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BAG, Ur­teil vom 15.02.2012, 7 AZR 734/10

   
Schlagworte: Befristung des Arbeitsvertrags, Befristung: Sachgrund, Vergleich
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 7 AZR 734/10
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 15.02.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Zwickau, Urteil vom 12.03.2010, 6 Ca 1848/09
Sächsisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 4.11.2010, 4 Sa 262/10
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

7 AZR 734/10
4 Sa 262/10
Säch­si­sches
Lan­des­ar­beits­ge­richt

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am
15. Fe­bru­ar 2012

UR­TEIL

Förs­ter, Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­ter, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Sieb­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 15. Fe­bru­ar 2012 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Lin­sen­mai­er, die Rich­te­rin­nen am Bun­des­ar­beits­ge­richt Gall­ner und Schmidt so­wie die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Holz­hau­sen und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Glock für Recht er­kannt:

 

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Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Säch­si­schen Lan­des­ar­beits­ge­richts vom 4. No­vem­ber 2010 - 4 Sa 262/10 - auf­ge­ho­ben.

Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Zwi­ckau vom 12. März 2010 - 6 Ca 1848/09 P - teil­wei­se ab­geändert.

Es wird fest­ge­stellt, dass das zwi­schen den Par­tei­en be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis nicht durch die Be­fris­tung zum 31. Ju­li 2009 be­en­det wor­den ist.

Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 6.993,02 Eu­ro brut­to abzüglich 5.065,35 Eu­ro net­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 2. März 2010 zu be­zah­len.

Von den Kos­ten des Rechts­streits ers­ter In­stanz ha­ben die Kläge­rin 9 % und der Be­klag­te 91 % zu tra­gen. Die Kos­ten der Be­ru­fung und der Re­vi­si­on hat der Be­klag­te zu tra­gen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten zu­letzt noch darüber, ob ihr Ar­beits­verhält­nis auf­grund Be­fris­tung am 31. Ju­li 2009 ge­en­det hat, und über Ansprüche aus An­nah­me­ver­zug.

Die Kläge­rin war bei dem be­klag­ten Frei­staat seit dem 1. Au­gust 2002 auf­grund meh­re­rer be­fris­te­ter Ar­beits­verträge als teil­zeit­beschäftig­te Lehr­kraft mit 12/27 Wo­chen­stun­den im Fach Be­klei­dungs­ent­wurf im Be­ruf­li­chen Schul­zen­trum P an­ge­stellt. Die mit Ver­trag vom 7. Mai 2007 ver­ein­bar­te (vor­letz­te) Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 31. Ju­li 2008 griff sie vor dem Ar­beits­ge­richt Zwi­ckau mit ei­ner Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge an. Am 12. Au­gust 2008 fand ei­ne Güte­ver­hand­lung statt, die oh­ne Ei­ni­gung en­de­te. In ei­nem an das Ar­beits­ge­richt ge­rich­te­ten Schrei­ben vom 26. Au­gust 2008 führ­te der Be­klag­te

 

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ua. aus:

„...
wird nach Prüfung der An­re­gung der Vor­sit­zen­den Rich­te­rin mit­ge­teilt, dass die Kläge­rin gem. § 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 Tz­B­fG noch­mals für ein Schul­jahr, und zwar die­ses Schul­jahr (bis zum 31.07.2009) im bis­he­ri­gen Ar­beits­um­fang (12/27 Wo­chen­stun­den, ent­spricht 44,44 %) beschäftigt wer­den kann.

Auf­grund des am 25.08.08 be­gin­nen­den Un­ter­rich­tes soll­te ein ent­spre­chen­der ge­richt­li­cher Ver­gleich möglichst zügig um­ge­setzt wer­den.“

In ei­nem Schrift­satz des Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten der Kläge­rin an das Ar­beits­ge­richt vom 26. Au­gust 2008 heißt es aus­zugs­wei­se:

„...
wird be­zug­neh­mend auf den Schrift­satz des Be­klag­ten vom 26.8.2008 mit­ge­teilt, dass die Kläge­rin mit dem Ver­gleichs­vor­schlag des Be­klag­ten ein­ver­stan­den ist. Es wird ge­be­ten, das Zu­stan­de­kom­men des Ver­gleichs möglichst rasch nach § 46 Abs. 2 S. 1 ArbGG, § 278 Abs. 6 S. 2 ZPO fest­zu­stel­len. Das Schul­jahr hat be­reits am 25.8.2008 be­gon­nen und die Kläge­rin kann erst ein­ge­setzt wer­den, wenn der Ver­gleich fest­ge­stellt ist.“

Der dar­auf­hin ge­trof­fe­ne Be­schluss des Ar­beits­ge­richts vom 27. Au­gust 2008 lau­tet:

„Es wird fest­ge­stellt, dass zwi­schen den Par­tei­en ein

V e r g l e i c h

fol­gen­den In­halts zu­stan­de ge­kom­men ist:

1. Die Par­tei­en sind sich ei­nig, dass die Kläge­rin ab dem 25.08.2008 be­fris­tet bis zum 31.07.2009 (§ 14 Abs. 1 Nr. 8 Tz­B­fG) als teil­zeit­beschäftig­te Lehr­kraft mit 12/27 Wo­chen­stun­den, ent­spricht 44,44 % der durch­schnitt­li­chen re­gelmäßigen wöchent­li­chen Ar­beits­zeit ei­ner ent­spre­chen­den voll­beschäftig­ten Lehr­kraft, beschäftigt wird.

