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LAG Köln, Ur­teil vom 29.01.2016, 4 Sa 849/15

   
Schlagworte: Arbeitszeit, Ordentliche Kündigung, Befristung des Arbeitsvertrags
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Köln
Aktenzeichen: 4 Sa 849/15
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 29.01.2016
   
Leitsätze:

1. Eine vertragliche Abrede, die nur dem Arbeitgeber, nicht auch dem Arbeitnehmer das Recht zur ordentlichen Kündigung eines befristeten Arbeitsverhältnisses gibt, ist unwirksam.

2. Zur Unwirksamkeit eines Gestaltungsrechts, welches Eingriffe in den Kernbereich des Arbeitsverhältnisses zulässt.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Aachen, 3 Ca 3564/14
   

Te­nor:

I. Die Be­ru­fung des Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Aa­chen vom 19.03.2015– 3 Ca 3564/14 h – wird mit der Maßga­be zurück­ge­wie­sen, dass der Te­nor wie folgt neu ge­fasst wird:

1. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en über den 01.08.2014 hin­aus bis zum 31.08.2015 auf der ursprüng­lich ver­ein­bar­ten Ba­sis ei­ner 40-St­un­den­wo­che bei ei­ner mo­nat­li­chen Brut­to­vergütung von 2.790,39 EUR (i. W. zwei­tau­send­sie­ben­hun­dert­neun­zig Eu­ro, Cent wie ne­ben­ste­hend) fort­be­stan­den hat.

2. Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der durch die Ände­rungskündi­gung des Be­klag­ten vom 21.11.2014 noch durch die Kündi­gung vom 21.11.2014 mit Ab­lauf des 31.12.2014 be­en­det wor­den ist.

3. Der Be­klag­te wird ver­ur­teilt, an den Kläger 6.216,95 EUR (i. W. sechs­tau­send­zwei­hun­dert­sech­zehn Eu­ro, Cent wie ne­ben­ste­hend) brut­to nebst Zin­sen in Höhe von fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins aus 1.395,21 EUR (i. W. ein­tau­send­drei­hun­dertfünf­und­neun­zig Eu­ro, Cent wie ne­ben­ste­hend) seit dem 01.09.2014, aus wei­te­ren 1.395,21 EUR (i. W. ein­tau­send­drei­hun­dertfünf­und­neun­zig Eu­ro, Cent wie ne­ben­ste­hend) seit dem 01.10.2014, aus wei­te­ren 1.395,21 EUR (i. W. ein­tau­send­drei­hun­dertfünf­und­neun­zig Eu­ro, Cent wie ne­ben­ste­hend) seit dem 07.11.2014, aus wei­te­ren 2.031,32 EUR (i. W. zwei­tau­send­ein­und­dreißig Eu­ro, Cent wie ne­ben­ste­hend) seit dem 01.12.2014 zu zah­len.

II. Die Kos­ten des Rechts­streits hat der Be­klag­te zu tra­gen.

III. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob das zwi­schen ih­nen be­gründe­te und bis zum 31.08.2015 be­fris­te­te Ar­beits­verhält­nis auf Grund ei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Klau­sel von ei­nem Ar­beits­verhält­nis mit 40 St­un­den­wo­che in ein sol­ches mit 20 St­un­den­wo­che geändert wor­den ist, ob es auf Grund ei­ner Ände­rungskündi­gung vom 21.11.2014 und ei­ner Kündi­gung vom sel­ben Da­tum zum 31.12.2014 be­en­det wor­den ist, so­wie um Ansprüche aus dem Ge­sichts­punkt des An­nah­me­ver­zu­ges für Au­gust bis No­vem­ber 2014 ein­sch­ließlich ei­ner Jah­res­son­der­zah­lung.

Der Kläger und der Be­klag­te ha­ben je ein Ar­beits­ver­trags­ex­em­plar vor­ge­legt, wel­che bei­de vom Kläger un­ter­schrie­ben sind und auf Be­klag­ten­sei­te zwei Un­ter­schrif­ten tra­gen, die im äußeren Schrift­bild nicht vollständig übe­rein­stim­men. Auf die An­la­gen B 1 und B 2 (Bl. 66/67 d. A. und Bl. 68/69 d. A.) wird Be­zug ge­nom­men.

In dem Ar­beits­ver­trag ist un­ter an­de­rem Fol­gen­des ge­re­gelt:

• 1. Das Ar­beits­verhält­nis be­ginnt am 1. Sep­tem­ber 2012. Es en­det au­to­ma­tisch, oh­ne dass es ei­ner Kündi­gung be­darf am 31.08.2015. Das Ar­beits­verhält­nis ist zeit­lich be­fris­tet, weil der Ar­beits­platz aus öffent­li­chen Mit­teln des Bun­des­haus­halts ge­bun­den gefördert wird.

Herr B wird auf die Ge­samt­dau­er des Pro­jekts „Wir in NRW“ (FKZ:2 des Bun­des­amt für M und F ) ein­ge­stellt. Da die Pro­jekt­fi­nan­zie­rung je­weils für ein Haus­halts­jahr (Ka­len­der­jahr) be­wil­ligt wird, kann das Ar­beits­verhält­nis vor­zei­tig, zum 31. De­zem­ber des be­wil­lig­ten Förder­jah­res en­den, soll­te die Fort­set­zung der Förde­rung für das Fol­ge­jahr nicht ge­neh­migt wer­den.

• 2. Die Ar­beits­zeit beträgt 40 St­un­de pro Wo­che. Sie ist im Rah­men des oben ge­nann­ten Pro­jek­tes zu erfüllen. Soll­te sich die Zu­wen­dung für die Pro­jekt­fi­nan­zie­rung ver­rin­gern, kann die Ar­beits­zeit ent­spre­chend gekürzt wer­den. Der Ar­beits­platz be­fin­det sich in H .

Die mo­nat­li­che Vergütung wur­de in An­leh­nung an TVöD Ent­gelt­grup­pe 9 Stu­fe 2 ver­ein­bart und be­trug zu­letzt 2.790,39 € brut­to.

