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BAG, Ur­teil vom 21.04.2010, 10 AZR 163/09

   
Schlagworte: Arbeitsvertrag, Bonus
   
Gericht: Bundesarbeitsgericht
Aktenzeichen: 10 AZR 163/09
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 21.04.2010
   
Leitsätze:
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Freiburg (Breisgau), Urteil vom 1.07.2008, 7 Ca 89/08
Landesarbeitsgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 21.10.2008, 22 Sa 35/08
   

BUN­DES­AR­BEITS­GERICHT

10 AZR 163/09

22 Sa 35/08

Lan­des­ar­beits­ge­richt Ba­den-Würt­tem­berg

Im Na­men des Vol­kes!

Verkündet am 21. April 2010

UR­TEIL

Jatz, Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

In Sa­chen

Kläge­rin, Be­ru­fungskläge­rin und Re­vi­si­onskläge­rin,

pp.

Be­klag­te, Be­ru­fungs­be­klag­te und Re­vi­si­ons­be­klag­te,

hat der Zehn­te Se­nat des Bun­des­ar­beits­ge­richt auf­grund der münd­li­chen Ver­hand­lung vom 21. April 2010 durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Prof. Dr. Mi­kosch, die Rich­te­rin am Bun­des­ar­beits­ge­richt


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Mar­quardt, den Rich­ter am Bun­des­ar­beits­ge­richt Mest­werdt so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Schle­gel und Hint­lo­glou für Recht er­kannt:

1. Auf die Re­vi­si­on der Kläge­rin wird das Ur­teil des Lan­des­ar­beits­ge­richts Ba­den-Würt­tem­berg - Kam­mern Frei­burg - vom 21. Ok­to­ber 2008 - 22 Sa 35/08 - auf­ge­ho­ben.

2. Die Sa­che wird zur neu­en Ver­hand­lung und Ent­schei­dung, auch über die Kos­ten der Re­vi­si­on, an das Lan­des­ar­beits­ge­richt zurück­ver­wie­sen.

Von Rechts we­gen!

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über ei­nen Jah­res­bo­nus für das Jahr 2007

Die Kläge­rin war vom 1. Ja­nu­ar 1998 bis zum 31. De­zem­ber 2007 bei

der Be­klag­ten beschäftigt. Das mo­nat­li­che Grund­ge­halt be­trug zu­letzt 5.040,00 Eu­ro. Darüber hin­aus soll­te die Kläge­rin gemäß dem schrift­li­chen Ar­beits­ver­trag ein 13. Mo­nats­ge­halt er­hal­ten. Ihr wur­de außer­dem ein Dienst-Pkw zur pri­va­ten Nut­zung zur Verfügung ge­stellt. Die Kläge­rin ist die ehe­ma­li­ge Ehe­frau des Geschäftsführers der Be­klag­ten. Ge­genüber den Mit­ar­bei­tern der Be­klag­ten war sie die „Che­fin“ und er­le­dig­te über die Buch­hal­tungs­ar­bei­ten hin­aus wei­te­re Lei­tungs­auf­ga­ben. Das Ar­beits­verhält­nis wur­de nach ar­beit­ge­ber­sei­ti­ger Kündi­gung, die nach Schei­tern der Ehe ins­be­son­de­re mit ei­nem Ver­trau­ens­ver­lust be­gründet wor­den war, durch ei­nen ge­richt­li­chen Ver­gleich be­en­det.

Nach­dem die Kläge­rin in den Jah­ren 1998 und 1999 von ih­rem Ehe-

mann ei­nen Teil von des­sen Jah­res­bo­nus er­hal­ten hat­te, zahl­te die Be­klag­te ihr für die Ka­len­der­jah­re 2000 bis 2006 aus­weis­lich der Ge­halts­ab­rech­nun­gen je­weils zu­sam­men mit dem De­zem­ber­ge­halt ei­nen „Jah­res­bo­nus“, und zwar im Jahr 2000 52.000,00 DM (26.587,18 Eu­ro), im Jahr 2001 57.000,00 DM


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(29.143,64 Eu­ro), im Jahr 2002 35.000,00 Eu­ro, im Jahr 2003 50.000,00 Eu­ro, im Jahr 2004 52.000,00 Eu­ro und in den Jah­ren 2005 und 2006 je­weils 57.500,00 Eu­ro. Des­sen Höhe wur­de der Kläge­rin je­weils im Rah­men ei­nes Te­le­fo­nats mit dem in den USA le­ben­den Ge­sell­schaf­ter Herrn D mit­ge­teilt. Für das Jahr 2007 er­hielt die Kläge­rin kei­nen Jah­res­bo­nus.

