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BAG, Ur­teil vom 12.01.2005, 5 AZR 364/04

   
Schlagworte: Änderungsvorbehalt, Formulararbeitsvertrag
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 5 AZR 364/04
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 12.01.2005
   
Leitsätze:

1. Die Vertragsklausel in einem Formulararbeitsvertrag, nach der dem Arbeitgeber das Recht zustehen soll, "übertarifliche Lohnbestandteile jederzeit unbeschränkt zu widerrufen", ist gem § 308 Nr 4 BGB unwirksam.

2. Wurde der Formulararbeitsvertrag vor dem 1. Januar 2002 abgeschlossen, kommt eine ergänzende Vertragsauslegung zur Schließung der entstandenen Lücke in Betracht. Es gelten dann die Widerrufsgründe, die die Vertragsparteien zugrunde gelegt hätten, wenn ihnen die gesetzlich angeordnete Unwirksamkeit der Widerrufsklausel bekannt gewesen wäre.

Vorinstanzen: Arbeitsgericht Dortmund, Urteil vom 9.10.2003, 4 Ca 2774/03
Landesarbeitsgericht Hamm (Westfalen), Urteil vom 11.05.2004, 19 Sa 2132/03
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

5 AZR 364/04

19 Sa 2132/03

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 12. Ja­nu­ar 2005

UR­TEIL

Met­ze, Ur­kunds­be­am­ter der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Be­klag­te, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Kläger, Be­ru­fungs­be­klag­ter und Re­vi­si­ons­be­klag­ter,

hat der Fünf­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richts auf Grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 12. Ja­nu­ar 2005 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Dr. Müller-Glöge, die Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch und Dr. Linck so­wie die eh­ren­amt­li­che Rich­te­rin Zorn und den eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Wolf für Recht er­kannt:


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1. Auf die Re­vi­si­on der Be­klag­ten wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm vom 11. Mai 2004 - 19 Sa 2132/03 - auf­ge­ho­ben.

2. Der Rechts­streit wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung - auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on - an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!
Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Wirk­sam­keit ei­nes for­mu­lar­ver­trag­lich vor­be­hal­te­nen Wi­der­rufs ei­ner über­ta­rif­li­chen Zu­la­ge und von Fahrt­kos­ten­er­stat­tung.

Der Kläger ist bei der Be­klag­ten als Elek­tro­in­stal­la­teur beschäftigt. Sei­nem Ar­beits­ver­trag vom 9. Ju­li 1998 liegt ein von der Be­klag­ten stan­dardmäßig ver­wen­de­tes Ver­trags­for­mu­lar zu­grun­de. Da­nach rich­tet sich das Ar­beits­verhält­nis nach den für die Ar­bei­ter der Ei­sen-, Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie Nord­rhein-West­fa­lens gel­ten­den ta­rif­li­chen Be­stim­mun­gen und der Ar­beits­ord­nung in den je­weils gel­ten­den Fas­sun­gen, so­weit nichts Ab­wei­chen­des ver­ein­bart ist. § 2 des Ar­beits­ver­trags lau­tet:

„Ent­spre­chend sei­ner Tätig­keit wird der Ar­beit­neh­mer in die Lohn­grup­pe 7/NRW ein­ge­stuft. Als Ar­beits­ent­gelt erhält er ei­nen fes­ten Mo­nats­lohn von DM 3.429,44 ein­sch­ließlich außer­ta­rif­li­cher Zu­la­ge von DM 367,44.

Auf­grund ei­nes be­triebs­be­zo­ge­nen Vergütungs­sys­tems kann der ver­ein­bar­te Mo­nats­lohn durch zusätz­li­che Leis­tung be­reits im ers­ten Mo­nat der Tätig­keit über­schrit­ten wer­den.

Für die Ein­ar­bei­tungs­zeit von ei­nem Mo­nat wird zusätz­lich ei­ne Prämie von 15 % vom Prämi­en­aus­gangs­lohn (Eck­lohn) je Ar­beits­stun­de ge­zahlt.

Da­nach wird ei­ne Pau­schal­prämie gewährt, die sich nach dem Prämi­en­auf­kom­men der je­wei­li­gen Be­triebsstätte als Ein­zel- oder Grup­pen­prämie be­mißt und nach be­triebsübli­chen Maßstäben fest­ge­legt wird.

Darüber hin­aus erhält der Ar­beit­neh­mer ei­nen Fahrt­kos­ten­er­satz in Höhe von DM 25,40 ar­beitstägig (muß nach­ge­wie­sen wer­den).

Die Fir­ma behält sich vor, al­le über­ta­rif­li­chen Be­stand­tei­le in sei­nem Lohn - gleich, wel­cher Art - bei ei­nem Aufrücken in ei­ne höhe­re Al­ters­stu­fe in der Lohn­grup­pe oder in ei­ne höhe­re Ta­rif­grup­pe teil­wei­se oder ganz an­zu­rech­nen.


