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OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.08.2011, OVG 4 B 20.10
Schlagworte: | Altersdiskriminierung | |
Gericht: | Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg | |
Aktenzeichen: | OVG 4 B 20.10 | |
Typ: | Urteil | |
Entscheidungsdatum: | 18.08.2011 | |
Leitsätze: | ||
Vorinstanzen: | Verwaltungsgericht Berlin, Urteil vom 16.06.2009, 26 A 151.08 | |
OBERVERWALTUNGSGERICHT
BERLIN-BRANDENBURG
IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
OVG 4 B 20.10
VG 26 A 151.08 Berlin
verkündet am 18. August 2011
Köhler, Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle
In der Verwaltungsstreitsache
des ,
Klägers und Berufungsklägers,
bevollmächtigt:
gegen
das Land Berlin, vertreten durch
den Polizeipräsidenten in Berlin, Zentrale Serviceeinheit,
Keibelstraße 36, 10178 Berlin,
Beklagten und Berufungsbeklagten,
hat der 4. Senat auf die mündliche Verhandlung vom 18. August 2011 durch die Richterinnen am Oberverwaltungsgericht Dr. Blumenberg und Schrimpf, den Richter am Verwaltungsgericht Marticke, den ehrenamtlichen Richter Drefenstedt und die ehrenamtliche Richterin Ebeling für Recht erkannt:
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Juni 2009 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe
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von 120 v.H. des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich gegen seine Umsetzung aus dem Dienst im Spezialeinsatzkommando (SEK) der Berliner Polizei wegen Erreichens der Altersgrenze von 42 Jahren.
Der 1967 geborene Kläger trat 1989 in den mittleren Schutzpolizeidienst des Beklagten ein und wurde 2001 zum Polizeihauptmeister befördert. Im Jahre 2007 stieg er in die gehobene Laufbahn auf und wurde zum Polizeikommissar befördert. Seit 1999 wurde er nach erfolgreicher Teilnahme an einer sechsmonatigen Ausbildung im SEK verwendet.
Mit Schreiben vom 9. Mai 2008 beanstandete der Kläger die Praxis des Beklagten, Polizeibeamte im SEK nur bis zur Vollendung des 42. Lebensjahres zu verwenden. Dies verstoße gegen das Verbot der Altersdiskriminierung. Mit Schreiben vom 11. Juni 2008 teilte der Polizeipräsident in Berlin dem Kläger mit, dass er keinen derartigen Verstoß erkenne. Die Altersgrenze diene dazu, die kontinuierliche Leistungsfähigkeit des gesamten SEK, die gezielte Personalplanung und -entwicklung und die Wiedereingliederung ausscheidender SEK-Beamter in den allgemeinen Polizeivollzugsdienst sicherzustellen.
Am 11. Juni 2008 hat der Kläger Feststellungsklage erhoben. Mit Bescheid vom 8. August 2008 hat der Polizeipräsident in Berlin die Weiterbeschäftigung des Klägers im SEK über die Vollendung des 42. Lebensjahres hinaus förmlich abgelehnt. Den hiergegen gerichteten Widerspruch hat der Polizeipräsident in
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Berlin durch Widerspruchsbescheid vom 24. November 2008 zurückgewiesen. Am 23. Dezember 2008 hat der Kläger die Klage auf die Bescheide erweitert.
Mit Urteil vom 16. Juni 2009 hat das Verwaltungsgericht Berlin die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Antrag, den Kläger über den 22. Dezember 2009 hinaus beim SEK zu beschäftigen, sei als allgemeine Leistungsklage zulässig, aber unbegründet. Die Entscheidung über eine Weiterbeschäftigung sei kein Verwaltungsakt, sondern eine innerbehördliche Organisationsentscheidung, durch die weder das statusrechtliche noch das abstraktfunktionelle Amt des Klägers, sondern lediglich sein konkretes funktionelles Amt (Dienstposten) berührt sei. Die Entscheidung, den Kläger dort nicht über die Vollendung des 42. Lebensjahres hinaus zu beschäftigen, beruhe auf sachgerechten, nicht willkürlichen Erwägungen und sei mit höherrangigem Recht vereinbar. Die Altersgrenze diene dazu, die Einsatzbereitschaft des SEK in seiner vollen Personalstärke aufrechtzuerhalten. Diese würde gefährdet, wenn Beamte mit zunehmendem Lebensalter immer häufiger den besonderen gesundheitlichen Anforderungen, die der Dienst im SEK stelle, nicht mehr gewachsen seien. Würde das Ausscheiden aus dem SEK jeweils von individuellen Überprüfungen der Leistungsfähigkeit älter werdender Beamter abhängen, wäre dies mit erheblichen Kosten verbunden und es drohten kurzfristig nicht ausgleichbare Ausfälle. Die Altersgrenze sei geeignet, diesen Gefahren entgegenzuwirken. Dies zu beurteilen unterliege einer Einschätzungsprärogative der Verwaltungsbehörde. Die Altersgrenze sei auch gegenüber Beamten angemessen, die nach ihrer individuellen Konstitution jenseits der festgelegten Altersgrenze ohne weiteres noch im SEK Dienst tun könnten. Diese hätten lediglich eine Umsetzung zu erdulden, hätten aber Anspruch auf eine amtsangemessene Beschäftigung. Höherrangiges Recht sei nicht verletzt. Die Altersgrenze unterliege keinem aus Art. 12 GG abzuleitenden Gesetzesvorbehalt. Der Beruf des Klägers sei Polizeivollzugsbeamter im Range des Polizeikommissars und nicht der eines SEK-Beamten. Bei Entscheidungen über die Entziehung oder Zuweisung eines konkreten Aufgabenbereichs verdränge die Organisationshoheit des Dienstherrn als hergebrachter Grundsatz des Berufsbeamtentums Aspekte der Berufsfreiheit des Art. 12 GG. Die Altersgrenze sei auch mit dem Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz – AGG – vereinbar. Der Entzug von Aufgaben stelle per se noch keine objektivierbare Benachteiligung
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dar, sondern speise sich lediglich aus subjektiven Einschätzungen. Neutral sei auch der Verlust der Erschwerniszulage, der mit dem Wegfall der besonderen Erschwernisse gekoppelt sei. Selbst wenn eine Benachteiligung vorliege, so sei diese jedenfalls nach § 10 AGG gerechtfertigt. Auch der Gleichbehandlungsgrundsatz sei nicht verletzt. Die höhere Altersgrenze für Führungspersonal des SEK könne die Sachgerechtigkeit der allgemeinen Altersgrenze nicht in Frage stellen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 23. September 2009 zugestellte Urteil am 17. Oktober 2009 Antrag auf Zulassung der Berufung gestellt. Im November 2009 ist der Kläger mündlich mit Wirkung zum 7. Dezember 2009 in den Bereich der Direktion 5 ZA/ET umgesetzt worden. Den Dienst auf der neuen Dienststelle hat er am 3. Januar 2010 angetreten. Den gegen die Umsetzung am 23. November 2009 erhobenen Widerspruch hat der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. August 2010 zurückgewiesen. Den am 25. November 2009 gestellten gerichtlichen Eilantrag auf Weiterbeschäftigung bzw. Rückumsetzung in das SEK hat der Senat mit Beschluss vom 28. Juni 2010 abgelehnt (OVG 4 S 98.09). Mit Beschluss vom gleichen Tage hat der Senat die Berufung zugelassen. Mit Schreiben vom 3. März 2010 hat der Kläger gegenüber dem Beklagten einen Schadensersatz- und Entschädigungsanspruch gemäß § 24 i.V.m. § 15 Abs. 1 und 2 AGG geltend gemacht.
