Rest­ur­laubs­an­spruch von 5,5 Ta­gen, der gemäß der Ab­rech­nung für den Mo­nat De­zem­ber 2012 (Bl. 6 d.A.) in das Jahr 2012 über­tra­gen wor­den ist. Im Jahr 2012 nahm der Ehe­mann der Kläge­rin bis zu sei­ner Er­kran­kung 8,5 Ur­laubs­ta­ge, wel­che sich aus ei­nem von dem Be­klag­ten vor­ge­leg­ten Ur­laubs­kon­to für das Jahr 2012 (Bl. 70 d.A.) er­ge­ben. Aus der Ab­rech­nung für De­zem­ber 2012 (Bl. 6 d.A.) er­gab sich da­mit ein Rest­ur­laubs­an­spruch von 32 Ta­gen.

Nach ei­ner Ko­pie der Zeit­er­fas­sung für die Zeit vom 01.05. bis 31.05.2012 hat­te der Ehe­mann der Kläge­rin bis zum 23.05.2012 ins­ge­samt 82,49 Mehr­ar­beits­stun­den auf dem Ar­beits­zeit­kon­to. Zum 31.05.2012 wa­ren Mi­nus­stun­den in Höhe von 92,30 ein­ge­bucht. Der Kon­to­stand be­lief sich da­nach auf 9:40 Mi­nus­stun­den (Bl. 32 d. A.).

Die Kläge­rin leg­te erst­in­stanz­lich ei­nen Ren­ten­be­scheid vom 22.02.2013 (Bl. 50 ff. d.A.) für ih­ren ver­stor­be­nen Ehe­mann vor. Da­nach hat­te die­ser ab dem 01.05.2012 Er­werbs­min­de­rungs­ren­te, im Mai und Ju­ni 2012 al­ler­dings oh­ne Zah­lun­gen, er­hal­ten.

Mit ih­rer am 22.09.2014 bei dem Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat die Kläge­rin zunächst ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung für ins­ge­samt 70 Ar­beits­ta­ge ver­langt. Sie hat den Ab­gel­tungs­an­spruch dann auf 32 Ur­laubs­ta­ge re­du­ziert.

Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, dass ihr auf Grund der geänder­ten Recht­spre­chung des Eu­ropäischen Ge­richts­ho­fes (EuGH vom 12.06.2014 - C-118/13 in NZA 2014, 651) der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch ih­res ver­stor­be­nen Ehe­man­nes zu­ste­he.

Die Kläge­rin hat un­ter Kla­gerück­nah­me im Übri­gen be­an­tragt, die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 3.702,72 € nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 03.10.2014 zu zah­len.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Er hat be­haup­tet, der ver­stor­be­ne Ehe­mann der Kläge­rin ha­be die ent­spre­chen­den Mi­nus­stun­den an­ge­sam­melt. Die­se sei­en in Ab­zug zu brin­gen. Darüber hin­aus hat der Be­klag­te die al­lei­ni­ge Erb­be­rech­ti­gung der Kläge­rin un­ter Hin­weis dar­auf be­strit­ten, dass der Ehe­mann der Kläge­rin ei­ne Toch­ter hat.

Der Be­klag­te hat ge­meint, dass die Kläge­rin nach der Ent­schei­dung des EuGH vom 18 12.06.2014 - C-118/13 nur den ge­setz­li­chen Ur­laubs­an­spruch ver­lan­gen könne, da nur die­ser von Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 04.11.2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung geschützt wer­de.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 25.03.2015 der Kla­ge statt­ge­ge­ben und dies im We­sent­li­chen da­mit be­gründet, dass die Kläge­rin durch das vor­ge­leg­te Tes­ta­ment ih­re Erb­be­rech­ti­gung hin­rei­chend be­legt ha­be und dass der Ent­schei­dung des EuGH vom 12.06.2014 - C - 118/13 zu fol­gen sei. Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 04.11.2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung führe da­zu, dass der fi­nan­zi­el­le An­spruch auf Ur­laubs­ab­gel­tung auch dann ent­ste­he, wenn ein Ar­beit­neh­mer während des Be­stan­des sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ver­stirbt und zu die­sem Zeit­punkt noch Ur­laubs­ansprüche of­fen wa­ren. Ent­steht ein ent­spre­chen­der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG, ge­he er in die Erb­mas­se ein und könne von den Er­ben gel­tend ge­macht wer­den. Die­ser Ab­gel­tungs­an­spruch sei nicht auf den ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub be­schränkt. Denn die Vor­aus­set­zun­gen für die Ent­ste­hung des Ab­gel­tungs­an­spruchs bezüglich des über­ge­setz­li­chen, hier ein­zel­ver­trag­lich be­gründe­ten Ur­laubs würden de­nen für den ge­setz­li­chen Ur­laubs­an­spruch ent­spre­chen. Durch die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses beim Tod des Ar­beit­neh­mers wird der zu die­sem Zeit­punkt be­ste­hen­de Ur­laubs­an­spruch kom­plett in ei­nen Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch um­ge­wan­delt. Sons­ti­ge As­pek­te, die ei­ne Be­schränkung auf den ge­setz­li­chen Ur­laub er­for­der­lich ma­chen würden, sei­en nicht er­sicht­lich.