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Ab­ge­se­hen da­von hat die Fir­ma das Recht, die­se über­ta­rif­li­chen Lohn­be­stand­tei­le je­der­zeit un­be­schränkt zu wi­der­ru­fen und mit et­wai­gen Ta­rif­erhöhun­gen zu ver­rech­nen.

Auch je­de an­de­re Leis­tung, die über die in den Ta­rif­verträgen fest­ge­leg­ten Leis­tun­gen hin­aus­geht, ist je­der­zeit un­be­schränkt wi­der­ruf­lich und be­gründet kei­nen Rechts­an­spruch für die Zu­kunft.“

Bis ein­sch­ließlich April 2003 er­hielt der Kläger ei­nen Mo­nats­grund­lohn von 1.751,69 Eu­ro brut­to, ei­ne außer­ta­rif­li­che Zu­la­ge von 227,72 Eu­ro brut­to und ein Fahrt­geld von 12,99 Eu­ro brut­to für je­den Ar­beits­tag, den er in der Be­triebsstätte ar­bei­te­te. Außer­dem zahl­te die Be­klag­te ei­nen Prämi­en­lohn in un­ter­schied­li­cher Höhe; Grund­la­ge hierfür war ei­ne vom Be­triebs­rat 1991 gekündig­te Be­triebs­ver­ein­ba­rung aus dem Jah­re 1976.

Mit Schrei­ben vom 11. April 2003 wi­der­rief die Be­klag­te un­ter Be­zug­nah­me auf den ar­beits­ver­trag­li­chen Wi­der­rufs­vor­be­halt die über­ta­rif­li­che Zu­la­ge zum Mo­nats­ent­gelt so­wie die ar­beitstägli­che Fahrt­kos­ten­er­stat­tung mit Wir­kung zum 1. Mai 2003. Sie be­gründe­te den Wi­der­ruf mit ih­rer wirt­schaft­li­chen Si­tua­ti­on. Gleich lau­ten­de Schrei­ben er­hiel­ten al­le Ar­beit­neh­mer der Be­klag­ten. Die Be­klag­te zahl­te nun­mehr statt des Prämi­en­lohns ei­ne ta­rif­li­che Leis­tungs­zu­la­ge gemäß § 9 Nr. 4 des Lohn­rah­men­ab­kom­mens in der Ei­sen-, Me­tall- und Elek­tro­in­dus­trie Nord­rhein-West­fa­lens in Höhe von 16 %. Ab Ju­ni 2003 be­zog der Kläger un­ter Berück­sich­ti­gung ei­ner Ta­rif­loh­nerhöhung ei­ne mo­nat­li­che Vergütung von ins­ge­samt 2.084,79 Eu­ro brut­to. Auf Grund ei­nes zwi­schen der Be­klag­ten und der IG Me­tall ge­schlos­se­nen Sa­nie­rungs­ta­rif­ver­trags zahl­te die Be­klag­te vom 1. Ja­nu­ar bis zum 31. De­zem­ber 2004 vorüber­ge­hend wie­der die über­ta­rif­li­che Zu­la­ge in Höhe von 227,72 Eu­ro brut­to mo­nat­lich.

Der Kläger hat gel­tend ge­macht, Gründe für ei­nen Wi­der­ruf der außer­ta­rif­li­chen Zu­la­ge und der Fahrt­kos­ten­er­stat­tung lägen nicht vor. Ei­ne Ver­rech­nung der über­ta­rif­li­chen Be­stand­tei­le könne nur bei Ta­rif­erhöhun­gen vor­ge­nom­men wer­den, sei in den letz­ten fünf Jah­ren aber nicht er­folgt. Der Fahrt­kos­ten­er­satz sei kei­ne Son­der­vergütung, son­dern ein Auf­wen­dungs­er­satz, der ein­sei­tig nicht ge­stri­chen wer­den könne.

Der Kläger hat be­an­tragt

fest­zu­stel­len, dass der Wi­der­ruf der frei­wil­li­gen außer­ta­rif­li­chen Zu­la­gen gemäß dem Schrei­ben der Be­klag­ten vom 11. April 2003 zum 1. Mai 2003 rechts­un­wirk­sam ist,


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hilfs­wei­se,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, bezüglich des Wi­der­rufs der außer­ta­rif­li­chen Zu­la­ge mit Wir­kung zum 1. Mai 2003 für die Zeit von Mai 2003 bis ein­sch­ließlich Sep­tem­ber 2003 an den Kläger 1.138,60 Eu­ro brut­to und an Fahrt­kos­ten­er­stat­tung für die Zeit von Mai 2003 bis ein­sch­ließlich Sep­tem­ber 2003 1.363,95 Eu­ro brut­to zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt, die Kla­ge ab­zu­wei­sen. Die Fest­stel­lungs­kla­ge sei un­zulässig. Oh­ne den Wi­der­ruf sei der Be­stand des Un­ter­neh­mens gefähr­det. Im Jah­re 2002 ha­be sie ei­nen Ei­gen­ver­lust von 236.000,00 Eu­ro so­wie auf Grund der In­sol­venz der Mut­ter­ge­sell­schaft ei­nen Ge­samt­ver­lust von 839.000,00 Eu­ro er­lit­ten.

