HENSCHE RECHTSANWÄLTE, FACHANWALTSKANZLEI FÜR ARBEITSRECHT

ARBEITSRECHT AKTUELL // 19/028

Min­dest­lohn bei frei­wil­li­gem Prak­ti­kum

Die Höchst­zeit von drei Mo­na­ten wird nicht über­schrit­ten, wenn das Prak­ti­kum aus per­sön­li­chen Grün­den un­ter­bro­chen wird und die ein­zel­nen Ab­schnit­te zu­sam­men­hän­gen: Bun­des­ar­beits­ge­richt, Ur­teil vom 30.01.2019, 5 AZR 995/16
Mindestlohnerhöhung auf 9,19 zum Jahr 2019, Mindestlohnkommission

31.01.2019. Nach dem Min­dest­l­ohn­ge­setz (Mi­LoG) kön­nen nicht nur Ar­beit­neh­mer, son­dern auch Prak­ti­kan­ten den ge­setz­li­chen Min­dest­lohn von der­zeit 9,19 EUR brut­to ver­lan­gen (§ 22 Abs.1 Satz 2, 3 Mi­LoG).

Mit die­ser ge­setz­li­chen Re­gel will das Ge­setz dem miss­bräuch­li­chen Ein­satz von Schein-Prak­ti­kan­ten ei­nen Rie­gel vor­schie­ben.

Um Un­ter­neh­men, die ech­te Prak­ti­kan­ten un­ter­stüt­zen wol­len, da­von nicht ab­zu­schre­cken, sieht § 22 Abs.1 Satz 2 Mi­LoG Aus­nah­men von dem Min­dest­lohn­an­spruch vor. So ha­ben Prak­ti­kan­ten z.B. kei­nen Min­dest­lohn­an­spruch, wenn sie „ein Prak­ti­kum von bis zu drei Mo­na­ten zur Ori­en­tie­rung für ei­ne Be­rufs­aus­bil­dung oder für die Auf­nah­me ei­nes Stu­di­ums leis­ten“ (§ 22 Abs.1 Satz 2 Nr.2 Mi­LoG).

Frag­lich ist, ob die­se Drei­mo­nats­frist mit Un­ter­bre­chun­gen auf ver­schie­de­ne Zeit­ab­schnit­te ver­teilt wer­den kann oder ob drei Mo­na­te nach Be­ginn ei­nes be­rufs­ori­en­tie­ren­den frei­wil­li­gen Prak­ti­kums in al­len Fäl­len die Min­dest­lohn­pflicht ein­setzt.

Nein, so das Bun­des­ar­beits­ge­richt (BAG) in ei­ner Ent­schei­dung vom gest­ri­gen Tag: Ur­teil vom 30.01.2019, 5 AZR 995/16.

Im Streit­fall hat­te ei­ne Prak­ti­kan­tin auf Zah­lung des Min­dest­lohns ge­klagt, und zwar mit fol­gen­der Be­grün­dung: Sie hat­te am 06.10.2015 ein be­rufs­ori­en­tie­ren­des Prak­ti­kum bei der Be­trei­be­rin ei­ner Reit­an­la­ge be­gon­nen, war im No­vem­ber 2015 knapp ei­ne Wo­che krank und fehl­te dann vom 20.12.2015 bis zum 11.01.2016 we­gen ei­nes Fa­mi­li­en­ur­laubs, den sie mit der Be­klag­ten be­reits zu Be­ginn des Prak­ti­kums ab­ge­spro­chen hat­te.

Nach der Un­ter­bre­chung setz­te sie das Prak­ti­kum noch für zwei Wo­chen fort (12.01. bis 25.01.2016). Zu­sam­men­ge­rech­net war sie da­mit nur zwölf Wo­chen ak­tiv im Prak­ti­kum, doch dau­er­te das Prak­ti­kum vom Be­ginn (06.10.2015) bis zu sei­nem En­de (25.01.2016) ein­schließ­lich der Un­ter­bre­chun­gen län­ger als drei Mo­na­te.

Dar­auf­hin ver­lang­te sie Zah­lung des Min­dest­lohns, im­mer­hin 6.630,00 EUR. Das Ar­beits­ge­richt Mön­chen­glad­bach gab der Kla­ge in Hö­he von 5.491,00 EUR brut­to statt (Ur­teil vom 13.10.2016, 6 Ca 1390/16), wo­hin­ge­gen das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Düs­sel­dorf sie ab­wies (Ur­teil vom 25.10.2017, 7 Sa 995/16).

Aus Sicht des LAG war die Drei­mo­nats­frist hier näm­lich ein­ge­hal­ten, und die­ser Mei­nung hat sich das BAG ges­tern an­ge­schlos­sen.

Fa­zit: Un­ter­bre­chun­gen ei­nes frei­wil­li­gen be­rufs­ori­en­tie­ren­den Prak­ti­kums (im Sin­ne von § 22 Abs.1 Satz 2 Nr.2 Mi­LoG) sind mög­lich, wenn der Prak­ti­kant bzw. die Prak­ti­kan­tin hier­für per­sön­li­che Grün­de hat und die ein­zel­nen Ab­schnit­te sach­lich und zeit­lich zu­sam­men­hän­gen.

Nä­he­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 28. September 2021

Weitere Auskünfte erteilen Ihnen gern:

Dr. Martin Hensche
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hensche@hensche.de
Christoph Hildebrandt
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Kontakt:
030 / 26 39 620
hildebrandt@hensche.de
Nina Wesemann
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht

Kontakt:
040 / 69 20 68 04
wesemann@hensche.de

Bewertung:

Auf Facebook teilen Auf Google+ teilen Ihren XING-Kontakten zeigen Beitrag twittern

 

Für Personaler, betriebliche Arbeitnehmervertretungen und andere Arbeitsrechtsprofis: "Update Arbeitsrecht" bringt Sie regelmäßig auf den neusten Stand der arbeitsgerichtlichen Rechtsprechung. Informationen zu den Abo-Bedingungen und ein kostenloses Ansichtsexemplar finden Sie hier:

Alle vierzehn Tage alles Wichtige
verständlich / aktuell / praxisnah

HINWEIS: Sämtliche Texte dieser Internetpräsenz mit Ausnahme der Gesetzestexte und Gerichtsentscheidungen sind urheberrechtlich geschützt. Urheber im Sinne des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (UrhG) ist Rechtsanwalt und Fachanwalt für Arbeitsrecht Dr. Martin Hensche, Lützowstraße 32, 10785 Berlin.

Wörtliche oder sinngemäße Zitate sind nur mit vorheriger schriftlicher Genehmigung des Urhebers bzw. bei ausdrücklichem Hinweis auf die fremde Urheberschaft (Quellenangabe iSv. § 63 UrhG) rechtlich zulässig. Verstöße hiergegen werden gerichtlich verfolgt.

© 1997 - 2024:
Rechtsanwalt Dr. Martin Hensche, Berlin
Fachanwalt für Arbeitsrecht
Lützowstraße 32, 10785 Berlin
Telefon: 030 - 26 39 62 0
Telefax: 030 - 26 39 62 499
E-mail: hensche@hensche.de