Zur Begründung der Berufung führt der Kläger aus: Da sich mit der Umsetzung das ursprüngliche Klagebegehren erledigt habe, mache er nunmehr im Wege der Fortsetzungsfeststellungsklage geltend, dass seine Umsetzung rechtswidrig gewesen sei. Das besondere Feststellungsinteresse ergebe sich daraus, dass er ein Interesse an der Rehabilitierung nach erlittener Diskriminierung habe und beabsichtige, Amtshaftungsansprüche geltend zu machen. Im Wege einer Klageerweiterung verlange er für die Zukunft die Rückumsetzung zum SEK. Zu Unrecht habe das Verwaltungsgericht hinsichtlich der Altersgrenze angenommen, diese unterliege keinem aus Art. 12 GG abzuleitenden Gesetzesvorbehalt. Die Altersgrenze stelle eine subjektive Zulassungs- bzw. Berufsausübungsbeschränkung dar und bedürfe einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage. Das Verwaltungsgericht habe zu Unrecht das Vorliegen einer Benachteiligung im Sinne des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes verneint.
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Die Benachteiligung ergebe sich aus der besonderen Bedeutung des SEK-Dienstes, aber auch aus der Gewährung einer Erschwerniszulage. Die Benachteiligung sei nicht gerechtfertigt. § 10 AGG erkenne ausschließlich sozialpolitische Ziele als Rechtfertigungstatbestände an, die im vorliegenden Fall nicht geltend gemacht würden. Die Nachwuchs- und Personalstruktur sowie eine ausgewogene Altersstruktur genügten hierzu nicht, ebensowenig wie die Sicherung der Einsatzbereitschaft und des ordnungsgemäßen Funktionierens des SEK. Die Festlegung einer Höchstaltersgrenze von 42 Jahren sei nicht erforderlich und unverhältnismäßig. Der Beklagte müsse darlegen und beweisen, dass diese Höchstaltersgrenze erforderlich sei. Dass eine solche Darlegung der medizinischen Notwendigkeit der Altersgrenze fehle, habe auch der Senat in seiner Eilentscheidung festgestellt. Der Verweis auf eine erprobte Praxis und auf die allgemeine Lebenserfahrung genüge nicht. Aus dem Lebensalter könnten keine Schlüsse auf die Leistungsfähigkeit eines Arbeitnehmers gezogen werden. Diese Frage unterliege auch keiner Einschätzungsprärogative des Beklagten. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs dürfe ein Wertungsspielraum nicht zur Aushöhlung des Verbots der Diskriminierung aus Altersgründen führen. Die Diskriminierung sei auch nicht nach § 8 AGG gerechtfertigt. Der Beklagte müsse insoweit darlegen, dass gerade ab dem Lebensalter von 42 Jahren ein erheblicher Leistungsabfall eintrete und dass die Funktionsfähigkeit des SEK nicht genauso gut durch eine Altersgrenze von 45 oder 48 Jahren gewährleistet werden könne. Die im Berufungsverfahren vorgelegten Angaben des polizeiärztlichen Dienstes seien pauschal, unsubstantiiert, lediglich populärwissenschaftlich und in sich widersprüchlich. Es sei nicht erkennbar, in Bezug auf welche Anforderungen überhaupt eine relevante Leistungsminderung im Alter und speziell ab Vollendung des 42. Lebensjahres eintrete. Die Festlegung der Altersgrenze sei rein zufällig und willkürlich. Die Erforderlichkeit der Altershöchstgrenze sei bereits dadurch widerlegt, dass der Beklagte stellvertretende Teamführer bis zum 45. Lebensjahr und Teamführer bis zum Erreichen des 50. Lebensjahres im Dienst des SEK belasse, obwohl diese – neben ihren zusätzlichen Führungsaufgaben – bei Einsätzen die gleichen Tätigkeiten zu verrichten hätten wie einfache SEK-Beamte. Der Kläger erfülle die physischen und psychischen Anforderungen, um als Einsatzbeamter des SEK auch über das vollendete 42. Lebensjahr hinaus weiter verwendet zu werden. Die zur Leistungsüberprüfung durchgeführten Tests habe er stets mit Erfolg
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absolviert. Da die Umsetzung rechtswidrig gewesen sei, habe er einen Anspruch auf Rückumsetzung.
Der Kläger beantragt,
1. das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 16. Juni 2009 abzuändern und festzustellen, dass die Umsetzung des Klägers durch den Beklagten im Dezember 2009 aus dem Bereich als Beamter des Spezialeinsatzkommandos Berlin in die Dienststelle D rechtswidrig war,
2. festzustellen, dass die von dem Beklagten praktizierte Altersgrenze von 42 Jahren für die Verwendung als Einsatzbeamter im Spezialeinsatzkommando rechtswidrig ist und einer dienstlichen Verwendung des Klägers als Einsatzbeamter im Spezialeinsatzkommando nicht entgegensteht,
3. den Beklagten unter Aufhebung des mündlichen Bescheides des Polizeipräsidenten in Berlin von Anfang November 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 3. August 2010 zu verurteilen, den Kläger auf seinen früheren Dienstposten als Beamter im Spezialeinsatzkommando zurück umzusetzen und dort zu verwenden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Zur Begründung führt er aus: Der Antrag zu 1. sei unzulässig, da ein Fortsetzungsfeststellungsinteresse fehle. Der Leistungsantrag zu 3. sei vorrangig. Dieser Klageerweiterung stimme er zu. Die Umsetzung des Klägers stelle keine Benachteiligung dar. Ein solcher Nachteil müsse objektiv vorliegen. Allein der Umstand, dass die Umsetzung gegen den Willen des Betroffenen vorgenommen werde, reiche dafür nicht aus. Legitime, im Allgemeininteresse stehende Ziele im Sinne von § 10 AGG seien nicht auf den Bereich der Sozialpolitik beschränkt. Die Gewährleistung der Funktionsfähigkeit des SEK stelle ein legitimes Ziel dar. Die Mitgliedstaaten verfügten bei der Entscheidung, welches Ziel sie erreichen wollten, und bei der Festlegung der Maßnahmen zu seiner Erreichung über einen
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weiten Ermessensspielraum. Bei der Bestimmung von Altersgrenzen könne auf der Grundlage von Erfahrungswerten generalisierend geregelt werden, bis zu welchem Zeitpunkt die körperliche und geistige Leistungsfähigkeit der jeweiligen Beamtengruppe noch als gegeben anzusehen sei. Im Verfahren Wolf habe der Europäische Gerichtshof von der deutschen Regierung vorgelegte wissenschaftliche Daten ungeprüft übernommen. Der Beklagte gehe davon aus, dass es nicht eine einzige angemessene Höchstaltersgrenze gebe, sondern dass eine gewisse Bandbreite akzeptiert werden müsse. Die Zweckerreichung sei umso sicherer, je niedriger die Altersgrenze angesetzt werde. Ein früheres Ausscheiden erhöhe zudem die Chancen einer erfolgreichen Anschlussverwendung. Andererseits solle die Verweildauer im SEK angesichts des aufwendigen Trainings und eines Mindesteintrittsalters von 25 Jahren nicht zu kurz sein. Des Weiteren könnten besondere Einsatzlagen wie die Fußballweltmeisterschaft anlassbezogen eine vorübergehende Erhöhung der Altersgrenze nötig machen. Die höheren Altersgrenzen für Führungskräfte beruhten auf abweichenden Aufgaben.
Auf Bitten des Senats hat der Beklagte eine polizeiärztliche Stellungnahme vom 11. Mai 2011 zu den gesundheitlichen und körperlichen Anforderungen an den Einsatz von Be-mten im SEK und zur altersbedingten Abnahme der Leistungsfähigkeit eingereicht. Ferner hat der Beklagte auf Anfrage des Senats mitgeteilt, dass seit 2002 kein Beamter wegen Nichtbestehens der jährlichen Sportprüfung aus dem SEK ausgeschieden sei. In der mündlichen Verhandlung am 18. August 2011 hat der Leiter des SEK dessen Struktur und Vorgehensweise erläutert und der Leiter des Polizeiärztlichen Dienstes zur Frage der Leistungsanforderungen an SEK-Beamte und die altersbedingte Veränderung der Leistungsfähigkeit Stellung genommen. Der Kläger hat die Einholung eines arbeits- und sportmedizinischen Gutachtens angeregt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die Akte des Eilverfahrens OVG 4 S 98.09 sowie auf den Verwaltungsvorgang und drei Ordner Personalakten verwiesen, die vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidungsfindung gewesen sind.