2. Im Übri­gen sol­len die Ar­beits­be­din­gun­gen aus dem be­en­de­ten Ar­beits­verhält­nis vom 07.05.2007, un­ter Aus­nah­me der dort ver­ein­bar­ten Be­fris­tung, für die­ses Ar­beits­verhält­nis wie­der gel­ten.

 

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3. Da­mit ist der Rechts­streit er­le­digt.

4. Die Kos­ten des Ver­fah­rens wer­den ge­gen­ein­an­der auf­ge­ho­ben.“

Die Par­tei­en hiel­ten außer­dem in ei­nem un­ter dem 27. Au­gust 2008 un­ter­zeich­ne­ten Ar­beits­ver­trag die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum 31. Ju­li 2009 schrift­lich fest.

Mit ih­rer am 17. Ju­li 2009 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­ge­nen Kla­ge hat die Kläge­rin die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung zum 31. Ju­li 2009 gel­tend ge­macht und mit am 1. März 2010 dem Be­klag­ten zu­ge­stell­ter letz­ter Kla­ge­er­wei­te­rung hilfs­wei­se An­nah­me­ver­zug­s­ent­gelt für die Zeit vom 1. Au­gust 2009 bis 28. Fe­bru­ar 2010 in rech­ne­risch un­strei­ti­ger Höhe be­gehrt. Sie hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­fris­tung sei un­zulässig. Sie be­ru­he nicht iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG auf ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich. Es ha­be kein of­fe­ner Streit über die Wirk­sam­keit der vor­letz­ten Be­fris­tung be­stan­den. Außer­dem ha­be das Ar­beits­ge­richt nicht - wie für den Sach­grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ge­for­dert - ord­nungs­gemäß am Zu­stan­de­kom­men des Ver­gleichs mit­ge­wirkt. Ein vom Ar­beits­ge­richt nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO le­dig­lich pro­to­kol­lier­ter Ver­gleichs­schluss ge­be kei­nen Sach­grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ab. Im Übri­gen un­ter­lie­ge § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG uni­ons­recht­li­chen Be­den­ken.

Die Kläge­rin hat, so­weit für die Re­vi­si­on von Be­deu­tung, zu­letzt be­an­tragt

1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nicht auf­grund Be­fris­tung zum 31. Ju­li 2009 be­en­det wur­de;

2. den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin 6.993,02 Eu­ro brut­to abzüglich 5.065,35 Eu­ro net­to nebst Zin­sen iHv. fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz seit dem 2. März 2010 zu be­zah­len.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Er hat sich auf den Stand­punkt ge­stellt, die Par­tei­en hätten über die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund der vor­letz­ten Be­fris­tung of­fen ge­strit­ten. In der Güte­ver-

 

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hand­lung am 12. Au­gust 2008 ha­be die Kam­mer­vor­sit­zen­de vor­ge­schla­gen zu prüfen, ob ei­ne wei­te­re be­fris­te­te Tätig­keit der Kläge­rin möglich sei. Auf die­se An­re­gung hin ha­be er die Möglich­keit ei­ner Wei­ter­beschäfti­gung über­prüft und den Ver­gleichs­vor­schlag un­ter­brei­tet. Ein ge­richt­li­cher Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG sei auch ein sol­cher, der - wie im vor­lie­gen­den Fall - nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO zu­stan­de kom­me. Im Übri­gen ver­hal­te sich die Kläge­rin wi­dersprüchlich, wenn sie ei­ner­seits ei­nem Ver­gleich mit ei­ner vor­ge­se­he­nen Be­fris­tung bis zum 31. Ju­li 2009 zu­stim­me, dies an­de­rer­seits aber wie­der in Fra­ge stel­le.

