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Hes­si­sches LAG, Ur­teil vom 23.08.2006, 8 Sa 1744/05

   
Schlagworte: Altersteilzeit, Insolvenz des Arbeitgebers
   
Gericht: Hessisches Landesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 8 Sa 1744/05
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 23.08.2006
   
Leitsätze:

1. Die Arbeitsverhältnisse von Arbeitnehmern, die sich in der Freistellungsphase eines Altersteilzeitverhältnisses befinden, gehen gemäß § 613 a BGB auf einen Betriebserwerber über - dies gilt auch dann, wenn über den Betriebsveräußerer ein Insolvenzverfahren eröffnet ist.

2. Auch solche Ansprüche auf Altersteilzeitvergütung die auf Arbeitsleistungen vor Insolvenzeröffnung beruhen, sind von einem Erwerber, der einen Betrieb vom Insolvenzverwalter erwirbt, zu erfüllen, soweit sie nach dem Betriebsübergang fällig werden (Abweichung von BAG v. 19.10.04 9 AZR 645/03 ).

3. Gegenüber dem Insolvenzverwalter können solche Ansprüche nur als Insolvenzforderung geltend gemacht werden.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Frankfurt
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hes­sen
Urt. v. 23.08.2006, Az.: 8 Sa 1744/05

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Te­nor:

Auf die Be­ru­fung der Kläge­rin wird das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Frank­furt am Main vom 16.06.2005 - 4 Ca 69/05 - ab­geändert:

1. Es wird fest­ge­stellt, dass die Be­klag­te zu 1) ver­pflich­tet ist, über den 01.01.2005 hin­aus bis zum 31.07.2006 (En­de der Frei­stel­lungs­pha­se der Kläge­rin) ih­re Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen aus dem Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­trag vom 12.07.2000, verlängert durch Ver­ein­ba­rung vom 12.06./24.07.2001 und noch­mals verlängert durch Ver­ein­ba­rung vom 12.12.2002 in vol­ler Höhe zu erfüllen.

2. Die Be­klag­te zu 1) wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 3.740,25 EUR (in Wor­ten: Drei­tau­send­sie­ben­hun­dert­vier­zig und 25/100 Eu­ro) brut­to abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner 885,30 EUR (in Wor­ten: Acht­hun­dertfünf­und­acht­zig und 30/100 Eu­ro) net­to zu zah­len zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.01.2005.

3. Die Be­klag­te zu 1) wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 3.740,25 EUR (in Wor­ten: Drei­tau­send­sie­ben­hun­dert­vier­zig und 25/100 Eu­ro) brut­to abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner 885,30 EUR (in Wor­ten: Acht­hun­dertfünf­und­acht­zig und 30/100 Eu­ro) net­to zu zah­len zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 28.02.2005.

4. Die Be­klag­te zu 1) wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 3.740,25 EUR (in Wor­ten: Drei­tau­send­sie­ben­hun­dert­vier­zig und 25/100 Eu­ro) brut­to abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner 885,30 EUR (in Wor­ten: Acht­hun­dertfünf­und­acht­zig und 30/100 Eu­ro) net­to zu zah­len zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.03.2005.

5. Die Be­klag­te zu 1) wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 3.740,25 EUR (in Wor­ten: Drei­tau­send­sie­ben­hun­dert­vier­zig und 25/100 Eu­ro) brut­to abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner 885,30 EUR (in Wor­ten: Acht­hun­dertfünf­und­acht­zig und 30/100 Eu­ro) net­to zu zah­len zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 30.04.2005.

6. Die Be­klag­te zu 1) wird ver­ur­teilt, an die Kläge­rin 3.740,25 EUR (in Wor­ten: Drei­tau­send­sie­ben­hun­dert­vier­zig und 25/100 Eu­ro) brut­to abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner 885,30 EUR (in Wor­ten: Acht­hun­dertfünf­und­acht­zig und 30/100 Eu­ro) net­to zu zah­len zzgl. Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.05.2005.

7. Hin­sicht­lich der wei­ter­ge­hen­den Zins­for­de­rung wird die Kla­ge ge­gen die Be­klag­te zu 1) ab­ge­wie­sen.8. Die Kla­ge ge­gen den Be­klag­ten zu 2) wird ab­ge­wie­sen.

9. Erst­in­stanz­li­chen Kos­ten: Die Be­klag­te zu 1) hat 79 % der Ge­richts­kos­ten so­wie der außer­ge­richt­li­chen Kos­ten der Kläge­rin zu tra­gen. 21 % der Ge­richts­kos­ten so­wie die außer­ge­richt­li­chen Kos­ten des Be­klag­ten zu 2), hat die Kläge­rin zu tra­gen. Im übri­gen trägt je­de Par­tei ih­re außer­ge­richt­li­chen Kos­ten selbst.