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Entscheidungsgründe
Die Berufung des Klägers ist unbegründet. Das Verwaltungsgericht hat die Klage zu Recht abgewiesen.
a) Die mit dem Antrag zu 1) erhobene Fortsetzungsfeststellungsklage ist statthaft, nachdem sich die allgemeine Leistungsklage des Klägers auf Weiterbeschäftigung im SEK mit der Umsetzung erledigt hat (vom BVerwG offengelassen, ob Feststellungs- oder Fortsetzungsfeststellungsklage, aber im Ergebnis statthaft, vgl. Urteil vom 8. Dezember 1995 – 8 C 37.93 –, juris Rn. 21). Das besondere Feststellungsinteresse ist darin begründet, dass der aus seiner Sicht von einer Altersdiskriminierung betroffene Kläger eine Rehabilitierung und eine Entschädigung nach § 24 i.V.m. § 15 Abs. 1 und 2 AGG erstrebt. Die Klage ist auch nicht subsidiär gegenüber dem allein für die Zukunft geltend gemachten Anspruch auf Rückumsetzung.
Die Klage ist aber insoweit unbegründet. Die Umsetzung des Klägers 2009 aus dem SEK wegen Erreichens der Altersgrenze von 42 Jahren war rechtmäßig und verletzte den Kläger nicht in seinen Rechten.
aa) Das Verwaltungsgericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass es sich bei der Umsetzung um eine innerbehördliche Organisationsentscheidung handelt. Eine Umsetzung liegt vor, wenn einem Beamten innerhalb derselben Dienststelle ein anderer Dienstposten dauernd oder zeitweilig übertragen wird. Sie erfolgt durch eine inner-dienstliche Weisung, die im Ermessen des Dienstherrn liegt (vgl. BVerwG, Urteil vom 28. Februar 2008 – 2 A 1.07 –, juris Rn. 25). Durch die Änderung der Verwendung bleiben das statusrechtliche und das abstrakt-funktionelle Amt des Klägers beim Polizeipräsidenten unberührt. Lediglich sein konkret-funktionelles Amt (Dienstposten) ist betroffen. Die Regelung einer Rechtsstellung liegt hierin nicht. Der Beamte hat kein Recht auf unveränderte und ungeschmälerte Ausübung des ihm übertragenen konkreten Amtes im funktionellen Sinne, sondern muss eine Änderung seines dienstlichen Aufgabenbereiches nach Maßgabe seines Amtes im statusrechtlichen Sinne hinnehmen. Er kann lediglich die Übertragung eines seinem Amt im status-
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rechtlichen und abstrakt-funktionellen Sinne entsprechenden Amtes im konkret-funktionellen Sinne, d.h. eines amtsgemäßen Aufgabenbereiches, verlangen (vgl. u.a. BVerwG, Urteil vom 28. November 1991 – 2 C 41.89 –, juris Rn. 19). Der Dienstherr kann deshalb aus jedem sachlichen Grund den Aufgabenbereich des Beamten verändern, solange diesem ein amtsangemessener Aufgabenbereich verbleibt. Sind bei einer derartigen Umsetzung sonstige einschlägige Rechtsvorschriften beachtet worden, so kann ihre Rechtmäßigkeit nur auf Ermessensfehler überprüft werden (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 1987 – 2 C 53.86 –, juris Rn. 30 und vom 22. Mai 1980 – 2 C 30.78 –, juris Rn. 23 m. w. N.). Daneben sind die Belange des Betroffenen nach dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu berücksichtigen (BVerwG, Urteil vom 26. Mai 2011 – 2 A 8.09 –, juris Rn. 19).
bb) Diese Umsetzung ist nicht mangels gesetzlicher Grundlage rechtswidrig. Eine solche Grundlage ist entgegen der Auffassung des Klägers nicht notwendig. Die Umsetzung eines Beamten ist zu der Vielzahl der im Einzelnen nicht normativ erfassten Maßnahmen zu rechnen, die zur Erhaltung und Gewährleistung der Funktionsfähigkeit der öffentlichen Verwaltung unerlässlich sind (vgl. BVerwG, Urteil vom 22. Mai 1980 – 2 C 30.78 –, juris Rn. 16). Das Recht des Dienstherrn zu einer solchen Umsetzung ergibt sich aus seiner Organisationsgewalt.
Art. 12 Abs. 1 GG steht dem nicht entgegen. Diese Vorschrift, die grundsätzlich auch für Berufe im öffentlichen Dienst – wie für den Beruf des Klägers – gilt, erfährt sowohl hinsichtlich der darin garantierten Berufswahl als auch hinsichtlich der Berufsausübung Einschränkungen aus Art. 33 GG (vgl. BVerfG, Beschluss vom 22. Mai 1975 – 2 BvL 13/73 –, juris Rn. 102 f. m.w.N.). Dies ist auch insoweit der Fall, als der dienstliche Aufgabenbereich eines Beamten durch Umsetzung oder andere organisatorische Maßnahmen geändert wird (vgl. BVerwG, Beschluss vom 10. November 1998 – 2 B 91.98 –, juris Rn. 3).
Der Beruf des Klägers ist nicht der eines SEK-Beamten, sondern der eines Polizeivollzugsbeamten im Range eines Polizeikommissars. Insoweit wird durch die Altershöchstgrenze für eine Verwendung im SEK weder die Freiheit der Berufswahl noch die Möglichkeit eines Laufbahnaufstiegs berührt. Dies
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unterscheidet den vorliegenden Fall von Altersgrenzen für die Übernahme in ein öffentliches Amt oder die Ausübung eines Berufs, für die nach der Rechtsprechung sowohl des Bundesverfassungsgerichts als auch des Bundesverwaltungsgerichts ein Gesetzesvorbehalt gilt (BVerfG, Beschluss vom 9. März 2007 – 1 BvR 2887/06 –, juris Rn. 17 f.: Höchstalter für Fluglotsen; BVerwG, Urteil vom 19. Februar 2009 – 2 C 18.07 –, juris Rn. 9f.: Höchstalter für Einstellung als Lehrer; vgl. auch Urteil des Senats vom 4. Mai 2011 – 4 B 53.09 –, juris Rn. 23: Altersgrenze für Aufstieg in höheren Polizeivollzugsdienst).
cc) Die umstrittene Umsetzung verstößt nicht gegen § 7 Abs. 1 des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes – AGG – vom 14. August 2006 (BGBl. I S. 1897), zuletzt geändert durch Gesetz vom 5. Februar 2009 (BGBl. I S. 160). Die Vorschriften dieses Gesetzes gelten nach § 24 Nr. 1 AGG für Beamte der Länder – wie den Kläger – unter Berücksichtigung ihrer besonderen Rechtsstellung entsprechend. Nach § 7 Abs. 1 1. Halbsatz AGG dürfen Beschäftigte nicht wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt werden. Benachteiligungen aus einem derartigen Grund sind nach Maßgabe des Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetzes in Bezug auf die Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, insbesondere in Maßnahmen bei der Durchführung eines Beschäftigungsverhältnisses, unzulässig (vgl. § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG). Als Maßnahmen im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 2 AGG sind sämtliche Anordnungen des Dienstherrn, also beispielsweise Weisungen, Versetzungen und Umsetzungen zu betrachten (vgl. BAG, Urteil vom 22. Januar 2009 – 8 AZR 906/07 –, juris Rn. 32 unter Hinweis auf BT-Drs. 16/1780, S. 31). Bei der im Streit stehenden Umsetzung handelt es sich um eine solche Maßnahme. Sie stellt eine Anordnung dar, die sich auf die Dienstbedingungen des Klägers auswirkt. Der Posten, auf dem er seinen Dienst zu leisten hatte, wurde durch sie geändert.
