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LAG Hamm, Ur­teil vom 15.07.2011, 13 Sa 436/11

   
Schlagworte: Kündigung, Persönlichkeitsrecht
   
Gericht: Landesarbeitsgericht Hamm
Aktenzeichen: 13 Sa 436/11
Typ: Urteil
Entscheidungsdatum: 15.07.2011
   
Leitsätze: Die außerordentliche Kündigung eines Arbeitsverhältnisses ist unwirksam, wenn sich der Arbeitnehmer, der den Alltag mit Arbeitskollegen und Vorgesetzten zu einem Roman mit dem Titel "Wer die Hölle fürchtet, kennt das Büro nicht!" verarbeitet hat, auf die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG garantierte Kunstfreiheit berufen kann.
Vorinstanzen: Arbeitsgericht Herford, Urteil vom 18.02.2011, 2 Ca 1394/10
   

13 Sa 436/11

2 Ca 1394/10 ArbG Her­ford

 

Verkündet am 15.07.2011

Bre­er Reg.-Beschäftig­te als Ur­kunds­be­am­tin der Geschäfts­stel­le

 

Lan­des­ar­beits­ge­richt Hamm

Im Na­men des Vol­kes

Ur­teil

In Sa­chen

hat die 13. Kam­mer des Lan­des­ar­beits­ge­richts Hamm
auf die münd­li­che Ver­hand­lung vom 15.07.2011
durch den Vor­sit­zen­den Rich­ter am Lan­des­ar­beits­ge­richt Dr. Müller
so­wie die eh­ren­amt­li­chen Rich­ter Köster und Wolf, D.

für Recht er­kannt:

Die Be­ru­fung der Be­klag­ten ge­gen das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Her­ford vom 18.02.2011 – 2 Ca 1394/10 – wird mit der Maßga­be zurück­ge­wie­sen, dass der Te­nor zu 1. wie folgt lau­tet:

 

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Es wird fest­ge­stellt, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 10.11.2010 nicht auf­gelöst wor­den ist.

Die Be­klag­te hat die Kos­ten des Be­ru­fungs­ver­fah­rens zu tra­gen.

Die Re­vi­si­on wird zu­ge­las­sen.

Tat­be­stand

Die Par­tei­en strei­ten um die Wirk­sam­keit ei­ner außer­or­dent­li­chen Kündi­gung.

Der am 07.09.1960 ge­bo­re­ne Kläger ist ver­hei­ra­tet und hat zwei Kin­der. Er trat mit Wir­kung ab 01.07.1998 zu ei­ner Brut­to­mo­nats­vergütung in Höhe von zu­letzt 3.200,--€ als Sach­be­ar­bei­ter in der Ab­tei­lung „Sach­be­ar­bei­tung Ver­kauf/Ex­port" in die Diens­te der Be­klag­ten, die Küchenmöbel her­stellt. Im Be­trieb mit ca. 350 Ar­beit­neh­mern be­steht ein Be­triebs­rat, dem der Kläger an­gehört.
Im Ok­to­ber 2010 veröffent­lich­te der Kläger un­ter sei­nem Na­men ei­nen Ro­man mit dem Ti­tel „Wer die Hölle fürch­tet, kennt das Büro nicht !". Das Werk wur­de von ihm in der Wo­che ab dem 25.10.2010 im Be­trieb zum Ver­kauf an­ge­bo­ten.
Mit ei­nem elf­sei­ti­gen Schrei­ben wand­te sich die Be­klag­te am 08.11.2010 an den Be­triebs­rat mit dem An­trag, ei­ner be­ab­sich­tig­ten außer­or­dent­li­chen Kündi­gung des Klägers zu­zu­stim­men.

Dar­in heißt es aus­zugs­wei­se wie folgt:

Der Ar­beit­neh­mer B1 hat – nach den uns vor­lie­gen­den In­for­ma­tio­nen in der 43. KW – ein Buch veröffent­licht. Das Buch weist Herrn B1 als Au­tor aus. Es trägt den Ti­tel „Wer die Hölle fürch­tet...kennt das Büro nicht!"

 

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Der Un­ter­zeich­ner hat mit Ih­nen, sehr ge­ehr­ter Herr P1, aber auch mit dem stell­ver­tre­ten­den Be­triebs­rats­vor­sit­zen­den K2 be­reits Gespräche über die­ses Buch geführt. Auf­grund ih­rer Aus­sa­ge, dass ih­nen das Buch vor­liegt – und im We­sent­li­chen in­halt­lich be­kannt ist – ver­zich­ten wir dar­auf, die­ser Be­triebs­rats­anhörung ein Ex­em­plar des Bu­ches bei­zufügen.

Der Ar­beit­neh­mer B1 hat das Buch in der 43. KW während der Ar­beits­zeit an Ar­beit­neh­me­rin­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG ver­kauft. Das Buch be­inhal­tet gro­be Be­lei­di­gun­gen der Geschäftsführer und Ar­beit­neh­me­rin­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG. Die­se Be­lei­di­gun­gen be­deu­ten u. E. nach Form und In­halt er­heb­li­che Ehr­ver­let­zun­gen der be­trof­fe­nen Geschäftsführer und Ar­beit­neh­me­rin­nen.

Der Ar­beit­neh­mer B1 hat in sei­nem Buch aus­geführt, dass es sich um ei­nen Ro­man han­deln soll, der Per­so­nen und Hand­lun­gen schil­dert, die „natürlich" frei er­fun­den sein sol­len. So­weit der Ar­beit­neh­mer B1 meint, dass die­ser Vor­spann ei­nen „Frei­brief" für Be­lei­di­gun­gen jed­we­der Art ist, tei­len wir die­se Einschätzung nicht.

Oh­ne je­de Fra­ge ist das Grund­recht der Mei­nungs­frei­heit aus Art. 5 Abs. 1 GG für ei­ne frei­heit­lich – de­mo­kra­ti­sche Staats­ord­nung kon­sti­tu­ie­rend. Al­ler­dings wird u. a. das Grund­recht auf Mei­nungs­frei­heit aus Art. 5 Abs. 1 GG durch die all­ge­mei­nen Ge­set­ze und das Recht der persönli­chen Eh­re (Art. 5 Abs. 2 GG) be­schränkt und muss da­her in ein aus­ge­gli­che­nes Verhält­nis mit die­sen ge­bracht wer­den. Durch Mei­nungs­frei­heit dürfen nicht die Men­schenwürde (Art. 1 Abs. 1 GG), das all­ge­mei­ne Persönlich­keits­recht (Art. 2 Abs. 1 GG) und die wirt­schaft­li­che Betäti­gungs­frei­heit des Ar­beit­ge­bers, die ins­be­son­de­re durch ei­ne Störung des Ar­beits­ab­laufs und des Be­triebs­frie­dens berührt wer­den können, ver­letzt wer­den. Auch gehört die Pflicht zur ge­gen­sei­ti­gen Rück­sicht­nah­me auf die In­ter­es­sen der an­de­ren Ver­trags­par­tei (§ 241 Abs. 2 BGB) zu den all­ge­mei­nen Ge­set­zen (Art. 5 Abs. 2 GG).

Zwi­schen Mei­nungs­frei­heit und dem be­schränk­ten Ge­setz fin­det ei­ne Wech­sel­wir­kung statt. Hier hat der Ar­beit­neh­mer B1 die Gren­zen des Zulässi­gen über­schrit­ten. Das Grund­recht der Mei­nungs­frei­heit schützt we­der For­mal­be­lei­di­gun­gen und bloße Schmähun­gen noch be­wusst un­wah­re Tat­sa­chen­be­haup­tun­gen.

Aus die­sem Grund hal­ten wir es für un­umgäng­lich, dass mit dem Ar­beit­neh­mer B1 be­ste­hen­de Ar­beits­verhält­nis außer­or­dent­lich, frist­los zu kündi­gen.

In al­ler Deut­lich­keit: Es geht nicht um Über­emp­find­lich­kei­ten der Geschäftsführer. Es geht schlicht und ein­fach um den Be­triebs­frie­den.

Ex­em­pla­risch möch­ten wir Sie auf fol­gen­de Pas­sa­gen aus dem von Herrn B1 veröffent­lich­ten Buch hin­wei­sen:

In sei­nem Buch führt Herr B1 aus, dass er bei ei­nem Küchenmöbel­her­stel­ler ar­bei­tet. Die Per­so­nen, die er in die­sem Buch

 

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schil­dert, sind – zu­min­dest für Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG – un­schwer als Geschäftsführer bzw. Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG zu iden­ti­fi­zie­ren.

Auf Sei­te 17 sei­nes Bu­ches führt er aus, dass die B3 K3 GmbH & Co. KG kaufmänni­sche An­ge­stell­te „möglichst un­wis­send" hält. Dem ist natürlich nicht so.

