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LAG Ber­lin-Bran­den­burg, Ur­teil vom 10.02.2012, 6 Sa 1845/11

   
Schlagworte: Kündigung: Fristlos, Diebstahl, Verdachtskündigung
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen: 6 Sa 1845/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 10.02.2012
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Berlin, Urteil vom 20.05.2011, 5 Ca 659/11
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt

Ber­lin-Bran­den­burg

 

Verkündet

am 10.02.2012

Geschäfts­zei­chen (bit­te im­mer an­ge­ben)

6 Sa 1845/11

5 Ca 659/11
Ar­beits­ge­richt Ber­lin

S., RHS
als Ur­kunds­be­am­tin
der Geschäfts­stel­le


Im Na­men des Vol­kes

 

Ur­teil

In dem Rechts­streit

pp

- Kläger und Be­ru­fungskläger -

- Be­klag­te und Be­ru­fungs­be­klag­te -

hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt Ber­lin-Bran­den­burg, Kam­mer 6,
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 16. De­zem­ber 2011
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt C. als Vor­sit­zen­den
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter K. und S.

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung des Klägers ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Ber­lin vom 20.05.2011 – 5 Ca 659/11 – wird auf sei­ne Kos­ten zurück­ge­wie­sen.
2. Die Re­vi­si­on wird nicht zu­ge­las­sen.

 

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Tat­be­stand

Der am …..1953 ge­bo­re­ne Kläger trat am 01.02.1990 in die Diens­te der Rechts­vorgänge­rin der Be­klag­ten. Ab 04.07.1994 über­nahm er die Lei­tung ei­ner Fi­lia­le mit über 50 Mit­ar­bei­tern. Sein Ge­halt be­lief sich zu­letzt auf mo­nat­lich rd. 3.800 € brut­to.

Am 04.12.2010 ge­gen 13:25 Uhr wur­de der Kläger in der Tief­ga­ra­ge der Fi­lia­le et­wa 15 Me­ter von sei­nem dort ge­park­ten Pkw ent­fernt an­ge­trof­fen. Er hat­te sei­ne Ja­cke an, trug sei­ne Ak­ten­ta­sche und führ­te in ei­ner Plas­tiktüte un­be­zahl­te Wa­re im Wert von 12,02 € mit sich. Der Kläger erklärte, dass er die Wa­re noch ha­be be­zah­len wol­len. In ei­nem dar­auf­hin am 06.12.2010 im Bei­sein des Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den geführ­ten Per­so­nal­gespräch räum­te der Kläger ein, am 02.12.2010 ei­nen Beu­tel Streu­splitt aus dem Fi­li­al­be­stand für pri­va­te Zwe­cke ent­nom­men zu ha­ben. Er gab an, sei­nen Pkw am 04.12.2010 nicht in der Tief­ga­ra­ge, son­dern ne­ben der Fi­lia­le ge­parkt zu ha­ben.

Mit Schrei­ben vom 10.12.2010 hörte die Be­klag­te den Be­triebs­rat zur be­ab­sich­tig­ten frist­lo­sen und vor­sorg­lich frist­gemäßen Tat- und Ver­dachtskündi­gung des Ar­beits­ver-hält­nis­ses zum Kläger an, wo­zu der Be­triebs­rat am 13.12.2010 sei­ne Zu­stim­mung erklärte (Abl. Bl. 66 – 69 GA). In dem dar­auf­hin dem Kläger per Bo­ten über­brach­ten Schrei­ben von die­sem Tag (Abl. Bl. 4 GA) führ­te die Be­klag­te aus da­von aus­zu­ge­hen, dass zwi­schen ihm und ih­rem Per­so­nal­lei­ter in ei­nem Te­le­fo­nat vom 07.12.2010 ei­ne ein­ver­nehm­li­che Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum Jah­res­en­de ver­ein­bart wor­den sei. Vor­sorg­lich kündig­te sie ihm frist­los, er­satz­wei­se frist­gemäß zum 31.07.2011 we­gen Dieb­stahls bzw. ei­nes ent­spre­chen­den Ver­dachts.