Das Ar­beits­ge­richt hat den Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag ab­ge­wie­sen. Ei­nem An­trag auf Zah­lung von wei­te­ren 1.632,29 Eu­ro nebst Zin­sen als Vergütung für die Prüfung schul­frem­der Schüler hat es in Höhe von 899,79 Eu­ro nebst Zin­sen ent­spro­chen und den An­trag im Übri­gen ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die auf die Ab­wei­sung der Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge und den An­nah­me­ver­zugs­an­spruch be­schränk­te Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit ih­rer Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin den Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag so­wie für den Fall von des­sen Statt­ga­be den An­trag auf Vergütungs­zah­lung aus An­nah­me­ver­zug wei­ter. Der Be­klag­te be­an­tragt, die Re­vi­si­on zurück­zu­wei­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ist be­gründet. Die Vor­in­stan­zen ha­ben den Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag zu Un­recht ab­ge­wie­sen. Das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en hat nicht auf­grund der Be­fris­tung am 31. Ju­li 2009 ge­en­det. Die Be­fris­tungs­ver­ein­ba­rung ist man­gels ei­nes sie nach § 14 Abs. 1 Tz­B­fG recht­fer­ti­gen­den sach­li­chen Grun­des un­wirk­sam; sie be­ruht nicht auf ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG. Die Kläge­rin hat ei­nen An­spruch auf Zah­lung der Vergütung für den gel­tend ge­mach­ten Zeit­raum aus An­nah­me­ver­zug.

 

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I. Der zulässi­ge Be­fris­tungs­kon­troll­an­trag hat Er­folg. Die ver­ein­bar­te Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags zum 31. Ju­li 2009 ist rechts­un­wirk­sam. Sie ist nicht durch den Sach­grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ge­recht­fer­tigt. Die Kläge­rin verhält sich nicht treu­wid­rig oder wi­dersprüchlich iSv. § 242 BGB, in­dem sie die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung ge­richt­lich gel­tend macht.

1. Der in § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG nor­mier­te Sach­grund recht­fer­tigt die Be­fris­tung nicht.

a) Nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG liegt ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags vor, wenn sie auf ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich be­ruht. Vor­aus­set­zung ist die Ver­ein­ba­rung ei­ner Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses in ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich, so­weit die Par­tei­en dar­in zur Be­en­di­gung ei­nes Kündi­gungs­schutz­ver­fah­rens oder ei­nes sons­ti­gen Fest­stel­lungs­rechts­streits über den Fort­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses ei­ne Ei­ni­gung er­zie­len. Der ge­richt­li­che Ver­gleich, mit dem die Par­tei­en zur Bei­le­gung ei­ner Rechts­strei­tig­keit ein be­fris­te­tes oder auflösend be­ding­tes Ar­beits­verhält­nis ver­ein­ba­ren, un­ter­liegt kei­ner wei­te­ren Be­fris­tungs­kon­trol­le. De­ren Funk­ti­on erfüllt das Ar­beits­ge­richt durch sei­ne ord­nungs­gemäße Mit­wir­kung beim Zu­stan­de­kom­men des Ver­gleichs, der re­gelmäßig so­gar auf sei­nem Vor­schlag be­ruht (vgl. BAG 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 55, BA­GE 120, 251). Dem Ge­richt als Grund­rechts­ver­pflich­te­ten iSd. Art. 1 Abs. 3 GG ob­liegt im Rah­men der ar­beits­ge­richt­li­chen Be­fris­tungs­kon­trol­le die Auf­ga­be, den Ar­beit­neh­mer vor ei­nem grund­lo­sen Ver­lust sei­nes Ar­beits­plat­zes zu be­wah­ren und da­mit ei­nen an­ge­mes­se­nen Aus­gleich der wech­sel­sei­ti­gen, grund­rechts­geschütz­ten In­ter­es­sen der Ar­beits­ver­trags­par­tei­en zu fin­den. Die­se aus Art. 12 Abs. 1 GG ab­ge­lei­te­te Schutz­pflicht erfüllt das Ge­richt nicht nur durch ein Ur­teil, son­dern auch im Rah­men der gütli­chen Bei­le­gung ei­nes Rechts­streits. Schlägt das Ar­beits­ge­richt zur Be­en­di­gung des Ver­fah­rens über den Be­stand ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nen Ver­gleich vor, der ei­ne wei­te­re, al­ler­dings zeit­lich be­grenz­te Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­sieht, ist das im Re­gel­fall ei­ne hin­rei­chen­de Gewähr dafür, dass die­se Be­fris­tung nicht des­we­gen gewählt wor­den ist, um dem Ar­beit­neh­mer grund­los den ge­setz­li­chen Be­stands­schutz

 

