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ARBEITSRECHT AKTUELL // 11/124

Al­ters­gren­ze 60 für Pi­lo­ten im Ta­rif­ver­trag ist dis­kri­mi­nie­rend

Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung: Pi­lo­ten dür­fen nicht auf­grund ei­nes Ta­rif­ver­trags schon mit 60 Jah­ren ihr Ar­beits­ver­hält­nis ver­lie­ren: Schluss­an­trä­ge des Ge­ne­ral­an­walts Vil­lalón (Rs. C-447/09 - Prig­ge u.a. gg. Dt. Luft­han­sa)
Fluggast und Pilot auf dem Rollfeld Dis­kri­mi­nie­rung durch Zwangs­pen­sio­nie­rung?
29.06.2011. Ta­rif­ver­trä­ge se­hen oft vor, dass Ar­beits­ver­hält­nis­se au­to­ma­tisch mit dem Ren­ten­ein­tritts­al­ter en­den, das heu­te (noch) bei 65 Jah­ren liegt. Wer "in Ren­te ge­hen" möch­te, kann da­mit gut le­ben. An­de­re be­wer­ten den al­ters­be­ding­ten Ver­lust des Ar­beits­plat­zes mit 65 Jah­ren als ver­bo­te­ne Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung.

Ei­ne sol­che liegt vor, wenn Ar­beit­neh­mer we­gen ih­res Al­ters "un­güns­ti­ger" be­han­delt wer­den als jün­ge­re Kol­le­gen, oh­ne dass dies durch ei­ne „ver­hält­nis­mä­ßi­ge“ Ver­fol­gung so­zi­al­po­li­ti­scher Zie­le oder durch zwin­gen­de Si­cher­heits­grün­de ge­recht­fer­tigt wä­re. Das er­gibt sich aus dem EU-Recht, v.a. der Richt­li­nie 2000/78/EG, und dem All­ge­mei­nen Gleich­be­hand­lungs­ge­setz (AGG), das die­se und an­de­re EU-Richt­li­ni­en um­setzt.  

Der Eu­ro­päi­sche Ge­richts­hof (EuGH) hält ta­rif­li­che Al­ters­gren­zen an sich für rech­tens. Aber gilt das auch für ei­ne ta­rif­li­che Zwangs­pen­sio­nie­rung von Pi­lo­ten mit Al­ter 60? Der EuGH-Ge­ne­ral­an­walt Vil­lalón sprach sich da­ge­gen aus (Schluss­an­trä­ge vom 19.05.2011, C-447/09).

Ge­klagt hat­ten drei Luft­han­sa-Pi­lo­ten ge­gen die ta­rif­ver­trag­li­che Be­en­di­gung ih­rer Ar­beits­ver­hält­nis­se mit 60. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt zwei­fel­te an sei­ner bis­he­ri­gen Recht­spre­chung, die sol­che Klau­seln er­laubt, und frag­te den EuGH, ob ei­ne so frü­he "Zwangs­ver­ren­tung" bei Pi­lo­ten mit dem EU-Recht ver­ein­bar ist. Vil­lalón emp­fahl dem EuGH, die­se Fra­ge mit Nein zu be­ant­wor­ten, weil hier kei­ne er­laub­ten Zie­le ver­folgt wer­den und in die Be­rufs­frei­heit un­ver­hält­nis­mä­ßig stark ein­ge­grif­fen wird.

Fa­zit: Dem Ge­ne­ral­an­walt ist zu­zu­stim­men. Ver­kehrspi­lo­ten müs­sen we­gen in­ter­na­tio­na­ler Si­cher­heits­be­stim­mun­gen oh­ne­hin mit 65 Jah­ren auf­hö­ren. Die­se Gren­ze um sat­te fünf (!) Jah­re vor­zu­ver­la­gern, ist vom Re­ge­lungs­er­mes­sen der Ta­rif­part­ner nicht ge­deckt und den Be­trof­fe­nen nicht zu­mut­bar. Die ta­rif­li­che Al­ters­gren­ze 60 ver­stößt da­her ge­gen das Ver­bot der Al­ters­dis­kri­mi­nie­rung. Be­trof­fe­nen ist zu ra­ten, ge­gen die von der Flug­ge­sell­schaft be­haup­te­te Auf­lö­sung ih­rer Ar­beits­ver­hält­nis­se zu kla­gen.

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Letzte Überarbeitung: 28. September 2017

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