Der Be­klag­te könne ge­gen den Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch nicht mit den be­haup­te­ten 9:40 Mi­nus­stun­den auf­rech­nen, denn er ha­be nicht im Ein­zel­nen be­gründet, wann die­se Mi­nus­stun­den an­ge­fal­len sein sol­len.

Ge­gen das ihm am 17.04.2015 zu­ge­stell­te Ur­teil hat der Be­klag­te mit ei­nem am 13.05.2015 bei dem Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se mit ei­nem am 11.06.2015 bei dem Lan­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Schrift­satz wie folgt be­gründet:

Das Ar­beits­ge­richt ha­be für den Nach­weis der Erb­be­rech­ti­gung der Kläge­rin nicht al­lein ei­ne Ko­pie des Tes­ta­men­tes aus­rei­chen las­sen dürfen, da der ver­stor­be­ne Ehe­mann der Kläge­rin auch ei­ne Toch­ter hat­te.

Der Ent­schei­dung des EuGH vom 12.06.2014 - C - 118/13 könne nicht ge­folgt wer­den, denn die­ser ha­be sich nicht mit der Fra­ge von Sinn und Zweck des Ur­laubs­an­spru­ches aus­ein­an­der­ge­setzt. Die Ent­schei­dung des EuGH vom 12.06.2014 - C - 118/13 ste­he nicht mit sei­ner Ent­schei­dung vom 22.11.2011 - C - 214/10 im Ein­klang, nach wel­cher der Ur­laubs­an­spruch bei lang an­dau­ern­den Er­kran­kun­gen auf ei­nen Zeit­raum von 15 Mo­na­ten nach Be­en­di­gung des Ur­laubs­jah­res be­schränkt ist.

Das Ar­beits­ge­richt ha­be auch nicht be­ach­tet, dass Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 04.11.2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung nur den ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub schütze. Auch sei von dem Ar­beits­ge­richt nicht berück­sich­tigt wor­den, in­wie­fern be­reits Verjährung und Ver­fall des Ur­laubs­an­spru­ches ein­ge­tre­ten sei­en.

Der Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Wup­per­tal vom 25.03.2015 - 3 Ca 2643/14 26 ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Die Kläge­rin be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie ver­tei­digt das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts un­ter Wie­der­ho­lung ih­res erst­in­stanz­li­chen Vor­brin­gens und trägt im Hin­blick auf die Be­ru­fungs­be­gründung ergänzend im We­sent­li­chen wie folgt vor:

Die Kläge­rin meint, dass der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch ver­erb­lich sei, denn nach der Auf­ga­be der Sur­ro­ga­ti­ons­theo­rie durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt han­de­le es sich bei dem Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch um ei­nen rei­nen Geld­an­spruch, der auf ei­ne rei­ne fi­nan­zi­el­le Leis­tung aus­ge­rich­tet sei und des­we­gen nicht von höchst­persönli­cher Na­tur sein könne.

Auch der über den ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub hin­aus­ge­hen­de Ur­laub sei ver­erb­lich, denn der ver­trag­li­che Ur­laubs­an­spruch ih­res Ehe­man­nes ha­be nicht zwi­schen dem ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub und dem darüber hin­aus ge­hen­den Ur­laub dif­fe­ren­ziert, so dass ein ein­heit­li­cher Ur­laubs­an­spruch vor­lie­ge.

