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LAG Schles­wig-Hol­stein, Ur­teil vom 20.01.2009, 5 Sa 101/08

   
Schlagworte: Chefarzt, Bezugnahmeklausel, Tarifvertrag: Bezugnahme
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Schleswig-Holstein
Aktenzeichen: 5 Sa 101/08
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 20.01.2009
   
Leitsätze: Hat der im Bereich der VKA tarifgebundene Arbeitgeber mit einem Chefarzt, der seinerseits Mitglied des Marburger Bundes ist, vereinbart, dass sich dessen Vergütung nach der Verg.Gr. I BAT in der jeweils geltenden Fassung richtet bzw. nach der entsprechenden Vergütungsgruppe eines den BAT ersetzenden neuen Tarifvertrages, so hat der Chefarzt seit Inkrafttreten des TV-Ärzte/VKA, d. h. seit dem 01.08.2006, Anspruch auf Vergütung nach Entg.Gr. IV TV-Ärzte/VKA. Dies folgt vorliegend aus einer ergänzenden Vertragsauslegung.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Lübeck, Urteil vom 14.02.2008, 1 Ca 2986 b/07
   

Lan­des­ar­beits­ge­richt Schles­wig-Hol­stein

Ak­ten­zei­chen: 5Sa 101/08 1 Ca 2986 b/07 ArbG Lübeck (Bit­te bei al­len Schrei­ben an­ge­ben!)

 

Verkündet am 20.01.2009

Gez. ...
als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le 

 

Ur­teil

Im Na­men des Vol­kes

In dem Rechts­streit

pp.

hat die 5. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Schles­wig-Hol­stein auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 20.01.2009 durch die Vor­sit­zen­de Rich­te­rin am Lan­des­ar­beits­ge­richt ... als Vor­sit­zen­de und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ... als Bei­sit­zer und d. eh­ren­amt­li­chen Rich­ter ... als Bei­sit­zer

für Recht er­kannt:

1. Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Lübeck vom 14.02.2008, Az. öD 1 Ca 2986 b/07, wird zurück­ge­wie­sen.

2. Die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens trägt die Be­klag­te.

3. Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

 

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Rechts­mit­tel­be­leh­rung

Ge­gen die­ses Ur­teil kann durch Ein­rei­chung ei­ner Re­vi­si­ons­schrift bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt in 99084 Er­furt, Hu­go-Preuß-Platz 1, Te­le­fax: (0361) 26 36 - 20 00 Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­den.´

Die Re­vi­si­ons­schrift muss

bin­nen ei­ner Not­frist von ei­nem Mo­nat

beim Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­ge­gan­gen sein.

Der Re­vi­si­onskläger muss die Re­vi­si­on be­gründen. Die Re­vi­si­ons­be­gründung ist, so­fern sie nicht be­reits in der Re­vi­si­ons­schrift ent­hal­ten ist, in ei­nem Schrift­satz bei dem Bun­des­ar­beits­ge­richt ein­zu­rei­chen. Die Frist für die Re­vi­si­ons­be­gründung beträgt

zwei Mo­na­te.

Die Fris­ten für die Ein­le­gung und die Be­gründung der Re­vi­si­on be­gin­nen mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens aber mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss das Ur­teil be­zeich­nen, ge­gen das die Re­vi­si­on ge­rich­tet wird, und die Erklärung ent­hal­ten, dass ge­gen die­ses Ur­teil Re­vi­si­on ein­ge­legt wer­de.

Die Re­vi­si­on und Re­vi­si­ons­be­gründung müssen von ei­nem bei ei­nem deut­schen Ge­richt zu­ge­las­se­nen Rechts­an­walt un­ter­zeich­net sein.

An sei­ne Stel­le kann auch ein Ver­tre­ter ei­nes Ver­ban­des (Ge­werk­schaf­ten, Ar­beit­ge­ber­ver­ei­ni­gun­gen) oder ei­nes Spit­zen­ver­ban­des (Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände) tre­ten, so­fern er kraft Sat­zung oder Voll­macht zur Ver­tre­tung be­fugt und die Par­tei Mit­glied des Ver­ban­des oder Spit­zen­ver­ban­des ist. An die Stel­le der vor­ge­nann­ten Ver­tre­ter können auch An­ge­stell­te ei­ner ju­ris­ti­schen Per­son, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner die­ser Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, tre­ten, so­fern die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung der Ver­bands­mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und der Ver­band für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet. Ist die Par­tei Mit­glied ei­nes Ver­ban­des oder Spit­zen­ver­ban­des, kann sie sich auch durch ei­nen Ver­tre­ter ei­nes an­de­ren Ver­ban­des oder An­ge­stell­ten ei­ner der oben ge­nann­ten ju­ris­ti­schen Per­so­nen mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung ver­tre­ten las­sen. Die Per­so­nen, die für die­se Or­ga­ni­sa­tio­nen han­deln, müssen über die Befähi­gung zum Rich­ter­amt verfügen.

Der Re­vi­si­ons­schrift soll ei­ne Aus­fer­ti­gung oder be­glau­big­te Ab­schrift des an­ge­foch­te­nen Ur­teils bei­gefügt wer­den.

Der Schrift­form wird auch durch Ein­rei­chung ei­nes elek­tro­ni­schen Do­ku­ments genügt, wenn es für die Be­ar­bei­tung durch das Ge­richt ge­eig­net ist. Schriftsätze können da­zu über ei­ne ge­si­cher­te Ver­bin­dung in den elek­tro­ni­schen Ge­richts­brief­kas­ten des Bun­des­ar­beits­ge­richts ein­ge­legt wer­den. Die er­for­der­li­che Zu­gangs- und Über­tra­gungs­soft­ware kann li­zenz­kos­ten­frei über die In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts (www.bun­des­ar­beits­ge­richt.de) her­un­ter­ge­la­den wer­den. Das Do­ku­ment ist mit ei­ner qua­li­fi­zier­ten Si­gna­tur nach dem Si­gna­tur­ge­setz zu ver­se­hen. Nähe­re In­for­ma­tio­nen fin­den sich auf der In­ter­net­sei­te des Bun­des­ar­beits­ge­richts (s.o.) so­wie un­ter www.egvp.de.

(Rechts­mit­tel­schrif­ten, Rechts­mit­tel­be­gründungs­schrif­ten und wech­sel­sei­ti­ge Schriftsätze im Ver­fah­ren vor dem Bun­des­ar­beits­ge­richt sind in sie­ben­fa­cher - für je­den wei­te­ren Be­tei­lig­ten ei­ne wei­te­re - Aus­fer­ti­gung ein­zu­rei­chen.)

 

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Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten über die Höhe der dem Kläger ver­trag­lich zu­ge­si­cher­ten Chef­arzt-Vergütung.