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zu neh­men (BAG 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 55, aaO; 26. April 2006 - 7 AZR 366/05 - Rn. 27, AP Tz­B­fG § 14 Ver­gleich Nr. 1 = EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 29; vgl. auch 2. De­zem­ber 1998 - 7 AZR 644/97 - zu 1 b der Gründe, AP HRG § 57a Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 156). Ne­ben der Mit­wir­kung des Ge­richts am Zu­stan­de­kom­men ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­verhält­nis­ses setzt der Sach­grund des ge­richt­li­chen Ver­gleichs das Be­ste­hen ei­nes of­fe­nen Streits der Par­tei­en über die Rechts­la­ge hin­sicht­lich des zwi­schen ih­nen be­ste­hen­den Rechts­verhält­nis­ses im Zeit­punkt des Ver­gleichs­schlus­ses vor­aus (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 366/05 - Rn. 28, aaO; 22. Ok­to­ber 2003 - 7 AZR 666/02 - zu 1 der Gründe, AP BGB § 620 Be­fris­te­ter Ar­beits­ver­trag Nr. 255 = EzA BGB 2002 § 620 Nr. 8). Dafür ist er­for­der­lich, dass bei­de Par­tei­en ge­gensätz­li­che Rechts­stand­punk­te darüber ein­ge­nom­men ha­ben, ob bzw. wie lan­ge zwi­schen ih­nen ein Ar­beits­verhält­nis be­steht. Ins­be­son­de­re muss der Ar­beit­neh­mer nach­drück­lich sei­ne Rechts­po­si­ti­on ver­tre­ten und ge­genüber dem Ar­beit­ge­ber gel­tend ge­macht ha­ben. Der Ar­beit­ge­ber muss es dar­auf­hin ab­ge­lehnt ha­ben, den Ar­beit­neh­mer ent­spre­chend sei­ner For­de­rung zu beschäfti­gen (vgl. BAG 24. Ja­nu­ar 1996 - 7 AZR 496/95 - zu II 2 der Gründe, BA­GE 82, 101).

b) Die an ei­nen ge­richt­li­chen Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG zu stel­len­den An­for­de­run­gen sind vor­lie­gend nicht erfüllt.

aa) Al­ler­dings be­stand ent­ge­gen der An­sicht der Kläge­rin ein of­fe­ner Streit über die Wirk­sam­keit der (vor­letz­ten) Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum 31. Ju­li 2008. Dem steht nicht ent­ge­gen, dass sich der be­klag­te Frei­staat zu der Be­fris­tung noch nicht schriftsätz­lich geäußert hat­te. Die Vor­aus­set­zung ei­nes „of­fe­nen Streits“ soll die miss­bräuch­li­che Aus­nut­zung des durch § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG eröff­ne­ten Sach­grun­des ver­hin­dern und gewähr­leis­ten, dass der ge­richt­li­che Ver­gleich nicht nur zur Pro­to­kol­lie­rung ei­ner von den Ar­beits­ver­trags­par­tei­en vor Rechtshängig­keit ver­ein­bar­ten be­fris­te­ten Verlänge­rung des Ar­beits­ver­trags be­nutzt wird (vgl. BAG 26. April 2006 - 7 AZR 366/05 - Rn. 28 mwN, AP Tz­B­fG § 14 Ver­gleich Nr. 1 = EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 29). Vor­lie­gend hat­te die Kläge­rin die vor­letz­te Be­fris­tung mit ei­ner Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge an­ge­grif­fen und ist nach dem 31. Ju­li 2008 zunächst auch nicht wei­ter

 

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beschäftigt wor­den. Be­son­de­re An­halts­punk­te für die An­nah­me, dass die Be­fris­tungs­kon­troll­kla­ge nur in­iti­iert war, um „ge­richts­fest“ ei­ne wei­te­re Be­fris­tung ver­ein­ba­ren zu können, sind nicht er­sicht­lich.

bb) Die Par­tei­en ha­ben die streit­be­fan­ge­ne Be­fris­tung aber nicht in ei­nem „ge­richt­li­chen Ver­gleich“ nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ver­ein­bart. Sie ha­ben dem Ar­beits­ge­richt mit ih­ren Schriftsätzen vom 26. Au­gust 2008 ei­nen die (er­neu­te) Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags ent­hal­ten­den Ver­gleichs­vor­schlag un­ter­brei­tet. Das Ar­beits­ge­richt hat das Zu­stan­de­kom­men und den In­halt des Ver­gleichs mit Be­schluss vom 27. Au­gust 2008 fest­ge­stellt. Der Ver­gleich ist da­mit nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO ge­schlos­sen. Ein sol­cher Ver­gleich un­terfällt nicht § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG.

(1) Für den ge­richt­li­chen Ver­gleich nach § 278 Abs. 6 ZPO in der bis zum 31. Au­gust 2004 gel­ten­den Fas­sung (nun­mehr § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2 ZPO) hat der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts ent­schie­den, dass es sich um ei­nen Sach­grund für die in dem Ver­gleich ver­ein­bar­te Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­trags han­deln kann (BAG 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 55 f., BA­GE 120, 251). Hier­an hält der er­ken­nen­de Se­nat fest. Neh­men die Par­tei­en ei­nen schrift­li­chen Ver­gleichs­vor­schlag des Ge­richts, der ei­ne Be­fris­tungs­ab­re­de be­inhal­tet, durch Schrift­satz ge­genüber dem Ge­richt an und stellt das Ge­richt durch Be­schluss das Zu­stan­de­kom­men des Ver­gleichs fest (vgl. § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 ZPO), recht­fer­tigt der so ge­schlos­se­ne Ver­gleich nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG die Be­fris­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses. Es be­ste­hen kei­ne durch­grei­fen­den Zwei­fel an der Uni­ons­rechts­kon­for­mität die­ses Verständ­nis­ses von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG (vgl. BAG 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 57 bis 59, aaO). Nach § 5 der EGB-UN­ICE-CEEP-Rah­men­ver­ein­ba­rung über be­fris­te­te Ar­beits­verträge im An­hang der Richt­li­nie 1999/70/EG des Ra­tes vom 28. Ju­ni 1999 er­grei­fen die Mit­glied­staa­ten, um Miss­brauch durch auf­ein­an­der­fol­gen­de be­fris­te­te Ar­beits­verträge oder -verhält­nis­se zu ver­mei­den, ei­ne oder meh­re­re der in § 5 Nr. 1 Buchst. a bis c der Rah­men­ver­ein­ba­rung ge­nann­ten Maßnah­men. Ent­schließt sich ein Mit­glied­staat zu ei­ner die­ser Maßnah­men oder zu meh­re­ren, hat er das uni­ons-