Die Vor­in­stan­zen ha­ben dem Haupt­an­trag statt­ge­ge­ben. Mit der vom Lan­des­ar­beits­ge­richt zu­ge­las­se­nen Re­vi­si­on ver­folgt die Be­klag­te ih­ren Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on ist be­gründet. Sie führt zur Auf­he­bung des an­ge­foch­te­nen Ur­teils und Zurück­ver­wei­sung des Rechts­streits an das Lan­des­ar­beits­ge­richt. Zwar hält der ver­ein­bar­te Wi­der­rufs­vor­be­halt der In­halts­kon­trol­le gem. § 308 Nr. 4 BGB nicht stand und ist des­halb un­wirk­sam (un­ten B I). Je­doch ist der Wi­der­ruf des­halb nicht zwangsläufig eben­falls un­wirk­sam. Viel­mehr ist die Ver­tragslücke bei dem hier vor­lie­gen­den Alt­fall durch ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung zu schließen (un­ten B II).

A. Der Fest­stel­lungs­an­trag ist zulässig. Der Kläger hat gem. § 256 Abs. 1 ZPO ein recht­li­ches In­ter­es­se an der be­gehr­ten Fest­stel­lung. Die Fest­stel­lungs­kla­ge kann auf ein­zel­ne Be­zie­hun­gen oder Fol­gen aus ei­nem Rechts­verhält­nis be­schränkt wer­den. Strei­ten die Par­tei­en darüber, ob der Ar­beit­ge­ber auf Grund ei­nes vor­be­hal­te­nen Wi­der­rufs­rechts ei­ne Ände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen her­beiführen konn­te, kann der Ar­beit­neh­mer dies im We­ge der Fest­stel­lungs­kla­ge klären las­sen (BAG 15. Au­gust 2000 - 1 AZR 458/99 -; 11. Fe­bru­ar 1998 - 5 AZR 472/97 - AP BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 54 = EzA BGB § 315 Nr. 48; 23. Ju­ni 1992 - 1 AZR 57/92 - AP BGB § 611 Ar­beits­zeit Nr. 1 = EzA BGB § 611 Di­rek­ti­ons­recht Nr. 12). Dem­ge­genüber würde der hilfs­wei­se er­ho­be­ne Leis­tungs­an­trag des Klägers nur für ei­nen be­stimm­ten Zeit­ab-


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schnitt zu ei­ner rechts­kräfti­gen Klärung führen. Dem Fest­stel­lungs­in­ter­es­se steht nicht ent­ge­gen, dass die Be­klag­te die über­ta­rif­li­che Zu­la­ge auf Grund des Sa­nie­rungs­ta­rif­ver­trags gewährt hat; denn der Ta­rif­ver­trag berührt nicht die Wirk­sam­keit des Wi­der­rufs, die Zah­lung der Zu­la­ge soll nach Ab­lauf des Ta­rif­ver­trags wie­der ein­ge­stellt wer­den.

B. Die Rechts­wirk­sam­keit des Wi­der­rufs vom 11. April 2003 kann noch nicht ab­sch­ließend be­ur­teilt wer­den. Es be­darf hierfür wei­te­rer tatsäch­li­cher Fest­stel­lun­gen durch das Lan­des­ar­beits­ge­richt.

I. Die ar­beits­ver­trag­li­che Wi­der­rufs­re­ge­lung ist gem. § 308 Nr. 4 BGB un­wirk­sam.

1. Be­stim­mun­gen in All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen sind un­wirk­sam, wenn sie den Ver­trags­part­ner des Ver­wen­ders ent­ge­gen den Ge­bo­ten von Treu und Glau­ben un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen. Ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung kann sich auch dar­aus er­ge­ben, dass die Be­stim­mung nicht klar und verständ­lich ist (§ 307 Abs. 1 BGB). Nach § 307 Abs. 2 BGB ist ei­ne un­an­ge­mes­se­ne Be­nach­tei­li­gung im Zwei­fel an­zu­neh­men, wenn ei­ne Be­stim­mung mit we­sent­li­chen Grund­ge­dan­ken der ge­setz­li­chen Re­ge­lung, von der ab­ge­wi­chen wird, nicht zu ver­ein­ba­ren ist oder we­sent­li­che Rech­te oder Pflich­ten, die sich aus der Na­tur des Ver­trags er­ge­ben, so ein­schränkt, dass die Er­rei­chung des Ver­trags­zwecks gefähr­det ist. In All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen ist ins­be­son­de­re un­wirk­sam die Ver­ein­ba­rung ei­nes Rechts des Ver­wen­ders, die ver­spro­che­ne Leis­tung zu ändern oder von ihr ab­zu­wei­chen, wenn nicht die Ver­ein­ba­rung der Ände­rung oder Ab­wei­chung un­ter Berück­sich­ti­gung der In­ter­es­sen des Ver­wen­ders für den an­de­ren Ver­trags­teil zu­mut­bar ist (§ 308 Nr. 4 BGB).