Der 53-jähri­ge Kläger ist bei der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin seit 01.05.2001 als lei­ten­der Ab­tei­lungs­arzt (Chef­arzt) der chir­ur­gi­schen Ab­tei­lung der Kli­nik E... beschäftigt. Ne­ben dem Recht der Pri­vat­li­qui­da­ti­on ver­ein­bar­ten die Par­tei­en in dem zu­grund­lie­gen­den Dienst­ver­trag fol­gen­de Re­ge­lung (Bl. 6 ff., 14 d. A.):

㤠8
Vergütung im dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­reich und Einräum­ung des Li­qui­da­ti­ons­rech­tes

(1) Der Arzt erhält für sei­ne Tätig­keit im dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­reich ei­ne Vergütung ent­spre­chend der Vergütungs­grup­pe I BAT der An­la­ge 1a zum BAT (VKA), d. h. Grund­vergütung nach § 27 BAT, Orts­zu­schlag nach Maßga­be des § 29 BAT so­wie Zu­la­gen, ei­ne Zu­wen­dung und ein Ur­laubs­geld ent­spre­chend den ta­rif­li­chen Re­ge­lun­gen zum BAT in der je­weils gülti­gen Fas­sung.

Wird der BAT oder der maßge­ben­de Vergütungs­ta­rif­ver­trag im Be­reich der VKA durch ei­nen an­de­ren Ta­rif­ver­trag er­setzt, so tritt an die Stel­le der ver­ein­bar­ten BAT-Vergütungs­grup­pe die ent­spre­chen­de Vergütungs­grup­pe des neu­en Ta­rif­ver­tra­ges un­ter Berück­sich­ti­gung et­wai­ger Über­lei­tungs­be­stim­mun­gen.
Die dem Arzt zu­letzt nach BAT (VKA) zu­ste­hen­de Vergütung bleibt der Höhe nach un­an­ge­tas­tet.
...“

Die Re­ge­lun­gen des Bun­des­an­ge­stell­ten­ta­rif­ver­tra­ges (BAT) sind durch den Ta­rif­ver­trag für den öffent­li­chen Dienst vom 13.09.2005 (TVöD) er­setzt wor­den. Gemäß § 4 Abs. 1 TVÜ-VKA wird die Vergütungs­grup­pe (§ 22 BAT) nach der An­la­ge 1 den Ent­gelt­grup­pen des TVöD zu­ge­ord­net. Nach die­ser An­la­ge ent­spricht die VergGr. I BAT der EntgGr. 15 Ü TVöD. Im Be­reich der kom­mu­na­len Kran­kenhäuser gilt ne­ben dem TVöD der „Be­son­de­re Teil Kran­kenhäuser“ (TVöD-BT-K), der kon­kre­te Re­ge­lun­gen für Ärz­tin­nen und Ärz­te enthält. Nach § 44 Abs. 1 TVöD-BT-K beträgt die re­gelmäßige Wo­chen­ar­beits­zeit für Ärz­te 40 St­un­den. Die Ein­grup­pie­rungs­grundsätze sind in § 51 TVöD-BT-K i. V. m. § 4 Abs. 1 S. 2 TVÜ-VKA ge­re­gelt.

Der TVöD so­wie der TVÜ-VKA wur­de ab­ge­schlos­sen zwi­schen der Ver­ei­ni­gung der kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­verbände (VKA) so­wie der Ge­werk­schaft ver.di so­wie der

 

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dbb Ta­rif­uni­on. Bei Ab­schluss des TVöD war die Ta­rif­ge­mein­schaft mit dem Mar­bur­ger Bund be­reits zer­bro­chen. Der Mar­bur­ger Bund ver­ein­bar­te mit dem VKA am 17.08.2006 ei­nen ei­ge­nen Ta­rif­ver­trag für Ärz­tin­nen und Ärz­te an kom­mu­na­len Kran­kenhäusern im Be­reich der Ver­ei­ni­gung der kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­verbände (TV-Ärz­te/VKA), der am 01.08.2006 in Kraft trat. Gemäß § 7 Abs. 1 TV-Ärz­te/VKA beträgt die Wo­chen­ar­beits­zeit durch­schnitt­lich 40 St­un­den. Die Ein­grup­pie­rungs­grundsätze er­ge­ben sich aus § 16 TV-Ärz­te/VKA i. V. m. § 4 TVÜ-Ärz­te/VKA.

Seit In­kraft­tre­ten des TVöD, d.h. seit dem 01.10.2005, vergütet die Be­klag­te den Kläger nach der Ent­gelt­grup­pe (EntgGr.) 15 TVöD zzgl. ei­ner in­di­vi­du­el­len Zwi­schen­stu­fe. Zu­letzt zahl­te die Be­klag­te an den Kläger ein Mo­nats­ge­halt über € 5.625,00 brut­to zzgl. ei­ner in­di­vi­du­el­len Zwi­schen­stu­fe in Höhe von € 118,28 brut­to. Dem­ge­genüber beträgt die Vergütung nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA € 6.500,00 mo­nat­lich.

Mit an al­le Ärz­te und Ärz­tin­nen ge­rich­te­ten Schrei­ben vom 20.11.2006 (Bl. 28 d. A.), wel­ches auch der Kläger er­hielt, teil­te die Be­klag­te mit, sie ge­he da­von aus, dass der TVöD bis zum In­kraft­tre­ten des neu­en Ta­rif­ver­trags zwi­schen dem Mar­bur­ger Bund und der Ver­ei­ni­gung der Kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber über­g­angs­wei­se wei­ter gel­te. So­bald der neue Ta­rif­ver­trag vor­lie­ge und vom Re­chen­zen­trum ein­ge­spielt wor­den sei, wer­de sie, die Be­klag­te, die Zah­lun­gen rück­wir­kend nach dem Ärz­te­ta­rif­ver­trag be­rich­ti­gen. Dem Schrei­ben lag ein ent­spre­chen­der Be­schluss des Vor­stands der Be­klag­ten zu­grun­de. Ob die­ser auch für den Kläger als Chef­arzt gel­ten soll­te, ist strei­tig.

Mit Schrei­ben vom 29.06.2007 (Bl. 29 d. A.) be­an­trag­te der Kläger rück­wir­kend ei­ne Ein­grup­pie­rung nach der Ent­gelt­grup­pe IV TV-Ärz­te/VKA.

Am 20.11.2007 hat der Kläger Kla­ge er­ho­ben mit den Anträgen

1. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len an den Kläger EUR 11.350,80 brut­to nebst Zin­sen in Höhe von 5 %-Punk­ten über dem Ba­sis­zins­satz auf je­weils EUR 756,72 seit dem 31.08.2006, 30.09.2006, 31.10.2006, 30.11.2006, 31.12.2006, 31.01.2007, 28.02.2007, 31.03.2007, 30.04.2007, 31.05.2007, 30.06.2007, 31.07.2007, 31.08.2007, 30.09.2007 und 31.10.2007 zu zah­len,

 

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2. die Be­klag­te zu ver­ur­tei­len, an den Kläger ab No­vem­ber 2007 mo­nat­lich fort­lau­fend je­weils zum Letz­ten ei­nes je­den Mo­nats ei­ne Brut­to­vergütung gemäß der Ent­gelt­grup­pe IV TV-Ärz­te/VKA zu zah­len.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