 

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recht­lich vor­ge­ge­be­ne Ziel der Ver­hin­de­rung des Miss­brauchs von auf­ein­an­der­fol­gen­den be­fris­te­ten Ar­beits­verträgen zu gewähr­leis­ten (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [An­gel­i­da­ki ua.] Rn. 94, 95 mwN, Slg. 2009, I-3071). Wie der Ge­richts­hof der Eu­ropäischen Uni­on in meh­re­ren Ent­schei­dun­gen aus­geführt und geklärt hat, ist es Auf­ga­be der na­tio­na­len Ge­rich­te, im Rah­men ih­rer Zuständig­keit die­sem Ziel bei der Aus­le­gung der na­tio­na­len Vor­schrif­ten Rech­nung zu tra­gen (vgl. EuGH 23. April 2009 - C-378/07 ua. - [An­gel­i­da­ki ua.] Rn. 106, aaO; 7. Sep­tem­ber 2006 - C-53/04 - [Mar­ro­su und Sar­di­no] Rn. 56, Slg. 2006, I-7213; 7. Sep­tem­ber 2006 - C-180/04 - [Vas­sal­lo] Rn. 41, Slg. 2006, I-7251). Die ver­ant­wort­li­che Mit­wir­kung des Ge­richts am Ver­gleichs­schluss trägt der Miss­brauchs­ver­hin­de­rung hin­rei­chend Rech­nung.

(2) Noch nicht ent­schie­den ist bis­lang, ob auch ein Ver­gleich, der gemäß § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO zu­stan­de ge­kom­men ist, ei­nen Be­fris­tungs­grund nach § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ab­gibt. Der Sechs­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts hat die­se Fra­ge aus­drück­lich of­fen­ge­las­sen (vgl. BAG 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 56, BA­GE 120, 251). Die Mei­nun­gen im Schrift­tum sind ge­teilt. Über­wie­gend wird die Auf­fas­sung ver­tre­ten, es sei nicht ge­recht­fer­tigt, ei­nen sol­chen Ver­gleich ei­nem ge­richt­li­chen Ver­gleich, der ent­we­der durch Pro­to­kol­lie­rung in ei­ner münd­li­chen Ver­hand­lung oder nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 ZPO zu­stan­de ge­kom­men ist, gleich­zu­set­zen. Es feh­le an der er­for­der­li­chen in­halt­li­chen Mit­wir­kung des Ge­richts (vgl. zB APS/Back­haus 4. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 324; Dörner Der be­fris­te­te Ar­beits­ver­trag 2. Aufl. Rn. 262 f.; Münch­KommBGB/Hes­se 5. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 71; Schaub/Koch ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 40 Rn. 39). Nach an­de­rer Auf­fas­sung kann ein ge­richt­li­cher Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG nach bei­den Al­ter­na­ti­ven des § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO zu­stan­de kom­men (vgl. zB ErfK/Müller-Glöge 12. Aufl. § 14 Tz­B­fG Rn. 77; Sie­vers Tz­B­fG 3. Aufl. § 14 Rn. 336).

(3) Der nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO zu­stan­de ge­kom­me­ne ge­richt­li­che Ver­gleich ist kein ge­richt­li­cher Ver­gleich iSv. § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG. Dies er­gibt die Aus­le­gung von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG.

