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ARBEITSRECHT AKTUELL // 10/013

Feh­len­de Ta­rif­fä­hig­keit der CG­ZP be­stä­tigt

Lan­des­ar­beits­ge­richt be­stä­tigt Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts: Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 07.12.2009, 23 TaBV 1016/09
Rechte Hand mit roter Karte Das "Aus" der CG­ZP

20.01.2010. In Ar­beits­recht ak­tu­ell 09/099 be­rich­te­ten wir über die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Ber­lin, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft Christ­li­cher Ge­werk­schaf­ten Zeit­ar­beit und Per­so­nal­ser­vice­agen­tu­ren (CG­ZP) nicht ta­rif­fä­hig ist. Die­se Ent­schei­dung hät­te die Un­wirk­sam­keit der in der Zeit­ar­beits­bran­che ver­brei­te­ten Ta­rif­ver­trä­ge der CG­ZP zur Fol­ge.

Nun hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg über die Be­schwer­de der CG­ZP ent­schie­den: Der Be­schluss des LAG be­stä­tigt die erst­in­stanz­li­che Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Ber­lin im Er­geb­nis, be­grün­det die­ses Er­geb­nis aber in an­de­rer Wei­se: LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Be­schluss vom 07.12.2009, 23 TaBV 1016/09.

Wie kam es zu dem Ver­fah­ren ge­gen die CG­ZP?

Leih­ar­beit hat in den ver­gan­ge­nen Jah­ren wei­ter an Be­deu­tung ge­won­nen. Mit­te 2008 beschäftig­te fast je­der vier­te mitt­le­re und fast je­der zwei­te Großbe­trieb Leih­ar­beit­neh­mer (Pres­se­mit­tei­lung des Bun­des­mi­nis­te­ri­ums für Ar­beit und So­zia­les vom 13.01.2010).

§ 9 Nr. 2 Ar­beit­neh­merüber­las­sungs­ge­setz (AÜG) ver­pflich­tet den Ver­lei­her da­bei grundsätz­lich, den Leih­ar­beit­neh­mer im We­sent­li­chen zu den sel­ben Ar­beits­be­din­gun­gen und der sel­ben Vergütung zu beschäfti­gen wie die ver­gleich­ba­ren Stamm­ar­beit­neh­mer in dem Be­trieb, in dem der Leih­ar­beit­neh­mer ein­ge­setzt wird (Grund­satz des „equal pay“).

Hier­von darf aber (zu Las­ten des Leih­ar­beit­neh­mers) ab­ge­wi­chen wer­den, wenn dies in ei­nem Ta­rif­ver­trag so ge­re­gelt ist. Es wird nämlich an­ge­nom­men, dass sich bei Ta­rif­verträgen gleich­star­ke Ver­hand­lungs­part­ner ge­genüber­ste­hen und des­halb Ver­ein­ba­run­gen, die rein zu Las­ten ei­ner Sei­te ge­hen, aus­ge­schlos­sen sind.

Während der DGB noch über den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen ver­han­del­te, war die Ta­rif­ge­mein­schaft Christ­li­cher Ge­werk­schaf­ten und Per­so­nal­ser­vice­agen­tu­ren (CG­ZP), ein Zu­sam­men­schluss von vier Mit­glie­dern des Christ­li­chen Ge­werk­schafts­bunds Deutsch­land, schnel­ler und schloss Ta­rif­verträge ab, die fast durch­ge­hend dort zu Las­ten der Ar­beit­neh­mer von ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten ab­wi­chen, wo ih­nen die­ses Recht ein­geräumt wor­den war, was ins­be­son­de­re die Möglich­keit ei­ner ge­rin­ge­ren Vergütung von Leih­ar­beit­neh­mern als den Stamm­ar­beit­neh­mern und kürze­re Kündi­gungs­fris­ten be­traf.

Es kam des­halb der Ver­dacht auf, bei den Ta­rif­verträgen han­de­le es sich um „Gefällig­keits­ta­rif­verträge“ für die Ver­leih­be­trie­be und die CG­ZP sei gar kei­ne „rich­ti­ge“ Ge­werk­schaft. Ob ei­ne Ge­werk­schaft ei­ne „rich­ti­ge“ Ge­werk­schaft ist, d.h. ob sie „ta­riffähig“ ist, ist durch die Ar­beits­ge­rich­te über­prüfbar (§ 97 Ar­beits­ge­richts­ge­setz). Maßgeb­lich ist hierfür vor al­lem die Durch­set­zungsfähig­keit („so­zia­le Mäch­tig­keit“) der Ge­werk­schaft. Ist die Ge­werk­schaft nicht ta­riffähig, sind die mit ihr ge­schlos­se­nen Ta­rif­verträge un­wirk­sam.