We­gen des wei­te­ren Sach- und Streit­stands in ers­ter In­stanz, ins­be­son­de­re des strei­ti­gen Par­tei­vor­brin­gens, so­wie der erst­in­stanz­li­chen Anträge wird auf den Tat­be­stand des an­ge­foch­te­nen Ur­teils ein­sch­ließlich der In­be­zug­nah­men ver­wie­sen, § 69 Abs. 2 ArbGG.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 14.02.2008 der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Der Kläger ha­be ei­nen ver­trag­li­chen An­spruch auf Zah­lung der Vergütungs­dif­fe­renz zwi­schen sei­ner der­zei­ti­gen Vergütung und der­je­ni­gen nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA. Die­ser An­spruch fol­ge aus ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung des § 8 Abs. 1 Un­ter-abs. 2 sei­nes Ar­beits­ver­tra­ges. Hier­bei han­de­le es sich um ei­ne dy­na­mi­sche Ver­wei­sungs­klau­sel, so­dass mit In­kraft­tre­ten des TVöD sich die Vergütung des Klägers nach die­sem Ta­rif­ver­trag ge­rich­tet ha­be. In­des­sen ent­hal­te § 8 Abs. 1 Un­terabs. 2 des Ar­beits­ver­tra­ges ei­ne plan­wid­ri­ge Lücke. Die Par­tei­en hätten bei Ab­schluss des Ar­beits­ver­tra­ges nicht wis­sen können, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft zwi­schen ver.di und Mar­bur­ger Bund auf­gelöst wur­de und die­se Ge­werk­schaf­ten mit dem VKA je­weils un­ter­schied­li­che Ta­rif­verträge ab­sch­ließen. Ei­ne in­ter­es­sen­ge­rech­te Re­ge­lung se­he so aus, dass sie bei Kennt­nis der Auflösung der Ta­rif­ge­mein­schaft die Gel­tung des Ta­rif­ver­tra­ges gewählt hätten, der kraft un­mit­tel­ba­rer Ta­rif­bin­dung An­wen­dung fände. Da bei­de Par­tei­en Mit­glied der den TV-Ärz­te/VKA ab­sch­ließen­den Ta­rif­ver­trags­par­tei­en sei­en, lie­ge es na­he, dass sie in­di­vi­du­al­recht­lich die An­wen­dung ge­ra­de die­ses Ta­rif­ver­tra­ges ver­ein­bart hätten. Gestützt wer­de das Aus­le­gungs­er­geb­nis auch da­durch, dass in § 2 Abs. 1 TVÜ-Ärz­te/VKA aus­drück­lich ge­re­gelt sei, dass der TV-Ärz­te/VKA den TVöD und den TVöD-BT-K er­set­ze. Zu­dem wäre es ku­ri­os, wenn der Kläger auf­grund sei­ner ar­beits­ver­trag­li­chen Re­ge­lung nach dem TVöD be­zahlt wer­den müss­te und da­mit we­ni­ger er­hal­ten würde als der ihm un­ter­stell­te Ober­arzt

 

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nach ei­nem Jahr Tätig­keit in sei­nem Be­ruf, der nach dem TV-Ärz­te/VKA vergütet wer­de. Die Ansprüche des Klägers sei­en auch nicht ver­fal­len. Da die Be­klag­te mit Schrei­ben vom 20.11.2006 aus­drück­lich zu­ge­sagt ha­be, die Zah­lun­gen nach dem Ärz­te­ta­rif­ver­trag rück­wir­kend zu be­rich­ti­gen, könne sie sich nach Treu und Glau­ben nicht auf die ta­rif­li­chen Aus­schluss­fris­ten be­ru­fen.

Ge­gen die­ses ihr am 29.02.2008 zu­ge­stell­te Ur­teil hat die Be­klag­te am 14.03.2008 beim Lan­des­ar­beits­ge­richt Be­ru­fung ein­ge­legt und die­se nach gewähr­ter Frist­verlänge­rung bis zum 29.05.2008 am 17.05.2008 be­gründet.

Die Be­klag­te trägt vor,

das Ar­beits­ge­richt ha­be im Zu­ge der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung ein­sei­tig nur die In­ter­es­sen des Klägers berück­sich­tigt. Es wäre nie­mals ihr hy­po­the­ti­scher Wil­le ge­we­sen, den Kläger ne­ben der Einräum­ung des Li­qui­da­ti­ons­rechts nach der EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA zu vergüten. Bei der Aus­le­gung kom­me es auch nicht auf ei­ne ir­gend­wie ge­ar­te­te Nähe zu ei­nem Ta­rif­ver­trag an. Der Kläger sei als Chef­arzt ein AT-Mit­ar­bei­ter, auf des­sen Ar­beits­verhält­nis fin­de un­strei­tig über­haupt kein Ta­rif­ver­trag An­wen­dung. Le­dig­lich die Vergütung soll­te sich ana­log nach der VergGr. I BAT rich­ten. Es sei dem­nach zu prüfen, wel­che Vergütungs­grup­pe in wel­chem Ta­rif­ver­trag der VergGr. I BAT am ehes­ten ent­spre­che. Das sei der TVöD, der die Vergütungs­grup­pen des BAT fort­ge­schrie­ben ha­be. Der TV-Ärz­te/VKA da­ge­gen ba­sie­re auf­grund der in die­sem Ta­rif­werk an­ders ge­re­gel­ten Ar­beits­be­din­gun­gen auf ei­nem voll­kom­men an­de­ren Vergütungs­sys­tem. Das Ar­beits­ge­richt las­se zu­dem bei sei­ner ein­sei­ti­gen Ver­trags­aus­le­gung un­berück­sich­tigt, dass die Erhöhung der Vergütung ein­her­ge­he mit ei­ner er­heb­li­chen Abände­rung der Ar­beits­be­din­gun­gen. Während die VergGr. 15 TVöD die VergGr. I BAT fortführe und eben­so ei­ne Wo­chen­ar­beits­zeit von 38,5 St­un­den vor­se­he, berück­sich­ti­ge die EntgGr. IV des TV-Ärz­te/VKA, de­ren Ein­grup­pie­rung der Kläger for­de­re, ei­ne Wo­chen­ar­beits­zeit von 40 St­un­den. Es wäre an­ge­sichts des dem Kläger zu­er­kann­ten weit­rei­chen­den Li­qui­da­ti­ons­rechts nicht in­ter­es­sen­ge­recht, wenn die­ser an den Vergüns­ti­gun­gen ei­nes neu­en Ta­rif­wer­kes teilhätte, oh­ne an die Ver­schlech­te­run­gen, die die­ses neue Ta­rif­werk vor­se­he, ge­bun­den zu sein. Ge­gen die vom Ar­beits­ge­richt vor­ge­nom­me­ne Aus­le­gung spre­che zu­dem § 8 Abs. 7 des Ar­beits­ver­tra­ges. Durch die Ver­ein­ba­rung ei­ner Ga­ran­tie­vergü-

 

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tung be­ste­he ein gebühren­der Ab­stand zu dem Ge­halt ei­nes Ober­arz­tes. In dem Schrei­ben vom 20.11.2006 ha­be sie dem Kläger auch kei­ne Zu­sa­ge er­teilt, Zah­lun­gen nach dem TV-Ärz­te/VKA rück­wir­kend vor­zu­neh­men. Zu­dem weist der Kläger dar­auf hin, dass der BAT ab dem 01.10.2005 aus­sch­ließlich durch den TVöD ab­gelöst wor­den sei und nicht durch den TV-Ärz­te/VKA.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Lübeck vom 14.02.2008, Az. ö.D. 1 Ca 2986/07, ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen,