10. Kos­ten der Be­ru­fung: Die Kläge­rin trägt 51 % und die Be­klag­te zu 1) 49 % der Ge­richts­kos­ten. Die Kläge­rin trägt die außer­ge­richt­li­chen Kos­ten des Be­klag­ten zu 2) und 51 % der ei­ge­nen außer­ge­richt­li­chen Kos­ten, die Be­klag­te zu 1) trägt die ei­ge­nen außer­ge­richt­li­chen Kos­ten und 49 % der­je­ni­gen der Kläge­rin.

11. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

Tat­be­stand:

Die Par­tei­en strei­ten darüber, ob die Be­klag­ten der Kläge­rin während der Frei­stel­lungs­pha­se der Al­ters­teil­zeit wei­ter­hin die Vergütung zu zah­len ha­ben.

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Die am ... Sep­tem­ber 1944 ge­bo­re­ne Kläge­rin trat 1985 in die Diens­te der A GmbH, der In­sol­venz­schuld­ne­rin. Mit die­ser schloss die Kläge­rin am 11. Ju­li 2000 ei­ne Al­ters­teil­zeit­ver­ein­ba­rung (An­la­ge K 6 zur Kla­ge­schrift) für die Zeit ab 01.08.2000. Die Par­tei­en ver­ein­bar­ten ein sog. Block­mo­dell. Da­nach be­trug die re­gelmäßige wöchent­li­che Ar­beits­zeit die Hälf­te der bis­he­ri­gen. Die Ar­beits­zeit war so zu ver­tei­len, dass sie in der ers­ten Hälf­te des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses ge­leis­tet wird und die Kläge­rin an­sch­ließend ent­spre­chend der er­wor­be­nen Zeit­gut­ha­ben von der Ar­beit oh­ne Ar­beits­ver­pflich­tung frei­ge­stellt wird (vgl. § 2 der Al­ters­teil­zeit­ver­ein­ba­rung, Bl. 74 d.A.). Die Kläge­rin soll­te für die Dau­er des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses das Ent­gelt für Al­ters­teil­zeit er­hal­ten, wo­bei sich Ent­geltände­run­gen auch während der Frei­stel­lungs­pha­se auf das Ar­beits­ent­gelt aus­wir­ken soll­ten. Wei­ter soll­te die Klägern Auf­sto­ckungs­zah­lun­gen er­hal­ten, wo­durch das Ar­beits­ent­gelt auf min­des­tens 85% des Net­to­ar­beits­ent­gelts oh­ne Ein­tritt in die Al­ters­teil­zeit auf­ge­stockt wer­den soll­te. Nach meh­re­ren Verlänge­run­gen wur­de das En­de des Al­ters­teil­zeit­verhält­nis­ses auf den 30.07.2006 fest­ge­legt. Bis zum 30.07.2003 ar­bei­te­te die Kläge­rin mit vol­ler Ar­beits­zeit und trat zum 01.08.2004 in die Frei­stel­lungs­pha­se. Am 31.07.2004 wur­de das In­sol­venz­ver­fah­ren über das Vermögen der A GmbH eröff­net und der Be­klag­te zu 2. zum In­sol­venz­ver­wal­ter be­stimmt. Die­ser zahl­te bis zum 31.12.2004 wei­ter­hin die mo­nat­li­che Al­ters­teil­zeit­vergütung von € 3.740,29 brut­to. Zum 01. Ja­nu­ar 2005 über­nahm die Be­klag­te zu 1. den Be­trieb der In­sol­venz­schuld­ne­rin. Die Be­klag­te zu 1. lehn­te es ab, der Kläge­rin Al­ters­teil­zeit­vergütung zu zah­len.

Die Kläge­rin hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, die Be­klag­te zu 1. sei ver­pflich­tet, ihr ab Ja­nu­ar 2005 bis zum En­de des Al­ters­teil­zeit­verhält­nis­ses Al­ters­teil­zeit­vergütung zu zah­len. Als Be­triebsüber­neh­me­rin sei die Be­klag­te zu 1. in die Ver­pflich­tun­gen aus dem Al­ters­teil­zeit­verhält­nis ein­ge­tre­ten und ha­be die­se zu erfüllen. So­weit das Bun­des­ar­beits­ge­richt dies an­ders ent­schie­den ha­be, ver­s­toße die­se Recht­spre­chung ge­gen die den §§ 613 a BGB zu­grun­de lie­gen­den EG-Richt­li­ni­en, zu­letzt Richt­li­nie 2001/23/EG des Ra­tes vom 12. März 2001 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glieds­staa­ten über die Wah­rung von Ansprüchen der Ar­beit­neh­mer beim Über­gang von Un­ter­neh­men, Be­trie­ben oder Un­ter­neh­mens- oder Be­triebs­tei­len ( Richt­li­nie 2001/23 ). Art. 5 Abs. 2 die­ser Richt­li­nie er­lau­be nur, vor dem Über­gang bzw. vor der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens fälli­ge Ver­bind­lich­kei­ten des Veräußerers vom Über­gang auf die­sen aus­zu­neh­men, wenn in ei­nem Mit­glieds­staat die Vor­schrif­ten über den Be­triebsüber­gang auch während ei­nes In­sol­venz­ver­fah­rens ge­gen den Veräußerer gel­ten. Die nach der Veräußerung an die Be­klag­te zu 1. fälli­gen Al­ters­teil­zeit­vergütun­gen könn­ten dem­nach nicht von der Wir­kung des § 613 a BGB aus­ge­nom­men wer­den.