Die Kläge­rin ist der An­sicht, ihr ste­he auch für das Jahr 2007 ein

Jah­res­bo­nus zu. Der An­spruch hier­auf sei kon­klu­dent ver­ein­bart wor­den. Es ha­be ei­ne be­trieb­li­che Übung be­stan­den. Da­bei müsse ins­be­son­de­re berück­sich­tigt wer­den, dass sie im Ge­gen­satz zu den übri­gen An­ge­stell­ten kei­nen Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt un­ter­zeich­net ha­be. Der Jah­res­bo­nus stel­le auch kei­ne in je­dem Jahr nach „Gutdünken“ gewähr­te Leis­tung der Be­klag­ten dar. Viel­mehr ha­be er re­gelmäßig ca. 45 % ih­res Jah­res­ge­halts ent­spro­chen und sei zu­letzt gleich­ge­blie­ben.

Die Kläge­rin hat zu­letzt be­an­tragt,

die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an sie 57.500,00 Eu­ro brut­to

nebst Zin­sen hier­aus iHv. fünf Pro­zent­punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz der EZB seit 1. Ja­nu­ar 2008 zu be­zah­len.

Die Be­klag­te hat zu ih­rem Kla­ge­ab­wei­sungs­an­trag die An­sicht ver-

tre­ten, aus den bis­he­ri­gen Zah­lun­gen er­ge­be sich kein An­spruch auf ei­nen wei­te­ren Jah­res­bo­nus. Die­ser sei je­des Jahr er­neut durch ei­ne Ab­spra­che zwi­schen dem Ge­sell­schaf­ter und dem Geschäftsführer aus­ge­han­delt wor­den. Da­bei ha­be der Geschäftsführer erklärt, dass ein Teil des ei­gent­lich ihm zu­ste­hen­den Jah­res­bo­nus an sei­ne da­ma­li­ge Ehe­frau ge­zahlt wer­den sol­le. Der Ge­sell­schaf­ter ha­be ver­stan­den, dass der Geschäftsführer sei­ner Ehe­frau auf die­se Art und Wei­se ei­ne auf das Jah­res­en­de aus­ge­rich­te­te Weih­nachts­freu­de mit Sym­bol­wert un­ter Part­nern ei­ner in­tak­ten Be­zie­hung ha­be be­rei­ten wol­len. Mit der ar­beits­ver­trag­lich ge­schul­de­ten Leis­tung der Kläge­rin ha­be dies nichts zu tun. Die Kläge­rin sei durch die Zah­lung des Grund­ge­halts be­reits an­ge­mes­sen vergütet wor­den. Sie ha­be als Buch­hal­te­rin, an­ders als der Geschäftsführer, den Er­folg des Un­ter­neh­mens nicht maßgeb­lich be­ein­flusst. Darüber hin­aus fol­ge aus der un­ter­schied­li­chen Höhe der Zah­lun­gen, dass die


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Kläge­rin von kei­nem dau­er­haf­ten An­spruch ha­be aus­ge­hen dürfen. Die Be­rech­nung der Kläge­rin, wo­nach der Jah­res­bo­nus in et­wa 45 % des Jah­res­ge­halts be­tra­gen ha­be, sei nicht nach­voll­zieh­bar.

Das Ar­beits­ge­richt hat die Kla­ge ab­ge­wie­sen. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt

hat die Be­ru­fung der Kläge­rin zurück­ge­wie­sen. Mit der Re­vi­si­on ver­folgt die Kläge­rin ih­ren Kla­ge­an­trag wei­ter.