In dem Kam­mer­ter­min vom 29.10.2015 hat die Kläge­rin das Ori­gi­nal des hand­schrift­li­chen ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­men­tes vor­ge­legt. Die Pro­zess­be­vollmäch­tig­te der Be­klag­ten hat in die­ses Ein­blick ge­nom­men und bestätigt, dass die­ses mit der von der Kläge­rin in der ers­ten In­stanz vor­ge­leg­ten Ko­pie übe­rein­stimmt.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des zu­grun­de lie­gen­den Sach­ver­hal­tes so­wie des wi­der­strei­ten­den Sach­vor­tra­ges und der un­ter­schied­li­chen Rechts­auf­fas­sun­gen der Par­tei­en wird auf den In­halt der zwi­schen den Par­tei­en in bei­den Rechtszügen ge­wech­sel­ten Schriftsätze so­wie die zu den Ak­ten ge­reich­ten Un­ter­la­gen und die Sit­zungs­nie­der­schrif­ten Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe:

I.

Die Be­ru­fung ist zulässig.

Sie ist gemäß § 64 Abs. 1 und 2 ArbGG statt­haft und nach Maßga­be der §§ 66 Abs. 1, 64 Abs. 6 ArbGG i.V.m. § 520 ZPO form- und frist­gemäß ein­ge­legt und in ei­ner den An­for­de­run­gen des § 64 Abs. 6 ArbGG in Ver­bin­dung mit § 520 Abs. 3 Satz 2 Nr. 2 bis 4 ZPO ent­spre­chen­den Wei­se be­gründet wor­den.

II.

In der Sa­che konn­te die Be­ru­fung hin­ge­gen kei­nen Er­folg ha­ben, denn das Ar­beits­ge­richt hat rich­tig ent­schie­den, dass der Kläge­rin ein Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch in Höhe von 32 Ta­gen zu­steht.

Die Be­ru­fungs­kam­mer schließt sich den zu­tref­fen­den und sorgfälti­gen Gründen der Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts in vol­lem Um­fang an und macht sich die­se gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG zu Ei­gen. Die von dem Be­klag­ten mit der Be­ru­fung vor­ge­brach­ten An­grif­fe vermögen kei­ne Ände­rung die­ser Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts her­bei­zuführen. Un­ter Würdi­gung des Vor­brin­gens des Be­klag­ten in der Be­ru­fungs­be­gründung ist le­dig­lich noch Nach­fol­gen­des aus­zuführen:

Der An­spruch der Kläge­rin er­gibt sich aus § 1922 Abs. 1 BGB in Ver­bin­dung mit den §§ 2265, 2269 Abs. 1 BGB und Art. 7 Abs. 2 RL 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 04.11.2003 in Ver­bin­dung mit § 7 Abs. 4 BUrlG, § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges vom 01.03.2004 und § 125 Abs. 1 SGB IX.

1. Die Kläge­rin kann als Al­lein­er­bin ih­res ver­stor­be­nen Ehe­manns den An­spruch für sich gel­tend ma­chen. Dies er­gibt sich gemäß § 1922 Abs.1 BGB, §2265 und § 2269 Abs. 1 BGB aus dem von ihr in dem Kam­mer­ter­min vom 29.10.2015 vor­ge­leg­ten Ori­gi­nal des ge­mein­schaft­li­chen Tes­ta­men­tes vom 22.04.2012. Die Pro­zess­be­vollmäch­tig­te des Be­klag­ten hat nach Ein­sicht in das Ori­gi­nal die­ses Tes­ta­men­tes zu Pro­to­koll erklärt, dass das Tes­ta­ment mit der erst­in­stanz­lich von der Kläge­rin vor­ge­leg­ten Ko­pie (Bl. 49 d.A.) übe­rein­stimmt. Die Kläge­rin hat den Be­weis dafür er­bracht, dass sie Al­lein­er­bin ih­res Ehe­man­nes ist. Die von dem Be­klag­ten be­haup­te­te Toch­ter des ver­stor­be­nen Ehe­manns der Kläge­rin steht dem nicht ent­ge­gen, denn gemäß § 2269 Abs. 1 BGB ist die­se von der Erb­fol­ge aus­ge­schlos­sen.