Die Al­ters­teil­zeit­vergütung sei als Mas­se­for­de­rung an­zu­se­hen, die je­den­falls bis En­de De­zem­ber vom Be­klag­ten zu 2. erfüllt wur­den. Der Be­klag­te zu 2. haf­te als Ge­samt­schuld­ner ne­ben der Be­klag­ten zu 1. Von bei­den ver­langt sie Zah­lung der Al­ters­teil­zeit­vergütung für die Zeit von Ja­nu­ar 2005 bis Mai 2005 abzüglich Ar­beits­lo­sen­gel­des.

Die Kläge­rin hat be­an­tragt:

1. fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te zu 1. ver­pflich­tet ist, über den 01. Ja­nu­ar 2005 hin­aus bis zum 31. Ju­li 2006 (En­de der Frei­stel­lungs­pha­se der Kläge­rin) ih­re Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen aus dem Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­trag vom 12. Ju­li 2000, verlängert durch Ver­ein­ba­rung vom 12. Ju­ni/24. Ju­li 2001 und noch­mals verlängert durch Ver­ein­ba­rung vom 12. De­zem­ber 2002 in vol­ler Höhe zu erfüllen;

2. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.01.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

3. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 28.02.2005, abzüglich von der

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Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

4. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.03.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

5. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 30.04.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

6. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.05.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len.

Die Be­klag­ten ha­ben Kla­ge­ab­wei­sung be­an­tragt.

Die Be­klag­te hat die Auf­fas­sung ver­tre­ten, ih­re Haf­tung als Be­triebsüber­neh­me­rin sei nach in­sol­venz­recht­li­chen Grundsätzen ein­ge­schränkt. Die Ansprüche auf die Al­ters­teil­zeit­vergütung für die Frei­stel­lungs­pha­se sei in den Diens­ten der Kläge­rin für die In­sol­venz­schuld­ne­rin ent­stan­den. Es han­de­le sich da­bei um In­sol­venz­for­de­run­gen und kei­ne Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten.

Der Be­klag­te zu 2. ver­tritt eben­falls die­se Rechts­auf­fas­sung. Da es sich um kei­ne Mas­se­ver­bind­lich­kei­ten han­de­le, könne er nicht zur Zah­lung ver­ur­teilt wer­den. Die Zah­lung von Al­ters­teil­zeit­vergütung nach In­sol­ven­zeröff­nung sei letzt­lich rechts­grund­los er­folgt.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen mit Ur­teil vom 16. Ju­ni 2005, auf das Be­zug ge­nom­men wird.

Ge­gen die­ses Ur­teil rich­tet sich die Be­ru­fung der Kläge­rin. We­gen der für die Zulässig­keit der Be­ru­fung er­heb­li­chen Da­ten wird auf das Pro­to­koll der Sit­zung vom 28. Ju­ni 2006 (Bl. 296 d.A.) ver­wie­sen.

Die Kläge­rin wie­der­holt und ver­tieft ihr erst­in­stanz­li­ches Vor­brin­gen.

Nach Rück­nah­me zwi­schen­zeit­li­cher Kla­ge­er­wei­te­run­gen be­an­tragt die Kläge­rin:

1. Fest­zu­stel­len, dass die Be­klag­te zu 1. ver­pflich­tet ist, über den 01. Ja­nu­ar 2005 hin­aus bis zum 31. Ju­li 2006 (En­de der Frei­stel­lungs­pha­se der Kläge­rin) ih­re Zah­lungs­ver­pflich­tun­gen aus dem Al­ters­teil­zeit­ar­beits­ver­trag vom 12. Ju­li 2000, verlängert durch Ver­ein­ba­rung vom 12. Ju­ni/24. Ju­li 2001 und noch­mals verlängert durch Ver­ein­ba­rung vom 12. De­zem­ber 2002 in vol­ler Höhe zu erfüllen;

2. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.01.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

3. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 28.02.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

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4. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.03.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

5. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 30.04.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len;

6. die Be­klag­ten zu ver­ur­tei­len, an die Kläge­rin ge­samt­schuld­ne­risch € 3.740,25 brut­to zuzüglich Zin­sen in Höhe von 5 Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB aus die­sem Be­trag, be­gin­nend mit dem 31.05.2005, abzüglich von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit er­hal­te­ner € 885,30 net­to zu zah­len.

Die Be­klag­te ver­tei­digt das erst­in­stanz­li­che Ur­teil.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze ver­wie­sen.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Be­ru­fung ist teil­wei­se be­gründet. Die Kla­ge ge­gen die Be­klag­te zu 1. ist be­gründet, die Leis­tungs­kla­ge ge­gen den Be­klag­ten zu 2. ist un­zulässig.

I.