(1) Nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt eine unmittelbare Benachteiligung vor, wenn eine Person wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes eine weniger günstige Behandlung erfährt, als eine andere Person in einer vergleichbaren Situation erfährt, erfahren hat oder erfahren würde. Diese Voraussetzungen liegen vor. Der Kläger erfährt wegen seines Alters eine weniger günstige Behandlung als ein
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anderer Beamter in einer vergleichbaren Situation. Seine Umsetzung von seinem früheren Dienstposten eines Einsatzbeamten im SEK auf den Dienstposten eines Einsatztrainers bei der Direktion 5 stellt eine weniger günstige Behandlung dar, als sie andere als Einsatzbeamte im SEK verwendete Polizeivollzugsbeamte erfahren, die das vom Beklagten festgelegte Höchstalter für die betreffende Verwendung noch nicht erreicht haben. Diese Beamten werden anders als der Kläger nicht ohne weiteres gegen ihren Willen von ihren Dienstposten im SEK auf einen Dienstposten außerhalb dieses Polizeiverbandes umgesetzt. Diese Ungleichbehandlung stellt auch aus der Sicht eines vernünftigen Dritten in der Situation des Klägers eine weniger günstige Behandlung, nämlich eine Zurücksetzung dar (vgl. BAG, Urteil vom 25. Februar 2010 – 6 AZR 911/08 –, juris Rn. 25 m.w.N., und Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 3. Aufl. 2011, § 3 Rn. 8), die der Kläger wegen seines Alters erfährt. Bei dem Alter handelt es sich um einen in § 1 AGG genannten Grund, wobei unter Alter das Lebensalter zu verstehen ist (vgl. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2009 – 9 AZR 722/08 –, juris Rn. 49). Das Lebensalter des Klägers – die Vollendung des 42. Lebensjahres 2009 – war für seine Umsetzung ursächlich. Das Verwaltungsgericht hatte demgegenüber letztlich aus dem Umstand, dass lediglich eine Umsetzung auf einen anderen, amtsangemessenen Dienstposten erfolgt ist, geschlossen, dass keine objektive Benachteiligung vorliege. Diese Auslegung übersieht, dass der Verwendung im SEK als einer Eliteeinheit der Polizei nicht nur subjektiv ein besonderes Gewicht zukommt, sondern dass diese beispielsweise durch ein strenges Auswahlverfahren, eine längere Spezialausbildung und ständige Prüfungen der Leistungsfähigkeit der Beamten geprägt wird. Würde eine Benachteiligung verneint, so könnte eine Altershöchstgrenze für die Verwendung auf einem bestimmten Dienst-posten gar nicht erst am Maßstab des Allgemeinen Gleichstellungsgesetzes geprüft werden.
(2) Die Umsetzung ist sowohl nach § 8 Abs. 1 AGG als auch nach § 10 Satz 1 AGG zulässig. Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Richtlinie 2000/78/EG, die durch das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz ins deutsche Recht umgesetzt worden ist, können Altersgrenzen mehreren legitimen Zielen gleichzeitig dienen (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011 – Fuchs u.a. – C-159/10 und C-160/10 –, Eur-Lex Rn. 44 ff. m.w.N.). Werden sämtliche Ziele in zulässiger Weise verfolgt, ist die Altersgrenze insgesamt gerechtfertigt.
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(a) Gemäß § 8 Abs. 1 AGG ist eine unterschiedliche Behandlung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes – wie die Umsetzung des Klägers wegen seines Lebensalters – zulässig, wenn dieser Grund wegen der Art der auszuübenden Tätigkeit oder der Bedingungen ihrer Ausübung eine wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung darstellt, sofern der Zweck rechtmäßig und die Anforderung angemessen ist. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt.
Die Altersgrenze verfolgt den Zweck, die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren des SEK dauerhaft zu gewährleisten. An die SEK-Mitarbeiter, die Spezialisten für Extremsituationen sind, werden überdurchschnittliche körperliche und geistige Anforderungen gestellt. In der Rechtssache Wolf, die ein Einstellungshöchstalter für den mittleren Feuerwehrdienst betraf, hat der Europäische Gerichtshof festgestellt, dass das Bemühen, die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren der Berufsfeuerwehr zu gewährleisten, einen rechtmäßigen Zweck im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie 200/78/EG darstellt (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010, Wolf – C-229/08 –, Eur-Lex Rn. 39), der durch § 8 Abs. 1 AGG umgesetzt wird. Das Gericht verweist dabei auf den 18. Erwägungsgrund der Richtlinie, wonach insbesondere der Polizei und den Notfalldiensten unter Berücksichtigung des rechtmäßigen Ziels, die Einsatzbereitschaft dieser Dienste zu wahren, nicht zur Auflage gemacht werden darf, Personen einzustellen oder weiter zu beschäftigen, die nicht den jeweiligen Anforderungen entsprechen, um sämtliche Aufgaben zu erfüllen, die ihnen übertragen werden können. In einer anderen Entscheidung hat der EuGH unter Bezugnahme auf Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie, wonach diese nicht die im einzelstaatlichen Recht vorgesehenen Maß-nahmen berührt, die u.a. für die Gewährleistung der öffentlichen Sicherheit und zum Schutz der Gesundheit erforderlich sind, grundsätzlich anerkannt, dass der Schutz der Gesundheit Altersgrenzen rechtfertigen kann (EuGH, Urteil vom 12. Januar 2010, Petersen – C-341/08 –, Eur-Lex Rn. 49 ff.). Der Generalanwalt hat im Schlussantrag in der Rechtssache C-447/09 vom 19. Mai 2011 (Prigge u.a., Eur-Lex Rn. 50 ff.) die Gewährleistung der Sicherheit des Luftverkehrs dem Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie zugeordnet. Art. 2 Abs. 5 der Richtlinie ist nicht explizit ins deutsche Recht übernommen worden, kann jedoch zur Auslegung des § 24 AGG herangezogen werden (vgl. Welti: in Schiek (Hrsg.), AGG, 2007, § 24 Rn. 6). Darüber hinaus kann der Schutz der öffentlichen Sicherheit auch nach den Kommentierungen zum
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Allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz als Ziel im Rahmen des § 8 AGG berücksichtigt werden (Bauer/Göpfert/Krieger, AGG, 3. Aufl. 2011, § 8 Rn. 36; Brors: in Däubler /Bertzbach (Hrsg.), AGG, 2. Aufl. 2008, § 8 Rn. 8 f.).
Sodann kann eine besonders ausgeprägte körperliche Eignung als eine für die Verwendung in einem Spezialeinsatzkommando der Polizei wesentliche und entscheidende berufliche Anforderung im Sinne von Art. 4 Abs. 1 der Richtlinie (vgl. EuGH, Rs. Wolf, a.a.O., Rn. 40) bzw. § 8 Abs. 1 AGG angesehen werden. Der Beklagte hat das Anforderungsprofil für Einsatzbeamte im Spezialeinsatzkommando in diesem Verfahren vorgelegt (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 18. Mai 2009). Darüber hinaus hat sich der Polizeiärztliche Dienst in seiner Stellungnahme vom 11. Mai 2011 zu den besonderen körperlichen und geistigen Anforderungen an Einsatzbeamte des SEK geäußert. Danach liegen diese deutlich über den Anforderungen an einen Polizeivollzugsbeamten und sind im obersten Bereich des Breitensports an der Grenze zum Hochleistungssport im Bereich der Mehrkampf-Leichtathletik anzusetzen. Sie müssen in verschiedenen Bereichen wie Kraft, Ausdauer und Regenerationsfähigkeit sowie Sinneswahrnehmung und psychischer Belastbarkeit gleichermaßen hoch sein. Die SEK-Beamten müssen ab der Eignungsuntersuchung und ungeachtet des Alters bei jeder anschließenden polizeiärztlichen Untersuchung die gleichen Mindestanforderungen erfüllen. Damit sollen sie in die Lage versetzt werden, im 24-Stunden-Schichtdienst Schwerstkriminalität operativ zu bekämpfen und Einsätze bei Straftaten von besonderer Schwere und Intensität zu unterstützen. In der mündlichen Verhandlung hat der Leiter des Polizeiärztlichen Dienstes weiter ausgeführt, dass die Einsatzbeamten des SEK beispielsweise die arbeitsmedizinischen Anforderungen an schweren Atemschutz und an Höhentauglichkeit erfüllen und Nahkampftauglich sein müssen. Es werde erwartet, dass sie in jeder Hinsicht ein Stück leistungsfähiger seien als die Personen, mit denen sie im Einsatz konfrontiert würden.