2. Bei dem um­strit­te­nen Wi­der­rufs­vor­be­halt han­delt es sich um All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen im Sin­ne der §§ 305 ff. BGB. Zwi­schen den Par­tei­en steht außer Streit, dass der Ar­beits­ver­trag im Be­trieb der Be­klag­ten stan­dardmäßig Ver­wen­dung fin­det. Er be­steht aus Ver­trags­be­stim­mun­gen, die die Be­klag­te dem Kläger bei Ab­schluss des Ver­trags stell­te und die für ei­ne Viel­zahl von Verträgen vor­for­mu­liert wur­den (§ 305 Abs. 1 Satz 1 BGB).

3. Der Wi­der­rufs­vor­be­halt soll das Recht der Be­klag­ten be­gründen, ver­spro­che­ne Leis­tun­gen ein­sei­tig zu ändern. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat zu Recht an­ge­nom­men, dass so­wohl hin­sicht­lich der Zu­la­ge als auch hin­sicht­lich der Fahrt­kos­ten­er­s­tat-


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tung kei­ne frei­wil­li­gen Leis­tun­gen (im Sin­ne ei­ner Leis­tung oh­ne Rechts­an­spruch, so­lan­ge noch nicht ge­zahlt ist, und ei­nes je­der­zei­ti­gen Rechts, die Leis­tung ein­zu­stel­len, oh­ne dass es ei­ner be­son­de­ren Erklärung be­darf) vor­lie­gen. Hierfür spre­chen die Be­zeich­nung im Ar­beits­ver­trag, die Art der Leis­tung und die aus­drück­li­che Ver­ein­ba­rung ei­nes Wi­der­rufs­vor­be­halts so­wie ei­ner An­rech­nungs- und Ver­rech­nungsmöglich­keit. Die Be­klag­te geht selbst von der Not­wen­dig­keit ei­nes Wi­der­rufs zur Ände­rung der Ver­trags­be­din­gun­gen aus.

4. In ma­te­ri­el­ler Hin­sicht ver­bie­tet es das Ge­setz nicht, die im Streit ste­hen­den Vergütungs­be­stand­tei­le als wi­der­ruf­lich aus­zu­ge­stal­ten, wenn wirt­schaft­li­che Gründe für ei­nen Wi­der­ruf vor­lie­gen.

a) Der Wi­der­rufs­vor­be­halt stellt ei­ne von Rechts­vor­schrif­ten ab­wei­chen­de Re­ge­lung gem. § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB dar. Grundsätz­lich ist der Ver­trag bin­dend. Der Satz „pac­ta sunt ser­van­da“ gehört zu den Grund­ele­men­ten des Ver­trags­rechts (Pa­landt/Hein­richs vor § 145 BGB Rn. 4a).

b) Die Wirk­sam­keit des Wi­der­rufs­rechts rich­tet sich nach § 308 Nr. 4 BGB als der ge­genüber § 307 BGB spe­zi­el­le­ren Norm. Da § 308 Nr. 4 BGB den § 307 BGB kon­kre­ti­siert, sind frei­lich auch die Wer­tun­gen des § 307 BGB her­an­zu­zie­hen. Außer­dem sind nach § 310 Abs. 4 Satz 2 BGB die im Ar­beits­recht gel­ten­den Be­son­der­hei­ten an­ge­mes­sen zu berück­sich­ti­gen (vgl. hier­zu BAG 4. März 2004 - 8 AZR 196/03 - AP BGB § 309 Nr. 3 = EzA BGB 2002 § 309 Nr. 1, auch zur Veröffent­li­chung in der Amt­li­chen Samm­lung vor­ge­se­hen).

c) Die Ver­ein­ba­rung des Wi­der­rufs­rechts ist gem. § 308 Nr. 4 BGB zu­mut­bar, wenn der Wi­der­ruf nicht grund­los er­fol­gen soll, son­dern we­gen der un­si­che­ren Ent­wick­lung der Verhält­nis­se als In­stru­ment der An­pas­sung not­wen­dig ist (vgl. BGH 19. Ok­to­ber 1999 - XI ZR 8/99 - NJW 2000, 651).