 

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(a) Nach dem Wort­laut von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG liegt ein sach­li­cher Grund für die Be­fris­tung des Ar­beits­ver­trags vor, wenn sie auf ei­nem „ge­richt­li­chen“ Ver­gleich be­ruht. Da­mit ist je­den­falls aus­ge­drückt, dass ei­ne auf ei­ner außer­ge­richt­li­chen Ei­ni­gung - al­so et­wa auf ei­nem An­walts­ver­gleich nach § 796a ZPO - be­ru­hen­de Be­fris­tungs­ab­re­de nicht zur An­nah­me ei­nes Sach­grun­des ge­rei­chen soll; pri­vi­le­giert ist nur der „ge­richt­li­che“ Ver­gleich. Im Übri­gen er­weist sich ei­ne gram­ma­ti­ka­li­sche In­ter­pre­ta­ti­on von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG vor dem Hin­ter­grund sei­ner Ent­ste­hungs­ge­schich­te eher als un­er­gie­big. Im Zeit­punkt der Verkündung des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes am 28. De­zem­ber 2000 galt § 278 Abs. 6 ZPO noch nicht. Ein den Pro­zess be­en­den­der Ver­gleich muss­te bis En­de 2001 vor Ge­richt ab­ge­schlos­sen und nach § 160 Abs. 3 Nr. 1, § 162 ZPO pro­to­kol­liert wer­den (vgl. Zöller/Gre­ger ZPO 28. Aufl. § 278 Rn. 30). Erst mit dem am 1. Ja­nu­ar 2002 in Kraft ge­tre­te­nen Ge­setz zur Re­form des Zi­vil­pro­zes­ses vom 27. Ju­li 2001 (ZPO-RG, BGBl. I S. 1887) ist ua. § 278 ZPO ins­ge­samt neu ge­stal­tet und die Möglich­keit ei­nes ge­richt­li­chen Ver­gleichs­schlus­ses da­hin­ge­hend ein­geführt wor­den, dass die Par­tei­en ei­nen schrift­li­chen Ver­gleichs­vor­schlag des Ge­richts durch Schrift­satz ge­genüber dem Ge­richt an­neh­men (§ 278 Abs. 6 Satz 1 in der bis zum 31. Au­gust 2004 gel­ten­den Fas­sung). Die­se Möglich­keit wur­de mit dem am 1. Sep­tem­ber 2004 in Kraft ge­tre­te­nen Ers­ten Ge­setz zur Mo­der­ni­sie­rung der Jus­tiz vom 24. Au­gust 2004 (1. JuMoG, BGBl. I S. 2198) er­wei­tert, in­dem nun­mehr ein ge­richt­li­cher Ver­gleich auch da­durch ge­schlos­sen wer­den kann, dass die Par­tei­en dem Ge­richt ei­nen schrift­li­chen Ver­gleichs­vor­schlag un­ter¬brei­ten (§ 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO). Die Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en zu § 278 Abs. 6 idF des ZPO-RG und idF des 1. JuMoG ver­hal­ten sich nicht zu den Aus­wir­kun­gen der Re­form und No­vel­lie­rung der Vor­schrift auf das Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz (vgl. BT-Drucks. 14/4722 S. 83 f. und BT-Drucks. 14/6036 S. 121 so­wie BT-Drucks. 15/3482 S. 16 f.). Al­ler­dings hat der Ge­setz­ge­ber bei den nach In­kraft­tre­ten des ZPO-RG und des 1. JuMoG ver­ab­schie­de­ten Ände­run­gen und Übe­r­ar­bei­tun­gen des Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes auch kei­nen Mo­di­fi­zie­rungs­be­darf von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ge­se­hen (Einfügung von § 14 Abs. 3 Satz 4 Tz­B­fG durch Art. 7 des Ers­ten Ge­set­zes für mo­der­ne

 

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Dienst­leis­tun­gen am Ar­beits­markt vom 23. De­zem­ber 2002 [BGBl. I S. 4607]; Einfügung von § 14 Abs. 2a Tz­B­fG durch Art. 2 des Ge­set­zes zu Re­for­men am Ar­beits­markt vom 24. De­zem­ber 2003 [BGBl. I S. 3002]; Neu­fas­sung von § 14 Abs. 3 Tz­B­fG mit Art. 1 des Ge­set­zes zur Ver­bes­se­rung der Beschäfti­gungs­chan­cen älte­rer Men­schen vom 19. April 2007 [BGBl. I S. 538]; re­dak­tio­nel­le An­pas­sung von § 14 Abs. 3 Satz 1 Tz­B­fG mit Art. 23 des Ge­set­zes zur Ver­bes­se­rung der Ein­glie­de­rungs­chan­cen am Ar­beits­markt vom 20. De­zem­ber 2011 [BGBl. I S. 2854]).

(b) Un­ter Berück­sich­ti­gung der Ge­set­zes­his­to­rie spre­chen Sinn und Zweck von § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG deut­lich dafür, den nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO ge­schlos­se­nen Ver­gleich nicht als sach­li­che Recht­fer­ti­gung für ei­ne Be­fris­tung er­ach­ten zu können.

