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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/128

Dis­kri­mi­nie­rung we­gen Al­ters: Kein Ver­trau­ens­schutz in dis­kri­mi­nie­ren­de Re­ge­lung (§ 622 Abs.2 Satz 2 BGB)

Nach dem 02.12.2006 zählt je­des Be­schäf­ti­gungs­jahr für die Ver­län­ge­rung der ge­setz­li­chen Kün­di­gungs­fris­ten und nicht erst die Jah­re ab 25: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 09.09.2010, 2 AZR 714/08
Abrisskalender Dis­kri­mi­nie­rung jün­ge­rer Ar­beit­neh­mer: Wel­che Jah­re zäh­len?
05.07.2011. Je län­ger ein Ar­beits­ver­hält­nis be­steht, des­to län­ger sind die Kün­di­gungs­fris­ten, die der Ar­beit­ge­ber ge­mäß § 622 Abs.2 Satz 1 Bür­ger­li­ches Ge­setz­buch (BGB) be­ach­ten muss. Ein­ge­schränkt wird die­ses Prin­zip durch § 622 Abs.2 Satz 2 BGB. Da­nach zäh­len bei der Be­schäf­ti­gungs­dau­er nur die Jah­re ab Voll­endung des 25. Le­bens­jah­res. Ar­beit­neh­mer, die mit 17 an­ge­fan­gen ha­ben und mit 30 ge­kün­digt wer­den, ha­ben da­nach die­sel­be Kün­di­gungs­frist (zwei Mo­na­te) wie Kol­le­gen, die mit 25 an­ge­fan­gen ha­ben.

Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof (EuGH) ent­schied 2010, dass dies jün­ge­re Ar­beit­neh­mer we­gen ih­res Al­ters dis­kri­mi­niert, da sie mit kür­ze­rer Frist ge­kün­digt wer­den kön­nen als ver­gleich­ba­re äl­te­re Ar­beit­neh­mer, und dass ei­ne sol­che Re­ge­lung nicht an­ge­wandt wer­den darf (Ur­teil vom 19.01.2010, C-555/07 - "Kü­cük­de­ve­ci"). Das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) hat ge­klärt, bis zu wel­chem Da­tum Ar­beit­ge­ber auf die dis­kri­mi­nie­ren­de Ge­setz­fas­sung ver­trau­en durf­ten (Ur­teil vom 09.09.2010, 2 AZR 714/08).

Ei­ne 29jährige Kauf­frau war nach acht­jäh­ri­gem Ar­beits­ver­hält­nis En­de 2007 be­triebs­be­dingt ge­kün­digt wor­den, und zwar mit ei­ner ge­mäß § 622 Abs.2 Satz 2 BGB ver­kürz­ten Frist (ein Mo­nat). Sie ver­lang­te Be­zah­lung ei­ner drei­mo­na­ti­gen Kün­di­gungs­frist. Das BAG gab ihr recht und ent­schied, dass Ar­beit­ge­ber nach dem 02.12.2006 nicht mehr auf den Ge­set­zes­wort­laut ver­trau­en dür­fen. Denn an die­sem Tag en­de­te die Frist für die Um­set­zung der Gleich­be­hand­lungs-Rah­men­richt­li­nie (Richt­li­nie 2000/78/EG).

Fa­zit: Die vom Ar­beit­ge­ber ein­zu­hal­ten­den Kün­di­gungs­fris­ten müs­sen ab De­zem­ber 2006 (und nicht erst seit dem Kü­cük­de­vici-Ur­teil des EuGH vom Ja­nu­ar 2010) al­ter­s­neu­tral be­stimmt wer­den. Da­mit ist § 622 Abs. 2 Satz 2 BGB tot: Je­des Jahr der Be­schäf­ti­gung zählt für die Ver­län­ge­rung der ge­setz­li­chen Kün­di­gungs­fris­ten und nicht erst die Jah­re ab 25. Kür­ze­re Kün­di­gungs­fris­ten sind nur zu ha­ben, wenn das Ar­beits­ver­hält­nis ei­nem Ta­rif­ver­trag un­ter­stellt wird, der al­ter­s­neu­tral kür­ze­re Fris­ten vor­sieht.

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Letzte Überarbeitung: 1. November 2016

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