Ein der­ar­ti­ges Ver­fah­ren ge­gen die CG­ZP wur­de von ver.di, dem DGB so­wie der Ber­li­ner Se­nats­ver­wal­tung vor dem Ar­beits­ge­richt Ber­lin be­gon­nen.

Ar­beits­ge­richt Ber­lin: Die Ent­schei­dung der Vor­in­stanz

Das Ar­beits­ge­richt Ber­lin ent­schied ge­gen die CG­ZP (Be­schluss vom 01.04.2009, 35 BV 17008/08 - wir be­rich­te­ten in Ar­beits­recht ak­tu­ell 09/099). So­wohl die CG­ZP sel­ber als auch ih­re Mit­glie­der sind nicht ta­riffähig, mein­te das Ar­beits­ge­richt.

Es ar­gu­men­tier­te da­bei ei­ner­seits da­mit, dass der Ab­schluss der Ta­rif­verträge an sich, we­gen der für die Ar­beit­ge­ber güns­ti­gen Ab­wei­chungsmöglich­kei­ten vom „equal pay-Grund­satz“, nicht für die Ta­riffähig­keit spra­chen und die CG­ZP dies auch nicht an­hand ih­rer Mit­glie­der­zahl oder Or­ga­ni­sa­ti­onsstärke be­le­gen konn­te.

Dies war al­ler­dings kein wirk­li­cher Sieg für ver.di und DGB. Das Ar­beits­ge­richt hielt nämlich nur den An­trag der Ber­li­ner Se­nats­ver­wal­tung für zulässig. Die Anträge von ver.di und DGB hielt es da­ge­gen für un­zulässig, weil bei­de nach Auf­fas­sung des Ge­richts nicht, wie er­for­der­lich, sel­ber gemäß ih­rer Sat­zung für den Ab­schluss von Ta­rif­verträgen in der Zeit­ar­beits­bran­che zuständig sind.

Ge­gen die­se Ent­schei­dung leg­te die CG­ZP Be­schwer­de zum Lan­des­ar­beits­ge­richt (LAG) Ber­lin-Bran­den­burg ein.

Die Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ber­lin-Bran­den­burg: Feh­len­de Ta­riffähig­keit der CG­ZP bestätigt

Das LAG hat die Ent­schei­dung des Ar­beits­ge­richts Ber­lin bestätigt und ent­schied mit Be­schluss vom 07.12.2009 (23 TaBV 1016/09) eben­falls ge­gen die CG­ZP.

So­weit der bis­her al­lein vor­lie­gen­den Pres­se­mit­tei­lung des LAG zu ent­neh­men ist, ar­gu­men­tier­te das LAG al­ler­dings an­ders als die Vor­in­stanz. Im we­sent­li­chen kommt das LAG nämlich zu dem Er­geb­nis, dass die ein­zel­nen Mit­glieds­ge­werk­schaf­ten des CG­ZP auf­grund ih­rer Sat­zung nicht zum Ab­schluss von Ta­rif­verträgen für den ge­sam­ten Be­reich der Zeit­ar­beit zuständig sind. Die Zuständig­keit der CG­ZP darf aber nicht wei­ter ge­hen als die Zuständig­keit ih­rer ein­zel­nen Mit­glie­der, so das LAG.

Fa­zit: Ob das LAG al­lein mit der Un­zuständig­keit der Mit­glie­der ar­gu­men­tiert oder sich auch den Ausführun­gen des Ar­beits­ge­rich­tes zur man­geln­den Durch­set­zungsfähig­keit der CG­ZP an­ge­schlos­sen hat, ist aus der Pres­se­mit­tei­lung nicht er­sicht­lich. Dies ist je­doch ent­schei­dend. Denn da­von hängt ab, ob die CG­ZP für die Zu­kunft ih­re Ta­riffähig­keit "nach­bes­sern" kann oder nicht. Al­ler­dings ist da­von aus­zu­ge­hen, dass die Ent­schei­dung nicht rechts­kräftig wird, son­dern die CG­ZP Rechts­be­schwer­de beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­le­gen wird.

Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Ge­richt sei­ne Ent­schei­dungs­gründe schrift­lich ab­ge­fasst und veröffent­licht. Die Ent­schei­dungs­gründe im Voll­text fin­den Sie hier:

Hin­weis: In der Zwi­schen­zeit, d.h. nach Er­stel­lung die­ses Ar­ti­kels, hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt über den Fall ent­schie­den und bestätigt, dass die CG­ZP kei­ne wirk­sa­men Ta­rif­verträge ab­sch­ließen kann. Die BAG-Ent­schei­dung und ei­ne Kom­men­tie­rung fin­den Sie hier:

Letzte Überarbeitung: 15. September 2016

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