Auf Sei­te 18 sei­nes Bu­ches führt der Ar­beit­neh­mer B1 aus, dass die B3 K3 GmbH & Co. KG auf­grund rein kaufmänni­scher Über­le­gun­gen und ge­setz­ten 200.000 Stem­pel­kar­ten für ein ver­al­ter­tes Sys­tem der Zeit­er­fas­sung ge­kauft ha­be.
Die B3 K3 GmbH & Co. KG wird durch sol­che Äußerun­gen lächer­lich ge­macht.

Herr B1 führt in sei­nem Buch (Sei­te 20 ff.) aus, dass er in ei­nem Drei­er-Büro ar­bei­te. In die­sem Büro sind Jo­ckel Beck, Ti­ger und Jaques Mey­er tätig. Die­se Per­so­nen sind al­les an­de­re als fik­tiv gewählt. Bei Jo­ckel Beck han­delt es sich um den Ar­beit­neh­mer B1. Bei dem an­geführ­ten Ti­ger han­delt es sich – für je­den er­kenn­bar – um den Ar­beit­neh­mer J2 B4. So­weit in dem Buch von Mey­er ge­spro­chen wird, be­darf es nicht viel Fan­ta­sie, um hin­ter die­sem Pseud­onym R4 L3 zu iden­ti­fi­zie­ren. Auf Sei­te 25 schil­dert der Ar­beit­neh­mer B1 sei­nen Kum­pel und Kol­le­gen Nils Hack­fres­se. Die von ihm gewähl­te Be­schrei­bung die­ser Per­son deu­tet dar­auf hin, dass mit Hack­fres­se der Ar­beit­neh­mer H1 H2 ge­meint ist.

Auf Sei­te 27 f. be­schreibt der Ar­beit­neh­mer B1 das Ver­fah­ren der Stel­len­aus­schrei­bun­gen. Er führt aus, dass ei­ne Stel­len­aus­schrei­bung le­dig­lich ei­ne Ali­bi­funk­ti­on erfüllen würde, weil „ei­ner un­se­rer Häupt­lin­ge" oh­ne­hin schon je­mand für die aus­ge­schrie­be­ne Tätig­keit in der Hin­ter­hand hätte. Hier wird un­ter­stellt, dass die B3 K3 GmbH & Co. KG Ar­beitsplätze nicht nach Qua­li­fi­ka­ti­on be­setzt, son­dern nach Vet­tern­wirt­schaft.

In dem auf Sei­te 30 be­gin­nen­den Ka­pi­tel (Mit­tel­fin­ger-Affäre) be­schreibt der Ar­beit­neh­mer B1 ei­ne in der Buch­hal­tung täti­ge Frau Lin­ge­mann. Die­se Frau Lin­ge­mann wird in ei­ner Art und Wei­se be­schrie­ben, die sie im höchs­ten Maße dis­kre­di­tiert. Der Ar­beit­neh­mer B1 spricht von bräunungs­be­ding­ten Hau­t­ris­sen und Spach­tel­mas­se. Des Wei­te­ren führt er aus, dass Frau Lin­ge­mann ei­ne Per­son sei, de­ren In­tel­lekt mehr mit den neu­es­ten Mo­de­far­ben und Erb­senzählern beschäftigt sei als mit kom­ple­xen Vorgängen. Ich den­ke, dass wir uns ei­nig darüber sind, dass mit Frau Lin­ge­mann Frau R1 U1 ge­meint ist. Im Fol­gen­den wird die – an­geb­lich fik­ti­ve Frau Lin­ge­mann – mit „al­te Schach­tel", „al­te Schrap­pe" be­zeich­net. Sie wird als „noch um Klas­sen heimtücki­scher als Ma­te­raz­zi" ge­schil­dert. Des Wei­te­ren be­schreibt der Ar­beit­neh­mer B1 sie als „das Biest".

Die Dar­stel­lung von Frau Lin­ge­mann ist ge­eig­net, sie lächer­lich zu ma­chen.

 

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In dem auf Sei­te 36 be­gin­nen­den Ka­pi­tel „Am Mor­gen `nen Joint..." wird ei­ne Per­son ge­schil­dert, die in dem Buch „Zom­bie" ge­nannt wird. Des Wei­te­ren wird ei­ne Per­son ge­schil­dert, die als „Han­nes" be­zeich­net wird. Die­ser Han­nes wird be­schrie­ben als ei­ne Per­son, de­ren Haar zu ei­nem Pfer­de­schwanz zu­sam­men­ge­bun­den ist. Die Zahl der Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG, die männ­lich sind, ei­nen Pfer­de­schwanz ha­ben und im An­ge­stell­ten­be­reich ar­bei­ten, sind über­schau­bar. Mit nicht all­zu vie­ler Fan­ta­sie kommt der un­be­fan­ge­ne Be­trach­ter, der die Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG kennt, auf die Idee, dass es sich bei die­sem – ver­meint­lich fik­ti­ven – Han­nes um den Ar­beit­neh­mer O1 M7 han­delt. Die­ser Per­son wird un­ter­stellt, Rausch­mit­tel zu kon­su­mie­ren. In dem Buch heißt es hier­zu wie folgt: Joint;... al­les ge­raucht hat, was ihm vor die Tüte kam...;...um­ge­ben von ei­nem leicht süßli­chen Duft...;...hat er wohl ...;... jetzt geht´s ins Il­le­ga­le..., hält mir zwei Ku­geln ent­ge­gen...".

Die­se Schil­de­run­gen sind ge­eig­net, den Ar­beit­neh­mer O1 M7 aufs höchs­te zu dis­kre­di­tie­ren. Ein In­si­der, der von Han­nes un­schwer auf den Ar­beit­neh­mer O1 M7 schließt, drängt sich der Ver­dacht auf, dass die­se Per­son un­er­laub­te Rausch­mit­tel kon­su­miert, weil es sich bei die­sen Rausch­mit­teln um (vergl. Sei­te 41 des Bu­ches) Teu­fels­zeug han­deln soll.

In dem Ka­pi­tel „Gespräch mit Herrn Groß", be­gin­nend auf Sei­te 59, wird zu dem sog. Han­nes wie folgt aus­geführt: „Han­nes, ich weiß nicht, aus wel­chem af­gha­ni­schen Bio-La­bor du das ent­wen­det hast, aber die Wir­kung ist glei­cher­maßen fas­zi­nie­rend wie ent­setz­lich!". We­ni­ge Ta­ge später lässt der Ar­beit­neh­mer B1 Han­nes wie folgt ausführen: „Ich züch­te das Grünzeug dafür selbst, und die Men­gen, die da raus­kom­men, sind nicht so rie­sig."

Der Ar­beit­neh­mer B1 un­ter­stellt, dass der sog. Han­nes an­de­ren Per­so­nen ge­setz­lich ver­bo­te­ne Rausch­mit­tel zur Verfügung stellt – und die­se Rausch­mit­tel selbst züch­tet. Er un­ter­stellt da­mit ei­nem Ar­beits­kol­le­gen Ge­set­zes­verstöße.

In dem auf Sei­te 64 be­gin­nen­den Ka­pi­tel „Die fau­le Pog­ge" wird von „Eu­re Hei­lig­keit, der Fir­men-Ober­chef" ge­spro­chen. Es wird auch da­von ge­spro­chen, dass „die Ab­tei­lungs­lei­ter al­le­samt Bu­ckel­pro­fis vom Feins­ten, nur das Ziel ha­ben, beim Boss gut aus­zu­se­hen, da­mit sie nicht geärgert wer­den."

Der Ar­beit­neh­mer B1 mag die­se For­mu­lie­run­gen als lus­tig an­se­hen. Un­se­res Er­ach­tens nach sind die­se For­mu­lie­run­gen ge­eig­net, den sog. Fir­men-Ober­chef ins Lächer­li­che zu zie­hen. Die Äußerung, dass die Ab­tei­lungs­lei­ter al­le­samt Bu­ckel­pro­fis sei­en, ist eben­falls dis­kre­di­tie­rend.

Auf Sei­te 66 führt der Ar­beit­neh­mer B1 in sei­nem Buch wie folgt aus: „... wenn man vom Ju­ni­or-Chef persönlich ein­ge­stellt wird und die Li­zenz zum Rum­doo­fen be­kommt, ob­wohl man nicht mal aus der Bran­che kommt? Aber wer weiß: Wahr­schein­lich hätte es die­se Stel­le gar nicht ge­ge­ben, wenn der Kum­pel vom Ju­ni­or-Chef nicht noch ei­ne Mit­ar­bei­te­rin

 

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un­ter­zu­brin­gen ge­habt hätte. So ist das eben: Die obe­ren Eta­gen sind ei­ne ein­zi­ge große Fa­mi­lie – stellst du mei­nen Nef­fen ein, neh­me ich dei­nen Sch­wa­ger!"

Die­se Dar­stel­lung ist u. E. nach ge­eig­net, die B3 K3 GmbH & Co. KG in ei­nem völlig fal­schen Licht er­schei­nen zu las­sen. Wir se­hen das als grob be­lei­di­gend an, bei Ein­stel­lung von Ar­beit­neh­merIn­nen ei­ne „Vet­tern­wirt­schaft" zu un­ter­stel­len.