Durch Schrei­ben sei­ner späte­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten vom 16.12.2010 (Abl. Bl. 5 und 6 GA) wies der Kläger die Kündi­gung un­ter Hin­weis dar­auf zurück, dem Kündi­gungs­schrei­ben ha­be ei­ne Voll­macht für ei­ne an­de­re Kon­zern­ge­sell­schaft bei­ge­le­gen. Zu­gleich stell­te er ei­ne Ver­ein­ba­rung über die Be­en­di­gung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses zum 31.12.2010 in Ab­re­de. Dar­auf­hin wie­der­hol­te die Be­klag­te ih­re Kündi­gung mit Schrei­ben vom 17.12.2010 (Abl. Bl. 8 GA).

Das Ar­beits­ge­richt Ber­lin hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, ei­ne Zurück­wei­sung der Kündi­gung sei aus­ge­schlos­sen ge­we­sen, weil ei­ner der bei­den Un­ter­zeich­ner des Kündi­gungs­schrei­bens un­strei­tig Per­so­nal­lei­ter der Be­klag­ten sei und mit die­ser Funk­ti­on re­gelmäßig ei­ne Be­vollmäch­ti­gung zum Aus­spruch von Kündi­gun­gen ver­bun­den sei. Dass da­ne­ben noch ein Geschäftsführer der Be­klag­ten un­ter­zeich­net ha­be, sei un­er­heb­lich, weil es des­sen Un­ter­schrift nicht be­durft ha­be.

 

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Die frist­lo­se Kündi­gung vom 13.12.2010 sei be­gründet. Der Kläger ha­be am 04.12.2010 Wa­ren im Wert von 12,02 € in rechts­wid­ri­ger Zu­eig­nungs­ab­sicht ent­wen­det. Sei­ne An­ga­be, er ha­be die­se Wa­ren noch be­zah­len wol­len, stel­le ei­ne rei­ne Schutz­be­haup­tung dar. Be­reits durch die Mit­nah­me des Streu­guts am 02.12.2010 ha­be der Kläger ei­nen Dieb­stahl zu ih­ren Las­ten der Be­klag­ten be­gan­gen. Auf­grund der Schwe­re die­ser bei­den Ver­trags­ver­let­zun­gen ha­be es kei­ner vor­he­ri­gen Ab­mah­nung be­durft. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung der mehr als 20jähri­gen Be­triebs­zu­gehörig­keit und des Al­ters des Klägers überwögen die In­ter­es­sen der Be­klag­ten an ei­ner Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses auf­grund der Schwe­re der Pflicht­ver­let­zung und auf­grund des Um­stands, dass es sich nicht um ei­nen ein­ma­li­gen Dieb­stahl han­de­le.

Da das Ar­beits­verhält­nis durch die frist­lo­se Kündi­gung vom 13.12. zum 15.12.2010 be­en­det wor­den sei, könne die Be­en­di­gung durch die wei­te­re Kündi­gung vom 17.12.2010 oder durch ei­nen Auf­he­bungs­ver­trag da­hin­ge­stellt blei­ben.

Ge­gen die­ses ihm am 08.08.2011 zu­ge­stell­te Ur­teil rich­tet sich die am 07.09.2011 ein­ge­leg­te und am 27.10.2011 nach ent­spre­chen­der Verlänge­rung der Be­gründungs­frist be­gründe­te Be­ru­fung des Klägers. Er hält die Kündi­gung vom 13.12.2010 wei­ter­hin auf­grund der er­folg­ten Zurück­wei­sung für un­wirk­sam. Er ha­be zwar ge­wusst, wer Per­so­nal­lei­ter der Be­klag­ten sei, bei Emp­fang des Kündi­gungs­schrei­bens je­doch nicht ge­wusst, dass die­ses vom Per­so­nal­lei­ter un­ter­zeich­net ge­we­sen sei, da man­gels An­ga­be von Vor­na­men und Funk­tio­nen ei­ne Iden­ti­fi­zie­rung der Un­ter­zeich­ner aus der Ur­kun­de her­aus nicht möglich ge­we­sen sei. Zu­dem ha­be die Be­klag­te durch die Beifügung der Voll­machts­ur­kun­de für ein an­de­res Un­ter­neh­men selbst zur Un­klar­heit hin­sicht­lich der tatsächli­chen Be­vollmäch­ti­gung der Un­ter­zeich­ner bei­ge­tra­gen. Sch­ließlich könne ein Mit­ar­bei­ter ei­nes an­de­ren Un­ter­neh­mens oh­ne­hin nicht wirk­sam zum Aus­spruch von Kündi­gun­gen im Na­men der Be­klag­ten be­vollmäch­tigt wer­den.