Der Kläger be­an­tragt,

die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Der Kläger ver­tei­digt

das an­ge­foch­te­ne Ur­teil. Un­ter Berück­sich­ti­gung der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung sei es fern­lie­gend, § 8 des Ar­beits­ver­tra­ges da­hin­ge­hend aus­zu­le­gen, dass es den In­ter­es­sen und hy­po­the­ti­schen Wil­len der Par­tei­en ent­spro­chen hätte, dem Kläger nach ei­nem frem­den Ta­rif­werk zu vergüten. Dass sich die Vergütung durch das In­kraft­tre­ten ei­nes neu­en Ta­rif­ver­tra­ges verände­re, sei das ty­pi­sche Ri­si­ko ei­ner dy­na­mi­schen Ver­wei­sung. Hier­ge­gen spre­che auch nicht der Um­stand, dass der TVöD die Vergütungs­grup­pen des BAT in der An­la­ge 1 über­nom­men ha­be. Denn erst sei nach § 8 Abs. 1 S. 2 des Ar­beits­ver­trags der den BAT er­set­zen­de Ta­rif­ver­trag zu be­stim­men und erst da­nach die ent­spre­chen­de Vergütungs­grup­pe in­ner­halb die­ses Ta­rif­ver­tra­ges. Für die Aus­le­gung sei auch ir­re­le­vant, dass die Vergütung nach dem TV-Ärz­te/VKA höher sei als die­je­ni­ge nach dem TVöD. Auf­grund der dy­na­mi­schen Ver­wei­sung sei von Vorn­her­ein ei­ne Ände­rung der Vergütungshöhe möglich ge­we­sen. Auch die un­ter­schied­li­chen Ar­beits­zei­ten in den den BAT er­set­zen­den Ta­rif­verträgen und das ihm ver­trag­lich ein­geräum­te Li­qui­da­ti­ons­recht führ­ten hier nicht wei­ter.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en im Be­ru­fungs­ver­fah­ren wird auf den münd­lich vor­ge­tra­ge­nen In­halt der zwi­schen ih­nen ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst An­la­gen so­wie den In­halt des Sit­zungs­pro­to­kolls vom 20.01.2009 ver­wie­sen.

 

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Ent­schei­dungs­gründe

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ist zulässig. Sie ist dem Be­schwer­de­wert nach statt­haft so­wie form- und frist­ge­recht ein­ge­legt und be­gründet wor­den, §§ 64 Abs. 2 lit. b; 66 Abs. 1 ArbGG; § 519 ZPO.

In der Sa­che selbst hat die Be­ru­fung in­des­sen kei­nen Er­folg, sie ist un­be­gründet.

Das Ar­beits­ge­richt hat der Kla­ge zu Recht statt­ge­ge­ben. Seit In­kraft­tre­ten des TV-Ärz­te/VKA, d.h. seit dem 01.08.2006, hat der Kläger An­spruch auf ein Ge­halt in Höhe der Vergütung nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA.

I. Der Zah­lungs­an­spruch ist be­gründet. Der Kläger hat seit dem 01.08.2006 An­spruch auf Vergütung nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA. Mit der Zah­lungs­kla­ge be­gehrt der Kläger für die Zeit von Au­gust 2006 bis Ok­to­ber 2007 den der Höhe nach un­strei­ti­gen Dif­fe­renz­be­trag zwi­schen der ihm nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA zu­ste­hen­den und der ihm sei­tens der Be­klag­ten ge­zahl­ten Vergütung.

1. Bei dem Zah­lungs­an­spruch han­delt es sich nicht um ei­nen ta­rif­li­chen, son­dern um ei­nen ein­zel­ver­trag­li­chen Vergütungs­an­spruch des Klägers. Ob­gleich bei­de Par­tei­en un­strei­tig durch de­ren Mit­glied­schaft im Mar­bur­ger Bund bzw. kom­mu­na­len Ar­beit­ge­ber­ver­band ta­rif­ge­bun­den sind, un­ter­liegt der Kläger als Chef­arzt un­strei­tig nicht dem persönli­chen Gel­tungs­be­reich des TVöD. Nach § 1 Abs. 2 TV-Ärz­te/VKA gilt die­ser Ta­rif­ver­trag nicht für Chefärz­te, wenn de­ren Ar­beits­be­din­gun­gen ein­zel­ver­trag­lich ver­ein­bart wor­den sind. Dies ist hier un­strei­tig der Fall. Ein ta­rif­li­cher An­spruch gemäß § 16 d) TV-Ärz­te/VKA kraft bei­der­sei­ti­ger Ta­rif­bin­dung schei­det mit­hin aus.

2. In­des­sen rich­tet sich das Ge­halt des Klägers auf­grund ar­beits­ver­trag­li­cher Be­zug­nah­me nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA. Die Par­tei­en ha­ben in § 8 Abs. 1 des zu­grun­de lie­gen­den Ar­beits­ver­trags die Vergütung nicht durch Ver­ein­ba­rung ei­nes fes­ten Be­tra­ges, son­dern durch ei­ne An­knüpfung an die je­wei­li­ge Vergütung nach VergGr. I BAT ge­re­gelt. Hier­bei han­delt es sich um ei­ne kon­sti­tu­ti­ve Be­zug­nah­me-

 

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klau­sel auf ein Ta­rif­werk, un­ter des­sen persönli­chen Gel­tungs­be­reich der Kläger nicht fiel. Die Aus­le­gung die­ser Ver­trags­klau­sel führt da­zu, dass sich die Höhe der Vergütung seit dem 01.08.2006 nach dem den BAT er­set­zen­den TV-Ärz­te/VKA rich­tet.

a) Nach den §§ 133, 157 BGB sind Verträge so aus­zu­le­gen, wie die Par­tei­en sie nach Treu und Glau­ben un­ter Berück­sich­ti­gung der Ver­kehrs­sit­te ver­ste­hen muss­ten. Da­bei ist vom Wort­laut aus­zu­ge­hen. Zur Er­mitt­lung des wirk­li­chen Wil­lens der Par­tei­en sind aber auch die außer­halb der Ver­ein­ba­rung lie­gen­den Umstände ein­zu­be­zie­hen, so­weit sie ei­nen Schluss auf den Sinn­ge­halt der Erklärung zu­las­sen. Dies gilt auch für ar­beits­ver­trag­li­che Ver­wei­sungs­klau­seln (BAG Urt. v. 19.09.2007 – 4 AZR 710/06 -, AP Nr. 54 zu § 133 BGB).

Bei der vor­lie­gen­den Ver­wei­sungs­klau­sel han­delt es sich um ei­ne so­ge­nann­te dy­na­mi­sche Ver­wei­sung. Dies folgt be­reits aus dem ein­deu­ti­gen Wort­laut von § 8 Abs. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges. Es ist kei­ne nach Da­tum be­stimm­te Fas­sung des BAT in Be­zug ge­nom­men wor­den, son­dern die „in der je­weils gülti­gen Fas­sung“. Zu­dem ha­ben die Par­tei­en vor­aus­schau­end für den Fall, dass der BAT durch ei­nen an­de­ren Ta­rif­ver­trag er­setzt wird, die ent­spre­chen­de Vergütungs­grup­pe des neu­en Ta­rif­ver­tra­ges un­ter Berück­sich­ti­gung et­wai­ger Über­lei­tungs­vor­schrif­ten ar­beits­ver­trag­lich in Be­zug ge­nom­men.

b) Ob­gleich der BAT mit Wir­kung ab dem 01.10.2005 durch den TVöD er­setzt wor­den ist (§ 2 Abs. 1 TVÜ-VKA), rich­tet sich die ver­trag­li­che Vergütung des Klägers seit dem 01.08.2006 nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA.