Die Be­klag­te zu 1. ist ver­pflich­tet, der Kläge­rin ab Ja­nu­ar 2005 bis zum En­de des Al­ters­teil­zeit­verhält­nis­ses die Al­ters­teil­zeit­vergütung gemäß dem Al­ters­teil­zeit­ver­trag vom 12. Ju­li 2000 zu leis­ten. Sie hat der Kläge­rin ab Ja­nu­ar 2005 bis ein­sch­ließlich Mai 2005 mo­nat­lich € 3.740,25 brut­to abzüglich der von der Bun­des­agen­tur für Ar­beit ge­zahl­ten € 885,30 net­to an die Kläge­rin zu zah­len.

1. Die Be­klag­te ist zur Erfüllung des zwi­schen der Kläge­rin und der In­sol­venz­schuld­ne­rin im Jahr 2000 ge­schlos­se­nen Al­ters­teil­zeit­ver­trags ver­pflich­tet gem. § 613 a Abs. 1 BGB . Da­nach tritt der Über­neh­mer ei­nes Be­trie­bes in die Rech­te und Pflich­ten aus den im Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­sen ein. Die Be­klag­te zu 1. hat den Be­trieb der In­sol­venz­schuld­ne­rin auf­grund Ver­tra­ges mit dem Be­klag­ten zu 2. zum 01.01.2005 über­nom­men. In die­sem Be­trieb war die Kläge­rin als Ar­beit­neh­me­rin beschäftigt ge­we­sen. Das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin en­de­te auch nicht mit Be­ginn des Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis­ses. Rechts­verhält­nis­se in Al­ters­teil­zeit sind Ar­beits­verhält­nis­se, für die die all­ge­mei­nen ar­beits­recht­li­chen Re­ge­lun­gen gel­ten, so­weit sich aus dem Recht der Al­ters­teil­zeit nichts an­de­res er­gibt (BAG vom 19.10.2004 - 9 AZR 947/03 - BA­GE 112, 214 - 222 = AP Nr. 5 zu § 55 In­sO mit Anm. Ha­nau; vom 27.04.2004 - 9 AZR 18/03 ). Mit der Über­nah­me des Be­trie­bes ist da­mit das Ar­beits­verhält­nis der Kläge­rin gem. § 613 a BGB mit al­len be­ste­hen­den ver­trag­li­chen Rech­ten und Pflich­ten auf die Be­klag­te zu 1. über­ge­gan­gen.

2. Dar­an ändert der Um­stand nichts, dass die Kläge­rin zum Zeit­punkt des Be­triebsüber­gangs sich be­reits in der Frei­stel­lungs­pha­se be­fand, sie im Be­trieb nicht mehr ar­bei­te­te, weil sie auf­grund des Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges von der Ar­beit frei­ge­stellt war. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat in sei­nem Ur­teil vom 09. Ok­to­ber 2004 - 9 AZR 645/03 - NZA 2005, S. 527 of­fen ge­las­sen, ob ein Al­ters­teil­zeit­ar­beits­verhält­nis auf den Be­triebsüber­neh­mer über­geht, wenn der Ar­beit­neh­mer sich zum Zeit­punkt des Be­triebsüber­gangs be­reits in der Frei­stel­lungs­pha­se be­fand (ab­leh­nend: Ha­nau, RdA 2003, S. 230, 231; Sieg/Wasch­mann, Un­ter­neh­mens­um­struk­tu­rie­rung aus ar­beits­recht­li­cher Sicht, 2005, Rn 111). Es be­steht al­ler­dings kein Grund, Ar­beits­verhält­nis­se, bei de­nen die Ar­beits­pflicht auf­grund ei­nes Al­ters­teil­zeit­ver­tra­ges ruht, von der An­wen­dung des § 613 a BGB aus­zu­neh­men. Die­se Vor­schrift be­zieht sich oh­ne Ein­schränkung auf die im Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­se. Es ist nicht Vor­aus­set­zung, dass bis zum Zeit­punkt