We­gen des In­halts des im Ar­beits­ver­trag ge­nann­ten Pro­jek­tes wird auf die An­la­ge B 4 (Bl. 77 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men, we­gen des Zu­wen­dungs­be­schei­des des Bun­des­am­tes für Mi­gra­ti­on und Flücht­lin­ge für das Haus­halts­jahr 2014 be­tref­fend das Pro­jekt „Wir in Nord­rhein-West­fa­len“ wird auf An­la­ge B 3 (Bl. 70 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Un­ter dem Da­tum des 31.07.2014 schrieb der Be­klag­te an den Kläger Fol­gen­des (Bl. 6. d. A.):

„Sehr ge­ehr­ter Herr C, 

wie be­reits mit­ge­teilt, ha­ben wir mit der Um­be­wil­li­gung sei­tens BAMF vom 26.06.2014 und nun vom 31.07.2014 er­fah­ren, dass für die Ausübung der Tätig­keit nicht mehr die vol­le Sum­me, son­dern die Hälf­te der Per­so­nal­kos­ten zur Verfügung ste­hen. Das hat zu be­deu­ten, dass Ih­re Ar­beits­zeit bei der Land­mann­schaft sich von 40 auf 20 St­un­den pro Wo­che re­du­ziert. Falls Sie den­noch In­ter­es­se an der Tätig­keit ha­ben, un­ter­schrei­ben Sie bit­te un­verzüglich den an Sie schon früher ge­schick­ten Ände­rungs­ver­trag.

Soll­ten Sie den Ände­rungs­ver­trag nicht an­neh­men wol­len und bei der Land­mann­schaft der D aus R nicht mehr beschäftigt sein wol­len, tei­len Sie uns dies so­fort mit.

Bit­te be­ach­ten Sie, dass al­le Beschäfti­gungs­verände­run­gen ent­spre­chend dem Ar­beits­amt mit­ge­teilt wer­den müssen.“

Un­ter dem Da­tum des 17.07.2014 hat der Be­klag­te dem Kläger ei­nen Ar­beits­ver­trags­ent­wurf (Bl. 98 – 100 d. A.) für ei­nen Ar­beits­ver­trag mit veränder­ten In­halt vor­ge­legt.

Mit Da­tum vom 21.11.2014 über­sand­te der Be­klag­te dem Kläger ein mit „Ände­rungskündi­gung“ über­schrie­be­nes Schrei­ben, in dem es wie folgt heißt (Bl. 111 d. A.):

„Sehr ge­ehr­ter Herr B hier­mit kündi­gen wird das mit Ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis zum nächst­zulässi­gen Zeit­punkt auf. Dies ist nach un­se­rer Be­rech­nung der 31.12.2014.

Zu­gleich bie­ten wird Ih­nen an, das Ar­beits­verhält­nis ab dem Fol­ge­tag, das heißt nach un­se­rer Be­rech­nung ab dem 1. Ja­nu­ar 2015 zu den fol­gen­den Be­din­gun­gen fort­zu­set­zen:

1. Die re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit wird auf 20 St­un­den pro Wo­che ver­rin­gert.

2. Die mo­nat­li­che Vergütung beträgt 1.395,18 € brut­to. 

3. Im Übri­gen ver­bleibt es bei den ar­beits­ver­trag­li­chen Be­din­gun­gen aus dem be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag vom 01.09.2012.

Tei­len Sie uns baldmöglichst, spätes­tens je­doch in­ner­halb von drei Wo­chen nach Zu­gang die­ser Erklärung mit, ob Sie mit der Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses zu den geänder­ten Be­din­gun­gen ein­ver­stan­den sind. Äußern Sie sich in­ner­halb die­ser Frist nicht oder leh­nen Sie die Ände­rung Ih­rer Ar­beits­be­din­gun­gen in­ner­halb der Frist ab, en­det das Ar­beits­verhält­nis mit Wir­kung zum Ab­lauf des 31.12.2014.“

Mit Da­tum des­sel­ben Ta­ges, dem Kläger zu­ge­gan­gen am 28.11.2014, über­sand­te der Be­klag­te dem Kläger ei­nen mit „Kündi­gung“ über­schrie­be­nes Schrei­ben, in dem es heißt (Bl 112 d. A.):

„Sehr ge­ehr­ter Herr B , 

hier­mit kündi­gen wir das mit Ih­nen be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis or­dent­li­che frist­gemäß zum nächst­zulässi­gen Zeit­punkt auf. Dies ist nach un­se­rer Be­rech­nung der 31.12.2014.

Im Au­gust 2014 rech­ne­te der Be­klag­te dem Kläger ei­nen Be­trag von 2.790,39 € brut­to ab und über­wies ihm 1.113,21 € net­to.

Mit sei­ner Kla­ge be­gehrt der Kläger Ent­gelt­dif­fe­ren­zen hin­sicht­lich des Mo­nats Au­gust und die Gehälter für Sep­tem­ber, Ok­to­ber und No­vem­ber 2014 so­wie die Jah­res­son­der­zah­lung für 2014 in Höhe von 2.184,31 € brut­to.

Im Lau­fe des Rechts­streits for­der­te der Be­klag­te mit Schrei­ben vom 14.04.2015 den Kläger auf, ab dem 15.04.2015 sei­ne Ar­beit wie­der auf­zu­neh­men (Schrei­ben Bl. 217 d. A.). Mit E-Mail vom 10.04.2015 be­kräftig­te der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te des Be­klag­ten ge­genüber der Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers die­se Auf­for­de­rung (Bl. 218 d. A.). Der Kläger nahm so­dann sei­ne Ar­beit wie­der in vol­lem Um­fang (40 St­un­den) auf.

In der münd­li­chen Ver­hand­lung vor der er­ken­nen­den Kam­mer erklärte der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te des Klägers, die Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 31.08.2015 sei nicht im Streit. Der Pro­zess­be­vollmäch­tig­te des Be­klag­ten erklärte da­zu, zu die­sem Zeit­punkt sei auch das Pro­jekt be­en­det wor­den. Un­strei­tig wur­de des­wei­te­ren, dass der Kläger nicht über den 31.08.2015 hin­aus beim Be­klag­ten ge­ar­bei­tet hat.