2. Die Kläge­rin kann von dem Be­klag­ten ei­ne Ur­laubs­ab­gel­tung in Höhe von 32 Ta­gen ver­lan­gen, denn gemäß § 1922 Abs. 1 BGB, § 2265 BGB und § 2269 Abs. 1 BGB sind so­wohl der ge­setz­li­che Min­des­t­ur­laub, der gemäß § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges vom 01.03.2004 be­ste­hen­de ver­trag­li­che Mehr­ur­laub und auch der gemäß § 125 Abs. 1 SGB IX ge­re­gel­te Zu­satz­ur­laub auf die Kläge­rin über­ge­gan­gen.

Die Kam­mer folgt gemäß § 69 Abs. 2 ArbGG den Ent­schei­dungs­gründen des Ur­teils des Ar­beits­ge­richts Wup­per­tal und stimmt ins­be­son­de­re mit der am 15.12.2015 von der 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf zu ei­nem gleich­ge­la­ger­ten Fall ge­trof­fe­nen Ent­schei­dung übe­rein. Die 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf hat hier mit Ur­teil vom 15.12.2015 - 3 Sa 21/15 - so­weit für den vor­lie­gen­den Fall von Be­deu­tung - Nach­fol­gen­des aus­geführt:

"Nach der neu­en Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ist zwar ein be­reits ent­stan­de­ner Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch ei­nes Ar­beit­neh­mers ver­erb­bar (BAG, Ur­teil vom 22.09.2015 - 9 AZR 170/14 - ju­ris). Ein Ur­laubs­an­spruch geht aber nach der bis­he­ri­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts mit dem Tod des Ar­beit­neh­mers un­ter und kann sich nicht in ei­nen Ab­gel­tungs­an­spruch i.S.v. § 7 Abs. 4 BurlG um­wan­deln (BAG, Ur­teil vom 12.03.2013 - 9 AZR 532/11 - AP BUrlG § 7 Ab­gel­tung Nr. 99).

Der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on (EuGH) hat je­doch in der Ent­schei­dung vom 12.06.2014 - C-118/13 (Gülay Bol­la­cke/K + K Klaas & Kock B.?V. & Co. KG, NJW 2014, 2415) aus Ar­ti­kel 7 der RL 2003/88/EG des Eu­ropäischen Par­la­ments und des Ra­tes vom 04.11.2003 über be­stimm­te As­pek­te der Ar­beits­zeit­ge­stal­tung ei­nen An­spruch auf Ab­gel­tung des Ur­laubs auch bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis durch Tod her­ge­lei­tet und die Vor­aus­set­zun­gen und den Um­fang des An­spruchs be­stimmt. Da­nach steht der Ar­ti­kel ein­zel­staat­li­chem Recht ent­ge­gen, wo­nach der Ur­laubs­an­spruch oh­ne Be­gründung ei­nes Ab­gel­tungs­an­spruchs für nicht ge­nom­me­nen Ur­laub un­ter­geht, wenn das Ar­beits­verhält­nis durch den Tod des Ar­beit­neh­mers en­det. Dies be­gründet das Ge­richt da­mit, dass Art 7 Abs. 2 EWG RL 2003 88 der Ar­beits­zeit­richt­li­nie nicht re­strik­tiv aus­ge­legt wer­den dürfe. Die­se Norm stel­le für die Eröff­nung des An­spruchs auf fi­nan­zi­el­le Vergütung kei­ne an­de­re Vor­aus­set­zung auf als die­je­ni­ge, dass zum ei­nen das Ar­beits­verhält­nis be­en­det sei und dass zum an­de­ren der Ar­beit­neh­mer nicht sei­nen ge­sam­ten Jah­res­ur­laub ge­nom­men ha­be. Sch­ließlich er­wei­se sich ein fi­nan­zi­el­ler Aus­gleich als un­erläss­lich, um die prak­ti­sche Wirk­sam­keit des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub si­cher­zu­stel­len. An­dern­falls würde nämlich der Tod des Ar­beit­neh­mers rück­wir­kend zum vollständi­gen Ver­lust des Ur­laubs­an­spruchs führen. Die Aus­le­gung des Uni­ons­rechts ist für die na­tio­na­len Ge­rich­te bin­dend (§ 267 Abs. 1 Buchst. a AEUV).