Bei der „Per­son, die vom Ju­ni­or-Chef ein­ge­stellt" und im Buch „An­ja" ge­nannt wird, han­delt es sich ein­deu­tig um die Kol­le­gin N2 S1. An­ja = Frau S1 wird im Buch als „Ge­win­ne­rin der in­ter­nen Stel­len­aus­schrei­bung mit Kennt­nis­sen in Eng­lisch, Französisch, Spa­nisch und Rus­sisch" be­zeich­net. Aus Sicht des Au­tors be­herrscht „An­ja" die o. g. Spra­chen („ei­gent­lich scha­de, dass wir beim ers­ten Be­such ei­nes Kun­den ei­nen Dol­met­scher her­an­zie­hen muss­ten, da An­jas Sprach­kennt­nis­se wohl doch nicht so pri­ckelnd wa­ren...") nicht, aber – da sie ja „un­ter dem Pro­tek­to­rat vom Ju­ni­or steht" (S. 66), „sind es die we­nigs­ten, die die­se fau­le Tor­te mal ab­watsch`n" (S. 66). Im wei­te­ren Kon­text sagt der Au­tor über An­ja „die Al­te kotzt mich an" (S. 68). Die Kol­le­gin An­ja beschäftigt ihn auch auf der Rück­fahrt nach Hau­se: „Die­ses elen­di­ge Miststück! Die­se fau­le Sau! Die kriegt wahr­schein­lich von ih­ren El­tern und von ih­rem Ste­cher al­les in den Arsch ge­scho­ben und braucht sich um nichts zu kümmern! Ver­zo­ge­ne, blöde Göre!"

In die­sen Pas­sa­gen wird Frau S1 zu­tiefst be­lei­digt. Dies kann so auf kei­nen Fall to­le­riert wer­den.

Am Wei­tes­ten hat der Ar­beit­neh­mer B1 die Gren­zen des gu­ten Ge­schmacks in dem Ka­pi­tel „Fat­ma, die Gött­li­che" (Sei­te 70 ff.) über­spannt.

Der Ar­beit­neh­mer B1 spricht ei­ne türki­sche Ar­beit­neh­me­rin an, die er Fat­ma nennt. Auf Sei­te 71 be­schreibt er die­se Fat­ma wie folgt: „... Fat­ma ist... Türkin. Als sol­che erfüllt sie so man­ches Kli­schee, was man all­ge­mein von Türken pflegt: ih­re kras­se Nut­zung der deut­schen Spra­che und auch ihr aufschäum­en­des Tem­pe­ra­ment.... Und das wie­der­um macht sie für ei­nen Großteil der kon­ser­va­ti­ven türki­schen Frei­er natürlich schwer ver­mit­tel­bar. Was Fat­ma al­ler­dings hat, sind Hu­pen. Und zwar Din­ger, die wirk­lich in die Ka­te­go­rie mons­trös fal­len. Lei­der steht ihr In­tel­lekt ge­nau dia­me­tral zu ih­rer Körb­chen­größe, das heißt: Fat­ma ist dämlich! Ich muss bei Fat­mas An­blick im­mer an die­sen al­ten Gag den­ken, den Chau­vi­nis­ten so gern erzählen – den, wo Gott aus­ruft: „Hirn ist al­le, jetzt gibt’s Tit­ten!..."

Die Zahl der türki­schen Ar­beit­neh­mer, die die B3 K3 GmbH & Co. KG im An­ge­stell­ten-Be­reich beschäftigt, ist über­schau­bar. Wir ha­ben kei­nen Zwei­fel dar­an, dass der Ar­beit­neh­mer B1 mit „Fat­ma" die Ar­beit­neh­me­rin M5 B5 meint. Die­se Einschätzung wird – wie Ih­nen be­kannt ist – auch von an­de­ren Ar­beit­neh­mern ge­teilt.

 

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Bei­spiels­wei­se hat­te die Ar­beit­neh­me­rin J3 L2 Frau B5 nach Er­schei­nen des Bu­ches „Fat­ma" ge­nannt – und sich hierfür zu ei­nem späte­ren Zeit­punkt, nämlich mit Email vom 02.11.2010 aus­drück­lich ent­schul­digt.

Die Tat­sa­che, von meh­re­ren Ar­beit­neh­merIn­nen als Fat­ma „iden­ti­fi­ziert" wor­den zu sein, führ­te bei Frau B5 da­zu, dass die­se am 28.10.2010 in der Fir­ma zu­sam­men­brach – und ärzt­li­che Hil­fe in An­spruch neh­men muss­te. Frau B5 wur­de auf­grund der nerv­li­chen Be­las­tun­gen ar­beits­unfähig ge­schrie­ben.

Der Ar­beit­neh­mer B1 spricht in sei­nem Buch von türki­schen Frei­ern. Als Frei­er wird ei­ne Per­son be­zeich­net, die für se­xu­el­le Dienst­leis­tun­gen be­zahlt. Der Frei­er ist dem­nach meist der öko­no­mi­sche „Han­dels­part­ner" ei­ner Pro­sti­tu­ier­ten. In dem Buch wird die sog. Fat­ma mit ei­ner Pro­sti­tu­ier­ten gleich ge­stellt. Da die sog. Fat­ma ein­deu­tig mit Frau B5 gleich ge­stellt wird, kann sich si­cher­lich der fal­sche Ein­druck ein­stel­len, dass Frau B5 sich für se­xu­el­le Dienst­leis­tun­gen be­zah­len lässt. Dies ist ei­ne Un­ge­heu­er­lich­keit, die ih­res­glei­chen sucht. Wenn dann auch noch un­ter­stellt wird, die sog. Fat­ma sei dämlich und ihr In­tel­lekt stände ge­nau dia­me­tral zu ih­rer Körb­chen­größe, müssen wir si­cher­lich nicht darüber dis­ku­tie­ren, dass die­se Äußerung in höchs­tem Maße se­xis­tisch und be­lei­di­gend ist. Ei­ne der­ar­ti­ge Be­lei­di­gung hat der Un­ter­zeich­ner noch nie er­lebt, schon gar nicht un­ter Ar­beits­kol­le­gen. Im nächs­ten Ka­pi­tel lässt der Ar­beit­neh­mer B1 sich auch noch wei­ter über die sog. Fat­ma aus. Er stellt sie schlicht und ein­fach als dumm und be­griffs­stut­zig dar (vergl. Sei­te 72 f.).

Es ist ein Un­ding, ei­ne Ar­beit­neh­me­rin der­art be­lei­di­gend zu skiz­zie­ren. Wir müssen si­cher­lich nicht darüber dis­ku­tie­ren, dass vie­le Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG den Be­griff Fat­ma dau­er­haft mit Frau B5 ver­bin­den wer­den. In­so­weit ha­ben wir die auf­rich­ti­ge Hoff­nung, dass Frau B5 die­se „Dar­stel­lung" über­win­det – und nicht psy­chisch geschädigt wird.

In dem auf Sei­te 76 be­gin­nen­den Ka­pi­tel „Die Un­ter­schrift" schil­dert der Ar­beit­neh­mer B1 ei­ne „Ge­schich­te", die den Ver­dacht auf­kom­men lässt, dass der im Buch ge­nann­te Herr Groß Küchen un­ter Wert ver­kauft, und zwar zu Prei­sen, die weit un­ter dem De­ckungs­bei­trag lie­gen. Die wei­te­ren Ausführun­gen hier­zu las­sen den Ver­dacht auf­kom­men, dass Herr Groß, bei dem es sich um den Ar­beit­neh­mer D2 R2 han­delt, bei sol­chen „Geschäften" in die ei­ge­ne Ta­sche wirt­schaf­tet – zum Nach­teil der B3 K3 GmbH & Co. KG.

In dem auf Sei­te 81 be­gin­nen­den Ar­ti­kel „Die Neue" spricht der Ar­beit­neh­mer B1 da­von, dass Mit­ar­bei­ter „ein­geschüchtert" wer­den. Vor­ge­setz­te wer­den als In­qui­si­tor be­schrie­ben. Es wird ge­spro­chen, dass Vor­ge­setz­te, die in dem Buch „Sack" und „Scheiß-Ab­tei­lungs­lei­ter" ge­nannt wer­den, dro­hen. In dem Buch wird dann (Sei­te 87 un­ten) wie folgt aus­geführt: „Nach länge­rem Grübeln ent­schließe ich mich da­zu, für sol­che Gespräche ein Dik­ta­phon mit­zu­neh­men und vor­her heim­lich

 

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ein­zu­schal­ten. Ich weiß nicht, ob es für et­was gut ist, aber sol­che Klop­per auf Band zu ha­ben kann nie scha­den!"