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des Über­gangs ei­ne Ar­beits­pflicht be­steht oder der Ar­beit­neh­mer ei­nen be­stimm­ten Ar­beits­platz im Be­trieb hat. Hin­sicht­lich der El­tern­zeit hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­nem Ur­teil vom 02.12.1999 (NZA 2000 S. 369 [BAG 02.12.1999 - 8 AZR 796/98] ) zu­tref­fend fest­ge­stellt, dass trotz Ru­hens der Ver­pflich­tun­gen aus dem Ar­beits­verhält­nis die­ses bei ei­nem Be­triebs­in­ha­ber­wech­sel über­geht. Für die sons­ti­gen Fälle, in de­nen die Ar­beits­ver­pflich­tung ruht, ist nicht um­strit­ten, dass § 613 a BGB an­zu­wen­den ist. So ge­hen auch die Ar­beits­verhält­nis­se über, bei de­nen die Ar­beits­ver­pflich­tung rückt sei es kurz­zei­tig wie bei Ur­laub, Beschäfti­gungs­ver­bo­ten we­gen Schwan­ger­schaft, Kurz­er­kran­kun­gen und sons­ti­gen Frei­stel­lun­gen oder lang­fris­tig bei lang an­dau­ern­den Er­kran­kun­gen, der Frei­stel­lung von Be­triebs­rats­mit­glie­dern, lang­fris­ti­gen Frei­stel­lun­gen, un­be­zahl­ter Ur­laub. Es ist auch kein sach­li­cher Grund er­kenn­bar, wie­so dies an­ders sein soll­te. Die Richt­li­nie 77/187/EWG vom 14. Fe­bru­ar 1977, auf der § 613 a BGB be­ruht, be­nennt ganz all­ge­mein als Zweck sei­ner Be­stim­mun­gen die Ar­beit­neh­mer bei ei­nem In­ha­ber­wech­sel zu schützen und ins­be­son­de­re die Wah­rung ih­rer Ansprüche zu gewähr­leis­ten. Im Hin­blick dar­auf er­gibt sich kein Un­ter­schied, ob die Ar­beits­ver­pflich­tun­gen des Ar­beit­neh­mers zum Zeit­punkt des Über­gangs kurz­fris­tig, lang­fris­tig oder auf Dau­er ruht. Das Al­ters­teil­zeit­verhält­nis der Kläge­rin und die Ver­pflich­tun­gen dar­aus sind so­mit gem. § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB zum 01. Ja­nu­ar 2005 auf die Be­klag­te über­ge­gan­gen.

3. Die Ansprüche auf die in der Al­ters­teil­zeit­ver­ein­ba­rung ge­re­gel­ten Leis­tun­gen schei­tert auch nicht an in­sol­venz­recht­li­chen Ein­schränkun­gen der Haf­tung, weil der Be­trieb in der In­sol­venz er­wor­ben wur­de.

a) Al­ler­dings hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in sei­ner Ent­schei­dung vom 19. Ok­to­ber 2004 (9 AZR 645/0 a.a.O.) ent­schie­den, dass sich aus den Ver­tei­lungs­grundsätzen des In­sol­venz­rechts ergäbe, dass die Ansprüche auf Al­ters­teil­zeit­vergütung während der Frei­stel­lungs­pha­se In­sol­venz­for­de­run­gen sei­en, so­weit sie auf Ar­beits­leis­tun­gen vor In­sol­ven­zeröff­nung be­ru­hen und die­se nicht auf den Be­triebs­er­wer­ber über­gin­gen.

b) Ei­ner der­ar­ti­gen Ein­schränkung der Haf­tung nach § 613 a Abs. 1 BGB steht je­doch Art. 5 Abs. 2 a der Richt­li­nie 2001/23/EG des Ra­tes vom 12. März 2001 ent­ge­gen.

Dort ist be­stimmt:

„Ar­ti­kel 5
1. So­fern die Mit­glied­staa­ten nichts an­de­res vor­se­hen, gel­ten Ar­ti­kel 3 und 4 nicht für Übergänge von Un­ter­neh­men, Be­trie­ben oder Be­triebs­tei­len, bei de­nen ge­gen den Veräußerer un­ter der Auf­sicht ei­ner zuständi­gen öffent­li­chen Stel­le (wor­un­ter auch ein von ei­ner zuständi­gen Behörde ermäch­tig­ter In­sol­venz­ver­wal­ter ver­stan­den wer­den kann) ein Kon­kurs­ver­fah­ren oder ein ent­spre­chen­des Ver­fah­ren mit dem Ziel der Auflösung des Vermögens des Veräußerers eröff­net wur­de.

2. Wenn die Ar­ti­kel 3 und 4 für ei­nen Über­gang während ei­nes In­sol­venz­ver­fah­ren ge­gen den Veräußerer (...) gel­ten und die­ses Ver­fah­ren un­ter der Auf­sicht ei­ner zuständi­gen öffent­li­chen Stel­le (... auch In­sol­venz­ver­wal­ter) steht, kann ein Mit­glied­staat vor­se­hen, dass:
a) un­ge­ach­tet des Ar­ti­kels 3 Abs. 1 die vor dem Über­gang bzw. vor der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens fälli­gen Ver­bind­lich­kei­ten des Veräußerers auf­grund von Ar­beits­verträgen oder Ar­beits­verhält­nis­sen nicht auf den Er­wer­ber über­ge­hen, so­fern die­ses Ver­fah­ren nach dem Recht des be­tref­fen­den Mit­glied­staa­tes ei­nen Schutz gewährt, der dem von der Richt­li­nie 80/987/EWG des Ra­tes vom 20.10.1980 zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über den Schutz der Ar­beit­neh­mer bei Zah­lungs­unfähig­keit des Ar­beit­ge­bers vor­ge­se­he­nen Schutz zu­min­dest gleich­wer­tig ist, und/oder
b) ...“