Der Kläger hat mit der Kla­ge­schrift, die am 29.09.2014 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen ist, zunächst be­an­tragt fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nach wie vor auf der ursprüng­lich ver­ein­bar­ten Ba­sis ei­ner 40 St­un­den-Wo­che und da­mit ei­ner der­zei­ti­gen Brut­to­vergütung von 2.790,39 € fort­be­steht. Des­wei­te­ren hat der Kläger in der Kla­ge­schrift die Be­zah­lung des Mo­nats Au­gust mit 2790,39 € brut­to abzüglich be­zahl­ter 1.113,71 € net­to be­gehrt. Mit Schrift­satz vom 08.10.2014, beim Ar­beits­ge­richt am 09.10.2014 ein­ge­gan­gen, hat der Kläger des­wei­te­ren das Sep­tem­ber­ge­halt abzüglich ge­zahl­ter 1.113,71 € net­to ein­ge­klagt. Mit der am 16.12.2014 beim Ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen Kla­ge­er­wei­te­rung hat er die Zah­lungs­anträge für die Gehälter bis ein­sch­ließlich No­vem­ber 2014, ein­sch­ließlich der Jah­res­son­der­zah­lung für 2014, abzüglich der je­weils für die ein­zel­nen Mo­na­te ge­zahl­ten Net­to­beträge gel­tend ge­macht. Darüber hin­aus hat er in die­sem
Schrift­satz die am 27.11.2014 bei ihm ein­ge­gan­ge­ne Ände­rungskündi­gung und die am 28.11.2014 ein­ge­gan­ge­ne Be­en­di­gungskündi­gung je­weils vom 21.11.2014 an­ge­grif­fen.

Der Kläger hat be­an­tragt, 

• 1. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en nach wie vor auf der ursprüng­lich ver­ein­bar­ten Ba­sis ei­ner 40 St­un­den­wo­che und da­mit ei­ner der­zei­ti­gen mo­nat­li­chen Brut­to­vergütung von 2.790,39 € fort­be­steht;

• 2. den Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an den Kläger 6.216,95 € brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz aus 1.395,21 € seit dem 01.09.2014, aus wei­te­ren 1.395,21 € seit dem 03.11.2014 und aus wei­te­ren 2.031,32 € seit dem 01.12.2014 zu zah­len:

• 3. fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en we­der durch die Ände­rungskündi­gung des Be­klag­ten vom 21.11.2014 noch durch die Kündi­gung vom 21.11.2014 mit Ab­lauf des 31.12.2014 sei­ne Be­en­di­gung fin­den wird, son­dern über den 31.12.2014 hin­aus un­gekündigt fort­be­steht.

Der Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. 

Der Be­klag­te hat vor­ge­tra­gen, der Kläger ha­be die Pro­jekt­zie­le und Pro­jek­tin­hal­te nicht erfüllt. Es ha­be Be­schwer­den ins­be­son­de­re aus der Lan­des­grup­pe NRW ge­ge­ben. Dem Kläger als Pro­jekt­lei­ter fehl­ten eben­so Ide­en wie Er­fah­run­gen. Sch­ließlich ar­bei­te der Kläger für ei­ne Kon­kur­renz­or­ga­ni­sa­ti­on der Lands­mann­schaft.

We­gen der Ein­zel­hei­ten die­ses Vor­tra­ges wird auf Blatt 60 – 64, 117 ff d. A. Be­zug ge­nom­men.

Des­wei­te­ren trägt der Be­klag­te vor: Um zu ver­mei­den, dass die Pro­jekt­zie­le gefähr­det würden, sei ei­ne „Um­wid­mung“ der Pro­jekttätig­keit und der Pro­jekt­orga­ni­sa­ti­on vor­zu­neh­men ge­we­sen, die un­ter dem 31.07.2014 vom B ge­neh­migt wor­den sei. Er be­zieht sich da­zu auf die E-Mail des B vom 31.07.2014 (An­la­ge B 10 = Bl. 86/87 d. A.).

Um die Pro­jekt­zie­le zu ver­wirk­li­chen – so der Be­klag­te wei­ter – und den Fort­lauf des Pro­jekts zu er­rei­chen, sei­en die Per­so­nal­kos­ten auf­zu­tei­len ge­we­sen. Die vol­le Stel­le sei mit dem 01.08.2014 in ei­ne Halb­tags­stel­le zu re­du­zie­ren ge­we­sen. Um die Pro­jekt­zie­le zu gewähr­leis­ten ha­be das B be­reits mit Mail­schrei­ben vom 26.06.2014 zu­ge­stimmt, das zur Er­rei­chung des Pro­jekt­zie­les zusätz­lich Ar­beits­kraft Drit­ter ein­ge­bun­den wer­de (E-Mail des B vom 26.06.2014 An­la­ge B 11 = Bl. 88 f d. A.).

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 19.03.2015 (Bl. 137 ff d. A.) der Kla­ge in vol­lem Um­fang statt­ge­ge­ben. We­gen sei­ner Ent­schei­dungs­gründe wird auf Blatt 141/142 der Ak­ten Be­zug ge­nom­men.

Ge­gen die­ses am 19.03.2015 verkünde­te und am 31.08.2015 dem Be­klag­ten zu­ge­stell­te Ur­teil hat die­ser am 20.08.2015 Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se am 14.09.2015 be­gründet.

Der Be­klag­te wie­der­holt im We­sent­li­chen sei­nen erst­in­stanz­li­chen Vor­trag. In­so­weit wird auf die Be­ru­fungs­be­gründung und den Schrift­satz vom 22.01.2016 (Bl. 229 ff. d. A.) Be­zug ge­nom­men.

Er trägt vor, auch die Kon­kur­renztätig­keit des Klägers sei ab­ge­mahnt wor­den (An­la­ge BK 11 = Bl. 245 d. A.).