(aa) Vor der Ko­di­fi­zie­rung der Sach­grund­be­fris­tung im Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­setz hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt den ge­richt­li­chen Ver­gleich als aus­rei­chen­de Recht­fer­ti­gung für ei­ne in ihm ver­ab­re­de­te Be­fris­tung be­fun­den, weil er zum ei­nen streit­be­frie­dend wir­ke, zum an­de­ren aber auch we­gen der ge­richt­li­chen Mit­wir­kung ei­ne hin­rei­chen­de Gewähr dafür bie­te, den Ar­beit­neh­mer vor ei­nem grund­lo­sen Ver­lust sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zu be­wah­ren. In der Ent­schei­dung, die letz­te­ren As­pekt aus­drück­lich her­vor­hebt, heißt es ua. (BAG 2. De­zem­ber 1998 - 7 AZR 644/97 - zu 1 b der Gründe, AP HRG § 57a Nr. 4 = EzA BGB § 620 Nr. 156):

„Schlägt das Ar­beits­ge­richt zur Be­en­di­gung ei­nes Rechts­streits über den Be­stand ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ei­nen Ver­gleich vor, der ei­ne wei­te­re, al­ler­dings zeit­lich be­grenz­te Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­sieht, ist das im Re­gel­fall ei­ne hin­rei­chen­de Gewähr dafür, dass die­se Be­fris­tung nicht des­we­gen gewählt wor­den ist, um dem Ar­beit­neh­mer den Schutz zwin­gen­der Kündi­gungs­schutz­be­stim­mun­gen zu neh­men.“

In den Ge­set­zes­ma­te­ria­li­en des zum 1. Ja­nu­ar 2001 in Kraft ge­tre­te­nen Teil­zeit- und Be­fris­tungs­ge­set­zes ist beim Sach­grund des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 ex­pli­zit auf die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ver­wie­sen. In

 

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der Ge­set­zes­be­gründung heißt es (BT-Drucks. 14/4374 S. 19):

„Die Ver­ein­ba­rung der Be­fris­tung ei­nes Ar­beits­ver­tra­ges im Rah­men ei­nes ge­richt­li­chen Ver­gleichs (Num­mer 8) ist nach der ständi­gen Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts ein sach­lich recht­fer­ti­gen­der Be­fris­tungs­grund. Durch die Ver­ein­ba­rung ei­nes be­fris­te­ten Ar­beits­ver­tra­ges kann ein Rechts­streit über ei­ne vor­aus­ge­gan­ge­ne Kündi­gung, die Wirk­sam­keit ei­ner Be­fris­tung oder ei­ne sons­ti­ge Be­stands­strei­tig­keit be­en­det wer­den. Die Mit­wir­kung des Ge­richts an dem Ver­gleich bie­tet hin­rei­chen­de Gewähr für die Wah­rung der Schutz­in­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers.“

Der Ge­setz­ge­ber hat so­mit im An­schluss an die Recht­spre­chung des Se­nats den ge­richt­li­chen Ver­gleich des­halb als Sach­grund für ei­ne Be­fris­tung an­er­kannt, weil das Ge­richt die Möglich­keit und die Ob­lie­gen­heit hat, beim Ab­schluss des Ver­gleichs dar­auf hin­zu­wir­ken, dass bei des­sen In­halt - auch un­ter Berück­sich­ti­gung der Pro­zess­aus­sich­ten in dem bei­ge­leg­ten Rechts­streit - die Schutz­in­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers berück­sich­tigt wer­den.

(bb) Ei­ne am kon­kre­ten Grad der ge­richt­li­chen Be­tei­li­gung am Ver­gleich ori­en­tier­te Aus­le­gung des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG - et­wa durch das Er­for­der­nis der tatsächli­chen Ein­fluss­nah­me auf den Ver­gleichs­text oder die In­ten­sität der Erörte­rung der Sach- und Rechts­la­ge - ist da­mit nicht zwin­gend ge­bo­ten (vgl. BAG 23. No­vem­ber 2006 - 6 AZR 394/06 - Rn. 56, BA­GE 120, 251). An­ders als bei ei­nem durch das Ge­richt im Sinn der §§ 159 bis 160a, 162, 163 ZPO pro­to­kol­lier­ten Ver­gleich oder bei ei­nem Ver­gleich nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 2, Satz 2 ZPO, bei dem sich das Ge­richt ei­nen ggf. von den Par­tei­en vor­ge­leg­ten Ei­ni­gungs­ent­wurf als sei­nen Vor­schlag zu ei­gen macht und die­sen den Par­tei­en un­ter­brei­tet, ist aber bei ei­nem nach § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1, Satz 2 ZPO ge­schlos­se­nen Ver­gleich der ge­richt­li­che Bei­trag von vorn­her­ein auf ei­ne Fest­stel­lungs­funk­ti­on be­schränkt. Zwi­schen den Al­ter­na­ti­ven des schrift­li­chen Ver­gleichs­schlus­ses nach § 278 Abs. 6 Satz 1 ZPO be­steht ein struk­tu­rel­ler Un­ter­schied. Die Möglich­keit des Ge­richts, auf den In­halt des Ver­gleichs un­ter Berück­sich­ti­gung der Schutz­in­ter­es­sen des Ar­beit­neh­mers Ein­fluss zu neh­men, ist bei § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO schon durch die Ver­fah­rens­ge­stal­tung be­grenzt, denn das Ge­richt hat in dem Fall, in dem die