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Die Richt­li­nie be­stimmt so­mit in Ar­ti­kel 5 Abs. 1, dass die Vor­schrif­ten über die Wah­rung der Ansprüche und Rech­te der Ar­beit­neh­mer in Art. 3 Abs. 1 grundsätz­lich nicht für Be­triebsübergänge im In­sol­venz­ver­fah­ren gel­ten, so­fern die Mit­glied­staa­ten nichts an­de­res vor­se­hen. In Art. 3 Abs. 1 der Richt­li­nie ist ge­re­gelt, dass die Rech­te und Pflich­ten des Veräußerers aus ei­nem zum Zeit­punkt des Über­gangs be­ste­hen­den Ar­beits­ver­trag oder Ar­beits­verhält­nis auf­grund des Über­gangs auf den Er­wer­ber über­ge­hen. In der Bun­des­re­pu­blik Deutsch­land gilt die den Art. 3 und 4 ent­spre­chen­de Vor­schrift des § 613 a BGB auch beim Be­triebsüber­gang in der In­sol­venz (vgl. BAG, a.a.O., ständi­ge Recht­spre­chung seit BAG vom 17. Ja­nu­ar 1980 - 3 AZR 160/79 - AP Nr. 18 zu § 613 a BGB). Gemäß Art. 5 Abs. 2 der Richt­li­nie kann in die­sem Fall ein Mit­glieds­staat vor­se­hen, dass un­ge­ach­tet des Art. 3 Abs. 1 die vor der Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­rens fälli­gen Ver­bind­lich­kei­ten des Veräußerers nicht auf den Er­wer­ber über­ge­hen. Die Richt­li­nie ge­stat­tet mit­hin nur, vor Eröff­nung des In­sol­venz­ver­fah­ren oder des Be­triebsüber­gangs fälli­ge Ver­bind­lich­kei­ten vom Über­gang auf den Er­wer­ber aus­zu­neh­men. Die Aus­nah­men von den Art. 3 und 4 der Richt­li­nie, die den Mit­glied­staa­ten ge­stat­tet sind, zählt Art. 5 Abs. 2 a) und b) ein­zeln auf. Da­nach können Ver­bind­lich­kei­ten des Veräußerers die vor dem Über­gang ent­stan­den nicht vom Über­gang aus­ge­nom­men wer­den. Nur für früher fälli­ge Ansprüche ist dies ge­stat­tet. Die Richt­li­nie nennt aus­drück­lich nur fälli­ge Ver­bind­lich­kei­ten. Sie zählt die Aus­nah­men ein­zeln auf. Ansprüche auf Al­ters­teil­zeit­vergütung während der Frei­stel­lungs­pha­se wer­den - un­abhängig da­von, dass sie in der Ar­beits­pha­se ent­stan­den sein mögen - mo­nat­lich während der Frei­stel­lungs­pha­se fällig. So­weit sie nach dem Be­triebsüber­gang fällig wer­den, er­laubt Art. 5 Abs. 2 a) der Richt­li­nie nicht, sie vom Über­gang aus­zu­neh­men.