Des­wei­te­ren be­ruft er sich dar­auf, dass zum Zeit­punkt der Kündi­gun­gen vom 21.11.2015 noch kein Be­wil­li­gungs­be­scheid für Zu­wen­dun­gen für das Jahr 2015 vor­ge­le­gen ha­be. Die­ser sei – was als sol­ches un­strei­tig ist – erst am 06.05.2015 er­las­sen wor­den und am 07.05.2015 beim Be­klag­ten ein­ge­gan­gen.

Der Be­klag­te be­an­tragt, 

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Aa­chen, AZ: 3 Ca 3564/14 h, verkündet in ab­gekürz­ter Form am 19.03.2015 und zu­ge­stellt mit Ur­teils­gründen am 31.08.2015, auf­zu­he­ben und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt nun­mehr, 

die Be­ru­fung des Be­klag­ten mit der Maßga­be zurück­zu­wei­sen, dass der An­trag zu 1. lau­ten soll:

Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en über den 01.08.2014 hin­aus bis zum 31.08.2015 auf der ursprüng­lich ver­ein­bar­ten Ba­sis von 40 St­un­den­wo­che bei ei­ner mo­nat­li­chen Brut­to­vergütung von 2.790,39 € fort­be­stan­den hat,

und dass im An­trag zu 2. der Satz­teil „son­dern über den 31.12.2014 fort­be­steht“ fort­ge­las­sen wird.

Der Be­klag­te be­an­tragt, 

die Ab­wei­sung der Kla­ge auch hin­sicht­lich die­ser An­trags­fas­sung. 

Der Kläger­ver­tre­ter ver­tei­digt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil. 

In­so­weit wird auf die Be­ru­fungs­er­wi­de­rung Be­zug ge­nom­men. 

We­gen des übri­gen Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf die zwi­schen die­sen ge­wech­sel­ten Schriftsätzen Be­zug ge­nom­men, die Ge­gen­stand der münd­li­chen Ver­hand­lung wa­ren.

E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

Die zulässi­ge, form- und frist­ge­recht ein­ge­leg­te und be­gründe­te Be­ru­fung des Be­klag­ten hat­te in der Sa­che kei­nen Er­folg. Le­dig­lich auf Grund der un­strei­ti­gen Tat­sa­che, dass das Ar­beits­verhält­nis in­zwi­schen be­en­det wur­de, war der Te­nor zu 1) des erst­in­stanz­li­chen Ur­teils nach ent­spre­chen­der, vom Ge­richt an­ge­reg­ter An­tragsände­rung zum Kla­ge­an­trag zu 1) neu zu fas­sen.

A. So­weit die Be­ru­fung meint, es lie­ge be­reits ein Rechts­feh­ler des erst­in­stanz­li­chen Ge­richts dar­in, dass es sich nicht da­mit aus­ein­an­der­ge­setzt ha­be, wel­cher Ar­beits­ver­trag ge­gol­ten ha­be, „weil un­ter­schied­li­che Ar­beits­verträge durch un­ter­schied­li­che Un­ter­zeich­nun­gen vor­lie­gen“, so ist die­ser Ein­wand un­be­gründet:

Zwar gibt es 2 Ex­em­pla­re des Ar­beits­ver­tra­ges, nämlich das vom Kläger mit der Kla­ge­schrift vor­ge­leg­te Ex­em­plar und das von dem Be­klag­ten als An­la­ge 1 b) zu der Kla­ge­er­wi­de­rung (Bl. 30 d. A.) vor­ge­leg­te Ex­em­plar. Der Be­klag­te hat erst­in­stanz­lich in der Kla­ge­er­wi­de­rung ge­meint, die Un­ter­schrif­ten könn­ten, wenn man die Un­ter­schrif­ten­leis­ten mit­ein­an­der ver­glei­che „nicht stim­men“. Die Un­ter­schrif­ten sei­en ähn­lich, stimm­ten aber nicht übe­rein. Dar­auf­hin hat der Kläger er­wi­dert, es sei­en ihm sei­ner­zeit zwei Verträge zu­ge­schickt wor­den, von de­nen er ei­nen nach ei­ge­ner Un­ter­schrifts­leis­tung wie­der zurück­ge­sandt ha­be. Dem ist der Be­klag­te nicht mehr ent­ge­gen­ge­tre­ten. Es ist nicht nach­voll­zieh­bar, was der Be­klag­te mit sei­ner Rüge in der Be­ru­fungs­in­stanz aus­sa­gen will. Die bei­den Ex­em­pla­re des Ar­beits­ver­tra­ges sind im Übri­gen im In­halt gleich. Dies gilt auch und ge­ra­de für die im vor­lie­gen­den Fall re­le­van­ten Klau­seln.

B. Das Ar­beits­ge­richt hat zu Recht ent­schie­den, dass der Be­klag­te nicht be­rech­tigt war, die Ar­beits­zeit und das Ge­halt des Klägers ab dem 01.08.2014 ein­sei­tig zu kürzen.

Der Be­klag­te hat mit Schrei­ben vom 31.07.2014 (Bl. 6 d. A.) dem Kläger fol­gen­des mit­ge­teilt:

„Sehr ge­ehr­ter Herr C, 

wie be­reits mit­ge­teilt, ha­ben wir mit der Um­be­wil­li­gung sei­tens BAMF vom 26.06.2014 und nun vom 31.07.2014 er­fah­ren, dass für die Ausübung der Tätig­keit nicht mehr die vol­le Sum­me, son­dern die Hälf­te der Per­so­nal­kos­ten zur Verfügung ste­hen. Das hat zu be­deu­ten, dass Ih­re Ar­beits­zeit bei der Land­mann­schaft sich von 40 auf 20 St­un­den pro Wo­che re­du­ziert. Falls Sie den­noch In­ter­es­se an der Tätig­keit ha­ben, un­ter­schrei­ben Sie bit­te un­verzüglich den an Sie schon früher ge­schick­ten Ände­rungs­ver­trag.

Soll­ten Sie den Ände­rungs­ver­trag nicht an­neh­men wol­len und bei der Land­mann­schaft der D aus R nicht mehr beschäftigt sein wol­len, tei­len Sie uns dies so­fort mit.