(1) Dies folgt aus ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung. Ei­ner ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung be­darf es im­mer dann, wenn zu ei­nem be­stimm­ten, re­ge­lungs­bedürf­ti­gen Punkt ei­ne Ver­ein­ba­rung der Par­tei­en von vorn­her­ein fehlt oder wenn sich später durch bei Ver­trags­schluss nicht er­kenn­ba­re Umstände auf­grund der wei­te­ren Ent­wick­lung der Rechts­be­zie­hun­gen der Ver­trags­part­ner ei­ne Re­ge­lungslücke er­gibt (BAG Urt. v. 26.06.1996 - 7 AZR 674/95 -, NZA 1997, 200; BAG Urt. v. 08.11.1972 - 4 AZR 15/72 -, AP Nr. 3 zu § 157 BGB).

 

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Im vor­lie­gen­den Fall ist die Vergütungs­ab­re­de in § 8 Abs. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges lücken­haft ge­wor­den. Denn der BAT wur­de nicht nur durch den von ver.di mit dem VKA ab­ge­schlos­se­nen TVöD, son­dern auch durch den vom Mar­bur­ger Bund mit dem VKA ab­ge­schlos­se­nen TV-Ärz­te/VKA er­setzt. Dass auch der TV-Ärz­te/VKA den BAT er­setzt hat, folgt aus § 2 Abs. 1 Spie­gel­strich 2 TVÜ-Ärz­te/VKA. Durch die Ent­wick­lung der Ta­rif­verträge im Be­reich des VKA hat sich ei­ne re­ge­lungs­bedürf­ti­ge Lücke im Ar­beits­ver­trag auf­ge­tan. § 8 Abs. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges lässt sich ge­ra­de nicht ent­neh­men, wel­cher die­ser bei­den Ta­rif­verträge, die bei­de den BAT er­setzt ha­ben, gel­ten soll. Es han­delt sich in­so­weit auch um ei­ne plan­wid­ri­ge Re­ge­lungslücke. Bei Ab­schluss des Dienst­ver­tra­ges konn­ten die Par­tei­en we­der wis­sen noch er­ah­nen, dass die Ta­rif­ge­mein­schaft der Ge­werk­schaft ver.di, dbb und Mar­bur­ger Bund im Be­reich der Ärz­te zer­bre­chen würde. Viel­mehr sind bei­de Par­tei­en übe­rein­stim­mend von dem im öffent­li­chen Dienst ein­heit­lich gel­ten­den Ta­rif­werk, dem BAT, aus­ge­gan­gen. Auf­grund der Tat­sa­che, dass ei­ne Neu­re­ge­lung des BAT seit ge­rau­mer Zeit in der po­li­ti­schen Dis­kus­si­on war, ha­ben die Par­tei­en zwar vor­aus­schau­end ge­re­gelt, dass sich die Vergütung im Fal­le der Er­set­zung des BAT durch ei­nen an­de­ren Ta­rif­ver­trag nach der ent­spre­chen­den Vergütungs­grup­pe des neu­en Ta­rif­ver­tra­ges rich­te. Da­bei sind die Par­tei­en je­doch er­kenn­bar da­von aus­ge­gan­gen, dass der BAT im Be­reich der VKA ein­heit­lich auf ei­nen neu­en Ta­rif­ver­trag über­geht. Ins­be­son­de­re war bei Ver­trags­schluss nicht er­kenn­bar, dass der Mar­bur­ger Bund mit dem VKA für die in kom­mu­na­len Kran­kenhäusern täti­gen, im Mar­bur­ger Bund or­ga­ni­sier­ten Ärz­te in Kon­kur­renz zu dem TVöD ei­nen ei­genständi­gen Ta­rif­ver­trag ab­sch­ließen wird. Da die Höhe des Ge­hal­tes in­des­sen oh­ne die Be­zug­nah­me auf ei­nen kon­kre­ten, den BAT er­set­zen­den Ta­rif­ver­trag nicht be­stimmt wer­den kann, be­darf es der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung.

Grund­la­ge der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung ist der hy­po­the­ti­sche Par­tei­wil­le. Es ist dar­auf ab­zu­stel­len, was die Par­tei­en bei an­ge­mes­se­ner Abwägung der bei­der­sei­ti­gen In­ter­es­sen nach Treu und Glau­ben als red­li­che Ver­trags­par­tei­en ver­ein­bart hätten, wenn sie den nicht ge­re­gel­ten Fall be­dacht hätten. Da­bei ist zunächst auf den Ver­trag selbst ab­zu­stel­len. Die in ihm ent­hal­te­nen Re­ge­lun­gen und Wer­tun­gen sind Aus­gangs­punkt der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung. Zu­gleich sind mit Treu und

 

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Glau­ben so­wie der Ver­kehrs­sit­te auch ob­jek­ti­ve Maßstäbe zu berück­sich­ti­gen. In die ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung sind da­her ne­ben in­di­vi­du­el­len auch ob­jek­ti­ve Kri­te­ri­en ein­zu­be­zie­hen (Pa­landt, 68. Aufl., Rn. 7 zu § 157 BGB). Zur Er­mitt­lung des maßgeb­li­chen wirk­li­chen Wil­lens der Par­tei­en ist so­mit zwar vom Wort­laut des Ver­tra­ges aus­zu­ge­hen; al­ler­dings sind auch die außer­halb der Ver­ein­ba­rung lie­gen­den Umstände ein­zu­be­zie­hen, so­weit sie ei­nen Schluss auf den Sinn­ge­halt der Erklärung zu­las­sen (BAG Urt. v.13.11.2007 – 3 AZR 636/06 -, AP Nr. 50 zu § 1 Be­trAVG). Ab­zu­stel­len ist auf den Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses und nicht auf die Zeit der Fest­stel­lung der Ver­tragslücke.

(2) Hier­an ge­mes­sen führt die ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung da­zu, dass sich das Ge­halt des Klägers seit dem 01.08.2006 nach dem Ein­grup­pie­rungs­sys­tem des § 16 TV-Ärz­te/VKA rich­tet.

(a) Zwar ist der Be­klag­ten zu­zu­ge­ste­hen, dass der TVöD so­wie der TVöD-BT-K für die im Gel­tungs­be­reich des VKA beschäftig­ten Ärz­te ei­genständi­ge Vergütungs­sys­te­me ent­hal­ten und dass die­se Ta­rif­wer­ke den BAT be­reits mit Wir­kung ab dem 01.10.2005 ab­gelöst ha­ben. Da­mit enthält nicht nur der mit dem Mar­bur­ger Bund ei­gens für Ärz­te ab­ge­schlos­se­ne TV-Ärz­te/VKA spe­zi­el­le Re­ge­lun­gen für Ärz­te, son­dern auch der mit ver.di ver­ein­bar­te TVöD.