c) Das deut­sche In­sol­venz­recht ist richt­li­ni­en­kon­form da­hin aus­zu­le­gen, dass bei ei­nem Be­triebsüber­gang in der In­sol­venz nur bis da­hin fälli­ge, nicht aber al­le vor In­sol­ven­zeröff­nung ent­stan­de­ne Ver­bind­lich­kei­ten aus Ar­beits­leis­tung vom Über­gang aus­zu­neh­men sind. Das Bun­des­ar­beits­ge­richt hat Ansprüche auf Al­ters­teil­zeit­vergütung während der Frei­stel­lungs­pha­se vom Über­gang bei ei­ner Be­triebs­veräußerung im Kon­kurs aus­ge­nom­men, so­weit die Ar­beit dafür vor Kon­kurseröff­nung ge­leis­tet wor­den war. Es hat dies mit den Ver­tei­lungs­grundsätzen des In­sol­venz­ver­fah­rens be­gründet, auf die sich die zu­grun­de lie­gen­de Ent­schei­dung des Bun­des­ar­beits­ge­richts vom 17.01.1980 (3 AZR 160/79 – BA­GE 32, 326) hin­sicht­lich be­trieb­li­cher Al­ters­ver­sor­gung be­zog. Es kann da­hin­ste­hen, ob dem zu fol­gen ist. Je­den­falls las­sen sich die­se Ver­tei­lungs­grundsätze und die Vor­schrif­ten der In­sol­venz­ord­nung auch da­hin aus­le­gen, dass nach Be­triebsüber­gang fälli­ge Al­ters­teil­zeit­vergütung in der Frei­stel­lungs­pha­se auf den Be­triebs­er­wer­ber über­ge­hen. Es be­steht kei­ne ge­setz­li­che Vor­schrift des deut­schen Rechts, die das aus­drück­lich aus­schlösse. Viel­mehr be­ruht die­ser Aus­schluss auf der Aus­le­gung der ge­setz­li­chen Vor­schrif­ten durch die Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts. Die Vor­in­stan­zen wa­ren hin­sicht­lich der den Ur­tei­len des BAG vom 19. Ok­to­ber 2004 zu­grun­de lie­gen­den Sach­ver­hal­te zu an­de­ren, mit der Richt­li­nie zu ver­ein­ba­ren­den Er­geb­nis­sen ge­kom­men. Es er­scheint durch­aus mit dem deut­schen In­sol­venz­recht als ver­ein­bar, die Pflich­ten aus Al­ters­teil­zeit­verhält­nis­sen auf ei­nen Be­triebs­er­wer­ber über­ge­hen zu las­sen. Dies mag zwar zu ei­ner Erlösschmäle­rung hin­sicht­lich des zu veräußern­den Be­trie­bes führen. Dies gilt aber nur dann, wenn ent­ge­gen den ge­setz­li­chen Vor­ga­ben ei­ne Si­che­rung der Ver­pflich­tun­gen für die Frei­stel­lungs­pha­se durch die In­sol­venz­schuld­ne­rin zu­vor un­ter­blie­ben war. Be­steht nämlich ei­ne sol­che Si­che­rung, muss der Über­neh­mer kei­ne Kos­ten für frei­ge­stell­te Ar­beit­neh­mer in der Al­ters­teil­zeit­pha­se befürch­ten oder er kann da­von frei­ge­stellt wer­den. Ist ei­ne sol­che Si­che­rung aber un­ter­blie­ben, sind die ent­spre­chen­den Mit­tel dem Vermögen der In­sol­venz­schuld­ne­rin ver­blie­ben und können in­so­weit auch den an­de­ren In­sol­venzgläubi­gern zu­gu­te kom­men. Dass ein Über­neh­mer auch in der In­sol­venz Ar­beit­neh­mer über­neh­men muss, die auf­grund von Frei­stel­lun­gen oder Krank­heit nicht ar­bei­ten ist un­um­strit­ten. Auch dies er­schwert die Über­tra­gung von Be­trie­ben. Sch­ließlich be­steht ein ent­schei­den­der Un­ter­schied zur Pro­ble­ma­tik auf­grund de­ren der 3. Se­nat mit sei­ner Ent­schei­dung vom 17.01.1980 (BA­GE 32, S. 326 ff.) die in­sol­venz­recht­li­che Ein­schränkung des Über­gangs von An­wart­schaf­ten auf Be­triebs­ren­te im Kon­kurs be­gründe­te. Hin­sicht­lich die­ser An­wart­schaf­ten sind die Ar­beit­neh­mer ge­setz­lich geschützt nach § 7 Be­trAVG durch die Haf­tung des Pen­si­ons­si­che­rungs­ver­eins. Zum an­de­ren be­tref­fen die Richt­li­ni­en zur An­glei­chung der Rechts­vor­schrif­ten der Mit­glied­staa­ten über die Wah­rung von Ansprüchen der Ar­beit­neh­mer beim Über­gang von Un­ter­neh­men, Be­trie­ben oder Be­triebs­tei­len nicht die Rech­te der Ar­beit­neh­mer auf Leis­tun­gen bei Al­ter, bei In­va­li­dität oder für Hin­ter­blie­be­ne aus be­trieb­li­chen Zu­satz­ver­sor­gungs­ein­rich­tun­gen (Art. 4 a) der Richt­li­nie vom 12. März 2001, Art. 3 Abs. 3 der Richt­li­nie von 1977).

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d) Da das deut­sche Recht je­den­falls ei­ne Aus­le­gung zulässt, die nicht im Wi­der­spruch steht zu Art. 5 Abs. 2 a) der Richt­li­nie, ist die­ser der Vor­zug zu ge­ben. Das hat der Eu­ropäische Ge­richts­hof in ständi­ger Recht­spre­chung be­gründet ( EuGH, Ur­teil vom 13.11.1990 - Rs. C-106/89 , Slg. 1990, I-4135-Mar­lea­sing) und ist in der deut­schen Recht­spre­chung an­er­kannt (vgl. nur BAG vom 02.04.1996 - 1 ABR 47/95 - BA­GE 82, 349, 361; Ker­ber, Das eu­ropäische Ge­mein­schafts­recht und die Recht­spre­chung der deut­schen Ar­beits­ge­rich­te, 2003, § 5).

§ 613 a Abs. 1 BGB ist so­mit da­hin aus­zu­le­gen, dass die nach ei­nem Be­triebsüber­gang fälli­gen Ansprüche auch aus ei­nem Al­ters­teil­zeit­verhält­nis in der Ru­hens­pha­se vom Be­triebsüber­neh­mer zu erfüllen sind.

4. Die Be­klag­te zu 1., auf die das Al­ters­teil­zeit­verhält­nis der Kläge­rin durch den Be­triebsüber­gang zum 01. Ja­nu­ar 2005 über­ge­gan­gen ist, hat dem­nach die ab die­sem Zeit­punkt fälli­gen Ansprüche der Kläge­rin zu erfüllen die sie mit ih­rer Kla­ge gel­tend ge­macht hat und bleibt da­zu bis zum 31. Ju­li 2006 ver­pflich­tet.

II.