Bit­te be­ach­ten Sie, dass al­le Beschäfti­gungs­verände­run­gen ent­spre­chend dem Ar­beits­amt mit­ge­teilt wer­den müssen.“

Da­zu be­ruft sich der Be­klag­te auf Nr. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges, die wie folgt lau­tet:

„Die Ar­beits­zeit beträgt 40 St­un­de pro Wo­che. Sie ist im Rah­men des oben ge­nann­ten Pro­jek­tes zu erfüllen. Soll­te sich die Zu­wen­dung für die
Pro­jekt­fi­nan­zie­rung ver­rin­gern, kann die Ar­beits­zeit ent­spre­chend gekürzt wer­den. Der Ar­beits­platz be­fin­det sich in H .“

I. Der Be­klag­te meint in der Be­ru­fungs­be­gründung, mit die­ser Klau­sel sei ein „Abände­rungs­recht“ ver­ein­bart. Es sei auch nicht nur ein Abände­rungs­recht hin­sicht­lich der Ar­beits­zeit ver­ein­bart, viel­mehr „ei­ne aus­drück­li­che Rechts­grund­la­ge zur Abände­rung der Ar­beits­zeit bei ent­spre­chen­der Ge­halts­re­du­zie­rung“. Die dort ge­nann­te Vor­aus­set­zung, nämlich die Ver­rin­ge­rung der Zu­wen­dung für die Pro­jekt­fi­nan­zie­rung, sei auch ein­ge­tre­ten. Da­zu be­ruft sich der Be­klag­te auf die „Um­wid­mung Mi­nis­te­ri­um“ (BAMF) vom 31.07.2014, vor­ge­legt als An­la­ge BK 2.

Er meint wei­ter, weil nicht mehr das glei­che „Fi­nan­zie­rungs­vo­lu­men“ wie bis­lang zur Verfügung ge­stan­den ha­be, sei ein „Au­to­ma­tis­mus“ ein­ge­tre­ten. Es sei – so meint er an­de­rer­seits – „ei­ne Abände­rung auch des Ar­beits­ver­tra­ges vor­zu­neh­men“. Ins­ge­samt sei der Be­klag­te be­rech­tigt ge­we­sen, gemäß Nr. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges die Ar­beits­zeit ent­spre­chend zu kürzen, was ei­ner ent­spre­chen­den Lohn­re­du­zie­rung gleich­lau­fe.

II. Die Klau­sel in Zif­fer 2 des Ar­beits­ver­tra­ges enthält zunächst nicht ei­nen „Au­to­ma­tis­mus“, son­dern sieht aus­drück­lich vor, dass die Ar­beits­zeit „ent­spre­chend gekürzt wer­den“ kann. Sie bil­ligt mit­hin dem Ar­beit­ge­ber ein Ge­stal­tungs­recht zu.

1. Die­ses Ge­stal­tungs­recht ist durch die Klau­sel in­halt­lich nicht be­grenzt. Der Be­klag­te hat es – wenn man das Schrei­ben vom 31.07.2014 als Ausübung ei­nes Ge­stal­tungs­rechts aus­le­gen will – da­hin­ge­hend aus­geübt, dass er die Ar­beits­zeit und das Ge­halt des Klägers hal­biert hat. Selbst wenn man un­ter­stellt, dass auch die ent­spre­chen­de Re­du­zie­rung des Ge­hal­tes Mit­in­halt der Klau­sel sein soll­te (was je­den­falls nicht – wie der Be­klag­te meint – „aus­drück­lich“ in der Klau­sel ent­hal­ten ist), dann ist die Klau­sel un­wirk­sam.

Die Klau­sel lässt nämlich ein­sei­ti­ge Ein­grif­fe in den Kern­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses zu. Der Kern­be­stand ist be­trof­fen, wenn we­sent­li­che Ele­men­te des Ar­beits­ver­tra­ges ei­ner ein­sei­ti­gen Ände­rung un­ter­lie­gen sol­len, durch die das Gleich­ge­wicht von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung grund­le­gend gestört wird (vgl. hier­zu und zum Fol­gen­den ErfK/Preis §§ 305-310 BGB Rn. 58 m. w. N.). Zum Kern­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses gehört ins­be­son­de­re die Vergütungs­pflicht und die Ar­beits­pflicht des Ar­beit­neh­mers (vgl. BAG 31.01.1985 Ez­BAT § 8 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 3).

Da es sich hier nicht um über­ta­rif­li­che Leis­tun­gen oder Ne­ben­ein­nah­men han­delt (vgl. da­zu ErfK/Preis aaO Rn. 59 mit Nach­wei­sen zur höchst­rich­ter­li­chen Recht­spre­chung) son­dern um un­mit­tel­bar im Sy­nal­lag­ma ste­hen­de Ver­trags­be­stand­tei­le, wird mit ei­nem Recht, das un­be­grenzt die ein­sei­ti­ge Kürzung von Ar­beits­zeit und ent­spre­chen­dem Ent­gelt zulässt und im vor­lie­gen­den Fall bis zu 50 % aus­geübt wur­de, der Kern­be­stand des Ar­beits­verhält­nis­ses be­trof­fen, der Ände­rungskündi­gungs­schutz um­gan­gen. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in der Ent­schei­dung vom 12.12.1984 – al­so in der Zeit vor Einführung der AGB-Kon­trol­le nach §§ 305 ff BGB auch für Ar­beits­verträge – ent­schei­den, dass ei­ne ver­trag­li­che Ver­ein­ba­rung, die bei ar­beits­zeit­abhängi­ger Vergütung den Ar­beit­ge­ber be­rech­ti­gen soll, die zunächst fest­ge­leg­te Ar­beits­zeit später ein­sei­tig nach Be­darf zu re­du­zie­ren, ei­ne ob­jek­ti­ve Um­ge­hung von zwin­gen­den Vor­schrif­ten des Kündi­gungs- und Kündi­gungs­schutz­rechts dar­stellt und nach § 134 BGB nich­tig ist (BAG 12.12.1984 – 7 AZR 509/83). In den Fällen, in de­nen ei­ne AGB-Kon­trol­le nach §§ 305 ff BGB ver­an­lasst war, hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt später als Re­gel her­aus­ge­ar­bei­tet, dass zur Wirk­sam­keit der Klau­sel der im Ge­gen­sei­tig­keits­verhält­nis ste­hen­de wi­der­ruf­li­che Teil des Ge­samt­ver­diens­tes un­ter 25 % lie­gen muss und der Ta­rif­lohn nicht un­ter­schrit­ten wer­den darf (BAG 12.01.2005, NZA 2005, 465). Ei­ne Klau­sel, die ei­ne ein­sei­ti­ge 50 pro­zen­ti­ge Re­du­zie­rung an Ar­beits­zeit und Ent­gelt vor­sieht, ist mit­hin so­wohl nach § 134 BGB als auch – falls es sich um AGB han­delt – nach § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB un­wirk­sam.