aa) Auch im Ar­beits­verhält­nis muss in die­sem Sin­ne ein Grund für den Wi­der­ruf be­ste­hen. Un­abhängig da­von, ob der Grund als sach­lich, hin­rei­chend, trif­tig oder schwer­wie­gend be­zeich­net wird, muss je­den­falls die ge­bo­te­ne In­ter­es­sen­abwägung zu ei­ner Zu­mut­bar­keit der Klau­sel für den Ar­beit­neh­mer führen. Das rich­tet sich in An­leh­nung an § 307 BGB ins­be­son­de­re nach der Art und Höhe der Leis­tung, die wi­der­ru­fen wer­den soll, nach der Höhe des ver­blei­ben­den Ver­diens­tes und der Stel­lung des Ar-


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beit­neh­mers im Un­ter­neh­men. Un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Ge­sichts­punk­te muss der Wi­der­rufs­grund den Wi­der­ruf ty­pi­scher­wei­se recht­fer­ti­gen.

bb) Im Grund­satz hat der Ar­beit­ge­ber we­gen der Un­ge­wiss­heit der wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung des Un­ter­neh­mens und der all­ge­mei­nen Ent­wick­lung des Ar­beits­verhält­nis­ses ein an­er­ken­nens­wer­tes In­ter­es­se dar­an, be­stimm­te Leis­tun­gen, ins­be­son­de­re „Zu­satz­leis­tun­gen“ fle­xi­bel aus­zu­ge­stal­ten. Da­durch darf aber das Wirt­schafts­ri­si­ko des Un­ter­neh­mers nicht auf den Ar­beit­neh­mer ver­la­gert wer­den. Ein­grif­fe in den Kern­be­reich des Ar­beits­ver­trags sind nach der Wer­tung des § 307 Abs. 2 BGB nicht zulässig. In­so­fern ist die bis­he­ri­ge Recht­spre­chung zur Zulässig­keit ei­nes Wi­der­rufs wei­ter­hin her­an­zu­zie­hen. Der Ver­trags­in­halts­schutz gem. § 2 KSchG kann da­bei als Maßstab die­nen (BAG 7. Au­gust 2002 - 10 AZR 282/01 - AP BGB § 315 Nr. 81 = EzA BGB § 315 Nr. 51, zu B II 3 der Gründe; 15. Au­gust 2000 - 1 AZR 458/99 -, zu A II 1 der Gründe; 28. Mai 1997 - 5 AZR 125/96 - BA­GE 86, 61, 71; 13. Mai 1987 - 5 AZR 125/86 - BA­GE 55, 275, 281). Al­ler­dings kommt es nicht auf ei­ne kon­kre­te Um­ge­hung des Schut­zes vor Ände­rungskündi­gun­gen (An­wend­bar­keit des Kündi­gungs­schutz­ge­set­zes) an (ErfK/Preis §§ 305 bis 310 BGB Rn. 54). Da­nach ist die Ver­ein­ba­rung ei­nes Wi­der­rufs­vor­be­halts zulässig, so­weit der wi­der­ruf­li­che An­teil am Ge­samt­ver­dienst un­ter 25 bis 30 % liegt und der Ta­rif­lohn nicht un­ter­schrit­ten wird. Dem Ar­beit­neh­mer wird hier zu sei­nem Vor­teil ei­ne Leis­tung zusätz­lich zu dem übli­chen Ent­gelt gewährt. Der Ar­beit­ge­ber ist dann bis zur Gren­ze der Willkür frei, die Vor­aus­set­zun­gen des An­spruchs fest­zu­le­gen und dem­ent­spre­chend auch den Wi­der­ruf zu erklären.

cc) An ei­ner feh­len­den Frist für die Wir­kung des Wi­der­rufs kann die Ver­ein­ba­rung nicht schei­tern. Hierfür gibt es kei­nen An­satz im Ge­setz. Al­len­falls bei der Ausübungs­kon­trol­le kommt die Einräum­ung ei­ner Aus­lauf­frist in Be­tracht.

d) Die Vor­aus­set­zun­gen für die Ver­ein­ba­rung ei­nes Wi­der­rufs­rechts aus wirt­schaft­li­chen Gründen sind erfüllt. Dem Kläger ver­bleibt auch nach Ausübung al­ler Wi­der­rufs­rech­te min­des­tens die ta­rif­li­che Vergütung. Ein Ein­griff in den Kern­be­reich des Ar­beits­ver­trags ist nicht er­sicht­lich. Der Schutz ge­genüber Ände­rungskündi­gun­gen wird nicht um­gan­gen, denn der vor­be­hal­te­ne Wi­der­ruf er­fasst ins­ge­samt we­ni­ger als 25 % der Ge­samt­vergütung. Darüber hin­aus können für die Gewährung von Fahrt­kos­ten­er­satz un­ter­neh­mens­po­li­ti­sche und ar­beits­markt­po­li­ti­sche Ge­sichts­punk­te maßge­bend sein, die ei­nem Wan­del un­ter­lie­gen. Es han­delt sich hier nicht um ei­ne un­mit­tel­ba­re Ge­gen­leis­tung für die Ar­beit, son­dern um ei­nen Er­satz von Auf­wen­dun­gen, die der