Das Erfordernis einer erhöhten körperlichen Eignung steht mit dem Alter im Zusammenhang. Es trifft nicht zu, dass – wie der Kläger behauptet – das Lebensalter keinen auch nur annähernd zuverlässigen Ausdruck individueller körperlicher und/oder psychischer Leistungsfähigkeit darstellt. Es liegt vielmehr auf der Hand, dass das Lebensalter einen gewissen Aufschluss über die
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körperliche Leistungsfähigkeit geben kann. Denn es ist wahrscheinlich, dass diese Fähigkeit mit höherem Lebensalter nachlässt. Es entspricht der allgemeinen Lebenserfahrung, dass die Gefahr einer Beeinträchtigung der körperlichen Leistungsfähigkeit generell mit zunehmendem Alter größer wird (vgl. BAG, Urteil vom 13. Oktober 2009, a.a.O. Rn. 67 m.w.N., und Beschluss vom 17. Juni 2009, a.a.O. Rn. 21 m.w.N). In der Rechtssache Wolf hat der Europäische Gerichtshof es ausreichen lassen, dass die deutsche Regierung nicht näher qualifizierte wissenschaftliche Daten aus arbeits- und sportmedizinischen Untersuchungen vorgelegt hat, aus denen hervorging, dass die Leistungsfähigkeit der Lungen, der Muskulatur und die körperliche Widerstandsfähigkeit mit dem Alter nachlassen. So verfügten nur wenige der Beamten, die älter als 45 Jahre seien, über die hinreichende körperliche Eignung, um ihre Tätigkeit im Bereich der Brandbekämpfung auszuüben (EuGH, Rs. Wolf, a.a.O., Rn. 41).
Im vorliegenden Fall ist zur Überzeugung des Senats ein Zusammenhang zwischen höherem Alter und abnehmender Leistungsfähigkeit hinreichend dargelegt und medizinisch untermauert worden. Ein exakter Nachweis, dass bei Einsatzbeamten des SEK genau mit Vollendung des 42. Lebensjahres ein Ausscheiden aus medizinischen Gründen zwingend erforderlich sei, ist weder möglich noch erforderlich. Ausgangspunkt der Überlegungen ist, dass den Mitgliedstaaten die Beweislast dafür obliegt, dass das zur Rechtfertigung angeführte Ziel rechtmäßig ist; allgemeine Behauptungen, dass eine bestimmte Maßnahme geeignet sei, einem Ziel zu dienen, lassen nicht den Schluss darauf zu, dass die gewählten Mittel zur Verwirklichung des Ziels geeignet seien (vgl. EuGH, Urteil vom 5. März 2009, Age Concern England – C-388/07 –, EuR-Lex Rn. 67, 51). Andererseits ist es zunächst Sache der Mitgliedstaaten, das Niveau des Schutzes der öffentlichen Sicherheit zu definieren. Denn es ist hinsichtlich organisatorischer Fragen Sache der Mitgliedstaaten selbst, ihre innere und äußere Sicherheit zu gewährleisten (EuGH, Urteil vom 11. März 2003, Dory – C-285/98 –, Eur-Lex Rn. 38 zur Wehrpflicht für Männer). Ebenso steht ihnen ein Wertungsspielraum hinsichtlich des Schutzes des Gesundheit zu (EuGH, Rs. Petersen, a.a.O., Rn. 51). Dieser Organisations- und Wertungsspielraum wirkt sich auf den Grad der Genauigkeit der erforderlichen Beweismittel aus (EuGH, Rs. Fuchs u.a., Rn. 80). Dies schließt aus, dass es für die Festlegung einer Altershöchstgrenze nur präzise ein richtiges Ergebnis geben kann. Vielmehr kann
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es eine bestimmte Bandbreite von Altersgrenzen geben, die gleichermaßen rechtmäßig sein können. Zu fordern ist allerdings, dass das Ziel in sich kohärent verfolgt wird (EuGH, Rs. Petersen, a.a.O., Rn. 53, 62 und Rs. Fuchs u.a., a.a.O., Rn. 85). Die Anforderungen an eine medizinisch-wissenschaftliche Fundierung des Zusammenhangs zwischen körperlicher Eignung und Lebensalter (dazu Mahlmann: Däubler/ Bertzbach (Hrsg.), AGG, 2. Aufl. 2008, § 24 Rn. 33) richten sich nach nationalem Recht (vgl. EuGH, Rs. Fuchs u.a., a.a.O., Rn. 82 f.).
Die Darlegungen des Polizeiärztlichen Dienstes sind nach Auffassung des Senats sachangemessen differenziert und substantiiert sowie plausibel und nachvollziehbar. Wie der Leiter des Polizeiärztlichen Dienstes dargelegt hat, reicht eine Zahl von etwa 100 Einsatzbeamten des SEK in Berlin nicht aus, um wissenschaftlich gesicherte Erkenntnisse über die Entwicklung ihrer Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter gewinnen zu können. Wegen des Ausscheidens der Beamten mit 42 Jahren ist es auch nicht möglich, die Entwicklung ihrer Leistungsfähigkeit als Einsatzbeamte des SEK ab diesem Alter zu beobachten. Insoweit ist es insbesondere angesichts des Wertungsspielraums der Behörde ausreichend, auf allgemeine arbeits- und sportmedizinische Erkenntnisse abzustellen. So ist es durchaus ein taugliches Indiz, darauf hinzuweisen, dass sportliche Höchstleistungen in leichtathletischen Disziplinen, Boden- und Geräteturnen sowie Kampfsportdisziplinen, wie sie den täglichen Belastungen von Einsatzbeamten des SEK entsprechen, seltener in einem Alter von über 40 Jahren anzutreffen sind. Ebenso selbstverständlich ist, dass es hinsichtlich der altersbedingten Abnahme der körperlichen Leistungsfähigkeit starke individuelle Unterschiede gibt und sich der Leistungsabfall teilweise durch Training hinauszögern lässt. Vor diesem Hintergrund sind die Darlegungen des Polizeiärztlichen Dienstes ausreichend medizinisch untermauert, auch wenn es wissenschaftlichen Standards nicht genügt, dass die Kopie offenbar aus einem Lehrbuch in Anlage 8 ohne Quellenangabe vorgelegt worden ist. Insoweit ist aber zu berücksichtigen, dass nicht nur den vorgelegten Veröffentlichungen, sondern vor allem den Ausführungen des Leiters des Polizeiärztlichen Dienstes selbst Beweiswert zukommt. Bei den Darlegungen eines Amts- oder Polizeiarztes handelt es sich nicht um bloßen Parteivortrag des Polizeipräsidenten, sondern um eine ärztliche Stellungnahme von besonderem Gewicht. Wegen der genaueren
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Kenntnis der Belange der öffentlichen Verwaltung und der von Polizeivollzugsbeamten zu verrichtenden Tätigkeiten kommt nach ständiger Rechtsprechung den gutachterlichen Äußerungen von Amts- und Polizeiärzten regelmäßig ein höherer Beweiswert zu als privatärztlichen Stellungnahmen (BVerwG, Urteile vom 12. Oktober 2006 – 1 D 2.05 –, juris Rn. 34 und vom 9. Oktober 2002 – 1 D 3.02 –, juris Rn. 22 zum Amtsarzt; OVG Münster, Urteil vom 27. November 2006 – 21d A 512/05.O –, juris Rn. 54 zum Polizeiarzt). Die Sachkunde des Leiters des Polizeiärztlichen Dienstes, der zuvor u.a. als Arzt für die Bundeswehr auch in Auslandseinsätzen tätig war, für die Beurteilung der arbeitsmedizinischen Anforderungen an die Leistungsfähigkeit von Einsatzbeamten des SEK steht für den Senat außer Frage. Aus der gutachterlichen Stellungnahme des Polizeiärztlichen Dienstes und aus den Darlegungen in der mündlichen Verhandlung ergibt sich eindeutig, dass es bestimmte Messgrößen für körperliche Leistungsfähigkeit wie die maximale Sauerstoffaufnahme gibt, die auch bei trainierten Personen schon ab dem 30. Lebensjahr deutlich abnehmen. Das Absinken des Hormons Testosteron und des Wachstumshormons STH führen spätestens ab dem 45. Lebensjahr zu einem Umbau von Muskel- in Fettzellen und zu einer Abnahme der Regenerationsfähigkeit. Ab dem 35. Lebensjahr kommt es zu Veränderungen in den Bereichen Sehen, Hören und Tasten. Zudem kommt es zu Einschränkungen der Beweglichkeit und zu einer Verringerung der Reaktionsfähigkeit. Aus diesen Gründen sollte angesichts der Belastung der Beamten mit 500 Einsätzen jährlich im 24-Stunden-Schichtbetrieb aus Sicht des Polizeiärztlichen Dienstes die Höchstaltersgrenze um das 40. Lebensjahr gelegt werden. Dem Einwand des Klägers, dass die Einsatzbeamten des SEK, aber auch die Teamleiter mit einem Alter von bis zu 50 Jahren regelmäßig die jährlichen Sportprüfungen und die Untersuchungen durch den polizeiärztlichen Dienst in dreijährigem Abstand bestehen würden, ist der Leiter des Polizeiärztlichen Dienstes entgegen getreten, indem er ausgeführt hat, in jüngerem Alter würden die Anforderungen deutlich übertroffen, so dass Leistungsreserven bestünden, die sich mit zunehmendem Alter verringerten. Kurzzeitige Höchstleistungen seien noch möglich, aber die erforderlichen Regenerationsphasen würden länger. Dass die medizinischen Aussagen hinsichtlich des Nachlassens der körperlichen Leistungsfähigkeit eine Tendenz insbesondere für Männer im Alter von 35 bis 50 Jahren beschreiben, ohne dass klare und eindeutige altersmäßige Einschnitte benannt werden
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könnten, liegt in der Natur der Fragestellung. Auch eine umfangreichere und vertiefte Sichtung des Standes der medizinischen Forschung lässt zu dieser Fragestellung keine neuen und überraschend abweichenden Erkenntnisse erwarten. Der Senat sieht sich auf der Grundlage der polizeiärztlichen Stellungnahme als ausreichend sachkundig an und hält deshalb die Einholung eines arbeits- und sportärztlichen Gutachtens für nicht erforderlich.