2. Selbst wenn die Klau­sel aber wirk­sam wäre, lässt sich nicht fest­stel­len, dass die dar­in be­schrie­be­nen Vor­aus­set­zun­gen vor­lie­gen, dass sich nämlich „die Zu­wen­dung für die Pro­jekt­fi­nan­zie­rung ver­rin­gert“ hat. Die An­la­ge BK 2, auf die sich der Be­klag­te da­zu be­ruft, ent­spricht An­la­ge B 10 aus der 1. In­stanz = Bl. 86 ff.

Die­se An­la­ge enthält ei­ne E-Mail­kor­re­spon­denz zwi­schen dem Geschäftsführer des Be­klag­ten Herrn S und Herrn St G , Sach­be­ar­bei­ter im Re­fe­rat 312 beim Bun­des­amt für M und F (B – wel­ches nicht ein Mi­nis­te­ri­um ist, wie der Be­klag­te in der Be­ru­fungs­be­gründung meint). Tatsächlich be­trifft die­se Kor­re­spon­denz Um­wid­mungs­anträge, zu de­nen Herr G an Herrn S am 31.07.2014 schreibt: „In der Hoff­nung, dass es kei­ne wei­te­ren Um­wid­mungs­anträge gibt und aus sach­li­chen Gründen zu Guns­ten des Pro­jekts stim­me ich der Um­wid­mung zu. Ganz all­ge­mein hal­te ich fest, dass per­ma­nen­te Um­wid­mun­gen ei­ne ho­hen Ver­wal­tungs­auf­wand dar­stel­len. Auch den Um­stand, dass Pro­jek­te nach und nach um­ge­baut wer­den, kann ich grundsätz­lich nicht befürwor­ten.“

Aus der ers­ten Mail die­ser Kor­re­spon­denz vom 25.06.2014 (Bl. 89 d. A.) er­gibt sich, dass Herr S bei Herrn G Fol­gen­des be­an­tragt hat­te:

„Sehr ge­ehr­ter Herr G , 

zum Zwe­cke der bes­se­ren Um­set­zung der Pro­jekt­zie­le im Pro­jekt 312/2609000623 „Wir in NRW“ be­an­tra­ge ich ei­ne Um­wid­mung in der Po­si­ti­on Per­so­nal­kos­ten.

Der Ge­samt­be­trag in Höhe von 42.548,00 € soll nun wie folgt auf­ge­teilt wer­den: 

0812 Ent­gelt­grup­pe E 1 – E 11 31.500,00 € 

0817 Beschäfti­gungs­ent­gel­te 11.048,00 €. 

Der Ge­samt­be­trag ist da­von nicht be­trof­fen. 

Die Ände­rung würde da­zu bei­tra­gen, dass we­sent­lich ef­fek­ti­ver zum Zwe­cke der Pro­jekt­ziel­um­set­zung ge­ar­bei­tet wer­den kann.

Mit freund­li­chen Grüßen“ 

Es han­delt sich al­so um ei­ne von dem Be­klag­ten selbst in­iti­ier­te neue Auf­tei­lung der Per­so­nal­kos­ten, de­ren Ge­samt­be­trag sich nicht verändert, mit­hin of­fen­sicht­lich nicht um ei­ne Ver­rin­ge­rung der Per­so­nal­kos­ten.

Der Be­klag­te hat die­ses auch – erst­in­stanz­lich erläutert (Schrift­satz vom 29.10.2014 Bl. 63 d. A.):

„Um die Pro­jekt­zie­le zu ver­wirk­li­chen und den Fort­lauf des Pro­jekts zu er­rei­chen, wa­ren die Per­so­nal­kos­ten auf­zu­tei­len. So war die vol­le Stel­le, letzt­lich be­gin­nend mit dem 01.08.2014, in ei­ne Halb­tags­stel­le zu re­du­zie­ren. Um die Pro­jekt­zie­le zu gewähr­leis­ten, das Pro­jekt über­haupt bes­ser zu or­ga­ni­sie­ren und ef­fek­ti­ver zum Zwe­cke der Pro­jekt­ziel­um­set­zung zu ar­bei­ten, stimm­te das B be­reits mit Mail-Schrei­ben vom 26.06.2014 zu, dass zur Er­rei­chung des Pro­jekt­zie­les zusätz­li­che Ar­beits­kraft Drit­ter ein­ge­bun­den wird“.

Es ist mit­hin nicht die Pro­jekt­fi­nan­zie­rung ver­rin­gert wor­den. Viel­mehr hat der Be­klag­te auf ei­ge­ne Initia­ti­ve die Mit­tel für den Kläger kürzen las­sen, um Drit­te im Pro­jekt beschäfti­gen zu können, oh­ne dass sich die Pro­jekt­fi­nan­zie­rung ins­ge­samt änder­te. Da­mit lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen der Nr. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges nicht vor.

Es er­gibt sich al­so, dass, selbst wenn man das Schrei­ben vom 31.07.2014 als Ausübung ei­nes Ge­stal­tungs­rech­tes aus­le­gen woll­te, die­ses nach Grund­la­ge und Durchführung un­wirk­sam war. Da­mit be­stand das Ar­beits­verhält­nis über den 31.07.2014 hin­aus als ein Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis zu 40 St­un­den und ent­spre­chen­der Vergütung fort.