1. Die Kla­ge ge­gen den Be­klag­ten zu 2. ist un­zulässig. Der Be­klag­te zu 2. haf­tet zwar gem. § 613 a Abs. 2 Satz 1 BGB bis En­de 2005 noch ne­ben der Be­klag­ten zu 1. für Ver­pflich­tun­gen aus dem Al­ters­teil­zeit­ver­trag. Ge­genüber dem Be­klag­ten zu 2. han­delt es sich da­bei aber um In­sol­venz­for­de­run­gen, die nur nach den Vor­schrif­ten der In­sol­venz­ord­nung, d.h. durch An­mel­dung zur Ta­bel­le und nicht durch Zah­lungs­kla­ge gel­tend ge­macht wer­den können ( § 87 , 174 In­sO ). Die Ansprüche auf Al­ters­teil­zeit­vergütung während der Frei­stel­lungs­pha­se sind nämlich kei­ne Mas­se­for­de­run­gen, die in der Ar­beits­pha­se vor In­sol­ven­zeröff­nung er­ar­bei­tet wur­den. Das er­gibt sich aus den §§ 55 Abs. 1 Nr. 2 In­sO , § 108 Abs. 2 In­sO . Das hat das Bun­des­ar­beits­ge­richt in ständi­ger Recht­spre­chung ent­schie­den (vgl. BAG vom 23.02.2005 - 10 AZR 600/03 - AP Nr. 1 zu § 108 In­sO; BAG vom 19.10.2004 - 9 AZR 647/03 - AP Nr. 5 zu § 55 In­sO). Die Kam­mer folgt die­ser Recht­spre­chung. Die während der Frei­stel­lungs­pha­se zu zah­len­de Al­ters­teil­zeit­vergütung ist Ent­gelt für die über die ver­rin­ger­te Ar­beits­zeit hin­aus­ge­hen­de Ar­beit. Le­dig­lich die Fällig­keit ist hin­aus­ge­scho­ben und die Be­rech­nung in ei­ner für Al­ters­teil­zeit­verhält­nis­se ty­pi­schen Wei­se mo­di­fi­ziert. Auch die Verände­run­gen in der Frei­stel­lungs­pha­se, die sich dar­aus er­ge­ben können, dass die Al­ters­teil­zeit­vergütung an ei­nen Ta­rif­ver­trag ge­bun­den ist, können als Fol­ge der auf­ge­scho­be­nen Zah­lung - ge­wis­ser­maßen Ver­zin­sung - an­ge­se­hen wer­den. Die Al­ters­teil­zeit­vergütung in der Frei­stel­lungs­pha­se ist da­mit für die Zeit, in der ge­ar­bei­tet wur­de, ge­schul­det und wird nur später fällig. Da­mit ist sie in­sol­venz­recht­lich als In­sol­venz­for­de­rung und nicht als Mas­se­ver­bind­lich­keit an­zu­se­hen, so­weit die Ar­beits­leis­tung vor In­sol­ven­zeröff­nung er­folg­te.

2. Et­was an­de­res er­gibt sich auch nicht aus den Vor­schrif­ten über die Aus­wir­kun­gen ei­ner Be­triebsüber­nah­me auf die be­trof­fe­nen Ar­beits­verhält­nis­se. Sie be­sa­gen nichts darüber, wie Ar­beit­neh­meransprüche in der In­sol­venz zu be­han­deln sind. Sie zwin­gen ins­be­son­de­re nicht da­zu, For­de­run­gen, die nach dem In­sol­venz­recht als In­sol­venz­for­de­run­gen zu be­trach­ten sind, im In­sol­venz­ver­fah­ren des­halb an­ders zu be­han­deln, weil ein Be­triebsüber­gang statt­ge­fun­den hat. Es be­ste­hen auch kei­ne Be­den­ken, den glei­chen An­spruch, der ge­gen den Be­triebsüber­neh­mer ein Zah­lungs­an­spruch ist im In­sol­venz­ver­fah­ren als In­sol­venz­for­de­rung zu be­han­deln. Der An­spruch bzw. die Haf­tung für die­se bleibt die glei­che. Das In­sol­venz­ver­fah­ren sieht le­dig­lich ei­ne be­son­de­re Form der Gel­tend­ma­chung und der Be­frie­di­gung vor. So kann der An­spruch auf Al­ters­teil­zeit­vergütung ge­gen den Be­triebsüber­neh­mer bei des­sen In­sol­venz wie­der­um als In­sol­venz­for­de­rung gel­tend zu ma­chen sein, während bei ei­ner Quo­te von 100% der An­spruch aus ei­ner Haf­tung nach § 613 a Abs. 2 BGB vom veräußern­den In­sol­venz­ver­wal­ter vollständig zu erfüllen wäre.

III.

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Die Kos­ten sind im Verhält­nis des je­wei­li­gen Ob­sie­gens und Un­ter­lie­gens un­ter Berück­sich­ti­gung der Kla­gerück­nah­me ver­teilt.

Die Re­vi­si­on war schon we­gen der auf­ge­zeig­ten Ab­wei­chung von der Recht­spre­chung des
Bun­des­ar­beits­ge­richts zu­zu­las­sen.

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