Die Höchstaltersgrenze von 42 Lebensjahren ist auch eine angemessene Anforderung für die Tätigkeit als Einsatzbeamter im SEK. Eine berufliche Anforderung ist angemessen, wenn sie geeignet ist, den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen, wenn sie hierfür erforderlich ist, d.h. weniger beeinträchtigende Mittel zur Erreichung des Zwecks nicht zur Verfügung stehen, und wenn sie darüber hinaus verhältnismäßig im engeren Sinne ist, was durch eine Abwägung des beruflichen Zwecks gegenüber dem geschütz-ten Interesse des Beschäftigten zu ermitteln ist (vgl. BAG, Beschluss vom 17. Juni 2009 – 7 AZR 112/08 (A) –, juris Rn. 69 und Bauer/Göpfert/Krieger, a.a.O. § 8 Rn. 20).
Die genannte Altersgrenze ist geeignet, den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen. Mit ihrer Hilfe kann die Erreichung des Ziels, die Einsatzbereitschaft und das ordnungsgemäße Funktionieren des SEK zu gewährleisten, gefördert werden. Besagte Grenze vermag einen Beitrag dazu zu leisten, der Gefahr eines Versagens von gesundheitlich nicht mehr geeigneten Beamten des SEK im Einsatz vorzubeugen.
Die erwähnte Altersgrenze ist auch erforderlich, um den mit ihr verfolgten Zweck zu erreichen. Zur Sicherstellung der Einsatzbereitschaft des SEK ist eine Höchstaltersgrenze für die Verwendung notwendig, die deutlich niedriger als die allgemeine Höchstaltersgrenze für Polizeivollzugskräfte (für Polizeivollzugskräfte des gehobenen Dienstes, die – wie der Kläger – die Laufbahnbefähigung im Wege des Aufstiegs erworben haben, bildet nach § 104 Abs. 1 Satz 2 LBG das vollendete 61. Lebensjahr die Altersgrenze). Es ist unwahrscheinlich, dass Einsatzbeamte im SEK den vom Beklagten an sie gestellten hohen physischen und psychischen Anforderungen bis zum Erreichen der gesetzlichen Altersgrenze entsprechen können. Ein Mittel, das den verfolgten Zweck gleich wirksam wie eine
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unterhalb der gesetzlichen Altersgrenze liegende Höchstaltersgrenze erreichen kann und die Betroffenen weniger stark belastet als eine derartige Höchstaltersgrenze, ist nicht ersichtlich. Eine Prüfung der Leistungsfähigkeit und Belastbarkeit in jedem Einzelfall ist kein solches Mittel (vgl. Mahlmann: in Däubler/Bertzbach, AGG, 2. Aufl., § 24 Rn. 33). Entsprechende Prüfungen vermögen den genannten Zweck jedenfalls deswegen nicht gleich wirksam wie eine Höchstaltersgrenze zu erreichen, weil sie zu einer unangemessenen Belastung des Beklagten führen würden (vgl. BVerfG, Beschluss vom 14. November 1989 – 1 BvL 14/85, 1 BvR 1276/84 –, BVerfGE 81 S. 70, 91 f., und Jarass in Jarass/Pieroth, GG, 10. Aufl., Art. 20 Rn. 85 m.w.N.). Wenn Einsatzbeamte des SEK nur aus besonderem Anlass wegen nicht mehr ausreichender Leistungsfähigkeit ausscheiden würden, müsste der Beklagte eine größere Zahl von Beamten mit entsprechender Qualifikation ausbilden und vorhalten, um Einsatzbeamte, die auf Grund des altersbedingten Wegfalls ihrer gesundheitlichen Eignung aus dem SEK ausscheiden, umgehend ersetzen zu können. Der Bedarf an neuen Ersatzkräften für das SEK könnte nicht mehr relativ genau vorhergesehen werden. Eine in personeller Hinsicht angemessene Organisation des SEK (vgl. zur Berufsfeuerwehr EuGH, Rs. Wolf, a.a.O., Rn. 43) setzt aber voraus, dass die personelle Fluktuation im SEK planbar ist. Die Planbarkeit des Ausscheidens von Beamten zu erreichen und Rechtsstreitigkeiten über die weitere Einsatzfähigkeit eines Beamten vorzubeugen, ist nach dem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Altersgrenze bei Staatsanwälten als legitimes Ziel der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik anerkannt (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011, Fuchs u.a. – C-159/10 und C-160/10 –, Eur-Lex Rn. 50, 60).
Dass der Beklagte die Höchstaltersgrenze auf genau 42 Jahre festgelegt hat, ist unter dem Gesichtspunkt der Erforderlichkeit nicht zu beanstanden. Zwar darf ein Wertungsspielraum des Beklagten nicht dazu führen, dass der gemeinschaftsrechtliche Grundsatz des Verbots der Diskriminierung wegen des Alters, den die mit dem AGG umgesetzte Richtlinie 2000/78/EG konkretisiert, ausgehöhlt wird. Allgemeine Behauptungen reichen nicht aus (vgl. EuGH, Urteil vom 5. März 2009, Age Concern England – C-388/07 –, Eur-Lex Rn. 51). Im vorliegenden Fall hat der Beklagte aber eine medizinische Einschätzung des Polizeiärztlichen Dienstes vorgelegt, die es rechtfertigt, das Alter des Beamten als wesentliche berufliche Anforderung im Sinne von § 8 AGG zu qualifizieren. Selbst wenn
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eine Altersgrenze bei 40 Jahren nicht als zwingend erscheint, so dürfte eine Altersgrenze bei 50 Jahren zu hoch sein, um deutliche altersbedingte Leistungseinbußen zu vermeiden. Wie der Beklagte dargelegt hat, ist innerhalb der Bandbreite zulässiger Altersgrenzen ein relativ niedriges Höchstalter auch deshalb erforderlich, um für die Einsatzbeamten des SEK eine amtsangemessene Weiterbeschäftigung auf einem anderen Dienstposten sicherzustellen. Es liegt auf der Hand, dass sich ein 42jähriger regelmäßig leichter in eine neue Aufgabe einfinden wird als ein 50jähriger. Der Leiter des Polizeiärztlichen Dienstes hat in der mündlichen Verhandlung glaubhaft ausgeführt, dass es den Einsatzbeamten des SEK häufig schwerfalle und sie mehrere Jahre bräuchten, um sich wieder im alltäglichen Polizeidienst zurechtzufinden. Deshalb plädiere er aus Fürsorgegründen sogar für eine Altersgrenze bei 40 Jahren statt der praktizierten 42 Jahre. Dieses personalwirtschaftliche Anliegen im Interesse der betroffenen Beamten stellt ein legitimes Ziel der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik dar (EuGH, Rs. Fuchs u.a., a.a.O., Rn. 50) und ist deshalb zugleich geeignet, die Angemessenheit der Altersgrenze nach § 8 Abs. 1 AGG ergänzend zu begründen.