Die Vor­aus­set­zun­gen für ei­ne frist­lo­se Kündi­gung sei­en nicht erfüllt. Die An­nah­me ei­ner Zu­eig­nungs­ab­sicht sei durch nichts be­legt. Am 04.12.2010 hätten tie­fe Tem­pe­ra­tu­ren ge­herrscht, so dass es verständ­lich sei, dass er sei­ne Ja­cke an­ge­habt ha­be. Auch ha­be die Be­klag­te in der Tief­ga­ra­ge ih­ren Ge­wahr­sam noch nicht vollständig ver­lo­ren ge­habt. Ihm sei nicht be­wusst ge­we­sen, dass sich sein Fahr­zeug an die­sem Tag eher zufällig dort be­fun­den ha­be. Wenn er als Fi­li­al­lei­ter tatsächlich be­ab­sich­tigt hätte, Diebstähle zu be­ge­hen, hätte er dies auf­grund sei­ner Schlüssel­ge­walt vor oder nach Sch­ließung der Fi­lia­le tun können. Kei­nes­falls ha­be er heim­lich ge­han­delt. Das Streu­gut sei von ihm ver­wen­det wor­den, um sein pünkt­li­ches Er­schei­nen am Ar­beits­platz si­cher­zu­stel­len, was nicht rechts­wid­rig sein könne.

 

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Das Ar­beits­ge­richt ha­be bei der In­ter­es­sen­abwägung un­berück­sich­tigt ge­las­sen, dass er die Fi­lia­le seit vie­len Jah­ren er­folg­reich ge­lei­tet und die Ziel­vor­ga­ben für den Wa­ren­ver­lust re­gelmäßig weit un­ter­bo­ten ha­be.

Die Kündi­gung vom 17.12.2010 sei be­reits man­gels er­neu­ter Anhörung des Be­triebs­rats un­wirk­sam.

Der Kläger be­an­tragt,

un­ter Ände­rung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils fest­zu­stel­len, dass

1. sein Ar­beits­verhält­nis zur Be­klag­ten we­der durch de­ren Kündi­gung vom 13. noch durch de­ren Kündi­gung vom 17.12.2010 auf­gelöst wor­den sei,

2. sein Ar­beits­verhält­nis auch nicht ein­ver­nehm­lich zum 31.12.2010 be­en­det wor­den sei.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Sie tritt den An­grif­fen der Be­ru­fung ent­ge­gen und ver­weist zur Kennt­nis des Klägers von der Stel­lung ih­res Per­so­nal­lei­ters dar­auf, dass der Kläger ge­ra­de mit die­sem am 07.12.2010 über ei­ne ein­verständ­li­che Auflösung sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses ver­han­delt ha­be.

We­gen der wei­te­ren Ein­zel­hei­ten des Par­tei­vor­brin­gens wird auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und die in der Be­ru­fungs­in­stanz ge­wech­sel­ten Schriftsätze Be­zug ge­nom­men.

Im Ver­hand­lungs­ter­min vom 16.12.2011 hat der Kläger be­haup­tet, ei­nen kaufmänni­schen Mit­ar­bei­ter am 02.12.2010 dar­auf hin­ge­wie­sen zu ha­ben, ei­nen Beu­tel mit Streu­splitt zum Pri­vat­ge­brauch mit­zu­neh­men. Er sei sich zu 90 % si­cher, dar­auf auch bei sei­ner Anhörung hin­ge­wie­sen zu ha­ben. Dies hat die Be­klag­te in ei­nem nach­ge­las­se­nen Schrift­satz vom 04.01.2012 un­ter Hin­weis auf ei­ne ent­spre­chen­de Be­fra­gung die­ses Mit­ar­bei­ters in Ab­re­de ge­stellt und be­haup­tet, dass der Kläger bei sei­ner Anhörung le­dig­lich vor­ge­bracht ha­be, die­ser Mit­ar­bei­ter könne die Mit­nah­me ge­se­hen ha­ben.