Ent­schei­dungs­gründe

Die Re­vi­si­on der Kläge­rin ist be­gründet und führt zur Auf­he­bung des

Ur­teils und Zurück­ver­wei­sung der Sa­che an das Lan­des­ar­beits­ge­richt.

I. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat an­ge­nom­men, dass sich der An­spruch

auf die Zah­lung ei­nes Jah­res­bo­nus für das Jahr 2007 nicht aus be­trieb­li­cher Übung er­ge­be. Ein kol­lek­ti­ver Be­zug feh­le. Auch un­ter Berück­sich­ti­gung des tatsächli­chen Ver­hal­tens der Be­klag­ten in der Ver­gan­gen­heit ha­be die Kläge­rin nicht da­von aus­ge­hen dürfen, dass ihr auch für die Zu­kunft ein Jah­res­bo­nus in be­stimm­ter Höhe zu­ste­he. Ge­gen ei­nen dau­er­haf­ten An­spruch spre­che be­reits die un­ter­schied­li­che Höhe der Zah­lun­gen. Es sei nicht er­kenn­bar, dass der Bo­nus sich nach ei­nem abs­trak­ten Be­rech­nungs­mo­dell ge­rich­tet ha­be. Die von der Kläge­rin be­haup­te­te und auf das Jah­res­ge­halt ab­stel­len­de Be­rech­nungs­me­tho­de sei un­gewöhn­lich und nicht nach­voll­zieh­bar. So­fern die übri­gen Mit­ar­bei­ter ei­nen Frei­wil­lig­keits­vor­be­halt un­ter­schrie­ben ha­ben soll­ten, sei be­reits frag­lich, ob die Kläge­rin an­ge­sichts der be­acht­li­chen Höhe der Bo­nus­zah­lun­gen mit die­sen ver­gli­chen wer­den könne. Das Feh­len ei­nes Frei­wil­lig-keits­vor­be­halts rei­che für die An­nah­me ei­ner dau­er­haf­ten Ver­pflich­tung nicht aus. Der An­spruch er­ge­be sich nach den­sel­ben Erwägun­gen auch nicht aus ei­ner kon­klu­den­ten Ver­tragsände­rung; aus dem Ver­hal­ten der Be­klag­ten könne nicht ge­schlos­sen wer­den, sie ha­be sich auch für die Zu­kunft zur Zah­lung ver­pflich­ten wol­len.


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II. Mit die­ser Be­gründung kann die Kla­ge nicht ab­ge­wie­sen wer­den.

1. Zu­tref­fend ist das Lan­des­ar­beits­ge­richt zunächst da­von aus­ge­gan­gen,
dass die Kläge­rin die Vor­aus­set­zun­gen ei­nes An­spruchs aus be­trieb­li­cher Übung nicht dar­ge­tan hat. Ei­ne be­trieb­li­che Übung be­zieht sich auf ei­ne Viel­zahl von Ar­beit­neh­mern oder zu­min­dest auf ei­ne ab­grenz­ba­re Grup­pe von Ar­beit­neh­mern, oh­ne dass in­di­vi­du­el­le Be­son­der­hei­ten die ver­trag­li­chen Be­zie­hun­gen ge­stal­ten. Das Rechts­in­sti­tut der be­trieb­li­chen Übung enthält ein kol­lek­ti­ves Ele­ment (vgl. BAG 11. April 2006 - 9 AZR 500/05 - Rn. 15, BA­GE 118, 16; 6. De­zem­ber 1995 - 10 AZR 123/95 - zu II 1 der Gründe, AP BGB § 611 Gra­ti­fi­ka­ti­on Nr. 186 = EzA BGB § 242 Gleich­be­hand­lung Nr. 68).

Selbst wenn auch an an­de­re Ar­beit­neh­mer Son­der­leis­tun­gen er­bracht

wor­den sind, sind die­se gemäß dem Vor­trag der Kläge­rin nicht mit der von ihr be­gehr­ten Leis­tung ver­gleich­bar. Nur sie soll­te da­nach ent­spre­chend ih­rer her­aus­ge­ho­be­nen Stel­lung ei­nen An­spruch auf ei­nen Bo­nus er­wer­ben.