(b) Ent­schei­dend für die Fest­stel­lung des hy­po­the­ti­schen Wil­lens ist je­doch, dass der Kläger bei Ab­schluss des Dienst­ver­tra­ges Mit­glied des Mar­bur­ger Bun­des und die Be­klag­te bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin Mit­glied des VKA war und die­se Ta­rif­ge­bun­den­heit heu­te noch be­steht. Hätten die Par­tei­en be­reits bei Ver­trags­schluss be­dacht, dass ver.di und der Mar­bur­ger Bund für die im Be­reich des VKA täti­gen Ärz­te je­weils ei­genständi­ge Ta­rif­verträge mit dem VKA ab­sch­ließen, so wäre es in­ter­es­sen­ge­recht ge­we­sen, den den BAT er­set­zen­den, zwi­schen dem Mar­bur­ger Bund und dem VKA ab­zu­sch­ließen­den, Ärz­te­ta­rif­ver­trag in die Be­zug­nah­me­klau­sel mit auf­zu­neh­men. Aus Sicht des Klägers hätte an­ge­sichts sei­ner Mit­glied­schaft im Mar­bur­ger Bund kein An­lass be­stan­den, ei­nen aus sei­ner Sicht „frem­den“ Ta­rif­ver­trag in Be­zug zu neh­men. Die Be­klag­te ih­rer­seits ist so­wohl Mit­glied der den TVöD als auch der den TV-Ärz­te/VKA ab­sch­ließen­den Ta­rif­ver­trags­par­tei. Der VKA hat für die kom­mu-

 

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na­len Ar­beit­ge­ber so­wohl den TVöD als auch den TV-Ärz­te/VKA ab­ge­schlos­sen. Mit­hin wäre es auf­grund der bei­der­sei­ti­gen Ta­rif­bin­dung auch aus Sicht der Be­klag­ten sach- und in­ter­es­sen­ge­recht ge­we­sen, für die Vergütungs­re­ge­lung den den BAT er­set­zen­den TV-Ärz­te/VKA ar­beits­ver­trag­lich in Be­zug zu neh­men. Hierfür spricht ins­be­son­de­re auch der Um­stand, dass die in den von der Be­klag­ten bzw. de­ren Rechts­vorgänge­rin be­trie­be­nen Kran­kenhäusern beschäftig­ten Ärz­te und Oberärz­te mit ei­ner ein­zi­gen Aus­nah­me nach dem TV-Ärz­te/VKA vergütet wer­den. Dies spricht dafür, dass die bei der Be­klag­ten beschäftig­ten Ärz­te ganz über­wie­gend im Mar­bur­ger Bund or­ga­ni­siert wa­ren und sind. Die Be­klag­te selbst ist er­kenn­bar da­von aus­ge­gan­gen, dass nach In­kraft­tre­ten des TV-Ärz­te/VKA die­ser auf die Ar­beits­verhält­nis­se der Ärz­te An­wen­dung fin­det. Dies er­gibt sich aus dem Rund­schrei­ben vom 20.11.2006. Zwar ist bei der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung auf den Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses ab­zu­stel­len, in­des­sen ist nicht er­sicht­lich, dass die Be­klag­te im Fal­le der Kennt­nis des Aus­ein­an­der­fal­lens ei­nes ein­heit­li­chen Ta­rif­wer­kes für den öffent­li­chen Dienst nur im Fal­le des Klägers bei der Vergütung auf ei­nen so­wohl für die­sen als auch den über­wie­gen­den Teil der übri­gen Ärz­te „frem­den“ Ta­rif­ver­trag ab­ge­stellt hätte. Viel­mehr ist er­sicht­lich, dass der Kläger die höchs­te BAT-Vergütung für Ärz­te, d.h. ein Ge­halt nach VergGr. I BAT, er­hal­ten soll­te. Dies ent­spricht nach dem BAT-Vergütungs­sys­tem der­je­ni­gen Vergütung ei­nes ihm un­ter­stell­ten Ober­arz­tes, al­so dem Arzt, der als ständi­ger Ver­tre­ter des lei­ten­den Arz­tes durch aus­drück­li­che An­ord­nung be­stellt war. Der Kläger soll­te mit­hin als Chef­arzt wie sein ihm un­ter­stell­ter Ober­arzt be­zahlt wer­den und zusätz­lich wei­te­re Vergütun­gen ins­be­son­de­re über das ihm zu­ge­stan­de­ne Li­qui­da­ti­ons­recht er­hal­ten (LAG Nie­der­sach­sen Urt. v. 12.12.2008 – 16 Sa 901/08 E -).

(c) Dem­ge­genüber ist der Um­stand, dass der TVöD die Vergütungs­grup­pen des BAT in sein Ent­gelt­grup­pen­sys­tem über die An­la­ge 1 (§ 4 Abs. 1 TVÜ-VKA) trans­fe­riert hat, während der TV-Ärz­te/VKA ein vom BAT los­gelöstes Ent­gelt­sys­tem enthält (§ 16 TV-Ärz­te/VKA), für die ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung eher ir­re­le­vant. Nach der Be­zug­nah­me­klau­sel in § 8 Abs. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges gilt im Fal­le der Er­set­zung des BAT durch ei­nen neu­en Ta­rif­ver­trag dann die „ent­spre­chen­de“ Vergütungs­grup­pe des neu­en Ta­rif­ver­trags. Da­mit ist le­dig­lich ge­sagt, dass das wer­tungsmäßig der Vergütung nach VergGr. I BAT ent­spre­chen­de neue Ta­ri­fent­gelt als Be­mes­sungs-

 

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grund­la­ge gel­ten soll. Die VergGr. I BAT ent­sprach der höchs­ten Vergütungs­grup­pe für Ärz­te. Die höchs­te Ent­gelt­grup­pe für Ärz­te ist nach dem TVöD EntgGr. 15 (§ 15 TVöD i. V. m. § 4 Abs. 1 TVÜ-VKA) bzw. EntgGr. II zzgl. Funk­ti­ons­zu­la­ge (§§ 51 Abs. 1; 52 Abs. 2 TVöD-BT-K) und nach dem TV-Ärz­te/VKA die EntgGr. IV (§ 16 TV-Ärz­te/VKA). Al­lein aus dem Um­stand, dass das Ent­gelt­grup­pen­sys­tem des TVöD-AT wei­test­ge­hend dem­je­ni­gen des BAT ent­spricht, lässt sich nicht fol­gern, dass als Be­zug­nah­me i. S. v. § 8 Abs. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges nur der TVöD in Be­tracht kommt. Zu­dem ver­kennt die Be­klag­te auch, dass vor­lie­gend das Ent­gelt­sys­tem nach dem TVöD-AT oh­ne­dies nicht gel­ten würde, da auf­grund der größeren Sachnähe (Beschäfti­gung in Kran­kenhäusern) die Ta­rif­vor­schrif­ten des TVöD-BT-K hier zur An­wen­dung kämen. Die­se ent­hal­ten in §§ 51 Abs. 1; 52 TVöD-BT-K in­des­sen ein nur zwei­stu­fi­ges Ent­gelt­sys­tem mit Funk­ti­ons­zu­la­gen.