Über das Vermögen des Klägers ist durch Be­schluss des Amts­ge­richts Pots­dam vom 02.12.2011 – 35 IK 1309/11 – das Pri­vat­in­sol­venz­ver­fah­ren eröff­net wor­den. Nach An­ga­be des Klägers hat die In­sol­venz­ver­wal­te­rin den Streit über den Be­stand sei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses frei­ge­ge­ben.

 

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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e

1. Die Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens über das Vermögen des Klägers stand der Ent­schei­dung über sei­ne Be­ru­fung nicht ent­ge­gen. Der Rechts­streit ist nicht gemäß §§ 240 Satz 1, 525 ZPO, § 64 Abs. 6 Satz 1 ArbGG un­ter­bro­chen wor­den, weil die­ser als rei­ner Be­stands­streit al­lein ein höchst­persönli­ches Recht des Klägers be­traf (vgl. BAG, Ur­teil vom 05.11.2009 – 2 AZR 609/08 – AP BGB § 626 Nr. 224 R 10). Auf ei­ne Frei­ga­be durch die In­sol­venz­ver­wal­te­rin kam es des­halb schon nicht an.

2. Die in­ner­halb der verlänger­ten Be­gründungs­frist ord­nungs­gemäß be­gründe­te Be­ru­fung des Klägers ist in der Sa­che un­be­gründet.

2.1 Das Ar­beits­verhält­nis des Klägers ist durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 13.12.2010 zu dem dar­in ge­nann­ten und vom Kläger als sol­chem nicht be­an­stan­de­ten End­ter­min am 15.12.2010 auf­gelöst wor­den.

2.1.1 Die Kündi­gung war nicht gemäß § 174 Satz 1 BGB un­wirk­sam. Zwar war dem Kündi­gungs­schrei­ben kei­ne auf die Be­klag­te lau­ten­de Voll­macht bei­gefügt, und ist die Kündi­gung vom späte­ren Pro­zess­be­vollmäch­tig­ten des Klägers drei Ta­ge später und da­mit un­verzüglich i. S. d. § 121 Abs. 1 Satz 1 BGB zurück­ge­wie­sen wor­den. Die­se Zurück­wei­sung war je­doch gemäß § 174 Satz 2 BGB aus­ge­schlos­sen, weil die Be­klag­te den Kläger von der Be­vollmäch­ti­gung ih­res mit un­ter­zeich­nen­den Per­so­nal­lei­ters in Kennt­nis ge­setzt hat­te.

2.1.1.1 Dem Kläger war auf­grund sei­ner Stel­lung als Fi­li­al­lei­ter be­kannt, dass ei­ner der bei­den Un­ter­zeich­ner im Un­ter­neh­men der Be­klag­ten die Stel­lung des Per­so­nal­lei­ters be­klei­de­te und dass die­ser des­halb auch sei­ner Auf­ga­be gemäß zum Aus­spruch von Kündi­gun­gen be­vollmäch­tigt war. Dass die­ser sei­ner­seits nicht in ei­nem Ar­beits­verhält­nis zur Be­klag­ten stand, war für sei­ne Be­vollmäch­ti­gung un­er­heb­lich. Die Kennt­nis des Klägers wur­de auch nicht da­durch be­sei­tigt, dass dem Kündi­gungs­schrei­ben ei­ne Voll­machts­ur­kun­de für ein an­de­res Kon­zern­un­ter­neh­men bei­gefügt war. Eben­so verhält es sich hin­sicht­lich des Um­stands, dass ein nicht al­lein­ver­tre­tungs­be­rech­tig­ter Geschäftsführer der Be­klag­ten mit un­ter­zeich­net hat­te. Es ist im Geschäfts­le­ben nicht unüblich, dass selbst dann zwei Per­so­nen die Geschäfts­post un­ter­schrei­ben, wenn ei­ne Per­son al­lein ver­tre­tungs­be­fugt ist, um et­wa dem Schrei­ben mehr Nach­druck zu ver­lei­hen (BAG, Ur­teil vom 09.07.1998 – 2 AZR 142/98 – BA­GE 89, 220 = AP Be­trVG 1972 § 103 Nr. 36 zu II 1 b der Gründe).