2. Aus dem­sel­ben Grund schei­tert ein An­spruch aus dem Ge­sichts­punkt
des ar­beits­recht­li­chen Gleich­be­hand­lungs­grund­sat­zes.

3. Al­ler­dings hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt nicht aus­rei­chend berück-
sich­tigt, dass sich ein An­spruch auf­grund ei­ner in­di­vi­du­el­len ar­beits­ver­trag-

li­chen kon­klu­den­ten Ab­re­de er­ge­ben kann.

a) Es kann da­hin­ste­hen, ob es sich we­gen des Ein­zel­fall­cha­rak­ters der

Zah­lun­gen um ei­ne so­ge­nann­te nicht­ty­pi­sche Erklärung han­delt, de­ren Würdi­gung nur ei­ner ein­ge­schränk­ten Über­prüfung durch den Se­nat un­ter­liegt (vgl. BAG 20. Fe­bru­ar 2001 - 9 AZR 46/00 - zu II 2 der Gründe, AP TVG § 1 Ta­rif­verträge: Gaststätten Nr. 11 = EzA TVG § 4 Aus­schluss­fris­ten Nr. 139), oder ob der Erklärungs­wert des Ver­hal­tens der Be­klag­ten in vol­lem Um­fang re­vi­si­ons­recht­lich zu über­prüfen ist. Auch ei­ner ein­ge­schränk­ten Über­prüfung hält die Be­ur­tei­lung des Lan­des­ar­beits­ge­richts nicht stand, denn es hat ei­ne mögli­che Aus­le­gung nicht in Erwägung ge­zo­gen und er­heb­li­chen Vor­trag der Par­tei­en nicht auf­geklärt und gewürdigt.


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b) Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat fest­ge­stellt, dass die Kläge­rin seit Be­ginn
des Ar­beits­verhält­nis­ses jähr­li­che Bo­nus­zah­lun­gen er­hielt, wo­bei ab dem Jahr 2000 die Zah­lun­gen mit der De­zem­be­r­ab­rech­nung er­folg­ten und von ca. 26.500,00 Eu­ro im Jahr 2000 auf 57.500,00 Eu­ro im Jahr 2005 in un­ter­schied­li­chem Maß an­stie­gen und im Jahr 2006 gleich­blie­ben. Da­bei hat­te der Ge­sell­schaf­ter der Be­klag­ten (Herr D) der Kläge­rin je­weils mit­ge­teilt, dass sie ei­nen Jah­res­bo­nus in be­stimm­ter Höhe er­hal­ten wer­de. Ein Frei­wil­lig­keits­vor-be­halt wur­de nicht erklärt. Die Kläge­rin hat hier­zu be­haup­tet, nur die Höhe der Zah­lung sei je­weils von der Be­klag­ten fest­ge­legt wor­den, wo­bei der Ge­sell­schaf­ter ent­schie­den ha­be, dass auch bei ei­nem ge­genüber dem Vor­jahr schlech­te­ren Jah­res­er­geb­nis kei­ne Kürzung er­fol­ge und bei gu­ten Jah­res­er­geb­nis­sen der Bo­nus je­des Mal erhöht wer­de. Er ha­be da­zu geäußert, schließlich sei der Ein­satz der Kläge­rin gleich wie im Vor­jahr ge­we­sen, wes­halb ei­ne Kürzung nicht ge­recht­fer­tigt sei.