Die festgelegte Altersgrenze ist auch in sich konsistent und nicht widersprüchlich. Der Umstand, dass der Beklagte für Kommissariatsleiter (Teamführer) im SEK eine Höchstaltersgrenze von 48 Jahren und ausnahmsweise 50 Jahren sowie für stellvertretende Teamführer von 45 Jahren festgelegt hat, zeigt entgegen der Auffassung des Klägers nicht, dass die niedrigere Höchstaltersgrenze für Einsatzbeamte in diesem Polizeiverband nicht gerechtfertigt wäre. Denn der Beklagte stellt an Teamführer, die einen anderen Aufgabenschwerpunkt als Einsatzbeamte haben, andere Anforderungen. Die Schwerpunkte der den Teamführern übertragenen Aufgaben liegen nach den Ausführungen des Beklagten nicht in der taktischen Einsatzbewältigung, sondern in der Personalführung im Einsatz sowie im administrativen Bereich. Der Teamführer steht bei Einsätzen nicht in erster Reihe, sondern leitet diese aus dem Hintergrund. Er kommt deshalb nur ausnahmsweise und punktuell in die Lage, körperliche Höchstleistungen erbringen zu müssen. Dabei kann ein älterer Beamter nach Aussage des Leiters des ärztlichen Dienstes in der mündlichen Verhandlung diese Leistung zwar noch kurzzeitig erbringen, benötigt danach aber eine längere Regenerationsphase. Die Einsatzbeamten haben demgegenüber permanent Höchstleistungen zu erbringen, auch angesichts der vergleichsweise
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hohen Einsatzzahlen in Berlin. So kommt es durchaus vor, dass sich mehrere Einsätze unmittelbar aneinander anschließen. Das Anforderungsprofil für den stellvertretenden Gruppenleiter (stellvertretenden Teamführer) weist nach Angaben des Leiters des SEK in der mündlichen Verhandlung eine größere Schnittmenge zum Kommissariatsleiter (Teamführer) als zu den Einsatzbeamten auf. Er muss häufiger nicht nur den Teamführer der eigenen SEK-Gruppe, sondern auch anderer SEK-Gruppen vertreten und erfüllt insoweit Leitungs- und Führungsaufgaben. Dieser Unterschied im Anforderungsprofil ist ein sachlicher Grund für die leicht erhöhte Altersgrenze. Auch für Beamte im Einsatzdienst mit Sonderaufgaben besteht eine besondere Interessenlage, die eine Heraufsetzung der Altersgrenze im Einzelfall rechtfertigt. So besteht nach Auskunft des Leiters des SEK ein Interesse des Beklagten daran, einen Hundeführer auch über Vollendung des 42. Lebensjahres hinaus im SEK einzusetzen, solange sein Diensthund, mit dem er eine Einheit bildet, noch einsetzbar ist. Zudem bestehen nicht die besonderen Anforderungen an die körperliche Leistungsfähigkeit, soweit der Hundeführer in dieser Funktion zum Einsatz kommt. Schließlich ergibt sich auch aus dem Umstand, dass für Einsatzbeamte in den polizeilichen Spezialeinsatzkommandos anderer Bundesländer teilweise keine – generellen – und teilweise höhere Höchstaltersgrenzen als für die entsprechenden Beamten in Berlin vorgesehen sind, nicht, dass die Berliner Höchstaltersgrenze rechtswidrig wäre. Nach Auskunft des Leiters des SEK in der mündlichen Verhandlung verfügen die anderen Bundesländer teilweise über andere Organisationsstrukturen und eine andere Einsatztaktik und praktizieren im Übrigen entweder eine auf maximal 15 Jahre begrenzte Einsatzdauer im SEK oder eine Altersgrenze, die zwischen 40 und 45 Jahren liegt. In einem föderalistisch strukturierten Bundesstaat bedingt ein entsprechender Gestaltungsspielraum, dass die Organisationsstruktur für Spezialeinsatzkommandos und die Höchstaltersgrenze für die Verwendung im SEK von Bundesland zu Bundesland in einer bestimmten Bandbreite variiert (vgl. Urteil des Senats vom 4. Mai 2011 – OVG 4 B 53.09 –, juris Rn. 28).
Die Höchstaltersgrenze von 42 Jahren für die Tätigkeit als Einsatzbeamter des SEK ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Wie bereits das Verwaltungsgericht ausgeführt hat, ist im Rahmen der Verhältnismäßigkeitsprüfung zu berücksichtigen, dass die Einsatzbeamten des
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SEK weder entlassen noch in den Ruhestand versetzt, sondern für weitere fast zwanzig Dienstjahre amtsangemessen in ihrer Laufbahn weiterbeschäftigt werden. Dieser Umstand trägt den Interessen der betroffenen Beamten Rechnung. Der Europäische Gerichtshof berücksichtigt – insoweit vergleichbar – im Rahmen der Prüfung der Verhältnismäßigkeit von zwingen-den Altersgrenzen für den Ruhestand, dass die betroffenen Beschäftigten eine angemessene Rente oder Pension erhalten (EuGH, Rs. Fuchs u.a., a.a.O., Rn. 66 f.).
(b) Die Umsetzung ist auch nach § 10 AGG gerechtfertigt. Nach dieser Vorschrift, die auch auf die in § 24 AGG angeführten öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnisse anwendbar ist (vgl. Mahlmann, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 2. Aufl. 2008, § 24 Rn. 31), ist eine unterschiedliche Behandlung wegen des Alters zulässig, wenn sie objektiv und angemessen und durch ein legitimes Ziel gerechtfertigt ist (vgl. § 10 Satz 1 AGG). Die Mittel zur Erreichung dieses Ziels müssen angemessen und erforderlich sein (vgl. § 10 Satz 2 AGG). Beides ist hier der Fall.
Es kann im vorliegenden Fall dahingestellt bleiben, ob legitime Ziele in Sinne dieser Vorschrift nur sozialpolitische Ziele oder aber auch andere Allgemeininteressen sein können. Der Senat hat sich in seinem Urteil vom 4. Mai 2011 (OVG 4 B 53.09 –, juris Rn. 33) der Auffassung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG, Urteile vom 26. Januar 2011 – 8 C 46.09 –, juris Rn. 31 ff. und vom 19. Februar 2009 – 2 C 18/07 –, juris Rn. 16) angeschlossen, dass insoweit Gemeinwohlinteressen ausreichen, denen die Maßnahme dienen soll (EuGH, Urteile vom 22. November 2005, Mangold – C-144/04 –, EUR-Lex Rn. 60, vom 16. Oktober 2007, Palacios – Rs. C-411/05 –, EUR-Lex Rn. 64 und vom 5. März 2009, Age Concern England – C-388/07 –, EUR-Lex Rn. 46; Brors, in: Däubler/Bertzbach, AGG, 2. Aufl. 2008, § 10 Rn. 21). Die Ziele sind, wie bereits durch Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG klargestellt wird ("insbesondere"), nicht auf die Bereiche Beschäftigungspolitik, Arbeitsmarkt und berufliche Bildung beschränkt. Diese Frage kann hier jedoch offen bleiben, da der Europäische Gerichtshof die Ziele der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik sehr weit fasst. Wie oben dargestellt, zählt dazu das Ziel, eine ausgewogene Altersstruktur von jüngeren und älteren Beamten zu schaffen, u.a. um die Personalplanung zu optimieren, die Planbarkeit
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des Ausscheidens zu erreichen und Rechtsstreitigkeiten vorzubeugen, die im Zusammenhang mit der Versetzung in den Ruhestand entstehen können, und all dies unter gleichzeitiger Bereitstellung einer leistungsfähigen Justizverwaltung (EuGH, Urteil vom 21. Juli 2011, Fuchs u.a. – C-159/10 und C-160/10 –, Eur-Lex Rn. 50, 60). Insoweit stellen eine geordnete Personalpolitik, eine ausgewogene und vorhersehbare Altersstruktur, die Vermeidung von Streitigkeiten im Zusammenhang mit einer individuellen Feststellung der Leistungsfähigkeit und das Interesse an einer geordneten Weiterverwendung der ausscheidenden SEK-Beamten alles legitime Ziele im Sinne von § 10 AGG dar.