2.1.1.2 Es war schließlich unschädlich, dass der Schrift­zug über der ma­schi­nen­schrift­li­chen Na­mens­an­ga­be des Per­so­nal­lei­ters un­le­ser­lich war. Sinn und Zweck des § 174 BGB ist die In­for­ma­ti­on des Erklärungs­empfängers über die Be­vollmäch­ti­gung ei­ner Per­son, ein

 

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Rechts­geschäft vor­zu­neh­men. Da­ge­gen zielt die Re­ge­lung nicht auf die Zu­ord­nung ei­ner Wil­lens­erklärung zu ei­ner be­stimm­ten Per­son. Sie soll den Erklärungs­empfänger nicht auch vor ei­ner Un­klar­heit über die Per­son des Erklären­den durch ei­ne un­le­ser­li­che Un­ter­schrift schützen (BAG, Ur­teil vom 20.09.2006 – 6 AZR 82/06 – BA­GE 119, 311 = AP BGB § 174 Nr. 19 zu II 2 d der Gründe). Das Pro­blem man­geln­der Er­kenn­bar­keit, ob tatsächlich der Be­vollmäch­tig­te Ur­he­ber der Erklärung ist, er­gibt sich in glei­cher Wei­se, wenn un­ter Vor­la­ge ei­ner Voll­machts­ur­kun­de gekündigt wird (LG Hal­le (Saa­le), Ur­teil vom 16.12.2008 – 2 S 178/08 – NZV 2009, 297 zu II der Gründe). Wenn da­ge­gen wie in dem vom Kläger her­an­ge­zo­ge­nen Fall des Ar­beits­ge­richts Ber­lin (Ur­teil vom 09.09.2009 – 17 Ca 6635/09 – AE 10, 28 zu II 1 c cc der Gründe) zwar der Na­me des Per­so­nal­lei­ters an­ge­ge­ben, die Un­ter­schrift aber von ei­nem Per­so­nal­re­fe­ren­ten ge­leis­tet wor­den ist, fehlt es be­reits an ei­ner Erklärung ei­ner dem Empfänger ge­genüber be­vollmäch­tig­ten Per­son.

2.1.2 Die Kündi­gung vom 13.12.2010 ist nicht gemäß § 102 Abs. 1 Satz 3 Be­trVG un­wirk­sam. Viel­mehr hat die Be­klag­te ih­ren Be­triebs­rat durch das Schrei­ben vom 10.12.2010 den An­for­de­run­gen des § 102 Abs. 1 Satz 1 und 2 BGB ent­spre­chend an­gehört und die Kündi­gung erst nach des­sen Zu­stim­mung aus­ge­spro­chen.

2.1.3 Die Vor­aus­set­zun­gen des § 626 Abs. 1 BGB für ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung wa­ren erfüllt. Da­nach kann das Dienst­verhält­nis von je­dem Ver­trags­teil aus wich­ti­gen Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist gekündigt wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­ren dem Kündi­gen­den un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­falls und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Dienst­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann.

2.1.3.1 Es konn­te da­hin­ste­hen, ob der Kläger tatsächlich in zwei Fällen schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zun­gen in Form so­gar straf­recht­lich re­le­van­ter Zu­eig­nung von Wa­re bzw. Aus­stat­tung der Be­klag­ten be­gan­gen hat. Je­den­falls be­stand ein da­hin­ge­hen­der drin­gen­der Ver­dacht.