c) Aus die­sem tatsächli­chen Ver­hal­ten im Zu­sam­men­hang mit den be-
haup­te­ten Äußerun­gen des Ge­sell­schaf­ters kann ein An­ge­bot der Be­klag­ten ge­fol­gert wer­den, das die Kläge­rin durch schlüssi­ges Ver­hal­ten an­ge­nom­men hat (§ 151 BGB). Das Lan­des­ar­beits­ge­richt hat die Möglich­keit der Aus­le­gung ei­ner Zu­sa­ge dem Grun­de nach über­g­an­gen und da­mit die §§ 133, 157 BGB ver­letzt. Es hat rechts­feh­ler­haft ei­nen in­di­vi­du­al­recht­li­chen An­spruch schon des­halb ver­neint, weil die Zah­lung nicht in ei­ner be­stimm­ten Höhe zu­ge­sagt wor­den sei. Es ist aber ge­ra­de ty­pisch für ei­nen Bo­nus­an­spruch, dass die­ser abhängig ist von ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten, wie zB dem Be­triebs­er­geb­nis und/oder ei­ner persönli­chen Leis­tung, und da­her schwankt. Es er­scheint oh­ne Wei­te­res möglich, dass auf­grund der jähr­li­chen Zah­lun­gen in Ver­bin­dung mit dem tatsächli­chen Ver­hal­ten der Be­klag­ten die An­nah­me der Kläge­rin ge­recht­fer­tigt war, die Be­klag­te wol­le sich hin­sicht­lich der Bo­nus­zah­lun­gen in ir­gend­ei­ner Wei­se auf Dau­er bin­den. Soll­te über den Grund des An­spruchs je­des Jahr neu ent­schie­den wer­den, hätte es na­he ge­le­gen, auf die Ein­ma­lig­keit der Zah­lung be­son­ders hin­zu­wei­sen.


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4. Der Se­nat kann auf­grund des fest­ge­stell­ten Sach­ver­halts we­der über

den An­spruch selbst noch zur Höhe ab­sch­ließend ent­schei­den.

a) Hin­sicht­lich des An­spruchs­grun­des un­ter­liegt es der tatrich­ter­li­chen
Prüfung, ob und ge­ge­be­nen­falls in­wie­weit die Be­klag­te den Vor­trag der Kläge­rin über die Äußerun­gen des Ge­sell­schaf­ters der Be­klag­ten be­strit­ten hat (§ 138 Abs. 3 ZPO). Zu klären ist wei­ter­hin, ob der Vor­trag der Be­klag­ten, die Zah­lun­gen sei­en nach frei­em Be­lie­ben in­tern fest­ge­setzt wor­den, den Grund oder nur die Höhe der Zah­lung be­traf. Denk­bar ist auch, dass die Be­klag­te be­haup­ten woll­te, dass sich so­wohl Grund als auch Höhe des An­spruchs nach dem Bo­nus­an­spruch des Geschäftsführers rich­ten soll­ten. Wenn die­ser ei­nen dau­er­haf­ten Bo­nus­an­spruch hat­te, kann das dafür spre­chen, dass auch die Kläge­rin in Zu­kunft ei­nen sol­chen An­spruch er­hal­ten soll­te. Ob der Ehe­mann auf ei­nen Teil sei­ner Leis­tung ver­zich­ten und ob er sei­ner Ehe­frau et­was ver­schaf­fen woll­te, ist im Verhält­nis der Par­tei­en un­er­heb­lich. Zu klären ist, was die Ehe­leu­te be­tref­fend den Bo­nus un­ter­ein­an­der be­spro­chen ha­ben, und ob der ar­beits­ver­trag­lich aus­drück­lich be­gründe­te An­spruch der Kläge­rin auf ein 13. Mo­nats­ge­halt ei­ne Rol­le spielt, ob zB der Bo­nus an die Stel­le des 13. Mo­nats­ge­halts ge­tre­ten ist. Dies wird aus den vor­ge­leg­ten Ab­rech­nun­gen und dem vor­ge­tra­ge­nen Jah­res­ein­kom­men nicht deut­lich.

Den Par­tei­en ist Ge­le­gen­heit zu ge­ben, zu die­sen Fra­gen wei­ter vor­zu-

tra­gen und Be­weis an­zu­tre­ten.