§ 7 Abs. 4 BurlG ist nach den Vor­ga­ben des EuGH, de­nen sich die Kam­mer an­sch­ließt, aus­zu­le­gen, zu­mal die­se Vor­schrift den Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch eben­falls al­lein von den Vor­aus­set­zun­gen ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses und ei­nes of­fe­nen Ur­laubs­an­spruchs abhängig macht. Dies führt zu ei­nem Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch der Kläge­rin als Er­bin (Ar­beits­ge­richt Ber­lin Ur­teil vom 07.10.2015 - 56 Ca 10968/15 - ; VG Kas­sel v. 10.03.2015 - 1 K 1994/14.KS -, VG Karls­ru­he vom 16.07.2015 - 3 K 24/15, für Be­am­te, ju­ris; ErfK/Gall­ner 16. Auf­la­ge 2016 Rdn. 23, 24; MüKoBGB/Lei­pold BGB § 1922 Rn. 29¬34; Ri­cken, Ur­laubs­ab­gel­tung bei Tod des Ar­beit­neh­mers - Rechts­kon­struk­ti­on und bei­trags­recht­li­che Be­wer­tung NZA 2014, 1361; Schmidt Ver­erb­bar­keit des An­spruchs auf be­zahl­ten Jah­res­ur­laub NZA 2014, 701; Pol­zer/Kaf­ka, Ver­fall­ba­re und un­ver­fall­ba­re Ur­laubs­ansprüche NJW 2015, 2289).

Dem kann auch nicht der Sinn und Zweck des Ab­gel­tungs­an­spruchs, dass der Ar­beit­neh­mer we­der in den Ge­nuss des Ur­laubs noch in den des Ur­laubs­an­spruchs kom­me (BAG Ur­teil vom 12.03.2013 - 9 AZR 532/11 - aaO) ent­ge­gen­ge­hal­ten wer­den. Nach der Auf­ga­be der Sur­ro­ga­ti­ons­theo­rie durch das Bun­des­ar­beits­ge­richt ent­steht der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch als rei­ner Geld­an­spruch. Er ver­dankt sei­ne Ent­ste­hung zwar ur­laubs­recht­li­chen Vor­schrif­ten. Ist er ent­stan­den, ist er nicht mehr Äqui­va­lent zum Ur­laubs­an­spruch, son­dern bil­det ei­nen Teil des Vermögens des Ar­beit­neh­mers und un­ter­schei­det sich in recht­li­cher Hin­sicht nicht von an­de­ren Zah­lungs­ansprüchen des Ar­beit­neh­mers ge­gen den Ar­beit­ge­ber (BAG Ur­teil vom 19. Mai 2015 - 9 AZR 725/13 - Rn. 18 mwN; BAG, Ur­teil vom 22. Sep­tem­ber 2015 - 9 AZR 170/14 -, Rn. 14, ju­ris).

So­weit die Be­klag­te dem Ent­ste­hen ei­nes An­spruchs beim Er­ben ent­ge­genhält, dass die­se Be­ur­tei­lung den na­tio­na­len erbrecht­li­chen Vor­schrif­ten ent­ge­gen­ste­he, da nur ein be­ste­hen­der An­spruch ver­erbt wer­den könne und der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch bei Tod des Ar­beit­neh­mers nicht mehr bei dem Erb­las­ser ent­ste­hen könne, kann dem nicht ge­folgt wer­den. Dem Ar­beits­recht sind nach­wir­ken­de Rech­te und Pflich­ten aus dem Ar­beits­verhält­nis nicht fremd, so­weit sie be­reits im lau­fen­den Ar­beits­verhält­nis an­ge­legt sind. Der Ent­schei­dung des EuGH ist zu ent­neh­men, dass be­reits der Ur­laubs­an­spruch, den die Richt­li­nie si­chert, auch ei­nen Ab­gel­tungs­an­spruch enthält, der bei je­der Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum Tra­gen kommt. Die Kam­mer folgt in­so­weit der Auf­fas­sung, dass ei­ne richt­li­ni­en­kon­for­me Aus­le­gung des § 7 Abs. 4 BurlG zu dem Er­geb­nis führt, dass das im Ar­beits­verhält­nis be­ste­hen­de Recht auf Ur­laub (Stamm­recht), im We­ge der Uni­ver­sal­suk­zes­si­on zum Zeit­punkt des Erb­fal­les auf den Er­ben über­geht und, da der Ur­laubs­an­spruchs selbst höchst­persönli­chen Na­tur ist, sich im Erb­fall in ei­nen Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch wan­delt, der un­mit­tel­bar beim Er­ben ent­steht (Ri­cken, Ur­laubs­ab­gel­tung bei Tod des Ar­beit­neh­mers - Rechts­kon­struk­ti­on und bei­trags­recht­li­che Be­wer­tung NZA 2014, 136, MüKoBGB/Lei­pold BGB § 1922 Rn. 29-34).