C. Das Ar­beits­verhält­nis wur­de auch nicht durch die Ände­rungskündi­gung des Be­klag­ten vom 21.11.2014 zum 31.12.2014 be­en­det.

Es ist nicht vor­ge­tra­gen, dass der Kläger die­se Ände­rungskündi­gung un­ter Vor­be­halt an­ge­nom­men ha­be. Es ging mit­hin nur noch um die Be­en­di­gung. Im Kern zu Recht hat das Ar­beits­ge­richt die­se Kündi­gung für un­wirk­sam an­ge­se­hen, weil die Par­tei­en ei­nen be­fris­te­ten Ar­beits­ver­trag ge­schlos­sen ha­ben.

Der Ar­beits­ver­trag war gemäß Nr.1 Abs. 1 Satz 1 bis zum 31.08.2015 be­fris­tet. Gemäß § 15 Abs. 3 Tz­B­fG gilt: Ein be­fris­te­tes Ar­beits­verhält­nis un­ter­liegt nur dann der or­dent­li­chen Kündi­gung, wenn dies ein­zel­ver­trag­lich oder im an­wend­ba­ren Ta­rif­ver­trag ver­ein­bart ist.

I. Die Par­tei­en ha­ben nicht vor­ge­tra­gen, dass ein Ta­rif­ver­trag gilt. 

II. Im Ar­beits­ver­trag des Klägers ist kei­ne Klau­sel ent­hal­ten, die den Be­klag­ten im vor­lie­gen­den Fall zu der Ände­rungskündi­gung vom 21.11.2014 (eben­so we­nig wie zu der Be­en­di­gungskündi­gung vom sel­ben Tag) be­rech­tig­te:

Die Klau­sel in Nr. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges enthält ein sol­ches Kündi­gungs­recht nicht. We­der er­gibt sich die­ses aus­drück­lich dar­aus, noch be­han­delt die Klau­sel über­haupt ei­ne Kündi­gung. Sie sieht le­dig­lich ein ein­sei­ti­ges Kürzungs­recht vor.

III. Selbst wenn man die­ses an­ders sähe, dann wäre die Klau­sel als Ver­ein­ba­rung im Sin­ne des § 15 Abs. 3 Tz­B­fG un­wirk­sam, weil sie nach ih­rem In­halt nur ein ein­sei­ti­ges Recht des Ar­beit­ge­bers re­gelt. Nach – so­weit er­sicht­lich – all­ge­mei­ner Mei­nung kann ent­spre­chend dem Rechts­ge­dan­ken des § 622 Abs. 6 BGB nicht ein­sei­tig zu Guns­ten des Ar­beit­ge­bers ei­ne Kündi­gungsmöglich­keit ver­ein­bart wer­den (vgl. KR/Lip­ke 10. Auf­la­ge § 15 Tz­B­fG Rn. 20 d; Münch­Komm/Hes­se § 15 Tz­B­fG Rn. 28; KDZ/Däubler/Wro­blew­ski § 15 Tz­B­fG Rn. 13; APS/Back­haus § 15 Tz­B­fG Rn. 21).

IV. Sch­ließlich aber lie­gen die Vor­aus­set­zun­gen der in Nr. 2 des 1Arbeitsvertrages ge­re­gel­ten Rech­te nicht vor. Der Fall, dass oh­ne Verände­rung der Pro­jekt­mit­tel auf Initia­ti­ve des Be­klag­ten die Per­so­nal­mit­tel aus dem Pro­jekt um­ver­teilt wer­den, nämlich so, dass für den Kläger we­ni­ger Mit­tel und dafür für wei­te­re Per­so­nen Mit­tel zur Verfügung ste­hen, ist von Nr. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges nicht er­fasst.

D. Auch die gleich­zei­tig mit der Ände­rungskündi­gung aus­ge­spro­che­ne Be­en­di­gungskündi­gung war un­wirk­sam.

I. Sie schei­tert wie­der­um an § 15 Abs. 3 Tz­B­fG. Der Be­klag­te meint in der Be­ru­fungs­be­gründung, Nr. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges ent­hal­te „ein aus­drück­li­ches Kündi­gungs­recht der Be­klag­ten auch vor Frist­ab­lauf“. Der Be­klag­te be­zieht sich da­bei ins­be­son­de­re auf den letz­ten Satz der Nr. 1 der wie folgt lau­tet:

„Da die Pro­jekt­fi­nan­zie­rung je­weils für ein Haus­halts­jahr (Ka­len­der­jahr) be­wil­ligt wird, kann das Ar­beits­verhält­nis vor­zei­tig, zum 31. De­zem­ber des be­wil­lig­ten Förder­jah­res en­den, soll­te die Fort­set­zung der Förde­rung für das Fol­ge­jahr nicht ge­neh­migt wer­den.“

1. Es la­gen be­reits nicht die Vor­aus­set­zun­gen die­ses Sat­zes vor. Vor­aus­set­zung ist: „Soll­te die Fort­set­zung der Förde­rung für das Fol­ge­jahr nicht ge­neh­migt wer­den,....“

Der Be­klag­te be­ruft sich dar­auf, dass „zum Zeit­punkt der Kündi­gung vom 21.11.2014“ ein Be­wil­li­gungs­be­scheid für das Ka­len­der­jahr 2015 auf Sei­ten des B nicht vor­ge­le­gen ha­be.

Mit Schrift­satz vom 22.01.2016 ergänzt der Be­klag­te, dass der Be­wil­li­gungs­be­scheid für das Haus­halts­jahr 2015 vom BAMF für den Zeit­raum vom 01.01. bis zum 31.08.2015 erst mit Be­wil­li­gungs­be­scheid vom 06.05.2015 „aus­ge­folgt“ wor­den sei.