Es gibt nämlich laut Ge­setz­buch ei­nen Straf­tat­be­stand „Ver­let­zung der Ver­trau­lich­keit des Wor­tes". Wer un­be­fugt das nicht öffent­lich ge­spro­che­ne Wort ei­nes an­de­ren auf Tonträger auf­nimmt, der wird – so steht es in § 201 StGB – mit ei­ner Frei­heits­stra­fe bis zu 3 Jah­ren oder mit Geld­stra­fe be­straft wer­den.

Was sol­len wir von ei­nem Ar­beit­neh­mer hal­ten, der im Rah­men ei­nes Ar­beits­verhält­nis­ses nach ei­ge­nen Be­kun­dun­gen Straf­tat­bestände be­geht oder zu­min­dest hier­zu be­reit ist? Auch dies ist ein­deu­tig nicht hin­nehm­bar.

In dem auf Sei­te 110 be­gin­nen­den Ka­pi­tel „ Fort­bil­dung á la Chef" wird der Geschäftsführer Herr Horst, bei dem es sich um den Un­ter­zeich­ner han­deln dürf­te, als „rich­ti­ger Son­nen­schein" lächer­lich dar­ge­stellt.

Der Bo­gen wird dann je­doch über­spannt, wenn der „Ju­ni­or­chef Herr Krab­be" bei dem es sich oh­ne je­de Fra­ge um Herrn B7 han­delt, wie folgt be­schrie­ben wird:

„...Ju­ni­or kommt mit ei­ner sei­ner berüch­tig­ten Vi­sio­nen herüber. Berüch­tigt des­halb, weil sie meist völlig an der Rea­lität vor­bei­schießen und den An­schein er­we­cken, dass Ju­ni­or sich den An­s­toß hierfür aus dem As­tro­lo­gie-TV oder ei­ner ähn­li­chen se­riösen Quel­le ge­zo­gen hat...".

Im Fol­gen­den wird aus­geführt, dass bei den sog. Vi­sio­nen des Ju­ni­or­chefs „wie­der nur Blödsinn raus­kommt" und dem Ju­ni­or-Chef die Ver­fas­sung sei­ner Mit­ar­bei­ter noch nie wirk­lich in­ter­es­siert ha­be.

Dem un­be­fan­ge­nen Be­trach­ter drängt sich durch die­se Dar­stel­lung der Ver­dacht auf, dass un­ser Un­ter­neh­men von ei­nem Geschäftsführer geführt wird, der völlig rea­litäts­fremd ist und sich bei sei­nen un­ter­neh­me­ri­schen Ent­schei­dun­gen von – si­cher­lich nicht un­be­ding­te se­riösen – Quel­len, wie bei­spiels­wei­se As­tro­lo­gie-TV lei­ten lässt.

Durch ei­ne der­ar­ti­ge Be­schrei­bung wird Herr B7 als völlig rea­litäts­frem­der Un­ter­neh­mer dis­kre­di­tiert.

In dem be­sag­ten Ka­pi­tel schil­dert der Ar­beit­neh­mer B1 dann den Ab­lauf ei­nes Se­mi­nars. Auf Sei­te 123 schil­dert er, wie er persönlich die­ses Se­mi­nar da­durch sa­bo­tiert, dass er Auf­nah­me­kas­set­ten aus­tauscht und Ka­bel her­aus­zieht, so dass – vom Se­mi­nar­lei­ter ge­woll­te – Auf­nah­men nicht er­fol­gen können.

Die Dar­stel­lun­gen zu die­sem Se­mi­nar ver­bin­det er mit dem Hin­weis auf „Teu­fels­zeug" von Han­nes. Ei­ne Se­min­ar­teil­neh­me­rin, die er „Schmidtchen" nennt, macht er völlig lächer­lich, in­dem er hier­zu wie folgt ausführt: „Mit die­sen Wor­ten reißt Schmidtchen ih­re Blu­se auf, greift mit bei­den Händen in ih­ren BH und stellt ih­re bes­ten Stücke zur Welt".

 

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We­ni­ge Ta­ge später schil­dert er, dass die­se Schmidtchen in dem Se­mi­nar ei­nen Strip­tease mach­te.

Der Ar­beit­neh­mer B1 ver­mischt auch an die­ser Stel­le die Rea­lität mit sei­nen, zum über­wie­gen­den Teil se­xis­tisch ge­prägten, Fan­ta­si­en. Der un­be­fan­ge­ne Le­ser kann ir­gend­wann nicht mehr zwi­schen Rea­lität und F2 dif­fe­ren­zie­ren und meint, dass Fort­bil­dungs­ver­an­stal­tun­gen, die bei der B3 K3 GmbH & Co. KG durch­geführt wer­den, tatsächlich so ab­lau­fen, wie hier von ihm ge­schil­dert (Rausch­mit­tel und se­xis­ti­sche Aus­ufe­run­gen).

Auch durch sol­che Schil­de­run­gen wird die B3 K3 GmbH & Co. KG lächer­lich ge­macht.

In dem auf Sei­te 140 be­gin­nen­den Ka­pi­tel „Herrn Groß´Dro­hung" wird ge­schil­dert, dass die Ar­beit­neh­mer B1 durch sei­nen Vor­ge­setz­ten Herrn Groß, bei dem es sich um Herrn D2 R2 han­deln dürf­te, malträtiert wird, ins­be­son­de­re des­halb, weil er Be­triebs­rats­mit­glied ist. Es ent­spricht nicht dem Stil der B3 K3 GmbH & Co. KG Ar­beit­neh­mern das Le­ben schwer zu ma­chen, wie es hier un­ter­stellt wird. Dass, was in die­sem Ka­pi­tel ge­schil­dert wird, ist schlicht und ein­fach Mob­bing. Mob­bing wird bei uns nicht prak­ti­ziert. Auch nicht durch den Vor­ge­setz­ten des Ar­beit­neh­mers B1, der in die­sem Buch zu al­lem Über­fluss auch noch „ Arsch­loch" ge­nannt wird.

In dem Ka­pi­tel „Das klei­ne Be­triebs­rat-ABC" auf Sei­te 143, wird aus­geführt, dass das Haupt­in­stru­ment des Chefs: Angst! Angst um den Ar­beits­platz!" sei. Es wird ge­schil­dert, dass ein­geschüchtert wird.

Dem Le­ser die­ses Bu­ches drängt sich der Ver­dacht auf, dass die­se Art von Un­ter­neh­mensführung tatsächlich prak­ti­ziert wird. In­so­weit wird die B3 K3 GmbH & Co. KG durch der­ar­ti­ge Äußerun­gen dis­kre­di­tiert.

In dem auf Sei­te 145 be­gin­nen­den Ka­pi­tel „Die Sch­lin­ge zieht sich zu" wird der „ego­zen­tri­sche Erb­senzähler aus der Ab­tei­lung In­land, Herrn Klein­schmidt, auch Klein­hirn ge­nannt, als hin­ter­lis­ti­ges Sub­jekt be­zeich­net, wel­ches für sei­ne über­trie­be­ne Rech­ne­rei berüch­tigt sei." Bei Herrn Klein­schmidt dürf­te es sich um den Ar­beit­neh­mer M6 J4 han­deln. Die As­so­zia­ti­on „Klein­hirn" ist „be­lei­di­gend".

In dem Ka­pi­tel „Der Fern­seh-Rich­ter er­mit­telt", Sei­te 150 ff., wird er­neut auf den sog. Herrn Groß ein­ge­gan­gen. Herrn Groß wer­den kri­mi­nel­le Ma­chen­schaf­ten un­ter­stellt. Schon als be­lei­di­gend emp­fin­den wir es, dass die Geschäftsführung, Herr Krab­be und Herr Horst, dann „un­sau­ber" ge­genüber Herrn Groß vor­ge­hen woll­ten. Der Ar­beit­neh­mer B1 schil­dert ein Gespräch zwi­schen den Geschäftsführern Krab­be (B7) und Horst (W2), wel­ches nicht statt­ge­fun­den hat. Auf­grund der sich im­mer wie­der wie­der­ho­len­den Ver­men­gung von Rea­lität und Phan­ta­sie drängt sich je­doch der Ver­dacht auf, dass es zur Geschäfts­po­li­tik der B3 K3 GmbH & Co. KG gehört, ge­genüber Ar­beit­neh­mern zu bluf­fen und Ar­beit­neh­mer vor die Wahl stel­len „ent­we­der er kündigt von selbst, be­kommt ein

 

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vernünf­ti­ges Zeug­nis und kann sich in der Bran­che ei­nen neu­en Job su­chen, oder wir sa­gen, dass wir sonst An­zei­ge er­stat­ten".

Auf Sei­te 161 führt der Ar­beit­neh­mer B1 in sei­nem B2 wie folgt aus: „Die Kalt­blütig­keit, mit der Krab­be Herrn Horst ani­miert, nach Kündi­gungs­gründen zu su­chen, macht mich wütend! So ein Arsch, dem Pa­pa das Feld ge­eb­net hat, der auf der tolls­ten Uni war und meint, al­les über die Fir­ma und die Wirt­schaft im All­ge­mei­nen zu wis­sen, ist ge­nau das, was ich jetzt brau­che!"