Die Kläge­rin kann auch nicht nur die Ab­gel­tung des ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laubs, son­dern auch des ta­rif­ver­trag­li­chen Ur­laubs ein­sch­ließlich der Ur­laubs­ta­ge we­gen der Schwer­be­hin­de­rung ver­lan­gen.

Der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch nach § 7 Abs. 4 BUrlG ist nicht auf den ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub iSd §§ 1, 3 BUrlG be­schränkt, son­dern um­fasst den ge­sam­ten Ur­laubs­an­spruch des Ar­beit­neh­mers, der bei Be­en­di­gung noch nicht erfüllt ist. Nach der Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts können die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en Ur­laubs­ansprüche, die über den ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub hin­aus­ge­hen, den sog. ta­rif­li­chen Mehr­ur­laub, frei re­geln (BAG, Ur­teil vom 13.11.2012 - 9 AZR 64/11 - AP Nr. 97 zu § 7 BUrlG Ab­gel­tung; EuGH 03.05.2012 - C-337/10 - [Nei­del] Rn. 34 ff. mwN, AP Richt­li­nie 2003/88/EG Nr. 8 = EzA EG-Ver­trag 1999 Richt­li­nie 2003/88 Nr. 9). Ta­rif­be­stim­mun­gen können da­her vor­se­hen, dass der Ar­beit­ge­ber den ta­rif­li­chen Mehr­ur­laub bei Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses nicht oder nur dann ab­zu­gel­ten hat, wenn der Ar­beit­neh­mer ar­beitsfähig ist (vgl. BAG, Ur­teil vom 22.05.2012 - 9 AZR 618/10 - NZA 2012, 987). Für ei­nen Re­ge­lungs­wil­len, der zwi­schen Ansprüchen auf Ab­gel­tung von Min­dest-und Mehr­ur­laub un­ter­schei­det, müssen auch bei Ta­rif­verträgen deut­li­che An­halts­punk­te be­ste­hen. Die­se deut­li­chen An­halts­punk­te müssen sich aus Ta­rif­wort­laut, Zu­sam­men­hang und Zweck so­wie ggf. aus der Ta­rif­ge­schich­te er­ge­ben (BAG, Ur­teil vom 23.03.2010 - 9 AZR 128/09 - AP Nr. 3 zu § 125 SGB IX). Dies ist hier nicht ge­ge­ben. Die Ta­rif­ver­trags­par­tei­en ha­ben in Be­zug auf den Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch nicht zwi­schen ge­setz­li­chen und über­ge­setz­li­chen, ta­rif­ver­trag­li­chen Ansprüchen un­ter­schie­den. Ab­wei­chun­gen wer­den in § 26 Abs. 2 TVöD für hier nicht re­le­van­te Umstände (Über­tra­gung des Ur­laubs, Be­rech­nung des an­tei­li­gen Ur­laubs, Ru­hen des Ar­beits­verhält­nis­ses, Zah­lungs­be­ginn) ge­re­gelt. Im Übri­gen wird nur auf das Bun­des­ur­laubs­ge­setz ver­wie­sen.