2.1.3.1.1 Nach ständi­ger Rechts­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts kann nicht nur ei­ne er­wie­se­ne Ver­trags­ver­let­zung, son­dern auch schon der drin­gen­de Ver­dacht ei­ner straf­ba­ren Hand­lung oder ei­ner sons­ti­gen schwer­wie­gen­den Ver­feh­lung ei­nen wich­ti­gen Grund zur außer­or­dent­li­chen Kündi­gung dar­stel­len. Da­zu ist er­for­der­lich, dass sich star­ke Ver­dachts­mo­men­te auf ob­jek­ti­ve Tat­sa­chen gründen und ge­eig­net sind, das für die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses er­for­der­li­che Ver­trau­en zu zerstören, und der Ar­beit­ge­ber al­le zu­mut­ba­ren An­stren­gun­gen zur Aufklärung des Sach­ver­halts un­ter­nom­men, ins­be­son­de­re dem Ar­beit­neh­mer Ge­le­gen­heit zur Stel­lung­nah­me ge­ge­ben hat (BAG, Ur­teil

 

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vom 13.03.2008 – 2 AZR 961/06 – AP BGB § 626 Ver­dacht straf­ba­rer Hand­lung Nr. 43 R 14).

2.1.3.1.2 Die voll­ende­te oder auch nur ver­such­te Zu­eig­nung von Sa­chen, die im Ei­gen­tum des Ar­beit­ge­bers ste­hen, stel­len ei­ne schwe­re Ver­let­zung der Pflicht zur Rück­sicht­nah­me gemäß § 241 Abs. 2 BGB dar. Dies gilt auch dann, wenn die­se Sa­chen nur von ver­gleichs­wei­se ge­rin­gem Wert sind (BAG, Ur­teil vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – BA­GE 134, 349 = AP BGB § 626 Nr. 229 R 26 ff.).

2.1.3.1.2.1 So­weit der Kläger am 02.12.2010 ei­nen Beu­tel Streu­sand mit­ge­nom­men hat, wa­ren in tatsäch­li­cher Hin­sicht die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes Dieb­stahls gemäß § 242 Abs. 1 StGB zwei­fels­oh­ne erfüllt. Sei­ne Ein­las­sung, er ha­be sich da­zu für be­fugt ge­hal­ten, um si­cher­zu­stel­len, als Fi­li­al­lei­ter pünkt­lich zur Ar­beit zu er­schei­nen, könn­te al­len­falls un­ter dem As­pekt ei­nes Vor­satz aus­sch­ließen­den Irr­tums über die Rechts­wid­rig­keit der Zu­eig­nung be­deut­sam sein. Dies war in­des­sen nicht der Fall.

Zunächst er­schien es we­nig glaub­haft, dass der Kläger sich zur Erfüllung sei­ner pri­va­ten Streu­pflicht mein­te aus dem Vor­rat der Fi­lia­le be­die­nen zu dürfen. Dafür hätte mögli­cher­wei­se ge­spro­chen, wenn er tatsächlich ei­nen Mit­ar­bei­ter da­von in­for­miert hätte. Da­von konn­te in­des­sen nicht aus­ge­gan­gen wer­den. Das ent­spre­chen­de Vor­brin­gen des Klägers war nämlich gemäß § 67 Abs. 4 Satz 2 ArbGG zurück­zu­wei­sen, weil der Kläger sich ent­ge­gen Satz 2 die­ser Vor­schrift da­mit nicht in sei­ner Be­ru­fungs­be­gründung, son­dern erst im Ter­min zur münd­li­chen Ver­hand­lung über die Be­ru­fung ver­tei­digt hat, oh­ne die­se Ver­spätung ent­schul­di­gen zu können. Da die Be­klag­te sei­ne Ein­las­sung im ihr nach­ge­las­se­nen Schrift­satz un­ter Hin­weis auf ei­ne ge­gen­tei­li­ge Be­kun­dung des vom Kläger be­nann­ten Mit­ar­bei­ters be­strit­ten hat, wäre die Er­le­di­gung des Rechts­streits durch ei­ne da­mit er­for­der­lich ge­wor­de­ne Be­weis­auf­nah­me verzögert wor­den.