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Ar­beit­neh­mer nach all­ge­mei­nen Re­geln selbst tra­gen muss. Der Ver­trau­ens­schutz ist ge­ring. So wer­den der­ar­ti­ge Zuschüsse viel­fach be­fris­tet oder nur in Zei­ten ei­nes Ar­beits­kräfte­man­gels gewährt, um Ar­beit­neh­mer zu ge­win­nen. Dem Ar­beit­ge­ber kann be­rech­tig­ter­wei­se dar­an ge­le­gen sein, in­so­weit ein­heit­li­che Ar­beits­be­din­gun­gen im Be­trieb her­zu­stel­len. Der Wi­der­ruf greift trotz der Höhe der Leis­tung nur ge­ring in das Ver­trags­gefüge ein.

5. Die Ver­trags­re­ge­lung der Par­tei­en wird den for­mel­len An­for­de­run­gen von § 308 Nr. 4, § 307 BGB nicht ge­recht.

a) Was die Ver­trags­re­ge­lung ent­hal­ten muss, rich­tet sich nicht al­lein nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB. Die Be­stim­mung muss nicht nur klar und verständ­lich sein. Sie darf auch als sol­che nicht un­an­ge­mes­sen be­nach­tei­li­gen; die Ver­ein­ba­rung des kon­kre­ten Wi­der­rufs­rechts muss zu­mut­bar sein. Das be­deu­tet: Die Be­stim­mung muss die An­ge­mes­sen­heit und Zu­mut­bar­keit er­ken­nen las­sen. Der Maßstab von § 307 Abs. 1, Abs. 2, § 308 Nr. 4 BGB muss nach dem Text der Klau­sel zum Aus­druck kom­men. Es muss sich aus der Re­ge­lung selbst er­ge­ben, dass der Wi­der­ruf nicht oh­ne Grund er­fol­gen darf (BGH 3. Ju­ni 1998 - VIII ZR 317/97 - NJW 1998, 3114, zu III 3 der Gründe; 17. Fe­bru­ar 2004 - XI ZR 140/03 - BGHZ 158, 149, zu II 2 b bb der Gründe).

b) Vor­aus­set­zun­gen und Um­fang der vor­be­hal­te­nen Ände­run­gen müssen möglichst kon­kre­ti­siert wer­den. Die wi­der­ruf­li­che Leis­tung muss nach Art und Höhe ein­deu­tig sein, da­mit der Ar­beit­neh­mer er­ken­nen kann, was ggf. „auf ihn zu­kommt“. Die­se An­for­de­rung lässt sich auch an­ge­sichts der Be­son­der­hei­ten des Ar­beits­rechts (§ 310 Abs. 4 Satz 2 BGB) im Re­gel­fall erfüllen. Bei den Vor­aus­set­zun­gen der Ände­rung, al­so den Wi­der­rufs­gründen, lässt sich zu­min­dest die Rich­tung an­ge­ben, aus der der Wi­der­ruf möglich sein soll (wirt­schaft­li­che Gründe, Leis­tung oder Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers). Wel­ches die Gründe sind, ist kei­nes­wegs selbst­verständ­lich und für den Ar­beit­neh­mer durch­aus von Be­deu­tung. Der Grad der Störung (wirt­schaft­li­che Not­la­ge des Un­ter­neh­mens, ne­ga­ti­ves wirt­schaft­li­ches Er­geb­nis der Be­triebs­ab­tei­lung, nicht aus­rei­chen­der Ge­winn, Rück­gang der bzw. Nicht­er­rei­chen der er­war­te­ten wirt­schaft­li­chen Ent­wick­lung, un­ter­durch­schnitt­li­che Leis­tun­gen des Ar­beit­neh­mers, schwer­wie­gen­de Pflicht­ver­let­zun­gen) muss kon­kre­ti­siert wer­den, wenn der Ver­wen­der hier­auf ab­stel­len will und nicht schon all­ge­mein auf die wirt­schaft­li­che Ent­wick­lung, die Leis­tung oder das Ver­hal­ten des Ar­beit­neh­mers gestütz­te Gründe nach dem Um­fang des Ände­rungs­vor­be­halts aus­rei­chen und nach der Ver­trags­re­ge­lung auch aus­rei­chen sol­len.