Das vom Beklagten gewählte Mittel der Höchstaltersgrenze von 42 Jahren ist auch zur Erreichung dieser Ziele angemessen und erforderlich im Sinne von § 10 Satz 2, Satz 3 Nr. 3 AGG. Die vorgesehenen Maßnahmen dürfen nicht über das hinausgehen, was angemessen und erforderlich ist, um das verfolgte Ziel zu erreichen (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. Januar 2011, a.a.O., Rn. 31 m.w.N.). Diese Vorschrift ist Ausdruck des Verhältnismäßigkeitsprinzips (EuGH, Urteil vom 22. November 2005, Mangold – Rs. C-144/04 –, EUR-Lex Rn. 65). Dem Normgeber und den einzelnen Mitgliedstaaten ist nicht nur bei der Bestimmung der Ziele, sondern auch bei der Wahl der Mittel, mit denen sie ein legitimes Ziel erreichen wollen, ein Gestaltungsspielraum für einen gerechten Ausgleich der widerstreitenden Interessen eingeräumt, bei dem politische, wirtschaftliche, soziale, demografische und auch haushaltsbezogene Erwägungen Berücksichtigung finden können (EuGH, Urteil vom 16. Oktober 2007, Palacios – Rs. C-411/05 –, EUR-Lex Rn. 68 ff.).
Die erforderliche Abwägung zwischen den vom Beklagten verfolgten legitimen Zielen und dem Interesse des Klägers, auch noch nach Überschreiten der Höchstaltersgrenze im SEK verwendet zu werden, ergibt einen Vorrang der Ziele der Beschäftigungs- und Arbeitsmarktpolitik.
Die Höchstaltersgrenze ist auch verhältnismäßig im engeren Sinne. Die oben dargestellten Gründe sind, besonders unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung der Beamten (§ 24 Nr. 1 AGG), mindestens ebenso gewichtig wie das private Interesse der Polizeivollzugsbeamten, auch noch in fortgeschrittenem
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Alter in dem SEK eingesetzt zu werden. Zudem ist zu berücksichtigen, dass die Einsatzbeamten des SEK weiterhin amtsangemessen in ihrer jeweiligen Laufbahn beschäftigt werden.
dd) Die streitige Umsetzung ist im Übrigen frei von Ermessensfehlern. Da sich die Altersgrenze von 42 Jahren als rechtmäßig erweist, scheidet insoweit ein Ermessens-missbrauch von vornherein aus. Andere Umstände, die zu einer Ermessensfehlerhaftigkeit der Umsetzung führen könnten, sind weder geltend gemacht noch sonst erkennbar, zumal der neue Dienstposten des Klägers zumindest inhaltlich dem Verwendungswunsch entspricht, den er für den Fall seines Ausscheidens aus dem SEK geäußert hat.
b) Der Klageantrag zu 2) ist mangels Rechtsschutzbedürfnisses unzulässig. Für eine abstrakte Feststellung der Rechtswidrigkeit der Höchstaltersgrenze für eine Verwendung im SEK besteht neben der konkreten Fortsetzungsfeststellungsklage, in deren Rahmen diese Frage abgehandelt worden ist, kein gesondertes Feststellungsinteresse.
c) Die Klage auf Rückumsetzung (Antrag zu 3) ist als allgemeine Leistungsklage zulässig. Da die Umsetzung erst erfolgt ist, während dieses Verfahren bereits vor dem Oberverwaltungsgericht anhängig war, handelt es sich insoweit um eine Klageerweiterung, die allerdings sachdienlich ist und der der Beklagte zugestimmt hat (vgl. § 91 Abs. 1 VwGO). Die Klage ist aber auch insoweit unbegründet. Der geltend gemachte Anspruch auf Rückumsetzung besteht nicht. Ein Anspruch auf Rückgängigmachung der Umsetzung eines Beamten in vollem Umfang (Rückumsetzung) setzt voraus, dass die Umsetzung rechtswidrig war und der entsprechende Mangel gerade die Entbindung des Beamten von seinem bisherigen Dienstposten (so genannte Wegsetzung) betrifft (vgl. BVerwG, Urteile vom 26. November 1987 – 2 C 53.86 –, juris Rn. 37, und vom 13. November 1986, a.a.O. Rn. 13 f., sowie OVG Saarland, Beschlüsse vom 2. Juni 2004 – 1 W 13/04 –, juris Rn. 5, und vom 23. Dezember 1993 – 1 W 104/93 -, juris Rn. 8). Hier liegen diese Voraussetzungen nicht vor, da die Umsetzung, wie oben im Einzelnen dargelegt, rechtmäßig war.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO, die Entscheidung zur vor-läufigen Vollstreckbarkeit aus § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision ist nicht zuzulassen, da keiner der Gründe der § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG vorliegt.
Rechtsmittelbelehrung
Die Nichtzulassung der Revision kann durch Beschwerde angefochten werden.
Die Beschwerde ist bei dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg, Hardenbergstraße 31, 10623 Berlin, innerhalb eines Monats nach Zustellung dieser Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form mit einer qualifizierten elektronischen Signatur im Sinne des Signaturgesetzes versehen auf dem unter www.berlin.de/erv veröffentlichten Kommunikationsweg einzulegen. Die Beschwerde muss die angefochtene Entscheidung bezeichnen.
Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung dieser Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist bei dem oben genannten Gericht schriftlich oder in der bezeichneten elektronischen Form einzureichen.
Im Beschwerdeverfahren müssen sich die Beteiligten durch Prozessbevollmächtigte vertreten lassen. Dies gilt auch für die Einlegung der Beschwerde und für die Begründung. Als Bevollmächtigte sind Rechtsanwälte oder Rechtslehrer an staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschulen eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz mit Befähigung zum Richteramt zugelassen. In Angelegenheiten, die ein gegenwärtiges oder früheres Beamten-, Richter-, Wehrpflicht-, Wehrdienst- oder Zivildienstverhältnis betreffen, und in Angelegenheiten, die in einem Zusammenhang mit einem gegenwärtigen oder früheren Arbeitsverhältnis von Arbeitnehmern im Sinne des § 5 des Arbeitsgerichtsgesetzes stehen einschließlich Prüfungsangelegenheiten, sind auch die in § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 5 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) bezeichneten Organisationen einschließlich der von ihnen gebildeten juristischen Personen gemäß § 67 Absatz 2 Satz 2 Nr. 7 VwGO als Bevollmächtigte zugelassen; sie müssen durch Personen
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mit der Befähigung zum Richteramt handeln. Ein als Bevollmächtigter zugelassener Beteiligter kann sich selbst vertreten. Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse können sich durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt vertreten lassen; das Beschäftigungsverhältnis kann auch zu einer anderen Behörde, juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem der genannten Zusammenschlüsse bestehen. Richter dürfen nicht vor dem Gericht auftreten, dem sie angehören.
Dr. Blumenberg
Schrimpf
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