Auch hat der Kläger zwei Ar­beits­ta­ge ver­strei­chen las­sen, oh­ne sich um ei­nen Er­satz für den Streu­sand oder ei­ne Er­mitt­lung des Ein­kaufs­prei­ses und des­sen Er­stat­tung zu bemühen.
Un­ter die­sen Umständen be­stand bis zu­letzt ein drin­gen­der Ver­dacht, dass der Kläger dies von vorn­her­ein nicht vor­ge­habt hat­te.

2.1.3.1.2.2 Ein drin­gen­der Dieb­stahls­ver­dacht be­stand auch, so­weit der Kläger am 04.12.2010 ge­gen 13:25 Uhr in der Tief­ga­ra­ge mit ei­ner Tüte un­be­zahl­ter Wa­re an­ge­trof­fen wor­den ist. Sei­ne Ein­las­sung, er ha­be die­se Wa­re noch be­zah­len wol­len, stell­te mit ho­her Wahr­schein­lich­keit ei­ne bloße Schutz­be­haup­tung dar. Denn der Kläger trug zu die­ser Zeit sei­ne Ja­cke, führ­te ei­ne Ak­ten­ta­sche mit sich und be­fand sich le­dig­lich noch 15 Me­ter von sei­nem an die­sem Tag in der Tief­ga­ra­ge ge­park­ten Fahr­zeug ent­fernt.

 

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Ver­dacht verstärkend kam hin­zu, dass der Kläger sich bei sei­ner Anhörung zwei Ta­ge später zunächst da­mit hat her­aus­re­den wol­len, sein Fahr­zeug ne­ben der Fi­lia­le ge­parkt zu ha­ben. Da­mit konn­te ihm auch kein Glau­ben mehr ge­schenkt wer­den, am 04.12.2010 sei ihm nicht be­wusst ge­we­sen, sein Fahr­zeug tatsächlich in der Tief­ga­ra­ge ge­parkt zu ha­ben.

Der An­nah­me ei­nes drin­gen­den Ver­dachts stand nicht ent­ge­gen, dass der Kläger es sich als Fi­li­al­lei­ter mögli­cher­wei­se hätte leich­ter ma­chen können, wenn er im Ei­gen­tum der Be­klag­ten ste­hen­de Sa­chen bei­sei­te schaf­fen woll­te. Dass er dies nicht tat, mag Aus­druck ei­ner ge­wis­sen Sorg­lo­sig­keit ge­we­sen sein, dass sein Ver­hal­ten oh­ne­hin nie­man­dem als ver­trags­wid­rig auf­fal­len würde.

2.1.3.2 Der drin­gen­de Ver­dacht zwei­er schwe­rer Pflicht­ver­let­zun­gen konn­te zur Be­gründung der Kündi­gung an­geführt wer­den, weil die Be­klag­te den Kläger hier­zu vor­her an­gehört und auch den Be­triebs­rat ent­spre­chend un­ter­rich­tet hat.

2.1.3.3 Die Be­klag­te brauch­te sich nicht dar­auf ver­wei­sen zu las­sen, auf das Ver­hal­ten des Klägers, aus dem sich zu­min­dest ein drin­gen­der Ver­dacht schwe­rer Pflicht­ver­let­zun­gen her­lei­te­te, mit ei­ner Ab­mah­nung zu re­agie­ren.

2.1.3.3.1 Ei­ner Ab­mah­nung be­darf es gemäß §§ 314 Abs. 2 Satz 2, 323 Abs. 2 Nr. 3 BGB un­ter an­de­rem dann nicht, wenn es sich um ei­ne so schwe­re Pflicht­ver­let­zung han­delt, dass ei­ne Hin­nah­me durch den Ar­beit­ge­ber of­fen­sicht­lich – auch für den Ar­beit­neh­mer er­kenn­bar – aus­ge­schlos­sen ist (BAG, Ur­teil vom 10.06.2010 – 2 AZR 541/09 – BA­GE 134, 349 = AP BGB § 626 Nr. 229 R 37). Dies war hier der Fall.