Die Art und Wei­se, wie Herr B7 jetzt dis­kre­di­tiert wird, kann nicht hin­ge­nom­men wer­den.

Die B3 K3 GmbH & Co. KG sucht kei­ne Kündi­gungs­gründe, um sich von Mit­ar­bei­tern, die un­an­ge­nehm „auf­ge­fal­len" sind, zu tren­nen. Es ist das gu­te Recht der B3 K3 GmbH & Co. KG, zu ver­su­chen, sich von Mit­ar­bei­tern zu tren­nen, die ein Ver­hal­ten an den Tag ge­legt ha­ben, wel­che nach der Recht­spre­chung ei­ne Kündi­gung recht­fer­tigt. Es ist kei­nes­falls so, dass wir Kündi­gungs­gründe su­chen – ins­be­son­de­re nicht in der Art und Wei­se, wie in dem auf Sei­te 163 be­gin­nen­den Ka­pi­tel „Da­vid ge­gen Go­li­ath" ge­schil­dert wird. Hier wird dem Le­ser sug­ge­riert, dass Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG dar­auf ge­fasst sein müssen, dass ih­nen Ge­genstände „un­ter­ge­ju­belt" wer­den, um ei­nen ver­meint­li­chen Dieb­stahl zu kor­ri­gie­ren.

Wir fin­gie­ren kei­ne Kündi­gungs­gründe. Auch die­se Dar­stel­lung lässt bei dem un­be­fan­ge­nen Le­ser den Ver­dacht auf­kom­men, dass je­der Ar­beit­neh­mer der B3 K3 GmbH & Co. KG da­mit rech­nen muss, dass ihm et­was un­ter­ge­scho­ben wird – um dann das Ar­beits­verhält­nis zu kündi­gen.

Wie­der ein­mal ver­mischt der Ar­beit­neh­mer B1 Rea­lität mit Fan­ta­sie. Die ganz über­wie­gen­de Viel­zahl der Le­serIn­nen die­ses Bu­ches ge­hen da­von aus, dass aus­sch­ließlich die Rea­lität ge­schil­dert wird. In­so­weit ist je­de ge­mach­te Un­ter­stel­lung ei­ne Un­ge­heu­er­lich­keit, die nicht hin­ge­nom­men wer­den kann.

Auf Sei­te 166 be­fasst der Ar­beit­neh­mer B1 sich mit mir. In dem Buch heißt es hier­zu wie folgt: „Doch ich mu­cke mich nach wie vor nicht, und da­mit kann Herr Horst nicht um­ge­hen. Er ist ein Feig­ling! Er hat nicht die Ei­er, je­man­dem persönlich ge­genüber­zu­tre­ten, dafür schickt er für gewöhn­lich sei­ne La­kai­en."

Der Un­ter­zeich­ner ist kei­ne Mi­mo­se. Ei­gent­lich ist es un­ter dem Ni­veau des Un­ter­zeich­ners, sich mit den Ausführun­gen des Ar­beit­neh­mers B1 aus­ein­an­der­zu­set­zen. Ein­zig und al­lein des­halb, weil sich ver­schie­de­ne Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG durch die­ses Buch persönlich an­ge­grif­fen fühlen, muss­te der Un­ter­zeich­ner sich mit die­sem Buch aus­ein­an­der­set­zen und es le­sen. Wenn der Ar­beit­neh­mer B1 meint, un­ter dem Deck­man­tel der Mei­nungs­frei­heit der­ar­ti­ge Be­lei­di­gun­gen er­lau­ben zu müssen, mag er dies tun – wenn es sei­ner Be­frie­di­gung dient. Ar­beits­recht­lich er­scheint es je­doch im höchs­ten Maße be­denk­lich, ei­nen

 

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– ein­deu­tig zu iden­ti­fi­zie­ren­den – Geschäftsführer, nämlich den Geschäftsführer, der für Per­so­nal­an­ge­le­gen­hei­ten zuständig ist, als Feig­ling zu be­nen­nen.

Wenn un­ter­stellt wird, dass die B3 K3 GmbH & Co. KG ei­ne „Hetz­jagd", so auf Sei­te 171 des Bu­ches, durchführt, spricht dies Bände. Dem Un­ter­zeich­ner stellt sich die Fra­ge, aus wel­chem Grun­de der Ar­beit­neh­mer B1 in ei­nem Un­ter­neh­men ar­bei­tet, in wel­chem die Kul­tur herrscht, die in die­sem Buch ge­schil­dert wird.

In al­ler Deut­lich­keit: Es geht nicht um persönli­che Emp­find­lich­kei­ten der Geschäftsführer der B3 K3 GmbH & Co. KG. So­weit der Ar­beit­neh­mer B1 die Geschäftsführer der B3 K3 GmbH & Co. KG be­lei­digt, er­scheint dies oh­ne je­de Fra­ge im höchs­ten Maße be­denk­lich. Als noch schlim­mer be­wer­tet wird je­doch die Tat­sa­che, dass der Ar­beit­neh­mer B1 Ar­beits­kol­le­gin­nen und Ar­beits­kol­le­gen grob be­lei­digt, ausländer­feind­li­che, be­lei­di­gen­de und se­xis­ti­sche Äußerun­gen, ins­be­son­de­re ge­genüber Frau­en, sind nicht ak­zep­ta­bel. Es ist auch nicht ak­zep­ta­bel, Ar­beits­kol­le­gen zu un­ter­stel­len, sie würden Rausch­mit­tel kon­su­mie­ren und ab­ge­ben. Eben­so we­nig ist es ak­zep­ta­bel, die Straf­tat­bestände ge­genüber Vor­ge­setz­ten (Ver­let­zung der „Ver­trau­lich­keit des Wor­tes!") zu be­ge­hen.

Nach den hier vor­lie­gen­den In­for­ma­tio­nen ha­ben sich zwi­schen­zeit­lich di­ver­se Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG di­rekt an den Be­triebs­rat ge­wandt. In­so­weit ge­hen wir da­von aus, dass der Be­triebs­rat sich zwi­schen­zeit­lich ein persönli­ches Bild darüber ma­chen konn­te, wie Kol­le­gin­nen und Kol­le­gen des Ar­beit­neh­mers B1 un­ter des­sen Ausführun­gen – im wahrs­ten Sin­ne des Wor­tes – lei­den.

Ei­ne Ar­beit­neh­me­rin, Frau B5, muss­te sich auf­grund der Ausführun­gen des Ar­beit­neh­mers B1 in ärzt­li­che Be­hand­lung be­ge­ben. Der Ar­beits­frie­den ist in ei­ner Art und Wei­se gestört, wie wir es noch nie er­lebt ha­ben. Dies kann nicht hin­ge­nom­men wer­den...

An den Un­ter­zeich­ner ist her­an­ge­tra­gen wor­den, dass die Ar­beit­neh­mer kein Verständ­nis für die „schrift­stel­le­ri­schen" Ausführun­gen des Ar­beit­neh­mers B1 ha­ben und er­war­ten, dass der Be­triebs­rat nicht ver­sucht, ei­nen Be­triebs­rats­kol­le­gen „zu schützen". Die In­ter­es­sen sämt­li­cher Ar­beit­neh­merIn­nen der B3 K3 GmbH & Co. KG, ins­be­son­de­re der Be­triebs­frie­den, sind höher ein­zu­ord­nen als ei­ne ver­meint­li­che Kol­le­gia­lität un­ter Be­triebs­rats­mit­glie­dern.

Wir ver­wei­sen ab­sch­ließend auf die Un­ter­re­dun­gen, die der Un­ter­zeich­ner mit Ih­nen, sehr ge­ehr­ter Herr P1, aber auch Ih­nen, sehr ge­ehr­ter Herr K2, geführt hat. Bit­te las­sen Sie in Ih­re Ent­schei­dungs­fin­dung auch das mit ein­fließen, was die Ar­beit­neh­mer Ih­nen mit­ge­teilt ha­ben. Der Un­ter­zeich­ner geht da­von aus, dass die­se Ar­beit­neh­merIn­nen Ih­nen dar­ge­legt ha­ben, wel­che Aus­wir­kun­gen das be­sag­te Buch des Ar­beit­neh­mers B1 auf den Be­triebs­frie­den hat.

 

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Wir bit­ten – und er­war­ten – dass Sie un­se­rem An­trag auf Zu­stim­mung des mit dem Ar­beit­neh­mer B1 be­ste­hen­den Ar­beits­verhält­nis­ses zu­stim­men...

Mit Schrei­ben vom 09.11.2010 (Bl. 26 d.A.) er­teil­te der Be­triebs­rat sei­ne Zu­stim­mung. Dar­auf­hin er­hielt der Kläger am 10.11.2010 ei­ne vom sel­ben Tag da­tie­ren­de außer­or­dent­li­che Kündi­gung (Bl. 8 d.A.).