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c) Der Ar­beits­ver­trag der Par­tei­en nennt kei­ne Wi­der­rufs­gründe. Viel­mehr soll die Be­klag­te das Recht ha­ben, die ge­nann­ten Leis­tun­gen „je­der­zeit un­be­schränkt“ zu wi­der­ru­fen. Die­ser Ände­rungs­vor­be­halt ist nicht zu­mut­bar.

6. Die §§ 305 ff. BGB fin­den seit dem 1. Ja­nu­ar 2003 auf das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en An­wen­dung. Die Ver­ein­ba­rung des Wi­der­rufs­rechts ist des­halb gem. § 308 Nr. 4 BGB seit dem 1. Ja­nu­ar 2003 un­wirk­sam.

a) Die Re­ge­lun­gen zur Ge­stal­tung der Schuld­verhält­nis­se durch All­ge­mei­ne Geschäfts­be­din­gun­gen in der Fas­sung des Schuld­rechts­mo­der­ni­sie­rungs­ge­set­zes sind nach der Über­g­angs­vor­schrift des Art. 229 § 5 EGBGB an­zu­wen­den. Der Ar­beits­ver­trag wur­de im Jah­re 1998 ge­schlos­sen. Gemäß Art. 229 § 5 EGBGB fin­det auf Dau­er­schuld­verhält­nis­se, die vor dem 1. Ja­nu­ar 2002 be­gründet wor­den sind, vom 1. Ja­nu­ar 2003 an das Bürger­li­che Ge­setz­buch in der dann gel­ten­den Fas­sung An­wen­dung. Hier­zu gehören auch die §§ 305 bis 310 BGB. Ver­trau­ens­schutz hat das Ge­setz nur bis zum 31. De­zem­ber 2002 ein­geräumt.

b) Da die §§ 307, 308 Nr. 4 BGB ein­heit­lich in­halt­li­che und for­mel­le An­for­de­run­gen auf­stel­len, kommt ei­ne auf das ma­te­ri­el­le Schutz­ni­veau be­schränk­te Gel­tung nicht in Be­tracht. Die An­wen­dung des Ge­set­zes lässt sich nicht auf­tei­len. Je­doch sind für vor und ab dem 1. Ja­nu­ar 2002 ab­ge­schlos­se­ne Verträge un­ter­schied­li­che Kon­se­quen­zen aus der Un­wirk­sam­keit der ver­trag­li­chen Re­ge­lung zu zie­hen.

II. Die un­wirk­sa­me Ver­trags­klau­sel fällt bei dem hier vor­lie­gen­den Alt­fall nicht er­satz­los weg.

1. Auch wenn der Ver­wen­der des For­mu­lar­ar­beits­ver­trags an­ge­sichts des Ge­set­zes­zwecks die Vor­aus­set­zun­gen für ei­nen Wi­der­ruf in der be­zeich­ne­ten Wei­se - im Rah­men der Möglich­kei­ten - kon­kre­ti­sie­ren muss, er­gibt sich dar­aus bei vor dem 1. Ja­nu­ar 2002 ab­ge­schlos­se­nen Verträgen nicht zwin­gend die Un­wirk­sam­keit des er­folg­ten Wi­der­rufs, wenn die Kon­kre­ti­sie­rung un­ter­blie­ben ist. Es geht da­bei nicht um die im Ar­beits­recht gel­ten­den Be­son­der­hei­ten, da lang­fris­tig an­ge­leg­te For­mu­lar­verträge oh­ne die Möglich­keit der ein­sei­ti­gen Ände­rung von All­ge­mei­nen Geschäfts­be­din­gun­gen im ge­sam­ten Ver­trags­recht re­gelmäßig vor­kom­men. Viel­mehr re­sul­tie­ren die Be­den­ken aus der rück­wir­ken­den An­wen­dung von förm­li­chen An­for­de­run­gen (hin­rei­chend deut­li­che For­mu­lie­rung der Rechts­la­ge) auf ei­nen ab­ge­schlos­se­nen Sach­ver­halt (Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags). Da das Ge­setz auch für Alt­verträge gilt und dies hin-