Die Kläge­rin kann auch die Ab­gel­tung des Zu­satz­ur­laubs für Schwer­be­hin­der­te ver­lan­gen. Der schwer­be­hin­der­ten­recht­li­che Zu­satz­ur­laub be­stimmt sich nach den Re­geln des Min­des­t­ur­laubs des § 3 Ab­satz 1 BUrlG. Die­se sog. ur­laubs­recht­li­che Ak­zess­orietät ist schon we­gen der Be­grif­fe des "zusätz­li­chen Ur­laubs" in § 125 Ab­satz 1 Satz 1 SGB IX und des "Zu­satz­ur­laubs" in § 125 Ab­satz 1 Satz 2 SGB IX ge­bo­ten. § 125 Ab­satz 3 SGB IX ord­net "auch" für den Fall der rück­wir­ken­den Fest­stel­lung der Schwer­be­hin­der­ten­ei­gen­schaft die An­wen­dung der "ur­laubs­recht­li­chen Re­ge­lun­gen" an. Hin­zu kommt, dass so­wohl der Min­des­t­ur­laub aus § 3 Ab­satz 1 BUrlG als auch der Schwer­be­hin­der­ten­zu­satz­ur­laub aus § 125 SGB IX ge­setz­li­che, nicht dis­po­ni­ble Ur­laubs­ansprüche sind. Sie un­ter­schei­den sich durch ih­re strik­te Un­ab­ding­bar­keit von über­ge­setz­li­chen ein­zel- oder
ta­rif­ver­trag­li­chen Ansprüchen (Grie­se ju­ris PK-SGB IX § 125 Rn. 30). Auf den Zu­satz­ur­laub sind mit­hin die Vor­schrif­ten über die Ent­ste­hung, Über­tra­gung, Kürzung und Ab­gel­tung des ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laubs an­zu­wen­den (BAG 24.10.2006 - 9 AZR 669/05 - Rn. 12, BA­GE 120, 50; BAG 21.02.1995 - 9 AZR 166/94 - § 47 SchwbG, BA­GE 79,211). In­so­fern hat die Kläge­rin auch ei­nen An­spruch auf Ab­gel­tung des in der Höhe un­strei­ti­gen Zu­satz­ur­laubs er­wor­ben".

Die­sen zu­tref­fen­den Ausführun­gen der 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorfs schließt sich die Kam­mer im vol­len Um­fang an. Dies gilt auch hin­sicht­lich des gemäß § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges vom 01.03.2014 gewähr­ten Mehr­ur­lau­bes. Denn die von der 3. Kam­mer ge­schil­der­ten Grundsätze hin­sicht­lich ei­ner selbständi­gen Re­ge­lung über den Ab­gel­tungs­an­spruch des Mehr­ur­lau­bes gel­ten nicht nur für ei­nen ta­rif­ver­trag­lich gewähr­ten Mehr­ur­laub, son­dern auch für den zwi­schen den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en in­di­vi­du­al­ver­trag­lich ver­ein­bar­ten Mehr­ur­laub (vgl. BAG vom 24.03.2009 - 9 AZR 983/07 Rd­nr. 84 in NZA 2009, 538; ErfK/Gall­ner § 7 BUrlG Rd­nr. 52). Dem § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges vom 01.03.2004 können kei­ne An­halts­punk­te dafür ent­nom­men wer­den, dass die Ar­beits­ver­trags­par­tei­en hin­sicht­lich des ver­trag­li­chen Mehr­ur­lau­bes zwi­schen dem ge­setz­li­chen Min­des­t­ur­laub und dem ver­trag­li­chen Mehr­ur­laub un­ter­schei­den woll­ten. § 4 des Ar­beits­ver­tra­ges vom 01.03.2004 be­stimmt, dass der Ar­beit­neh­mer 30 Ur­laubs­ta­ge im Jahr hat. Es wird hier nicht zwi­schen dem ge­setz­li­chen Ur­laub und dem Mehr­ur­laub dif­fe­ren­ziert. Ins­be­son­de­re hin­sicht­lich der Ur­laubs­ab­gel­tung be­fin­det sich in dem Ar­beits­ver­trag kei­ne Re­ge­lung, die zwi­schen dem Mehr­ur­laub und dem Min­des­t­ur­laub un­ter­schei­det. Dies hat zur Fol­ge, dass auch der ar­beits­ver­trag­li­che Mehr­ur­laub in der­sel­ben Wei­se wie der ge­setz­li­che Min­des­t­ur­laub hin­sicht­lich der Ver­er­bung des Ab­gel­tungs­an­spru­ches zu be­han­deln ist.

Dies gilt auch für den Zu­satz­ur­laub gemäß § 125 Abs. 1 SGB IX. Auch hier kann auf die Ausführun­gen der 3. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Düssel­dorf ver­wie­sen wer­den, denn der gemäß § 125 Abs. 1 SGB IX gewähr­te Zu­satz­ur­laub ist als ge­setz­li­cher Ur­laubs­an­spruch an das recht­li­che Schick­sal des Min­des­t­ur­lau­bes ge­bun­den (vgl. BAG vom 07.08.2012 - 9 AZR 353/10 in NZA 2012, 1216; BAG vom 23.03.2010 - 9 AZR 128/09 in NZA 2010, 810; Neu­mann/Fen­ski/Kühn Bun­des­ur­laubs­ge­setz § 125 SGB IX Rd­nr. 20).