Der Kläger hat dar­auf hin­ge­wie­sen, er ha­be ei­nen Ro­man ver­fasst, in dem es al­lein um fik­ti­ve Per­so­nen und Hand­lun­gen ge­he, ge­schrie­ben aus der sub­jek­ti­ven Po­si­ti­on des Ich-Erzählers Jo­ckel Beck. Es ge­be kei­ne per­so­nen- und hand­lungs­spe­zi­fi­schen Umstände, die ei­ne Iden­ti­fi­ka­ti­on mit der Rea­lität zu­ließen. So ma­che z.B. die Ge­genüber­stel­lung der Ro­man­fi­gur Han­nes mit dem Ar­beit­neh­mer M7 deut­lich, dass es mit Aus­nah­me des Pfer­de­schwan­zes kei­ne Übe­rein­stim­mung ge­be. Ent­spre­chen­des gel­te für die Ro­man­fi­gur Fat­ma im Verhält­nis zur Ar­beit­neh­me­rin B5. Mit die­ser ha­be er sich zwi­schen­zeit­lich un­ter­hal­ten und ihr ver­si­chert, dass sie mit Fat­ma über­haupt nichts zu tun ha­be.
Ge­ne­rell müsse be­strit­ten wer­den, dass al­le im Anhörungs­schrei­ben ge­nann­ten Ar­beit­neh­mer sich durch Ausführun­gen im Ro­man an­ge­grif­fen und dis­kre­di­tiert fühlen und kei­ne Zu­sam­men­ar­beit mehr für möglich hal­ten.

Der Kläger hat be­an­tragt,

fest­zu­stel­len, dass das Ar­beits­verhält­nis der Par­tei­en durch die außer­or­dent­li­che Kündi­gung der Be­klag­ten vom 10.11.2010, zu­ge­gan­gen am 10.11.2010, nicht auf­gelöst wor­den ist, son­dern un­gekündigt fort­be­steht.

Die Be­klag­te hat be­an­tragt,

die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Sie hat Be­zug ge­nom­men auf die Ausführun­gen in dem an den Be­triebs­rat ge­rich­te­ten Anhörungs­schrei­ben und ergänzend be­haup­tet, we­gen ih­rer Na­tio­na­lität und körper­li­chen Be­schrei­bung könne mit Fat­ma nur die Ar­beit­neh­me­rin B5 ge­meint sein.

 

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We­gen der ausländer­feind­li­chen, ehr­ver­let­zen­den, be­lei­di­gen­den und se­xis­ti­schen Dar­stel­lun­gen und der da­mit ver­bun­de­nen Dis­kre­di­tie­rung zahl­rei­cher Ar­beit­neh­mer und der Geschäfts­lei­tung sei ei­ne Fort­set­zung der Zu­sam­men­ar­beit un­zu­mut­bar.

Das Ar­beits­ge­richt hat mit Ur­teil vom 18.02.2011 der Kla­ge statt­ge­ge­ben. Zur Be­gründung hat es im We­sent­li­chen aus­geführt, der Kläger ha­be durch die Buch­veröffent­li­chung we­der Persönlich­keits­rech­te von Ar­beits­kol­le­gen noch der Geschäftsführer der Be­klag­ten ver­letzt. Er könne sich nämlich auf die Kunst­frei­heit gemäß Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG be­ru­fen. Es ge­be kei­ne über­zeu­gen­den Ansätze dafür, dass sich die Ro­man­dar­stel­lung mit der Wirk­lich­keit von Per­so­nen, Be­triebs­abläufen und sons­ti­gen Ge­ge­ben­hei­ten bei der Be­klag­ten ganz oder teil­wei­se de­cke. Die­se selbst ha­be im­mer wie­der die Ver­mi­schung von Rea­lität und Fan­ta­sie fest­ge­stellt, was ge­ra­de ty­pisch für ei­nen Ro­man sei.

Ge­gen die­se Ent­schei­dung wen­det sich die Be­klag­te mit der Be­ru­fung.

Sie meint, in dem Buch des Klägers würden über­wie­gend Per­so­nen und Hand­lun­gen ge­schil­dert, die nicht frei er­fun­den, son­dern dem Be­trieb zu­zu­ord­nen sei­en. Le­ser, die bei ihr, der Be­klag­ten, beschäftigt sei­en, wüss­ten ge­nau, wer sich hin­ter den ver­meint­lich fik­ti­ven Per­so­nen „ver­ber­ge". Na­ment­lich gel­te das im Fal­le der Ro­man­fi­gur Han­nes, aber be­son­ders auch für die Dar­stel­lung der Fat­ma, wo­durch die Ar­beit­neh­me­rin B5 auf das Schärfs­te ver­un­glimpft wor­den sei.
Die mit der Veröffent­li­chung des Bu­ches ein­ge­tre­te­ne Störung des Be­triebs­frie­dens durch mas­si­ve Be­lei­di­gun­gen zahl­rei­cher Ar­beit­neh­mer ma­che ei­ne wei­te­re Zu­sam­men­ar­beit mit dem Kläger unmöglich.

Die Be­klag­te be­an­tragt,

das Ur­teil des Ar­beits­ge­richts Her­ford vom 18.02.2011 – 2 Ca 1394/10 – ab­zuändern und die Kla­ge ab­zu­wei­sen.

Der Kläger be­an­tragt,

 

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die Be­ru­fung zurück­zu­wei­sen.

Er ver­weist dar­auf, dass die Be­klag­te nicht un­ter­schei­de zwi­schen fik­tio­na­ler Hand­lung und der Rea­lität. Die Ro­man­fi­gu­ren ließen sich ganz über­wie­gend nicht mit rea­len Ar­beit­neh­mern und den Geschäftsführern der Be­klag­ten gleich­set­zen, wie die Fi­gu­ren des Han­nes und der Fat­ma bei­spiel­haft zeig­ten.

We­gen des wei­te­ren Vor­brin­gens der Par­tei­en wird auf die ge­wech­sel­ten Schriftsätze nebst de­ren An­la­gen ergänzend Be­zug ge­nom­men.

Ent­schei­dungs­gründe

Die zulässi­ge Be­ru­fung der Be­klag­ten ist un­be­gründet.
Zu Recht ist nämlich das Ar­beits­ge­richt zu dem Er­geb­nis ge­langt, dass die streit­be­fan­ge­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung vom 10.11.2010 rechts­un­wirk­sam ist, weil kein Grund für die so­for­ti­ge Be­en­di­gung des Ar­beits­verhält­nis­ses vor­liegt.

I. Nach § 15 Abs. 1 Satz 1 KSchG i.V.m. § 626 Abs. 1 BGB kann das Ar­beits­verhält­nis des Klägers als Be­triebs­rats­mit­glied nur aus wich­ti­gem Grund oh­ne Ein­hal­tung ei­ner Kündi­gungs­frist be­en­det wer­den, wenn Tat­sa­chen vor­lie­gen, auf­grund de­rer dem Ar­beit­ge­ber un­ter Berück­sich­ti­gung al­ler Umstände des Ein­zel­fal­les und un­ter Abwägung der In­ter­es­sen bei­der Ver­trags­tei­le die Fort­set­zung des Ar­beits­verhält­nis­ses bis zum Ab­lauf der (fik­ti­ven) Kündi­gungs­frist nicht zu­ge­mu­tet wer­den kann, wo­bei der Be­triebs­rat – wie hier ge­sche­hen – zu­ge­stimmt ha­ben muss.
In dem Zu­sam­men­hang ent­spricht es der zu­tref­fen­den Recht­spre­chung des Bun­des­ar­beits­ge­richts (zu­letzt z.B. 10.12.2009 – 2 AZR 534/08 – AP BGB § 626 Nr. 226; 12.01.2006 – 2 AZR 21/05 – AP KSchG 1969 § 1 Ver­hal­tens­be­ding­te Kündi­gung Nr. 53; 24.11.2005 – 2 AZR 584/04 – AP BGB § 626 Nr. 198; zust. ErfK/Müller-Glöge, 11. Aufl., § 626 BGB Rn. 86 f.), dass gro­be Be­lei­di­gun­gen des

 

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Ar­beit­ge­bers und/oder sei­ner Ver­tre­ter und Re­präsen­tan­ten so­wie auch von Ar­beits­kol­le­gen, die nach Form und In­halt ei­ne er­heb­li­che Ehr­ver­let­zung für den Be­trof­fe­nen be­deu­ten, ei­nen ge­wich­ti­gen Ver­s­toß ge­gen die Rück­sicht­nah­me­pflicht des § 241 Abs. 2 BGB dar­stel­len und an sich we­gen der da­mit ver­bun­de­nen Störung des Be­triebs­frie­dens ei­ne außer­or­dent­li­che Kündi­gung recht­fer­ti­gen können. Al­ler­dings sind bei der Kon­kre­ti­sie­rung der Pflicht zur Rück­sicht­nah­me auf die Rech­te, Rechtsgüter und In­ter­es­sen des an­de­ren Ver­trags­teils die grund­recht­li­chen Rah­men­be­din­gun­gen zu be­ach­ten, na­ment­lich die Mei­nungs­frei­heit (Art. 5 Abs. 1 GG), aber auch die durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG gewähr­leis­te­te Kunst­frei­heit (vgl. BAG, 24.11.2005 – 2 AZR 584/04 – AP BGB § 626 Nr. 198).