2.1.3.3.2 Zwar hat der Kläger über ei­nen Zeit­raum von fast 21 Jah­ren, da­von die meis­ten als Lei­ter ei­ner größeren Fi­lia­le, großes Ver­trau­en in sei­ne Be­reit­schaft zu pflicht­gemäßen Ver­hal­ten auf­ge­baut. Die­ses hat er je­doch un­wie­der­bring­lich zerstört, in­dem er kurz hin­ter­ein­an­der in zwei Fällen in dia­me­tra­lem Wi­der­spruch zu sei­ner Auf­ga­be als Fi­li­al­lei­ter Ver­hal­tens­wei­sen ge­zeigt hat, de­ren Hin­nah­me durch die Be­klag­te von ihm nicht er­war­tet wer­den durf­te. Es han­del­te es sich nicht um ge­le­gent­li­che Nachlässig­kei­ten, son­dern um Hand­lun­gen, die Aus­druck ei­ner ge­wis­sen Selbst­herr­lich­keit wa­ren, die sich mögli­cher­wei­se ge­ra­de aus sei­nen Er­fol­gen bei der Un­ter­bie­tung der Ziel­vor­ga­ben für den Wa­ren­ver­lust ent­wi­ckelt ha­ben mag.

2.1.3.4 Die ge­bo­te­ne In­ter­es­sen­abwägung muss­te auch im Übri­gen zu Las­ten des Klägers aus­fal­len. Es war der Be­klag­ten nicht zu­mut­bar, den Kläger noch we­nigs­tens bis zum Ab­lauf der sie­ben­mo­na­ti­gen Kündi­gungs­frist nach § 622 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 BGB als Lei­ter ei­ner Fi­lia­le wei­ter­zu­beschäfti­gen. Zwar tra­fen ihn die Fol­gen so­for­ti­ger Ar­beits­lo­sig­keit in ei­nem Al­ter von 57 Jah­ren zwei­fel­los hart. Auf der an­de­ren Sei­te war nicht er­sicht­lich, wie die

 

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Be­klag­te trotz des zerstörten Ver­trau­ens den Kläger noch über ei­nen der­art lan­gen Zeit­raum hätte sinn­voll beschäfti­gen können. Es ver­hielt sich auch nicht et­wa so, dass der Kläger sich hin­sicht­lich der Mit­nah­me des Streu­splitts spon­tan von sich aus of­fen­bart hat­te. Viel­mehr ist er bei sei­ner Anhörung we­gen ei­ner ent­spre­chen­den Be­ob­ach­tung dar­auf ge­zielt an­ge­spro­chen wor­den. Auch hat der Kläger hin­sicht­lich des Vor­falls vom 04.12.2010 zunächst zu leug­nen ver­sucht, sein Fahr­zeug an die­sem Tag in der Tief­ga­ra­ge ge­parkt zu ha­ben.

2.2 Hin­sicht­lich der wei­te­ren Kündi­gung vom 17.12.2010 und ei­ner von der Be­klag­ten vor­ge­brach­ten ein­ver­nehm­li­chen Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses zum 31.12.2010 ist mit Ab­wei­sung des ge­gen die zum 15.12.2010 aus­ge­spro­che­ne Kündi­gung vom 13.12.2010 das gemäß § 256 Abs. 1 ZPO er­for­der­li­che Rechts­schutz­in­ter­es­se ent­fal­len, so­fern nicht oh­ne­hin da­von aus­zu­ge­hen war, dass es sich bei den hier­ge­gen ge­rich­te­ten Anträgen um un­ech­te Hilfs­anträge han­del­te, de­ren Rechtshängig­keit durch die Ab­wei­sung des ers­ten Kündi­gungs­schutz­an­trags auflösend be­dingt war.

3. Der Kläger hat gemäß § 97 Abs. 1 ZPO die Kos­ten sei­ner er­folg­lo­sen Be­ru­fung zu tra­gen.
Die Vor­aus­set­zun­gen des § 72 Abs. 2 ArbGG für ei­ne Zu­las­sung der Re­vi­si­on wa­ren nicht erfüllt.

R e c h t s m i t t e l b e l e h r u n g

Ge­gen die­ses Ur­teil ist kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

 

C.

K.

St. S.

 

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