(d) Ge­gen das hier ge­fun­de­ne Aus­le­gungs­er­geb­nis spricht auch nicht, dass der TVöD für die ihm un­ter­stell­ten Ar­beit­neh­mer an­de­re Ar­beits­be­din­gun­gen auf­weist als der TV-Ärz­te/VKA. Die Be­klag­te rügt an die­ser Stel­le zu Un­recht, dass das Ar­beits­ge­richt im Rah­men der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung nicht berück­sich­tigt ha­be, dass nach dem TV-Ärz­te/VKA als Ge­gen­leis­tung für das Ta­ri­fent­gelt nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA ei­ne Wo­chen­ar­beits­zeit von 40 St­un­den ge­schul­det sei, während die Vergütung nach EntgGr. 15 TVöD mit ei­ner Wo­chen­ar­beits­zeit von nur 38,5 St­un­den kor­re­lie­re. Die ar­beits­ver­trag­li­che Be­zug­nah­me­klau­sel be­zieht sich in­des­sen aus­drück­lich nur auf das Ge­halt, so­dass sich hier die Fra­ge der An­ge­mes­sen­heit von Leis­tung und Ge­gen­leis­tung, d.h. zwi­schen Ge­halt und zeit­lich ge­schul­de­ter Ar­beits­leis­tung, nicht stellt. Der Ar­beits­ver­trag enthält gar kei­ne ge­re­gel­te Ar­beits­zeit, we­der ei­ne aus­drück­lich ver­ein­bar­te noch ei­ne in Be­zug ge­nom­me­ne ta­rif­li­che Ar­beits­zeit. Die Be­zug­nah­me auf das Ta­ri­fent­gelt er­folg­te er­sicht­lich zur Ver­mei­dung der an­sons­ten tur­nusmäßig an­fal­len­den Ge­halts­an­pas­sungs­ver­hand­lun­gen. Der Kläger soll­te in glei­chem Maße wie die ta­rif­ge­bun­de­nen Ärz­te Ge­halts­stei­ge­run­gen er­hal­ten. Die Re­la­ti­on des Ge­halts des Klägers zu den Gehältern der übri­gen Ärz­te soll­te gleich blei­ben. Ei­ne Re­la­ti­on des kläge­ri­schen Ge­halts zu ei­ner ta­rif­li­chen Ar­beits­zeit war we­der aus­drück­lich ver­ein­bart noch sonst er­sicht­lich. Zu­dem ver­kennt die Be­klag­te, dass die un­ter den TVöD fal­len­den Ärz­te, die im Be­reich des VKA in Kran­kenhäusern

 

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tätig sind, ab­wei­chend zu § 6 Abs. 1 b) TVöD eben­falls ei­ne ta­rif­li­che Wo­chen­ar­beits­zeit von 40 St­un­den ha­ben, § 44 Abs: 1 TVöD-BT-K.

(e) Eben­falls für die ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung un­er­gie­big ist der Hin­weis der Be­klag­ten auf § 8 Abs. 7 des Dienst­ver­tra­ges. Zwar ist es rich­tig, dass durch die­se Ga­ran­tie auch gewähr­leis­tet wird, dass der Kläger letzt­lich durch das ein­geräum­te Li­qui­da­ti­ons­recht und den Einkünf­ten aus der er­laub­ten Ne­bentätig­keit ein höhe­res Ge­halt er­zie­len kann als der ihm un­ter­stell­te lei­ten­de Ober­arzt. Es ist in­des­sen selbst­verständ­lich, dass dem lei­ten­den Ab­tei­lungs­arzt bzw. Chef­arzt, der die me­di­zi­ni­sche Letzt­ver­ant­wor­tung der ihm über­tra­ge­nen Kli­nik bzw. Ab­tei­lung trägt, ein höhe­res Ge­halt zu­ge­stan­den wird als dem ihm un­ter­stell­ten lei­ten­den Ober­arzt. Zu­dem ist das Li­qui­da­ti­ons­recht des Klägers in ei­nem ei­genständi­gen Ab­satz des § 8 des Ar­beits­ver­tra­ges ge­re­gelt und da­mit völlig los­gelöst von der für die Tätig­keit im dienst­li­chen Auf­ga­ben­be­reich ge­trof­fe­nen Ge­halts­ab­spra­che. Die Dienst­auf­ga­ben, für die das Ge­halt nach § 8 Abs. 1 des Ar­beits­ver­tra­ges ge­zahlt wird, er­ge­ben sich aus §§ 4, 5 und 6 des Ar­beits­ver­tra­ges. Die Einräum­ung des Pri­vat­li­qui­da­ti­ons­rechts steht in kei­ner Wech­sel­be­zie­hung zu der ver­ein­bar­ten Grund­vergütung. Das Li­qui­da­ti­ons­recht des Klägers ist ge­ra­de nicht gleich­zu­set­zen mit der Vergütungs­ver­pflich­tung der Be­klag­ten für die vom Kläger der Be­klag­ten ge­genüber ge­schul­de­ten ärzt­li­chen Dienst­leis­tung. Ob der Kläger Ein­nah­men auf­grund des ein­geräum­ten Li­qui­da­ti­ons­rechts rea­li­sie­ren kann, hängt von der In­an­spruch­nah­me von Wahl­leis­tun­gen der Pri­vat­pa­ti­en­ten ab. Die Möglich­keit der Pri­vat­li­qui­da­ti­on hängt mit­hin maßgeb­lich von den Fähig­kei­ten und dem Ein­satz des Klägers selbst ab. Zu­dem wer­den in das Ga­ran­tie­ge­halt eben­falls et­wai­ge Ein­nah­men aus er­laub­ten Ne­bentätig­kei­ten ein­ge­rech­net, die der Kläger für über­ob­li­ga­to­ri­sche zusätz­li­che Leis­tun­gen ge­genüber Drit­ten von Drit­ten er­hal­ten hat. In die­sem Zu­sam­men­hang ist auch auf die Ent­wick­lungs­klau­sel des § 19 des Dienst­ver­tra­ges hin­zu­wei­sen. Dort hat sich die Be­klag­te or­ga­ni­sa­to­ri­sche Ände­run­gen im Kli­nik­be­reich vor­be­hal­ten, die auch Aus­wir­kun­gen auf das Ein­kom­men aus dem Li­qui­da­ti­ons­recht und der er­laub­ten Ne­bentätig­keit des Klägers ha­ben können. Es ist aus­drück­lich ver­ein­bart wor­den, dass in ei­nem sol­chen Fal­le der Kläger kei­ne Entschädi­gungs­ansprüche ge­genüber der Be­klag­ten hat, nur un­ter be­stimm­ten Vor­aus­set­zun­gen Ver­hand­lun­gen über ei­ne Entschädi­gungs­leis­tung auf­zu­neh­men sind. Dies be­deu­tet aber, dass Ein­nah­men aus dem Li­qui­da­ti­ons-

 

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recht ge­ra­de nicht in ei­nem syn­al­lag­ma­ti­schen Verhält­nis zur ver­trag­lich ge­schul­de­ten Leis­tung ste­hen. Bei der ergänzen­den Ver­trags­aus­le­gung der Be­zug­nah­me­klau­sel dürfen an­ge­sichts der von den Par­tei­en er­sicht­lich an­ge­streb­ten ge­haltsmäßigen Gleich­stel­lung des Klägers mit ei­nem lei­ten­den Ober­arzt mit­hin nicht et­wai­ge zusätz­li­che Ein­nah­men aus dem Li­qui­da­ti­ons­recht und der Ne­bentätig­keit zum Grund­ge­halt hin­zu­ge­rech­net wer­den. Die er­streb­te Gleich­stel­lung kann nur da­durch er­reicht wer­den, wenn der Kläger – eben­so wie die ihm un­ter­stell­ten lei­ten­den Oberärz­te – nach der EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA vergütet wird.