Nach Maßga­be die­ser Grundsätze ist die außer­or­dent­li­che Kündi­gung nicht ge­recht­fer­tigt.
An­ders als in den an­sons­ten übli­chen Fällen wird dem Kläger hier nicht vor­ge­hal­ten, im Be­trieb di­rekt be­stimm­te Per­so­nen durch Äußerun­gen oder Hand­lun­gen be­lei­digt zu ha­ben. Viel­mehr soll dies durch Ausführun­gen in ei­nem von ihm im Ok­to­ber 2010 veröffent­lich­ten Buch mit dem Ti­tel „Wer die Hölle fürch­tet, kennt das Büro nicht!" ge­sche­hen sein. Da­bei han­delt es sich um ei­nen Ro­man, al­so die li­te­ra­ri­sche Gat­tung erzählen­der Pro­sa, in der das Schick­sal ein­zel­ner oder ei­ner Grup­pe von Men­schen ge­schil­dert wird (Du­den, Deut­sches Uni­ver­salwörter­buch, 6. Aufl., Stich­wort „Ro­man").

II. Die­ses Ro­man­werk fällt un­ter die Kunst­frei­heits­ga­ran­tie des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG, weil in ihm im We­ge ei­ner frei­en schöpfe­ri­schen Ge­stal­tung Ein­drücke, Er­fah­run­gen und Er­leb­nis­se aus dem Ar­beits­le­ben durch das Me­di­um ei­ner be­stimm­ten For­men­spra­che zur An­schau­ung ge­bracht wer­den (vgl. zu­letzt BVerfG, 13.06.2007 – 1 BvR 1783/05 – BVerfGE 119, 1; St­arck in: von Man­goldt/Klein/St­arck, GG I, 6. Aufl., Rn. 302). Da­bei fin­det kei­ne Ni­veau­kon­trol­le statt, so dass auch so­ge­nann­te Tri­vi­al­li­te­ra­tur von Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG er­fasst wird (vgl. BVerfG, 03.06.1987 – 1 BvR 313/85 – BVerfGE 75, 369).
An der Ein­stu­fung als grund­ge­setz­lich geschütz­tes Kunst­werk ändert sich nichts da­durch, dass es in ihm – ty­pisch für die Kunst­form des Ro­mans – häufig An­knüpfun­gen an die Wirk­lich­keit gibt und die­se mit der künst­le­ri­schen Ge­stal­tung ver­bun­den wird.

 

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Zu der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ga­ran­tier­ten Kunst­frei­heit gehört nicht nur die ei­gent­li­che künst­le­ri­sche Betäti­gung (sog. Werk­be­reich), son­dern tra­gend auch die möglichst un­ge­hin­der­te Dar­bie­tung und Ver­brei­tung ei­nes ge­schaf­fe­nen Kunst­werks (sog. Wirk­be­reich), z.B. in Buch­form (BVerfG, 13.06.2007 - 1 BvR 1783/05 - BVerfGE 119, 1; St­arck in: von Man­goldt/Klein/St­arck, a.a.O., Rn. 310).

III. Die so um­schrie­be­ne Kunst­frei­heit ist – an­ders als in Art. 5 Abs. 1, Abs. 2 GG – nicht mit ei­nem aus­drück­li­chen Ge­set­zes­vor­be­halt ver­se­hen. Sie wird aber nicht schran­ken­los gewähr­leis­tet, son­dern fin­det ih­re Gren­zen in an­de­ren eben­falls ein we­sent­li­ches Rechts­gut schützen­den Ver­fas­sungs­be­stim­mun­gen. Da­zu gehört Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG, wo­nach je­de Per­son vor Äußerun­gen zu schützen ist, die ge­eig­net sind, sich ab­träglich auf ihr An­se­hen, ins­be­son­de­re in der Öffent­lich­keit, aus­zu­wir­ken; na­ment­lich geht es da­bei um verfälschen­de oder ent­stel­len­de Dar­bie­tun­gen (hier und im Fol­gen­den: BVerfG, a.a.O.).
Ei­ne Ver­let­zung des Persönlich­keits­rechts kommt aber nur in Be­tracht, wenn die Per­son als Vor­bild ei­ner Ro­man­fi­gur für ei­nen mehr oder min­der großen Be­kann­ten­kreis er­kenn­bar ist. Da aber ge­ra­de der Ro­man­schrei­ber sei­ne In­spi­ra­ti­on häufig in wirk­li­chen Ge­sche­hens­abläufen fin­det und dar­an an­knüpft, muss hin­zu­kom­men, dass sich für die mit den Umständen ver­trau­ten Le­ser die Iden­ti­fi­zie­rung auf­drängt, was re­gelmäßig ei­ne ho­he Ku­mu­la­ti­on von Iden­ti­fi­zie­rungs­merk­ma­len be­dingt.
In dem Zu­sam­men­hang ist zu be­ach­ten, dass ein zu­tref­fend als Ro­man ein­ge­stuf­tes Werk – im Ge­gen­satz zu ei­ner re­por­ta­ge­ar­ti­gen Schil­de­rung – zunächst ein­mal als Fik­ti­on an­zu­se­hen ist, das kei­nen Fak­ti­zitäts­an­spruch er­hebt. Die Ver­mu­tung gilt im Aus­gangs­punkt auch dann, wenn hin­ter dem Ab­bild rea­le Per­so­nen als Ur­bil­der er­kenn­bar sind. Je stärker nun der Au­tor sei­ne Ro­man­fi­gur von ih­rem Ur­bild löst und zu ei­ner Kunst­fi­gur ver­selbständigt, um­so wei­ter be­wegt er sich in den Be­reich der durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ga­ran­tier­ten Kunst­frei­heit.

IV. Nach Maßga­be die­ser Grundsätze ist hier schon nicht fest­stell­bar, dass der Kläger durch Ausführun­gen in sei­nem im Ok­to­ber 2010 veröffent­lich­ten Ro­man be­stimm­te im Be­trieb der Be­klag­ten täti­ge Per­so­nen in ei­ner mit den grund­ge­setz­li­chen Vor­ga­ben un­ver­ein­ba­ren Wei­se be­lei­digt hat.

 

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1. In­so­weit ist vor­aus­zu­schi­cken, dass der Kläger als Sach­be­ar­bei­ter im Be­reich Ver­kauf/Ex­port sei­ne Ro­man­fi­gur Jo­ckel Beck als kaufmänni­schen An­ge­stell­ten in ei­ner Fir­ma zum Ein­satz kom­men lässt, die – wie die Be­klag­te – als Küchenmöbel­her­stel­ler tätig ist. Wei­ter­ge­hen­de An­satz­punk­te dafür, dass es sich bei die­ser Fir­ma um die Be­klag­te han­delt, fin­den sich aber nicht, z.B. was den Un­ter­neh­mens­sitz, die Größe oder die Struk­tur des Be­triebs an­geht. Dem­ent­spre­chend sind auch Ausführun­gen zur Fir­men­si­tua­ti­on, z.B. auf den Sei­ten 17, 18, 27 f., 64, 66, 81 ff., 140 ff., 143, 161, 163 ff. und 171 des Buchs, als fik­tiv ein­zu­stu­fen – oh­ne ei­nen aus­rei­chen­den rea­len Be­zug zur Be­klag­ten.

2. Was die im Ka­pi­tel „Die Mit­tel­fin­ger-Affäre" (Buch, S. 30 ff.) be­schrie­be­ne Buch­hal­tungs­mit­ar­bei­te­rin Lin­ge­mann an­geht, hat die Be­klag­te we­der in der Be­triebs­rats­anhörung noch später aus­geführt, auf­grund wel­cher im Ro­man nur spärlich ver­mit­tel­ter Fak­ten man zu der Er­kennt­nis ge­langt ist, es han­de­le sich um die im Be­trieb täti­ge Mit­ar­bei­te­rin U1.

3. Zur Ro­man­fi­gur des Han­nes hat der Kläger be­reits im Schrift­satz vom 01.12.2010 dar­ge­legt, dass es nur bei der Pfer­de­schwanz­fri­sur ei­ne Übe­rein­stim­mung mit dem Ar­beit­neh­mer M7 gibt. Im Übri­gen hat die Kunst­fi­gur ei­ne an­de­re Haar­far­be, ist deut­lich älter, trägt an­de­re Klei­dung, ar­bei­tet im Ein­zelbüro und hat mit Rausch­mit­teln zu tun. Wie bei ei­nem sol­chen Grad der Ver­frem­dung ein „In­si­der... un­schwer auf den Ar­beit­neh­mer O1 M7 schließt", hat die Be­klag­te nicht an­hand kon­kre­ter Tat­sa­chen dar­ge­legt.