Die Klau­sel kann nicht so aus­ge­legt wer­den, dass zu ei­nem von dem Be­klag­ten frei gewähl­ten Zeit­punkt das Ar­beits­verhält­nis durch Kündi­gung be­en­det wer­den kann, wenn zufällig zu die­sem Zeit­punkt noch kein Be­wil­li­gungs­be­scheid vor­liegt – auch oh­ne dass fest­steht, dass ein sol­cher in der wei­te­ren Zeit nicht mehr er­fol­gen wer­de. Das er­gibt sich schon aus dem Wort­laut der Klau­sel, denn der Wort­laut stellt nicht dar­auf ab, ob zu ei­nem be­stimm­ten Zeit­punkt der Be­wil­li­gungs­be­scheid noch nicht vor­liegt, son­dern dar­auf, ob die Fort­set­zung der Förde­rung für das Fol­ge­jahr nicht ge­neh­migt wird. Dass sie nicht ge­neh­migt würde, stand zum Zeit­punkt der Kündi­gung of­fen­sicht­lich nicht fest. Die Be­wil­li­gung er­folg­te später.

2. Es kann da­bei da­hin­ste­hen, ob die Klau­sel über­haupt als Ver­ein­ba­rung ei­nes Kündi­gungs­rechts nach § 15 Abs. 3 Tz­B­fG aus­ge­legt wer­den kann. Dem Wort­laut nach je­den­falls zielt sie of­fen­bar auf ei­ne au­to­ma­ti­sche Be­en­di­gung (auch der Be­klag­te sieht dar­in im zu­letzt zi­tier­ten Schrift­satz ei­ne „von außen ein­tre­ten­de Be­din­gung“).

3. Die Klau­sel schei­det aber un­abhängig da­von, dass, wie oben ge­sagt, ih­re Vor­aus­set­zun­gen nicht vor­la­gen, als Grund­la­ge für ei­ne Kündi­gung des Be­klag­ten im Sin­ne des § 15 Abs. 3 Tz­B­fG wie­der­um des­halb aus, weil sie – woll­te man sie als Kündi­gungs­recht aus­le­gen – er­sicht­lich nur zu Guns­ten des Ar­beit­ge­bers galt (s. oben C. III.).

II. Die Ände­rungskündi­gung und die Be­en­di­gungskündi­gung vom 21.11.2014 wa­ren aber noch aus ei­nem wei­te­ren Grund un­wirk­sam. Der Be­klag­te hat mit sel­ben Da­tum und zum sel­ben Zeit­punkt (31.12.2014) so­wohl ei­ne Ände­rungskündi­gung als auch mit ge­son­der­tem Schrei­ben ei­ne Be­en­di­gungskündi­gung aus­ge­spro­chen. So­wohl die Ände­rungskündi­gung als auch die Kündi­gung als ein­sei­ti­ge Ge­stal­tungs­rech­te sind be­son­de­ren Be­stimmt­heits­an­for­de­run­gen un­ter­wor­fen. Der Geg­ner muss Klar­heit darüber ha­ben, was gel­ten soll. Mit der Ände­rungskündi­gung hat der Be­klag­te ein Fort­set­zungs­an­ge­bot ver­bun­den. Mit der Be­en­di­gungskündi­gung hin­ge­gen nicht. Es war mit­hin für den Kläger nach Er­halt bei­der Schrei­ben völlig un­klar, ob das Ar­beits­verhält­nis un­be­dingt be­en­det wer­den soll­te oder ob die Be­en­di­gung un­ter dem Vor­be­halt der Nicht-An­nah­me des mit der Ände­rungskündi­gung un­ter­brei­te­ten Ver­trags­an­ge­bots ste­hen soll­te. Das Ver­hal­ten der Be­klag­ten war wi­dersprüchlich und per­plex (vgl. in ei­nem an­de­ren Zu­sam­men­hang mit der Ände­rungskündi­gung da­zu BAG 10.09.2009 – 2 AZR 822/07). Bei­de Kündi­gun­gen genügten da­mit nicht den für ein­sei­ti­ge Wil­lens­erklärun­gen er­for­der­li­chen Be­stimmt­heits- und Klar­heits­grundsätzen.

E. Da das Ar­beits­verhält­nis im Jah­re 2014 über den 31.07.2014 hin­aus als ein Voll­zeit­ar­beits­verhält­nis zu 40 Wo­chen­stun­den mit ei­ner Brut­to­vergütung von 2.790,39 € fort­be­stand, ste­hen dem Kläger auch die mit dem An­trag zu 3. gel­tend ge­mach­ten und vom Ar­beits­ge­richt aus­ge­ur­teil­ten Ansprüche we­gen An­nah­me­ver­zugs zu.

Der An­nah­me­ver­zug wur­de mit dem Schrei­ben vom 31.07.2014 (Bl. 6 d. A.) be­gründet, wel­ches in sei­ner Wir­kung ei­ner Teilkündi­gung gleich­steht. Für den Fall der Kündi­gung aber gilt nach ständi­ger Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts, dass An­nah­me­ver­zug auch oh­ne ein tatsächli­ches oder wört­li­ches An­ge­bot nach § 296 BGB be­gründet wird (ständi­ge Recht­spre­chung seit der Ent­schei­dung vom 09.08.1984 NZA 1985, 119; vgl. auch Bun­des­ar­beits­ge­richt 19.01.1999 NZA 1999, 925, 13.07.2005 NZA 2005, 1384; 11.01.2006 NZA 2006, 314). Wie bei ei­ner Vollkündi­gung, hat der Be­klag­te in dem Schrei­ben vom 31.07.2014 klar er­ken­nen las­sen, dass er sei­ner ka­len­da­ri­schen Mit­wir­kungs­hand­lung, nämlich der zur Verfügung­stel­lung ei­nes funk­ti­onsfähi­gen Ar­beits­plat­zes (in Voll­zeit) nicht nach­kom­men wer­de und von ei­ner ent­spre­chen­den Um­ge­stal­tung des Ar­beits­verhält­nis­ses aus­geht (vgl. auch Bun­des­ar­beits­ge­richt 27.01.1994 NZA 1995, 134 zur An­ord­nung von Kurz­ar­beit).

Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. 

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG

Ge­gen die­ses Ur­teil ist ein Rechts­mit­tel nicht ge­ge­ben. 

We­gen der Möglich­keit der Nicht­zu­las­sungs­be­schwer­de wird auf § 72a ArbGG ver­wie­sen.

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