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sicht­lich der An­for­de­run­gen an die Ver­trags­for­mu­lie­rung auf ei­ne ech­te Rück­wir­kung hin­ausläuft, be­darf es der ver­fas­sungs­kon­for­men, den Grund­satz der Verhält­nismäßig­keit wah­ren­den Aus­le­gung und An­wen­dung. Das führt da­zu, dass die un­wirk­sa­me Klau­sel nicht gemäß § 306 Abs. 2 BGB er­satz­los wegfällt. Ei­ne Bin­dung des Ar­beit­ge­bers an die ver­ein­bar­te Leis­tung oh­ne Wi­der­rufsmöglich­keit würde un­verhält­nismäßig in die Pri­vat­au­to­no­mie ein­grei­fen. Mit ei­ner sol­chen Rechts­fol­ge konn­te, muss­te und durf­te nie­mand rech­nen. Sie würde kei­ne an­ge­mes­se­ne, den ty­pi­schen In­ter­es­sen der Ver­trags­part­ner Rech­nung tra­gen­de Lösung bie­ten (vgl. BGH 3. No­vem­ber 1999 - VIII ZR 269/98 - BGHZ 143, 104, zu II 4 der Gründe mwN; Wil­lem­sen/Grau RdA 2003, 321, 325). Da der Ver­wen­der bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­trags die §§ 307 f. BGB nicht berück­sich­ti­gen konn­te und die Klau­sel nur des­we­gen un­wirk­sam ist, weil sie in for­mel­ler Hin­sicht den neu­en An­for­de­run­gen nicht genügt, be­darf es zur Sch­lie­ßung der ent­stan­de­nen Lücke der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung. Es ist zu fra­gen, was die Par­tei­en ver­ein­bart hätten, wenn ih­nen die ge­setz­lich an­ge­ord­ne­te Un­wirk­sam­keit der Wi­der­rufs­klau­sel be­kannt ge­we­sen wäre. Nur so wird die un­verhält­nismäßige Rück­wir­kung des § 306 Abs. 2 BGB ver­fas­sungs­kon­form ab­ge­mil­dert und dem Wil­len und den In­ter­es­sen der Ver­trags­par­tei­en an­ge­mes­sen Rech­nung ge­tra­gen.

2. Es liegt na­he, dass die Par­tei­en bei Kennt­nis der neu­en ge­setz­li­chen An­for­de­run­gen die Wi­der­rufsmöglich­keit zu­min­dest bei wirt­schaft­li­chen Ver­lus­ten, wie sie im Rechts­streit von der Be­klag­ten vor­ge­tra­gen wor­den sind, vor­ge­se­hen hätten. Der Kläger hätte dem red­li­cher­wei­se nicht wi­der­spro­chen. Ei­ne sol­che Be­stim­mung wäre für den Kläger zu­mut­bar ge­we­sen und hätte ihn nicht be­nach­tei­ligt. Ggf. wird das Lan­des­ar­beits­ge­richt ei­ne wei­ter­ge­hen­de ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung vor­neh­men müssen, wel­che sons­ti­gen wirt­schaft­li­chen Gründe für ei­nen Wi­der­ruf aus­rei­chen soll­ten.

3. Da­nach ist der Vor­trag der Be­klag­ten er­heb­lich. Die durch ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung zu er­mit­teln­den Wi­der­rufs­vor­aus­set­zun­gen lie­gen nach der Be­haup­tung der Be­klag­ten vor. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt wird auf ei­ne nähe­re Erläute­rung des Be­strei­tens des Klägers hin­wir­ken müssen, zu­mal sich die wirt­schaft­li­chen Schwie­rig­kei­ten der Be­klag­ten zeit­nah in ei­nem Sa­nie­rungs­ta­rif­ver­trag mit der IG Me­tall nie­der­ge­schla­gen ha­ben.

III. Ne­ben der In­halts­kon­trol­le steht wei­ter­hin die Ausübungs­kon­trol­le im Ein­zel­fall gem. § 315 BGB. Die Erklärung des Wi­der­rufs stellt ei­ne Be­stim­mung der Leis­tung durch den Ar­beit­ge­ber nach § 315 Abs. 1 BGB dar. Der Wi­der­ruf muss im Ein­zel­fall


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bil­li­gem Er­mes­sen ent­spre­chen. Dar­an hat die ge­ne­rel­le Re­ge­lung der §§ 305 ff. BGB nichts geändert. Der Um­fang des Wi­der­rufs­rechts wird hier nicht durch ob­jek­ti­ve Be­ur­tei­lungs­maßstäbe ab­sch­ließend fest­ge­legt (vgl. Pa­landt/Hein­richs § 315 BGB Rn. 6; ErfK/Preis §§ 305 bis 310 BGB Rn. 8, 51, 52, 61 mwN). Ein Ver­s­toß ge­gen den Grund­satz des bil­li­gen Er­mes­sens ist zwar bis­her nicht er­sicht­lich. Die Par­tei­en können aber im neu­en Be­ru­fungs­ver­fah­ren ergänzend hier­zu vor­tra­gen. Die Einräum­ung ei­ner Ankündi­gungs- oder Aus­lauf­frist wäre al­len­falls dann ge­bo­ten, wenn der Wi­der­ruf auf ei­ne noch nicht ein­ge­tre­te­ne, aber schon ab­seh­ba­re Ent­wick­lung ab­stel­len würde. Das ist hier nicht der Fall.

Müller-Glöge Mi­kosch Linck

Zorn Wolf

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