3. Der Ur­laubs­ab­gel­tungs­an­spruch ist nicht verjährt. Der Ab­gel­tungs­an­spruch ist mit dem Tod des Ehe­manns der Kläge­rin, der das Ar­beits­verhält­nis be­en­det hat, am 04.01.2013 ent­stan­den. Die dreijähri­ge Verjährungs­frist des § 195 BGB ist mit der am 02.10.2014 der Be­klag­ten zu­ge­stell­ten Kla­ge­schrift ge­wahrt.

4. Die in dem Ar­beits­ver­trag un­ter § 10 ge­re­gel­te ein­mo­na­ti­ge Aus­schluss­frist muss­te die Kläge­rin nicht ein­hal­ten, denn sie ist zu kurz und da­mit un­wirk­sam.

Ei­ne ein­zel­ver­trag­li­che Aus­schluss­frist, die die schrift­li­che Gel­tend­ma­chung al­ler Ansprüche aus dem Ar­beits­verhält­nis in­ner­halb ei­ner Frist von we­ni­ger als drei Mo­na­ten ab Fällig­keit ver­langt, be­nach­tei­ligt den Ar­beit­neh­mer un­an­ge­mes­sen ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB). Sie ist mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken des ge­setz­li­chen Verjährungs­rechts nicht ver­ein­bar (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und schränkt we­sent­li­che Rech­te, die sich aus der Na­tur des Ar­beits­ver­trags er­ge­ben, so ein, dass gemäß § 307 Abs. 2 Nr. 2 BGB die Er­rei­chung des Ver­trags­zwecks gefähr­det ist (vgl. BAG vom 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 in NZA 2006, 149; ErfK/Preis §§ 194 - 218 BGB Rd­nr. 46). Die Aus­schluss­klau­sel ist auf Grund der un­an­ge­mes­sen kur­zen Frist ins­ge­samt un­wirk­sam. Sie fällt gemäß § 306 Abs. 1 und 2 BGB bei Auf­recht­er­hal­tung des Ar­beits­ver­trags im Übri­gen er­satz­los weg (vgl. BAG vom 28.09.2005 - 5 AZR 52/05 a.a.O.)

5. Hin­sicht­lich der Be­rech­nung der Höhe des Ab­gel­tungs­an­spru­ches von 32 Ar­beits­ta­gen in Höhe von ar­beitstäglich 115,71 € kann auf die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­richts un­ter I. sei­ner Ent­schei­dungs­gründe ver­wie­sen wer­den. Mit der Be­ru­fungs­be­gründung hat der Be­klag­te die­se Be­rech­nung nicht gemäß § 64 Abs. 6 ArbGG und § 520 Abs. 3 Satz 2 ZPO mit ei­ner ge­son­der­ten Be­gründung an­ge­grif­fen. Dies gilt auch für die erst­in­stanz­lich von dem Be­klag­ten zur Auf­rech­nung ge­stell­ten 9:40 Mi­nus­stun­den. Auch hier hat der Be­klag­te die Ausführun­gen des Ar­beits­ge­rich­tes un­ter I. 4. der Ent­schei­dungs­gründe des Ur­teils vom 25.03.2015 nicht mit ei­ner ge­son­der­ten Be­gründung an­ge­grif­fen.

6. Die Zins­ent­schei­dung folgt aus den §§ 286 Abs. 1 Satz 2 BGB und § 288 Abs. 1 BGB, da die Kla­ge am 02.10.2014 zu­ge­stellt wor­den ist.

III.

Die Kos­ten der Be­ru­fung hat der Be­klag­te gemäß den §§ 64 Abs. 6 ArbGG, 97 Abs. 1 ZPO zu tra­gen.

IV.

Die Kam­mer hat den ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­gen grundsätz­li­che Be­deu­tung bei­ge­mes­sen und da­her gemäß § 72 Abs. 1 und Abs. 2 Nr.1 ArbGG die Re­vi­si­on an das Bun­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­sen.

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