b) Er­gibt sich ein An­spruch dem Grun­de nach, ist der Be­klag­ten im
Rah­men ei­ner ab­ge­stuf­ten Dar­le­gungs- und Be­weis­last Ge­le­gen­heit zu ge­ben, da­zu vor­zu­tra­gen, nach wel­chen Kri­te­ri­en die Höhe der Zah­lung be­stimmt wur­de. Auch wenn die Kläge­rin hier­zu bis­her kei­ne nach­voll­zieh­ba­re Re­gel vor­ge­tra­gen hat, ist im­mer­hin ein An­stei­gen fest­stell­bar. Es liegt na­he, dass der Bo­nus­an­spruch sich nach dem je­wei­li­gen Geschäfts­er­geb­nis ge­rich­tet hat, so­lan­ge er an­stieg. Ei­ne Rol­le mag auch spie­len, in wel­cher Höhe der Ge­schäftsführer der Be­klag­ten im je­wei­li­gen Jahr ei­nen Bo­nus­an­spruch er­hal­ten hat, hier­aus kann sich ge­ge­be­nen­falls ein be­stimm­ter Bruch­teil er­ge­ben, den die Kläge­rin er­hal­ten soll­te.


Hint­lo­glou Schle­gel

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In Be­tracht kommt die An­wen­dung des § 612 Abs. 2 BGB. Da we­der

ei­ne taxmäßige noch ei­ne übli­che Bo­nus­vergütung er­sicht­lich ist, ist die Höhe, wenn ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung eben­falls aus­schei­det, durch die Be­klag­te nach § 315 Abs. 1 bis 3 BGB zu be­stim­men. Ggf. hat das Lan­des­ar­beits­ge­richt die Höhe des Bo­nus gem. § 315 Abs. 3 Satz 2 BGB durch Ur­teil fest­zu­set­zen.

Im Ge­gen­satz zur Auf­fas­sung des Lan­des­ar­beits­ge­richts han­delt es

sich bei dem An­spruch auf die Zah­lung ei­nes dem bil­li­gen Er­mes­sen ent­spre­chen­den Bo­nus nicht um ei­nen ge­son­der­ten, von der Kläge­rin bis­her nicht gel­tend ge­mach­ten Streit­ge­gen­stand. Der Streit­ge­gen­stand im Zi­vil­pro­zess be­trifft we­der um­fas­send ei­ne be­stimm­te Rechts­fol­ge noch le­dig­lich ei­nen be­stimm­ten ma­te­ri­ell-recht­li­chen An­spruch. Nach § 322 Abs. 1 ZPO er­gibt sich der als Rechts­schutz­be­geh­ren auf­ge­fass­te pro­zes­sua­le An­spruch durch den Kla­ge­an­trag und den da­zu­gehöri­gen Le­bens­sach­ver­halt, aus dem der Kläger die be­gehr­te Rechts­fol­ge her­lei­tet (BAG 18. No­vem­ber 2008 - 3 AZR 970/06 - Rn. 14, AP BGB § 242 Ru­he­ge­halt - Pen­si­ons­kas­sen Nr. 6; 17. April 2002 - 5 AZR 400/00 - zu II 1 der Gründe, AP ZPO § 322 Nr. 34). Der An­spruch auf die nach bil­li­gem Er­mes­sen fest­zu­set­zen­de Bo­nus­zah­lung ba­siert auf dem­sel­ben Le­bens­sach­ver­halt wie der An­spruch auf ei­nen be­stimm­ten kon­klu­dent ver­ein­bar­ten oder übli­chen Bo­nus, nämlich auf ei­ner Ab­spra­che der Par­tei­en (vgl. BGH 4. April 2006 - X ZR 122/05 - BGHZ 167, 139). Im An­wen­dungs­be­reich von § 315 Abs. 3 BGB kann die Kla­ge auch un­mit­tel­bar auf Zah­lung des nach Mei­nung des Gläubi­gers an­ge­mes­se­nen Be­trags ge­rich­tet wer­den, oh­ne dass ein ge­son­der­tes Ge­stal­tungs­ur­teil er­ge­hen müss­te (vgl. BGH 26. Sep­tem­ber 2006 - X ZR 181/03 - mwN, NJW-RR 2007, 103). Der An­spruch der Kläge­rin rich­tet sich bei natürli­cher Be­trach­tungs­wei­se auf ein ein­heit­li­ches Ziel (vgl. BGH 19. No­vem­ber 2003 - VIII ZR 60/03 - BGHZ 157, 47).

Mi­kosch Mar­quardt Mest­werdt

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