(f) Es bleibt letzt­lich da­bei, dass die Par­tei­en bei Kennt­nis der Ta­ri­fent­wick­lung im Be­reich der VKA mit ei­ner Ver­wei­sung dem­je­ni­gen Ta­rif­ver­trag den Vor­rang ein­geräumt hätten, der auf ihr Ar­beits­verhält­nis un­ter Berück­sich­ti­gung der bei­der­sei­ti­gen Mit­glied­schaft im Mar­bur­ger Bund bzw. dem VKA und der kon­kre­ten Verhält­nis­se im Be­trieb am ehes­ten ge­passt hätte. Dies ist vor­lie­gend der TV-Ärz­te/VKA. Nur wenn sich die Vergütung nach die­sem Ta­rif­ver­trag rich­tet, steht die ver­trag­lich ver­ein­bar­te Vergütung des Klägers in ei­nem aus­ge­wo­ge­nen und an­ge­mes­se­nen Verhält­nis zu der Vergütung der übri­gen Ärz­te, die ganz über­wie­gend nach dem TV-Ärz­te vergütet wer­den. Es ist dem­ent­spre­chend so­wohl sach- als auch in­ter­es­sen­ge­recht, hin­sicht­lich der ver­trag­li­chen Vergütung des Klägers eben­falls die der VergGr. I BAT ent­spre­chen­de EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA in Be­zug zu neh­men.

(g) Eben­so wie das Lan­des­ar­beits­ge­richt Nie­der­sach­sen (Urt. v. 12.12.2008 – 16 Sa 901/08 E -) teilt auch die hie­si­ge Kam­mer die in ei­nem par­al­lel ge­la­ger­ten Fall vom Lan­des­ar­beits­ge­richt Hes­sen (Urt. v. 15.08.2008 – 3 Sa 1798/07 –, zit. n. Ju­ris) ver­tre­te­ne Auf­fas­sung nicht. Das Lan­des­ar­beits­ge­richt Hes­sen hat­te ge­meint, dass ei­ne ergänzen­de Ver­trags­aus­le­gung im Fal­le ei­ner im We­sent­li­chen wort­glei­chen Ver­wei­sungs­klau­sel in ei­nem Chef­arzt­ver­trag aus­schei­de, weil die Re­ge­lungslücke auf ver­schie­de­ne Wei­se ge­schlos­sen wer­den könn­te und kei­ne An­halts­punk­te bestünden, für wel­che Al­ter­na­ti­ve sich die Par­tei­en ent­schie­den hätte. Wie aus­geführt gibt es aus­rei­chend An­halts­punk­te dafür, dass so­wohl dem Grun­de wie auch der Höhe nach der Maßstab der Vergütung der der Oberärz­te sein soll­te. Die lei­ten­den Oberärz­te wur­den da­mals nach VergGr. I Bat vergütet und heu­te bei der Be­klag­ten ganz über­wie­gend nach EntgGr. IV TV-Ärz­te/VKA. Die Par­tei­en ha­ben bei Ver­trags­schluss

 

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auch ganz be­wusst da­von Ab­stand ge­nom­men, die Vergütung des Klägers in Gänze in­di­vi­du­ell aus­zu­han­deln. Viel­mehr soll­te der Kläger an der pro­zen­tua­len Ge­halts­ent­wick­lung der ihm un­ter­stell­ten Oberärz­te im glei­chen Maße par­ti­zi­pie­ren, oh­ne dass es ständig in­di­vi­du­ell aus­zu­han­deln­der Ge­halts­an­pas­sun­gen be­durf­te. So­wohl die Gleich­stel­lung der kläge­ri­schen Grund­vergütung mit der­je­ni­gen des lei­ten­den Ober­arz­tes als auch der Ge­sichts­punkt zukünf­ti­ger Ge­halts­an­pas­sun­gen war er­sicht­lich maßgeb­lich für die Ver­ein­ba­rung der strit­ti­gen Be­zug­nah­me­klau­sel. An­ge­sichts des­sen woll­ten die Par­tei­en zum Zeit­punkt des Ver­trags­schlus­ses aber ge­ra­de kei­ne Ab­kopp­lung von der zukünf­ti­gen Ta­ri­fent­wick­lung. Dies gilt um­so mehr an­ge­sichts der ver­ein­bar­ten um­fas­sen­den Be­zug­nah­me auch auf et­waig den BAT er­set­zen­der Ta­rif­verträge. Die Par­tei­en ha­ben mit­hin bei Ver­trags­schluss be­reits im Au­ge ge­habt, dass sich die Ta­ri­fent­wick­lung mögli­cher­wei­se in Gänze ändern wird.

3. Die gel­tend ge­mach­ten, der Höhe nach un­strei­ti­gen Ge­halts­dif­fe­ren­zen seit Au­gust 2006 sind un­ge­ach­tet der erst mit Schrei­ben vom 29.06.2007 er­folg­ten Gel­tend­ma­chung auch nicht auf­grund ei­ner ta­rif­li­chen Aus­schluss­frist ver­fal­len. Vor­lie­gend fin­det auf das Dienst­verhält­nis des Klägers un­strei­tig kein Ta­rif­ver­trag An­wen­dung. Le­dig­lich in Be­zug auf die Be­stim­mung der Ge­haltshöhe ha­ben die Par­tei­en auf den BAT bzw. des­sen Nach­fol­ge­ta­rif­ver­trag Be­zug ge­nom­men. Die Be­klag­te hat im Be­ru­fungs­ver­fah­ren auch nicht mehr den Ein­wand ta­rif­li­cher Aus­schluss­fris­ten er­ho­ben.

II. Der Fest­stel­lungs­an­trag war zulässig und auch be­gründet. Das Fest­stel­lungs­in­ter­es­se folgt dar­aus, dass die Be­klag­te in der Be­ru­fungs­ver­hand­lung aus­drück­lich zu­ge­stan­den hat, sich ei­nem rechts­kräfti­gen Fest­stel­lungs­an­trag oh­ne wei­te­ren Zah­lungs­pro­zess beu­gen zu wol­len. Die Be­gründet­heit des Fest­stel­lungs­an­trags folgt aus den un­ter Ziff. I die­ser Ent­schei­dungs­gründe aus­geführ­ten Gründe.

III. Nach al­le­dem war die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.
Die Kos­ten­ent­schei­dung folgt aus § 97 ZPO i. V. m. § 64 Abs. 6 ArbGG.
Da die hier strit­ti­ge Be­zug­nah­me­klau­sel in zahl­rei­chen Chef­arzt­verträgen An­wen­dung fand, war die Re­vi­si­on we­gen rechts­grundsätz­li­cher Be­deu­tung so­wie we­gen

 

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Di­ver­genz zur der Ent­schei­dung des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hes­sen vom 15.08.2008, Az. 3 Sa 1798/07, zu­zu­las­sen, § 72 Abs. 2 Ziff. 1 und 2 ArbGG.

 

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