4. Was das Ka­pi­tel „Fat­ma, die Gött­li­che" (Buch, S. 70 ff.) an­geht, wird dar­in ei­ne türki­sche Ar­beit­neh­me­rin Fat­ma be­schrie­ben; da­bei knüpft der Au­tor nach ei­ge­ner Dar­stel­lung an „man­ches Kli­schee" an. Die Be­klag­te hat nun an kei­ner Stel­le durch Be­nen­nung aus­sa­ge­kräfti­ger Fak­ten deut­lich ge­macht, war­um die auch scherz­haft als Ürzmürz be­zeich­ne­te Kunst­fi­gur der Fat­ma mit der zum Kündi­gungs­zeit­punkt im Be­trieb tätig ge­we­se­nen Ar­beit­neh­me­rin B5 iden­tisch sein soll. Al­lein die An­ga­ben, dass es sich da­bei um ei­ne türki­sche Ar­beit­neh­me­rin mit ei­ner Ober­wei­te han­delt, die im Ro­man als „mons­trös" be­schrie­ben wird, rei­chen nicht aus, um sie als Beschäftig­te der Be­klag­ten iden­ti­fi­zie­ren zu können. Auch die Tat­sa­che, dass an­de­re Mit­ar­bei­ter die Ar­beit­neh­me­rin B5 als Fat­ma be­zeich­net ha­ben, kann dar­an nichts

 

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ändern. Dem­ent­spre­chend können auch die be­haup­te­ten nerv­li­chen Be­las­tun­gen, ver­bun­den mit zwei Ta­gen Ar­beits­unfähig­keit, nicht tatsächlich auf den Ro­man, son­dern al­len­falls auf ver­meint­li­che Feh­li­den­ti­fi­zie­run­gen an­de­rer Mit­ar­bei­ter zurück­geführt wer­den.

5. Auch im Fal­le der im Ka­pi­tel „Die fau­le Pog­ge" (Buch, S. 64 ff.) ge­nann­ten An­ja legt die Be­klag­te kei­ner­lei Tat­sa­chen dar, aus de­nen ge­schlos­sen wer­den könn­te, es han­de­le sich da­bei um die Ar­beit­neh­me­rin S1. So hätte z.B. aus­geführt wer­den können und müssen, ob es tatsächlich ei­ne in­ter­ne Stel­len­aus­schrei­bung im Be­trieb der Be­klag­ten ge­ge­ben hat, wel­che Rol­le Sprach­kennt­nis­se da­bei ge­spielt ha­ben, bei wel­chem Ar­beit­ge­ber die Mit­ar­bei­te­rin S1 zu­vor beschäftigt war und ob die Ein­stel­lung in wel­che Po­si­ti­on „vom Ju­ni­or-Chef persönlich" vor­ge­nom­men wor­den ist. Nur sol­che ge­ge­be­nen­falls dem Be­weis zugäng­li­che Tat­sa­chen hätten die Ver­mu­tung ei­ner Fik­ti­on ernst­haft in Fra­ge stel­len können.

6. Was die Ausführun­gen im Ka­pi­tel „Fort­bil­dung la Chef" (Buch, S. 110 ff.) an­geht, wird auch in­so­weit an kei­ner Stel­le durch Tat­sa­chen be­legt, dass es sich bei den Ro­man­fi­gu­ren Horst (sie­he auch S. 166 des Buchs) und Ju­ni­or-Chef Krab­be er­kenn­bar um die Geschäftsführer der Be­klag­ten, W2 und B7, han­delt. Vor dem Hin­ter­grund hätte z.B. aus­geführt wer­den müssen, ob es bei der Be­klag­ten Zu­sam­menkünf­te der gan­zen Ab­tei­lung im Be­spre­chungs­raum gibt (Buch, S. 110) und ob auch der Geschäftsführer und/oder der Ju­ni­or-Chef da­zu kom­men. Wei­ter hätte ge­schil­dert wer­den können, wie sol­che Zu­sam­menkünf­te ab­lau­fen und ob es ein „Te­le­fon-Se­mi­nar" ge­ge­ben hat.

7. Auch bei den an­de­ren Ro­man­fi­gu­ren Ti­ger, Mey­er, Hack­fres­se, Groß und Klein­schmidt ist die Ver­mu­tung der Fik­ti­on nicht durch Be­nen­nung ent­spre­chen­der Ge­gen­tat­sa­chen wi­der­legt wor­den.

Nach al­le­dem schei­tert die Wirk­sam­keit der aus­ge­spro­che­nen außer­or­dent­li­chen Kündi­gung des Klägers schon dar­an, dass die Be­klag­te an kei­ner Stel­le be­legt hat, dass der Kläger durch den Ro­man über den ihm durch Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG ge­steck­ten Rah­men zulässi­ger Kunst­ausübung hin­aus­ge­gan­gen ist und tatsächlich

 

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exis­tie­ren­de Per­so­nen im Be­trieb in ih­rem durch Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG geschütz­ten all­ge­mei­nen Persönlich­keits­recht gra­vie­rend ver­letzt hat.

Des­halb konn­te auch of­fen­blei­ben, ob im Fal­le, dass der Kläger durch sein Werk die Gren­zen der Kunst­frei­heit über­schrit­ten hätte, tatsächlich die außer­or­dent­li­che Kündi­gung des über 12 Jah­re be­stan­de­nen Ar­beits­verhält­nis­ses des Be­triebs­rats­mit­glie­des ge­recht­fer­tigt ge­we­sen wäre, wenn die ge­nau­en Gren­zen des Art. 5 Abs. 3 Satz 1 GG un­verändert um­strit­ten sind (sie­he z.B. die ab­wei­chen­den Mei­nun­gen der Rich­te­rin H5-D4 und der Rich­ter G3 und H6-R3 zum Be­schluss des Ers­ten Se­nats vom 13.Ju­ni 2007 – 1 BvR 1783/05 – BVerfGE 119, 37, 48; vgl. auch BGH, 21.06.2005 – VI ZR 122/04 – NJW 2005, 2844).

Die Kos­ten­ent­schei­dung be­ruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Re­vi­si­on war gemäß § 72 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 ArbGG we­gen der grundsätz­li­chen Be­deu­tung der ent­schei­dungs­er­heb­li­chen Rechts­fra­ge zu­zu­las­sen.

RECH­TSMIT­TEL­BE­LEH­RUNG

Ge­gen die­ses Ur­teil kann von der Be­klag­ten

RE­VISION

ein­ge­legt wer­den.

Für den Kläger ist ge­gen die­ses Ur­teil kein Rechts­mit­tel ge­ge­ben.

Die Re­vi­si­on muss in­ner­halb ei­ner Not­frist* von ei­nem Mo­nat schrift­lich beim

Bun­des­ar­beits­ge­richt

Hu­go-Preuß-Platz 1

 

- 20 - 

99084 Er­furt

Fax: 0361 2636 2000

ein­ge­legt wer­den.

Die Not­frist be­ginnt mit der Zu­stel­lung des in vollständi­ger Form ab­ge­fass­ten Ur­teils, spätes­tens mit Ab­lauf von fünf Mo­na­ten nach der Verkündung.

Die Re­vi­si­ons­schrift muss von ei­nem Be­vollmäch­tig­ten un­ter­zeich­net sein. Als Be­vollmäch­tig­te sind nur zu­ge­las­sen:

1. Rechts­anwälte,
2. Ge­werk­schaf­ten und Ver­ei­ni­gun­gen von Ar­beit­ge­bern so­wie
Zu­sam­men­schlüsse sol­cher Verbände für ih­re Mit­glie­der oder für an­de­re Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der,
3. Ju­ris­ti­sche Per­so­nen, de­ren An­tei­le sämt­lich im wirt­schaft­li­chen Ei­gen­tum ei­ner der in Num­mer 2 be­zeich­ne­ten Or­ga­ni­sa­tio­nen ste­hen, wenn die ju­ris­ti­sche Per­son aus­sch­ließlich die Rechts­be­ra­tung und Pro­zess­ver­tre­tung die­ser Or­ga­ni­sa­ti­on und ih­rer Mit­glie­der oder an­de­rer Verbände oder Zu­sam­men­schlüsse mit ver­gleich­ba­rer Aus­rich­tung und de­ren Mit­glie­der ent­spre­chend de­ren Sat­zung durchführt und wenn die Or­ga­ni­sa­ti­on für die Tätig­keit der Be­vollmäch­tig­ten haf­tet.

In den Fällen der Zif­fern 2 und 3 müssen die Per­so­nen, die die Re­vi­si­ons­schrift un­ter­zeich­nen, die Befähi­gung zum Rich­ter­amt ha­ben.

Ei­ne Par­tei, die als Be­vollmäch­tig­ter zu­ge­las­sen ist, kann sich selbst ver­tre­ten.

* ei­ne Not­frist ist un­abänder­lich und kann nicht verlängert wer­den.

 

Dr. Müller 

Köster 

Wolf, D.

/Br.

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