 

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Par­tei­en ihm ei­nen schrift­li­chen Ver­gleichs­vor­schlag un­ter­brei­ten, des­sen Zu­stan­de­kom­men und In­halt - ab­ge­se­hen von Verstößen ge­gen Straf­ge­set­ze oder ge­gen §§ 134, 138 BGB (vgl. zB Baum­bach/Lau­ter­bach/Al­bers/Hart­mann ZPO 70. Aufl. § 278 Rn. 50) - nach § 278 Abs. 6 Satz 2 ZPO nur noch fest­zu­stel­len. Die­ser struk­tu­rell al­lein in der Pro­to­kol­lie­rung von (nicht ge­setz­wid­ri­gen) Ei­ni­gungs­entwürfen lie­gen­de ge­richt­li­che Bei­trag ist kei­ne „Mit­wir­kung“ im Sinn ei­ner in­halt­li­chen Ver­ant­wor­tung, die der ver­laut­bar­ten In­ten­ti­on des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG ent­spricht.

2. Der Kläge­rin ist es nicht nach § 242 BGB ver­wehrt, sich auf die Un­wirk­sam­keit der Be­fris­tung zu be­ru­fen.

a) Es verstößt nicht grundsätz­lich ge­gen Treu und Glau­ben, wenn ei­ne Par­tei ein un­ter ih­rer Be­tei­li­gung zu­stan­de ge­kom­me­nes Rechts­geschäft an­greift. Wi­dersprüchli­ches Ver­hal­ten ist erst dann rechts­miss­bräuch­lich, wenn da­durch für den an­de­ren Teil ein Ver­trau­en­stat­be­stand ge­schaf­fen wor­den ist oder wenn an­de­re be­son­de­re Umstände die Rechts­ausübung als treu­wid­rig er­schei­nen las­sen (BAG 18. Ju­ni 2008 - 7 AZR 214/07 - Rn. 32 mwN, AP Tz­B­fG § 14 Nr. 50 = EzA Tz­B­fG § 14 Nr. 50).

b) Vor­lie­gend durf­te der Be­klag­te nicht al­lein des­halb auf die Wirk­sam­keit der Be­fris­tung ver­trau­en, weil sie in ei­nem - die Vor­schrift des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 8 Tz­B­fG zi­tie­ren­den - Ver­gleich zur gütli­chen Bei­le­gung des Rechts­streits über die Wirk­sam­keit der vor­an­ge­gan­ge­nen Be­fris­tung ver­ein­bart wor­den ist. Treu­wid­rig könn­te das Ver­hal­ten der Kläge­rin ggf. sein, wenn sie in dem Be­wusst­sein um ei­ne Un­wirk­sam­keit der im Ver­gleich ver­ein­bar­ten Be­fris­tung den Be­klag­ten zum Ver­gleichs­schluss ge­drängt, al­so et­wa dar­auf be­stan­den hätte, den Ver­gleich aus die­sem Grund nur im Weg des § 278 Abs. 6 Satz 1 Alt. 1 ZPO (und nicht an­ders) zu schließen. Hierfür gibt es kei­ne An­halts­punk­te.

II. Der dem Se­nat da­mit zur Ent­schei­dung an­ge­fal­le­ne Zah­lungs­an­trag ist nach § 611 Abs. 1, § 615 Satz 1 BGB iVm. dem Ar­beits­ver­trag be­gründet. Der Be­klag­te war in der vom An­trag um­fass­ten Zeit vom 1. Au­gust 2009 bis 28. Fe­bru­ar 2010 mit der An­nah­me der Diens­te der Kläge­rin in Ver­zug und hat

 

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da­her die ver­ein­bar­te Vergütung fort­zu­zah­len (§ 615 Satz 1 BGB). Zur Höhe der schlüssig vor­ge­tra­ge­nen Kla­ge­for­de­rung hat der Be­klag­te kei­ne Einwände er­ho­ben. Der Kläge­rin ste­hen auch die Pro­zess­zin­sen in der gel­tend ge­mach­ten Höhe zu (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB).

III. Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO. Die Kläge­rin hat­te in der ers­ten In­stanz noch 1.632,29 Eu­ro Ent­gelt für die Ab­nah­me von Prüfun­gen gel­tend ge­macht. Un­ter Berück­sich­ti­gung der vom Ar­beits­ge­richt zu­ge­spro­che­nen 899,79 Eu­ro und des Ge­samt­ge­gen­stands­werts ent­spricht dies ei­ner Ver­lust­quo­te von 9 %. In der Be­ru­fungs- und Re­vi­si­ons­in­stanz hat die Kläge­rin voll­umfäng­lich ob­siegt.

Lin­sen­mai­er

Gall­ner

Schmidt

Holz­hau­sen

Glock

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